vorgehend
Landgericht München I, 35 O 8267/15, 25.01.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.2016, Aktenzeichen 35 O 8267/15, wird verworfen.

3. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.890,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 03.02.2016 zugestellte Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.2016 am 23.02.2016 Berufung eingelegt.

Mit dem an das Landgericht München I adressierten Schriftsatz vom 01.04.2016, per Telefax eingegangen am gleichen Tag in der Allgemeinen Einlaufstelle I der Justizbehörden in München, haben die Berufungsführer unter Angabe des landgerichtlichen Aktenzeichens beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung gemäß Verfügung des Gerichts vom 29.01.2016 um vier Wochen, mithin bis zum 02.05.2016 zu verlängern.

Mit Verfügung vom 12.04.2016, die sie am gleichen Tag erhalten haben, wurden sie darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht fristgerecht eingereicht wurde. Der Antrag auf Fristverlängerung sei beim Landgericht München I am 01.04.2016 eingegangen. Das Landgericht habe den Antrag an das OLG München weitergeleitet, bei dem er am 11.04.2016, also erst nach Fristablauf eingegangen sei.

Mit dem am 29.04.2016 eingegangenen Schriftsatz beantragten die Berufungsführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und - unter Aufhebung des angegriffenen Urteils - Klageabweisung.

Mit Verfügung vom 01.08.2016 wurden die Berufungsführer darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung der eingeholten Stellungnahme des Landgerichts München I die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung nicht vorliegen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist nach § 522 Abs. 1 ZPO durch Beschluss zu verwerfen, sie wurde nicht fristgerecht begründet und ist daher unzulässig. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig aber unbegründet.

1. Die Frist zur Berufungsbegründung endete am 04.04.2016. Der an das Landgericht München I adressierte und per Telefax am 01.04.2016 in der allgemeinen Einlaufstelle I der Justizbehörden München eingegangene Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (Bl. 327 d.A.) ist bei dem Landgericht München I eingegangen.

Entgegen der von den Berufungsführern vertretenen Ansicht (Seite 2 f. des irrtümlich auf den 27.04.2016 datierten Schriftsatzes, der am 22.08.2016 eingegangen ist, Bl. 365 f. d.A.) ist entscheidend, an welches Gericht der Fristverlängerungsantrag adressiert war.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Wird ein Schriftsatz bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH, Beschluss vom 01.06.2016, XII ZB 382/15, juris Tz. 11 m.w.N.). Dies ist hier das Landgericht München I, nicht aber das zuständige Rechtsmittelgericht.

2. Nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Landgericht München I gelangte der Antrag auf Fristverlängerung erst am 11.04.2016 und damit nach Fristablauf in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts. Die Voraussetzungen des § 233 ZPO für die mit Schriftsatz vom 29.04.2016 (Bl. 332/356 d.A.) beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.

2.1. Die Beklagten waren nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist für die Berufungsbegründung einzuhalten. Ihre Prozessbevollmächtigte hat diese Frist schuldhaft versäumt; deren Verschulden müssen sich die Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört - ebenso wie die Anfertigung eines Antrages auf Verlängerung der Begründungsfrist - zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen. Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Rechtsanwalt muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts, überprüfen (BGH, Beschluss vom 22.07.2015, XII ZB 583/14, juris, Tz. 12 m.w.N.).

Im Wiedereinsetzungsantrag und der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwältin C. M. vom 28.04.2016 (Anlage B 63) wird ausgeführt, die Rechtsanwaltsfachangestellte R. sei angewiesen worden, die Fristverlängerungsersuchen in diesem Verfahren und in 17 Parallelverfahren vorzubereiten. Adressat sollte nach der Anweisung jeweils das Gericht sein, an das auch die bereits eingelegten Berufungen versandt worden waren. Im Wiedereinsetzungsantrag (Seite 5, Bl. 336 d.A.) wird ausgeführt, infolge dieser eindeutigen Anweisung habe die Rechtsanwältin bei Unterzeichnung des Fristverlängerungsantrags vom 01.04.2016 nicht nochmals nachgeprüft, ob das Landgericht München I tatsächlich in dieser Angelegenheit das Berufungsgericht war. Rechtsanwältin C. M. habe sich vielmehr darauf verlassen, dass ihre Anweisung im Hinblick auf die richtige Adressierung des Schriftsatzes umgesetzt werde. Aus der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich, dass es Rechtsanwältin C. M. nicht aufgefallen ist, dass entsprechend ihrer Weisung der Fristverlängerungsantrag an das Oberlandesgericht München hätte versandt werden müssen; ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die Berufung bei dem Oberlandesgericht München eingelegt worden sei.

