Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des Landgerichts München I vom 13.01.2017, Az.: 22 O 22696/14, samt dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten zu 3) als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1), 2) und 4) im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner Beteiligung an einem geschlossenen Fonds.

Der Kläger hatte sich am 18.08.2012 in Höhe von € 15.000,- zzgl. 5% Agio an der … GmbH & Co. KG beteiligt (vgl. K 14). Für die Beteiligung wurde ein am 31.05.2012 veröffentlichter Emissionsprospekt herausgegeben (vgl. K 1).

Im Übrigen wird auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (vgl. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend gilt § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger zuletzt beantragt,

  • 1.Unter Abänderung des am 13.01.2017 verkündeten Urteils des LG München I, Az. : 22 O 22696/14 wird der Beklage zu 3) als Gesamtschuldner neben den vormaligen Beklagten zu 1), 2) und 4) verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an der sogenannten „… GmbH & Co. KG“ in Höhe von nominal € 15.000,- Euro (Beteiligungsnummer …), an den Kläger € 14.898,08 nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 zu bezahlen.

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 3) mit der Annahme der Rechte aus den Anteilen des Klägers an der sogenannten „… GmbH & Co. KG“ in Höhe von nominal € 15.000,-Euro (Beteiligungsnummer .) in (Annahme-)Verzug befindet.

  • 3.Der Beklagte wird als Gesamtschuldner neben den vormaligen Beklagten zu 1), 2) und 4) verurteilt, den Kläger von den Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte . & Kollegen, München in Höhe von € 1.957,55 (inkl. 19% USt.), die für die vorgerichtliche Beratung und Vertretung in der streitgegenständlichen Angelegenheit entstanden sind, freizustellen.

  • 4.Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3) als Gesamtschuldner neben den vormaligen Beklagten zu 1), 2) und 4) verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen frei zu stellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der sogenannten „. GmbH & Co. KG“ in Höhe von nominal in Höhe von nominal € 15.000,- Euro (Beteiligungsnummer …) resultieren, insbesondere von etwaigen Nachschuss-und Nachhaftungspflichten.

  • 5.Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3) die Leistung gemäß Antrag Ziffer 1), Ziffer 3) und Ziffer 4) aufgrund vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu erbringen hat.

Hilfsweise

beantragt der Kläger,

die Angelegenheit zur Sachaufklärung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Hilfsweise beantragt er weiter,

das Verfahren gemäß § 149 I ZPO wegen des Verdachts einer Straftat des Beklagten. im Zusammenhang mit der . GmbH & Co. KG und den Ermittlungen gegen den Beklagten ., . und andere Beteiligte der Staatsanwaltschaft München I, Az.: 316 Js 211330/13, auszusetzen.

Der Beklagte zu 3) beantragte,

die Anträge des Klägers, auch in der zuletzt gestellten, präzisierten Form als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Klägers ist insoweit begründet, als der Rechtsstreit auf seinen ersten Hilfsantrag hin zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

1. Die Zurückverweisung erfolgt, weil der Anspruch des Klägers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs vom Landgericht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist und weil zur Beseitigung dieses Mangels die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme erforderlich sein wird (vgl. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hatte nämlich die Klage gegen den Beklagten zu 3) insbesondere auch deswegen abgewiesen, weil die Klageseite die tatsächlichen Voraussetzungen für deliktische Ansprüche weitgehend schon nicht substantiiert vorgetragen habe.

Eine eigene abschließende Sachentscheidung über den Hauptantrag hält der Senat daher nicht für sachdienlich.

Da der erste Hilfsantrag auf Zurückverweisung erfolgreich ist, hat der Senat über den zweiten Hilfsantrag auf Verfahrensaussetzung mangels Bedingungseintritts für eine Entscheidung nicht mehr zu befinden.

Eine Zurückweisung der Berufung im Übrigen ist nicht veranlasst. Wegen der vollständigen Zurückverweisung des Verfahrens an das Gericht erster Instanz verbleibt kein vom Senat zu verbescheidender Sachantrag des Klägers.

2. Der Senat schließt sich mit seiner Zurückverweisung den anderen Senaten am Oberlandesgericht München (mit Ausnahme des 17. Zivilsenats) an.

Wie im Verhandlungstermin am 12.03.2018 erörtert (vgl. Protokoll, Bl. 575/580 d.A.), verweist der Senat im vorliegenden Verfahren daher insbesondere auf folgende Entscheidungen in Parallelverfahren: Urteil des 8. Senats vom 18.01.2018, Az.: 8 U 517/17, Urteil des 13. Senats vom 17.01.2018, Az.: 13 U 381/17 (einschließlich des Hinweises vom 30.08.2017), Urteil des 19. Senats vom 11.12.2017, Az.: 19 U 525/17 und Urteil des 20. Senats vom 10.01.2018, Az.: 20 U 526/17, insbesondere aber auch auf das Urteil des 19. Zivilsenats vom 11.12.2017 (Az.: 19 U 1301/17 - wenngleich zum Fonds „… GmbH & Co. KG“ ergangen), aus dem der Senat auch nachfolgend teilweise zitiert.

3. Im Einzelnen:

3.1. Das Verfahren im ersten Rechtszuge leidet grundsätzlich an einem wesentlichen Mangel und aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig, die in der ersten Instanz nach Zurückverweisung nunmehr nachgeholt werden soll (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO):

Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das erkennende Gericht dazu, entscheidungserheblichen Sachvortrag und Beweisangebote der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und diese bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen (BVerfG, NJW 2000, 131; BGH, NJW-RR 2007, 714; BGH, NJW 2008, 3438; BGH, NJW 2008, 1531). Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess gehört auch, dass die Parteien wissen, was das erkennende Gericht für entscheidungserheblich hält, d.h. eine Verletzung der Hinweispflichten stellt ebenfalls eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs dar (Beschluss des BGH vom 26.6.2007, Az.: XI ZR 201/06). Eine richterliche Würdigung des Parteivortrages, die auf den wesentlichen Kern des Vorbringens überhaupt nicht eingeht, ist im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Vortrags (Beschluss des BGH vom 10.01.2008, Az.: V ZR 81/07).

Diesen Vorgaben ist das Landgericht nicht hinreichend nachgekommen (vgl. Ausführungen in 3.4.).

3.2. Soweit das Landgericht allerdings bereits aus materiell-rechtlichen Gründen Ansprüche des Klägers verneint hat, schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen der ersten Instanz an:

3.2.1. So ist dem Landgericht beizupflichten, dass Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne neben möglichen Ansprüchen aus § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F. nicht mehr bestehen (vgl. für einen Ausschluss: wohl Beschluss des BGH vom 21.10.2014, Az.: XI ZB 12/12, Rz. 64 ff.; ausdrücklich offen gelassen dagegen im Urteil vom 21.03.2013, Az.: III ZR 182/12, Rz. 23). Der Senat geht jedenfalls von einer vorgehenden, spezialgesetzlichen Haftung nach § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F.

3.2.2. Auch eine Haftung aus Prospekthaftung im weiteren Sinne bzw. aus § 311 Abs. 3 BGB hat das Landgericht zutreffend verneint.

Mutmaßliche Hintermänner haften i.d.R. nicht aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, weil sie gerade nicht nach Außen in Erscheinung getreten sind und deshalb auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen haben können (vgl. z.B. BGH vom 23.04.2012, Az.:. II ZR 211/09; BGH vom 15.07.2010, Az.: III ZR 321/08, zu einem mutmaßlichen Hintermann der .-Fonds).

Dies ist hier der Fall: Anders als bei den „S. C. F.“ taucht der Beklagte zu 3) in den Prospekten des . nicht auf, wie der Kläger bereits in der Klageschrift ausgeführt hat. Ob ein haftungsrechtlich relevantes unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts (vgl. dazu z.B. Urteil des BGH vom 04.05.2004, Az.: XI ZR 41/03, Rn.: 26) bestanden hat, kann dahinstehen. Jedenfalls ersetzt ein solches Interesse nicht ein für den Anleger erkennbares Auftreten nach außen, z.B. als Vertreter (vgl. Urteil des BGH vom 23.10.1985, Az.: VIII ZR 210/84).

3.3. Problematisch sieht allerdings der Senat, wenn das Landgericht durchsetzbare Ansprüche aus § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 bis 47 BörsG bereits nach dem damaligen Verfahrensstand verneint.

Entgegen dem Einwand der Beklagtenseite geht der Senat - wie offensichtlich auch das Landgericht - zwar nicht von der Verjährung dieser Ansprüche aus. Der streitgegenständliche Emissionsprospekt wurde am 31.05.2012 veröffentlicht, die Klage ist am 28.11.2014, also vor Ablauf der dreijährigen - maximalen - Verjährungsfrist am 31.05.2015, bei Gericht eingereicht worden. Sie wurde dem Beklagten zu 3) zwar erst am 08.04.2016 zugestellt. Die in der Berufungserwiderung genannten Einwände (vgl. Bl. 530/556 d.A., S. 4 ff.) begründen jedoch aus Sicht des Senats kein „schuldhaftes“ Verhalten der Klageseite hinsichtlich der späten Zustellung. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Klage weit vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht wurde und auch der weitere Kostenvorschuss für den Dolmetscher noch vor dem 31.05.2015 einbezahlt wurde. Der Auftrag für die Übersetzung der Klageschrift, die die Klagepartei zulässigerweise unmittelbar vor Ablauf der Verjährung hätte einreichen können, wurde am 06.05.2015 erteilt, mithin Wochen vor dem 31.05.2015. Ablauf der Verjährungsfrist. Weitere, der Klagepartei zurechenbare Verzögerungen sind nicht ersichtlich. Der Senat beanstandet aber, dass sich das Ausgangsgericht trotz des umfassenden Vortrags der Klageseite ohne eine Beweisaufnahme in der Lage sieht, über die vom Bundesgerichtshof zur Haftung nach § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 bis 47 BörsG entwickelte „Hintermann-Haftung“ der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung abschließend zu befinden.

3.4. Hinsichtlich der Würdigung der vorgenannten „Hintermann-Haftung“ sowie einer gleichwohl möglichen Haftung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB bzw. aus § 826 BGB leidet das angefochtene Urteil daher an mehreren Verfahrensfehlern, durch die eine umfängliche Beweisaufnahme vor dem Landgericht vermieden wurde:

Das Landgericht ist insoweit verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für deliktische Ansprüche des Klägers nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB bzw. aus § 826 BGB gegen den Beklagten nicht substanziiert vorgetragen worden seien und es sich folglich bei den diesbezüglich vorliegenden Beweisangeboten um unbeachtliche Beweisermittlungsanträge handeln würde.

3.3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe von Einzelheiten zu dem Ablauf bestimmter Ereignisse ist - anders als das Landgericht wohl meint - grundsätzlich nicht erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung sind. Dementsprechend ist eine Partei grundsätzlich nicht gehalten, zur Substanziierung einer Klage, die sich auf eine getroffene Einigung stützt, zu den Umständen dieser Vereinbarung, wie Zeit, Ort oder teilnehmende Personen, detailliert vorzutragen. Diese Umstände sind Gegenstand der Beweisaufnahme; diese kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass sie von der beweispflichtigen Partei im Einzelnen vorgetragen werden (vgl. BGH vom 19.05.2011, Az.: VII ZR 24/08, Rn.: 14 m.w.N.).

Ein Beweisermittlungsantrag, der dem Ausforschungsbeweis dient, liegt dann vor, wenn mangels näherer Bezeichnung der unter Beweis gestellten Tatsachen deren Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, wenn die Tatsachen lediglich in das Gewand einer bestimmten aufgestellten Behauptung gekleidet, tatsächlich oder erkennbar aber aus der Luft gegriffen, d.h. ins Blaue hinein, aufgestellt sind, und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme von Willkür rechtfertigen können (BGH NJW 1992, 1967, beck-online; BGH NJW-RR 1996, 1212, beck-online).

3.3.2. Ein derartiger Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor.

3.3.2.1. Die Klagepartei hat in der Klageschrift vom 20.11.2014 (vgl. Bl. 1/81 d.A.), der Replik vom 13.05.2015 (vgl. Bl. 164/198 d.A.) sowie der offensichtlichen Triplik vom 18.10.2016 („Replik“, Bl. 288/355 d.A.) und der Stellungnahme vom 05.12.2016 (vgl. Bl. 394/414 d.A.) umfangreich zur Stellung des Beklagten zu 3) als Mitinitiator des Fonds und maßgeblichen Hintermann sowie zur Verwendung des Anlegerkapitals durch den Beklagten für sich selbst im Rahmen eines mit dem vormaligen Beklagten zu 1), betriebenen Schneeballsystems vorgetragen:

So wurde bereits in der Klage vom 20.11.2014 vorgetragen, dass sämtliche von der „…de“ ab 2008 vertriebenen Beteiligungen der Emissionshäuser „.“ und „.“ von Anfang an rein auf eine Investition in eine der vielen Investmentfirmen des Beklagten zu 1) zugeschnitten gewesen seien. Der vormalige Beklagte zu 1) und der hier Beklagte zu 3) hätten schon zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Beteiligungen nie geplant, dass es zu einer erfolgreichen Liquidation der „… GmbH & Co. KG“ nach zweieinhalb Jahren kommen sollte. Der Kläger hat ferner vorgetragen, dass es sich bei den Fonds der . und der . um ein schneeballsystemähnliches Konstrukt handelte, dessen Vertrieb durch Täuschung und Behauptung falscher Tatsachen gefördert worden sei. Die Initiatoren hätten längst gewusst, dass die Investitionsziele nie erreicht werden würden (vgl. Klage Bl. 72 ff. d.A.).

Diesen Sachvortrag hat die Klagepartei, insbesondere in Bezug auf die Rolle des Beklagten, in ihren Repliken vom 13.05.2015 bzw.18.10.2016 weiter konkretisiert und hierfür Beweise angeboten. Vorgetragen wurde u.a. zur Konzeption der Fonds, der Zusammenarbeit des vormaligen Beklagten zu 1) mit dem hier Beklagten zu 3), den vom Beklagten zu 3) gehaltenen Offshoregesellschaften, an die die Nettoanlegergelder geflossen sind und über deren Verwendung der Beklagte zu 3) faktisch allein habe entscheiden können und die er letztlich für eigene, bereits eingeleitete Investitionsgeschäfte verwendet habe (vgl. u.a. Bl. 325 ff. d.A.). Auf S. 33/34 der Replik wird unter Benennung von mehreren Zeugen als Beweismittel vorgetragen, dass die Mitinitiatoren des Fonds sich bewusst gegen eine Nennung im Verkaufsprospekt entschieden hätten und ihre eigene Rolle hinter der komplizierten und verschachtelten Fondsstruktur bewusst verschleiert hätten. Auf S. 35 ff. schließlich folgt ein Vortrag zur engen Zusammenarbeit des Beklagten zu 3) mit dem „…de“ Vertrieb, der ebenfalls unter Beweis gestellt worden ist.

Umfangreiche Ausführungen zur angeblich deliktisch relevanten Rolle des Beklagten zu 3) bei dem hier streitgegenständlichen Fonds finden sich mit Beweisangeboten ferner in der Stellungnahme vom 05.12.2016 zu den gerichtlichen Hinweisen. Der überwiegende Teil des an die Zielgesellschaften geflossenen Anlegerkapitals sei in die persönlichen Offshore Gesellschaften des Beklagten zu 3) gelangt, vgl. S. 18, er habe deutlich mehr erlangt als die zugesicherte Beteiligung am Investmentgewinn. Bereits mit der Initiierung der ersten Fonds der … habe der Beklagte zu 3) mehr als 5 Jahre ein Schneeballsystem praktiziert, vgl. S. 13. Spätestens im Jahr 2009 habe festgestanden, dass eine prospektgemäße Rückzahlung der erhaltenen Anlegergelder aus tatsächlichen Investitionsgewinnen praktisch ausgeschlossen sei, vgl. S. 14, Gelder der Zielgesellschaften habe der Beklagte zur eigenen Investition benutzt, vgl. S. 18 ff.

Für diesen umfangreichen Sachvortrag hat die Klagepartei nicht nur die Vernehmung von Zeugen, sondern u.a. auch die Vernehmung des Beklagten als Partei als Beweismittel angeboten, ferner auch den früheren Beklagten zu 1) ., der nach Abtrennung seines Verfahrens nunmehr grundsätzlich Zeuge sein könnte.

3.3.2.2. Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der obigen Zusammenfassung des klägerischen Sachvortrags nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt und keineswegs um eine vollständige Wiedergabe der vom Landgericht übergangenen Behauptungen und Beweisangebote des Klägers.

3.3.2.3. Die Würdigung des Landgerichts, wonach sich der klägerische Vortrag im Wesentlichen in Behauptungen „ins Blaue hinein“ erschöpfen würden, hat vor diesem Hintergrund keinen Bestand. Der Senat schließt sich damit den vorgenannten Entscheidungen anderer Senate an, die in Parallelverfahren zum streitgegenständlichen Fonds ergangen sind und denen ein entsprechender Vortrag der Klagepartei zugrunde lag.

Im Übrigen können wegen der unklaren und komplexen Sachlage, die der Kläger als Anleger nicht zu verantworten hat, an den Sachvortrag des Klägers keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Gerade im Hinblick auf die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft München I, veröffentlicht am 22.03.2017, (vgl. Anlage K 40), kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt hat.

Ob die Verkennung der Substanziierungsanforderungen bereits einen Verfahrensfehler darstellt (vgl. z.B. Urteil des BGH vom 22.1.2016, Az.: V ZR 196/14), kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls liegt ein die Aufhebung und Zurückweisung rechtfertigender schwerer Verfahrensfehler i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO dann vor, wenn das Landgericht - wie hier -unter Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs den Kern des Vorbringens einer Partei verkannt und deshalb entscheidungserhebliche Fragen nicht erörtert hat (vgl. Urteil des BGH vom 6.11.2000, Az.: II ZR 67/99, bzw. vom 01.02.2010, Az.: II ZR 209/08).

Das Landgericht hat sich hier mit dem umfangreichen Vorbringen des Klägers, für das er zahlreiche Beweise angeboten hat, nur in geringen Teilen konkret auseinander gesetzt. Dem Urteil kann deshalb schon nicht entnommen werden, dass das Landgericht das Vorbringen des Klägers in erster Instanz im Einzelnen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat. Dadurch verletzt die Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör.

Zudem liegt seitens des Landgerichts ein Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 139 ZPO vor.

Es hätte frühzeitig auf seine Auffassung, dass es das Vorbringen des Klägers für „ins Blaue“ bzw. „unsubstanziiert“ hält, hinweisen und Gelegenheit zur Konkretisierung geben müssen. Den hierdurch in die zweite Instanz verlagerten ergänzenden Vortrag der Parteien wird das Landgericht bei seiner erneuten Entscheidung ebenfalls zu berücksichtigen haben.

3.4. Eine Erhebung der notwendigen Beweise durch das Berufungsgericht (vgl. § 538 Abs. 1 ZPO) hält der Senat nicht für sachdienlich.

Zwar ist die Zurückverweisung eine Ausnahmeregelung, die den Grundsatz der Prozessbeschleunigung nur durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und noch ein umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier aber - wie ausgeführt - vor. Der Rechtsstreit könnte vom Senat auch nicht kurzfristig zur Entscheidungsreife gebracht werden, so dass der mit der Zurückverweisung verbundene Zeitverlust gering erscheint. Im Übrigen fehlt auch eine konkrete Aufarbeitung des Sach- und Streitstandes durch das Landgericht, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sein könnte, so dass hier alles für die Wahrung eines vollen Instanzenzuges und die Hinnahme der damit verbundenen Nachteile spricht.

3.5. Der gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 a.E. ZPO erforderliche Zurückverweisungsantrag liegt vor. Der Antrag kann auch hilfsweise gestellt werden (MüKoZPO/Rimmelspacher ZPO § 538 Rn. 26-27, beck-online).

3.6. Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf Folgendes hin:

Im Hinblick auf das Beweisangebot „Zeuge Rechtsanwalt ...“ wird das Gericht ggf. genauer prüfen müssen, wie weit dessen Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO reicht. Tatsachen, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht bezieht, müssen die vertrauende Person betreffen (Thomas/Putzo, ZPO, 38. Auflage, § 383 ZPO, Rn.: 6). „Vertrauende Person“ dürfte aber vorliegend nur der vormalige Beklagte zu 1) sein, der den Rechtsanwalt/ Zeugen mandatiert hat, nicht aber der hiesige Beklagte. Über Tatsachen, die den hiesigen Beklagten betreffen, dürfte der Zeuge deshalb zum Zeugnis verpflichtet sein, soweit diese sich nicht mit Tatsachen decken, die das Vertrauensverhältnis zwischen dem vormaligen Beklagten zu 1) und den Zeugen ... betreffen.

Das Landgericht wird weiter über die vom Kläger angebotenen Parteieinvernahmen nach den Vorschriften der §§ 445 ff. ZPO entscheiden müssen und - wie oben bereits ausgeführt - prüfen müssen, ob der vormalige Beklagte zu 1 nunmehr Zeuge ist.

In Betracht kommt weiter eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten zumindest, was die Verwendung der Anlegergelder betrifft, deren Erhalt der Beklagte nicht bestritten hat. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Urteil des BGH vom 10.2.2015, Az:. VI ZR 343/13.) Ob diese sekundäre Darlegungslast des Beklagten inhaltlich so weit geht, wie der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München in seinem Beschluss vom 07.08.2017, Az.: 17 U 478/17 meint, kann derzeit ebenso dahinstehen wie die Frage, ob sich daraus - ggf. i.V.m. § 142 ZPO - auch eine Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen ergeben kann.

Ergänzend wird noch auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2015 (Az.: III ZR 141/14, Rn.: 33) hingewiesen. Danach ist es einem Gericht gestattet, aus mehreren Verfahren einige als „Musterverfahren“ herauszugreifen, diese zu bearbeiten und währenddessen die übrigen Streitigkeiten nicht zu fördern. Die Entscheidung, ein „Pilotverfahren“ durchzuführen, gehört danach zu den verfahrensgestaltenden Befugnissen eines Gerichts. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO kommt es nicht an. Der Umstand, dass die Voraussetzungen einer förmlichen Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nicht gegeben sind, steht der Durchführung eines „Musterprozesses“ nicht entgegen. Das Landgericht muss daher nicht zwingend alle Verfahren sofort und gleichzeitig betreiben; es könnte ggf. auch zunächst „Pilotverfahren“ durchführen. Eine Verwertung der Ergebnisse der Beweisaufnahme für die übrigen Verfahren ist dann möglich, wenn die Parteien sich dazu - unter Umständen auch erst im weiteren Verfahren - einverstanden erklären.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713. Im Übrigen hat das vorliegende Urteil auch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da die wesentlichen Rechtsfragen bereits vom Bundesgerichtshof entschieden worden sind.

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Mai 2004 - XI ZR 41/03

bei uns veröffentlicht am 04.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 41/03 Verkündet am: 4. Mai 2004 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat a

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Apr. 2012 - II ZR 211/09

bei uns veröffentlicht am 23.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 211/09 Verkündet am: 23. April 2012 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juli 2010 - III ZR 321/08

bei uns veröffentlicht am 15.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 321/08 Verkündet am: 15. Juli 2010 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Nov. 2000 - II ZR 67/99

bei uns veröffentlicht am 06.11.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 67/99 Verkündet am: 6. November 2000 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Landgericht München I Schlussurteil, 13. Jan. 2017 - 22 O 22696/14

bei uns veröffentlicht am 13.01.2017

Tenor 1. Die Klage gegen den Beklagten zu 3) wird abgewiesen. 2. Die Klagepartei trägt 1/4 der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3). 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheits

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2016 - V ZR 196/14

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 196/14 Verkündet am: 22. Januar 2016 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2015 - III ZR 141/14

bei uns veröffentlicht am 12.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 141/14 Verkündet am: 12. Februar 2015 B o t t Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja GVG § 198 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2015 - VI ZR 343/13

bei uns veröffentlicht am 10.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR343/13 Verkündet am: 10. Februar 2015 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Tenor

1. Die Klage gegen den Beklagten zu 3) wird abgewiesen.

2. Die Klagepartei trägt 1/4 der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3).

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 16.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klagepartei verlangt von dem Beklagten zu 3) als Gesamtschuldner im Wege des Schadensersatzes Rückabwicklung ihrer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds.

Die Klagepartei beteiligte sich am ... in Höhe von ... € zuzüglich 5 % Agio an der ... (im Folgenden: Fonds) (K 14).

Für die Beteiligung wurde ein Emissionsprospekt vom ... herausgegeben (K 1 – S. 11), der am ... veröffentlicht wurde. Anteile an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft wurden ab dem 01.06.2012 öffentlich angeboten (B 3/1). Prospektherausgeberin ist die ... (Prospekt – letzte Seite R).

Gegenstand des Unternehmens ist sowohl das Aufspüren, die Förderung, die Verarbeitung und der Vertrieb von Erdöl und Erdgas in den Vereinigten Staaten von Amerika und weltweit, als auch der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Aufspür-, Förder- und Mineralgewinnungsrechten. Zu diesem Zweck kann sich die Gesellschaft an in- und ausländischen Gesellschaften jedweder Rechtsform, Konsortien und Joint-Ventures jedweder Art beteiligen (vgl. § 2 GesV – abgedruckt im Prospekt S. 47 ff.).

Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Anleger hatten die Möglichkeit, ihre Beteiligung erstmals nach einer Mindesthaltedauer von 36 Monaten mit zwölfmonatiger Frist zum Ende des Kalenderjahres zu kündigen (vgl. §§ 3, 18 GesV)

In der „Kurzübersicht“ auf Seite 6 des Prospekts heißt es: „Fondskonzept – Die Emittentin investiert die Nettoeinnahmen (das zur Verfügung stehende Eigenkapital abzüglich der Fondskosten) im Rahmen einer atypisch stillen Gesellschaft mit der ... in den Unternehmensbereich der ..., damit diese eine 100-prozentigen Beteiligung als Limited Partner (beschränkt haftender Gesellschafter) an der ... mit Sitz in ... – Vereinigte Staaten von Amerika erwerben kann sowie zur Bereitstellung einer Liquiditätsreserve. Die ... erwirbt Land-, Bohrrechte, und/oder Rechte an bestehenden Öl- und/oder Gasquellen in den Vereinigten Staaten von Amerika und weltweit.“

Auf Seite 12 des Prospekts heißt es: „Die Investitionstätigkeit der Emittentin beschränkt sich darauf, der ... atypisch stilles Kommanditkapital zur Verfügung zu stellen, damit diese sich planmäßig an der Stratus Oil LP beteiligen kann. (...) Einflussmöglichkeiten oder gar Entscheidungskompetenzen im Hinblick auf die von der ... durchzuführenden Geschäfte sind im Vergleich zu einer direkten Beteiligung inklusive Wahrnehmung der Geschäftsführung eingeschränkt, insbesondere, da die von der Emittentin zu beanspruchenden Erlöse hinsichtlich ihrer Höhe und hinsichtlich ihrer tatsächlichen Erfüllung auch generell vom wirtschaftlichen Erfolg und von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der ... abhängig sind. (...) Im Hinblick auf die Verwendung des Kapitals durch die ... ist die Emittentin noch weiter eingeschränkt. (...)“

Auf Seite 20 des Prospekts wird im Kapitel „Das Konzept“ angegeben, dass die ... am ... gegründet wurde und in ... registriert ist. Gesellschafter sind die ... – zu 100 Prozent Kapitaleinlage als Limited Partner – und die ... mit Sitz in ... – zu 0 Prozent Kapitaleinlage als General Partner. Die ... beabsichtigt, im Bereich der Öl- und Gasindustrie durch Erwerb von Land- und Bohrrechten in den USA und weltweit, Durchführung von Testbohrungen und Veräußerung von Explorationsrechten, durch eigene Explorationstätigkeit und durch Beteiligung an mittelbaren und unmittelbaren Erträgen aus produzierenden Quellen im Bereich der Öl- und Gasindustrie in den USA und weltweit tätig zu werden, wobei sie dabei frei in ihrer Entscheidung zur Durchführung von Investitionen bzw. Begründung von Beteiligungen ist.

Auf Seite 23 des Prospekts heißt es unter „Angaben über die Anlageziele und Anlegepolitik“ weiter: „Die ... wird diese Beteiligungen bzw. Investments nach eigenem Ermessen erwerben, verwalten und auflösen. Die Beteiligung an der ... wird voraussichtlich nach drei Jahren aufgegeben, und es werden hierbei neben dem Rückerhalt des gezahlten Preises für die Beteiligung voraussichtlich weitere Gewinne realisiert. Bis zur Auflösung der Beteiligungen bzw. Investments ggf. erzielte Gewinne der ... sollen plangemäß für die Dauer der Restlaufzeit, soweit sie nicht zu den prospektierten Auszahlungen von 12 Prozent p.a. auf die Pflichteinlagen benötigt werden, wieder angelegt werden.“

Auf Seite 9 des Prospektes sind die Gewinnbeteiligungsquoten für die Anleger zwischen 12 % und 16 % je nach Beitrittszeitpunkt angegeben. Weiter heißt es: „Die Gewinnbeteiligung bezieht sich auf das gebundene Kapital. Unabhängig von der Höhe der Gewinnbeteiligung erhalten die Anleger Vorabauszahlungen in Höhe von 12 Prozent p.a. bezogen auf die Kommanditeinlage ohne Agio (...). Übersteigende Gewinne werden im Verhältnis 90 % / 10 % zwischen den deutschen Anlegern und dem Manager der ... (der ...) geteilt.“

Die Klagepartei trägt vor, dass ihr die Anlage von der Beklagten zu 4) vermittelt worden sei und sie trägt weiter vor, vor Zeichnung des Fonds von der Mitarbeiterin der Vermittlungsfirma ... umfangreiches Informationsmaterial zugesendet bekommen zu haben, u.a. auch den Emissionsprospekt. Der Vermittler habe die Beteiligung empfohlen und dabei u.a. die Sicherheit durch Investition in Sachwerte und die hohe Rendite betont. Risiken habe der Vermittler nicht erwähnt, insbesondere nicht das Totalverlustrisiko.

Die Klagepartei ist der Ansicht, der Emissionsprospekt sei in verschiedenen Punkten fehlerhaft. U.a. stelle er die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen des Beklagten zu 1) nicht dar. Der Beklagte zu 1) stehe nämlich als Alleingesellschafter der ... faktisch und wirtschaftlich sowohl hinter dem ... Konzern, dessen Tochtergesellschaften Emittenten, Initiatoren, Prospektverantwortliche und Gründungs- bzw. Treuhandgesellschafter des streitgegenständlichen Fonds seien, als auch hinter dem ...-Vertriebskonzern, dem der Allein-Vertrieb der ... Fondsprodukte oblegen habe.

Diese personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen des Beklagten zu 1) seien der Klagepartei auch im persönlichen Vermittlungsgespräch nicht eröffnet worden.

Der Beklagte zu 1) habe von Anfang an mit der Gründung des ...-Konzerns und des ...-Firmenkonglomerats unter Einsetzung diverser Strohmänner bzw. -frauen als Geschäftsführer der Einzelgesellschaften das Ziel verfolgt, Anleger zum Abschluss hochriskanter und wirtschaftlich unplausibler Beteiligungen im nordamerikanischen Öl- und Gasgeschäft zu veranlassen und sie dabei über die damit verbundenen Risiken bewusst zu täuschen. Die vereinnahmten Anlegergelder seien nicht in die jeweilige Fondsgesellschaft geflossen, sondern im Rahmen eines ausgeklügelten Schneeballsystems vom Beklagten zu 1) im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 3) zweckentfremdet worden, sodass der Fondsgesellschaft nunmehr die Zahlungsunfähigkeit drohe und die angelegten Gelder verloren seien.

Die Klagepartei behauptet, wie bei den ebenfalls vom Beklagten zu 1) initiierten ...-Fonds sei der Beklagte zu 3) auch Mitinitiator und „Investmentchef“ des streitgegenständlichen Fonds. Obwohl im Prospekt und in allen anderen Informationsmaterialien der Eindruck erweckt werde, die ... sei eine texanische Explorationsfirma, handele es sich in Wahrheit um eine vom Beklagten zu 3) im Auftrag des Beklagten zu 1) gegründete und gesteuerte Briefkastenfirma. Der Beklagte zu 3) sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der in ... eingetragenen ..., die ihrerseits alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der ... sei, der Geschäftsführerin der .... Der Beklagte zu 3) werde im übrigen im Unternehmensregister des Staates ... auch als Geschäftsführer der ... benannt. Damit habe der Beklagte zu 3) faktisch allein über die konkrete Verwendung des Anlegerkapitals entscheiden können.

Die Klagepartei trägt vor, sie bestreite, dass das Anlegerkapital prospektgemäß in den USA investiert worden sei. Es deute alles auf eine Unterschlagung großer Teile der Anlegergelder durch den Beklagten zu 3) hin. Der Beklagte zu 3) habe zusammen mit dem Beklagten zu 1) bereits zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beteiligung geplant gehabt, dass es nie zu einer erfolgreichen Liquidation der Fondsgesellschaft nach 2 1/2 Jahren kommen werde. Beide hätten gewusst, dass die Anlegergelder nicht den angeblichen Zielinvestments zugeführt würden, sondern vom Beklagten zu 3) als Investitionsverantwortlichem umgeleitet würden. Diesem würde nun sogar von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) Unterschlagung und Betrug vorgeworfen (K 4d). Der Beklagte zu 3) sei alleiniger Empfänger des Anlegerkapitals und Hauptprofiteur der Platzierung des Fonds. Insgesamt seien aus den Fonds der ... und der ... mehr als 100 Millionen Euro an den Beklagten zu 3) und seine Gesellschaften in den USA und in den Vereinigten Arabischen Emiraten geflossen. Die konkrete Verwendung der Gelder sei in allen Fällen völlig ungewiss, weshalb die Staatsanwaltschaft München I unter dem Az. 316 Js 216828/13 u.a. wegen des Verdachtes des Kapitalanlagebetruges u.a. gegen den Beklagten zu 3) ermittle.

Am 14.04.2008 habe sich der Beklagte zu 3) auf eigene Initiative beim Beklagten zu 1) vorgestellt und sich als Mitinitiator für mehrere von ihm für den Investitionsstandort Vereinigte Arabische Emirate erdachten Fondskonzepte angeboten, wie sich aus zwei Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten RA ... im Verfahren vor dem LG München I Az. 22 O 22691/14 ergebe (K 22/K 23) und wie dieser bezeugen könne.

Zu diesem Zweck seien gemäß den Absprachen zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 3) am 13.05.2008 und später diverse Gesellschaften (Funktionsträgergesellschaften und Fondsgesellschaften) gegründet worden, so die ..., die ... und die ....

Bereits im Vorfeld der Initiierung der ... Fonds habe der Beklagte zu 3) in dem Bewusstsein um die große Bedeutung von Prospekt- und Informationsunterlagen für die Anlageentscheidung im Jahr 2008 den Kontakt zur Kanzlei ... aus ... hergestellt, die später die Verkaufsprospekte habe erstellen sollen. Dies könne der Zeuge RA ... bestätigen.

Seit Beginn der Zusammenarbeit des Beklagten zu 3) mit dem Beklagten zu 1) im Rahmen der ...-Fonds sei der Beklagte zu 3) wiederholt in Deutschland zu Besuch gewesen, um sich mit führenden Mitarbeitern des ...-Vertriebs abzustimmen. Für die Erstellung des Kurzprospektes und der regelmäßigen Investitionsberichte (K 3) seien die deutschen Fondsgesellschaften auf die regelmäßigen Berichte des Beklagten zu 3) angewiesen gewesen, die dieser bis 2013 erstellt habe. Die von ihm übermittelten, sehr spezifischen Informationen zu den Investitionstätigkeiten in den USA und in den Vereinigten Arabischen Emiraten hätten die Grundlage für sämtliche Veröffentlichungen der ..., der ... und des ...-Vertriebes gebildet. Umgekehrt seien sämtliche die Investitionstätigkeit der ... und der ... betreffenden Veröffentlichungen der Emissionshäuser und des ...-Vertriebs an den Beklagten zu 3) weitergeleitet worden. Auch habe der Beklagte zu 3) engen Kontakt zu den ...-Vermittlern gepflegt und diese mehrmals zur Besichtigung der Investitionsorte in den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten eingeladen und sogar selbst Führungen übernommen. Aufgrund dieses engen Kontaktes habe der Beklagte zu 3) genau gewusst, mit welchen Aussagen und Informationsmaterialien die Fonds der ... und der ... beworben wurden. Die alles könnten im einzelnen benannte Zeugen bestätigen.

Nachdem sich Anfang 2010 das Investitionsklima in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgekühlt habe, habe der Beklagte zu 3) dem Beklagten zu 1) im Februar 2010 vorgeschlagen, einen neuen Geschäftszweig für Öl- und Gasinvestments in den USA zu eröffnen. Wie bereits in den Vereinigten Arabischen Emiraten habe auch hier der Beklagte zu 3) die notwendige Expertise und Branchenkontakte mitgebracht, was der Zeuge RA ... bestätigen könne. Wiederum seien absprachegemäß am 02.03.2010 und später diverse Gesellschaften (Funktionsträgergesellschaften und Fondsgesellschaften) gegründet worden, so die ... die ....

Parallel dazu habe der Beklagte zu 3) über die Gesellschaft ... – deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er sei – in den USA die ... und die ... gegründet.

Auf diese Weise hätten die Beklagten zu 1) und 3) viele Jahre arbeitsteilig bei der Initiierung, der Konzeption, dem Vertrieb und der Umsetzung der verschiedenen Publikumsfonds der ... und der ... Gruppe zusammengearbeitet.

Im Frühjahr 2013 habe sich der Beklagte zu 3) dann geweigert, die von den Fondsgesellschaften zur Zahlung der Vorabausschüttungen an die Anleger benötigten Gelder zur Verfügung zu stellen und so den Zusammenbruch der Fonds eingeleitet. Nach eigener Darstellung habe selbst der Beklagte zu 1) seitdem keine Kenntnis über den Verbleib der dem Beklagten zu 3) zwischen 2008 und 2013 zugeflossenen mehr als 100 Millionen Euro, was der Zeuge RA ... bestätigen könne.

Kein einziges der vom Beklagten zu 3) gemanagten Investmentprojekte habe mit Gewinn für die jeweilige Zielgesellschaft des Fonds abgeschlossen werden können. Die einzelnen in den Vereinigten Arabischen Emiraten zwischen 2009 und 2010 gestarteten Projekte seien wegen sich eintrübender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bereits in der Planungsphase gescheitert. Aus den USA sei kein einziger Erfolg der getätigten Investitionen in die dortige Öl-Förderung bekannt. Dies verwundere nicht, da der Markt dort in den letzten Jahren praktisch zusammengebrochen sei. Für den Beklagten zu 3) sei deshalb spätestens im Jahr 2009 festgestanden, dass eine Rückzahlung des Anlegerkapitals praktisch ausgeschlossen sei. Deshalb habe er es an seine persönlichen Investmentgesellschaften ... bzw. ... transferiert.

Die Klagepartei behauptet, sie hätte sich bei korrekter Information nicht an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft beteiligt und stattdessen den angelegten Betrag zu einem Zinssatz von 2 % p.a. auf einem Festgeldkonto angelegt.

Die Klagepartei meint, der Beklagte zu 3) hafte als Hintermann bzw. Prospektveranlasser sowie aus Prospekthaftung im weiteren Sinne für die Fehler des Verkaufsprospektes. Daneben habe die Klagepartei gegen den Beklagten auch deliktische Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 264, 264 a StGB und gemäß § 826 BGB. Die Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes habe nämlich von Anfang an nur dazu gedient, das betrügerische Schneeballsystem der Beklagten zu 1) und 3) zu verbergen und die Klagepartei unter Vorspiegelung von tatsächlichen Investitionen zur Zeichnung einer wirtschaftlich sinnlosen Beteiligung zu bewegen. Hierbei habe der Beklagte zu 3) vorsätzlich gehandelt, da er gewusst habe, dass die eigene Rolle und die personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen im Verkaufsprospekt nicht dargestellt waren und sich bewusst dafür entschieden habe, an keiner einzigen Stelle im Prospekt genannt zu werden.

Die Klagepartei beantragt zuletzt:

1. Der Beklagte zu 3) wird als Gesamtschuldner verurteilt, Zug um Zug gegen die Übertragung der Anteile an der „...“ in Höhe von nominal ... Euro (Beteiligungsnummer ...), an den Kläger ... € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2014 p.a. zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 3) mit der Annahme der Rechte aus den Anteilen des Klägers an der „...“ in Höhe von nominal ... Euro (Beteiligungsnummer ...) in (Annahme-) Verzug befindet.