Entgegen den Anforderungen des Bundesgerichtshofs hat die Beklagtenvertreterin vor Unterzeichnung des Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist somit die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts nicht überprüft. Auf die Zuverlässigkeit der Angestellten R. und das Einverständnis des Gegners mit der Fristverlängerung kommt es nicht an.

2.2. Die Fristverletzung beruht auf dem den Beklagten anzulastenden Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten. Das Landgericht München I war zwar aus nachwirkender Fürsorgepflicht gehalten, fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Hier ist der Schriftsatz jedoch nicht so rechtzeitig bei dem Landgericht München I eingegangen, dass eine fristgerechte Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2013, VI ZB 27/12, juris Tz. 9).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 20.06.1995, 1 BvR 166/93, juris Tz. 48), der sich der Bundesgerichtshof angeschlossen hat (BGH a.a.O.), darf die Partei, wenn der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht eingeht, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, nicht nur darauf vertrauen, dass der Schriftsatz überhaupt weitergeleitet wird, sondern auch darauf, dass er noch fristgerecht beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, so ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon zu gewähren, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht. Mit dem Übergang des Schriftsatzes in die Verantwortungssphäre des zur Weiterleitung verpflichteten Gerichts wirkt sich ein etwaiges Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr aus.

Hier ging der Fristverlängerungsantrag am Freitag, dem 01.04.2016 um 11 Uhr bei dem Landgericht München I ein (s.o. Ziffer 1). Das Fax enthielt keinen Hinweis „Eilt sehr“ o.ä. und wurde nach der Stellungnahme des Landgerichts Münchens I vom 26.07.2016 (Bl. 360/361 d.A.) in der Einlaufstelle gegen 12 Uhr in das Ablagefach der 35. Zivilkammer gelegt. Am Montagvormittag (04.04.2016) beförderten die Wachtmeister die Post zur zuständigen Geschäftsstelle des Landgerichts München I. Dies entsprach dem ordentlichen Geschäftsgang. In der Stellungnahme des Landgerichts Münchens I wurde festgestellt, dass seitens der Einlaufstelle entsprechend dem internen Leitfaden zur Faxbehandlung gehandelt worden ist. Danach werden eingehende Faxe mindestens 1 x täglich von den Wachtmeistern mit der Post ausgefahren (8.00 Uhr); Faxe, die als besonders eilig gekennzeichnet sind (reiner „eilt“-Vermerk reicht nicht), wie z.B. „Termin am gleichen Tag“, werden von den Wachtmeistern sofort auf die Geschäftsstelle gebracht, wenn eine Auslieferung mit der nächsten regulären Hauspost nach der Betreffzeile erkennbar zu spät wäre. Gegen die Annahme, dass die Weiterleitung des Faxes an die Geschäftsstelle des Landgerichts München I am 04.04.2016 dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprach, wenden sich die Berufungsführer in ihrer am 22.08.2016 eingegangenen Stellungnahme (Bl. 364/396 d.A.) auch nicht.

Bei sachgerechter Behandlung wäre eine Vorlage des Faxes an den zuständigen Richter noch am 04.04.2016 erfolgt. Ob dieser noch am selben Tag eine Vorlage an des OLG verfügt hätte, wird in der Stellungnahme des Landgerichts München I offengelassen, da aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit keine Vorgaben für Richter zur Behandlung von Faxen vorliegen. Unter Berufung auf die Regelung in C III des internen Leitfadens, wonach es wünschenswert wäre, wenn Fristverlängerungsersuchen möglichst schnell bearbeitet und die Akten wieder an die Serviceeinheit zurückgeleitet würden, argumentieren die Berufungsführer, dass es dem ordentlichen Geschäftsgang entsprechen dürfte, Fristverlängerungsgesuche noch am selben Tag zu bearbeiten (Seite 4 der Stellungnahme, Bl. 367 d.A.).

Selbst wenn der zuständige Richter die Weiterleitung an das Oberlandesgericht noch am 04.04.2016 verfügt hätte, kann jedoch nicht ohne weiteres erwartet werden, dass die Verfügung noch am selben Tag wieder in die Geschäftsstelle gelangt und dort so ausgeführt worden wäre, dass der Antrag noch am 04.04.2016 bei dem Oberlandesgericht München eingegangen wäre. In der am 22.08.2016 eingegangenen Stellungnahme der Berufungsführer wird dies zwar behauptet, aber nicht näher begründet. Soweit die Berufungsführer - bezüglich der Weiterleitung durch den Rechtspfleger, dem das Fax ohnehin nicht hätte vorgelegt werden müssen - auf das Vorhandensein einer gemeinsamen Einlaufstelle abstellen (Seite 6, Bl. 369 d.A.), verkennen sie, dass der weiterzuleitende Schriftsatz von der Geschäftsstelle von den Wachtmeistern wieder zur Einlaufstelle hätte gebracht werden müssen. Zutreffend argumentieren die Berufungsführer, sie hätten nicht damit rechnen müssen, dass nach der Verfügung der Weiterleitung die Angelegenheit noch vier Tage auf der Geschäftsstelle liegen bleibt. Dass es zu erwarten gewesen wäre, dass eine am 04.04.2016 verfügte Weiterleitung von der Geschäftsstelle und den Wachtmeistern noch am selben Tag ausgeführt wird, ergibt sich daraus indes nicht. Auch die Argumentation, dem Rechtspfleger (oder Richter) hätte die Dringlichkeit der Weiterleitung bewusst sein müssen, geht fehl. Es handelte sich zwar um ein Fristverlängerungsgesuch, das Fax enthielt jedoch keinen Hinweis auf eine besondere Eilbedürftigkeit. Auch das Fristende war nicht explizit genannt, sondern ließ sich nur durch eine Rückrechnung ermitteln. Entscheidend ist im Übrigen nicht, ob eine Weiterleitung an das Oberlandesgericht am gleichen Tag bei größter Anstrengung möglich gewesen wäre, sondern ob sie im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden konnte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 382/15
vom
1. Juni 2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird eine an das Rechtsmittelgericht adressierte Rechtsmittelschrift versehentlich
an die in einer Nebenstelle ansässige Justizkasse gefaxt, befindet
sich diese Rechtsmittelschrift auch dann nicht in der Verfügungsgewalt des
Gerichts, wenn die Justizkasse eine Organisationseinheit des Rechtsmittelgerichts
bildet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch Verwaltungsvorschriften
bestimmt ist, dass die Justizkasse und das Gericht eine gemeinsame
Posteingangsstelle haben.