3. Der Beklagte zu 3) wird als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte ... Höhe von ... € (inkl. 19 % USt), die für die vorgerichtliche Beratung und Vertretung in der streitgegenständlichen Angelegenheit entstanden sind, freizustellen.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3) als Gesamtschuldner verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der „...“ in Höhe von nominal ... Euro (Beteiligungsnummer ...) resultieren, insbesondere von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten.

5. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3) die Leistungen gemäß Antrag Ziffer 1.), Ziffer 3.) und Ziff. 4) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu erbringen hat.

Der Beklagte zu 3) beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte zu 3) erhebt die Einrede der Verjährung.

Der Beklagte zu 3) rügt, bezüglich seiner Rolle im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Fonds beschränke sich die Klagepartei auf eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen; der Vortrag lasse einen belastbaren, dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern vermissen.

Der Beklagte zu 3) trägt vor, die Auflegung und Konzeption des Fonds sowie der Vertrieb der Fondsanteile seien allein in den Händen des Beklagten zu 1) gelegen. Von diesem stamme die Investmentidee, die er auch allein umgesetzt habe. Der Beklagte zu 3) habe weder an der Konzeption noch an der Prospektierung und Initiierung der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft oder sonstiger vom Beklagten zu 1) initiierter Fondesgesellschaften mitgewirkt oder als Hintermann Einfluss genommen. Sowohl die Fondsgesellschaften als auch die Funktionsträgergesellschaften seien allein vom Beklagten zu 1) gegründet worden.

Die Aufgabe des Beklagten zu 3) habe sich auf die Investitionstätigkeit auf der Ebene der ... beschränkt.

Geschäftsführerin der ... sei die ..., deren Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin die ... sei, eine Gesellschaft des Beklagten zu 3). Die Tätigkeit des Beklagten zu 3) habe sich somit darauf beschränkt, das in die ... angelegte Kapital nach deren Vorgaben zu investieren. Grundlage dafür sei das zwischen der ... als Limited Partner und der ... als General Partner abgeschlossene „Agreement of limited partnership of ...“ gewesen. Für seine Investitionstätigkeit sei dem Manager – wie auf Seiten 9 und 22 prospektiert – eine erfolgsabhängige Vergütung von 10 % für den Fall der Erwirtschaftung eines Überschusses nach Auszahlung an die Anleger eingeräumt worden.

Aufgrund des sehr weit gefassten Fonds-Konzepts sei der Fonds zwar letztlich vom unternehmerischen Erfolg der ... abhängig. Hierauf weise der Prospekt indes in aller Deutlichkeit auf den Seiten 12 ff., 19 und 23 hin.

Dass der Beklagte zu 3) bei der ihm obliegenden Investitionstätigkeit Pflichten verletzt habe, sei klägerseits nicht substantiiert dargelegt.

Der Vorwurf eines Schneeballsystems sei unsubstantiiert. Ein solches System sei weder installiert, noch betrieben worden, noch habe der Beklagte zu 3) hiervon Kenntnis gehabt. Einen gemeinsamen Tatplan der Beklagten zu 1) und 3) hierfür habe es nicht gegeben. Weder sei es bei der Verwendung der Anlegergelder zu Unregelmäßigkeiten gekommen, noch seien sie zweckentfremdet worden, erst recht habe der Beklagte zu 3) sie nicht persönlich vereinnahmt. Vielmehr sei das Anlagekapital – wie prospektiert – in die Zielgesellschaft ... geflossen. Von angeblichen Täuschungen der Anleger durch den Beklagten zu 1) bzw. durch von diesem kontrollierte Gesellschaften habe der Beklagte zu 3) keine Kenntnis, noch habe er solche Täuschungen gewollt. Es sei im übrigen nicht Sache des Beklagten zu 3) die Verwendung der Anlegergelder im vorliegenden Rechtsstreit zu erläutern, sondern es sei Sache der Klagepartei, die geltend gemachten Ansprüche durch konkreten Tatsachenvortrag zu substantiieren. Soweit die Klagepartei eine prospektwidrige Verwendung der Anlagegelder in den Raum stelle, trage dieser Sachvortrag im übrigen nicht den geltend gemachten Zeichnungsschaden wegen Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes.

Der Beklagte zu 3) ist der Ansicht, die klägerseits gerügten Prospektfehler lägen nicht vor.

Im übrigen bestreitet der Beklagte zu 3), dass der Klagepartei zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung der Prospekt vorlag und dass die behaupteten Prospektfehler für die Anlageentscheidung der Klagepartei ursächlich waren und bietet zum Beweis die Einvernahme der Klagepartei an.

Der Beklagte zu 3) meint, er sei weder Prospektverantwortlicher noch Prospektveranlasser, insbesondere nicht sogenannter „Hintermann“, i.S.d. §§ 13 Abs. 1 S. 1 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsenG.

Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. §§ 44 Abs. 1 S. 1 BörsenG eröffnet sei (Assmann/Schütze, Hdb. KapitalanlageR, § 5 Rn. 28; Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 29, Rn. 73).

Hinsichtlich des Parteivorbringens wird im Übrigen auf sämtliche eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Terminprotokoll Bezug genommen.

Das Gericht hat rechtskräftige Teil-Versäumnisurteile gegen die Beklagten zu 1), 2) und 4) erlassen.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) keine Ansprüche auf Schadensersatz aus § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F..

1.1. Gemäß § 32 Abs. 1 VermAnlG a.F. ist auf Verkaufsprospekte, die – wie der vorliegende Prospekt, der bereits am 31.05.2012 veröffentlicht wurde – vor dem 1. Juni 2012 bei der Bundesanstalt zur Gestattung ihrer Veröffentlichung eingereicht wurden, das Verkaufsprospektgesetz in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 VermAnlG sind für Ansprüche wegen fehlerhafter Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 im Inland veröffentlicht worden sind, das Verkaufsprospektgesetz und die §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG („Haftung bei fehlerhaftem Prospekt“) in dieser sind die Vorschriften der §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes anzuwenden, wenn für die Beurteilung von Wertpapieren, die nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, oder von Vermögensanlagen wesentliche Angaben in einem Prospekt im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes oder in einem Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig sind, jedoch mit der Maßgabe, dass bei der Anwendung des § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG für die Bemessung des Zeitraums von sechs Monaten anstelle der Einführung der Wertpapiere der Zeitpunkt des ersten öffentlichen Angebots im Inland maßgeblich ist.

Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG („Unrichtiger Wertpapierprospekt“) in der zur Zeit der Beteiligung geltenden Fassung kann der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospekts zum Börsenhandel zugelassen sind, in dem für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind, von denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben und von denjenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht, als Gesamtschuldner die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere abgeschlossen wurde.

Das Erwerbsgeschäft wurde vorliegend am 18.08.2012 und somit innerhalb von sechs Monaten nach dem erstmaligen öffentlichen Angebot der streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen im Inland am 01.06.2012 abgeschlossen. Die Klagepartei gehört damit zu den Anspruchsberechtigten nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG i.V.m. 44 Abs. 1 S. 1 BörsG.

1.2. Ob in dem streitgegenständlichen Prospekt wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind, kann indes dahinstehen.

Denn der Beklagte zu 3) hat i.S.d. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG weder die Verantwortung für den Prospekt übernommen, noch ging der Erlass des Prospektes von ihm aus.

Der Prospekthaftung nach § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BörsG unterliegen als Gesamtschuldner die Personen, die für den Prospekt Verantwortung übernommen haben, also im Prospekt als Herausgeber bezeichnet sind (Prospekterlasser), sowie die Personen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (Prospektveranlasser).

1.2.1. Der Beklagte zu 3) ist nicht Prospekterlasser, da der Prospekt allein von der ... herausgegeben wurde.

1.2.2. Der Beklagte zu 3) ist aber auch nicht Prospektveranlasser.

a. Zu den Prospektveranlassern gehören auch die nicht nach außen in Erscheinung tretenden Personen, die hinter dem Prospekt stehen und dessen eigentliche Urheber sind, also Initiatoren. Gründungsgesellschafter, Manager des Fonds und herrschende Unternehmen (BGH XI ZR 344/11).

Der Beklagten zu 3) gehört indes nicht zur Leitungsgruppe der Fondsgesellschaft, ist weder deren unmittelbarer Initiator, Gründer oder Manager.

aa. Ob sich der Beklagte zu 3) am 14.04.2008 eigeninitiativ beim Beklagten zu 1) vorgestellt und sich als sogenannter „Mitinitiator“ für mehrere von ihm für den Investitionsstandort Vereinigte Arabische Emirate erdachten Fondskonzepte angeboten hat bzw. ob sich dies so aus zwei Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten ... im Verfahren vor dem LG München I Az. 22 O 22691/14 (K 22/K 23) ergibt, kann dahinstehen. Vorliegend kommt es auch nicht darauf an, ob – wie die Klagepartei behauptet – der Beklagte zu 3) im Vorfeld der Initiierung der ...-Fonds in dem Bewusstsein um die große Bedeutung von Prospekt- und Informationsunterlagen für die Anlageentscheidung im Jahr 2008 den Kontakt zur Kanzlei ... aus ..., die später die Verkaufsprospekte habe erstellen sollen, herstellte. Denn all dies mag möglicherweise für die Stellung des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit den ...-Fonds von Bedeutung sein, betrifft aber jedenfalls nicht den streitgegenständlichen ...-Fonds, dessen Investitionsstandort in den USA liegt. Auch war der Beklagte zu 3) ausweislich der Handelsregisterauszüge nie Gründungsgesellschafter der deutschen Funktionsträgergesellschaften wie z.B. die ..., die ... und der deutschen ... und ist diesen auch niemals als Gesellschafter beigetreten. Im Gegenteil trägt die Klagepartei selbst vor, der Beklagte zu 1) habe den ...-Konzerns und des ... Firmenkonglomerats allein gegründet, platziert und kontrolliert.

bb. Abgesehen davon hat der zum Beweis für die Mitinitiatoren-Stellung des Beklagten zu 3) angebotenen Zeuge ... von der Kanzlei ... mit Schreiben vom 15.12.2016 mitgeteilt, dass sich seine Wahrnehmungen und Erkenntnisse im Hinblick auf die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nur aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit und damit der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegenden Geschehnisse ergeben könnten, dass jedoch eine Entbindung von seiner anwaltlichen Schweigepflicht durch den Beklagten zu 1) bzw. einen ggf. sonst in Betracht kommenden Mandanten nicht vorliegt.

Wegen Vorliegens eines berechtigten Zeugnisverweigerungsrechtes gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO stellt die Einvernahme des Zeugen... somit ein unzulässiges Beweismittel dar (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 284, Rn. 5), sodass von einer entsprechenden Beweiserhebung abgesehen wurde.

b. Unter die Prospektveranlasser i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG, werden auch die Personen gefasst, die eineigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission der Wertpapiere haben (vgl. BGH a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/8933, S. 78) und die darauf hinwirken, dass ein unrichtiger oder unvollständiger Prospekt veröffentlicht wird (vgl. BGH XI ZR 344/11 m.w.N.).

Ein eigenes wirtschaftliches Interesse liegt indes nur vor, wenn die handelnde Person wirtschaftlich gesehen gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie ihre eigene Existenz eng mit dem Erfolg des Unternehmens verknüpft hat. Ein bloßes mittelbares Interesse, wie beispielsweise der Erhalt einer Provision, reicht nicht aus (BGH II ZR 211/09; BGH II ZR 114/81; BGH XI ZR 41/03; BGH III ZR 222/08).

Vorliegend vermag indes die Stellung des Beklagten zu 3) als Alleingesellschafter der ... (ihrerseits Alleingesellschafterin der ..., der Geschäftsführerin bzw. General Partner zu 0 % der ...) ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Beklagten zu 3) an der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung nicht zu begründen.

Das Beteiligungskapital floss nämlich nicht direkt an den Beklagten zu 3) persönlich, sondern in einer Reihe von Zwischenschritten über die Fondsgesellschaft ... aufgrund von deren atypisch stiller Beteiligung an der ... und deren 100prozentiger Partnerschaft als Limited Partner an der ... letztlich an diese Gesellschaft.

Mit dieser Firma hat der Beklagte zu 3) zwar insoweit mittelbar zu tun, als seine Firma ... unstreitig die Anteile an der Geschäftsführerfirma hält. Er ist also zu 100 Prozent an einer Gesellschaft beteiligt, die 100 Prozent der Anteile der Geschäftsführerin der Investmentfirma hält, welche am Ende der Kette von Gesellschaften ausschließlich berechtigt ist, die Investitionsziele für die in den Fonds eingesammelten Gelder frei vorzugeben und diese zu verwenden.

Da das Anlagekapital indes zu keinem Zeitpunkt an den Beklagten zu 3) oder direkt an eine seiner Firmen fließt, besteht das für den Beklagten zu 3) mit der klägerischen Beteiligung verbundene wirtschaftliche und finanzielle Interesse allenfalls in dem der Managerfirma ... die von seiner ... zu 100 Prozent gehalten wird, eingeräumten Anteil von zehn Prozent eines allfälligen Gewinnüberschusses.

Sein wirtschaftliches Interesse an der streitgegenständlichen Beteiligung der Klagepartei ist aber damit nur ein mittelbares, das nicht ausreicht, den Beklagten zu 3) als wirtschaftlichen „Herrn des Geschäfts“ (vgl. BGH VIII ZR 356/95) anzusehen. Er ist lediglich wegen seines – einem Provisionsanspruch annähernd vergleichbaren – prozentualen Anspruchs auf einen Gewinnüberschuss ganz allgemein wirtschaftlich daran interessiert, dass die Beteiligungsverträge mit den Fondsanlegern zustande kommen (BGH II ZR 220/82; BGH VIII ZR 100/65).

Selbst wenn es dem Beklagten zu 3) gelegen sein musste, dass der Fondsgesellschaft möglich viel Anlegekapital zufließt und er damit rein tatsächlich ein nicht nur mittelbares Interesse am Abschluss der streitgegenständlichen Beitrittserklärung hatte, ist dieses nur abgeleitete Interesse zur Begründung einer Eigenhaftung des Beklagten zu 3) nicht ausreichend.

c. In Übereinstimmung mit der börsenrechtlichen Veranlasser-Haftung hat der BGH die sogenannte „Hintermann-Haftung“ der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne entwickelt (BGH II ZR 60/80). Diese Rechtsprechung kann zur Konkretisierung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG herangezogen werden (vgl. BGH XI ZR 344/11).

Danach ist Veranlasser auch, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. Von der Prospektverantwortlichkeit eines solchen „Hintermannes“ ist unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist (BGH VII ZR 376/89; BGH VII ZR 372/03; BGH III ZR 103/10). Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen (BGH VII ZR 443/99, BGH VII ZR 372/03). Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (BGH II ZR 94/77 BGH VII ZR 376/89, BGH VII ZR 372/03).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Beklagte zu 3) jedoch ebenfalls nicht Prospektveranlasser.

aa. Nach dem Vortrag der Klagepartei ist der Beklagte zu 3) nicht Mitbestimmer der Fondsgesellschaft ist, mit dessen Wissen und Wollen der Emissionsprospekt in den Verkehr gebracht worden ist (BGH III ZR 103/10), da er neben der Geschäftsleitung keinen besonderen Einfluss bei der Initiierung des Projekts hatte.

Soweit dem Beklagten zu 3) unbestritten die Aufgabe der Investitionstätigkeit auf der Ebene der ... obliegt, da er über seine ... die Geschäftsführerin der ... die ... kontrolliert, und der unternehmerische Erfolg des Fonds damit letztlich von einer von einer Gesellschaft des Beklagten zu 3) gehaltenen Firma abhängig ist, macht den Beklagten zu 3) nicht zur Schlüsselfigur, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist.

Hierbei verkennt die Klagepartei nämlich, dass das typisierte Vertrauen in die Prospektangaben und Prospektverantwortlichen sich nach der – zur Konkretisierung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG heranzuziehenden (s.o.) – Rechtsprechung des BGH zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne ausdrücklich auf die Initiierungsphase beschränkt (vgl. z.B. BGH III ZR 103/10; BGH III ZR 298/05). Dies ist im Hinblick darauf, dass die typisierte Prospekthaftung im engeren Sinne unter Rückgriff auf das Rechtsinstitut der „culpa in contrahendo“ in der Phase der Vertragsanbahnung entwickelt wurde, nur folgerichtig. Die Investmenttätigkeit des Beklagten zu 3) findet aber nicht in der Initiierungsphase statt, sondern in der Ausführungsphase. Sie wird auch nicht vom Beklagten persönlich ausgeübt und betrifft nicht die direkt vom Fonds eingesammelten Anlegergelder. Vielmehr werden diese nach dem Fondskonzept erst am Ende einer Kette von Beteiligungen und Zahlungsströmen von einer vom Beklagten zu 3) gehaltenen juristischen Person eingesetzt. Das Anlagekapital wird zunächst im Rahmen einer atypisch stillen Gesellschaft in den Unternehmensbereich der ... eingebracht, damit diese Gesellschaft dann ihrerseits eine hundertprozentige Beteiligung als beschränkt haftender Gesellschafterin an der ... erwirbt. Erst die ... – gemanaged von einer von einer Gesellschaft des Beklagten zu 3) gehaltenen Geschäftsführerin – kauft dann Land- und Bohrrechte bzw. Rechte an bestehenden Öl- oder Gasquellen.

Anknüpfungspunkt für die „Hintermann-Haftung“ ist aber – da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem Hintermann nicht zustande kommen – der unmittelbare Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Projekts (vgl. BGH VII ZR 376/89) als Mitglied einer Leitungsgruppe. Als in diesem Sinn Verantwortliche kommen in erster Linie Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter in Betracht, weil diese die Geschicke der Initiatorengesellschaft bestimmen (vgl. BGH VII ZR 340/88). In der Rechtsprechung sind auch schon mit ähnlichem Einfluss versehene Personen, etwa ein Generalbevollmächtigter (vgl. II ZR 60/80) und der Leiter einer für die Baubetreuung zuständigen „Planungsgemeinschaft“ (vgl. II ZR 258/78) der Prospekthaftung unterworfen worden. Der Beklagte zu 3) hat aber nicht im Entferntesten eine dieser Gruppe vergleichbare Position inne.

1. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) keine Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne.

Solche Ansprüche sind nämlich bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. §§ 44 Abs. 1 S. 1 BörsenG eröffnet ist (vgl. Assmann/Schütze, Hdb. KapitalanlageR, § 5 Rn. 28).

3. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) auch keine Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 311 III, 241 Abs. 2 BGB.

Diese knüpft nach der Rechtsprechung des BGH als Anspruch für Verschulden bei Vertragsschluss an (vor)vertragliche Beziehungen zum Anleger an. Ihr unterliegen Personen, die bei den Vertragsverhandlungen über den Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Fonds als Vertragspartner oder Treuhandkommanditisten oder als Vertreter, Sachwalter oder Verhandlungsführer persönliches Vertrauen des Anlegers in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss beeinflusst haben (BGH II ZR 114, 81; BGH III ZR 361/04; BGH II ZR 210/06). Das gilt auch dann, wenn die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds unter Verwendung von Prospekten angebahnt wurde (BGH II ZR 18/01).

Aus Prospekthaftung im weiteren Sinne haftet grundsätzlich zwar nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen.

Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat (st.Rspr., vgl. BGH II ZR 114/81; BGH XI ZR 41/03; BGH III ZR 222/08). Anders als bei Gründungsgesellschaftern (vgl. BGH II ZR 18/01; BGH II ZR 202/02; BGH II ZR 16/10; BGH II ZR 69/12), die dem Anleger ein zutreffendes Bild über die Beteiligung liefern müssen, reicht bei Personen, die – wie hier der Beklagte zu 3) – nicht Vertragspartner des Anlegers werden sollen, allein die Vorlage eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekt für die Prospekthaftung im weiteren Sinne nämlich nicht aus.

3.1. Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität der Anlage bzw. für die ordnungsgemäße Erfüllung des Beteiligungsvertrages übernommen hat (BGH VIII ZR 80/91; BGH II ZR 248/91), insbesondere indem er Garantien für die Richtigkeit des Prospektes abgegeben oder über den Prospekt hinausgehende Zusagen gemacht hat (BGH a.a.O.).

Vorliegend ist der Beklagte zu 3) gegenüber dem Kläger nicht in persönlichen Kontakt getreten, sodass sich daraus auch kein besonderes persönliches Vertrauen ergeben haben kann.

Zwar ist denkbar, dass ein besonderes Vertrauen der Anleger in die Person des Beklagten zu 3) durch ihn betreffende Angaben im Emissionsprospekt geschürt worden sein könnte (vgl. Nobbe, WM 2013, 193–204). Die werbemäßige Nennung des Namens einer Person im Prospekt reicht jedoch nicht aus, um eine Prospekthaftung im weiteren Sinne zu begründen (BGH II ZR 211/09; BGH XI ZR 41/03).

Da der Beklagte zu 3) unstreitig im streitgegenständlichen Verkaufsprospekt an keiner Stelle namentlich auch nur erwähnt wird, scheidet indes eine Prospekthaftung im weiteren Sinne aus Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens hier aus.

3.2. Zwar kann bei Personen, die nicht Vertragspartner des Anlegers werden, zur Begründung einer Prospekthaftung im weiteren Sinne auch ein eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse an dem Vertragsschluss ausreichend (BGH II ZR 211/09; BGH II ZR 114/81; BGH XI ZR 41/03; BGH III ZR 222/08).

Ein solches liegt indes nur vor, wenn die handelnde Person wirtschaftlich gesehen gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie ihre eigene Existenz eng mit dem Erfolg des Unternehmens verknüpft hat. Ein bloßes mittelbares Interesse, wie beispielsweise der Erhalt einer Provision, reicht nicht aus (BGH a.a.O.).

Vorliegend vermag indes die Stellung des Beklagten zu 3) als Alleingesellschafter der ... (ihrerseits Alleingesellschafterin der ... der Geschäftsführerin bzw. General Partner zu 0 % der ...) ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Beklagten zu 3) an der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung nicht zu begründen.

Das Beteiligungskapital floss nämlich nicht direkt an den Beklagten zu 3) persönlich, sondern in einer Reihe von Zwischenschritten über die Fondsgesellschaft ... aufgrund von deren atypisch stiller Beteiligung an der ... und deren 100prozentiger Partnerschaft als Limited Partner an der ... letztlich an diese Gesellschaft.

Mit dieser Firma hat der Beklagte zu 3) zwar insoweit mittelbar zu tun, als seine Firma ... unstreitig die Anteile an der Geschäftsführerfirma hält. Er ist also zu 100 Prozent an einer Gesellschaft beteiligt, die 100 Prozent der Anteile der Geschäftsführerin der Investmentfirma hält, welche am Ende der Kette von Gesellschaften ausschließlich berechtigt ist, die Investitionsziele für die in den Fonds eingesammelten Gelder frei vorzugeben und diese zu verwenden.

Da das Anlagekapital indes zu keinem Zeitpunkt an den Beklagten zu 3) oder direkt an eine seiner Firmen fließt, besteht das für den Beklagten zu 3) mit der klägerischen Beteiligung verbundene wirtschaftliche und finanzielle Interesse allenfalls in dem der Managerfirma ..., die von seiner ... zu 100 Prozent gehalten wird, eingeräumten Anteil von zehn Prozent eines allfälligen Gewinnüberschusses.

Sein wirtschaftliches Interesse an der streitgegenständlichen Beteiligung der Klagepartei ist aber damit nur ein mittelbares, das nicht ausreicht, den Beklagten zu 3) als wirtschaftlichen „Herrn des Geschäfts“ (vgl. BGH VIII ZR 356/95) anzusehen. Er ist lediglich wegen seines – einem Provisionsanspruch annähernd vergleichbaren – prozentualen Anspruchs auf einen Gewinnüberschuss ganz allgemein wirtschaftlich daran interessiert, dass die Beteiligungsverträge mit den Fondsanlegern zustande kommen (BGH II ZR 220/82; BGH VIII ZR 100/65).

Der Klagepartei ist zwar zuzugeben, dass dem Beklagten zu 3) daran gelegen sein musste, dass der Fondsgesellschaft möglich viel Anlegekapital zufließt und er damit rein tatsächlich ein nicht nur mittelbares Interesse am Abschluss der streitgegenständlichen Beitrittserklärung hatte.

Im Rechtssinne aber genügt dieses Interesse zur Begründung einer Eigenhaftung des Beklagten zu 3) als Nicht-Vertragspartner der Klagepartei nicht. Denn würde allein draus seine Prospekthaftung im weiteren Sinne abgeleitet, so hätte dies einen Wertungswiderspruch zu der Rechtsprechung zur Folge, die grundsätzlich nur denjenigen in der Haftung sieht, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen und nur ausnahmsweise daneben die Sachwalter- bzw. Garantenstellung als Haftungsgrund ausreichen lässt (BGH VIII ZR 210/84).

4. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) auch keine deliktischen Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB bzw. aus § 826 BGB.

4.1. Die tatsächlichen Voraussetzungen für deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 3) sind weitgehend schon nicht substantiiert vorgetragen.

Der klägerische Sachvortrag erschöpft sich im Wesentlichen in Behauptungen ins Blaue hinein, das Anlegerkapital sei planmäßig nicht prospektgemäß investiert, sondern im Rahmen eines vom Beklagten zu 1) im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 3) ausgeklügelten Schneeballsystems vom Beklagten zu 3) als Investitionsverantwortlichem umgeleitet worden. Dass alles auf eine Unterschlagung großer Teile der Anlegergelder durch den Beklagten zu 3) hindeute, ist ebenso eine erkennbar „aufs Geratewohl“ aufgestellte Mutmaßung, der jeder tatsächliche Anhaltspunkt fehlt, wie die Behauptung, die ... sei in Wahrheit eine vom Beklagten zu 3) im Auftrag des Beklagten zu 1) gegründete und gesteuerte Briefkastenfirma und die ....

Soweit die Klagepartei hierfür Zeugenbeweis angeboten hat, handelt es sich somit um unbeachtliche Beweisermittlungsanträge, die allein der Ausforschung dienen und mit denen sie sich offensichtlich erst Grundlage für hinreichend konkreten Tatsachenvortrag verschaffen will; ihnen hatte das Gericht daher nicht nachzugehen (vgl. BGH VIII ZR 251/95 BGH VI ZR 5VI ZR 560/13 Rn. 36).

4.2. Konkrete Anhaltspunkte für ein von Anfang an geplantes kollusives Zusammenwirken der Beklagten zu 1) und 3) zum Nachteil der jeweiligen Fondsanleger werden nicht vorgetragen.

Es wird lediglich aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft ... unter dem Aktenzeichen 316 Js 216828/13 ein Ermittlungsverfahren gegen die Beklagten zu 1) und 3) und eine Vielzahl von anderen Personen führt, auf deliktische Handlungen des Beklagten zu 3) zum Nachteil der Klagepartei im Zusammenhang mit deren streitgegenständlicher Fondsbeteiligung geschlossen. Dabei wird noch nicht einmal vorgetragen, auf welche konkreten Taten, Tathandlungen oder Tatbeiträge des Beklagten zu 3) sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überhaupt beziehen.

4.2.1. Die klägerseits beantragte Beiziehung der Ermittlungsakten durch das Gericht zur Überprüfung dieser Frage verbietet sich daher nach dem im Zivilprozess geltenden Beibringungsgrundsatz.

Danach ist es nämlich Sache der Parteien, im Einzelnen darzulegen, was sie zum Gegenstand ihres Vortrags machen wollen; sie können Sachvortrag nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf beizuziehende Akten ersetzen.

Nach der Zivilprozessordnung besteht kein allgemeines Recht auf Aktenbeiziehung. Die für den Zivilprozess maßgebliche Verhandlungsmaxime verlangt vielmehr, dass die Parteien sich die Grundlagen ihres Tatsachenvortrags, etwaiger Beweisantritte oder Vorhalte bei einer durchzuführenden Beweisaufnahme regelmäßig selbst beschaffen (Musielak, ZPO, Einl. Rn. 37 ff.). Den Inhalt von Straf- bzw. Ermittlungsakten müssen die Parteien selbst vortragen. Das Gericht ist zur Beiziehung nicht verpflichtet, da es nicht seine Aufgabe ist, Akten anderer Behörden daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer beweisbelasteten Partei günstig sind (OLG Hamm NJW-RR 02, 504).

4.2.2. Ein Recht zur Beiziehung lässt sich vorliegend auch nicht aus § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO herleiten, wonach das Gericht Behörden um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen kann.

Eine Verpflichtung des Gerichts, Anordnungen nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu treffen, besteht nämlich dann nicht, wenn dem Gericht ein unzumutbarer Aufwand abverlangt würde (BVerfG 1 BvR 1117/89; MünchKomm-ZPO, § 273 Rn. 7; Musielak, ZPO, § 273 Rn. 3).

Dies ist vorliegend der Fall, da die Klagepartei selbst zur Akteneinsichtnahme berechtigt ist und sich die Informationen aus den Ermittlungsakten gegen den Beklagten zu 3) selbst beschaffen kann. Nach § 406 e Abs. 1 StPO, der schon im Ermittlungsverfahren gilt (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, § 406 e, Rn. 2), kann ein Rechtsanwalt für den Verletzten Strafakten einsehen, wenn er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Verletzter i.S. des § 406 e StPO ist, wer durch die behauptete Tat – ihre tatsächliche Begehung unterstellt – unmittelbar in einem Rechtsgut verletzt ist. Genau dies wird klägerseits aber vorliegend behauptet. Ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht besteht insbesondere, wenn sie – wie hier – der Prüfung dienen soll, ob und in welchem Umfang der Verletzte gegen den Beschuldigten zivilrechtliche Ansprüche geltend machen kann (RiStBV 185 III).

4.3. Soweit die Klagepartei zum Beweis für die dargelegte arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten zu 1) und 3) und die Mitgestaltung des Prospektmaterials durch den Beklagten zu 3) sowie zum Verbleib der Anlegergelder die Einvernahme von ... von der Kanzlei ... angeboten hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen Ziffer I. 1.2.2. a. bb.) Bezug genommen.

4.4. Dass sich der Beklagte zu 3) am 14.04.2008 eigeninitiativ beim Beklagten zu 1) vorgestellt und sich als Mitinitiator für mehrere von ihm für den Investitionsstandort Vereinigte Arabische Emirate erdachten Fondskonzepte angeboten habe, steht zwar so in dem Schriftsatz der RAe ... vom 10.2.2015 im Verfahren 22 O 22691/14 vor dem LG München I (K 22).

Etwaige unerlaubte Handlungen des Beklagten zu 3) zum Nachteil der Klagepartei lassen sich daraus jedoch nicht entnehmen.

4.5. Das Gleiche gilt für den Vortrag im Rundschreiben der Kanzlei ... vom 07.04.2014 an die Anleger der ... (K 23).

Dass danach „für die Planung und Durchführung aller Investitionen der Fondsgruppen ... letztlich als Promotor der Investor ... steht“, dem „mit seinen bzw. von ihm als Vertragspartner verpflichteten Firmen oder Geldanlagen die Durchführung der Investitionen mit bestmöglichen Ergebnissen oblag“, kann weder den dem Beklagten zu 3) klägerseits vorgeworfenen Kapitalanlagebetrug noch die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründen.

Im übrigen hat der Beklagte zu 3) ohnehin unstreitig gestellt, dass seine Aufgabe in der Investitionstätigkeit auf der Ebene der ... bestand.

4.6. Auch daraus, dass die in dem Rundschreiben angesprochenen Recherchemaßnahmen und der Versuch, „zum Investment, dessen Verlauf und insbesondere zum Ausbleiben der Ausschüttungen und den Gründen hierfür“ konkrete Aussagen des Beklagte zu 3) zu bekommen (vgl. K 23), offensichtlich nicht zum Erfolg geführt haben, kann ebenfalls nicht auf unerlaubte Handlungen des Beklagten zu 3) zum Nachteil der Klagepartei geschlossen werden.

4.7. Soweit die Klagepartei überhaupt allein aus dem Umstand, dass sich der Beklagte zu 3) bis dato zum Stand des Investments ausgeschwiegen hat, Rückschlüsse auf ein deliktisches Handeln zieht, verkennt sie, dass die Investmentgesellschaft ... prospektgemäß in der Anlage der Fondsgelder völlig frei war – worauf der Prospekt neben der Erwähnung des Totalverlustrisiko als „Maximales Risiko“ auf Seite 12 in einem eigenen Kapitel „Risiko des wirtschaftlich nicht erfolgreichen Agierens der ... und/oder der ...“ indes eigens ausführlich hinweist – und dass Kontroll- und Auskunftsrechte nur auf der Ebene der jeweiligen Gesellschaftsverhältnisse ausgeübt werden können, u.z. von der Klagepartei gegenüber der Fondsgesellschaft gemäß § 9 GesV (Prospekt S. 49), von der Fondsgesellschaft als atypisch stille Gesellschafterin der... gemäß § 5 des Vertrags über die atypisch stille Beteiligung (Prospekt S. 62) und schließlich von dieser als Limited Partner der... gegenüber der ... als General Partner nach Maßgabe des ....

4.8. Aus der Anlage K 4d geht – anders als die Klagepartei behauptet – nicht hervor, dass die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) dem Beklagten zu 3) Unterschlagung bzw. Betrug vorwerfen.

In diesem Schreiben vom 25.09.2013 von RA ... von der zuvor von der ... mit der „Sicherung, Strukturierung und Entwicklung einer Konzeption für das weitere Vorgehen, insbesondere für die deutsche Fondsgesellschaft“ beauftragten Kanzlei ... (vgl. Schreiben des Beklagten zu 1) vom 27.09.2013 – K 4c) an die Auftraggeberin wird lediglich ein offenbar von der ... selbst an die Kanzlei herangetragener Vorwurf aufgegriffen.

Es heißt dort nämlich: „Im August 2013 nahmen Sie mit uns Kontakt auf und schilderten die bei Ihnen aufkommende Befürchtung, dass die Fondsziele des ... möglicherweise nicht mehr oder nur teilweise erreicht werden oder eventuell am Investitionsort nicht mehr verfolgt würden, z.B. wenn es dort zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein würde. Sie machten Ihre Besorgnis insbesondere an dem Ausbleiben von Zahlungen letztendlich an die Fonds-KG für das zweite Quartal 2013 seitens der ... in ... fest. Zudem seien von ... der in den USA mit dem Gesamtmanagement der dortigen Investitionen/Vertragspartner befasst sei, in jüngster Zeit keine oder nicht nachvollziehbare Erklärungen zur möglichen Situation abgegeben worden“.

4.9. Im übrigen führt die Klagepartei selbst als Grund für das Ausbleiben der prospektierten Ausschüttungen an, dass sich das Investitionsklima in den Vereinigten Arabischen Emiraten Anfang 2010 abgekühlt habe und die dort zwischen 2009 und 2010 gestarteten Projekte wegen sich eintrübender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bereits in der Planungsphase gescheitert seien, und dass der Ölförderungsmarkt in den USA in den letzten Jahren praktisch zusammengebrochen sei, sodass es nicht verwundere, dass aus den USA kein einziger Erfolg der getätigten Investitionen in die dortige Ölförderung bekannt sei.

Dass die Klagepartei selbst den Misserfolg der streitgegenständliche Anlage an den schlechten Marktbedingungen festmacht, widerspricht aber diametral dem eigenen gegen den Beklagten zu 3) erhobenen Vorwurf, die Anlagegelder auf sich transferiert und vereinnahmt zu haben.

5. Schließlich war die beantragte Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO und gemäß § 149 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen:

5.1. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO ist nicht dargetan, insbesondere ist nicht vorgetragen, von welchem „Rechtsverhältnis“, das Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, die Entscheidung im vorliegenden Verfahren abhängen soll.

5.2. Eine Aussetzung im Hinblick auf das o.g. Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ... Az. 316 Js 216828/13, scheidet schon deshalb aus, weil – wie bereits ausgeführt – klägerseits noch nicht einmal dargelegt wird, auf welche konkreten Taten des Beklagten zu 3) sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überhaupt beziehen. Damit ist nicht ersichtlich, inwiefern nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eine etwaige gründliche Klärung eventueller Straftaten des Beklagten zu 3) in einem Strafprozess für den konkreten Rechtsstreit überhaupt von Vorteil sein könnte und den Nachteil einer verzögerten Entscheidung im Zivilprozess rechtfertigte.

Die Klage war daher abzuweisen.

II. Kosten: § 91 ZPO

III. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1, 2 ZPO.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

Tenor

1. Die Klage gegen den Beklagten zu 3) wird abgewiesen.

2. Die Klagepartei trägt 1/4 der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3).

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 16.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klagepartei verlangt von dem Beklagten zu 3) als Gesamtschuldner im Wege des Schadensersatzes Rückabwicklung ihrer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds.

Die Klagepartei beteiligte sich am ... in Höhe von ... € zuzüglich 5 % Agio an der ... (im Folgenden: Fonds) (K 14).

Für die Beteiligung wurde ein Emissionsprospekt vom ... herausgegeben (K 1 – S. 11), der am ... veröffentlicht wurde. Anteile an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft wurden ab dem 01.06.2012 öffentlich angeboten (B 3/1). Prospektherausgeberin ist die ... (Prospekt – letzte Seite R).

Gegenstand des Unternehmens ist sowohl das Aufspüren, die Förderung, die Verarbeitung und der Vertrieb von Erdöl und Erdgas in den Vereinigten Staaten von Amerika und weltweit, als auch der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Aufspür-, Förder- und Mineralgewinnungsrechten. Zu diesem Zweck kann sich die Gesellschaft an in- und ausländischen Gesellschaften jedweder Rechtsform, Konsortien und Joint-Ventures jedweder Art beteiligen (vgl. § 2 GesV – abgedruckt im Prospekt S. 47 ff.).

Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Anleger hatten die Möglichkeit, ihre Beteiligung erstmals nach einer Mindesthaltedauer von 36 Monaten mit zwölfmonatiger Frist zum Ende des Kalenderjahres zu kündigen (vgl. §§ 3, 18 GesV)

In der „Kurzübersicht“ auf Seite 6 des Prospekts heißt es: „Fondskonzept – Die Emittentin investiert die Nettoeinnahmen (das zur Verfügung stehende Eigenkapital abzüglich der Fondskosten) im Rahmen einer atypisch stillen Gesellschaft mit der ... in den Unternehmensbereich der ..., damit diese eine 100-prozentigen Beteiligung als Limited Partner (beschränkt haftender Gesellschafter) an der ... mit Sitz in ... – Vereinigte Staaten von Amerika erwerben kann sowie zur Bereitstellung einer Liquiditätsreserve. Die ... erwirbt Land-, Bohrrechte, und/oder Rechte an bestehenden Öl- und/oder Gasquellen in den Vereinigten Staaten von Amerika und weltweit.“

Auf Seite 12 des Prospekts heißt es: „Die Investitionstätigkeit der Emittentin beschränkt sich darauf, der ... atypisch stilles Kommanditkapital zur Verfügung zu stellen, damit diese sich planmäßig an der Stratus Oil LP beteiligen kann. (...) Einflussmöglichkeiten oder gar Entscheidungskompetenzen im Hinblick auf die von der ... durchzuführenden Geschäfte sind im Vergleich zu einer direkten Beteiligung inklusive Wahrnehmung der Geschäftsführung eingeschränkt, insbesondere, da die von der Emittentin zu beanspruchenden Erlöse hinsichtlich ihrer Höhe und hinsichtlich ihrer tatsächlichen Erfüllung auch generell vom wirtschaftlichen Erfolg und von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der ... abhängig sind. (...) Im Hinblick auf die Verwendung des Kapitals durch die ... ist die Emittentin noch weiter eingeschränkt. (...)“

Auf Seite 20 des Prospekts wird im Kapitel „Das Konzept“ angegeben, dass die ... am ... gegründet wurde und in ... registriert ist. Gesellschafter sind die ... – zu 100 Prozent Kapitaleinlage als Limited Partner – und die ... mit Sitz in ... – zu 0 Prozent Kapitaleinlage als General Partner. Die ... beabsichtigt, im Bereich der Öl- und Gasindustrie durch Erwerb von Land- und Bohrrechten in den USA und weltweit, Durchführung von Testbohrungen und Veräußerung von Explorationsrechten, durch eigene Explorationstätigkeit und durch Beteiligung an mittelbaren und unmittelbaren Erträgen aus produzierenden Quellen im Bereich der Öl- und Gasindustrie in den USA und weltweit tätig zu werden, wobei sie dabei frei in ihrer Entscheidung zur Durchführung von Investitionen bzw. Begründung von Beteiligungen ist.