b) Beim Absenden einer Rechtsmittelschrift in Form eines Telefaxes darf sich
die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die
auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, in
den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Der Abgleich hat
vielmehr an Hand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen
geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung
der Faxnummer aufdecken zu können (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - FamRZ 2014, 1915).
BGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 - XII ZB 382/15 - OLG Hamm
AG Minden
ECLI:DE:BGH:2016:010616BXIIZB382.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juli 2015 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen. Beschwerdewert: 4.420 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
2
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Abänderung eines zwischen ihm und seinen minderjährigen Kindern, den Antragsgegnern, geschlossenen Unterhaltsvergleichs abgewiesen. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 8. September 2014 zugestellt worden. Am 8. Oktober 2014 hat er beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt und diese, nachdem die Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 10. Dezember 2014 verlängert worden war, mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014 begründet. Der an das Oberlandesgericht adressierte Schriftsatz ist am selben Tag per Telefax bei der Oberjustizkasse eingegangen, die in einer Nebenstelle des Oberlandesgerichts ansässig war.
Am 11. Dezember 2014 ist die Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht eingegangen.
3
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut die Beschwerde begründet. Im Büro seiner Verfahrensbevollmächtigten bestehe die Anweisung, bei fristwahrenden Schriftsätzen, die per Telefax abgesandt würden, nach deren Versendung den Sendebericht abzuwarten und die ordnungsgemäße und vollständige Versendung des Schriftstücks zu überprüfen. Im vorliegenden Fall habe die geschulte und zuverlässige Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte seiner Verfahrensbevollmächtigten die Begründung gefaxt und den Sendebericht abgewartet. Da dieser einen "Ok-Vermerk" aufgewiesen und eine ordnungsgemäße Übermittlung eines vierseitigen Schriftsatzes bestätigt habe, sei er sodann nach Kontrolle zur Akte genommen worden.
4
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
6
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung damit begründet, dass der Antragsteller seine Beschwerde nicht rechtzeitig begründet habe. Die verlängerte Begründungsfrist sei bei Eingang der Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht am 11. Dezember 2014 bereits abgelaufen gewesen. Dem stehe der Eingang der Beschwerdebegründungsschrift am 10. Dezember 2014 bei der (ehemaligen) Oberjustizkasse nicht entgegen. Fristwahrende Schriftsätze müssten am richtigen Ort, das heißt einer hierfür eingerichteten Eingangsstelle eingereicht werden. Die Oberjustizkasse sei keine derartige zentrale Eingangsstelle für Schriftsätze, die das Oberlandesgericht in einer laufenden Beschwerdesache vor einem Familiensenat erreichen sollten und an dieses adressiert gewesen seien.
8
Eine Wiedereinsetzung scheide aus. Der Antragsteller habe das Fehlen eines ihm zuzurechnenden Verschuldens seiner Verfahrensbevollmächtigten an der Fristversäumung innerhalb der Frist des § 234 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ergebe sich nicht, dass die Beschwerdebegründung bei sorgfältiger Arbeitsweise und bei Beachtung der in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehenden Sorgfaltspflichten in Fristsachen nicht hätte gewahrt werden können. Es sei durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Telefaxnummer des angeschriebenen Gerichts verwendet werde. Hierzu gehöre, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle der Sendebericht ausgedruckt und dieser auf die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer überprüft werde, um Fehler bei der Eingabe, der Ermittlung der Faxnummer und deren Übertragung in den Schriftsatz feststellen zu können. Erst nach der Überprüfung, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Adressaten erfolgt sei, dürfe die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Das Wiedereinsetzungsgesuch gehe nicht ansatzweise auf die vorliegend für die Fristversäumung ursächliche Verwendung einer falschen Telefaxnummer ein und lege nicht dar, welche Vorkehrungen im Büro der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers getroffen seien, um derartige Fehler zu vermeiden.
9
2. Diese Ausführungen bewegen sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und lassen keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO erkennen.
10
a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die bei ihm am 11. Dezember 2014 eingegangene Beschwerdebegründung verfristet, der Wiedereinsetzungsantrag also nicht als gegenstandslos zu betrachten war (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 7 f.).
11
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Entscheidend ist in solchen Fällen, wann der Schriftsatz nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt. Dies gilt auch dann, wenn der Schriftsatz an das zuständige Gericht adressiert ist, aber versehentlich an ein anderes Gericht per Telefax übermittelt wird. Wird ein Schriftsatz allerdings bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH Beschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12 - NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9 mwN; siehe auch BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 und BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJWRR 2013, 830 Rn. 11 ff.).
12
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts ist die Beschwerdebegründung aufgrund einer falsch eingegebenen Telefaxnummer nicht beim Oberlandesgericht , sondern bei der in einer Nebenstelle ansässigen Oberjustizkasse eingegangen. Von dort wurde die Beschwerdebegründung an das Oberlandesgericht weitergeleitet, wo sie am 11. Dezember 2014, einem Tag nach Fristablauf , eingegangen ist.
13
bb) Eine abweichende Regelung, wonach die Telefaxnummern der Oberjustizkasse und des Oberlandesgerichts einer gemeinsamen Posteingangsstelle zugeordnet wären, bestand nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht.
14
(1) Allein der Umstand, dass die in einer Nebenstelle ansässige Oberjustizkasse danach seinerzeit eine Organisationseinheit des Oberlandesgerichts bildete, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass dort eingehende Schriftsätze in die Verfügungsgewalt des Oberlandesgerichts gelangt sind. Dies setzt vielmehr die Einrichtung einer gemeinsamen Posteingangsstelle auf Grundlage entsprechender Verwaltungsvorschriften wie etwa entsprechender Geschäftsordnungsregelungen voraus (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447; BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJW-RR 2013, 830 Rn. 12). Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war eine solche gemeinsame Eingangsstelle indessen nicht eingerichtet.
15
Nachdem der Antragsteller die Verfristung seiner Beschwerdebegründung ersichtlich nicht in Frage gestellt und lediglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hatte, bestand für das Oberlandesgericht (anders als in den vom BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 entschiedenen Fall) auch keine Veranlassung , weitere Ermittlungen anzustellen.
16
(2) Etwas anderes folgt auch nicht aus der übrigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Klagefrist durch Einreichen der Klage mitsamt einem Scheck für den Gerichtskostenvorschuss bei einer gemeinsamen Gerichtskasse gewahrt sein kann, auch wenn diese nicht ausdrücklich zur gemeinsamen Eingangsstelle bestimmt ist (BGH Urteil vom 24. Januar 1984 - IX ZR 36/83 - NJW 1984, 1239, 1240; vgl. auch Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. Rn. 6). Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Bundesgerichtshof hatte damals entscheidend darauf abgestellt, dass die Justizverwaltungen den Zahlungsverkehr bei ihren Gerichtskassen derart organisiert haben, dass Schecks ab einem bestimmten Betrag nicht bei der Gerichtskasse des zuständigen Gerichts , sondern nur bei einer bestimmten Gerichtskasse angenommen werden, dabei die Klageschrift mit eingereicht werden muss und an das Gericht, an das sie adressiert ist, weitergeleitet wird. In solchen Fällen, in denen eine Verzögerung zwischen der Einreichung bei der gemeinsamen Gerichtskasse und dem Eingang beim zuständigen Gericht auf dieser besonderen, vom Bürger nicht ohne Weiteres durchschaubaren Organisation beruht, darf dies nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu Lasten des Bürgers gehen. Ähnlich wie bei der Einreichung bei einer gemeinsamen Eingangsstelle für mehrere Gerichte gilt in einem solchen Fall die Einreichung bei der gemeinsamen Gerichtskasse mitsamt einem Scheck zur Registrierung des Schecks und Weiterreichung der Klageschrift deshalb als Einreichung bei dem Gericht, an das der Schriftsatz adressiert ist, sofern die gemeinsame Gerichtskasse auch für dieses Gericht zuständig ist (BGH Urteil vom 24. Januar 1984 - IX ZR 36/83 - NJW 1984, 1239, 1240).
17
Ein solcher Fall liegt hier indessen ersichtlich nicht vor.
18
b) Ebenso steht es in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass das Oberlandesgericht den Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen hat.
19
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können (Senatsbeschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - FamRZ 2014, 1915 Rn. 7 mwN).
20
bb) Zutreffend hat das Oberlandesgericht darauf verwiesen, dass weder dem Vorbringen des Antragstellers in seinem Wiedereinsetzungsgesuch noch der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin seiner Verfahrensbevollmächtigten zu entnehmen ist, wie sichergestellt und kontrolliert wird, dass die Sendung an den richtigen Adressaten unter Verwendung der korrekten Empfängernummer übersandt wird. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Oberlandesgericht nicht gehalten, den Antragsteller - auch - darauf hinzuweisen, dass seine Angaben den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in solchen Fällen an die Ausgangskontrolle stellt, nicht genügten. Das Oberlandesgericht hatte ausdrücklich auf Bedenken an der Fristwahrung hingewiesen, weil die Rechtsmittelbegründung nicht beim Telefaxanschluss des Oberlandesgerichts eingegangen sei. Dabei war unstreitig, dass die Büromitarbeiterin statt der Telefaxnummer des Oberlandesgerichts die Nummer der Oberjustizkasse in den Schriftsatz eingefügt und entsprechend gewählt hatte. Bei dieser Sachlage war offensichtlich, dass ein Verschulden nur dann ausscheiden und damit eine Wiedereinsetzung möglich machen würde, wenn im Einzelnen unter Beachtung der vorzitierten Rechtsprechung dargelegt werden würde, welche Anweisung dafür bestanden hat, dass auch tatsächlich die richtige Telefaxnummer gewählt und dies kontrolliert wird. Eines gesonderten Hinweises hierauf bedurfte es mithin nicht, weshalb der Antragsteller auch nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt ist.
21
Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Kontext darauf hinweist, dass das Oberlandesgericht den Antragsteller gleichsam in Sicherheit gewogen habe , indem es mit Verfügung vom 28. Mai 2015 eine vergleichsweise Regelung angeregt habe, verkennt sie, dass zu diesem Zeitpunkt die Wiedereinsetzungsfrist , die mit dem Hinweis des Oberlandesgerichts vom 7. Januar 2015 zu laufen begann, längst abgelaufen war. Mag die Verfügung vor dem Hintergrund der Verfristung auch ein wenig unglücklich erscheinen, so ist sie jedenfalls für die nicht hinreichende Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht kausal.
Dass der Antragsteller diesen Begründungsmangel in seiner Gegenvorstellung vom 5. August 2015, also nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vom 20. Juli 2015, behoben hat, ist für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht von Belang. Dose Schilling Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG Minden, Entscheidung vom 04.09.2014 - 32 F 48/14 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.07.2015 - 9 UF 198/14 -