Auf Seite 23 des Prospekts heißt es unter „Angaben über die Anlageziele und Anlegepolitik“ weiter: „Die ... wird diese Beteiligungen bzw. Investments nach eigenem Ermessen erwerben, verwalten und auflösen. Die Beteiligung an der ... wird voraussichtlich nach drei Jahren aufgegeben, und es werden hierbei neben dem Rückerhalt des gezahlten Preises für die Beteiligung voraussichtlich weitere Gewinne realisiert. Bis zur Auflösung der Beteiligungen bzw. Investments ggf. erzielte Gewinne der ... sollen plangemäß für die Dauer der Restlaufzeit, soweit sie nicht zu den prospektierten Auszahlungen von 12 Prozent p.a. auf die Pflichteinlagen benötigt werden, wieder angelegt werden.“

Auf Seite 9 des Prospektes sind die Gewinnbeteiligungsquoten für die Anleger zwischen 12 % und 16 % je nach Beitrittszeitpunkt angegeben. Weiter heißt es: „Die Gewinnbeteiligung bezieht sich auf das gebundene Kapital. Unabhängig von der Höhe der Gewinnbeteiligung erhalten die Anleger Vorabauszahlungen in Höhe von 12 Prozent p.a. bezogen auf die Kommanditeinlage ohne Agio (...). Übersteigende Gewinne werden im Verhältnis 90 % / 10 % zwischen den deutschen Anlegern und dem Manager der ... (der ...) geteilt.“

Die Klagepartei trägt vor, dass ihr die Anlage von der Beklagten zu 4) vermittelt worden sei und sie trägt weiter vor, vor Zeichnung des Fonds von der Mitarbeiterin der Vermittlungsfirma ... umfangreiches Informationsmaterial zugesendet bekommen zu haben, u.a. auch den Emissionsprospekt. Der Vermittler habe die Beteiligung empfohlen und dabei u.a. die Sicherheit durch Investition in Sachwerte und die hohe Rendite betont. Risiken habe der Vermittler nicht erwähnt, insbesondere nicht das Totalverlustrisiko.

Die Klagepartei ist der Ansicht, der Emissionsprospekt sei in verschiedenen Punkten fehlerhaft. U.a. stelle er die personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen des Beklagten zu 1) nicht dar. Der Beklagte zu 1) stehe nämlich als Alleingesellschafter der ... faktisch und wirtschaftlich sowohl hinter dem ... Konzern, dessen Tochtergesellschaften Emittenten, Initiatoren, Prospektverantwortliche und Gründungs- bzw. Treuhandgesellschafter des streitgegenständlichen Fonds seien, als auch hinter dem ...-Vertriebskonzern, dem der Allein-Vertrieb der ... Fondsprodukte oblegen habe.

Diese personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen des Beklagten zu 1) seien der Klagepartei auch im persönlichen Vermittlungsgespräch nicht eröffnet worden.

Der Beklagte zu 1) habe von Anfang an mit der Gründung des ...-Konzerns und des ...-Firmenkonglomerats unter Einsetzung diverser Strohmänner bzw. -frauen als Geschäftsführer der Einzelgesellschaften das Ziel verfolgt, Anleger zum Abschluss hochriskanter und wirtschaftlich unplausibler Beteiligungen im nordamerikanischen Öl- und Gasgeschäft zu veranlassen und sie dabei über die damit verbundenen Risiken bewusst zu täuschen. Die vereinnahmten Anlegergelder seien nicht in die jeweilige Fondsgesellschaft geflossen, sondern im Rahmen eines ausgeklügelten Schneeballsystems vom Beklagten zu 1) im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 3) zweckentfremdet worden, sodass der Fondsgesellschaft nunmehr die Zahlungsunfähigkeit drohe und die angelegten Gelder verloren seien.

Die Klagepartei behauptet, wie bei den ebenfalls vom Beklagten zu 1) initiierten ...-Fonds sei der Beklagte zu 3) auch Mitinitiator und „Investmentchef“ des streitgegenständlichen Fonds. Obwohl im Prospekt und in allen anderen Informationsmaterialien der Eindruck erweckt werde, die ... sei eine texanische Explorationsfirma, handele es sich in Wahrheit um eine vom Beklagten zu 3) im Auftrag des Beklagten zu 1) gegründete und gesteuerte Briefkastenfirma. Der Beklagte zu 3) sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der in ... eingetragenen ..., die ihrerseits alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der ... sei, der Geschäftsführerin der .... Der Beklagte zu 3) werde im übrigen im Unternehmensregister des Staates ... auch als Geschäftsführer der ... benannt. Damit habe der Beklagte zu 3) faktisch allein über die konkrete Verwendung des Anlegerkapitals entscheiden können.

Die Klagepartei trägt vor, sie bestreite, dass das Anlegerkapital prospektgemäß in den USA investiert worden sei. Es deute alles auf eine Unterschlagung großer Teile der Anlegergelder durch den Beklagten zu 3) hin. Der Beklagte zu 3) habe zusammen mit dem Beklagten zu 1) bereits zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beteiligung geplant gehabt, dass es nie zu einer erfolgreichen Liquidation der Fondsgesellschaft nach 2 1/2 Jahren kommen werde. Beide hätten gewusst, dass die Anlegergelder nicht den angeblichen Zielinvestments zugeführt würden, sondern vom Beklagten zu 3) als Investitionsverantwortlichem umgeleitet würden. Diesem würde nun sogar von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) Unterschlagung und Betrug vorgeworfen (K 4d). Der Beklagte zu 3) sei alleiniger Empfänger des Anlegerkapitals und Hauptprofiteur der Platzierung des Fonds. Insgesamt seien aus den Fonds der ... und der ... mehr als 100 Millionen Euro an den Beklagten zu 3) und seine Gesellschaften in den USA und in den Vereinigten Arabischen Emiraten geflossen. Die konkrete Verwendung der Gelder sei in allen Fällen völlig ungewiss, weshalb die Staatsanwaltschaft München I unter dem Az. 316 Js 216828/13 u.a. wegen des Verdachtes des Kapitalanlagebetruges u.a. gegen den Beklagten zu 3) ermittle.

Am 14.04.2008 habe sich der Beklagte zu 3) auf eigene Initiative beim Beklagten zu 1) vorgestellt und sich als Mitinitiator für mehrere von ihm für den Investitionsstandort Vereinigte Arabische Emirate erdachten Fondskonzepte angeboten, wie sich aus zwei Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten RA ... im Verfahren vor dem LG München I Az. 22 O 22691/14 ergebe (K 22/K 23) und wie dieser bezeugen könne.

Zu diesem Zweck seien gemäß den Absprachen zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 3) am 13.05.2008 und später diverse Gesellschaften (Funktionsträgergesellschaften und Fondsgesellschaften) gegründet worden, so die ..., die ... und die ....

Bereits im Vorfeld der Initiierung der ... Fonds habe der Beklagte zu 3) in dem Bewusstsein um die große Bedeutung von Prospekt- und Informationsunterlagen für die Anlageentscheidung im Jahr 2008 den Kontakt zur Kanzlei ... aus ... hergestellt, die später die Verkaufsprospekte habe erstellen sollen. Dies könne der Zeuge RA ... bestätigen.

Seit Beginn der Zusammenarbeit des Beklagten zu 3) mit dem Beklagten zu 1) im Rahmen der ...-Fonds sei der Beklagte zu 3) wiederholt in Deutschland zu Besuch gewesen, um sich mit führenden Mitarbeitern des ...-Vertriebs abzustimmen. Für die Erstellung des Kurzprospektes und der regelmäßigen Investitionsberichte (K 3) seien die deutschen Fondsgesellschaften auf die regelmäßigen Berichte des Beklagten zu 3) angewiesen gewesen, die dieser bis 2013 erstellt habe. Die von ihm übermittelten, sehr spezifischen Informationen zu den Investitionstätigkeiten in den USA und in den Vereinigten Arabischen Emiraten hätten die Grundlage für sämtliche Veröffentlichungen der ..., der ... und des ...-Vertriebes gebildet. Umgekehrt seien sämtliche die Investitionstätigkeit der ... und der ... betreffenden Veröffentlichungen der Emissionshäuser und des ...-Vertriebs an den Beklagten zu 3) weitergeleitet worden. Auch habe der Beklagte zu 3) engen Kontakt zu den ...-Vermittlern gepflegt und diese mehrmals zur Besichtigung der Investitionsorte in den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten eingeladen und sogar selbst Führungen übernommen. Aufgrund dieses engen Kontaktes habe der Beklagte zu 3) genau gewusst, mit welchen Aussagen und Informationsmaterialien die Fonds der ... und der ... beworben wurden. Die alles könnten im einzelnen benannte Zeugen bestätigen.

Nachdem sich Anfang 2010 das Investitionsklima in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgekühlt habe, habe der Beklagte zu 3) dem Beklagten zu 1) im Februar 2010 vorgeschlagen, einen neuen Geschäftszweig für Öl- und Gasinvestments in den USA zu eröffnen. Wie bereits in den Vereinigten Arabischen Emiraten habe auch hier der Beklagte zu 3) die notwendige Expertise und Branchenkontakte mitgebracht, was der Zeuge RA ... bestätigen könne. Wiederum seien absprachegemäß am 02.03.2010 und später diverse Gesellschaften (Funktionsträgergesellschaften und Fondsgesellschaften) gegründet worden, so die ... die ....

Parallel dazu habe der Beklagte zu 3) über die Gesellschaft ... – deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er sei – in den USA die ... und die ... gegründet.

Auf diese Weise hätten die Beklagten zu 1) und 3) viele Jahre arbeitsteilig bei der Initiierung, der Konzeption, dem Vertrieb und der Umsetzung der verschiedenen Publikumsfonds der ... und der ... Gruppe zusammengearbeitet.

Im Frühjahr 2013 habe sich der Beklagte zu 3) dann geweigert, die von den Fondsgesellschaften zur Zahlung der Vorabausschüttungen an die Anleger benötigten Gelder zur Verfügung zu stellen und so den Zusammenbruch der Fonds eingeleitet. Nach eigener Darstellung habe selbst der Beklagte zu 1) seitdem keine Kenntnis über den Verbleib der dem Beklagten zu 3) zwischen 2008 und 2013 zugeflossenen mehr als 100 Millionen Euro, was der Zeuge RA ... bestätigen könne.

Kein einziges der vom Beklagten zu 3) gemanagten Investmentprojekte habe mit Gewinn für die jeweilige Zielgesellschaft des Fonds abgeschlossen werden können. Die einzelnen in den Vereinigten Arabischen Emiraten zwischen 2009 und 2010 gestarteten Projekte seien wegen sich eintrübender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bereits in der Planungsphase gescheitert. Aus den USA sei kein einziger Erfolg der getätigten Investitionen in die dortige Öl-Förderung bekannt. Dies verwundere nicht, da der Markt dort in den letzten Jahren praktisch zusammengebrochen sei. Für den Beklagten zu 3) sei deshalb spätestens im Jahr 2009 festgestanden, dass eine Rückzahlung des Anlegerkapitals praktisch ausgeschlossen sei. Deshalb habe er es an seine persönlichen Investmentgesellschaften ... bzw. ... transferiert.

Die Klagepartei behauptet, sie hätte sich bei korrekter Information nicht an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft beteiligt und stattdessen den angelegten Betrag zu einem Zinssatz von 2 % p.a. auf einem Festgeldkonto angelegt.

Die Klagepartei meint, der Beklagte zu 3) hafte als Hintermann bzw. Prospektveranlasser sowie aus Prospekthaftung im weiteren Sinne für die Fehler des Verkaufsprospektes. Daneben habe die Klagepartei gegen den Beklagten auch deliktische Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 264, 264 a StGB und gemäß § 826 BGB. Die Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes habe nämlich von Anfang an nur dazu gedient, das betrügerische Schneeballsystem der Beklagten zu 1) und 3) zu verbergen und die Klagepartei unter Vorspiegelung von tatsächlichen Investitionen zur Zeichnung einer wirtschaftlich sinnlosen Beteiligung zu bewegen. Hierbei habe der Beklagte zu 3) vorsätzlich gehandelt, da er gewusst habe, dass die eigene Rolle und die personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen im Verkaufsprospekt nicht dargestellt waren und sich bewusst dafür entschieden habe, an keiner einzigen Stelle im Prospekt genannt zu werden.

Die Klagepartei beantragt zuletzt:

1. Der Beklagte zu 3) wird als Gesamtschuldner verurteilt, Zug um Zug gegen die Übertragung der Anteile an der „...“ in Höhe von nominal ... Euro (Beteiligungsnummer ...), an den Kläger ... € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2014 p.a. zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 3) mit der Annahme der Rechte aus den Anteilen des Klägers an der „...“ in Höhe von nominal ... Euro (Beteiligungsnummer ...) in (Annahme-) Verzug befindet.

3. Der Beklagte zu 3) wird als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte ... Höhe von ... € (inkl. 19 % USt), die für die vorgerichtliche Beratung und Vertretung in der streitgegenständlichen Angelegenheit entstanden sind, freizustellen.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3) als Gesamtschuldner verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der „...“ in Höhe von nominal ... Euro (Beteiligungsnummer ...) resultieren, insbesondere von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten.

5. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3) die Leistungen gemäß Antrag Ziffer 1.), Ziffer 3.) und Ziff. 4) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu erbringen hat.

Der Beklagte zu 3) beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte zu 3) erhebt die Einrede der Verjährung.

Der Beklagte zu 3) rügt, bezüglich seiner Rolle im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Fonds beschränke sich die Klagepartei auf eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen; der Vortrag lasse einen belastbaren, dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern vermissen.

Der Beklagte zu 3) trägt vor, die Auflegung und Konzeption des Fonds sowie der Vertrieb der Fondsanteile seien allein in den Händen des Beklagten zu 1) gelegen. Von diesem stamme die Investmentidee, die er auch allein umgesetzt habe. Der Beklagte zu 3) habe weder an der Konzeption noch an der Prospektierung und Initiierung der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft oder sonstiger vom Beklagten zu 1) initiierter Fondesgesellschaften mitgewirkt oder als Hintermann Einfluss genommen. Sowohl die Fondsgesellschaften als auch die Funktionsträgergesellschaften seien allein vom Beklagten zu 1) gegründet worden.

Die Aufgabe des Beklagten zu 3) habe sich auf die Investitionstätigkeit auf der Ebene der ... beschränkt.

Geschäftsführerin der ... sei die ..., deren Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin die ... sei, eine Gesellschaft des Beklagten zu 3). Die Tätigkeit des Beklagten zu 3) habe sich somit darauf beschränkt, das in die ... angelegte Kapital nach deren Vorgaben zu investieren. Grundlage dafür sei das zwischen der ... als Limited Partner und der ... als General Partner abgeschlossene „Agreement of limited partnership of ...“ gewesen. Für seine Investitionstätigkeit sei dem Manager – wie auf Seiten 9 und 22 prospektiert – eine erfolgsabhängige Vergütung von 10 % für den Fall der Erwirtschaftung eines Überschusses nach Auszahlung an die Anleger eingeräumt worden.

Aufgrund des sehr weit gefassten Fonds-Konzepts sei der Fonds zwar letztlich vom unternehmerischen Erfolg der ... abhängig. Hierauf weise der Prospekt indes in aller Deutlichkeit auf den Seiten 12 ff., 19 und 23 hin.

Dass der Beklagte zu 3) bei der ihm obliegenden Investitionstätigkeit Pflichten verletzt habe, sei klägerseits nicht substantiiert dargelegt.

Der Vorwurf eines Schneeballsystems sei unsubstantiiert. Ein solches System sei weder installiert, noch betrieben worden, noch habe der Beklagte zu 3) hiervon Kenntnis gehabt. Einen gemeinsamen Tatplan der Beklagten zu 1) und 3) hierfür habe es nicht gegeben. Weder sei es bei der Verwendung der Anlegergelder zu Unregelmäßigkeiten gekommen, noch seien sie zweckentfremdet worden, erst recht habe der Beklagte zu 3) sie nicht persönlich vereinnahmt. Vielmehr sei das Anlagekapital – wie prospektiert – in die Zielgesellschaft ... geflossen. Von angeblichen Täuschungen der Anleger durch den Beklagten zu 1) bzw. durch von diesem kontrollierte Gesellschaften habe der Beklagte zu 3) keine Kenntnis, noch habe er solche Täuschungen gewollt. Es sei im übrigen nicht Sache des Beklagten zu 3) die Verwendung der Anlegergelder im vorliegenden Rechtsstreit zu erläutern, sondern es sei Sache der Klagepartei, die geltend gemachten Ansprüche durch konkreten Tatsachenvortrag zu substantiieren. Soweit die Klagepartei eine prospektwidrige Verwendung der Anlagegelder in den Raum stelle, trage dieser Sachvortrag im übrigen nicht den geltend gemachten Zeichnungsschaden wegen Fehlerhaftigkeit des Verkaufsprospektes.

Der Beklagte zu 3) ist der Ansicht, die klägerseits gerügten Prospektfehler lägen nicht vor.

Im übrigen bestreitet der Beklagte zu 3), dass der Klagepartei zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung der Prospekt vorlag und dass die behaupteten Prospektfehler für die Anlageentscheidung der Klagepartei ursächlich waren und bietet zum Beweis die Einvernahme der Klagepartei an.

Der Beklagte zu 3) meint, er sei weder Prospektverantwortlicher noch Prospektveranlasser, insbesondere nicht sogenannter „Hintermann“, i.S.d. §§ 13 Abs. 1 S. 1 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsenG.

Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. §§ 44 Abs. 1 S. 1 BörsenG eröffnet sei (Assmann/Schütze, Hdb. KapitalanlageR, § 5 Rn. 28; Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 29, Rn. 73).

Hinsichtlich des Parteivorbringens wird im Übrigen auf sämtliche eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Terminprotokoll Bezug genommen.

Das Gericht hat rechtskräftige Teil-Versäumnisurteile gegen die Beklagten zu 1), 2) und 4) erlassen.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) keine Ansprüche auf Schadensersatz aus § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F..

1.1. Gemäß § 32 Abs. 1 VermAnlG a.F. ist auf Verkaufsprospekte, die – wie der vorliegende Prospekt, der bereits am 31.05.2012 veröffentlicht wurde – vor dem 1. Juni 2012 bei der Bundesanstalt zur Gestattung ihrer Veröffentlichung eingereicht wurden, das Verkaufsprospektgesetz in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 VermAnlG sind für Ansprüche wegen fehlerhafter Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 im Inland veröffentlicht worden sind, das Verkaufsprospektgesetz und die §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG („Haftung bei fehlerhaftem Prospekt“) in dieser sind die Vorschriften der §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes anzuwenden, wenn für die Beurteilung von Wertpapieren, die nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, oder von Vermögensanlagen wesentliche Angaben in einem Prospekt im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes oder in einem Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig sind, jedoch mit der Maßgabe, dass bei der Anwendung des § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG für die Bemessung des Zeitraums von sechs Monaten anstelle der Einführung der Wertpapiere der Zeitpunkt des ersten öffentlichen Angebots im Inland maßgeblich ist.

Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG („Unrichtiger Wertpapierprospekt“) in der zur Zeit der Beteiligung geltenden Fassung kann der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospekts zum Börsenhandel zugelassen sind, in dem für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind, von denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben und von denjenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht, als Gesamtschuldner die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere abgeschlossen wurde.

Das Erwerbsgeschäft wurde vorliegend am 18.08.2012 und somit innerhalb von sechs Monaten nach dem erstmaligen öffentlichen Angebot der streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen im Inland am 01.06.2012 abgeschlossen. Die Klagepartei gehört damit zu den Anspruchsberechtigten nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG i.V.m. 44 Abs. 1 S. 1 BörsG.

1.2. Ob in dem streitgegenständlichen Prospekt wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind, kann indes dahinstehen.

Denn der Beklagte zu 3) hat i.S.d. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG weder die Verantwortung für den Prospekt übernommen, noch ging der Erlass des Prospektes von ihm aus.

Der Prospekthaftung nach § 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BörsG unterliegen als Gesamtschuldner die Personen, die für den Prospekt Verantwortung übernommen haben, also im Prospekt als Herausgeber bezeichnet sind (Prospekterlasser), sowie die Personen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (Prospektveranlasser).

1.2.1. Der Beklagte zu 3) ist nicht Prospekterlasser, da der Prospekt allein von der ... herausgegeben wurde.

1.2.2. Der Beklagte zu 3) ist aber auch nicht Prospektveranlasser.

a. Zu den Prospektveranlassern gehören auch die nicht nach außen in Erscheinung tretenden Personen, die hinter dem Prospekt stehen und dessen eigentliche Urheber sind, also Initiatoren. Gründungsgesellschafter, Manager des Fonds und herrschende Unternehmen (BGH XI ZR 344/11).

Der Beklagten zu 3) gehört indes nicht zur Leitungsgruppe der Fondsgesellschaft, ist weder deren unmittelbarer Initiator, Gründer oder Manager.

aa. Ob sich der Beklagte zu 3) am 14.04.2008 eigeninitiativ beim Beklagten zu 1) vorgestellt und sich als sogenannter „Mitinitiator“ für mehrere von ihm für den Investitionsstandort Vereinigte Arabische Emirate erdachten Fondskonzepte angeboten hat bzw. ob sich dies so aus zwei Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten ... im Verfahren vor dem LG München I Az. 22 O 22691/14 (K 22/K 23) ergibt, kann dahinstehen. Vorliegend kommt es auch nicht darauf an, ob – wie die Klagepartei behauptet – der Beklagte zu 3) im Vorfeld der Initiierung der ...-Fonds in dem Bewusstsein um die große Bedeutung von Prospekt- und Informationsunterlagen für die Anlageentscheidung im Jahr 2008 den Kontakt zur Kanzlei ... aus ..., die später die Verkaufsprospekte habe erstellen sollen, herstellte. Denn all dies mag möglicherweise für die Stellung des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit den ...-Fonds von Bedeutung sein, betrifft aber jedenfalls nicht den streitgegenständlichen ...-Fonds, dessen Investitionsstandort in den USA liegt. Auch war der Beklagte zu 3) ausweislich der Handelsregisterauszüge nie Gründungsgesellschafter der deutschen Funktionsträgergesellschaften wie z.B. die ..., die ... und der deutschen ... und ist diesen auch niemals als Gesellschafter beigetreten. Im Gegenteil trägt die Klagepartei selbst vor, der Beklagte zu 1) habe den ...-Konzerns und des ... Firmenkonglomerats allein gegründet, platziert und kontrolliert.

bb. Abgesehen davon hat der zum Beweis für die Mitinitiatoren-Stellung des Beklagten zu 3) angebotenen Zeuge ... von der Kanzlei ... mit Schreiben vom 15.12.2016 mitgeteilt, dass sich seine Wahrnehmungen und Erkenntnisse im Hinblick auf die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nur aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit und damit der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegenden Geschehnisse ergeben könnten, dass jedoch eine Entbindung von seiner anwaltlichen Schweigepflicht durch den Beklagten zu 1) bzw. einen ggf. sonst in Betracht kommenden Mandanten nicht vorliegt.

Wegen Vorliegens eines berechtigten Zeugnisverweigerungsrechtes gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO stellt die Einvernahme des Zeugen... somit ein unzulässiges Beweismittel dar (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 284, Rn. 5), sodass von einer entsprechenden Beweiserhebung abgesehen wurde.

b. Unter die Prospektveranlasser i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG, werden auch die Personen gefasst, die eineigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission der Wertpapiere haben (vgl. BGH a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/8933, S. 78) und die darauf hinwirken, dass ein unrichtiger oder unvollständiger Prospekt veröffentlicht wird (vgl. BGH XI ZR 344/11 m.w.N.).

Ein eigenes wirtschaftliches Interesse liegt indes nur vor, wenn die handelnde Person wirtschaftlich gesehen gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie ihre eigene Existenz eng mit dem Erfolg des Unternehmens verknüpft hat. Ein bloßes mittelbares Interesse, wie beispielsweise der Erhalt einer Provision, reicht nicht aus (BGH II ZR 211/09; BGH II ZR 114/81; BGH XI ZR 41/03; BGH III ZR 222/08).

Vorliegend vermag indes die Stellung des Beklagten zu 3) als Alleingesellschafter der ... (ihrerseits Alleingesellschafterin der ..., der Geschäftsführerin bzw. General Partner zu 0 % der ...) ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Beklagten zu 3) an der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung nicht zu begründen.

Das Beteiligungskapital floss nämlich nicht direkt an den Beklagten zu 3) persönlich, sondern in einer Reihe von Zwischenschritten über die Fondsgesellschaft ... aufgrund von deren atypisch stiller Beteiligung an der ... und deren 100prozentiger Partnerschaft als Limited Partner an der ... letztlich an diese Gesellschaft.

Mit dieser Firma hat der Beklagte zu 3) zwar insoweit mittelbar zu tun, als seine Firma ... unstreitig die Anteile an der Geschäftsführerfirma hält. Er ist also zu 100 Prozent an einer Gesellschaft beteiligt, die 100 Prozent der Anteile der Geschäftsführerin der Investmentfirma hält, welche am Ende der Kette von Gesellschaften ausschließlich berechtigt ist, die Investitionsziele für die in den Fonds eingesammelten Gelder frei vorzugeben und diese zu verwenden.

Da das Anlagekapital indes zu keinem Zeitpunkt an den Beklagten zu 3) oder direkt an eine seiner Firmen fließt, besteht das für den Beklagten zu 3) mit der klägerischen Beteiligung verbundene wirtschaftliche und finanzielle Interesse allenfalls in dem der Managerfirma ... die von seiner ... zu 100 Prozent gehalten wird, eingeräumten Anteil von zehn Prozent eines allfälligen Gewinnüberschusses.

Sein wirtschaftliches Interesse an der streitgegenständlichen Beteiligung der Klagepartei ist aber damit nur ein mittelbares, das nicht ausreicht, den Beklagten zu 3) als wirtschaftlichen „Herrn des Geschäfts“ (vgl. BGH VIII ZR 356/95) anzusehen. Er ist lediglich wegen seines – einem Provisionsanspruch annähernd vergleichbaren – prozentualen Anspruchs auf einen Gewinnüberschuss ganz allgemein wirtschaftlich daran interessiert, dass die Beteiligungsverträge mit den Fondsanlegern zustande kommen (BGH II ZR 220/82; BGH VIII ZR 100/65).

Selbst wenn es dem Beklagten zu 3) gelegen sein musste, dass der Fondsgesellschaft möglich viel Anlegekapital zufließt und er damit rein tatsächlich ein nicht nur mittelbares Interesse am Abschluss der streitgegenständlichen Beitrittserklärung hatte, ist dieses nur abgeleitete Interesse zur Begründung einer Eigenhaftung des Beklagten zu 3) nicht ausreichend.

c. In Übereinstimmung mit der börsenrechtlichen Veranlasser-Haftung hat der BGH die sogenannte „Hintermann-Haftung“ der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne entwickelt (BGH II ZR 60/80). Diese Rechtsprechung kann zur Konkretisierung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG herangezogen werden (vgl. BGH XI ZR 344/11).

Danach ist Veranlasser auch, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. Von der Prospektverantwortlichkeit eines solchen „Hintermannes“ ist unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist (BGH VII ZR 376/89; BGH VII ZR 372/03; BGH III ZR 103/10). Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen (BGH VII ZR 443/99, BGH VII ZR 372/03). Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (BGH II ZR 94/77 BGH VII ZR 376/89, BGH VII ZR 372/03).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Beklagte zu 3) jedoch ebenfalls nicht Prospektveranlasser.

aa. Nach dem Vortrag der Klagepartei ist der Beklagte zu 3) nicht Mitbestimmer der Fondsgesellschaft ist, mit dessen Wissen und Wollen der Emissionsprospekt in den Verkehr gebracht worden ist (BGH III ZR 103/10), da er neben der Geschäftsleitung keinen besonderen Einfluss bei der Initiierung des Projekts hatte.

Soweit dem Beklagten zu 3) unbestritten die Aufgabe der Investitionstätigkeit auf der Ebene der ... obliegt, da er über seine ... die Geschäftsführerin der ... die ... kontrolliert, und der unternehmerische Erfolg des Fonds damit letztlich von einer von einer Gesellschaft des Beklagten zu 3) gehaltenen Firma abhängig ist, macht den Beklagten zu 3) nicht zur Schlüsselfigur, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist.

Hierbei verkennt die Klagepartei nämlich, dass das typisierte Vertrauen in die Prospektangaben und Prospektverantwortlichen sich nach der – zur Konkretisierung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG heranzuziehenden (s.o.) – Rechtsprechung des BGH zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne ausdrücklich auf die Initiierungsphase beschränkt (vgl. z.B. BGH III ZR 103/10; BGH III ZR 298/05). Dies ist im Hinblick darauf, dass die typisierte Prospekthaftung im engeren Sinne unter Rückgriff auf das Rechtsinstitut der „culpa in contrahendo“ in der Phase der Vertragsanbahnung entwickelt wurde, nur folgerichtig. Die Investmenttätigkeit des Beklagten zu 3) findet aber nicht in der Initiierungsphase statt, sondern in der Ausführungsphase. Sie wird auch nicht vom Beklagten persönlich ausgeübt und betrifft nicht die direkt vom Fonds eingesammelten Anlegergelder. Vielmehr werden diese nach dem Fondskonzept erst am Ende einer Kette von Beteiligungen und Zahlungsströmen von einer vom Beklagten zu 3) gehaltenen juristischen Person eingesetzt. Das Anlagekapital wird zunächst im Rahmen einer atypisch stillen Gesellschaft in den Unternehmensbereich der ... eingebracht, damit diese Gesellschaft dann ihrerseits eine hundertprozentige Beteiligung als beschränkt haftender Gesellschafterin an der ... erwirbt. Erst die ... – gemanaged von einer von einer Gesellschaft des Beklagten zu 3) gehaltenen Geschäftsführerin – kauft dann Land- und Bohrrechte bzw. Rechte an bestehenden Öl- oder Gasquellen.

Anknüpfungspunkt für die „Hintermann-Haftung“ ist aber – da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem Hintermann nicht zustande kommen – der unmittelbare Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Projekts (vgl. BGH VII ZR 376/89) als Mitglied einer Leitungsgruppe. Als in diesem Sinn Verantwortliche kommen in erster Linie Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter in Betracht, weil diese die Geschicke der Initiatorengesellschaft bestimmen (vgl. BGH VII ZR 340/88). In der Rechtsprechung sind auch schon mit ähnlichem Einfluss versehene Personen, etwa ein Generalbevollmächtigter (vgl. II ZR 60/80) und der Leiter einer für die Baubetreuung zuständigen „Planungsgemeinschaft“ (vgl. II ZR 258/78) der Prospekthaftung unterworfen worden. Der Beklagte zu 3) hat aber nicht im Entferntesten eine dieser Gruppe vergleichbare Position inne.

1. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) keine Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne.

Solche Ansprüche sind nämlich bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 13 Abs. 1 VerkProspG i.V.m. §§ 44 Abs. 1 S. 1 BörsenG eröffnet ist (vgl. Assmann/Schütze, Hdb. KapitalanlageR, § 5 Rn. 28).

3. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) auch keine Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 311 III, 241 Abs. 2 BGB.

Diese knüpft nach der Rechtsprechung des BGH als Anspruch für Verschulden bei Vertragsschluss an (vor)vertragliche Beziehungen zum Anleger an. Ihr unterliegen Personen, die bei den Vertragsverhandlungen über den Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Fonds als Vertragspartner oder Treuhandkommanditisten oder als Vertreter, Sachwalter oder Verhandlungsführer persönliches Vertrauen des Anlegers in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss beeinflusst haben (BGH II ZR 114, 81; BGH III ZR 361/04; BGH II ZR 210/06). Das gilt auch dann, wenn die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds unter Verwendung von Prospekten angebahnt wurde (BGH II ZR 18/01).

Aus Prospekthaftung im weiteren Sinne haftet grundsätzlich zwar nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen.

Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat (st.Rspr., vgl. BGH II ZR 114/81; BGH XI ZR 41/03; BGH III ZR 222/08). Anders als bei Gründungsgesellschaftern (vgl. BGH II ZR 18/01; BGH II ZR 202/02; BGH II ZR 16/10; BGH II ZR 69/12), die dem Anleger ein zutreffendes Bild über die Beteiligung liefern müssen, reicht bei Personen, die – wie hier der Beklagte zu 3) – nicht Vertragspartner des Anlegers werden sollen, allein die Vorlage eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekt für die Prospekthaftung im weiteren Sinne nämlich nicht aus.

3.1. Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität der Anlage bzw. für die ordnungsgemäße Erfüllung des Beteiligungsvertrages übernommen hat (BGH VIII ZR 80/91; BGH II ZR 248/91), insbesondere indem er Garantien für die Richtigkeit des Prospektes abgegeben oder über den Prospekt hinausgehende Zusagen gemacht hat (BGH a.a.O.).

Vorliegend ist der Beklagte zu 3) gegenüber dem Kläger nicht in persönlichen Kontakt getreten, sodass sich daraus auch kein besonderes persönliches Vertrauen ergeben haben kann.

Zwar ist denkbar, dass ein besonderes Vertrauen der Anleger in die Person des Beklagten zu 3) durch ihn betreffende Angaben im Emissionsprospekt geschürt worden sein könnte (vgl. Nobbe, WM 2013, 193–204). Die werbemäßige Nennung des Namens einer Person im Prospekt reicht jedoch nicht aus, um eine Prospekthaftung im weiteren Sinne zu begründen (BGH II ZR 211/09; BGH XI ZR 41/03).

Da der Beklagte zu 3) unstreitig im streitgegenständlichen Verkaufsprospekt an keiner Stelle namentlich auch nur erwähnt wird, scheidet indes eine Prospekthaftung im weiteren Sinne aus Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens hier aus.

3.2. Zwar kann bei Personen, die nicht Vertragspartner des Anlegers werden, zur Begründung einer Prospekthaftung im weiteren Sinne auch ein eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse an dem Vertragsschluss ausreichend (BGH II ZR 211/09; BGH II ZR 114/81; BGH XI ZR 41/03; BGH III ZR 222/08).

Ein solches liegt indes nur vor, wenn die handelnde Person wirtschaftlich gesehen gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie ihre eigene Existenz eng mit dem Erfolg des Unternehmens verknüpft hat. Ein bloßes mittelbares Interesse, wie beispielsweise der Erhalt einer Provision, reicht nicht aus (BGH a.a.O.).

Vorliegend vermag indes die Stellung des Beklagten zu 3) als Alleingesellschafter der ... (ihrerseits Alleingesellschafterin der ... der Geschäftsführerin bzw. General Partner zu 0 % der ...) ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Beklagten zu 3) an der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung nicht zu begründen.

Das Beteiligungskapital floss nämlich nicht direkt an den Beklagten zu 3) persönlich, sondern in einer Reihe von Zwischenschritten über die Fondsgesellschaft ... aufgrund von deren atypisch stiller Beteiligung an der ... und deren 100prozentiger Partnerschaft als Limited Partner an der ... letztlich an diese Gesellschaft.

Mit dieser Firma hat der Beklagte zu 3) zwar insoweit mittelbar zu tun, als seine Firma ... unstreitig die Anteile an der Geschäftsführerfirma hält. Er ist also zu 100 Prozent an einer Gesellschaft beteiligt, die 100 Prozent der Anteile der Geschäftsführerin der Investmentfirma hält, welche am Ende der Kette von Gesellschaften ausschließlich berechtigt ist, die Investitionsziele für die in den Fonds eingesammelten Gelder frei vorzugeben und diese zu verwenden.

Da das Anlagekapital indes zu keinem Zeitpunkt an den Beklagten zu 3) oder direkt an eine seiner Firmen fließt, besteht das für den Beklagten zu 3) mit der klägerischen Beteiligung verbundene wirtschaftliche und finanzielle Interesse allenfalls in dem der Managerfirma ..., die von seiner ... zu 100 Prozent gehalten wird, eingeräumten Anteil von zehn Prozent eines allfälligen Gewinnüberschusses.

Sein wirtschaftliches Interesse an der streitgegenständlichen Beteiligung der Klagepartei ist aber damit nur ein mittelbares, das nicht ausreicht, den Beklagten zu 3) als wirtschaftlichen „Herrn des Geschäfts“ (vgl. BGH VIII ZR 356/95) anzusehen. Er ist lediglich wegen seines – einem Provisionsanspruch annähernd vergleichbaren – prozentualen Anspruchs auf einen Gewinnüberschuss ganz allgemein wirtschaftlich daran interessiert, dass die Beteiligungsverträge mit den Fondsanlegern zustande kommen (BGH II ZR 220/82; BGH VIII ZR 100/65).

Der Klagepartei ist zwar zuzugeben, dass dem Beklagten zu 3) daran gelegen sein musste, dass der Fondsgesellschaft möglich viel Anlegekapital zufließt und er damit rein tatsächlich ein nicht nur mittelbares Interesse am Abschluss der streitgegenständlichen Beitrittserklärung hatte.

Im Rechtssinne aber genügt dieses Interesse zur Begründung einer Eigenhaftung des Beklagten zu 3) als Nicht-Vertragspartner der Klagepartei nicht. Denn würde allein draus seine Prospekthaftung im weiteren Sinne abgeleitet, so hätte dies einen Wertungswiderspruch zu der Rechtsprechung zur Folge, die grundsätzlich nur denjenigen in der Haftung sieht, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen und nur ausnahmsweise daneben die Sachwalter- bzw. Garantenstellung als Haftungsgrund ausreichen lässt (BGH VIII ZR 210/84).

4. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten zu 3) auch keine deliktischen Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB bzw. aus § 826 BGB.

4.1. Die tatsächlichen Voraussetzungen für deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 3) sind weitgehend schon nicht substantiiert vorgetragen.

Der klägerische Sachvortrag erschöpft sich im Wesentlichen in Behauptungen ins Blaue hinein, das Anlegerkapital sei planmäßig nicht prospektgemäß investiert, sondern im Rahmen eines vom Beklagten zu 1) im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 3) ausgeklügelten Schneeballsystems vom Beklagten zu 3) als Investitionsverantwortlichem umgeleitet worden. Dass alles auf eine Unterschlagung großer Teile der Anlegergelder durch den Beklagten zu 3) hindeute, ist ebenso eine erkennbar „aufs Geratewohl“ aufgestellte Mutmaßung, der jeder tatsächliche Anhaltspunkt fehlt, wie die Behauptung, die ... sei in Wahrheit eine vom Beklagten zu 3) im Auftrag des Beklagten zu 1) gegründete und gesteuerte Briefkastenfirma und die ....

Soweit die Klagepartei hierfür Zeugenbeweis angeboten hat, handelt es sich somit um unbeachtliche Beweisermittlungsanträge, die allein der Ausforschung dienen und mit denen sie sich offensichtlich erst Grundlage für hinreichend konkreten Tatsachenvortrag verschaffen will; ihnen hatte das Gericht daher nicht nachzugehen (vgl. BGH VIII ZR 251/95 BGH VI ZR 5VI ZR 560/13 Rn. 36).

4.2. Konkrete Anhaltspunkte für ein von Anfang an geplantes kollusives Zusammenwirken der Beklagten zu 1) und 3) zum Nachteil der jeweiligen Fondsanleger werden nicht vorgetragen.

Es wird lediglich aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft ... unter dem Aktenzeichen 316 Js 216828/13 ein Ermittlungsverfahren gegen die Beklagten zu 1) und 3) und eine Vielzahl von anderen Personen führt, auf deliktische Handlungen des Beklagten zu 3) zum Nachteil der Klagepartei im Zusammenhang mit deren streitgegenständlicher Fondsbeteiligung geschlossen. Dabei wird noch nicht einmal vorgetragen, auf welche konkreten Taten, Tathandlungen oder Tatbeiträge des Beklagten zu 3) sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überhaupt beziehen.

4.2.1. Die klägerseits beantragte Beiziehung der Ermittlungsakten durch das Gericht zur Überprüfung dieser Frage verbietet sich daher nach dem im Zivilprozess geltenden Beibringungsgrundsatz.

Danach ist es nämlich Sache der Parteien, im Einzelnen darzulegen, was sie zum Gegenstand ihres Vortrags machen wollen; sie können Sachvortrag nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf beizuziehende Akten ersetzen.

Nach der Zivilprozessordnung besteht kein allgemeines Recht auf Aktenbeiziehung. Die für den Zivilprozess maßgebliche Verhandlungsmaxime verlangt vielmehr, dass die Parteien sich die Grundlagen ihres Tatsachenvortrags, etwaiger Beweisantritte oder Vorhalte bei einer durchzuführenden Beweisaufnahme regelmäßig selbst beschaffen (Musielak, ZPO, Einl. Rn. 37 ff.). Den Inhalt von Straf- bzw. Ermittlungsakten müssen die Parteien selbst vortragen. Das Gericht ist zur Beiziehung nicht verpflichtet, da es nicht seine Aufgabe ist, Akten anderer Behörden daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer beweisbelasteten Partei günstig sind (OLG Hamm NJW-RR 02, 504).

4.2.2. Ein Recht zur Beiziehung lässt sich vorliegend auch nicht aus § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO herleiten, wonach das Gericht Behörden um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen kann.