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB583/14
vom
22. Juli 2015
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung gemäß § 117 Abs. 1
Satz 4 FamFG iVm § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO ist ausgeschlossen, wenn das
Verlängerungsgesuch erst nach Ablauf der Begründungsfrist beim Oberlandesgericht
eingegangen ist (im Anschluss an BGH Beschluss vom 28. Februar 2012
- II ZB 27/10 - juris).

b) Ein Rechtsanwalt genügt der von ihm geforderten üblichen Sorgfalt jedenfalls
dann nicht mehr, wenn er dieselbe Kanzleikraft, die zuvor weisungswidrig den
falsch adressierten und von ihm unterzeichneten fristgebundenen Schriftsatz gefertigt
hat, anweist, einen korrigierten Schriftsatz zu erstellen, diesen ihm zur Unterschrift
vorzulegen und anschließend an das dort aufgeführte Gericht zu übersenden
, ohne die Durchführung dieser Weisung durch weitere Maßnahmen abzusichern
(im Anschluss an BGH Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85 - VersR
1985, 1140; Senatsurteil vom 15. Oktober 1980 - IVb ZR 541/80 - FamRZ 1981,
33; Abgrenzung zu BGH Beschluss vom 12. November 2013 - VI ZB 4/13 - NJW
2014, 700).
BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 583/14 - OLG Frankfurt am Main
AG Bad Schwalbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2015 durch den Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schilling,
Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. August 2014 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen. Beschwerdewert: 85.629 €

Gründe:

I.