Eine Verpflichtung des Gerichts, Anordnungen nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu treffen, besteht nämlich dann nicht, wenn dem Gericht ein unzumutbarer Aufwand abverlangt würde (BVerfG 1 BvR 1117/89; MünchKomm-ZPO, § 273 Rn. 7; Musielak, ZPO, § 273 Rn. 3).

Dies ist vorliegend der Fall, da die Klagepartei selbst zur Akteneinsichtnahme berechtigt ist und sich die Informationen aus den Ermittlungsakten gegen den Beklagten zu 3) selbst beschaffen kann. Nach § 406 e Abs. 1 StPO, der schon im Ermittlungsverfahren gilt (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, § 406 e, Rn. 2), kann ein Rechtsanwalt für den Verletzten Strafakten einsehen, wenn er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Verletzter i.S. des § 406 e StPO ist, wer durch die behauptete Tat – ihre tatsächliche Begehung unterstellt – unmittelbar in einem Rechtsgut verletzt ist. Genau dies wird klägerseits aber vorliegend behauptet. Ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht besteht insbesondere, wenn sie – wie hier – der Prüfung dienen soll, ob und in welchem Umfang der Verletzte gegen den Beschuldigten zivilrechtliche Ansprüche geltend machen kann (RiStBV 185 III).

4.3. Soweit die Klagepartei zum Beweis für die dargelegte arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten zu 1) und 3) und die Mitgestaltung des Prospektmaterials durch den Beklagten zu 3) sowie zum Verbleib der Anlegergelder die Einvernahme von ... von der Kanzlei ... angeboten hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen Ziffer I. 1.2.2. a. bb.) Bezug genommen.

4.4. Dass sich der Beklagte zu 3) am 14.04.2008 eigeninitiativ beim Beklagten zu 1) vorgestellt und sich als Mitinitiator für mehrere von ihm für den Investitionsstandort Vereinigte Arabische Emirate erdachten Fondskonzepte angeboten habe, steht zwar so in dem Schriftsatz der RAe ... vom 10.2.2015 im Verfahren 22 O 22691/14 vor dem LG München I (K 22).

Etwaige unerlaubte Handlungen des Beklagten zu 3) zum Nachteil der Klagepartei lassen sich daraus jedoch nicht entnehmen.

4.5. Das Gleiche gilt für den Vortrag im Rundschreiben der Kanzlei ... vom 07.04.2014 an die Anleger der ... (K 23).

Dass danach „für die Planung und Durchführung aller Investitionen der Fondsgruppen ... letztlich als Promotor der Investor ... steht“, dem „mit seinen bzw. von ihm als Vertragspartner verpflichteten Firmen oder Geldanlagen die Durchführung der Investitionen mit bestmöglichen Ergebnissen oblag“, kann weder den dem Beklagten zu 3) klägerseits vorgeworfenen Kapitalanlagebetrug noch die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründen.

Im übrigen hat der Beklagte zu 3) ohnehin unstreitig gestellt, dass seine Aufgabe in der Investitionstätigkeit auf der Ebene der ... bestand.

4.6. Auch daraus, dass die in dem Rundschreiben angesprochenen Recherchemaßnahmen und der Versuch, „zum Investment, dessen Verlauf und insbesondere zum Ausbleiben der Ausschüttungen und den Gründen hierfür“ konkrete Aussagen des Beklagte zu 3) zu bekommen (vgl. K 23), offensichtlich nicht zum Erfolg geführt haben, kann ebenfalls nicht auf unerlaubte Handlungen des Beklagten zu 3) zum Nachteil der Klagepartei geschlossen werden.

4.7. Soweit die Klagepartei überhaupt allein aus dem Umstand, dass sich der Beklagte zu 3) bis dato zum Stand des Investments ausgeschwiegen hat, Rückschlüsse auf ein deliktisches Handeln zieht, verkennt sie, dass die Investmentgesellschaft ... prospektgemäß in der Anlage der Fondsgelder völlig frei war – worauf der Prospekt neben der Erwähnung des Totalverlustrisiko als „Maximales Risiko“ auf Seite 12 in einem eigenen Kapitel „Risiko des wirtschaftlich nicht erfolgreichen Agierens der ... und/oder der ...“ indes eigens ausführlich hinweist – und dass Kontroll- und Auskunftsrechte nur auf der Ebene der jeweiligen Gesellschaftsverhältnisse ausgeübt werden können, u.z. von der Klagepartei gegenüber der Fondsgesellschaft gemäß § 9 GesV (Prospekt S. 49), von der Fondsgesellschaft als atypisch stille Gesellschafterin der... gemäß § 5 des Vertrags über die atypisch stille Beteiligung (Prospekt S. 62) und schließlich von dieser als Limited Partner der... gegenüber der ... als General Partner nach Maßgabe des ....

4.8. Aus der Anlage K 4d geht – anders als die Klagepartei behauptet – nicht hervor, dass die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) dem Beklagten zu 3) Unterschlagung bzw. Betrug vorwerfen.

In diesem Schreiben vom 25.09.2013 von RA ... von der zuvor von der ... mit der „Sicherung, Strukturierung und Entwicklung einer Konzeption für das weitere Vorgehen, insbesondere für die deutsche Fondsgesellschaft“ beauftragten Kanzlei ... (vgl. Schreiben des Beklagten zu 1) vom 27.09.2013 – K 4c) an die Auftraggeberin wird lediglich ein offenbar von der ... selbst an die Kanzlei herangetragener Vorwurf aufgegriffen.

Es heißt dort nämlich: „Im August 2013 nahmen Sie mit uns Kontakt auf und schilderten die bei Ihnen aufkommende Befürchtung, dass die Fondsziele des ... möglicherweise nicht mehr oder nur teilweise erreicht werden oder eventuell am Investitionsort nicht mehr verfolgt würden, z.B. wenn es dort zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein würde. Sie machten Ihre Besorgnis insbesondere an dem Ausbleiben von Zahlungen letztendlich an die Fonds-KG für das zweite Quartal 2013 seitens der ... in ... fest. Zudem seien von ... der in den USA mit dem Gesamtmanagement der dortigen Investitionen/Vertragspartner befasst sei, in jüngster Zeit keine oder nicht nachvollziehbare Erklärungen zur möglichen Situation abgegeben worden“.

4.9. Im übrigen führt die Klagepartei selbst als Grund für das Ausbleiben der prospektierten Ausschüttungen an, dass sich das Investitionsklima in den Vereinigten Arabischen Emiraten Anfang 2010 abgekühlt habe und die dort zwischen 2009 und 2010 gestarteten Projekte wegen sich eintrübender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen bereits in der Planungsphase gescheitert seien, und dass der Ölförderungsmarkt in den USA in den letzten Jahren praktisch zusammengebrochen sei, sodass es nicht verwundere, dass aus den USA kein einziger Erfolg der getätigten Investitionen in die dortige Ölförderung bekannt sei.

Dass die Klagepartei selbst den Misserfolg der streitgegenständliche Anlage an den schlechten Marktbedingungen festmacht, widerspricht aber diametral dem eigenen gegen den Beklagten zu 3) erhobenen Vorwurf, die Anlagegelder auf sich transferiert und vereinnahmt zu haben.

5. Schließlich war die beantragte Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO und gemäß § 149 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen:

5.1. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO ist nicht dargetan, insbesondere ist nicht vorgetragen, von welchem „Rechtsverhältnis“, das Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, die Entscheidung im vorliegenden Verfahren abhängen soll.

5.2. Eine Aussetzung im Hinblick auf das o.g. Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ... Az. 316 Js 216828/13, scheidet schon deshalb aus, weil – wie bereits ausgeführt – klägerseits noch nicht einmal dargelegt wird, auf welche konkreten Taten des Beklagten zu 3) sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überhaupt beziehen. Damit ist nicht ersichtlich, inwiefern nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eine etwaige gründliche Klärung eventueller Straftaten des Beklagten zu 3) in einem Strafprozess für den konkreten Rechtsstreit überhaupt von Vorteil sein könnte und den Nachteil einer verzögerten Entscheidung im Zivilprozess rechtfertigte.

Die Klage war daher abzuweisen.

II. Kosten: § 91 ZPO

III. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1, 2 ZPO.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 201/06
vom
26. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger,
Prof. Dr. Schmitt und Dr. Grüneberg
am 26. Juni 2007

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 935.094,55 €

Gründe:


I.


1
Klägerin Die nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht der Raiffeisen-Volksbank M. (im Folgenden: RVB) aus einer Bürgschaft in Anspruch.
2
Die P. GmbH, deren GesellschafterGeschäftsführer der Beklagte ist, und die inzwischen insolvente E. GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Streithelfer des Beklagten ist, waren Gesellschafter der E. -P. GbR (im Folgenden: Hauptschuldnerin). Die RVB gewährte der Hauptschuldnerin im Mai 1998 für den Erwerb und die Errichtung einer Eigentumswohnungsanlage zunächst einen Vorfinanzierungskredit über 7 Mio. DM, der im weiteren Verlauf zunächst reduziert und sodann am 17. August 2000 wieder auf 5,37 Mio. DM erhöht und bis zum 31. Mai 2001 prolongiert wurde. Zugleich übernahm der Beklagte - wie auch sein Streithelfer - gegenüber der RVB zur Sicherung dieser Kreditzusage und unter formularmäßiger Abbedingung des § 769 BGB eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 5,41 Mio. DM.
3
Nachdem die RVB das Darlehen am 29. Mai/11. Juni 2001 erneut um ein Jahr prolongiert hatte, geriet die E. GmbH in eine finanzielle Schieflage, weshalb die RVB im Februar 2002 für eine Liquiditätshilfe die Einbringung weiteren Eigenkapitals und die Stellung weiterer Sicherheiten forderte. Am 20. März 2002 kündigte die RVB gegenüber der Hauptschuldnerin unter Hinweis auf die unterbliebene Nachbesicherung und die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse die Geschäftsverbindung mit sofortiger Wirkung. Mit Schreiben vom 3. April 2002 teilte der Beklagte der RVB mit, "das Darlehen/Bürgschaftskonto (werde) in den nächsten zwei bis drei Jahren zu 100% getilgt". Am 8. April 2002 zahlte er auf die Bürgschaft 100.000 €. Wenig später trat die RVB ihre Forderungen gegen die Hauptschuldnerin und die beiden Bürgschaften an die Klägerin ab.
4
In der Folgezeit kam es zwischen der Klägerin und dem Streithelfer des Beklagten zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kreditkündigung , der am 20. Oktober 2004 durch Abschluss einer sog. Globalvereinbarung beigelegt wurde. An der Globalvereinbarung war außer der Klägerin und dem Streithelfer noch eine dritte Person beteiligt. In die Vereinbarung wurden u.a. die Kreditforderungen der Klägerin gegen den Streithelfer und den Dritten sowie gegen Unternehmen, an denen beide beteiligt waren, einbezogen, außerdem auch Schadensersatzforderungen des Streithelfers und des Dritten gegen die Klägerin. Nach der Globalvereinbarung sollte die Klägerin verschiedene Zahlungen u.a. aus der Verwertung von Sicherheiten erhalten. Ferner enthielt die Vereinbarung folgende Regelungen: "6. Die B. erklärt gegenüber E. nach Vollzug der … Vereinbarungen einen Einforderungsverzicht hinsichtlich der die oben genannten Beträge übersteigenden Kreditforderungen der B. nebst persönlicher von E. gestellter Sicherheiten (persönliche Bürgschaften) gegenüber E. . Hiervon ausgenommen sind von einem Unternehmen der sog. E. - Gruppe bestellten Sicherheiten respektive bestellter Drittsicherheiten. … 9. Mit Erfüllung dieser Globalvereinbarung sind alle gegenwärtigen Ansprüche und Forderungen zwischen den Parteien erledigt und vollständig abgegolten. 10. Die Parteien verpflichten sich, über den Inhalt der Vergleichsgespräche und über den Inhalt dieser Globalvereinbarung stillschweigen zu bewahren."
5
Nach der Abrechnung der Klägerin beträgt die Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldnerin noch 935.094,55 € nebst Zinsen. Insoweit nimmt die Klägerin den Beklagten aus der Bürgschaft in Anspruch.
6
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben , ob die Kündigung des Darlehensvertrages und die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs an die Klägerin wirksam seien. Vielmehr sei be- reits davon auszugehen, dass die Hauptforderung weitgehend, wenn nicht gar vollständig dadurch erloschen sei, dass der Streithelfer des Beklagten Leistungen an die Klägerin erbracht habe, die zum Erlöschen der Hauptforderung geführt hätten. Zwar sei der Beklagte für die Erfüllung der Hauptschuld an sich beweispflichtig. Er könne jedoch nicht wissen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Leistungen aufgrund der Globalvereinbarung erlangt habe. Daher treffe die Klägerin hinsichtlich des Umfangs ihres fortbestehenden Hauptanspruchs eine sekundäre Behauptungslast , der sie nicht genügt habe.

II.


7
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
9
Art. 103 a) Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersicht- lich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt außerdem voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Es kommt deshalb im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG 84, 188, 190; 86, 133, 144; 98, 218, 263).
10
Nach b) diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Januar 2006 der Klägerin und dem Streithelfer des Beklagten aufgegeben, darzulegen, ob die Globalvereinbarung vom 20. Oktober 2004 vollzogen und der "Einforderungsverzicht" gemäß Nr. 6 wirksam geworden sei. Zugleich hat es die Parteien darauf hingewiesen, dass es von einer umfassenden Entlastung des Streithelfers gegenüber der Klägerin ausgehe, die auch Rechtswirkungen zu Gunsten des Beklagten habe, weil ansonsten der Streithelfer des Beklagten dessen Rückgriffsanspruch ausgesetzt sei. Auf diesen Hinweis hat die Klägerin u.a. mit Schriftsätzen vom 3. Februar und 13. April 2006 mitgeteilt, dass die Globalvereinbarung nicht "vollständig" vollzogen sei, und unter Beweisantritt behauptet, den Streithelfer mit Schreiben vom 14. Februar 2006 zur Umsetzung der Regelung zu Ziff. 2 der Globalvereinbarung betreffend die freihändige Verwertung bestimmter Immobilien aufgefordert und im Falle der Nichterfüllung die Kündigung der Globalvereinbarung angedroht zu haben. Der Streithelfer des Beklagten hat mit Schriftsatz vom 19. April 2006 eingeräumt, dass die Globalvereinbarung noch nicht vollständig vollzogen worden sei. Der Beklagte hat sich hierzu nicht geäußert.
11
Ohne nähere Begründung und ohne tragfähige Grundlage im Sachvortrag der Parteien hat das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass die Globalvereinbarung jedenfalls in Teilen vollzogen sei, geschlossen , dass die Klägerin Leistungen empfangen habe, die zu einer entsprechenden Reduzierung des offenen Restsaldos der Hauptverbindlichkeit geführt hätten. Hierbei hat das Berufungsgericht - entgegen seinen eigenen Feststellungen - jedoch zum einen übergangen, dass solche Zahlungen weder der Beklagte noch sein Streithelfer substantiiert vorgetragen haben und die Klägerin dies sogar ausdrücklich bestritten hat. Zum anderen hat das Berufungsgericht hiermit seinen im Hinweisbeschluss vom 17. Januar 2006 dargelegten rechtlichen Ausgangspunkt eines Vertrags zu Gunsten Dritter verlassen und die Klageabweisung mit der - zudem rein spekulativen - Erfüllung der Hauptverbindlichkeit begründet. Hiermit musste die Klägerin nach dem bisherigen Prozessverlauf ohne vorherigen Hinweis nicht rechnen, zumal sie eine auch nur teilweise Erfüllung des Restsaldos stets bestritten hatte.
12
Die 2. Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht ist auch entscheidungserheblich. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft von Leistungen auf die Hauptverbindlichkeit ausgegangen ist, fehlt für deren Erlöschen eine tragfähige Grundlage.
13
übrigen Die Voraussetzungen des geltend gemachten Bürgschaftsanspruchs sind von der Klägerin schlüssig vorgetragen worden.
14
a) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung der Darlehensforderung und der Bürgschaft bestehen nicht (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643, 644 ff., für BGHZ vorgesehen ).
15
b) Die Hauptforderung ist entstanden und der Höhe nach unstreitig. Zur Fälligkeit hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung des Darlehens wegen der unterbliebenen Nachbesicherung infolge der fehlenden Deckung der Darlehensrestforderung nach Verkauf aller Wohneinheiten des Bauprojekts und der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse eines Gesellschafters der Hauptschuldnerin vorgelegen habe. Abgesehen davon ist der Darlehensvertrag nur bis zum 30. Mai 2002 prolongiert worden.
16
c) Ein Erlöschen der Darlehensrestforderung durch Zahlung (§ 362 BGB) hat der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darlegungsund beweispflichtige Beklagte (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1995 - IX ZR 129/94, WM 1995, 1229, 1230 und vom 7. Dezember 1995 - IX ZR 110/95, WM 1996, 192) weder substantiiert behauptet noch unter Beweis gestellt. Dass der Beklagte über etwaige Zahlungen seines Streithelfers keine eigene Kenntnis hat, führt - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - allein noch nicht zu einer sekundären Darlegungslast der Klägerin. Dies kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände der Fall sein, die das Berufungsgericht aber nicht festgestellt hat.

17
Ein d) Erlöschen der Darlehensrestforderung durch einen in der Globalvereinbarung enthaltenen Erlassvertrag (§ 397 BGB) zu Gunsten der Hauptschuldnerin oder zu Gunsten des Beklagten als Bürgen scheidet aus, weil ein Erlassvertrag zu Gunsten Dritter im Hinblick auf dessen Verfügungscharakter nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 41, 95 f.; 126, 261, 266).
18
e) Der sog. Einforderungsverzicht in Ziff. 6 Abs. 1 der Globalvereinbarung könnte zwar auch als ein unbefristetes Stillhalteabkommen ausgelegt werden, das als Verpflichtungsgeschäft zu Gunsten Dritter keinen rechtlichen Bedenken unterliegen würde. Eine solche Verpflichtung enthält die Globalvereinbarung jedoch nicht. In Ziff. 6 Abs. 2 ist die Geltendmachung von Drittsicherheiten ausdrücklich ausgenommen worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Globalvereinbarung das Kreditengagement des Streithelfers des Beklagten gegenüber der Klägerin abschließend regeln sollte, dieser aber im Falle einer Inanspruchnahme des Beklagten durch die Klägerin dessen Rückgriffsanspruch ausgesetzt sein könnte. Ob dies der Fall ist, richtet sich allein nach den zwischen dem Beklagten und dessen Streithelfer getroffenen Vereinbarungen bzw. den für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen Vorschriften. Die in Ziff. 6 Abs. 2 der Globalvereinbarung getroffene Regelung legt es nahe, dass auch das Recht des Beklagten, bei dem Streithelfer Rückgriff zu nehmen, nicht berührt werden sollte. Aufgrund dessen würde dem Beklagten gegen die Klägerin auch keine Einwendung aus § 776 BGB zustehen.
19
3. Das angefochtene Urteil war danach gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Nobbe Müller Ellenberger
Schmitt Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 05.07.2005 - 6 O 244/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 11.05.2006 - 5 U 1140/05 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 182/12 Verkündet am:
21. März 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Haftung für die fehlerhafte Angabe in einer bei einer Anlageberatung
verwendeten Werbebroschüre, die Emittentin der Anlage sei die Investmentbank
L. B. Inc., eine Tochtergesellschaft der Konzernmutter L.
B. H. Inc., und nicht lediglich eine - keinen Bankenstatus besitzende
- Enkelgesellschaft der Holding-Gesellschaft.
BGH, Urteil vom 21. März 2013 - III ZR 182/12 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann
, Hucke, Seiters und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Mai 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das Urteil des Landgerichts München I (weiter) abgeändert.
Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 zu tragen.
Hinsichtlich der Beklagten zu 1 wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung und der Verwendung einer fehlerhaften Broschüre im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Anleihe der (inzwischen insolventen) L. B. T. Co. B.V.
2
Die Klägerin zeichnete am 15. November 2006 nach einem Gespräch mit einem für die Beklagte zu 1 tätigen Berater eine "F. "-Anleihe der L. B. T. Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von 31.000 € zuzüglich eines Aufschlags von 5 %. Die Anleihe bot einen Kapitalschutz zu 100 % bei Fälligkeit am Ende der 10-jährigen Laufzeit.
3
Die Klägerin stützt ihre Schadensersatzforderung gegenüber der Beklagten zu 1 auf Pflichtverletzungen aus einem Anlageberatungsvertrag. Sie macht verschiedene Beratungsmängel geltend. Die schriftlichen Produktunterlagen, die dem Beratungsgespräch zugrunde gelegen hätten (insbesondere Prospektbroschüre und Marketingbroschüre), seien aus mehreren Gründen falsch. Sie vermittelten durch Verschweigen des Totalverlustrisikos und die Verharmlosung des Kapitalverlustrisikos einen unzutreffenden Eindruck vom Risiko der Anlage. Die Bezeichnung der Emittentin als bonitätsstarke Bank in der Produktbroschüre sei unrichtig: Zum einen deshalb, weil diese keine Bank, sondern eine reine Emissionsgesellschaft gewesen sei, zum anderen, weil das einzige Asset der Emittentin eine Konzernforderung gewesen sei. Sie habe auch über kein Rating verfügt; nur für ihre Produkte seien Ratingnoten vergeben worden. Soweit sich die Beklagten auf eine seitens der Konzernmutter L. B. H. Inc. gegebene Garantie beriefen, werde der Bestand dieser Garantie bestritten.

4
Wegen der angeblich fehlerhaften Produktbeschreibung in der Broschüre , die die Klägerin als Prospekt ansieht, nimmt sie die Beklagte zu 2 aus Prospekthaftung in Anspruch.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben.
6
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7
Die Revision hat Erfolg.

I.


8
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1 wegen fehlerhafter Auskünfte bei der Vermittlung oder fehlerhafter Anlageberatung begründet sei. Falsch sei die Beratung beziehungsweise Auskunftserteilung durch die Beklagte zu 1 gewesen, weil in den verwendeten schriftlichen Unterlagen betreffend der empfohlenen Anlage die Emittentin als "Bank", nämlich als die US-amerikanische Investmentbank L. B. Inc., bezeichnet worden sei, obwohl sie als auch die Garantiegeberin von der Investmentbank zu unterscheiden seien. In Wahrheit habe es sich bei der Emittentin um die Enkelgesellschaft der L. B. H. Inc., der Garantiegeberin, gehandelt. Die Investment Bank habe vielmehr unter L. B. Inc. firmiert und sei ihrerseits eine Tochtergesellschaft der L. B. H. Inc. gewesen. Die über die Vertragspartner bei Anleihezeichnung gemachten Angaben seien daher grundlegend falsch. Die Abweichung zwischen erteilter Mitteilung des Vertragspartners und dem wahren Sachverhalt betreffe auch eine für die Anlageentscheidung wesentliche Information. Ob der Vertragspartner einen Bankenstatus - hier den einer US-amerikanischen Investmentbank - einnehme, sei unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageprodukts für den Anlageentschluss wegen der mit dem Status verbundenen Regulierung und Institutsbeaufsichtigung in der Regel von wesentlicher Bedeutung. Das gelte auch vorliegend. Zwar sei auf Holdingebene eine Aufsichtsmöglichkeit durch die US-amerikanische Börsenaufsicht etabliert gewesen, der sich die L. B. H. Inc. unterworfen gehabt habe. Damit sei aber ein Sicherheitsstandard, der demjenigen einer der Einzelaufsicht unterliegenden Investmentbank vergleichbar gewesen wäre, nicht erreicht worden.
9
Der Schadensersatzanspruch sei auch gegen die Beklagte zu 2 begründet. Die vorgelegte Broschüre sei als Prospekt anzusehen und die Beklagte als Prospektverantwortliche zu qualifizieren. Prospekt im Sinne der zur Prospekthaftung im engeren Sinne ergangenen Rechtsprechung sei eine marktbezogene schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche Angaben enthalte oder den Anschein eines solchen Inhalts erwecke. Sie müsse dabei tatsächlich zumindest dem von ihr vermittelten Eindruck nach den Anspruch erheben, eine das Publikum umfassend informierende Beschreibung der Anlage zu sein. Alle diese Voraussetzungen erfülle die 19-seitige Broschüre. Dass in der Broschüre vermerkt sei, dass sie kein Prospekt im Sinne des deutschen Wertpapierprospektgesetzes sei, sei ohne rechtliche Bedeutung. Die Beklagte zu 2 werde auf Seite 18 des Prospektes als die mit dem Vertrieb der Anlage beauftragte Bank beschrieben. Sie sei auch Herausgeberin der vorgelegten Broschüre. Dem Disclaimer, wonach die Beklagte zu 2 für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Anlagen keine Gewähr übernehme, komme keine Bedeutung zu. Der Prospekt müsse einem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln. Deshalb habe der Prospekt über alle Umstände, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, verständlich und vollständig aufzuklären. Diesem Grundsatz werde die Broschüre nicht gerecht. Sie erweise sich vielmehr in einem wesentlichen Punkt als falsch, weil sie den Vertragspartner, nämlich die Emittentin der Anlage, unzutreffend als die US-amerikanische Investmentbank bezeichne, obwohl diese Angabe weder auf die Emittentin noch auf die Garantiegeberin der Anlage zugetroffen habe.

II.


10
Das Urteil des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht
0
stand.
11
1. Das Berufungsgericht begründet die Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1 damit, dass in der bei der Beratung verwendeten Produktbroschüre die Emittentin als Bank bezeichnet worden sei, obwohl diese als auch die Garantiegeberin nicht personenidentisch mit der - wenn auch ebenfalls zum L. - B. -Konzernverbund gehörenden - US-amerikanischen Investmentbank L. B. Inc. gewesen seien. Allein hierauf kann ein Pflichtenverstoß der Beklagten zu 1 aus einem Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag nicht gestützt werden.

12
a) Der Anlageberater ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben könnten (Senatsurteil vom 1. Dezember 2011 - III ZR 56/11, NJW 2012, 380 Rn. 9 f; BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, NJW-RR 2012, 43 Rn. 23 jeweils mwN). Weitergehende Pflichten ergäben sich für die Beklagte zu 1 auch dann nicht, wenn zwischen ihr und der Klägerin nur ein Auskunftsvertrag zustande gekommen wäre.
13
b) Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dazu, ob - was die Klägerin bestritten hat - die L. B. H. Inc. für die Zahlungsverpflichtungen der Emittentin eine wirksame Garantie abgegeben hat. Bei der revisionsrechtlichen Überprüfung ist zu unterstellen, dass eine derartige Garantie bestanden hat.
14
Ausgehend hiervon kommt im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts dem Umstand, dass es sich sowohl bei der Emittentin als auch bei der Garantiegeberin nicht um eine Bank gehandelt hat, keine wesentliche Bedeutung für die Entscheidung über die Anlage zu. Das Be- rufungsgericht begründet diese allein damit, dass der Bankenstatus des Vertragspartners - hier der einer US-amerikanischen Investmentbank - unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageprodukts für den Anlageentschluss wegen der mit dem Status verbundenen Regulierung und Institutsbeaufsichtigung in der Regel von wesentlicher Bedeutung sei.
15
aa) Was den Inhalt und den Umfang der Pflichten angeht, die einen Anlageberater bei der Vermittlung der streitgegenständlichen Anleihe getroffen haben, sind zwei Urteile des XI. Senats des Bundesgerichtshofs vom 27. September 2011 zu berücksichtigen, die den Erwerb von Zertifikaten betrafen,die auch von der L. B. T. Co. B.V. ausgegeben worden waren, und bei denen - wie vorliegend zu unterstellen ist - ebenfalls die L. B. H. Inc. die Garantie für die Rückzahlung der Zertifikate übernommen hatte (XI ZR 178/10, NJW-RR 2012, 43 und XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119). Der XI. Zivilsenat hat entschieden, dass eine (deutsche) Bank, die diese Zertifikate im Wege des Eigengeschäfts an ihre Kunden veräußerte, diese nicht zusätzlich auf das Nichteingreifen des (deutschen) Einlagensicherungssystems hinweisen musste, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt oder eine dahingehende Aufklärungspflicht ausnahmsweise entfallen war. Diesem Umstand komme dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zu, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt worden sei. Denn für den Anleger sei es in einem solchen Fall unerheblich, ob das eingezahlte Kapital (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig gehe, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt sei. Weiß der Kunde um die Mög- lichkeit eines Totalverlustes, könne er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (XI ZR 178/10 aaO Rn. 33 ff und XI ZR 182/10 aaO Rn. 30 ff). Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hier aufgrund des Vortrags der Beklagten revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Klägerin über das Totalverlustrisiko und auch das allgemeine Emittentenrisiko hinreichend aufgeklärt wurde.
16
Hinsichtlich der Risikobeurteilung der Zertifikate und der damit zusammenhängenden Frage, welche Anforderungen an die Risikoaufklärung zu stellen sind, hat der XI. Zivilsenat weiter bemerkt, dass insoweit die Bonität der "konkreten Emittentin beziehungsweise Garantiegeberin" von maßgeblicher Bedeutung sei, und weiter ausgeführt, dass angesichts der Bonitätsbewertungen (Ratings) der Garantiegeberin, die seinerzeit (das heißt: im Herbst 2007) so positiv gewesen seien, dass Zweifel an der Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten, nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin hätte aufgeklärt werden müssen (XI ZR 178/10 aaO Rn. 24 f und XI ZR 182/10 aaO Rn. 23 f).
17
bb) Hieraus folgt ohne Weiteres, dass es für die Beurteilung der Sicherheit der Anlage maßgeblich auf die Bonität der Konzernmutter ankam und es für die Anlageentscheidung ohne Belang war, ob diese das betreffende Zertifikat oder die in Rede stehende Anleihe selbst emittierte oder aber - wie hier - eine konzernangehörige Gesellschaft, für die die Konzernmutter als Garantiegeberin aufgetreten ist.
18
Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil es sich bei der - werbemäßig besonders herausgestellten - "zu den weltweit führenden" Instituten gehörenden Investmentbank beziehungsweise bei der "bonitätsstarken Bank" weder um die emittierende Enkelgesellschaft noch um die garantiegebende Holdinggesellschaft , sondern um deren Tochtergesellschaft, die L. B. Inc., handelte. Denn es liegt auf der Hand, dass bei der hier anzutreffenden - nach dem Vorbringen der Beklagten üblichen und auch bei anderen USamerikanischen Investmentbanken vorzufindenden - Konzernstruktur die Bonität der Konzernmutter als bloßer Holdinggesellschaft entscheidend von der Bonität der Investmentbank abhing und die positive Bewertung (Ratings) der Holdinggesellschaft maßgeblich darauf zurückzuführen war, dass die "bonitätsstarke Investmentbank" dem Konzern angehörte. Wenn und soweit also nach damaligem Erkenntnisstand das bestehende Insolvenzrisiko als eher theoretisch einzustufen war, so galt dies gleichermaßen für die Konzernmutter (die Holding) als auch für die zum Konzern gehörenden Tochter- (also vor allem für die Investmentbank ) und Enkelgesellschaften, zu denen unter anderem die Emittentin gehörte (in diesem Sinne auch OLG Koblenz, Urteil vom 10. Juni 2011 - 3 U 861/10, unveröffentlicht; die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 16. Mai 2012 - III ZR 181/11 zurückgewiesen ).
19
cc) Dem Umstand, dass es sich bei Emittentin nicht um eine US-amerikanische Investmentbank handelte und diese deshalb weder einer Bankenaufsicht nach US-amerikanischem Recht unterworfen war noch über eine diesem Status entsprechende Eigenkapitalausstattung verfügen musste, kommt demgegenüber keine wesentliche Bedeutung für die Anlageentscheidung zu. Im Vordergrund steht wirtschaftlich gesehen vielmehr, wie ausgeführt, die Werthaltigkeit der Garantie durch die Holdinggesellschaft (vgl. OLG Bamberg, ZIP 2010, 1225, 1228; OLG Koblenz, Urteil vom 10. Juni 2011 aaO), die maßgeblich die Bonität der Emittentin bestimmte (vgl. BGH, Urteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 aaO Rn. 25 und XI ZR 182/10 aaO Rn. 24 f). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einer höheren Eigenkapitalquote bleiben im Übrigen abstrakt.
20
Zusammenfassend rechtfertigt vorliegend allein der Umstand, dass es sich bei der Emittentin der Anleihe - entgegen der Darstellung in der bei der Anlageberatung beziehungsweise Auskunftserteilung verwendeten Broschüre - nicht um eine Bank handelte, die der (US-amerikanischen) Bankenaufsicht unterlag , nicht den Vorwurf einer schadensersatzbegründenden Falschberatung.
21
2. Einer rechtlichen Nachprüfung hält auch die Auffassung des Berufungsgerichts nicht stand, die Beklagte zu 2 sei nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne zum Ersatz des Zeichnungsschadens verpflichtet.
22
a) Nicht tragfähig ist bereits die Annahme des Berufungsgerichts, bei der vorgelegten Produktbroschüre handele es sich um einen Prospekt entsprechend der zur Prospekthaftung im engeren Sinne ergangenen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft dem ausdrücklichen und ausführlichen Hinweis darauf, dass die Broschüre keinen Prospekt im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes darstelle und diesen nicht ersetze, die wesentlichen Informationen über die Anlage sich aus dem Prospekt ergäben - verbunden mit der Angabe, wie man sich den Prospekt beschaffen könne -, nicht die erforder- liche Bedeutung beigemessen. Mit diesem Hinweis ist dem Anleger hinreichend deutlich gemacht worden, dass es sich um eine bloße, den Anforderungen des § 15 Abs. 2, 3 des Wertpapierprospektgesetzes genügende Werbeschrift handelt. Diese 19-seitige Schrift hat nach Inhalt und Darstellung - was der Senat selbst feststellen kann - erkennbar werblichen und weniger informativen Charakter und ist einem Prospekt nicht vergleichbar; sie ist im Übrigen auch nicht zusammen mit dem eigentlichen Prospekt als "Gesamtpaket" zur Gewinnung von Anlegern eingesetzt worden. Daher ist die vorliegende Konstellation, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht mit der dem Senatsurteil vom 17. November 2011 (III ZR 103/10, BGHZ 191, 310) zugrunde liegenden Fallgestaltung vergleichbar (dort handelte es sich im Übrigen um eine 80-seitige Produktinformation, die allein schon vom Umfang her für den durchschnittlichen Anleger die Gefahr der Verwechslung mit einem vollständigen Anlageprospekt barg; vgl. Senat aaO Rn. 25).
23
b) Da der Produktbroschüre keine Prospektqualität zukommt, kann das Vorliegen eines Prospektfehlers dahinstehen. Weiter kann offen blieben, ob wegen des in § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG a. F., § 13 Abs. 1 Nr. 1VerkProspG speziell geregelten, zeitlich eng limitierten Rückabwicklungsanspruchs gegen die Prospektverantwortlichen vorliegend die Grundsätze der (bürgerlichrechtlichen ) Prospekthaftung überhaupt anwendbar sind (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12 Rn. 13, zur Veröffentlichung vorgesehen).
24
3. Das Urteil war daher aufzuheben.
25
Bezüglich der Beklagten zu 2 ist die Sache im Sinne einer vollständigen Abweisung der Klage entscheidungsreif.
26
Dies gilt nicht hinsichtlich der Beklagten zu 1. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Schlick Wöstmann Hucke
Seiters Remmert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.03.2011 - 22 O 1310/10 -
OLG München, Entscheidung vom 22.05.2012 - 5 U 1725/11 -

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 211/09 Verkündet am:
23. April 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gründungsgesellschafter haften dem über einen Treuhänder beitretenden Anleger
auf Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, wenn der Treugeber
nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beitretender Gesellschafter behandelt
werden soll.
BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 17. Zivilsenats des Kammergerichts vom 23. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Zahlungsantrags (Klageantrag zu 1.), des Feststellungsantrags zum Annahmeverzug (Klageantrag zu 2.) und des Feststellungsantrags zu Folgeschäden (Klageantrag zu 4.), gerichtet gegen die Beklagte zu 1, zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger beteiligte sich im September 1996 mittelbar über eine Treuhandkommanditistin mit einem Betrag von 500.000 DM (= 255.645,94 €) zuzüglich 25.000 DM (= 12.272,30 €) Agio an dem geschlossenen Immobilienfonds "B. mbH & Co. Immoblienverwaltungs KG - LBB Fonds 5" (künftig: LBB Fonds 5 oder Fonds). Mit seiner Klage begehrt er von den Beklagten im Wesentlichen die Rückabwicklung der Beteiligung und den Ersatz entgangener Steuervorteile und Zinsen.
2
Die Beklagte zu 1 ist geschäftsführende Gründungskommanditistin und Prospektherausgeberin. Die Beklagte zu 2 war in der Investitionsphase Treuhandbank für die Mittelverwendungskontrolle des von den Fonds-Zeichnern eingebrachten Eigenkapitals und an den Garantiegebern des Fonds unmittelbar oder mittelbar beteiligt.
3
Der Kläger hat eine Vielzahl von Prospektmängeln geltend gemacht und die Voraussetzungen einer Prospekthaftung im weiteren Sinne und unerlaubter Handlungen der Beklagten für gegeben erachtet.
4
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu 1 weitgehend stattgegeben, Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 jedoch schon dem Grunde nach verneint. Die Berufung des Klägers, mit der er die Teilabweisung seiner Klage zur Höhe angegriffen und die Verurteilung (auch) der Beklagten zu 2 erstrebt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine sämtlichen Klageanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision des Klägers hat (teilweise) Erfolg, soweit er sich gegen die Abweisung seiner Klageanträge zu 1., 2. und 4. gegen die Beklagte zu 1 wen- det und führt unter Zurückweisung seiner Revision im Übrigen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Die Revision gegen die Beklagte zu 2 ist unbegründet.

A.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Beklagte zu 1 sei zwar Adressatin der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie sei wie eine unmittelbare Vertragspartnerin des Klägers zu behandeln , da die Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis den unmittelbaren Kommanditisten gleichgestellt seien. Entgegen der Auffassung des Landgerichts weise der Emissionsprospekt jedoch keine haftungsrelevanten Fehler auf, die eine Einstandspflicht der Beklagten zu 1 unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne begründen könnten. Ansprüche aus unerlaubter Handlung seien - jedenfalls - mangels Vortrags zu den konkret handelnden Personen nicht schlüssig dargetan. Eine Haftung der Beklagten zu 2 habe das Landgericht zu Recht bereits an deren fehlender Adressateneigenschaft für eine Prospekthaftung im weiteren Sinne scheitern lassen.

B.

8
Das Urteil hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten zu 1 dem Grunde nach zu Unrecht abgelehnt (I.). Die gegen die Abweisung der Klage gegen die Be- klagte zu 2 gerichtete Berufung des Klägers hat es hingegen zu Recht zurückgewiesen (II.).

I.

9
1. Das Berufungsgericht hat die Adressatenstellung der Beklagten zu 1 hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers aus Prospekthaftung im weiteren Sinne rechtsfehlerfrei bejaht.
10
a) Die Prospekthaftung im weiteren Sinne knüpft als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB an die (vor-)vertraglichen Beziehungen zum Anleger an. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft , der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht , solche (vor-)vertraglichen Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann bestehen, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16 m.w.N.).
11
b) So liegt der Fall hier: Nach § 4 Nr. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages (künftig: GV) werden die der Gesellschaft mittelbar beitretenden Treugeber im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt. Dies gilt insbesondere "für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben und einem Liquidationserlös sowie für die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte, insbesondere der Stimm- und der Ent- nahme-(Ausschüttungs-)rechte. Insoweit erwerben die Treugeber eigene Rechte gegenüber der Gesellschaft" (§ 4 Nr. 2 GV). Weiter ist den Treugebern im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt, an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, dort ihr Stimmrecht auszuüben und die einem Kommanditisten nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Kontrollund sonstigen Rechte unmittelbar selbst auszuüben (§ 4 Nr. 3 GV).
12
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Emissionsprospekt weise keine haftungsbegründenden Fehler auf.
13
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 9). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1853; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106).
14
b) Diesen Anforderungen wird der verwendete Prospekt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gerecht. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung uneingeschränkt überprüfen, weil der Emissionsprospekt über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871 Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46).
15
Der Prospekt klärt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung der Beklagten zu 1 den Anleger auch unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 915; Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 8) nicht zutreffend über die Risikoverteilung hinsichtlich der leerstandsbedingten Nebenkosten auf, soweit Mietflächen nicht unter den Generalmietvertrag fielen. Der Prospekt erweckt den - unzutreffenden - Eindruck, dass leerstandsbedingte Nebenkosten bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen nicht dem Fonds zur Last fallen, sondern wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Mieter bzw. Garanten zu tragen seien (s. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 33 ff.). Die Begriffe Generalmietvertrag und Mietgarantie werden in dem Prospekt stets unterschiedslos nebeneinander verwendet (siehe z.B. S. 46, 50, 59 des Prospekts). Dies musste bei dem Anleger den Eindruck hervorrufen, die durch die Verträge gewährleistete Mietsicherheit sei bei beiden Vertragsarten deckungsgleich.
16
Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass auf Seite 1 und 3 des Prospekts angegeben wird: "100% der Gesamtmiete p.a. sind durch einen 25jährigen Generalmietvertrag … gesichert", bei der Beschreibung der einzelnen Fondsimmobilien (S. 6 ff. des Prospekts) ist jeweils nur von der Sicherung durch den "Generalmietvertrag" die Rede. Bei der Darstellung der "Risiken und Chancen" unter Punkt 5.3 (S. 65) wird ebenfalls im Zusammenhang mit Vermietungsrisiken nur von dem Generalmietvertrag gesprochen. Auch die Tatsache, dass bei der Einzelerläuterung "Generalmietvertrag" (S. 45) angegeben ist, dass die Gesellschaft für die gesamte im Objekt- und Mietspiegel ausgewiesene Nutzfläche von 203.209,14 m² einen Generalmietvertrag abgeschlossen hat, der für die nach dem Wohnungsbauförderungsgesetz errichteten Wohnungen "in Form eines Mietgarantievertrages ausgestaltet“ ist, vermittelt den Eindruck, im Hinblick auf die Absicherung der Mieten seien beide Vertragstypen deckungsgleich. Angesichts dessen erschloss sich für den sorgfältigen Leser weder aus dem Hinweis: "Die Nebenkostenregelungen richten sich nach den Untermietverträgen oder, soweit solche noch nicht vorliegen, nach den Bestimmungen der Anlage 3 zur II. Berechnungsverordnung" (S. 45) noch aus der Darstellung der Nebenkosten in der Ertragsrechnung und der dazu auf Seite 54 des Prospekts gegebenen Erklärung: "3,5% der Mieten für sonstige nicht auf die Mieter umlagefähige Kosten wie z.B. Steuern etc.", dass bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen die leerstandsbedingten Nebenkosten anders als bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Fonds zu tragen waren.
17
c) Dieser Prospektfehler ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Beklagten zu 1 erheblich. Dass der Fonds bei den Mietgarantieverträgen mit den leerstandsbedingten Nebenkosten belastet werden konnte, ist ein die Werthaltigkeit der Anlage entscheidend beeinflussender Faktor. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1 musste der Kläger dafür nicht darlegen, wie hoch das wirtschaftliche Risiko der leerstandsbedingten Nebenkosten im Einzelnen zu bemessen ist. Dass die Mietnebenkosten regelmäßig einen nicht unerheblichen Teil der Miete ausmachen, entspricht der Lebenserfahrung (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 35). Da nach dem Prospekt (S. 45) fast ein Drittel der Nutzfläche des Fonds der Mietgarantie und nicht dem Generalmietvertrag unterfiel, war das leerstandsbedingte wirtschaftliche Risiko, gemessen am Gesamtinvestitionsvolumen, ein erheblicher wertbildender Faktor für den Anlageerfolg des Fonds. Darauf, ob sich dieses Risiko verwirklicht hat, kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.).
18
3. Da das angefochtene Urteil bereits deshalb aufzuheben ist, weil das Berufungsgericht die Fehlerhaftigkeit des Prospekts bezüglich der Angaben zu den leerstandsbedingten Risiken rechtsfehlerhaft verneint hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Prospekt, wie vom Kläger behauptet, noch weitere fehlerhafte Angaben enthält.
19
4. Trotz der zu Unrecht verneinten Fehlerhaftigkeit des Prospekts hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht auf die Berufung der Beklagten zu 1 die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 3. zurückgewiesen, mit dem der Kläger die Feststellung erstrebt, die Beklagte zu 1 sei verpflichtet, ihn von Zahlungsansprüchen bis zur Höhe aller im Zeitpunkt der Inanspruchnahme erhaltenen Ausschüttungen freizustellen, die Gläubiger des Fonds aufgrund des Auflebens der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB unmittelbar gegen ihn geltend machen. Insoweit hat die Revision des Klägers keinen Erfolg.
20
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Auch wenn man als richtig unterstellt , die Ausschüttungen an die Anleger beruhten nicht auf erwirtschafteten Renditen, sondern seien als (teilweise) Einlagenrückgewähr zu werten, kommt eine Inanspruchnahme des Klägers nach §§ 171, 172 HGB nicht in Betracht. Da der Kläger selbst nicht Kommanditist, sondern als Treugeber nur wirtschaftlich über die Treuhandkommanditistin an der Fondsgesellschaft beteiligt ist, ist nicht er, sondern die Treuhänderin Anspruchsgegnerin eines auf §§ 171, 172 HGB gestützten Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130 f; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, ZIP 2010, 1646 Rn. 33, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 186, 205; Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, ZIP 2011, 906 Rn. 10 m.w.N.). Auch Gläubiger der Gesellschaft können ihn insoweit nicht in Anspruch nehmen (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15), so dass es an einer Grundlage für eine mögliche Freistellungsverpflichtung fehlt (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, ZIP 2010, 1646 Rn. 33, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 186, 205; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 20).

II.

21
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg, soweit er eine Verurteilung - auch - der Beklagten zu 2 erstrebt. Die Beklagte zu 2 haftet weder aus Prospekthaftung im weiteren Sinne (1.) noch aus unerlaubter Handlung (2.).
22
1. Das Berufungsgericht hat Ansprüche des Klägers gegen dieBeklagte zu 2 aus Prospekthaftung im weiteren Sinne rechtsfehlerfrei verneint.
23
a) Aus Prospekthaftung im weiteren Sinne haftet nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachverwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares , eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat (st.Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 22. März 1982 - II ZR 114/81, BGHZ 83, 222, 227; Urteil vom 4. Mai 2004 - XI ZR 41/03, NJW-RR 2005, 23, 25; Beschluss vom 25. Juni 2009 - III ZR 222/08, juris Rn. 8 m.w.N.). Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist dabei erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags übernommen hat. Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachverwalter aufgrund persönlich in Anspruch genommenen - eben nicht nur typisierten - besonderen Vertrauens, zu deren Erfüllung er sich des Prospekts bedient.
24
b) Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2 nicht gegeben.
25
aa) Die Beklagte zu 2 sollte - unstreitig - nicht Vertragspartnerin des Klägers werden. Sie war, für den Kläger aus dem Prospekt deutlich erkennbar, mit den Anlegern vertraglich nur über eine Treuhandvereinbarung mit dem Zweck der Mittelverwendungskontrolle in der Investitionsphase verbunden. Als Einzahlungstreuhänderin war sie, wie auch die Revision nicht verkennt, nicht verpflichtet , Anleger auf unrichtige Prospektangaben hinzuweisen (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 74/08, WM 2009, 400 Rn. 8 f.).
26
bb) Anders als die Revision meint, hat die Beklagte zu 2 auch kein besonderes Vertrauen dadurch in Anspruch genommen, dass ihr Name in dem Prospekt mehrfach an prominenter Stelle (z.B. auf dem Deckblatt) genannt wird. Diese werbemäßige Nennung ihres Namens allein reicht zur Begründung einer Prospekthaftung im weiteren Sinne nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - XI ZR 41/03, NJW-RR 2005, 23, 24 f.). Zu dieser Nennung hinzutretende weitere Handlungen der Beklagten zu 2, durch die sie besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hätte, zeigt die Revision nicht auf und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
27
2. Gegen die - rechtsfehlerfreie - Ablehnung einer Haftung der Beklagten zu 2 aus unerlaubter Handlung wird von der Revision nichts erinnert.

III.

28
Das Berufungsurteil war aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1 hinsichtlich der Klageanträge zu 1., 2. und 4. abgewiesen hat. Die Sache war im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - die weiteren anspruchsbegründenden und zwischen den Parteien streitigen Fragen der Kausalität, des Verschuldens, der Schadenshöhe und der Verjährung nicht geprüft hat und dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich ist.
29
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
30
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung , dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 346; Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 19; Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 16; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 23). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt inves- tieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Bei einem Immobilienfonds, von dem der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit erwartet, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er bei richtiger Aufklärung über wichtige, die Werthaltigkeit der Anlage (negativ) beeinflussende Umstände dem Fonds nicht beigetreten wäre, auch wenn er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde (BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2008 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.; vgl. aber Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Rn. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Beteiligung an einem Immobilienfonds grundsätzlich nicht gehört (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 18; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24).
31
2. Das Verschulden wird bei einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet.
32
3. Bei der Feststellung der Höhe des Schadens wird das Berufungsgericht folgendes zu beachten haben:
33
a) Hinsichtlich des Schadens des Klägers kommt es auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung nicht an. Grund für die Haftung der Beklagten zu 1 ist der Eingriff in das Recht des Klägers, zutreffend informiert über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen und sich für oder gegen die Anlage zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 f.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Der Schaden des nicht pflichtgemäß aufgeklärten Anlegers besteht daher bereits in dem Erwerb der bei pflichtgemäßer Aufklärung nicht vorgenommenen Beteiligung. Ist der Kläger durch die unzutreffende Aufklärung dazu veranlasst worden, dem Fonds beizutreten, kann er verlangen, im Wege der Naturalrestitution so gestellt zu werden, als wenn er sich an dem Fonds nicht beteiligt hätte, und hat gegen die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb der Anlage gemachten Aufwendungen abzüglich erhaltener Ausschüttungen gegen Rückgabe der Anlage.
34
b) Eine Anrechnung der dem Kläger infolge seiner Beteiligung erwachsenen Steuervorteile kommt nicht in Betracht, wenn der Kläger sich in Kenntnis des Prospektfehlers an einem anderen Steuersparmodell beteiligt hätte, da dies nach der Lebenserfahrung zu vergleichbaren steuerlichen Folgen geführt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 21 ff.).
35
Eine Anrechnung von Steuervorteilen scheidet aber auch bereits dann aus, wenn der Kläger die Schadensersatzleistung zu versteuern hat. Ein Anleger muss sich im Wege der Vorteilsausgleichung die im Zusammenhang mit der Anlage erzielten, dauerhaften Steuervorteile auf seinen Schaden dann nicht anrechnen lassen, wenn die Ersatzleistung ihrerseits besteuert wird. Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile demgegenüber anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Anhaltspunkte für derartige außergewöhnliche Steuervorteile bestehen, trägt der Schädiger (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff., 45; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 8 ff., jew. m.w.N.).
36
c) Hinsichtlich des entgangenen Gewinns wird das Berufungsgericht in den Blick zu nehmen haben (§ 287 ZPO), dass Eigenkapital in der hier in Rede stehenden Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern - jedenfalls - zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (s. hierzu BGH, Urteil vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, ZIP 1992, 324, 325 m.w.N.; s. auch Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 30).
37
4. Bezüglich der Zug um Zug vom Kläger angebotenen Fondsbeteiligung wird das Berufungsgericht auf eine Klarstellung des Antrags hinzuwirken haben. Der Kläger ist lediglich Treugeber und nicht unmittelbarer Inhaber der Fondsbeteiligung , die er deshalb auch nicht abtreten kann. Er kann insoweit die Beteiligung nur in Form der Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag an die Beklagte zu 1 "zurückgeben" (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 29).
38
5. Hinsichtlich der von der Beklagten zu 1 erhobenen Verjährungseinrede weist der Senat auf folgendes hin:
39
Die im Emissionsprospekt und im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Verjährungsklauseln sind unwirksam.
40
a) Die im Emissionsprospekt (S. 67) verwendete Klausel "Alle etwaigen Schadensersatzansprüche aus der Beteiligung verjähren mit Ablauf von sechs Monaten seit Kenntniserlangung des Anlegers von den unzutreffenden und/oder unvollständigen Angaben, spätestens jedoch drei Jahre nach Beitritt zu der Beteiligungsgesellschaft" ist (jedenfalls) nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) unwirksam.
41
aa) Diese Klausel des Emissionsprospekts unterliegt der AGBrechtlichen Kontrolle, da es sich nicht um eine gesellschaftsvertragliche Regelung handelt und daher die Bereichsausnahme nach § 23 Abs. 1 AGBG (§ 310 Abs. 4 BGB) nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2002 - II ZR 41/00, juris Rn. 24; Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, ZIP 2004, 414, 415 f.; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 11 ff.).
42
bb) Die Klausel schließt - wenn auch nur mittelbar - die Haftung auch für grobes Verschulden aus. Als Begrenzung der Haftung für grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Klauselverbots nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) sieht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch eine generelle Verkürzung der Verjährungsfrist an (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 34 f.; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 17; Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 56/08, NJWRR 2009, 1416 Rn. 20 f. m.w.N.; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 8). Die Verjährungsbeschränkung befasst sich zwar nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Da sie keine Ausnahme enthält, ist davon auszugehen , dass alle Ansprüche unabhängig von der Art des Verschuldens erfasst werden. Mittelbar führt die generelle Verkürzung der Verjährungsfrist also dazu, dass die Beklagte zu 1 nach Fristablauf die Verjährungseinrede hinsichtlich aller etwaigen Schadensersatzansprüche unabhängig von dem jeweiligen Haftungsmaßstab erheben kann und so ihre Haftung für jedwede Art des Verschuldens entfällt. Die Klausel lässt es nicht zu, sie auf einen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 45).
43
b) Die Klausel in § 12 Nr. 2 GV "Schadensersatzansprüche der Gesellschafter untereinander verjähren drei Jahre nach Bekanntwerden des haftungsbegründenden Sachverhalts, soweit sie nicht kraft Gesetzes einer kürzeren Verjährung unterliegen. Derartige Ansprüche sind innerhalb von sechs Monaten nach Kenntniserlangung von dem Schaden gegenüber dem Verpflichteten schriftlich geltend zu machen" ist ebenfalls unwirksam.
44
aa) Der Senat kann die im Emissionsprospekt für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen selbst frei auslegen, weil sie von der Beklagten zu 1 bundesweit gegenüber zahlreichen Anlegern, mithin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, verwendet wurden. Das gilt nach Sinn und Zweck dieser revisionsrechtlichen Auslegungskompetenz unabhängig davon, ob es sich hier um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes oder um gesellschaftsvertragliche Regelungen handelt , die zwar unter die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB nF fallen mögen, jedoch - entsprechend der Rechtsprechung des Senats zu Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften - einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen.
45
bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, Seite 29-34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt/M., NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; a.A. Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder ob Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; kritisch MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 124 f.). Denn die verjährungsverkürzende Klausel hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel unwirksam (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 f.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14).
46
cc) An dieser Rechtsprechung ist trotz der Angleichung der Verjährungsvorschriften festzuhalten (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 51). Die Frage der Unwirksamkeit einer Vereinbarung über die Verjährungsfrist in der Klausel eines Gesellschaftsvertrages wird von der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB nicht berührt. Es kann zu keiner Heilung kommen, da jedes Rechtsgeschäft grundsätzlich nach dem Zeitpunkt seiner Vornahme zu beurteilen ist (Peters in Staudinger, BGB Neubearbeitung 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 9 und 25). Die Klausel war nach bisherigem Recht unwirksam und bleibt es deshalb auch, selbst wenn sie jetzt im Rahmen des § 202 BGB nF zulässig wäre. Allein maßgeblich für die Beurteilung der Haftung der Beklagten zu 1 ist nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB das Recht zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers, da der haftungsbegründende und -ausfüllende Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs bereits im Zeitpunkt des Beitritts gegeben ist (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24 m.w.N.).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.09.2007 - 10a O 641/05 -
KG, Entscheidung vom 23.06.2009 - 17 U 67/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 321/08 Verkündet am:
15. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an den Vorsatz für einen Kapitalanlagebetrug durch
unrichtige vorteilhafte Angaben und Verschweigen nachteiliger Tatsachen in
einem Emissionsprospekt.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Dezember 2008 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als es die im Berufungsurteil (S. 4 f) wiedergegebenen Klageanträge zu I und II gegen die Beklagte zu 1 betrifft.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im Revisionsverfahren - einschließlich 80,9 % der nach einem Wert von 28.182,40 € berechneten außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch nicht beschiedenen Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 24. November 1999 eine Beteiligung an der C. Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Dritte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: Fonds III) in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsgesellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 1, die im Prospekt in der Rubrik "Partner" als Gründungsgesellschafter bezeichnet wird, hatte ihre Stellung als Kommanditistin durch Abtretung des Geschäftsanteils des Gründungsgesellschafters K. erworben, der seinerseits Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Sicherheiten bestehen sollten, etwa in Form von Ausfallversicherungen. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten, erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen von 26,3 %, das sind 6.723,49 €.
2
Der Kläger nimmt die Treuhandkommanditistin und den Beklagten zu 2, neben K. Gesellschafter der Komplementärin und seinerzeit zugleich Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der I. - und T. - B. mbH (im Folgenden: IT GmbH), Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der genannten Ausschüttung - noch 20.119,33 € nebst Zinsen in Anspruch (Antrag zu I). Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten ihm den Steuerschaden zu ersetzen hätten , der ihm durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe (Antrag zu II), und dass sie ihn von Ansprüchen freistellen müssten, die die Beteiligungsgesellschaft, deren Gläubiger oder Dritte gegen ihn wegen seiner Stellung als Kommanditisten richten könnten (Antrag zu III). Er sieht - soweit jetzt noch von Interesse - unter anderem einen Prospektmangel und eine Aufklärungspflichtverletzung darin, dass er von der Beklagten zu 1 nicht über Provisionszahlungen in Höhe von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung an die IT GmbH unterrichtet worden sei. Den Beklagten zu 2 nimmt er als faktischen Geschäftsführer aller C. -Fonds nach § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264a StGB auf Schadensersatz in Anspruch.
3
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge zu I und II gegen die Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt, soweit sie die Beklagte zu 1 betrifft, im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

A.


5
Das Berufungsgericht würdigt die von ihm erhobenen Beweise dahin, dass die IT GmbH - neben der prospektierten Provision von 7 % für die Eigenkapitalvermittlung und dem Agio von in der Regel 5 % - weitere 8 % Provision als Vergütung für pauschale Werbungskosten von der Komplementärin erhalten habe. Die Beklagte zu 1 sei verpflichtet gewesen, den Kläger darüber zu informieren , dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH auch noch diese Vergütung für pauschale Werbungskosten, also insgesamt 20 % des Beteiligungsbetrags , erhalten sollte. Diese Pflicht beruhe auf dem Umstand, dass die IT GmbH in der Person ihres (früheren) Geschäftsführers und Gesellschafters , des Beklagten zu 2 - zugleich Gesellschafter der Komplementärin -, mit dieser verflochten gewesen sei und der Beklagten zu 1 die die Verflechtung begründenden Umstände und die Sonderbehandlung der IT GmbH bekannt gewesen seien.
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Ungeachtet einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung sei die Beklagte zu 1 nicht schadensersatzpflichtig, weil der Kläger wegen der Zahlung pauschalierter Werbungskosten keine Ansprüche erhoben und nicht behauptet habe , dass dieser Umstand für ihn von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Soweit der Kläger geltend gemacht habe, er hätte sich an dem Fonds nicht beteiligt , wenn er Kenntnis von der 20 %igen Provisionszahlung an die IT GmbH gehabt hätte, genüge dies - ungeachtet einer Kausalitätsvermutung - nicht. Der formelhafte Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers in verschiedenen Parallelverfahren habe nicht mit dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der jeweiligen Anleger durch den Senat übereingestimmt, weshalb er sich einen persönlichen Eindruck von dem Kläger habe verschaffen wollen. Dieser sei jedoch trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu keinem der be- stimmten Termine erschienen, ohne sich hinreichend zu entschuldigen. Vom Termin am 20. Oktober 2008, in dem er aufgrund des Beschlusses vom 13. Oktober 2008 als Partei habe vernommen werden sollen, habe er von seiner Prozessbevollmächtigten Kenntnis gehabt. Es entschuldige ihn nicht, dass seine Prozessbevollmächtigte ihm die unrichtige Information gegeben habe, er müsse zu diesem Termin nicht erscheinen, weil dieser wegen eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags und eines deshalb gestellten Terminverlegungsantrags nicht stattfinden werde. Aus dem Verhalten des Klägers schließe das Berufungsgericht, dass er seine Einvernahme nach § 454 ZPO verweigere, und würdige dies dahin, dass die Kausalität des fraglichen Umstands zu verneinen sei.
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Eine Haftung des Beklagten zu 2 komme nicht in Betracht. Er sei weder für den Prospekt verantwortlich noch hätten in seiner Person vorvertragliche Beziehungen zum Kläger bestanden. Voraussetzung für eine deliktische Haftung wäre ein vorsätzliches Verhalten, wofür der Kläger jedoch keinen ausreichenden Sachvortrag gehalten habe.

B.


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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur in Bezug auf Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 stand.
I. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1
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1. Zu Recht prüft das Berufungsgericht, ob Ansprüche des Klägers wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen entstanden sind. Hier ist in Betracht zu ziehen, dass die Beklagte zu 1 als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 1982 - II ZR 124/81 - BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15; vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte zu 1 nicht bereits deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs - und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten zu 1 nicht möglich.
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2. Das angefochtene Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht die einer Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 entgegenstehenden Umstände nicht rechtsfehlerfrei festgestellt und die Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung mit einer nicht tragfähigen Begründung verneint hat.
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a) Wie der Senat für den Fonds III (Urteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 ff Rn. 17-26; vom 6. November 2008 - III ZR 231/07 - NJW-RR 2009, 329 ff Rn. 5-14; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 ff Rn. 9-26) und den Fonds II (Teilurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 119/08 - juris und BeckRS 2009, 7718 Rn. 8-25) entschieden hat, war die Beklagte zu 1 nach den in den damaligen Verfahren revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalten verpflichtet, den Anleger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte. Er hat dies wie folgt begründet: Der Gesellschaftsvertrag enthalte für die vorgesehene Mittelverwendung einen Investitionsplan, nach dem in die Beschaffung des Eigenkapitals 7 % des Beteiligungskapitals fließen solle. Darüber hinaus ergebe sich aus den Verträgen zur Durchführung der Investition, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, zusätzlich das Agio von 5 % erhalten sollte (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 Rn. 18; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 Rn. 11). Demgegenüber habe der Anleger vorgetragen und in verschiedener Weise belegt, dass an die IT GmbH für die Vermittlung des Eigenkapitals 20 % geflossen seien (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO Rn. 19; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 f Rn. 16-18). Die Komplementärin sei an die Beachtung des Investitionsplans gebunden und nicht berechtigt gewesen, über die ihr zufließenden Mittel nach ihrem Belieben zu verfügen (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 24; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 12). Vor diesem Hintergrund könne nicht unbeantwortet bleiben, wie die Tätigkeitsbereiche der Eigenkapitalvermittlung und der Werbung im Hinblick auf die hierfür zu beanspruchende Vergütung voneinander abzugrenzen seien (Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 Rn. 13 f).
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Diesen Grundsätzen wird die Würdigung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, nicht gerecht.
13
aa) Das Berufungsgericht nimmt auf der Grundlage der Aussage des Zeugen K. an, die IT GmbH habe die weiteren 8 % nicht als Provision (für die Vermittlung), sondern als pauschale Werbungskosten aus den Einnahmen der Komplementärin erhalten. In der Tat hat der Zeuge K. bekundet, es sei eine entsprechende mündliche Vereinbarung geschlossen worden, die den Zweck gehabt habe, "Vertriebsleute und Anleger" für die Beteiligungsgesellschaft zu gewinnen. Er hat hervorgehoben, die Vertriebsprovision und der Werbungskostenzuschuss seien streng voneinander unterschieden worden.
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bb) Das Berufungsgericht geht offenkundig davon aus, die Vereinbarung pauschaler Werbungskosten sei für sich betrachtet, also zunächst ohne Berücksichtigung der zwischen der IT GmbH und der Komplementärin bestehenden Verflechtung, prospektgemäß und löse daher eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 nicht aus. Insoweit rügt die Revision mit Recht, dass sich das Berufungsgericht bei seiner Würdigung mit verschiedenen Gesichtspunkten nicht auseinandergesetzt hat, die dafür sprechen, dass es sich bei der zusätzlichen Provision für die IT GmbH um deren Vergütung für ihre Tätigkeit als großes Vertriebsunternehmen gehandelt hat.
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Das (1) Berufungsgericht geht nicht auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen der IT GmbH vom 30. Oktober 1998 und 26. Oktober 1999 ein, in denen der Komplementärin - mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - 20 % für die Vermittlung des Eigenkapitals in Rechnung gestellt werden. Beide Rechnungen betreffen zwar den Fonds II, der Aussage des Zeugen K. ist jedoch zu entnehmen, dass es die nämliche mündliche Provisionsabrede für die Fonds II, III und IV gegeben habe. Das Berufungsgericht beschäftigt sich auch nicht mit den beiden Rechnungen der IT GmbH vom 3. August 2000, in denen - wiederum mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - für den Fonds III jeweils für dieselben geworbenen Anleger Eigenkapitalvermittlungsprovision von 12 % und ein Zuschuss zur Eigenkapitalvermittlungsgebühr von 8 % berechnet werden. Schließlich würdigt es das von K. unterzeichnete Schreiben der Komplementärin vom 11. Mai 1998 an die IT GmbH zu Händen des Beklagten zu 2 nicht, in dem davon gesprochen wird, K. wolle gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 "insistieren, dass die der IT zustehenden 20 %-Vertriebskosten ebenfalls auf das KG-Konto überwiesen werden, von dem ich dann sofort die Mittel an die IT weiterleiten werde". Diese urkundlichen Beweismittel sprechen dafür, dass - entgegen der Aussage des vernommenen Zeugen - in der Rechnungsstellung und Handhabung keine strenge Unterscheidung zwischen der Eigenkapitalvermittlung von Gesellschaftsanteilen, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, und Werbemaßnahmen, für die diese Befreiung nicht gilt, vorgenommen wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - III ZR 319/08 - WM 2010, 301 Rn. 2; Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - WM 2010, 1017, 1019 Rn. 13).
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(2) Das Berufungsgericht hat sich ferner nicht die nach dem Streitstoff erhebliche Frage vorgelegt, wie im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan und die ergänzenden Ausführungen zum Inhalt der Leistungsverträge Werbemaßnahmen im Rahmen der Konzeption des Fonds von einer Werbung abzugrenzen sind, die die IT GmbH als großes Vertriebsunternehmen zur Bewerbung der insgesamt von ihr vertriebenen Produkte betrieben hat. Wie der Senat - nach Erlass des hier angefochtenen Urteils - für den Fonds III entschieden hat, kann im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan nicht jegliche Werbetätigkeit nach der Budgetposition "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" abgerechnet werden, sondern es sind übliche Werbemaßnahmen, die der Eigenkapitalvermittlung dienen, hiervon auszunehmen (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 11-14). Nähere Feststellungen zur Werbetätigkeit der IT GmbH hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Immerhin kann bereits der hier wiedergegebenen Aussage des Zeugen K. entnommen werden, dass es um Anlegerwerbung und um die Information von "Vertriebsleuten" ging, also um Maßnahmen, die mit der Gewinnung von Anlegern in engem Zusammenhang stehen.
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cc) Die Beklagte zu 1 kann der Annahme einer möglichen Pflichtverletzung nicht entgegenhalten, die Komplementärin, die Inhaberin eines eigenen gewerblichen Unternehmens sei, das Handelsgeschäfte auf eigene Rechnung betreibe, habe - nicht als Gesellschafterin, sondern als Dritte - mit der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge geschlossen, die mit ihrem wesentlichen Inhalt und der versprochenen Vergütung im Emissionsprospekt bekannt gemacht worden seien. Es unterliege nicht dem geringsten rechtlichen Zweifel, dass die Komplementärin als Dritte im Rahmen der Leistungsverträge in anderer Funktion und mit anderen Rechten und Pflichten handele als in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft und dass die Leistungsverträge uneingeschränkt wirksam und verbindlich seien. Für die Auffassung, die Komplementärin sei bei der Verwendung ihrer aufgrund der Leistungsverträge erworbenen Mittel an den in § 6 des Gesellschaftsvertrags enthaltenen Investitionsplan gebunden, gebe es keine rechtliche Begründung. Für das Handeln der Komplementärin als Dritte, wozu der Abschluss und die Ausführung der genannten Leistungsverträge zählten, gelte nur das Recht ihrer eigenen Satzung und nicht der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft.
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Diese Überlegungen rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 23. Juli 2009 (III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 14 f; III ZR 323/07 - juris und BeckRS 2009, 22724 Rn. 14 f; III ZR 2/08 - juris und BeckRS 2009, 22723 Rn. 10 f) und 8. Oktober 2009 (III ZR 207/07 - WM 2009, 2358, 2359 f Rn. 11 ff; III ZR 259/07 - juris und BeckRS 2009, 86780 Rn. 13 ff; III ZR 241/08 - juris und BeckRS 2009, 86437 Rn. 11 ff) näher begründet hat. Dem Senat ist in den bisherigen Entscheidungen durchaus bewusst gewesen, dass die Komplementärin nach den Angaben des Emissionsprospekts verschiedene Leistungsverträge mit der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen hat, auf die der Senat im Einzelnen eingegangen ist. Die Wirksamkeit und Verbindlichkeit dieser Verträge, die die Komplementärin als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft - nach dem Gesellschaftsvertrag von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit - mit sich abgeschlossen hat, ist nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Sie ist auch für die Frage, ob der Beklagten zu 1 eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen ist, nicht vorgreiflich.
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Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen geht es vielmehr um den von den Anlegern erhobenen Vorwurf, die Initiatoren hätten die wahre Provisionshöhe für die Einwerbung des Beteiligungskapitals in den maßgeblichen Prospektangaben verschleiert, um die Beteiligung an den Mann bringen zu können. Unterstellt man dies als richtig, wird ein entsprechendes Verhalten der Initiatoren und Gründungsgesellschafter nicht dadurch pflichtgemäß , dass die an dieser Abrede beteiligte Komplementärin als Dritte mit der Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge abschließt, die diese Verschleierung absichern sollen.
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b) Ist danach hier revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1 zu einer Aufklärung des Klägers über die Höhe der von der IT GmbH beanspruchten Provisionen verpflichtet war, wird die angefochtene Entscheidung nicht von der Überlegung getragen, es fehle an der Kausalität dieses Umstands für dessen Anlageentscheidung.
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aa) Der Kläger hat vorgetragen, er hätte sich nicht beteiligt, wenn er Kenntnis von Provisionen in Höhe von 20 % an die IT GmbH gehabt hätte. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Das ist - anders als das Berufungsgericht meint - zunächst einmal ein hinreichender Vortrag (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2009 - III ZR 31/08 - juris und BeckRS 2010, 01124 Rn. 13; vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1020 Rn. 19). Unterstellt man nämlich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1, ist zu prüfen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßem Vorgehen der Beklagten zu 1 verhalten hätte. Die Beklagte zu 1 hätte ihrer Aufklärungspflicht zwar dadurch genügen können, dass sie darauf hingewirkt hätte, den Prospekt um entsprechende Angaben zu ergänzen; da dies aber nicht geschehen ist, konnte die Aufklärung nur in der Weise vorgenommen werden, dass der Kläger bei seinem Beitritt konkret über die entsprechenden Umstände informiert wurde. In diesem Rahmen kommt dem Kläger eine gewisse, auf die Lebenserfahrung gegründete Kausalitätsvermutung zugute (vgl. Senatsurteile vom 6. November 2008 - III ZR 290/07 - juris und BeckRS 2008, 23805 Rn. 19; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 27; vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 17), die letztlich auf dem Umstand beruht, dass es aus der Sicht des Senats für den Vertrieb einer Kapitalanlage einen wesentlichen Unterschied macht, ob hierfür (nur) 12 % oder 20 % des Eigenkapitals aufgebracht werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 22; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 616 f Rn. 24). Die Kausalitätsvermu- tung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht. Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - NJW 2010, 1077, 1079 Rn. 24). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, mangels entsprechenden Vorbringens der Beklagten zu 1 habe das Berufungsgericht nicht die Vernehmung des Klägers als Partei nach § 448 ZPO anordnen dürfen, übersieht sie, dass diese, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, entsprechenden Vortrag gehalten hat.
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bb) Das Berufungsgericht war aber nicht nach § 454 Abs. 1, § 446 ZPO berechtigt, die behauptete Tatsache nach freier Überzeugung als unwahr anzusehen; denn der Kläger hat es nicht abgelehnt, sich vernehmen zu lassen. Seine Prozessbevollmächtigte hat im Termin vom 13. Oktober 2008 angegeben, wenn der Senat eine Parteivernehmung beabsichtige, werde sie dies ihrem Mandanten raten und er werde sich dann als Partei vernehmen lassen. Die Gründe, mit denen der Kläger sein Fernbleiben im Termin vom 20. Oktober 2008 entschuldigte, ließen sich nicht als Weigerung interpretieren, sich zu dem - vom Berufungsgericht im Beweisbeschluss nicht einmal formulierten - Beweisthema vernehmen zu lassen. Denn der Kläger war von seiner Prozessbevollmächtigten dahin informiert worden, der Termin vom 20. Oktober 2008 werde wegen eines Terminverlegungsantrags und eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags nicht stattfinden. Diese Information war zwar ungesichert, weil der Verhandlungstermin tatsächlich (noch) nicht verlegt worden war; allerdings durfte die Prozessbevollmächtigte des Klägers erwarten, über die Ablehnung ihres Terminverlegungsantrags rechtzeitig vor dem Termin unterrichtet zu werden , was infolge eines Versehens der Geschäftsstelle unterblieben ist. Es kommt hinzu, dass der Kläger nicht - wie das Berufungsgericht befunden hat - sehr kurzfristig geladen worden ist, sondern dass ihn die Ladung unter Verletzung des § 217 ZPO, der auch bei einer Ladung zu einer Parteivernehmung zu beachten ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Musielak/ Huber, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2, § 450 Rn. 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2006, § 454 Rn. 4; MünchKommZPO/Schreiber, 3. Aufl. 2008, § 454 Rn. 2; PG/Müller-Christmann, ZPO, 1. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Hk-ZPO/Pukall, 3. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2), vor dem Termin vom 20. Oktober 2008 überhaupt nicht erreicht hat. Das Berufungsgericht hat auch nicht, wie es nach § 454 Abs. 2 ZPO geboten war, im Termin vom 20. Oktober 2008 zur Hauptsache verhandelt, nachdem es - wie hier - von der Anberaumung eines erneuten Vernehmungstermins absehen wollte. Gleichwohl hat es "aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2008" entschieden. Die Revisionserwiderung macht zwar darauf aufmerksam, das Berufungsgericht sei im Hinblick auf frühere Termine, in denen mündlich verhandelt worden sei, befugt gewesen, gemäß § 251a ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden. Von dieser Möglichkeit hat es jedoch ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
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3. Das Berufungsurteil hat auch keinen Bestand, soweit es um die mangelnde Aufklärung über die Verflechtung der IT GmbH mit der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 geht.
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a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings von einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 aus.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände , die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - BGHZ 79, 337, 344; vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90 - BGHZ 116, 7, 12; vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92 - BGHZ 123, 106, 109 f; vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7; Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 f. Rn. 9). Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - aaO S. 345; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 f Rn. 25; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - NJW 1987, 1815, 1817, insoweit ohne Abdruck in BGHZ 100, 117), und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - aaO; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - aaO).
26
bb) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) und 12. Februar 2009 (III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 25; III ZR 119/08 - aaO Rn. 24) entschieden hat, musste in dem Emissionsprospekt her- ausgestellt werden, welche Rolle der IT GmbH bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Das beruht auf zwei Gesichtspunkten. Zum einen ging es um die Person ihres Mehrheitsgesellschafters und seinerzeitigen Geschäftsführers, des Beklagten zu 2. Er war nach den Angaben im Prospekt zusammen mit K. Gesellschafter der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %; nach den Bekundungen des Zeugen K. hielt der Beklagte zu 2 eine Mehrheitsbeteiligung von 60 % (vgl. auch Senatsurteile vom 12. Februar 2009 aaO). Er war daher in der Lage, bestimmenden Einfluss auf die C. GmbH in ihrer Eigenschaft sowohl als Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft als auch als mit bestimmten Aufgaben der Fondsgesellschaft betrautes Drittunternehmen auszuüben. Zum anderen war er Geschäftsführer und Gesellschafter der IT GmbH, die als Folge der Gewinnung von Anlegern Provisionen von 20 % erhielt und so stark in die Verwirklichung des Vorhabens eingebunden war, dass sie mit 36,02 % einen erheblichen Teil der Anleger für diesen Fonds einwarb. Soweit die Beklagte zu 1 hiergegen anführt, die Einbindung der IT GmbH in den Vertrieb könne nicht als "Vorhaben des Fonds" angesehen werden, das - entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag - in der Entwicklung, der Herstellung und dem Erwerb von Filmprojekten sowie der Beteiligung an Filmund Fernsehproduktionen im In- und Ausland bestanden habe, übersieht sie, dass die IT GmbH - nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 - hierauf nicht beschränkt war, sondern gerade mit Werbemaßnahmen beauftragt worden sein soll, weil sie über die in der Filmbranche erforderlichen Kontakte verfügt habe und daher die Fondsbeteiligungen wesentlich öffentlichkeits- und medienwirksamer habe bewerben können als die Komplementärin selbst. Die Komplementärin habe nämlich weder über das erforderliche eigene Personal noch über das für die werbliche Einführung des Fondsprodukts erforderliche Kapital noch über ein der IT GmbH vergleichbares Know-how verfügt. Für die Entwicklung des Vorhabens kam es daher - auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu 1 - von Beginn an entscheidend darauf an, dass die mit der Konzeptionierung des Fonds verbundene Werbung wie die anderen in dieser Budgetposition enthaltenen Aufgaben den Boden für eine erfolgreiche Vermittlung und Installierung der Beteiligungsgesellschaft bereiteten, um die angestrebten Investitionsmaßnahmen ordnungsgemäß durchführen zu können.
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Für die Pflicht, über diese personelle und kapitalmäßige Verflechtung und die mit ihr verknüpften Sondervorteile zu informieren, spielt es angesichts des Umstands, dass im Prospekt hierzu jegliche Angaben fehlen, keine Rolle, ob die IT GmbH nur mit Aufgaben der Eigenkapitalvermittlung oder zusätzlich mit Werbemaßnahmen beauftragt war und ob die mit der Komplementärin ausbedungene Vergütung üblich oder angemessen war. Handelte es sich, wie der Kläger in erster Linie geltend macht und wofür die bereits angeführten Indizien sprechen, um eine Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung, liegt nicht nur ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag, sondern im Verhältnis zu anderen mit der Eigenkapitalbeschaffung betrauten Unternehmen auch eine Sonder (Besser-)Behandlung vor. Diese Sonderbehandlung würde den Anleger nur dann nicht berühren, wenn die prospektgemäßen Mittel für die Eigenkapitalvermittlung (7 % plus 5 % Agio) insgesamt nicht überschritten worden wären. Davon kann jedoch, wie der Senat in seinen Urteilen vom 12. Februar 2009 im Einzelnen begründet hat (III ZR 90/08 - aaO S. 616 Rn. 21; III ZR 119/08 - aaO Rn. 20), keine Rede sein; dass die Zusatzvergütung aus einem anderen Budget entnommen worden ist, ist unstreitig. Aber auch dann, wenn es einen nach Inhalt und Umfang klaren, schriftlich fixierten Auftrag der IT GmbH gegeben hätte, bestimmte der Komplementärin zugewiesene Aufgaben außerhalb der eigentlichen Kapitalvermittlung vorzunehmen, wäre es für die Anleger von erheblichem Interesse gewesen, hierüber unterrichtet zu werden. Das liegt gerade bei Werbemaßnahmen eines großen Vertriebsunternehmens nahe, weil sich hierbei immer die Frage aufdrängen wird, ob diese Werbemaßnahmen im eigenen Interesse dieses Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf seine sonstigen Vertriebsaktivitäten , durchgeführt werden oder ob sie in besonderer Weise der Fondsgesellschaft zugute kommen. Gerade weil es schwierig und problematisch ist, eine klare Abgrenzung zwischen Werbemaßnahmen für die Fondsgesellschaft und der "Einwerbung" von Gesellschaftskapital vorzunehmen oder - wie es hier in Streit steht - im Nachhinein eine nähere Klärung hierüber herbeizuführen , muss dem Anleger bei seinem Beitritt die Gelegenheit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung gegeben werden. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn es - wie hier nach der Bekundung des Zeugen K. anzunehmen ist - nur mündliche Abreden gegeben hat. Hätte der Prospekt - wie aus der Sicht des Senats geboten - Angaben dazu enthalten, dass die IT GmbH für einen erheblichen Teil des Fonds mit der Einwerbung von Anlegern betraut ist und hierfür 7 % Provision und das Agio zu beanspruchen hat und weitere 8 % bezogen auf die von ihr eingeworbenen Anleger dafür erhält, dass sie im Rahmen der Konzeptionierung des Fonds bestimmte Werbemaßnahmen durchgeführt hat, hätte sich der Anleger überlegen können, ob ihn diese Abgrenzung überzeugt und was von Werbemaßnahmen (und dem Ansatz der Weichkosten insgesamt) zu halten ist, deren Vergütung an einen Vermittlungsvorgang geknüpft wird, der sich nur auf einen Teil der Anleger bezieht. Soweit die Beklagte daher auf die Vermittlungserfolge der IT GmbH verweist, ist dies angesichts der unterlassenen Aufklärung ein ambivalentes Argument. Dass es sich bei allem um Vergütungsansprüche der Komplementärin handelte, über die sie als Drittunternehmen prinzipiell nach ihren Vorstellungen verfügen durfte, ändert nichts an den Erwartungen der Anleger, die sie im Hinblick auf die Darstellung im Investitionsplan über deren Verwendung haben durften.
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cc) Die Pflicht der Prospektverantwortlichen, die Anleger über die Einbindung der IT GmbH zu unterrichten, ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Prospekt hinreichend über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile Auskunft gibt. Die Beklagte zu 1 hat zwar dem Sinne nach eingewendet, aus der Information über diese - jetzt von ihr als "extrem hoch", "überhöht" und "exorbitant" bezeichneten - Sondervorteile folge, dass die Gesellschafter der Komplementärin deren Nutznießer seien. Das ist aber zu kurz gegriffen. Denn viele Anleger werden die der Komplementärin übertragenen Aufgaben - ungeachtet des Systems von Leistungsverträgen, die die Fondsgesellschaft mit ihr geschlossen hat - als solche ansehen, für deren Bewältigung diese bereits aufgrund ihrer Geschäftsführerstellung der Fondsgesellschaft verantwortlich ist. Diese im Prospekt enthaltene Information ist daher aus der Sicht des Senats nicht mit der fehlenden Aufklärung über die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der IT GmbH und die ihr übertragenen Aufgaben zu vergleichen.
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dd) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte zu 1, die nicht selbst prospektverantwortlich ist, zu einer Aufklärung des Klägers verpflichtet war, weil ihr die maßgebenden Umstände bekannt waren. Sie wusste aufgrund ihrer eigenen Berechnungen im Rahmen der Mittelfreigabe , dass die IT GmbH Provisionen von 20 % erhielt, und ihr waren auch die Verflechtungen zwischen diesem Unternehmen und der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 bekannt, was das Berufungsgericht - unbeanstandet von der Revisionserwiderung - aus dem Schreiben der Beklagten zu 1 vom 9. Februar 1998 auf eine Publikation des Direkten Anlegerschutzes vom 16. Januar 1998 geschlossen hat, in der auf diese Verflechtung hingewiesen wurde. Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zu deren Berufsbild nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO auch die Wahrnehmung von Treuhandaufgaben gehört, musste sie wissen, dass ein Prospekt über wesentliche kapitalmäßige und per- sonelle Verflechtungen zwischen der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits und den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern andererseits , in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, informieren muss.
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b) Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1 lässt sich jedoch nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe seine Ansprüche nicht darauf gestützt, dass an die IT GmbH pauschalierte Werbungskosten gezahlt worden seien. Wie zu 2 a bb ausgeführt, fehlt es bereits an einer fehlerfreien Feststellung , dass es sich bei den zusätzlichen Zahlungen in Höhe von 8 % um eine pauschale Vergütung für Werbeaufwendungen gehandelt hat. Im Übrigen ist es für die Aufklärungspflicht wegen des Verflechtungsgesichtspunkts nicht von Bedeutung , für welche Zwecke diese zusätzlichen Zahlungen geleistet worden sind. Es genügt daher, dass der Kläger, wie die Revision mit Recht rügt, auf die Verflechtung und die Kenntnis der Beklagten zu 1 sowie darauf hingewiesen hat, dass die IT GmbH eine im Prospekt nicht offengelegte Sondervergütung erhalten habe. Die hierdurch bewirkte Gefährdung von Anlegerinteressen liegt in der Eingehung einer Beteiligung, deren Rentierlichkeit auf der Grundlage des Prospekts, der die Weichkosten nur in kleinen unverdächtigen Dosen aufführte, nicht hinreichend beurteilt werden konnte. Auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität kommt es nicht auf die Bezeichnung der Mehrvergütung an. Wie oben näher dargelegt (siehe oben 2 b), genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, die dem Anleger zugute kommende Kausalitätsvermutung als widerlegt anzusehen.
31
4. Das angefochtene Urteil kann auch insoweit nicht bestehen bleiben, als das Berufungsgericht den Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz von Steuerschäden aufgrund einer nachträglichen Aberkennung von Verlustzuweisungen abgewiesen hat.
32
Wie der Kläger im Revisionsverfahren näher ausgeführt hat, verfolgt er mit diesem Antrag nicht, die Beklagte zu 1 wegen eines eigenständigen Fehlers auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, etwa auch in dem Fall, dass sein mit einer "Rückgabe" der Beteiligung verbundener Zahlungsantrag unbegründet wäre. Vielmehr will er, wenn sein Zahlungsantrag Erfolg hat und es zu einer entsprechenden Schadensersatzleistung der Beklagten zu 1 sowie zu einer Übertragung der Rechte aus der Beteiligung kommt, mit diesem Antrag sicherstellen , dass er über die notwendige Versteuerung der Ersatzleistung hinaus nicht auch noch die Verlustzuweisung verliert.
33
Da das Ziel dieses Antrags damit unmittelbar die Frage betrifft, wie weit - ausschließlich auf der Rechtsfolgenseite - die aus einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 1 folgende Schadensersatzverpflichtung reicht, ist das Feststellungsinteresse des Klägers nicht zu verneinen. In der Sache besteht in der vom Kläger gewünschten Nichtanrechnung von Steuervorteilen auf seinen Schadensersatzanspruch und der Versteuerung der Ersatzleistung ein Zusammenhang , der es im Allgemeinen, sofern nicht außergewöhnliche Steuervorteile vorliegen, entbehrlich macht, eine nähere Berechnung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77 - BGHZ 74, 103, 114 ff; vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; Senatsurteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04 - NJW 2006, 499 Rn. 8).
34
Dieser Zusammenhang würde gestört, wenn die Verlustzuweisung nachträglich aberkannt würde. Allerdings führt dies nicht zu einem Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Steuervorteile, die bisher auf der Anerkennung der Verlustzuweisung beruhten. Denn im Rahmen des hier verfolgten Schadensersatzanspruchs , der dahin geht, so gestellt zu werden, als hätte sich der Kläger nicht beteiligt, besteht kein (Erfüllungs-)Anspruch auf den Eintritt von Folgen, die sich aus der Beteiligung selbst ergeben. Bei einer Aberkennung von Verlustzuweisungen und einer damit einhergehenden steuerlichen Nachforderung kommt aber wegen der hierauf zu entrichtenden Zinsen ein Schadensersatzanspruch in Betracht, auf den die Vorteile aus der über Jahre währenden Anerkennung von Verlustzuweisungen anzurechnen wären (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1022 Rn 32).
II. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2
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1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass zwischen dem Beklagten zu 2 und dem Kläger keine vorvertraglichen Beziehungen bestanden haben, auf deren Grundlage eine Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen oder wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht käme. Das wird von der Revision nicht beanstandet. Mögliche Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne, an die im Hinblick auf die erörterten Verflechtungen und Einflussmöglichkeiten des Beklagten zu 2 zu denken wäre, sind spätestens drei Jahre nach dem Beitritt (24. November 1999) verjährt (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05 - NJW-RR 2008, 1365, 1366 f Rn. 12 m.w.N.). Die Revision stellt daher zu Recht nur zur Nachprüfung, ob der Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB und aus § 826 BGB deliktisch haftet.
36
2. Bei dieser Beurteilung ist, weil das Berufungsgericht insoweit keine fehlerfreien Feststellungen getroffen hat (siehe oben I 2 a), revisionsrechtlich da- von auszugehen, dass der Kläger vor seiner Anlageentscheidung darüber zu informieren war, dass an die IT GmbH Vertriebsprovisionen von 20 % gezahlt werden sollten und wurden. Insoweit enthielt der Prospekt die (möglicherweise) unrichtige, für den Anleger vorteilhafte Angabe einer geringeren Vertriebsprovision. Darüber hinaus musste dem Kläger mitgeteilt werden, welche Rolle der IT GmbH im Hinblick auf die personelle und kapitalmäßige Verflechtung mit der Komplementärin bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Ob dem Kläger insoweit eine nachteilige Tatsache im Sinn des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB verschwiegen wurde und ob der objektive Tatbestand dieser Norm erfüllt worden ist, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, da das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Angaben des Klägers über ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 für die Annahme einer Schadensersatzpflicht wegen Verletzung dieses Schutzgesetzes nicht genügen.
37
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Erheblichkeit des für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstands ein normatives Tatbestandsmerkmal ist. Daraus folgt, dass der Täter nicht nur die tatsächlichen Umstände kennen, sondern auch die rechtliche Wertung der Erheblichkeit nachvollziehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04 - NJW 2005, 2242, 2245; Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - juris und BeckRS 2010, 07412 Rn. 2).
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b) Was der Kläger an Kenntnissen des Beklagten zu 2 behauptet, genügt auch bei der hier gebotenen revisionsrechtlichen Unterstellung für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Norm nicht.
39
aa) Soweit es um den Vorwurf geht, im Prospekt seien die für die Eigenkapitalvermittlung vorgesehenen Provisionen auf 7 % und das Agio von (in der Regel) 5 % beschränkt und ein weiterer Vergütungsanteil von 8 %, der an die IT GmbH gezahlt werden sollte, in anderen Positionen des Investitionsplans versteckt worden, weil der Beklagte zu 2 gewusst habe, dass sich eine Anlage mit Vertriebsprovisionen von 20 % nicht vertreiben lasse, wird freilich - bezogen auf einzelne Elemente des Straftatbestands - ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 behauptet. Denn nach diesem Vortrag muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 2 die Höhe der von ihm für die IT GmbH ausgehandelten Vertriebsprovision und die hiervon abweichenden Angaben des Prospektes kannte, auf dessen Grundlage die Anleger eingeworben wurden.
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Dass sich der Beklagte zu 2 der Erheblichkeit der vom Kläger behaupteten Irreführung der Anleger in Bezug auf die Prospektierung des Projekts bewusst gewesen ist, folgt daraus indes nicht. Denn es ist insoweit zu berücksichtigen , dass hiervon - auch unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers - die für die Produktion und den Erwerb von Filmrechten prospektierten Kosten nicht berührt worden sind, insgesamt also nur Kosten für Funktionsträger aufgewendet worden sind, die sich im Rahmen des Prospekts gehalten haben. Dem entspricht es, dass bis zur Senatsentscheidung vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) die Berufungssenate des Oberlandesgerichts München, bei dem eine Vielzahl entsprechender Anlegerklagen anhängig (gewesen) sind, nahezu einhellig angenommen haben, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden und der Komplementärin sei es überlassen, nach ihrem Belieben über die Mittel zu verfügen, die sie aufgrund der mit der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Leistungsverträge erhalten habe. Es ist dem Beklagten zu 2, der hinsichtlich der Vergütung von weiteren 8 % behauptet hat, sie habe der Abgeltung von aufwändigen Werbemaßnahmen für den Fonds gedient, nach dem Vorbringen des Klägers daher nicht zu widerlegen, dass der Prospekt aus seiner (juristisch) laienhaften Sicht alle erforderlichen Angaben richtig enthalten hat und dass die Komplementärin befugt war, dem von ihm vertretenen Unternehmen die Vergütung aus dem Budgettopf "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" zu zahlen.
41
bb) Dasselbe ist hinsichtlich der unterlassenen Information über die Einbindung der IT GmbH in die Verwirklichung des Vorhabens anzunehmen. Zwar reicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Notwendigkeit der Offenlegung kapitalmäßiger und personeller Verflechtungen bis in das Jahr 1980 zurück (siehe oben I 3 a aa) und kann daher als seit langem gefestigt angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - aaO Rn. 5). Die hier zu beurteilende Fallgestaltung weist jedoch eine Besonderheit auf, die für einen Verschuldensvorwurf an den Beklagten zu 2 von erheblicher Bedeutung ist. Der Emissionsprospekt informierte über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 338/08 - zu B I 2 a aa-cc), in denen die betragsmäßig geringeren Sondervorteile der IT GmbH steckten. Zwar hätte ein Prospektverantwortlicher im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung nicht ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen dürfen, die der IT GmbH gewährten Sondervorteile seien für die Anleger ohne Interesse. Dass der Beklagte zu 2 angenommen hat, es bestehe in dieser Hinsicht im Hinblick auf den angeführten Gesichtspunkt keine Prospektierungspflicht, kann ihm aufgrund des Vorbringens des Klägers nicht widerlegt werden, so dass es an dem notwendigen Vorsatz fehlt.
42
c) Nichts anderes gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.02.2008 - 34 O 8703/07 -
OLG München, Entscheidung vom 08.12.2008 - 21 U 2701/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 41/03 Verkündet am:
4. Mai 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht ihres Bruders wegen des Verlusts von Kapitalanlagebeträgen auf Schadensersatz in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte, eine in New York ansässige Aktiengesellschaft amerikanischen Rechts, veranlaßte im Jahr 1990 die Gründung der D. AG.
Aktien Die wurden von den Mitglie dern des Aufsichtsrats und des Vorstands treuhänderisch für die Beklagte übernommen. Die D. AG legte unter anderem ein DAX-Programm, das den Handel mit Terminkontrakten auf den Deutschen Aktien Index (DAX) zum Inhalt hatte , auf. Für eine Beteiligung an diesem Fonds wurde mit einem Zeichnungsprospekt geworben, der auf der Titelseite als Angebot der D. AG bezeichnet und mit dem Emblem der Beklagten versehen war. In ihm hieß es insbesondere, daß die D. AG, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, die Aufgabe der Vermögensverwalterin wahrnehmen werde. Die im Jahr 1870 gegründete Beklagte sei das älteste private Mitglied der New Yorker Börse.
Die Klägerin zeichnete am 13. April 1993 und am 21 . Juli 1993 Anteile an dem DAX-Programm von 10.000 DM und 20.000 DM. Ihr Bruder zeichnete am 12. August 1993 einen Anteil von 40.000 DM.
Im Frühjahr 1993 kam der Verdacht auf, daß ein Ang estellter der B. AG unter Mitwirkung von Mitarbeitern der D. AG unzulässige Insidergeschäfte vorgenommen hatte. Das DAXProgramm war hiervon nicht unmittelbar betroffen. Mit Vertrag vom 22./27. Juli 1993 verkaufte die Beklagte daraufhin die Aktienrechte an der D. AG. Am 28. Juli 1993 bestellte deren Aufsichtsrat auf Veranlassung des Käufers einen neuen Vorstand. Bis zu diesem Zeitpunkt waren im DAX-Programm Gewinne erzielt worden. In den folgenden Monaten wurden die von der Klägerin und ihrem Bruder angelegten Beträge insbesondere dadurch aufgezehrt, daß die D. AG mittels des Abschlusses einer Vielzahl von Verträgen Provisionsschinderei betrieb
("Churning"). Im Frühjahr 1994 wurde das Konkursverfahren über ihr Vermögen eröffnet.
Die Klägerin begehrt mit der im Mai 2001 erhobenen Klage Schadensersatz in Höhe von 72.400 DM nebst Zinsen. Hierin sind gezahlte Agios von 2.400 DM enthalten. Sie macht geltend, daß zwischen ihr und ihrem Bruder sowie der Beklagten ein auf Verwaltung des Anlagevermögens gerichteter Vertrag zustande gekommen sei. Sie stützt ihren Anspruch insbesondere auch auf den Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß. Die Beklagte habe das DAX-Programm initiiert sowie den Zeichnungsprospekt gekannt und gebilligt. Indem im Zeichnungsprospekt mit ihrem Ansehen und ihrer Branchenerfahrung geworben worden sei, habe sie persönlich das Vertrauen der Klägerin und ihres Bruders in Anspruch genommen. Sie habe diese daher über den Verkauf der Aktienrechte an der D. AG und die Auswechselung des Vorstands informieren müssen. In diesem Fall hätten sie, die Klägerin und ihr Bruder, ihre Beteiligungen an dem DAX-Programm gekündigt und ihre - zu diesem Zeitpunkt sogar leicht gestiegenen - Einlagen zurückgefordert bzw. von der Beteiligung an dem DAX-Programm abgesehen.
Die Beklagte bestreitet, für das DAX-Programm und den Zeichnungsprospekt verantwortlich zu sein. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat sie geltend gemacht, daß sie bereits im Jahr 1998 liquidiert worden sei und als Rechtsperson nicht mehr existiere.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Ober landesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revisi-
on erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Aus der Verbreitung des DAX-Prospekts durch die D. hät- AG ten sich für die Beklagte den Anlegern gegenüber Pflichten ergeben, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen der Klägerin und ihres Bruders führe. Der DAX-Prospekt sei dazu geeignet und bestimmt gewesen , bei den Anlegern das Vertrauen zu schaffen, die Beklagte garantiere mit ihrem guten Namen, ihrer langjährigen geschäftlichen Erfahrung und ihrer Bonität für die Sicherheit der Einlagen. Hieraus habe sich eine Garantenstellung der Beklagten ergeben, weil die D. AG mit Wissen und Billigung der Beklagten deren good will bei der Werbung für das DAX-Programm in Anspruch genommen habe. Bereits der Gründung der D. AG auf Veranlassung der Beklagten habe der Gedanke zugrunde gelegen, unter Verwendung des eingeführten Namens und des Rufs der
Beklagten Investoren für Börsentermingeschäfte zu gewinnen. Die Beklagte habe die maßgebliche Kontrolle über die geschäftlichen Aktivitäten der D. AG gehabt. Die wesentlichen Umstände des DAXProgramms , insbesondere dessen Prospekt und seine Vertriebsart, seien der Beklagten bekannt gewesen.
Die Beklagte sei kraft ihrer durch die Inanspruchn ahme von Vertrauen begründeten Garantenpflicht gehalten gewesen, vor Übertragung der Anteile an der D. AG die bereits im DAX-Programm engagierten Anleger von dem bevorstehenden Wechsel der Aktionäre zu informieren. Diesen habe ein aus § 242 BGB herzuleitendes Sonderkündigungsrecht zugestanden. Bei Kenntnis des Gesellschafterwechsels hätte die Klägerin ihren am 13. April 1993 gezeichneten Anteil gekündigt. Ferner hätten weder sie noch ihr Bruder die weiteren Anlagen von 20.000 DM und 40.000 DM getätigt. Den für die Beklagte handelnden Personen falle zumindest fahrlässiges Verhalten zur Last. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht verjährt, weil die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. maßgeblich sei. Lediglich Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien in analoger Anwendung von § 20 KAGG der kurzen sechsmonatigen Verjährung unterworfen. Für die hier maßgebliche Haftung aus culpa in contrahendo gelte dies jedoch nicht.
Die erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung au fgestellte Behauptung , die Beklagte existiere als Rechtsperson nicht mehr, sondern sei bereits im Jahr 1998 liquidiert worden, nötige nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung oder zu einer anderen Entscheidung des Rechtsstreits. Das entsprechende Vorbringen der Beklagten, dessen Zulassung eine Beweisaufnahme notwendig machen und damit eine er-
hebliche Verfahrensverzögerung bewirken würde, sei verspätet (§ 528 ZPO a.F.).