1
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Verwerfung ihrer Beschwerde gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene Verpflichtung, an den Antragsteller einen Zugewinnausgleich von 85.628,65 € zu zahlen.
2
Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 17. März 2014 zugestellt. Die Antragsgegnerin hat am 15. April 2014 Beschwerde eingelegt. Am 19. Mai 2014 (einem Montag) hat die Antragsgegnerin beim Amtsgericht die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat beantragt. Das Amtsgericht hat noch am 19. Mai 2014 die Übersendung des Verlängerungsgesuchs an das Oberlandesgericht veranlasst, wo es am 23. Mai 2014 eingegangen ist.
3
Nachdem das Oberlandesgericht auf die Verfristung des Verlängerungsantrages hingewiesen hatte, hat die Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Beschwerde begründet. Hierzu hat sie ausgeführt , die immer zuverlässig arbeitende Kanzleiangestellte ihrer Verfahrensbevollmächtigten habe das schriftsätzliche Verlängerungsgesuch entgegen der ihr erteilten Anweisung nicht an das Oberlandesgericht adressiert. Ihrer Verfahrensbevollmächtigten sei die falsche Adressierung aufgefallen, nachdem sie den entsprechenden Schriftsatz unterzeichnet und an die Mitarbeiterin zur Versendung übergeben habe. Daraufhin habe sie die Kanzleiangestellte angewiesen , den an das Familiengericht adressierten Schriftsatz zu vernichten und einen neuen, ansonsten gleich lautenden, an das Oberlandesgericht adressierten Schriftsatz anzufertigen und ihr zur Unterschrift vorzulegen. Ihr sei umgehend der neue, richtigerweise an das Oberlandesgericht adressierte Verlängerungsantrag zur Unterschrift vorgelegt worden, den sie ebenfalls unterzeichnet habe. Sie habe ihre Kanzleiangestellte angewiesen, diesen Schriftsatz nunmehr vorab per Fax und anschließend per Post zu versenden. Diese habe jedoch versehentlich den an das Oberlandesgericht gerichteten Schriftsatz vernichtet und stattdessen den ursprünglichen an das Familiengericht adressierten Schriftsatz vorab per Fax und anschließend per Post dorthin versandt.
4
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Beschwerde der Antragsgegnerin verworfen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und die Antragsgegnerin vermag auch nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
6
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zurückzuweisen , da die Antragsgegnerin nicht ohne ein eigenes bzw. ihr zurechenbares Verschulden gehindert gewesen sei, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten.
7
Grundsätzlich fehle es an einem der Partei zuzurechnenden Verschulden ihres Anwalts an der Fristversäumung, wenn dieser einer Kanzleikraft, die sich bislang als zuverlässig erwiesen habe, eine konkrete Einzelanweisung erteile, deren Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Er dürfe darauf vertrauen , dass diese Mitarbeiterin seine konkreten Einzelanweisungen befolgen werde. Dieser Vertrauensgrundsatz gelte aber nicht, wenn der Rechtsanwalt von der ihm selbst ohne besonderen Aufwand möglichen Beseitigung eines von ihm erkannten Fehlers absehe. In diesem Fall liege das eigene Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Partei darin, dass dieser den Verlängerungsantrag unterzeichnet habe, ohne die von ihm als falsch erkannte Adresse entweder selbst handschriftlich zu korrigieren, durchzustreichen oder diesen Schriftsatz zu vernichten. Eine solche einfache, ohne jeglichen Zeitaufwand vorzunehmende Tätigkeit sei entgegen der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 12. November 2013 (VI ZB 4/13 - NJW 2014, 700 Rn. 13) als die von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernde übliche Sorgfalt zu erachten, wenn der Rechtsanwalt einen wesentlichen Eigenbeitrag für den fehlerhaften Verlängerungsantrag geleistet habe. Indem der Rechtsanwalt einen Schriftsatz erstellen lasse, diesen unterschreibe und nunmehr darauf vertraue , dass die Kanzleikraft den korrigierten Schriftsatz an das Berufungsgericht weiterleite, überlasse er dieser die Beseitigung seines eigenen Ausführungsfehlers , der darin bestehe, dass er zwei sich nur in der Adressierung unterscheidende und durch seine Unterschrift wirksame Schriftsätze geschaffen habe, die im Alltagsgeschäft einer Rechtsanwaltskanzlei leicht miteinander verwechselt werden könnten. Insbesondere wenn es sich dabei um einen derart bedeutsamen Schriftsatz handele, mit dem die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt werde und der Antrag zudem am letzten Tag der Frist bei Gericht eingereicht werden solle, bedürfe es seitens des Rechtsanwalts einer zusätzlichen Sorgfaltsmaßnahme, wenn - wie im vorliegenden Fall - die zunächst erteilte Anweisung, den Verlängerungsschriftsatz an das Oberlandesgericht zu adressieren, bereits nicht befolgt worden sei. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin habe ausschließlich darauf vertraut, dass ihre Mitarbeiterin ihre Anweisung ausführe. Eine Überprüfung sei nicht erfolgt.
8
Die vorliegende Konstellation sei durchaus vergleichbar mit den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, in denen die Wiedereinsetzung wegen falscher Adressierung der Berufungsschrift oder des Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsschrift versagt worden sei. In diesen Fällen sei die nicht mehr überprüfte Anweisung erteilt worden, die fehlerhafte Seite auszutauschen und zu vernichten, was aber nicht erfolgt sei. Der hier vorliegende zusätzliche Fehler der Verfahrensbevollmächtigten wiege nicht geringer und führe zu keiner anderen Beurteilung. Dadurch, dass die Verfahrensbevollmächtige der Antragsgegnerin die zusätzliche Existenz eines fehlerhaft adressierten Antrages auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist ermöglicht habe, habe sie eine zusätzliche Fehlerquelle eröffnet und damit den Vertrauensgrundsatz , dass ihr Personal den Fehler aufgrund einer erteilten Einzelanweisung beseitigen werde, außer Kraft gesetzt.
9
2. Diese Ausführungen halten sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
10
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO nicht mehr in Betracht kam, nachdem das Verlängerungsgesuch erst nach Ablauf der Begründungsfrist beim Oberlandesgericht eingegangen war (vgl. BGH Beschluss vom 28. Februar 2012 - II ZB 27/10 - juris Rn. 9; Keidel/Weber FamFG 18. Aufl. § 117 Rn. 8 mwN). Deshalb hat es zu Recht angenommen, dass die Antragsgegnerin die Beschwerdebegründungsfrist versäumt hat.
11