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Soweit das Berufungsgericht es abgelehnt hat, d er Behauptung der Beklagten nachzugehen, sie existiere als Rechtsperson nicht mehr, ist dies im Ergebnis richtig.

a) Unzutreffend ist allerdings die Begründung, die das Berufungsgericht dafür gegeben hat.
Die rechtliche Existenz und damit die Parteifähigk eit jeder an einem Rechtsstreit beteiligten Partei gehört zu den Prozeßvoraussetzungen , deren Mangel das Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen hat (BGHZ 134, 116, 118). Der Beklagte ist zwar nach § 282 Abs. 3 ZPO verpflichtet, Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, innerhalb einer ihm gesetzten Frist zur Klageerwiderung oder spätestens in der ersten mündlichen Verhandlung geltend zu machen. Zulässigkeitsrügen des Beklagten, die eine der in § 56 Abs. 1 ZPO genannten Prozeßvoraussetzungen betreffen und auf die er daher nicht verzichten kann, dürfen aber in erster Instanz nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden (§ 296 Abs. 3 ZPO) und können in den Rechtsmittelinstanzen zu der dort ebenfalls von Amts wegen
durchzuführenden Überprüfung der Prozeßvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 ZPO (vgl. BGHZ 134, 116, 118) Anlaß geben. Sie sind deshalb in der Berufungsinstanz einer Zurückweisung wegen Verspätung nicht zugänglich.
Das Berufungsgericht hat sich daher zu Unrecht auf § 528 ZPO a.F. gestützt, als es die erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung der Beklagten über ihre angebliche Nichtexistenz unbeachtet ließ.

b) Auf diesem Fehler beruht das Berufungsurteil je doch nicht. Das Berufungsgericht war aus einem anderen Grund berechtigt, das Vorbringen der Beklagten über ihre angebliche Nichtexistenz unbeachtet zu lassen.
aa) § 56 Abs. 1 ZPO verpflichtet die Gerichte nich t, in jedem Rechtsstreit von Amts wegen eine umfassende Überprüfung aller in der Vorschrift genannten Prozeßvoraussetzungen vorzunehmen. Sie haben in dieser Hinsicht lediglich einen "Mangel ... von Amts wegen zu berücksichtigen". Für die Prozeßvoraussetzung der Prozeßfähigkeit hat der Bundesgerichtshof daher ausgesprochen, daß im allgemeinen von ihrem Vorhandensein auszugehen und ihre Überprüfung nur dann angezeigt ist, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß Prozeßunfähigkeit vorliegen könnte (BGHZ 86, 184, 189). Behauptet eine Partei , sie sei prozeßunfähig, so muß die Darlegung von Tatsachen erwartet werden, aus denen sich ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Behauptung richtig sein könnte (BGHZ 18, 184, 189 f.; BGH, Urteile vom 4. Februar 1969 - VI ZR 215/67, NJW 1969, 1574 und vom
10. Oktober 1985 - IX ZR 73/85, WM 1986, 58, 59). Anderenfalls braucht das Gericht die Prozeßfähigkeit nicht zu überprüfen.
Entsprechendes gilt für die Prozeßvoraussetzung de r Parteifähigkeit. Jedenfalls bei einer juristischen Person, von der, wie hier, außer Frage steht, daß sie ursprünglich rechts- und parteifähig im Sinne des § 50 Abs. 1 ZPO war, ist im allgemeinen vom Fortbestand dieser Eigenschaft auszugehen und eine Überprüfung nur dann veranlaßt, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Gegenteil gegeben sind. Eine beklagte Partei, die behauptet, sie habe ihre Rechts- und Parteifähigkeit inzwischen verloren, muß daher Tatsachen darlegen, aus denen sich ausreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit ihrer Behauptung ergeben. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn die beklagte Partei, wie hier, erst nach jahrelangem Rechtsstreit und nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz mit der Behauptung hervortritt, sie sei bereits vor dem Zeitpunkt, in dem sie in die Beklagtenrolle geriet, rechtlich nicht mehr existent gewesen. In derartigen Fällen müssen die Gerichte besonders sorgfältig prüfen, ob sich aus den vorgetragenen Tatsachen hinreichend konkrete Anhaltspunkte ergeben, die es rechtfertigen , in eine - in aller Regel zeitaufwendige - Überprüfung der Parteifähigkeit einzutreten. Das ist auch deshalb geboten, weil anderenfalls der Gefahr der mutwilligen Prozeßverschleppung Tür und Tor geöffnet würde.
bb) Das Berufungsgericht war danach nicht verpflic htet, die Rechts- und Parteifähigkeit der Beklagten einer Überprüfung zu unterziehen. Für eine solche Überprüfung bot der Vortrag der Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte. Da die Beklagte bereits seit vielen Jahren
in zwei Instanzen am Rechtsstreit teilgenommen hatte und ihr Präsident in beiden Beweisterminen vor dem Berufungsgericht ohne jeden Hinweis auf eine Liquidation aufgetreten war, durfte von ihr erwartet werden, daß sie ihre überraschende Behauptung, schon vor dem Beginn des Rechtsstreits infolge Liquidation die rechtliche Existenz verloren zu haben, durch einen substantiierten Tatsachenvortrag plausibel machte. Dem ist die Beklagte nicht gerecht geworden.
Die Behauptung der Beklagten, sie sei bereits vor Jahren liquidiert worden, reicht für sich allein nicht aus, um eine Überprüfung ihrer Rechts- und Parteifähigkeit zu rechtfertigen. Das gilt schon deshalb, weil die Rechtsfähigkeit und die daran anknüpfende Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO) der in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründeten Beklagten sich gemäß Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutschamerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 nach deren Gründungsrecht richtet (vgl. BGHZ 153, 353, 355 ff. m.w.Nachw.) und die Beklagte nichts darüber ausgeführt hat, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Liquidation nach ihrem Gründungsrecht den Verlust der Rechtsfähigkeit zur Folge hat. Im übrigen hat die Beklagte auch keine überprüfbaren Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, ob und in welcher Weise eine Liquidation stattgefunden hat. Aus den von ihr in Ablichtung und ohne Übersetzung ins Deutsche vorgelegten beiden englischsprachigen Verträgen vom 30. September 1998 ist nur ersichtlich, daß sie damals einen Teil ihrer Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft D. LLC übertragen hat. Dabei handelt es sich um eine Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten von ei-
ner Konzernmutter auf eine Tochtergesellschaft. Eine Liquidation der Konzernmutter liegt darin nicht.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen Sch adensersatzansprüche der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluß, die nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht einer Verjährungsfrist von dreißig Jahren unterlagen (§ 195 BGB a.F.), bejaht.

a) Das Berufungsgericht hat diese Frage allerdings zutreffend nach deutschem Recht beurteilt. Die Parteien haben sich zur Begründung und zur Abwehr der geltend gemachten Ansprüche ausschließlich auf deutsche Rechtsvorschriften und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Prospekthaftung berufen. Dies rechtfertigt die Annahme, daß die Parteien sich jedenfalls im Rechtsstreit stillschweigend auf die Geltung deutschen Rechts verständigt haben (st. Rspr., vgl. BGHZ 98, 263, 274; 103, 84, 86; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1998 - IV ZR 306/97, WM 1999, 916, 917, insoweit in BGHZ 140, 167 ff. nicht veröffentlicht , und vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, WM 2000, 1643, 1645). Davon gehen sie auch in der Revisionsinstanz übereinstimmend aus.

b) Aus Verschulden bei Vertragsschluß haftet grund sätzlich nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll. Ausnahmsweise kann allerdings der für einen Beteiligten auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachwalter selbst aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er - was vorliegend nicht in Betracht kommt - ein unmittelba-
res eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluß des Geschäfts hatte (st. Rspr., BGHZ 56, 81, 83 f.; 70, 337, 341 f.; 74, 103, 108; 129, 136, 170; BGH, Urteil vom 29. Januar 1997 - VIII ZR 356/95, WM 1997, 1431, 1432; vgl. nunmehr § 311 Abs. 3 BGB). Dies gilt auch dann, wenn unter Verwendung von Prospekten verhandelt worden ist und eine sogenannte Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht kommt (vgl. BGHZ 83, 222, 227).
Als Vertreter der D. AG oder als Vermittler der Kapitalanlage ist die Beklagte gegenüber der Klägerin und ihrem Bruder nicht tätig geworden. Die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch einen Sachwalter setzt in jedem Fall voraus, daß er entweder an den Vertragsverhandlungen selbst beteiligt ist oder im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit einem Anspruch auf Vertrauen hervortritt (BGH, Urteile vom 4. Mai 1981 - II ZR 193/80, WM 1981, 1021, 1022, vom 21. Mai 1984 - II ZR 83/84, WM 1984, 889, 890, vom 17. Februar 1986 - II ZR 238/84, WM 1986, 583 und vom 3. Februar 2003 - II ZR 233/01, DStR 2003, 1494, 1495). Letzteres ist allerdings nicht nur dann der Fall, wenn er die Verhandlungen selbst führt. Es genügt, daß er diese von einem anderen für sich führen läßt und dem Vertragspartner gegenüber als die Person erscheint, von deren Entscheidung der Abschluß des Vertrags abhängt (BGH, Urteile vom 21. Mai 1984 und vom 17. Februar 1986 jeweils aaO).
Daß die Beklagte in dieser Weise unmittelbar oder mittelbar an den Verhandlungen beteiligt war, die zur Zeichnung der Anteile an dem DAX-Programm durch die Klägerin und ihren Bruder geführt haben, ist, wie die Revision zu Recht rügt, weder von den Parteien vorgetragen
noch vom Berufungsgericht festgestellt worden. Das Vertrauen der Klägerin und ihres Bruders, daß die Beklagte mit ihrer langjährigen geschäftlichen Erfahrung und ihrer sich daraus ableitenden Zuverlässigkeit und Sachkunde als Muttergesellschaft hinter der D. AG steht und, wie das Berufungsgericht angenommen hat, für die Sicherheit der Einlagen garantiert, gründet sich vielmehr ausschließlich auf die Angaben über die Beklagte sowie ihren Einfluß auf die D. AG und das DAXProgramm im Zeichnungsprospekt. Ist ein Initiator oder Hintermann eines Kapitalanlagemodells nicht Vertragspartner des Anlegers und nimmt er nicht in besonderem Maße persönliches Vertrauen für sich in Anspruch, so kommen unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nur Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektinhalts in Betracht (vgl. zu den Voraussetzungen der Prospekthaftung im engeren Sinne: BGHZ 71, 284, 286 ff.; 72, 382, 384 ff., 77, 172, 175 ff.; 79, 337, 340 ff.; 145, 187, 196; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345; zu deren Anwendungsbereich : BGHZ 111, 314, 316 ff.; 115, 213, 218 f.; 123, 106, 109; 145, 121, 125 f.; BGH, Urteil vom 4. Mai 1981 - II ZR 193/80, WM 1981, 1021, 1022).

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als dem des Verschul-
dens bei Vertragsschluß gerechtfertigt sind. Dabei kommen, da vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien nicht bestehen, insbesondere Ansprüche der Klägerin aus § 826 BGB in Betracht, etwa weil der Zeichnungsprospekt über die besonderen Risiken von Termingeschäften sowie die Auswirkungen der der D. AG als Vermögensverwalterin zufließenden Provision von 228 DM pro gehandelten DAX-Terminkontrakt für das Verlustrisiko und die Verringerung der Gewinnchancen der Kapitalanleger nicht ausreichend informiert (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1992 - XI ZR 204/91, WM 1992, 770, 771 und vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1215).
Sollte die Beklagte ihren bislang ungenügenden Vor trag zu ihrer angeblich fehlenden Parteifähigkeit hinreichend präzisieren, so wird das Berufungsgericht vorrangig zu prüfen haben, ob die Klage unter diesem
Gesichtspunkt als unzulässig abgewiesen werden muß. Im Fall der Abweisung der Klage als unzulässig wird das Berufungsgericht bei seiner Kostenentscheidung § 97 Abs. 2 ZPO zu beachten und darüber hinaus auch § 34 GKG in Erwägung zu ziehen haben.
Nobbe Bungeroth Müller
Joeres Wassermann

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer im Zusammenhang mit

1.
dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder
2.
dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,
in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 196/14 Verkündet am:
22. Januar 2016
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ob ein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. d. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO - wie die
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - vorliegt, ist allein auf Grund des materiell
-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn das Berufungsgericht
ihn nicht teilt (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Urteil vom 22. September 2006
- V ZR 239/05, NJW-RR 2006, 1677 und BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11,
NJW 2013, 2601 jeweils mwN).

b) Im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine umfangreiche oder aufwendige
Beweisaufnahme, wenn sie durch oder infolge der Korrektur des wesentlichen
Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist. Nicht ausreichend ist, wenn sie zwar unter bestimmten
Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Voraussetzungen aber
nicht sicher ist.
Hat das Berufungsgericht als Folge einer Kassationsentscheidung die für eine Entscheidung
über das Anschlussrechtsmittel erforderlichen Feststellungen nicht getroffen, kommt
ECLI:DE:BGH:2016:220116UVZR196.14.0

der von dem Revisionsführer mit Erfolg gerügte Verstoß gegen § 538 Abs. 2 ZPO dem Anschlussrevisionsführer ausnahmsweise auch ohne eigene Verfahrensrüge zugute. BGH, Urteil vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14 - OLG Dresden LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Juli 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger hatte mit seiner damaligen Ehefrau - Frau K. (fortan Frau
K) - ein Mietshaus gekauft und den Kauf durch ein mit Grundpfandrechten gesichertes Darlehen finanziert. 2008 wurde das Grundstück im Zusammenhang mit der Scheidung der Eheleute in hälftiges Miteigentum der nunmehr geschiedenen Eheleute aufgeteilt. Die alleinige Verwaltung des Objekts übernahm Frau K. Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2009 verkaufte der Kläger der Beklagten seinen Miteigentumsanteil für 583.500 €. Von dem Kaufpreis sollten 83.500 € bar bezahlt werden, was auch geschah. Die restlichen 500.000 € soll- ten durch Freistellung des Klägers von den Kapitaldienstverpflichtungen erbracht werden. Dazu war in Nr. 3.2 (a) des Kaufvertrags Folgendes vorgesehen : „Der Käufer wird den Verkäufer im Innenverhältnis … wie folgtfreistellen: Der Kapitaldienst für das Darlehen von monatlich 5.800,00 EUR soll weiter- hin von dem Hauskonto … eingezogen werden. Der Käufer wird sich bei der Verwaltung des Grundbesitzes ergebende Unterdeckungen und hieraus resultierende Überziehungen des Hauskontos vornehmlich durch Einzahlungen auf das Hauskonto beseitigen bzw. abwenden. Alternativ hierzu, kann der Käufer seiner Freistellungsverpflichtung durch entsprechende Zahlungen an die Bank direkt nachkommen. Dies gilt jedoch nicht für Unterdeckungen durch Verwaltungsmaßnahmen, die vor dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Überganges veranlasst worden sind und nach dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs zu Ausgaben führen. Diese Freistellungserklärung gilt auch für die Zahlungspflichten des Verkäufers hinsichtlich des von der Bruchteilsgemeinschaft bei Frau K aufgenommen Darlehens; dies jedoch nur in Höhe des 50%igen Anteils des Verkäu- fers…“
2
Die Unterschreitung des Betrags von 500.000 € sollte nicht zu Rückzah- lungsansprüchen des Klägers, die Überschreitung der Summe nicht zu Erstattungsansprüchen der Beklagten führen. Für den Fall der Nichterfüllung der Freistellungsverpflichtung sieht der Vertrag ein Rücktrittsrecht des Klägers vor.
3
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2011 forderte Frau K den Kläger zur Erstattung von 29.000 € als Ausgleich für von ihr geleistete Zahlungen auf das Darlehen für den Zeitraum Februar bis November 2011 auf. Der Kläger forderte die Beklagte unter Fristsetzung vergeblich zur Freistellung von dieser Verpflichtung auf und trat mit Schreiben vom 21. Juli 2012 von dem Vertrag zurück. Er verlangt von der Beklagten (ohne Gegenleistung) die Abgabe der für die Rückübertragung des Miteigentums und für die Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Verwaltung des Anwesens erforderlichen Erklärungen sowie Zahlung von 11.592,31 € Schadensersatz nebst Zinsen. Die Beklagte verlangt widerklagend Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten von 7.868,28 €.
4
Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision strebt die Beklagte eine Sachentscheidung zu ihren Gunsten an. Der Kläger hat sich der Revision der Beklagten angeschlossen und möchte umgekehrt eine Sachentscheidung in seinem Sinne erreichen. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung der jeweils anderen Revision.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Berufungsgericht stützt die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht auf § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht sei verfahrensfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe den Kläger nach dem Vertrag nicht von seinen Verpflichtungen freizustellen, die ihn als Gesamtschuldner gegenüber der finanzierenden Bank im Innenverhältnis zu Frau K träfen; der Vertrag lasse sich in diesem Sinne auch nicht ergänzend auslegen. Dabei habe das Landgericht unter Verstoß gegen Art. 103 GG einen entscheidungserheblichen Beweisantritt übergangen. Es habe den Urkundsnotar zu dem Vortrag des Klägers vernehmen müssen, „dass einzig und allein für den einen geregelten Fall der Veranlassung von Verwaltungsmaßnahmen vor dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs mit finanziellen Lasten die vertragliche Regelung das Risiko ausnahmsweise nicht bei der Beklagten sehe. Ausschließlich für diesen Fall sei das von den Parteien auch beabsichtigt gewesen; aus diesem Grund habe der Notar die Regelung ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen“. Ohne eine Vernehmung des Zeugen habe das Landgericht den Vertrag nicht in dem beschriebenen Sinne auslegen dürfen. Es sei nicht ausgeschlossen , dass es nach einer Vernehmung des Zeugen zu einem anderen Verständnis der Freistellungsverpflichtung gelangt wäre. Die Klage sei auch nicht aus anderen Gründen abzuweisen. Die Hilfserwägung des Landgerichts, der Kläger habe Freistellung jedenfalls nicht ohne Vorlage einer Einnahmenabrechnung verlangen können, sei unzutreffend. Aus den Vorbemerkungen des Vertrags ergebe sich, dass sich die Beklagte darauf eingelassen habe, dass Frau K keine Abrechnung erstellt habe und erstelle. Eine Fortführung des Rechtsstreits in zweiter Instanz scheide aus. Wenn das Landgericht zu dem Ergebnis gelange, die Beklagte schulde auch Freistellung von den Verpflichtungen des Klägers aus dem Gesamtschuldnerinnenausgleich, müsse Beweis zu einer Vielzahl von Sach- und Rechtsmängeln und dazu erhoben werden, ob der Kläger arglistig gehandelt habe. Von der Arglist des Klägers hänge auch die Entscheidung über die Widerklage ab.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
7
Zur Revision der Beklagten
8
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg.
9
1. Das Berufungsgericht durfte die Sache nicht an das Landgericht zurückverweisen. Es musste vielmehr selbst eine Sachentscheidung treffen. Das rügt die Beklagte zu Recht.
10
a) Nach § 538 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen, wenn einer der in der Vorschrift bestimmten Gründe vorliegt und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Der Kläger hatte zwar die Zurückverweisung an das Landgericht beantragt. Der von dem Berufungsgericht angenommene Zurückverweisungsgrund nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegt aber nicht vor. Danach darf das Berufungsgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. An beiden Voraussetzungen fehlt es.
11
b) Das Verfahren des Landgerichts leidet nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel.
12
aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Ein wesentlicher Verfahrensmangel kann in der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bestehen (BGH, Urteil vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, NJW 1993, 538 f.; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 538 Rn. 20 mwN). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (Senat, Urteil vom 21. Oktober 2010 - V ZR 30/10, WuM 2011, 299 Rn. 9). Ob ein Verfahrensmangel - wie die Verletzung des Anspruch auf rechtliches Gehör, um die es hier geht - vorliegt, ist jedoch allein auf Grund des materiellrechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn das Berufungsgericht ihn nicht teilt (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, NJW-RR 2006, 1677 Rn. 7 und BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, WM 2010, 892 Rn. 11). Hiernach begründet es keinen Fehler im Verfahren der Vorinstanz, wenn das Berufungsgericht Parteivorbringen materiell-rechtlich anders beurteilt als das Erstgericht (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 7 mwN). Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
13
bb) Nach diesen Grundsätzen scheidet ein wesentlicher Verfahrensmangel aus.
14
(1) Die Vernehmung des beurkundenden Notars zu dem von dem Kläger behaupteten Umfang der Freistellungsverpflichtung war verfahrensrechtlich nur geboten, wenn der in das Wissen des Zeugen gestellte Vortrag erheblich war. Das war aber nach dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des Landgerichts nicht der Fall. Dieses hielt den Vortrag für unerheblich. Es stützt seine Entscheidung nicht nur darauf, dass der Klägernicht schlüssig dargelegt habe, dass die in dem Vertrag vereinbarte Freistellungsverpflichtung auch die Ausgleichspflichten des Klägers aus dem Innenausgleich unter Gesamtschuldnern im Verhältnis zu Frau K umfasse, sondern zudem auf folgende zweite selbständig tragende Erwägung: Der angesprochenen Regelung lasse sich auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung keine Verpflichtung der Beklagten entnehmen, den Kläger ohne Vorlage einer Abrechnung über die Einnahmen von solchen Ausgleichspflichten freizustellen. Jedenfalls mit dieser Begründung konnte die Klage ohne Vernehmung des Notars verfahrensfehlerfrei abgewiesen werden.
15
(2) Der beurkundende Notar sollte den Vortrag des Klägers bestätigen, die Beklagte habe ihn nach dem Vertrag auch von seinen Ausgleichsverpflichtungen als Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu Frau K freizustellen. Aus der Sicht des Landgerichts kam es darauf nicht entscheidend an. Aus seiner Sicht stellte sich dann nämlich die weitere Frage, ob die Beklagte zu einer solchen Freistellung auch ohne Vorlage einer Abrechnung über die Einnahmen verpflichtet sein sollte. Zu dieser Frage hatte der Kläger, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, den Zeugen nicht benannt. Das Landgericht verneint die Frage im Kern mit dem Argument, die Beklagte hätte sich nach seiner Überzeugung nicht auf eine Verpflichtung eingelassen, Frau K monatlich die Hälfte des Kapitaldienstes (das sind 2.900 €) ohne Rücksicht auf die Bewirtschaf- tungslage zu zahlen. Das Berufungsgericht kommt zum gegenteiligen Ergebnis, stützt dieses aber nicht auf einen Verfahrensfehler des Landgerichts, sondern auf eine andere Auslegung des Vertrags. Das erlaubt eine Zurückverweisung an das Landgericht nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht.
16
c) Einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht nach dieser Vorschrift steht außerdem entgegen, dass der vermeintliche Verfahrensfehler entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme erforderlich macht.
17
aa) Den wesentlichen Verfahrensfehler sieht das Berufungsgericht, wie ausgeführt, darin, dass das Landgericht den beurkundenden Notar nicht zum Umfang der Freistellungsverpflichtung der Beklagten vernommen hat. Die Korrektur dieses Verfahrensfehlers macht unmittelbar nur die Vernehmung des Notars zu dieser Frage erforderlich. Die Vernehmung eines ortsansässigen Zeugen zu einem noch dazu begrenzten Beweisthema ist ebenso wie die Einnahme des Augenscheines (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, BGH-Report 2006, 1492 Rn. 14) oder die Einholung eines Sachverständigen- gutachtens (BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645) weder eine umfangreiche noch eine aufwendige Beweisaufnahme (Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drucks. 14/4722 S. 102). Das sieht das Berufungsgericht nicht anders. Es begründet die Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme damit, dass die Vernehmung des Notars das Landgericht zu der Annahme führen könne, die Beklagte habe den Kläger auch von seinem Pflichten als Gesamtschuldner des Darlehens im Verhältnis zu Frau K freizustellen, und dass dann eine umfangreiche Beweisaufnahme zu den von der Beklagten gerügten zahlreichen Mängeln des Gebäudes auf dem Grundstück und dazu erforderlich werde, ob der Kläger diese Mängel arglistig verschwiegen habe.
18
bb) Aus diesen Gründen kommt eine Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht nicht in Betracht.
19
(1) Nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darf die Zurückverweisung wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers nur erfolgen, wenn auf Grund des Fehlers eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme „notwendig ist“. Dazu genügte schon nach dem Wortsinn dieser Formulierung nicht, dass die Beweisaufnahme im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich (BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12, WM 2013, 1210 Rn. 11) oder dass ihre Notwendigkeit nicht abzuschätzen ist (BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, WM 2010, 892 Rn. 16). Im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine Beweisaufnahme aber auch nicht, wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Voraussetzungen aber nicht sicher ist. Die Zurückverweisung an das Erstgericht soll nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Ausnahmefall bleiben; sie ist deshalb auf Fälle zu beschränken, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz voraussichtlich zu größeren Nachteilen führt als die Zurückverwei- sung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, BGH-Report 2006, 1492 Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Das ist nur der Fall, wenn die umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme durch oder infolge der Korrektur des wesentlichen Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist.
20
(2) Daran fehlt es hier. Umfangreich würde die Beweisaufnahme hier nur, wenn über die von der Beklagten behaupteten zahlreiche Mängel an dem Gebäude auf dem Grundstück und darüber Beweis erhoben werden müsste, ob der Kläger diese Mängel arglistig verschwiegen hat. Das wiederum hängt davon ab, ob das Landgericht die Vereinbarung nach Vernehmung des beurkundenden Notars in dem von dem Berufungsgericht beschriebenen Sinne auslegt. Das aber ist ebenso wie das Ergebnis der Vernehmung des Zeugen völlig offen. Eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme ist deshalb nur möglich, aber nicht sicher zu erwarten.
21
2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist aber entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in ihrem Sinne zur Endentscheidung reif.
22
a) Die Beklagte wäre nach § 346 Abs. 1 BGB zur Rückübertragung des von dem Kläger erworbenen Miteigentumsanteils und nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie ihre Freistellungsverpflichtung nicht vertragsgemäß erfüllt hätte und der Kläger deshalb nach Nr. 5.6 des Vertrags zum Rücktritt berechtigt gewesen wäre und auf Grund dessen den geltend gemachten Schaden erlitten hätte. Das wäre der Fall, wenn die Beklagte den Kläger auch von seinen Ausgleichsverpflichtungen als Gesamtschuldner der Darlehensverpflichtungen im Verhältnis zu Frau K freizustellen hätte und wenn sie dazu ohne vorherige Abrechnung der Einnahmen verpflichtet wäre.
23
b) Ob die Regelung in diesem Sinne auszulegen ist, wenngleich beides im Text der Regelung in Nr. 3.2 (a) des Vertrags über die Modalitäten der Freistellungsverpflichtung der Beklagten keinen Niederschlag findet, lässt sich ohne ergänzende Feststellungen nicht beurteilen.
24
aa) Die Parteien haben in ihrem Vertrag einerseits bestimmt, dass der Kaufpreis für den Miteigentumsanteil, den der Kläger der Beklagten übertragen hat, in Höhe von 500.000 € (das sind etwa 5/6 des Kaufpreises) durch Freistellung des Klägers von seinen Verpflichtungen aus dem Darlehen „bezahlt“ wer- den soll, das er und Frau K zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommen haben. Andererseits haben die Parteien in Nr. 3.2 (a) des Vertrags diese Freistellungsverpflichtung näher ausgestaltet und bestimmt, dass die Beklagte ihr durch den Ausgleich von Unterdeckungen des Hauskontos nachzukommen hat. Das Zusammenspiel dieser beiden Regelungen ist dadurch gestört, dass Frau K die Darlehensraten offenbar nicht mehr von dem Hauskonto bezahlt oder von diesem Konto abbuchen lässt. Die Regelung in Nr. 3.2 (a) verfehlt als Folge dieser Veränderung ihren Zweck.
25
bb) Nach den Vorbemerkungen ihres Vertrags standen die Parteien vor der Schwierigkeit, dass die Beklagte einerseits den Kläger von seinen Darlehensverpflichtungen freistellen sollte, andererseits aber nicht auf die Einnahmen aus der Vermietung zugreifen konnte, weil die andere Miteigentümerin, Frau K, die Mieten allein vereinnahmte und darüber nicht abrechnete. Die Parteien haben mit der Regelung in Nr. 3.2 (a) des Vertrags versucht, dieser Schwierigkeit dadurch zu begegnen, dass die Freistellung durch Auffüllungen von Unterdeckungen des Hauskontos erfolgen sollte. Wenn nämlich, wie von den Parteien im ersten Absatz dieser Regelung vorausgesetzt, der Kapitaldienst weiterhin von dem Hauskonto eingezogen würde, würden durch die vorgesehene Auffüllung dieses Kontos sowohl die angestrebte Freistellung des Klägers als auch die Anrechnung der Einnahmen zugunsten der Beklagten auch ohne Abrechnung gelingen. Die Erwartung der Parteien ist indessen nicht eingetreten. Frau K verlangt jetzt - wohl als Folge einer geänderten Abwicklung der Darlehensverpflichtungen - von dem Kläger (nach § 426 BGB) Ausgleich im Innenverhältnis. Damit können die der Regelung in Nr. 3.2 (a) des Vertrags zugedachten Wirkungen nicht mehr eintreten. Die Beklagte kann den Kläger nicht freistellen, indem sie das Hauskonto auffüllt. Denn dessen Unterdeckungen bilden nur noch die Defizite bei den Verwaltungskosten ab, nicht jedoch die Darlehensverbindlichkeiten. Ein Ausbleiben von Unterdeckungen führt auch nicht ohne weiteres zu der angestrebten gewissermaßen „automatischen“ Verrech- nung der Einnahmen zugunsten der Beklagten.
26
cc) Es spricht einiges dafür, dass die Beklagte den Kläger als Folge dieser Veränderung auch von seinen Verpflichtungen als Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu Frau K freizustellen hat. Die Parteien haben in Nr. 3.2 (a) Absatz 3 des Vertrags als Alternative zur Auffüllung des Hauskontos zwar eine unmittelbare Zahlung der Beklagten an die Bank vorgesehen. Auch diese Möglichkeit der Freistellung kommt aber nur in Betracht, wenn die finanzierende Bank die Erbringung der Darlehensraten in zwei Teilleistungen ihrer Darlehensnehmer akzeptiert und sich nicht nur an einen von ihnen hält, wozu sie nach § 421 Satz 1 BGB berechtigt ist und was sie offenbar auch so handhabt. Dann kann die geschuldete Freistellung nur gelingen, wenn der Kläger von seinen Ausgleichspflichten freigestellt wird.
27
dd) Eine Verpflichtung zur Freistellung auch von diesen Verpflichtungen muss einerseits nicht bedeuten, darin ist der Beklagten Recht zu geben, dass der Kläger von ihr ohne vorherige Abrechnung über die Einnahmen aus dem Grundstück Freistellung verlangen kann. Auszuschließen ist diese Folge andererseits auch nicht. Die Notwendigkeit einer Abrechnung begründete einen Ein- wand gegen die Ausgleichsverpflichtung des Klägers. Nach allgemeinen Grundsätzen wäre die Geltendmachung solcher Einwände nicht Aufgabe des Freistellungsberechtigten - hier des Klägers -, sondern Sache des Freistellungsverpflichteten - hier der Beklagten (Senat, Urteil vom 19. April 2002 - V ZR 3/01, NJW 2002, 2382; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - VIII ZR 86/09, WM 2011, 861 Rn. 12). Die Parteien könnten mit der Regelung in Nr. 3.2 (a) zugunsten der Beklagten von diesen Grundsätzen abgewichen sein, um ihr die an sich gebotene Auseinandersetzung mit Frau K zu ersparen. Ob sich die Auseinandersetzung der Beklagten mit Frau K angesichts deren offenbar geänderter Praxis bei der Abwicklung der Darlehensverpflichtungen weiterhin vermeiden lässt, ist jedoch zweifelhaft. Der Kläger hat der Beklagten nämlich seinen Miteigentumsanteil mit allen begleitenden Rechten und Befugnisse übertragen. Das führt dazu, dass jetzt nur noch die Beklagte eine rechtliche Möglichkeit hat, Frau K zu einer Abrechnung der Einnahmen zu zwingen, nicht jedoch der Kläger.
28
Zur Anschlussrevision des Klägers
29
Auch die Anschlussrevision des Klägers hat teilweise Erfolg.
30
1. Zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht die Sache nicht an das Landgericht zurückverweisen durfte, sondern selbst eine Sachentscheidung treffen musste.
31
a) Verfahrensfehler, zu denen auch die fehlerhafte Anwendung von § 538 Abs. 2 ZPO gehört (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, MDR 1997, 590), sind allerdings nach § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b ZPO zugunsten des Anschlussrevisionsführers nur zu berücksichtigen , wenn dieser sie auch selbst gerügt hat. Der Anschlussrevisionsführer darf von der eigenen Rüge im Grundsatz auch dann nicht absehen, wenn der Revisionsführer die Rüge erhoben hat und sie das gesamte Verfahren betrifft. Etwas anderes gilt nur in dem Sonderfall, dass die Angriffe beider Seiten in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 - VI ZR 155/92, NJW 1994, 801, 803; MüKoZPO/Krüger, 4. Aufl., § 554 Rn. 12; Wieczorek/Prütting, ZPO, 4. Aufl., § 554 Rn. 12). Dieser Sonderfall liegt hier vor.
32
b) Rügt der Anschlussrevisionsführer Verfahrensfehler nicht, wäre über sein Rechtsmittel an sich unter Zugrundelegung des Verfahrens als fehlerfrei zu entscheiden (MüKoZPO/Krüger, aaO). Das ist indessen nicht möglich, wenn - wie hier - das Berufungsgericht als Folge einer Kassationsentscheidung nach § 538 Abs. 2 ZPO die für eine revisionsgerichtliche Entscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Das Fehlen dieser Feststellungen führt dann dazu, dass der von dem Revisionsführer mit Erfolg gerügte Verfahrensfehler dem Anschlussrevisionsführer ausnahmsweise auch ohne eigene Verfahrensrüge zugutekommt.
33
2. Die Sache ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in seinem Sinne zur Endentscheidung reif.
34
a) Die von den Parteien vereinbarte Erfüllung der Freistellungsverpflichtung der Beklagten durch Auffüllung des Hauskontos verfehlt zwar ihren Zweck. Das kann dazu führen, dass die Beklagte den Kläger auch von seinen Verpflichtungen als Gesamtschuldner des Darlehens im Verhältnis zu Frau K freizustellen hat. Ohne nähere Feststellungen lässt sich aber nicht entscheiden, ob diese Freistellung auf bloße Anforderung des Klägers zu erfolgen hat oder erst nach einer Abrechnung der Einnahmen. Zur näheren Erläuterung wird auf die Ausführungen zu dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten Bezug genommen.
35
b) Nichts anderes gilt, soweit der Kläger einen weiteren Rücktritt auf die Weigerung der Beklagten gestützt hat, ihn von dem auf ihn entfallenden Teil von Darlehensraten unmittelbar gegenüber der finanzierenden Bank freizustellen. Dazu wäre die Beklagte zwar nach Nr. 3.2 (a) Absatz 3 des Vertrags berechtigt. Ohne nähere Feststellungen lässt sich aber nicht entscheiden, ob sie dazu als Folge des Scheiterns einer Freistellung durch Auffüllung des Hauskontos ohne vorherige Einnahmenabrechnung auch verpflichtet ist.

III.


36
Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und (eigenen) Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 02.10.2013 - 4 O 2994/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.07.2014 - 14 U 1754/13 -

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 67/99 Verkündet am:
6. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 138, 454, 539; KO § 106 Abs. 1 Satz 3

a) Eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht
(§ 539 ZPO) kann nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht
einen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt verkannt oder eine verfahrensrechtliche
Entscheidung (hier: gemäß § 454 Abs. 1 ZPO) getroffen hat, die
sich noch in den Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens hält.

b) Eine Verfügung, die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1
Satz 3 KO verstieß, wird bei dessen Aufhebung zumindest von da an wirksam.

c) Zu den Anforderungen, die an die Schlüssigkeit und die Substantiierung eines
Parteivorbringens (hier: zur Darlehensgewährung eines Treuhandgesellschafters
an die Gesellschaft) zu stellen sind.
BGH, Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Februar 1999 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war ursprünglich geschäftsführende Alleingesellschafterin der von ihr im Jahre 1988 treuhänderisch für den Widerbeklagten zu 2 gegründeten P. GmbH mit einem Stammkapital von 100.000,-- DM. Im November 1989 bestellte sie den Widerbeklagten zu 2 zum weiteren Geschäftsführer und beschloß eine Stammkapitalerhöhung um weitere
100.000,-- DM, wovon sie und der Widerbeklagte zu 2 Anteile von je 50.000,-- DM übernehmen sollten. Die Kapitalerhöhung wurde zum Handelsregister angemeldet. Am 7. Dezember 1989 zahlte die Beklagte an die GmbH 50.000,-- DM, die im Jahresabschluß der GmbH als Darlehen bilanziert wurden. Durch Gesellschafterbeschluß vom Oktober 1991 berief die Beklagte den Widerbeklagten zu 2 aufgrund inzwischen entstandener Streitigkeiten mit ihm als Geschäftsführer ab. Es gelang ihm erst Ende 1994, die Verurteilung der Beklagten zu seiner Wiederbestellung als Geschäftsführer aufgrund des mit ihr geschlossenen Treuhandvertrages zu erwirken. Zuvor hatte sie im Juli 1994 zusammen mit zwei weiteren Kommanditisten und der GmbH als Komplementärin die P. GmbH & Co. KG gegründet. Anfang 1995 wurde sie zur Unterlassung weiterer Geschäftsführertätigkeit für die GmbH und die KG sowie zur Übertragung des von ihr treuhänderisch gehaltenen GmbH-Anteils von 100.000,-- DM auf den Widerbeklagten zu 2 verurteilt. Im Sommer 1995 schied die GmbH aus der KG aus, die deshalb aufgelöst und am 4. August 1995 im Handelsregister gelöscht wurde. Auf den Konkursantrag eines Gläubigers der GmbH wurde ihr gegenüber am 18. Dezember 1995 ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und ein Sequester bestellt. Am 20. Juni 1996 wurde der Konkursantrag unter Aufhebung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen mangels Masse abgewiesen.
Mit der Klage hat die Klägerin, deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Widerbeklagten zu 2 ist, von der Beklagten aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 sowie der GmbH und der KG Schadensersatz in Höhe von 78.563,34 DM begehrt, weil die Beklagte die Gerichts- und Anwaltskosten für ihre Rechtsstreitigkeiten mit dem Widerbeklagten zu 2 unberechtigt aus Gesellschaftsmitteln bezahlt habe. Die Beklagte hat u.a. die Wirksamkeit der Ab-
tretungserklärungen der GmbH und der KG vom 1. März 1995 bestritten, weil diese rückdatiert und in Wahrheit während der Sequestration vorgenommen worden seien. Widerklagend verlangt sie von der Klägerin und dem Widerbeklagten zu 2 gesamtschuldnerisch Rückzahlung des angeblich von ihr in dessen Auftrag der GmbH gewährten Darlehens von 50.000,-- DM, dessen Rückzahlung auch die Klägerin gemäß § 419 a.F. BGB schulde, weil diese mit dem angeblichen Erwerb etwaiger Schadensersatzforderungen das gesamte noch vorhandene Gesellschaftsvermögen der GmbH und der KG übernommen habe.
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten in vollem Umfang und die Berufung der Klägerin in Höhe einer Teilforderung von 9.076,72 DM aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 zurückgewiesen. Im übrigen hat es das erstinstanzliche Urteil in Anwendung von § 539 ZPO aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten im Umfang ihrer Beschwer.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
A. Zur Klage:
I. Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision nicht beanstandet - festgestellt, sämtliche Einzelpositionen der Klage mit Ausnahme des erstinstanzlich im Ergebnis zu Recht abgewiesenen Teils von 9.076,72 DM seien von der Klägerin allein auf abgetretenes Recht der GmbH und/oder der KG gestützt. Die erstinstanzliche Abweisung dieser verbleibenden Ansprüche - so meint das Berufungsgericht - beruhe auf einem doppelten Verfahrensfehler des Landgerichts, der zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO führen müsse. Zum einen habe das Landgericht, das die Abtretungserklärungen für rückdatiert und wegen des bei ihrer Abgabe bestehenden Veräußerungsverbots (§ 106 Abs. 1 Satz 2 KO) für unwirksam erachtet habe, die aktenkundige , unstreitige und für das Urteil entscheidende Tatsache übersehen bzw. übergangen, daß das Veräußerungsverbot durch den Beschluß des Konkursgerichts vom 20. Juni 1996 aufgehoben und die Zession dadurch rückwirkend wirksam geworden sei. Zum anderen sei das Landgericht in fehlerhafter Anwendung des § 454 ZPO von einer Rückdatierung der Abtretungsurkunde ausgegangen , indem es die Aussage der dazu als Partei zu vernehmenden - seinerzeit in den USA weilenden - Geschäftsführerin der Klägerin als verweigert angesehen habe, obwohl diese sich zu den verschiedenen vom Landgericht bestimmten Terminen jeweils - zum Teil aus Gesundheitsgründen - für verhindert erklärt und um Terminsverlegung gebeten habe. Zudem habe sie in der Vorinstanz die Beweisfrage zuletzt schriftlich beantwortet und ein ärztliches Attest angekündigt, das sie in zweiter Instanz nachgereicht habe.
II. Die Revision rügt zu Recht, daß die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung der Sache, durch die die Beklagte beschwert ist (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 5. November 1997 - XII ZR 290/95, NJW 1998, 613 f.), in § 539 ZPO keine Grundlage findet.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Voraussetzungen des § 539 ZPO, der eine Ausnahme von der Verpflichtung des Berufungsgerichts zu erneuter vollständiger Verhandlung und Entscheidung der Sache (§ 537 ZPO) statuiert, vom Berufungsgericht anhand eines strengen Maßstabes zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 - VI ZR 361/91, NJW 1993, 538 m.w.N.). Ein Fehler im Sinne des § 539 ZPO ist nur dann gegeben , wenn das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem so erheblichen Mangel leidet, daß es keine ordnungsgemäße Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 7. Juni 1993 - II ZR 141/92, NJW 1993, 2318 f.). Daraus folgt, daß es sich um einen eindeutigen Verfahrensfehler handeln muß. Ein Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts genügt dafür ebensowenig wie eine verfahrensrechtliche Maßnahme, die sich (noch) im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens hält (vgl. Senat aaO). Zwar kann es einen schweren Verfahrensfehler im Sinne des § 539 ZPO darstellen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es den Kern ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt. Das ist hingegen nicht der Fall, wenn es die sachlich-rechtliche Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung beimißt (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 aaO; v. 19. März 1998 - VII ZR 116/97, NJW 1998, 1053). Ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstrichters zu beantworten, und zwar auch dann, wenn dieser Standpunkt verfehlt ist und das Berufungsgericht ihn nicht teilt (Senat aaO, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen ist ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens (§ 539 ZPO) hier nicht ersichtlich.

a) Im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist ausdrücklich festgestellt , der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH sei durch Beschluß des AmtsgerichtsW. (2 N 71/95) - nach vorangegangener Sequestrationsanordnung vom 18. Dezember 1995 - mangels Masse abgewiesen worden. Daß damit auch die Aufhebung der gemäß § 106 KO getroffenen Sicherungsmaßnahmen einherging, versteht sich von selbst (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 107 Rdn. 31) und ergibt sich hier aus der von der Beklagten vorgelegten und vom Landgericht mit Aktenzeichen zitierten Beschlußkopie. Ob dadurch die nach der Beweiswürdigung des Landgerichts während der Dauer des Veräußerungsverbots vereinbarte Zession der Gesellschaftsforderungen wirksam geworden ist, wie das Berufungsgericht meint, ist eine materiell-rechtliche Frage, deren Verkennung durch das Landgericht keinen Verfahrensfehler darstellt.
Infolgedessen ist hier nicht über die von der Revision vorsorglich zur Überprüfung des Senates gestellten Rechtsfragen zu entscheiden, ob die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO bei gleichzeitiger Sequestration verstoßende Verfügung entsprechend § 7 KO zu behandeln ist (vgl. Gerhardt, ZIP 1982, 1 ff. ; offengelassen in BGHZ 135, 140, 143; 140, 54) und deshalb bei Aufhebung der Maßnahmen nur mit Wirkung ex nunc wirksam werden kann (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 7 Rdn. 29; Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 7 Rdn. 7; Eickmann in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 81 Rdn. 9), oder ob es sich um ein relatives Veräußerungsverbot i.S.v. §§ 135 f. BGB zugunsten der späteren Konkursgläubiger handelt, dessen endgültige Wirkung
erst eintritt, wenn es zur Konkurseröffnung kommt (so die h.M.; vgl. die Nachw. bei Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 106 Rdn. 4). Da es hier nicht zur Konkurseröffnung kam, ist die Abtretung seitens der GmbH nach beiden Auffassungen spätestens mit Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen wirksam geworden. Auf das Vermögen der KG bezog sich das Veräußerungsverbot ohnehin nicht.

b) Ebensowenig liegt ein die Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO tragender Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens darin, daß das Landgericht die nach seiner Ansicht entscheidungserhebliche, unter den Parteien streitige Rückdatierung der Abtretungserklärung bzw. deren Vornahme in der Zeit des Veräußerungsverbots in Anwendung der §§ 454 Abs. 1, 446 ZPO für erwiesen erachtet hat. Gemäß § 454 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände "nach freiem Ermessen", ob die Aussage einer im Vernehmungstermin ausgebliebenen Partei als verweigert anzusehen ist. Das Berufungsgericht läßt schon nicht erkennen, daß es diesen Ermessensspielraum berücksichtigt hat. Im übrigen ist dessen Überschreitung hier auch nicht ersichtlich. Das Landgericht hat die Geschäftsführerin der Klägerin in der Zeit vom Juni 1997 bis Februar 1998 zu insgesamt vier Terminen geladen. Sie hat sich nicht etwa generell wegen ihres Auslandsaufenthalts, sondern jeweils nur von Fall zu Fall mit Hinweis auf Geschäftsreisen oder gesundheitliche Gründe für verhindert erklärt. Selbst auf die Mitteilung des Landgerichts, es werde bei erneutem Ausbleiben im letzten Termin vom 2. Februar 1998 gemäß § 454 ZPO verfahren, hat sie mit Telefax vom 1. Februar 1998 lediglich ein ärztliches Attest angekündigt, dessen spätere Vorlegung in zweiter Instanz das Landgericht nicht vorhersehen mußte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts mußte sich das Landgericht auch mit der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage nicht begnügen. § 454 Abs. 1 ZPO stellt auf das "Ausbleiben" der
Partei im Termin ab, weil es für die Parteivernehmung in besonderem Maße eines persönlichen Eindrucks des Gerichts bedarf. Eine schriftliche Stellungnahme gemäß § 377 Abs. 3 ZPO ist in § 451 ZPO nicht vorgesehen.
3. Die angefochtene Entscheidung gemäß § 539 ZPO kann daher nicht bestehen bleiben. Eine abschließende revisionsgerichtliche Entscheidung kommt bei einer kassatorischen Entscheidung des Berufungsgerichts nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn bereits feststeht, daß das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716). Das ist hier nicht der Fall.
Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
B. Zur Widerklage:
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte habe in Anbetracht des Fehlens eines schriftlichen Darlehensvertrags schon nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt, daß sie der GmbH mit ihrer Zahlung von 50.000,-- DM am 7. Dezember 1989 ein Darlehen gewährt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Zahlung auf den von ihr übernommenen Anteil von 50.000,-- DM des erhöhten Kapitals gemäß notariellem Kapitalerhöhungsbeschluß vom 28. November 1989 geleistet habe. Darauf deute auch eine Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990 hin. Die Bilanzierung als Darlehen ändere an der wahren Rechtsnatur der Zuwendung nichts. Die fragliche Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme
(§ 419 BGB) könne daher dahinstehen. Auch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Widerbeklagten zu 2 aus dem Treuhandverhältnis habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt, weil sie mit der Übernahme des neuen Geschäftsanteils auf eigene Rechnung gehandelt habe, nachdem der Beklagte es nach ihrem Vortrag abgelehnt habe, der GmbH die 50.000,-- DM zur Verfügung zu stellen.
II. Das hält den Angriffen der Revision ebenfalls nicht stand.
1. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft von einem Vollzug der Kapitalerhöhung auf 200.000,-- DM ausgegangen , den keine der Parteien behauptet habe. Das Berufungsgericht hat zwar unter Bezugnahme auf die von der Beklagten vorgelegte, notariell beglaubigte Anmeldungsurkunde vom 28. November 1989 tatbestandlich (§ 314 ZPO) festgestellt , die Kapitalerhöhung sei zum Handelsregister angemeldet worden. Vollzogen wird diese aber erst mit Eintragung (§§ 54 Abs. 3, 57 GmbHG). Bis dahin können der Kapitalerhöhungsbeschluß jederzeit aufgehoben und der Eintragungsantrag zurückgezogen werden (vgl. Senat BGHZ 140, 258, 260).
2. Zu Recht rügt die Revision weiter, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten zu dem Darlehenscharakter der Zuwendung überspannt (§ 138 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für die Schlüssigkeit der Vortrag von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur im Fall ihrer Relevanz für die Rechtsfolgen erforderlich.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe den Betrag als Darlehen einbezahlt , weil die Hausbank der GmbH im Dezember 1998 eine Erweiterung des Kreditrahmens der GmbH von einem Gesellschafterzuschuß abhängig gemacht habe. Der Widerbeklagte zu 2 habe sich dazu zwar nicht bereit erklärt, er habe an diesem Gespräch aber teilgenommen und einer Darlehensgewährung zugestimmt. Zum Beweis dafür hat die Beklagte zwei Mitarbeiter der Bank als Zeugen benannt und die Parteivernehmung des Beklagten zu 2 beantragt. Weiter
hat sie ihre Mutter als Zeugin dafür benannt, daß diese ihr den Betrag zu dem verabredeten Zweck einer Darlehensgewährung an die GmbH zur Verfügung gestellt habe. Außerdem hat die Beklagte auf die Bilanzierung als Darlehen verwiesen.
Dieser Vortrag ist schlüssig. Das Fehlen eines schriftlichen Darlehensvertrages steht dem nicht entgegen, sondern hätte erst nach Ausschöpfen der angetretenen Beweise ergänzend verwertet werden dürfen. Unverständlich ist im übrigen der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990, weil diese gerade für das behauptete Darlehen spricht.
3. Schlüssig dargelegt ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch der Anspruch gegen den Widerbeklagten zu 2. Nach Ziff. 9 des vorgelegten Treuhandvertrages hat der Treugeber der Treuhänderin alle in seinem Interesse gemachten Aufwendungen zu ersetzen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, daß der Widerbeklagte zu 2 eine liquiditätserhöhende Zahlung aus eigenen Mitteln abgelehnt habe, verkürzt es den Vortrag der Beklagten, wonach der Widerbeklagte zu 2 bei dem Gespräch mit der Bank sich damit einverstanden erklärt habe, daß die Beklagte "in die Bresche sprang", um die wirtschaftliche Stabilität der GmbH nicht zu gefährden. Nach diesem Vortrag durfte die Beklagte das Verhalten des Widerbeklagten zu 2 auf der Grundlage des Treuhandvertrages durchaus so verstehen, daß sie das Darlehen auch in seinem Interesse und Auftrag gewähren solle. Ob dies hier so war, ist erst nach Ausschöpfung der Beweise durch den Tatrichter abschließend zu beurteilen.
4. Zur etwaigen Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme gemäß § 419 BGB i.d.F. bis zum 31. Dezember 1998 (Art. 223 a EGBGB) wegen des Erwerbs der Schadensersatzforderungen der GmbH und der KG gegen die Beklagte hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 209/08 Verkündet am:
1. Februar 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1; GenG a.F. § 99 Abs. 1 (InsO n.F. § 15 a Abs. 1)

a) Eine Zurückverweisung an das Erstgericht gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt nur dann in Betracht
, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine
Grundlage für eine die Instanz beendende Entscheidung sein kann. Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler
vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen,
auch wenn das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet.

b) Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück,
müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte
Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das
Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts
ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, dessen Einfluss auf den Prozessverlauf nicht abzuschätzen
ist, rechtfertigt für sich genommen die Zurückverweisung nicht.

c) Mitglieder einer in Insolvenz geratenen Genossenschaft sind vom Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung
nicht ausgenommen, wenn ein Anspruch gegen die insolvente Genossenschaft
betroffen ist, der seine Grundlage nicht in dem genossenschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrecht hat,
sondern auf einer Vereinbarung beruht, die das Mitglied wie ein außen stehender Dritter mit der Genossenschaft
geschlossen hat.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Reichart, Dr. Drescher, Dr. Löffler und Bender

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 bis 3 wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7. Juli 2008 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 1. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein international tätiges Speditionsunternehmen, war Mitglied in der Genossenschaft "G. e.G." (im Folgenden: Schuldnerin). Die Beklagten zu 1 und 2 waren bis Juli 2003 bzw. von Januar 2003 bis September 2003 Vorstandsmitglieder der Schuldnerin, der Beklagte zu 3 war bis zu seinem Ausscheiden im Juli 2003 als Prokurist und Hauptabteilungsleiter mit dem Aufgabenbereich Finanzwesen und Buchhaltung bei der Schuldnerin tätig. Der von dem Beklagten zu 4 als Abschlussprüfer testierte Jahresabschluss der Schuldnerin für das Jahr 2002, in dem Forderungen aus Lieferung und Leistung in Höhe von 10.945.976,59 € bilanziert waren, wies bei einer Bilanzsumme von 20.919.000,00 € einen Gewinn von 413.000,00 € aus.
2
Die Klägerin führte im Auftrag der T. Spedition GmbH (im Folgenden : T. ) in der Zeit von Januar 2003 bis Ende August 2003 verschiedene Transporte aus, für die sie eine Vergütung in Höhe von insgesamt 141.904,69 € zu beanspruchen hatte. T. glich diese Forderung Ende August 2003 gegenüber der Schuldnerin aus, der die Klägerin in einem 1993 mit T. geschlossenen Grundvertrag ihre Ansprüche gegen T. zum Einzug abgetreten hatte. Ein von der Schuldnerin - unter Berücksichtigung von Gegenforderungen - über den Betrag von 140.708,19 € ausgestellter, von der Klägerin am 1. September 2003 eingereichter Scheck wurde von der bezogenen Sparkasse nicht eingelöst. Da diese trotz Nichtausschöpfens einer der Schuldnerin eingeräumten Kreditlinie ab dem 5. September 2003 keine Verfügungen über deren Konto mehr zuließ, stellte die Schuldnerin am 8. September 2003 Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 29. Oktober 2003 eröffnet. Ein auf Veranlassung des Insolvenzverwalters neu erstellter Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2002 ergab einen Bilanzverlust von mehr als 7.000.000,00 €.
3
Die Klägerin hat die Beklagten - hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 gestützt auf § 823 Abs. 2 BGB, § 99 Abs. 1 GenG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.), § 98 GenG - auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 140.708,19 € mit der Begründung in Anspruch genommen, die Schuldnerin sei spätestens zum 31. Dezember 2002 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen; die Beklagten zu 1 bis 3, letzterer als faktisches Organ, hätten gegen ihre Verpflichtung zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags verstoßen. Hinsichtlich des Beklagten zu 4 hat die Klägerin geltend gemacht, er habe den Jahresabschluss 2002 pflichtwidrig testiert, obwohl dieser nicht auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Buchführung erstellt worden sei.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 mit der Begründung, es lasse sich unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin nicht feststellen, dass die Schuldnerin schon vor dem 8. September 2003 zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen sei. Eine Überschuldung zu diesem Zeitpunkt habe selbst dann nicht bestanden, wenn - wovon allerdings auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht ausgegangen werden könne - die bilanzierten Forderungen in einer Größenordnung von 6,2 Millionen € nicht werthaltig gewesen seien, weil die Schuldnerin über stille Reserven in ausreichender Höhe verfügt habe. Eine Haftung des Beklagten zu 3 scheitere zudem daran, dass der Beklagte zu 3 nicht faktisches Vorstandsmitglied gewesen sei.
5
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil aufgehoben, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 abgewiesen wurde und hat die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 1 bis 3 mit der - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision , mit der sie ihren zweitinstanzlichen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:


6
Da die Klägerin im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Die Entscheidung beruht inhaltlich jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
7
Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 haben Erfolg und führen - soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Klägerin habe ihren Anspruch gegen die Beklagten zu 1 bis 3 darauf gestützt, dass es bei der Schuldnerin seit längerem eine wirtschaftliche Fehlentwicklung gegeben habe, die spätestens im Jahr 2002 Anlass für eine Insolvenzprüfung hätte sein müssen. Entscheidend sei daher, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und alle für die Erstellung des Jahresabschlusses notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten. Unter diesen Umständen habe das Landgericht die Anforderungen an den von der Klägerin zu erwartenden Sachvortrag überspannt, wenn es die Darlegung einzelner Buchungsvorgänge oder nähere Ausführungen zum Wert des Immobilienvermögens vermisst habe. Es habe insofern entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Weil das Verfahren aufwändige und umfangreiche Feststellungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordere, dessen Auswirkungen auf den weiteren Prozessverlauf sich nicht abschätzen ließen, sei das Urteil hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 bis 3 aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht, durch die die Beklagten zu 1 bis 3 beschwert sind (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 29), sind in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.
11
1. Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt als Ausnahme von der in § 538 Abs. 1 ZPO statuierten Verpflichtung des Berufungsgerichts , die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden , nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 6. November 2000 aaO). Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (Senat aaO).
12
Nach diesen - vom Berufungsgericht verkannten - Grundsätzen liegt kein Verfahrensfehler des Erstgerichts vor. Das Berufungsgericht hat dies zu Unrecht angenommen, weil es die Frage, ob dem Erstgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen ist, rechtsfehlerhaft nicht aufgrund des allein maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts beantwortet hat, sondern dieser Beurteilung seinen eigenen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt hat.
13
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft die Anforderungen an den Sachvortrag der Klägerin überspannt und deshalb entscheidungserheblichen Vortrag übergangen habe, damit begründet, dass es für die Feststellung, ob die Schuldnerin vor dem 8. September 2003 überschuldet gewesen sei, sowohl hinsichtlich der Bewertung der Forderungen als auch der stillen Reserven maßgeblich darauf ankomme, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und ob alle für dessen Erstellung notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten, und dass es sich hierbei um interne Vorgänge handele , zu denen von der Klägerin kein weiterer Vortrag erwartet werden könne. Auf diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht bei seiner Entscheidung jedoch nicht abgestellt. Es hat der Frage, ob die im Jahresabschluss ausgewiesenen Forderungen in der bilanzierten Höhe werthaltig oder - wie die Klägerin behauptet hat - um 6,2 Millionen € zu berichtigen waren, keine Streit entscheidende Bedeutung beigemessen, weil die Schuldnerin, ohne dass es nach seiner Meinung auf die Einhaltung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung ankam , über so erhebliche stille Reserven in ihrem Vermögen verfügt habe, dass selbst bei Wertberichtigung der Forderungen zum 31. Dezember 2002 keine Überschuldung bestanden habe.
14
Bewertet das Berufungsgericht das Parteivorbringen materiell-rechtlich anders als das Erstgericht, indem es z.B. an die Schlüssigkeit oder die Substantiierungslast andere Anforderungen als das Erstgericht stellt, liegt ein zur Aufhebung und Zurückverweisung berechtigender wesentlicher Verfahrensmangel auch dann nicht vor, wenn infolge der abweichenden Beurteilung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645).
15
Dass das Landgericht unter Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs den Kern ihres Vorbringens verkannt und deshalb eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt hätte, was als schwerer Verfahrensfehler i.S.v. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigen könnte (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 29), hat das Berufungsgericht - zu Recht - nicht angenommen.
16
2. Wie die Revisionen außerdem mit Recht rügen, lassen die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht erkennen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Das Berufungsgericht hat weder in Erwägung gezogen , dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann; noch hat es nachprüfbar dargelegt, dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so aufwändig und umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint (BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, genügt hierfür ebenso wenig wie der Hinweis , es sei nicht abzuschätzen, welchen Einfluss das Gutachten auf den Prozessverlauf haben werde. Diese mit einer Beweisaufnahme in einer Vielzahl von Fällen verbundene Unsicherheit rechtfertigt für sich genommen eine Zurückverweisung nicht.
17
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil insoweit der Aufhebung, als das Berufungsgericht - auf die Berufung der Klägerin - das die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 abweisende landgerichtliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind und die Sache deshalb nicht zur Endentscheidung reif ist, muss sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung - an einen anderen Senat des Berufungsgerichts - zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO).
18
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Das Berufungsgericht geht zwar noch zutreffend davon aus, dass es für die Feststellung, dass eine Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist, grundsätzlich der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz bedarf, in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind, während einer Handelsbilanz lediglich indizielle Bedeutung zukommt (Sen.Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Tz. 9 m.w.Nachw.). Verfehlt und zum eigenen Ausgangspunkt im Widerspruch stehend ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, für die Frage, ob zum 31. Dezember 2002 eine Überschuldung vorgelegen habe, sei entscheidend, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses der Schuldnerin für das Jahr 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und alle für seine Erstellung notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten. Hierauf kommt es nicht an.
20
Die Schuldnerin war zum 31. Dezember 2002 oder jedenfalls vor dem 8. September 2003 überschuldet, wenn zu diesem Zeitpunkt die bestehenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin ihr Vermögen überstiegen haben. Dies war nach Auffassung des Landgerichts auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin behaupteten Wertberichtigungsbedarfs hinsichtlich der bilanzierten Forderungen aus Lieferung und Leistung jedenfalls deshalb nicht der Fall, weil die Schuldnerin in ihrem Vermögen über ausreichend stille Reserven verfügte, um eine mögliche bilanzielle Überschuldung auszugleichen. Das Berufungsgericht hat sich - von seinem verfehlten Standpunkt aus folgerichtig - mit den Feststellungen des Landgerichts zu den stillen Reserven und den hiergegen gerichteten Berufungsangriffen der Klägerin nicht befasst. In welcher Höhe stille Reserven vorhanden waren, ist zwischen den Parteien streitig. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die hierzu erforderlichen Feststellungen (insbesondere Erbbaurecht S. Landstraße unter Berücksichtigung der Mieterträge aus der "G. -Halle" und aus der Vermietung an die Firmen E. und V. , Tankstellengrundstück K. ) und - sofern es darauf noch ankommen sollte - zum tatsächlichen Wert der in dem Jahresabschluss 2002 enthaltenen Forderungen aus Lieferung und Leistung und zu ihrer Erkennbarkeit für die Vorstandsmitglieder zu treffen.
21
2. Die Klägerin fällt mit ihrem Begehren in den Schutzbereich der Insolvenzverschleppungshaftung.
22
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur BGHZ 164, 50, 60; BGHZ 171, 46 Tz. 13; Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07, ZIP 2009, 366 Tz. 3) soll der Rechtsverkehr durch die in § 99 Abs. 1 GenG a.F., § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.) normierte Pflicht der Organe zur Stellung des Insolvenzantrags davor bewahrt werden, einer insolvenzreifen Gesellschaft eine Vorleistung, insbesondere einen Geld- oder Sachkredit zu gewähren, ohne hierfür einen werthaltigen Gegenanspruch zu erlangen. Die Klägerin ist als Mitglied der Genossenschaft vom Schutzzweck der Insolvenz- verschleppungshaftung nicht von vornherein ausgenommen (Beuthien, GenG 14. Aufl. § 99 Rdn. 5; Lang/Weidmüller, GenG 36. Aufl. § 99 Rdn. 13; Müller, GenG 2. Aufl. § 99 Rdn. 10; RG, Urt. v. 30. Januar 1914 - II 498/13, Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht 1914, 864 f.); denn sie ist hier durch eine verspätete Insolvenzantragstellung nicht in ihrem genossenschaftlichen Mitgliedschaftsrecht betroffen. Vielmehr verlangt sie aus Insolvenzverschleppungshaftung Ersatz für die - von der Schuldnerin vereinnahmte - Vergütung, die sie von T. zu beanspruchen hatte und die sie wie ein außen stehender Dritter an die Schuldnerin zur Einziehung abgetreten hatte (vgl. Habersack in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 92 Rdn. 75). Bisher ist allerdings offen, auf welcher schuldvertraglichen Grundlage die Klägerin ihre Forderungen gegen T. an die Schuldnerin abgetreten hat. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, ggf. nach ergänzendem Parteivortrag, zu der - der Forderungsabtretung zugrunde liegenden - Rechtsbeziehung der Klägerin zu der Schuldnerin zu treffen.
23
3. Das Landgericht hat die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 3 ferner darauf gestützt, dass dieser weder dem Vorstand angehörte noch faktisches Vorstandsmitglied gewesen sei. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser - die Klageabweisung hinsichtlich des Beklagten zu 3 für sich genommen rechtfertigenden - Begründung des Landgerichts und dem hierzu gehaltenen Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz nicht befasst. Dies wird in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren unter Beachtung der vom Senat aufgestellten An- forderungen, die für die Annahme einer faktischen Organstellung erfüllt sein müssen (vgl. nur Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414; v. 11. Juli 2005 - II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550), nachzuholen sein.