b) Im Ergebnis hat das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin ebenfalls zu Recht gemäß § 117 Abs. 5 FamFG iVm § 233 ZPO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist versagt, weil die Fristversäumung auf einem - der Antragsgegnerin gemäß § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden - Anwaltsverschulden beruht.
12
aa) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört - ebenso wie die Anfertigung eines Antrages auf Verlängerung der Begründungsfrist - zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen. Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Rechtsanwalt muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts , überprüfen (Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - NJW-RR 2013, 1393 Rn. 9, 11 mwN).
13
Auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift oder eines Antrags auf Verlängerung der Begründungsfrist darf der Rechtsanwalt aber einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muss. Wird die Anweisung nur mündlich erteilt, müssen allerdings ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Erledigung in Vergessenheit gerät. Auch in diesem Fall genügt die klare und präzise Anweisung , die Erledigung sofort vorzunehmen, insbesondere wenn zudem eine weitere, allgemeine Büroanweisung besteht, einen solchen Auftrag stets vor allen anderen auszuführen (Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - NJW-RR 2013, 1393 Rn. 12 mwN).
14
Ist die Rechtsmittelschrift an das unzuständige Gericht adressiert worden , ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen den Fällen zu unterscheiden, in denen der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellte lediglich dahin angewiesen hat, den bereits von ihm unterzeichneten Schriftsatz hinsichtlich der Adressangabe zu korrigieren und ihn ohne erneute Vorlage an das zuständige Gericht zu senden, und denjenigen, in denen der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellte - wie hier - angewiesen hat, einen neuen Schriftsatz mit zutreffender Adressangabe zu fertigen, ihm zur Unterschrift vorzulegen und anschließend an das zuständige Gericht zu senden.
15
(1) Für die erstgenannten Fälle hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Rechtsanwalt zur Absicherung der Ausführungen seiner Einzelanweisung zusätzliche Vorkehrungen zu treffen bzw. zu veranlassen hat, um sicher- zustellen, dass die Kanzleiangestellte die ihr zum Zwecke der Korrektur des Fehlers erteilte Einzelanweisung tatsächlich befolgt (Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - NJW-RR 2013, 1393 Rn. 12 f.; BGH Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - II ZB 27/10 - juris Rn. 9 mwN und vom 17. August 2011 - I ZB 21/11 - NJW-RR 2012, 122 Rn. 13).
16
(2) Wenn sich der Rechtsanwalt hingegen den neu erstellten Schriftsatz mit zutreffender Adressangabe zur erneuten Unterschrift vorlegen lässt und die sonst zuverlässige Angestellte mündlich anweist, die korrigierte Fassung zu versenden, sind zusätzliche Vorkehrungen, die sicherstellten, dass im weiteren Verlauf der fehlerhafte Schriftsatz auch tatsächlich vernichtet sowie der korrigierte versandt und nicht etwa umgekehrt verfahren werde, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich (BGH Beschlüsse vom 12. November 2013 - VI ZB 4/13 - NJW 2014, 700 Rn. 12; vom 16. April 2013 - VIII ZB 67/12 - juris Rn. 7 und Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85 - VersR 1985, 1140 f.). Vor allem könne ein Verschulden des Rechtsanwalts nicht alleine darin gesehen werden, dass er den unzutreffend adressierten und von ihm unterschriebenen Schriftsatz nicht selbst vernichtet oder durch Durchstreichen als ungültig gekennzeichnet habe, auch wenn solche Maßnahmen für den Rechtsanwalt keinen großen Aufwand bedeuteten und zu mehr Sicherheit führten (BGH Beschluss vom 12. November 2013 - VI ZB 4/13 - NJW 2014, 700 Rn. 13 mwN). Denn Verschuldensmaßstab im Rahmen des § 233 ZPO sei lediglich die von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernde übliche Sorgfalt. Allerdings muss der Rechtsanwalt als Mindestvoraussetzung dafür, dass die Verwechslung der Schriftsätze nicht auch auf sein eigenes Verschulden zurückzuführen ist, seine Büroangestellte als zuverlässig erprobt haben, bevor er sie beauftragt (BGH Urteil vom 24. Juni 1985 - II ZR 69/85 - VersR 1985, 1140, 1141; Senatsurteil vom 15. Oktober 1980 - IVb ZR 541/80 - FamRZ 1981, 33, 34; vgl. auch Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - NJW-RR 2013, 1393 Rn. 13).
17
bb) Dem wird die angefochtene Entscheidung im Ergebnis gerecht. Zwar handelt es sich bei dem vom Oberlandesgericht zu entscheidenden Fall um die zuletzt genannte Fallgestaltung, für die es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich genügt, wenn der Rechtsanwalt sich den neu erstellten Schriftsatz zur Unterschrift vorlegen lässt mit der damit verbundenen Anweisung, diesen an das dort aufgeführte Gericht zu übersenden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Rechtsanwalt einen "sonst zuverlässigen" Angestellten (BGH Beschluss vom 12. November 2013 - VI ZB 4/13 - NJW 2014, 700 Rn. 13) bzw. eine als zuverlässig erprobte Büroangestellte (BGH Urteil vom 24. Juli 1985 - II ZR 69/85 - VersR 1985, 1140, 1141) damit beauftragt.
18
Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Denn nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts hatte die Kanzleiangestellte bereits das ursprüngliche Verlängerungsgesuch entgegen der Anweisung der Verfahrensbevollmächtigten nicht an das Oberlandesgericht adressiert. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Kanzleiangestellte bereits bei der zuvor erteilten konkreten Einzelanweisung den Schriftsatz weisungswidrig an ein anderes Gericht adressiert hat, darf der Rechtsanwalt nicht mehr darauf vertrauen, dass sie anschließend - bei der Existenz zweier, jeweils unterschriebener Schriftsätze - den richtigen Schriftsatz weisungsgemäß an das zuständige Gericht übersendet. In einem solchen Fall ist der Rechtsanwalt gehalten, nicht nur seine Kanzleiangestellte anzuweisen, den von ihm unterschriebenen, neu gefassten Schriftsatz an das zuständige Gericht zu versenden, sondern durch weitere Maßnahmen sicherzustellen, dass dies auch geschieht und nicht etwa der zuvor von ihm unterschriebene Schriftsatz abgesandt wird.
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Schwalbach, Entscheidung vom 13.02.2014 - 1 F 836/10 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 28.08.2014 - 1 UF 132/14 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.