Goette Reichart Drescher
Löffler Bender
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 18.12.2007 - 8 O 2603/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 07.07.2008 - 13 U 16/08 -

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR343/13 Verkündet am:
10. Februar 2015
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei kann eine sekundäre
Darlegungslast treffen, wenn die nähere Darlegung der primär darlegungsbelasteten
Partei nicht möglich oder zumutbar ist, während der Prozessgegner
alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere
Angaben zu machen.
2. Diese Grundsätze gelten auch bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung
eines strafrechtlichen Schutzgesetzes. Dabei spielt keine Rolle, ob
ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Schädiger besteht.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 343/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, den Richter Pauge, die Richterin von Pentz und den Richter
Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 19. Juni 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Geschäftsführer der inzwischen insolventen W. N. Grundstücks- und Vermögensverwaltungen GmbH (im Folgenden: N-GmbH), die Kläger Rechtsnachfolger der im September 2006 verstorbenen D. S. (im Folgenden: Erblasserin). Von 1997 bis 2006 verwaltete die N-GmbH acht im Allein- beziehungsweise Miteigentum der Erblasserin stehende Grundstücke. Die N-GmbH überwies von den für die Erblasserin geführten Konten auf Veran- lassung der Beklagten in den Jahren 2003 bis 2007 insgesamt 300.528,66 € und führte bei ihr eingegangene Zahlungen von Mietern der Erblasserin in Höhe von weiteren 53.855,07 € nicht an die Erblasserin ab.
2
In zwei vorangegangenen Verfahren nahm die N-GmbH die Kläger erfolglos auf Ersatz von im Rahmen der Grundstücksverwaltung getätigten Aufwendungen in Anspruch.
3
Die Kläger machen geltend, bei den im Namen der N-GmbH überwiesenen bzw. einbehaltenen Geldbeträgen habe es sich um rechtswidrige Entnahmen bzw. Verrechnungen gehandelt. Mit ihrer Klage begehren sie Ersatz dieser Beträge sowie vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt:
6
Den Klägern stehe ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB nicht zu. Aus den unstreitigen Tatsachen ergebe sich nicht, dass die Beklagten als Geschäftsführer der N-GmbH die ihnen durch den Hausverwaltervertrag vom 26. August 1997 eingeräumte Vermögensbetreuungspflicht verletzt hätten. Auch treffe die Beklagten keine sekundäre Darlegungslast da- hingehend, im Einzelnen darzutun, welche zu erstattenden Aufwendungen die N-GmbH aus eigenen Mitteln getätigt habe. Anders als bei der Geltendmachung von Schadensersatz wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten führe eine allgemeine sekundäre Darlegungslast bei einem Schadensersatzanspruch, der auf die Verletzung strafrechtlicher Normen gestützt werde, dazu, dass der mutmaßliche Schädiger letztlich einen Entlastungsbeweis zu führen habe. Bei nicht ausreichender Tatsachengrundlage obläge es ihm nämlich darzutun, dass ein Straftatbestand nicht verwirklicht sei. Die Geltendmachung eines deliktischen Schadensersatzanspruchs wegen Untreue diene aber nicht dazu, auf diese Weise letztlich eine Auskunft und Abrechnung über die Vermögensverwaltung zu erhalten und darauf dann etwaige deliktische Ansprüche zu stützen. Zudem setze ein auf die Verletzung von § 266 Abs. 1 StGB gestützter Schadensersatzanspruch voraus, dass die Beklagten - was von den Klägern zu beweisen sei - vorsätzlich gehandelt hätten. Der Umstand, dass die N-GmbH in den Vorverfahren Aufwendungen dargelegt habe, die sie aus eigenen Mitteln erbracht habe, spreche dafür, dass die Beklagten sich als berechtigt angesehen hätten, entsprechende Entnahmen und Einbehalte vorzunehmen. Schließlich fehle es am Nachweis eines konkret bezifferbaren Schadens. Ein solcher liege nämlich dann nicht vor, wenn die von der N-GmbH verrechneten Aufwendungen tatsächlich den Grundstücken der Erblasserin wirtschaftlich zugeflossen seien und deren Werterhalt gedient hätten.

II.

7
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB scheide aus, beruht auf Rechtsfehlern.
8
1. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB durch die Beklagten nicht verneinen.
9
a) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagten eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB traf. Dass der Hausverwaltervertrag nicht zwischen der Erblasserin und den Beklagten persönlich, sondern zwischen der Erblasserin und der N-GmbH bestand, ist dabei unerheblich. Denn nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist die Vorschrift des § 266 StGB in Ansehung der primär die N-GmbH treffenden Vermögensbetreuungspflicht auch auf die Beklagten als deren Geschäftsführer anzuwenden.
10
b) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht allerdings an, die Beklagten treffe deshalb keine sekundäre Darlegungslast bezüglich der die einzelnen Entnahmen bzw. Verrechnungen rechtfertigenden Umstände, weil es sich bei § 266 StGB um eine strafrechtliche Norm handle.
11
Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen , aus denen sich sein Anspruch herleitet. Stützt er sich auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, so hat er prinzipiell alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt (Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 195 mwN; vom 19. Juli 2011 - VI ZR 367/09, VersR 2011, 1276 Rn. 13; vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, VersR 2002, 321; vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, VersR 1999, 774, 775). In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (z.B. Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO, 195 f.; vom 3. Juni 2014 - VI ZR 394/13, VersR 2014, 1018 Rn. 20; vom 11. Februar 2001 - VI ZR 350/00, aaO; vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, aaO; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158). Diese Grundsätze kommen insbesondere bei Schadensersatzansprüchen zur Geltung, die aus der Veruntreuung anvertrauter Gelder hergeleitet werden (Senatsurteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, aaO; vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt dabei weder eine Rolle, dass es sich bei dem als verletzt in Rede stehenden Schutzgesetz des § 266 StGB um eine strafrechtliche Norm handelt, noch, ob ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO).
12
2. Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem dargestellten Fehler.
13
a) Der im Streitfall maßgeblichen Frage nach der Berechtigung der von den Beklagten im Namen der N-GmbH vorgenommenen Überweisungen bzw. Verrechnungen liegen auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen Feststellungen Vorgänge zugrunde, die sich im Wahrnehmungsbereich beider Beklagten abgespielt haben. Dass die Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast insoweit erfüllt sind, liegt deshalb zumindest nicht fern. Ob und inwieweit die weitere Voraussetzung für die Annahme einer sekundären Darlegungslast , nämlich die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit weiterer Darlegungen für die primär darlegungsbelasteten Kläger, ebenfalls gegeben ist oder ob und inwieweit die Kläger, etwa aus den der Erblasserin erteilten Abrechnungen oder aus dem Vorprozess, über die für den weiteren Vortrag notwendigen Erkenntnisse verfügen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben.
14
Bei Annahme einer sekundären Darlegungslast obliegt es den Beklagten hinsichtlich jeder einzelnen von der Darlegungslast betroffenen Überweisung bzw. Verrechnung - konkret und schlüssig - die Tatsachen vorzutragen, aus denen sie die Berechtigung der N-GmbH in der jeweiligen Höhe herleiten. Dies haben sie - entgegen der Annahme der Revisionserwiderung - jedenfalls im vorliegenden Verfahren bislang nicht getan.
15
b) Der dargestellte Fehler ist nicht deshalb unerheblich, weil sich das Berufungsgericht auch keine Überzeugung vom Vorliegen des für § 266 StGB erforderlichen Vorsatzes und des ebenfalls erforderlichen Vermögensschadens zu bilden vermochte. Den diesbezüglichen Darlegungen des Berufungsgerichts entziehen die vorstehenden Erwägungen nämlich ebenfalls die Grundlage. Ob die Überweisungen bzw. Verrechnungen zu einem im Rahmen des § 266 StGB relevanten Vermögensschaden geführt haben und ob die Beklagten auch bezüglich der - unterstellten - Pflichtverletzungen vorsätzlich gehandelt haben, lässt sich erst dann abschließend beurteilen, wenn die Beklagten entsprechend der sie ggf. treffenden sekundären Darlegungslast weiter vorgetragen haben und eine danach unter Umständen erforderlich werdende Beweisaufnahme durchgeführt worden ist.
16
3. Im Übrigen wird das Berufungsgericht im Rahmen der erneuten Befassung auch Gelegenheit haben, das weitere wechselseitige Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. Galke Diederichsen Pauge von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 02.09.2011 - 31 O 22/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.06.2013 - 26 U 180/11 -

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 141/14
Verkündet am:
12. Februar 2015
B o t t
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur unangemessenen Verfahrensdauer im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1
GVG, wenn das der Entschädigungsklage zugrunde liegende Ausgangsverfahren
zu einer Vielzahl von gleich oder ähnlich gelagerten ("Massen"
)Verfahren gehört (hier: mehr als 4.000 Kläger), das deshalb einstweilen
zurückgestellt wird, weil das Ausgangsgericht "Musterverfahren" oder "Pilotverfahren"
, die die ganze "Fallbreite" ausschöpfen, auswählt und vorrangig
betreibt. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO kommt
es dabei nicht an.

b) Zur Frage, inwieweit einer Partei, gegen die eine Vielzahl von Verfahren
betrieben wird, ein fühlbarer immaterieller Nachteil dadurch entsteht, dass
einzelne dieser Verfahren nicht in angemessener Zeit erledigt
werden (Widerlegung der Vermutung gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG).
BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - III ZR 141/14 - OLG Braunschweig
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2015 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Reiter

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 11. April 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger begehrt von dem beklagten Land Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer von zehn Schadensersatzprozessen, die gegen ihn bei dem Landgericht G. parallel geführt werden und Teil eines Gesamtkomplexes von mehr als 4.000 Schadensersatzklagen sind, die gegen den Kläger seit 2007 erhoben wurden.
2
Die der Entschädigungsklage zugrunde liegenden Ausgangsverfahren betreffen jeweils Schadensersatzansprüche, die von Kapitalanlegern gegen den Kläger geltend gemacht werden. Dieser wird als Verantwortlicher ("Konzeptant" ) des Unternehmensverbundes der sogenannten "G. Gruppe" per- sönlich in Anspruch genommen. In den Jahren 2007 und 2008 sind beim Landgericht G. insgesamt 2.441 Klagen gegen den Kläger eingereicht worden. Ab dem Jahr 2009 kamen sukzessive nochmals etwa 1.600 Klagen hinzu. Die streitgegenständlichen Ausgangsverfahren sind unerledigt und noch in der ersten Instanz anhängig. Dies gilt nahezu ausschließlich auch für die übrigen Prozesse. Sämtliche Verfahren wurden zunächst von der 2. Zivilkammer des Landgerichts G. bearbeitet. Zu Beginn des Jahres 2012 übernahm die neu eingerichtete 14. Zivilkammer einen Teil der Prozesse, darunter auch sämtliche Ausgangsverfahren.
3
Bei Zustellung der Klagen in den Ausgangsverfahren am 17. und 18. Januar 2008 waren bereits 386 Schadensersatzklagen mit einer Gesamtforderungshöhe von 10.777.752,53 € rechtshängig. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger, der sich zudem Steuerforderungen in Höhe von mehr als 10 Millionen Euro ausgesetzt sah, über kein nennenswertes Vermögen. Seine Vermögensverhältnisse haben sich auch in der Folgezeit nicht verbessert.
4
Im April 2008 bestimmte die damals allein zuständige 2. Zivilkammer in acht exemplarisch ausgewählten Verfahren, die sich sowohl gegen den (jetzigen ) Kläger als auch gegen einen weiteren Verantwortlichen der "G. Gruppe", den Zeugen S. , richteten, Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7. August 2008. Zugleich traf sie die Entscheidung, (unter anderem) die streitgegenständlichen Ausgangsverfahren vorübergehend nicht weiter zu betreiben.
5
Nach Durchführung des Verhandlungstermins wies die Kammer am 8. August 2008 in allen acht vorgezogenen Verfahren die Schadensersatzklagen gegen den (jetzigen) Kläger durch (nicht rechtskräftige) Versäumnisurteile ab, da die klagenden Anleger keine Anträge gestellt hatten. Soweit sich die Klagen gegen den Zeugen S. richteten, ergingen lediglich in zwei Fällen klageabweisende Versäumnisurteile. Im Übrigen wies die Kammer die Klagen am 21. August 2008 durch Teilurteile, die nach Lage der Akten ergingen, ab. Da sämtliche Teilurteile mit der Berufung angefochten wurden, wartete die Kammer sodann den Ausgang der Berufungsverfahren ab. Sie versprach sich hiervon Erkenntnisse auch für die gegen den Kläger gerichteten Ansprüche, weil dem Kläger und dem Zeugen S. in allen Verfahren und im Wesentlichen gleichlautend vorgeworfen wurde, als Verantwortliche eine falsche Emissionskostenquote in den Prospekten ausgewiesen und gegen Investitionsgrundsätze verstoßen zu haben, so dass das gesamte Geschäftsmodell von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen sei.
6
Nachdem das Oberlandesgericht B. in einem der Berufungsverfahren am 20. August 2009 einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt hatte , nahm dies der Vorsitzende der 2. Zivilkammer des Landgerichts G. zum Anlass, mit Verfügung vom 11. November 2009 den Parteien der streitgegenständlichen Ausgangsverfahren seinerseits Hinweise "zur Vorbereitung weiterer durchzuführender mündlicher Verhandlungen und auch im Hinblick auf weitere Schriftsätze" zu geben. In dieser Verfügung nahm die Kammer auf die im Berufungsrechtszug anhängigen "Pilotverfahren" Bezug und machte sich die Auffassung des Oberlandesgerichts zu Eigen. Unter anderem wies sie auf die Unschlüssigkeit der Klage hin.
7
Im September 2011 beantragte der Kläger in sämtlichen Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Mit Schriftsätzen vom 20. Dezember 2011 wurden sämtliche Klagen dahingehend erweitert, die Ersatzpflicht der Beklagten auch für zukünftig noch entstehende Schäden festzustellen.

8
Mit Beschlüssen vom 2. und 9. Februar 2012 wies die nunmehr zuständige 14. Zivilkammer des Landgerichts G. die Prozesskostenhilfegesuche zurück. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers bewilligte das Oberlandesgericht B. in sämtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe, wobei in den streitgegenständlichen Ausgangsverfahren die Entscheidungen am 15. und 21. Mai 2012 sowie am 8. und 11. Juni 2012 ergingen.
9
Der von der 14. Zivilkammer zunächst auf den 29. Februar 2012 bestimmte Verhandlungstermin wurde nach Eingang von Ablehnungsgesuchen der klagenden Anleger aufgehoben. Am 11. Juli 2012 beziehungsweise 15. August 2012 wurde sodann in sämtlichen Ausgangsverfahren mündlich verhandelt. Die Kammer ging nunmehr von der Schlüssigkeit des Klagevorbringens aus und erließ Auflagen- und Beweisbeschlüsse. Unter anderem ordnete sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.
10
Der Kläger, der im April 2009 einen Herzinfarkt erlitten hatte, hatte in den Ausgangsverfahren bereits am 8. Dezember 2011, wenige Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, Verzögerungsrügen erhoben. Schon zuvor hatte er sich in 1.415 Verfahren mit einer Individualbeschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt, die der Gerichtshof im Jahr 2012 im Hinblick auf die nunmehr bestehende Rechtschutzmöglichkeit nach §§ 198 ff GVG für unzulässig erklärte.
11
Der Kläger hat geltend gemacht, die zehn Ausgangsverfahren seien in einem Fall um 47 Monate (1. September 2008 bis 1. August 2012) und im Übrigen um 48 Monate (1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012) verzögert. Die Ver- zögerungen beträfen nicht nur den Zeitraum, in dem allein die 2. Zivilkammer zuständig gewesen sei, sondern hätten sich auch nach dem 1. Januar 2012 unter der Zuständigkeit der 14. Zivilkammer fortgesetzt. Das Gericht hätte keine Beweisaufnahme anordnen dürfen. Die dem Kläger zustehende Entschädigung für immaterielle Nachteile betrage auf der Basis des gesetzlichen Regelsatzes insgesamt 47.900 €. Außerdem sei die Unangemessenheit der Verfahrensdau- er auszusprechen.
12
Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.
13
Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


14
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


15
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
16
Hinsichtlich der Zeiträume von September 2008 bis Februar 2010 und von September 2011 bis Dezember 2012 sei die Klage schon deshalb abzuweisen , weil es an der Anspruchsvoraussetzung einer unangemessenen Verfahrensdauer (§ 198 Abs. 1 Satz 1 GVG) fehle.

17
Die Justizverwaltung sei zwar grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, und könne sich im Regelfall nicht auf fehlendes Personal berufen. Im Streitfall spreche jedoch einiges dafür, dem beklagten Land eine bis Ende 2009 währende (erhebliche) Übergangsfrist zuzubilligen , um der in den Jahren 2007 und 2008 beim Landgericht G. eingegangenen "Klageflut" zu begegnen. Es hätten außergewöhnliche Umstände vorgelegen, weil der schnellen personellen Aufstockung eines kleinen Gerichts wie des Landgerichts G. Grenzen gesetzt seien. Bis zum Jahresende 2009 sei die Verfahrensdauer zudem schon deshalb nicht unangemessen, weil das Landgericht G. unechte Musterverfahren geführt habe. Die streitgegenständlichen Ausgangsverfahren hätten zurückgestellt werden dürfen. Dass die Musterverfahren den Zeugen S. betroffen hätten, sei nicht relevant. Es hätten sich aus der maßgebenden ex-ante-Sicht Rechtsfragen gestellt, die auch den Kläger betroffen hätten. Nach der Hinweisverfügung des Vorsitzenden der 2. Zivilkammer vom 11. November 2009 habe dem Landgericht wegen der Vielzahl der Verfahren noch eine Bearbeitungszeit bis Ende Februar 2010 zur Verfügung gestanden.
18
In den folgenden achtzehn Monaten von Anfang März 2010 bis Ende August 2011 hätten die Ausgangsverfahren eine unangemessene Dauer aufgewiesen. Die 2. Zivilkammer habe nicht untätig bleiben dürfen. Der Umstand, dass sie in 229 weiteren Schadensersatzprozessen Verhandlungstermine bestimmt habe, die sie nach Ablehnungsgesuchen der klagenden Anleger wieder aufgehoben habe, ändere daran nichts. Hypothetische Kausalverläufe seien bei Ansprüchen nach § 198 GVG unbeachtlich. Ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen die Schadensersatzkläger in den Ausgangsverfahren ergriffen hät- ten, wenn das Gericht die Verfahren gefördert hätte, sei offen. Ob es dadurch zu Verzögerungen gekommen wäre, sei unklar.
19
Ab September 2011 sei die Verfahrensdauer nicht mehr unangemessen. In dieser Zeit seien die in sämtlichen Verfahren eingegangenen Prozesskostenhilfegesuche des Klägers bearbeitet worden, was angesichts der Vielzahl der zu bewältigenden Anträge einen erheblichen logistischen Aufwand erfordert habe. Durch die Erweiterung der Klagen im Dezember 2011 habe sich der Bearbeitungsaufwand zusätzlich erhöht. Über die Beschwerden des Klägers im Prozesskostenhilfeverfahren habe das Oberlandesgericht im Mai und Juni 2012 zügig entschieden. Es entspreche weiterhin straffer Verhandlungsführung, dass die (nunmehr zuständige) 14. Zivilkammer nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Prozesskostenhilfebewilligung am 11. Juli 2012 und 15. August 2012 mündlich verhandelt habe. Eine Entschädigung nach § 198 GVG scheide auch für den Zeitraum nach Durchführung der Verhandlungstermine aus. Im Entschädigungsprozess sei nicht zu untersuchen, ob die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Recht angeordnet worden sei.
20
Soweit die Verfahrensdauer in dem Zeitraum von März 2010 bis August 2011 als unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG anzusehen sei, scheide ein Entschädigungsanspruch aus, weil dem Kläger hierdurch in den zehn streitgegenständlichen Ausgangsverfahren kein immaterieller Nachteil entstanden sei. Die Tatsachenvermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG sei widerlegt , weil der überschuldete Kläger zu dem Zeitpunkt, als die Klagen in den Ausgangsverfahren zugestellt worden seien, bereits Schadensersatzforderun- gen von Anlegern im Gesamtumfang von 10.777.752,53 € und Steuerforderun- gen des Landes B. in einer vergleichbaren Größenordnung ausgesetzt gewesen sei. Die Geltendmachung weiterer Schadensersatzforderungen habe zu keiner messbaren Mehrbelastung des Klägers geführt, zumal bei einer Vielzahl gleichgerichteter Schadensersatzforderungen aus demselben Komplex mit jedem Folgeverfahren die Belastung degressiv abnehme. In den vorliegenden Ausgangsverfahren erschöpfe sich der Nachteil in der bloßen Ungewissheit über den Verfahrensausgang, ohne dass weitere Nachteile erkennbar seien. Es fehle somit eine entschädigungspflichtige immaterielle Beeinträchtigung. Der im April 2009 erlittene Herzinfarkt des Klägers müsse außer Betracht bleiben, weil zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Verfahrensverzögerung vorgelegen habe.

II.


21
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Das Oberlandesgericht hat einen Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG zu Recht abgelehnt.
22
1. Die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer (§§ 198 ff GVG) findet nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 Halbsatz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) auf den Streitfall Anwendung. Danach gilt dieses Gesetz auch für Verfahren , die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 (gemäß Art. 24 ÜGRG) anhängig, aber noch nicht abgeschlossen waren Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die seit Januar 2008 rechtshängigen Ausgangsverfahren sind weiterhin unerledigt.
23
2. Die Verfahrensführung in den Ausgangsverfahren war sowohl in dem Zeitraum von September 2008 bis Februar 2010 als auch in dem Zeitraum von September 2011 bis Dezember 2012 sachlich gerechtfertigt. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass insoweit keine im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG unangemessene Verfahrensdauer vorliegt, ist somit zutreffend.
24
a) Der Entschädigungsanspruch aus § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG setzt die unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens als Tatbestandsmerkmal voraus. Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Diese in § 198 Absatz 1 Satz 2 GVG explizit genannten Kriterien sind zwar besonders bedeutsam, jedoch nur beispielhaft ("insbesondere") und keinesfalls abschließend zu verstehen. Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist die Verfahrensführung durch das Gericht, die zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Umständen in Bezug zu setzen ist (Senatsurteil vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, BGHZ 199, 87 Rn. 25, 32).
25
Bei der Würdigung der Verfahrensführung durch das Gericht muss stets beachtet werden, dass die Verfahrensbeschleunigung keinen Selbstzweck darstellt und gegenläufige Rechtsgüter gleichfalls in den Blick zu nehmen sind. Dazu zählen insbesondere die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit von Entscheidungen sowie die Grundsätze der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) und des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).
26
Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben besteht ein Ermessen des verantwortlichen Richters hinsichtlich der Verfahrensgestaltung. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Dementsprechend wird die Verfahrensführung des Richters im nachfolgenden Entschädigungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist. Da der Rechtsuchende keinen Anspruch auf eine optimale Verfahrensförderung hat, begründen eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine nach der jeweiligen Prozessordnung vertretbare Verfahrensleitung auch dann keinen Entschädigungsanspruch, wenn sie zu einer Verlängerung des Gerichtsverfahrens geführt haben (grundlegend Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 32 f; vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, BGHZ 199, 190 Rn. 43 ff und vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 39).
27
b) Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ("Gesamtabwägung") ergibt, dass die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen , verletzt ist (Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 6 Abs. 1 EMRK). Die Verfahrensdauer muss insgesamt eine Grenze überschreiten, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt (ausführlich Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 28 ff; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 36 ff und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 35 ff jeweils mwN). Durch die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an die Verletzung konventions- und verfassungsrechtlicher Normen wird deutlich gemacht, dass die durch die lange Verfahrensdauer verursachte Belastung einen gewissen Schweregrad erreichen muss. Es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 31; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 42; und vom 13. Februar 2014 - III ZR 311/13, NJW 2014, 1183 Rn. 28). Allerdings verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer die gerichtliche Pflicht, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. nur Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 30; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 41 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 37).
28
c) Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer hat der Tatrichter einen Beurteilungsspielraum. Das Revisionsgericht ist darauf beschränkt zu überprüfen, ob das Oberlandesgericht den rechtlichen Rahmen verkannt beziehungsweise Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (Senatsurteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 34).
29
d) Nach diesen Maßstäben hält die Beurteilung des Oberlandesgerichts, die Ausgangsverfahren seien jedenfalls in den Zeiträumen von September 2008 bis Februar 2010 und von September 2011 bis Dezember 2012 hinreichend gefördert worden, den Angriffen der Revision stand.
30
September 2008 bis Februar 2010
31
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war das Landgericht ab dem Jahr 2007 mit einer schlechthin nicht zu bewältigenden Vielzahl von gleichgelagerten Schadensersatzklagen gegen den jetzigen Kläger und den Zeugen S. befasst. Bis Ende 2007 waren 386 Klagen eingegangen. Binnen Jahresfrist stieg die Zahl der Verfahren auf 2.441 an und ab dem Jahr 2009 kamen zahlreiche weitere Verfahren hinzu, so dass der offene Bestand schließlich mehr als 4.000 Verfahren betrug.
32
Unter Berücksichtigung eines angemessenen Prüfungs- und Bearbeitungszeitraums sowie des den Gerichten bei der Verfahrensführung zukommenden Gestaltungsspielraums ist eine unangemessene Verfahrensdauer nicht feststellbar. Die zunächst allein zuständige 2. Zivilkammer musste in dem sowohl tatsächlich wie auch rechtlich komplexen zivilrechtlichen Kapitalanlagerechtsstreit die ständig zunehmende Zahl an Klagen und Klägern nicht nur verfahrenstechnisch bewältigen (Aktenanlage, Zustellung der Klageschriften und Klageerwiderungen, Fristsetzungen etc.), sondern auch eine Gesamtplanung des Komplexes "G. Gruppe" entwickeln. Das Gericht musste insbesondere die zahllosen Verfahren sichten, das jeweilige Klagevorbringen auf Schlüssigkeit prüfen und einen Weg finden, der es ermöglichte, in einigen wenigen Verfahren über die ganze "Fallbreite" zu entscheiden (vgl. BVerfG, NJW 2004, 3320). Es war daher sachgerecht, "Musterverfahren" oder "Pilotverfahren" auszuwählen und vorrangig zu betreiben, während die übrigen gleich oder ähnlich gelagerten Verfahren einstweilen zurückgestellt blieben (siehe auch Senatsbeschluss vom 21. November 2013 - III ZA 28/13, NJOZ 2014, 987 Rn. 9). Dadurch konnten Rechtsfragen von zentraler Bedeutung verfahrensübergreifend auf besonders prozessökonomische Weise geklärt werden. Da- rauf, ob sich die Zurückstellung anderer Verfahren oder die Auswahl der Pilotverfahren - ex post betrachtet - als förderlich erwiesen hat, kommt es nicht an. Maßgebend ist vielmehr, dass die Entscheidung des Landgerichts aus der Sicht ex ante vernünftig und zweckmäßig war (vgl. BVerfG, NVwZ 2013, 789, 791).
33
Der Einwand der Revision, es sei einem Gericht nicht gestattet, aus mehreren Verfahren einige als "Musterverfahren" herauszugreifen, diese zu bearbeiten und währenddessen die übrigen Streitigkeiten nicht zu fördern, verkennt zum einen die Besonderheiten sogenannter Massenverfahren, die ohne die Durchführung von Pilotverfahren regelmäßig nicht sachgerecht bewältigt werden können, und steht zum anderen im Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats. Danach ist dem Gericht zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht , dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. So ist jedes Gericht berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als vordringlich anzusehen , auch wenn ein solches "Vorziehen" einzelner Verfahren naturgemäß zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt. Die besonders intensive Befassung mit einem in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht schwierig erscheinenden Verfahren führt zwangsläufig dazu, dass während dieser Zeit die Förderung anderer diesem Richter zugewiesener Verfahren vorübergehend zurückstehen muss. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht verlangt (Senatsurteil vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 39). Die Entscheidung, ein "Pilotverfahren" durchzuführen, gehört nach alledem zu den verfahrensgestaltenden Befugnissen eines Gerichts. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO kommt es nicht. Der Umstand, dass die Voraussetzungen einer förmlichen Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nicht gegeben sind, steht der Durchführung eines Musterprozesses nicht entgegen. Es kann deshalb offen bleiben, ob § 148 ZPO bei Massenverfahren anwendbar ist, wenn das Gericht mit einer nicht mehr zu bewältigenden Zahl von Verfahren befasst ist (dazu BGH, Beschlüsse vom 30. März 2005 - X ZB 36/04, BGHZ 162, 373, 376 f und vom 28. Februar 2012 - VIII ZB 54/11, NJW-RR 2012, 575 Rn. 8).
34
Der Revision ist zuzugeben, dass sich der Staat zur Rechtfertigung einer überlangen Verfahrensdauer nicht auf Umstände innerhalb seines Verantwortungsbereichs berufen kann. Die Überlastung eines Gerichts fällt - anders als unvorhersehbare Zufälle oder schicksalhafte Ereignisse - in den Verantwortungsbereich der staatlich verfassten Gemeinschaft. Bund und Ländermüssen jeweils in ihrem Zuständigkeitsbereich für eine hinreichende materielle und personelle Ausstattung der Gerichte sorgen. Verfahrensverzögerungen, die auf eine Überlastung der Gerichte zurückzuführen sind, stellen grundsätzlich strukturelle Mängel dar, für die der Staat einstehen muss (BVerfG, NJW 2000, 797; NZS 2013, 21 Rn. 19; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 1243 mwN). Davon abgesehen , dass das Landgericht die Verfahren in dem hier zu beurteilenden Zeitraum (bis Februar 2010) - wie dargelegt - angemessen gefördert hat, zeigt der vorliegende Fall auch keine Strukturmängel im Bereich der Justiz auf. Die über das Landgericht hereinbrechende "Klageflut" war weder vorhersehbar noch kurzfristig aufzufangen. Sie ist vielmehr einem unvorhersehbaren Zufall beziehungsweise einem schicksalhaften Ereignis gleichzuachten.
35
September 2011 bis Dezember 2012
36
Die Ausgangsverfahren wurden jedenfalls ab September 2011 zügig betrieben. Nach vorrangiger Erledigung der in allen Verfahren gestellten Prozesskostenhilfeanträge des Klägers fanden im Juli und August 2012 mündliche Verhandlungen statt, die in Auflagen- und Beweisbeschlüsse (Einholung eines Sachverständigengutachtens) mündeten. Zutreffend hat das Oberlandesgericht es abgelehnt, im Entschädigungsprozess die Erforderlichkeit der angeordneten Beweisaufnahme zu überprüfen. Eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine nach der jeweiligen Prozessordnung vertretbare Verfahrensleitung sind entschädigungslos hinzunehmen (Senatsurteile vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 46 und vom 13. Februar 2014 aaO Rn. 30). Anhaltspunkte dafür, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens, um das Konzept der "G. Gruppe" zu überprüfen, schlechthin unverständlich war, werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht erkennbar.
37
3. Es kann dahinstehen, ob die Ausgangsverfahren, wie das Oberlandesgericht meint, in dem Zeitraum von März 2010 bis August 2011 als unangemessen verzögert anzusehen sind, obwohl das Landgericht in insgesamt 229 Parallelsachen Verhandlungstermine bestimmt hat, die klagenden Anleger eine - dem Gericht nicht zurechenbare - Verzögerungsstrategie verfolgten und die streitgegenständlichen Verfahren für den überschuldeten Kläger angesichts der bereits anhängigen zahllosen Schadensersatzklagen keine besondere Bedeutung hatten. Der Kläger hat durch eine etwaige Verfahrensverzögerung jedenfalls keinen entschädigungspflichtigen immateriellen Nachteil erlitten. Ein solcher kann auch nicht nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet werden. Die Vermutung ist widerleglich und im vorliegenden Fall widerlegt.
38
Bei dieser Sachlage kommt es auf die Gegenrüge des Beklagten, das Oberlandesgericht habe die Angemessenheit der Verfahrensdauer rechtsfehlerhaft verkannt, nicht mehr an.
39
a) Grundlage eines Entschädigungsanspruchs für einen durch überlange Verfahrensdauer verursachten immateriellen Nachteil ist § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Als derartige Folgen eines überlangen Verfahrens kommen neben der "seelischen Unbill" durch die lange Verfahrensdauer vor allem körperliche Beeinträchtigungen oder Rufschädigungen und - in Sorge- oder Umgangsrechtsstreitigkeiten - die Entfremdung eines Kindes von einem Elternteil in Betracht (BT-Drucks. 17/3802 S. 19; siehe auch Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 150; Roderfeld in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren , § 198 GVG Rn. 79; Stahnecker, Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren , Rn. 143).
40
Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG im Falle unangemessener Dauer vermutet. Dabei handelt es sich um eine widerlegliche gesetzliche Tatsachenvermutung im Sinne von § 292 Satz 1 ZPO, die dem Betroffenen die Geltendmachung eines immateriellen Nachteils erleichtern soll, weil in diesem Bereich ein Beweis oft nur schwierig oder gar nicht zu führen ist (BT-Drucks. 17/3802 S. 19, 41; siehe auch BeckOGK/Dörr aaO § 839 Rn. 1273; Ott aaO § 198 GVG Rn. 152, 154). Diese Vermutungsregel entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser nimmt eine starke, aber widerlegbare Vermutung dafür an, dass die überlange Verfahrensdauer einen Nichtvermögensschaden verursacht hat. Er erkennt aber auch an, dass der Nichtvermögensschaden in bestimmten Fällen sehr gering sein oder gar nicht entstehen kann. In diesem Fall müsse der staatliche Richter seine Entscheidung mit einer ausreichenden Begründung rechtfertigen (EGMR, NJW 2007, 1259 Rn. 204).
41
Im Entschädigungsprozess ist die Vermutung widerlegt, wenn der Beklagte (Bund oder Land) das Fehlen eines immateriellen Nachteils darlegt und beweist, wobei ihm, da es sich um einen Negativbeweis handelt, die Grundsätze der sekundären Behauptungslast zugutekommen können (Hk-ZPO/Saenger, ZPO, 6. Aufl., § 286 Rn. 93 und § 292 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 284 Rn. 34 und § 292 Rn. 2). Im Hinblick darauf, dass der EGMR lediglich eine "ausreichende Begründung" zur Widerlegung verlangt, dürfen an den Beweis des Gegenteils keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Vermutung eines auf der Verfahrensdauer beruhenden immateriellen Nachteils ist dann widerlegt, wenn das Entschädigungsgericht unter Berücksichtigung der vom Kläger gegebenenfalls geltend gemachten Beeinträchtigungen nach einer Gesamtbewertung der Folgen, die die Verfahrensdauer mit sich gebracht hat, die Überzeugung gewinnt, dass die (unangemessene) Verfahrensdauer nicht zu einem Nachteil geführt hat (vgl. BFHE 243, 151 Rn. 26 ff).
42
b) Das angefochtene Urteil wird diesen Grundsätzen gerecht. Das Oberlandesgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung der Fallumstände die Überzeugung gewonnen, dass dem Kläger durch die Dauer der Ausgangsverfahren kein ausgleichspflichtiger immaterieller Nachteil entstanden ist.
43
Das Gericht hat dabei zu Recht darauf abgestellt, dass die streitgegenständlichen Verfahren für den Kläger ohne besondere Bedeutung waren. Zum Zeitpunkt der Klagezustellung sah sich der Kläger im Rahmen des Gesamtkomplexes "G. Gruppe" bereits 386 Verfahren mit einer Gesamtscha- densersatzforderung von 10.777.752, 53 € ausgesetzt. Es kommt hinzu, dass seine Vermögensverhältnisse zu diesem Zeitpunkt auf Grund nicht beglichener Steuerforderungen in Millionenhöhe desolat waren. Es stand mithin von vornherein fest, dass es auf die Vermögenslage des Klägers ohne spürbare Auswirkungen bleiben wird, ob er in den von ihm konkret "gegriffenen" zehn Verfahren obsiegen oder unterliegen wird. Der Kläger hat auch keine konkreten (psychischen oder physischen) Beeinträchtigungen geltend gemacht, die gerade auf die streitgegenständlichen Verfahren zurückzuführen waren. Seine Ausführungen in der Klageschrift erschöpfen sich darin, die durch den Gesamtkomplex "G. Gruppe" angeblich hervorgerufenen Belastungen in allgemeiner Form zu schildern. Macht der Betroffene - wie hier - Entschädigung für einzelne Verfahren aus einem umfangreichen Verfahrenskomplex geltend, muss er jedoch die konkreten Nachteile, die gerade durch die Dauer dieser Verfahren verursacht worden sein sollen, positiv behaupten. Nur dann kann der Anspruchsgegner den ihm obliegenden Beweis der Unrichtigkeit der aufgestellten Behauptungen führen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, NJW 2011, 2130 Rn. 19 f).
44
Wie das Oberlandesgericht ferner zutreffend gesehen hat, kann sich der Kläger auf den im April 2009 erlittenen Herzinfarkt als immaterielle Folge schon deshalb nicht berufen, weil zu diesem Zeitpunkt die streitgegenständlichen Verfahren überhaupt nicht verzögert waren. Hinsichtlich dieses Nachteils fehlt es bereits am Tatbestandsmerkmal der "unangemessenen Dauer" eines Gerichtsverfahrens.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanz:
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 11.04.2014 - 6 SchH 1/13 -

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.