Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 28. Juni 2017 - 9 UF 191/17
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 16. März 2017 abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie in Abänderung der angefochtenen Entscheidung Abweisung des Antrags, dem Antragsteller seinen biologischen Vater zu benennen, begehrt, ist begründet.
- 2
Der vom Familiengericht nach § 1618 a BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 5 und Art. 14 Abs. 1 GG für begründet erachtete Anspruch des Antragstellers, demgemäß die Antragsgegnerin, seine Mutter, ihm seinen biologischen Vater zu nennen hat, ist durch die Erklärung der Antragsgegnerin, ihr verstorbener Ehemann, M. M., sei der Vater der Antragstellers, erfüllt. Damit ist der Auskunftsanspruch erloschen, weshalb der Antrag des Antragstellers auf die Beschwerde der Antragsgegnerin abzuweisen ist.
- 3
Der Antragsteller ist der leibliche Sohn der Antragsgegnerin, die mit dem am ... 1998 verstorbenen M. M. verheiratet war. Aus der Ehe sind auch seine Schwestern D., geboren am ... 1955, und M., geboren am ..., hervorgegangen.
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Nachdem dem Antragsteller zugetragen wurde, es bestünden Zweifel, dass M. M. sein Vater sei, forderte er die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 22. September 2016 auf, ihm seinen leiblichen Vater zu benennen. Unter dem 13. Oktober 2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, ihr verstorbener Ehemann M. M. sei sein Vater.
- 5
Der Antragsteller ist der Ansicht, diese Erklärung der Antragsgegnerin sei unzutreffend, da die drei Geschwister ausweislich des in dem Verfahren 10 F 17/13 AG Trier am 28. Mai 2013 erstellten Gutachtens der I. GmbH nicht denselben Vater hätten und die Antragsgegnerin in dem Verfahren 10 F 291/14 AG Trier erklärt habe, ihr verstorbener Mann sei der Vater ihrer beiden Töchter.
- 6
Das Familiengericht hat der Antragsgegnerin antragsgemäß aufgegeben, dem Antragsteller seinen biologischen Vater zu benennen.
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Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, die Antragsgegnerin habe ihre Auskunftsverpflichtung bisher nicht erfüllt, denn die Auskunft, ihr verstorbener Ehemann M.. M. sei der Vater des Antragstellers, aber auch ihrer beiden Töchter, sei unrichtig. Dies ergebe sich aus dem in dem Verfahren 10 F 17/13 AG Trier erstellten Abstammungsgutachten vom 28. Mai 2013, wonach unter der Voraussetzung, dass M. und D. denselben biologischen Vater haben und alle drei Kinder von derselben Mutter abstammen, es offensichtlich unmöglich sei, dass der Antragsteller denselben biologischen Vater habe, wie seine beiden Schwestern. Wenn M. M. der Vater der beiden Töchter sei, könne er nicht Vater des Antragstellers sein.
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Mit der Beschwerde begehrt die Antragsgegnerin in Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Familiengerichts Abweisung des Antrags des Antragstellers, seinen biologischen Vater zu benennen. Sie ist der Ansicht, die beantragte Auskunft erteilt zu haben.
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Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
- 10
Der Auskunftsanspruch des Antragstellers ist erloschen, denn seinem Anspruch steht die von der Antragsgegnerin erhobene rechtsvernichtende Einwendung der Erfüllung entgegen.
- 11
Durch die Erklärung der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2016, ihr verstorbener Ehemann M. M. sei der Vater des Antragstellers, ist der Auskunftsanspruch des Antragstellers erfüllt. Auf die Richtigkeit der Auskunft kommt es grundsätzlich nicht an, denn diese Frage ist vorrangig durch den Anspruch auf eidesstattliche Versicherung und die diesbezügliche Strafdrohung sicherzustellen. Eine offensichtlich unrichtige Auskunft, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH I ZB 87/06) keine Erfüllung darstellt, vermag der Senat für die Erklärung der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2016 nicht festzustellen.
- 12
Die Antragsgegnerin hat in dem von D. betriebenen Verfahren 10 F 291/14 AG Trier nach Festsetzung eines Zwangsgeldes durch Beschluss vom 4. Juli 2016 am 13. Juli 2016 erklärt, der biologische Vater der D. sei M. M., geboren ... 1929, verstorben 1998 in T.. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragsgegnerin am 13. Oktober 2016 erklärt, M. M. sei der Vater des Antragstellers. Nach den Feststellungen in den im Verfahren 10 F 17/13 AG Trier erstellten Gutachten der I. GmbH vom 28. Mai und 21. Oktober 2013 ist aber ausgeschlossen, dass alle drei Geschwister denselben Vater haben. Demzufolge ist eine der beiden Erklärungen der Antragsgegnerin unrichtig. Allein daraus kann aber nicht die offensichtliche Unrichtigkeit der streitgegenständlichen Erklärung der Antragsgegnerin, nach welcher M. M. der Vater des Antragstellers ist, hergeleitet werden. Von einer offensichtlichen Unrichtigkeit dieser Erklärung könnte nur ausgegangen werden, wenn durch ein Gutachten unzweifelhaft nachgewiesen wäre, dass M. M. der Vater der beiden Schwestern des Antragstellers ist. Dies ist aber nicht festgestellt. Den Gutachten der I. GmbH vom 28. Mai und 21. Oktober 2013 kann lediglich entnommen werden, dass es, vorausgesetzt M. und D. haben denselben biologischen Vater und alle drei Kinder stammen von derselben Mutter ab, offensichtlich unmöglich ist, dass der Antragsteller denselben biologischen Vater hat, wie M. und D. Dazu, ob M. M. der Vater der beiden Schwestern oder des Antragstellers ist, enthält das Gutachten keine Feststellungen. Dieser dem Antragsteller obliegende Nachweis ist auch nicht durch das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten des Dr. rer.nat. F. G. vom 15. September 2016 (D.) erbracht. Ausweislich dieses Gutachtens gilt es als „praktisch erwiesen“, dass ein Bruder von S. L., einer Schwester des M. M., biologischer Vater von D. und M. ist. Dagegen gilt es als „praktisch ausgeschlossen“, dass S. L. eine Tante des Antragstellers ist. Da M. M. der einzige Bruder der S. L. ist, sieht es der Antragsteller aufgrund des Gutachtens als erwiesen, dass M. M. nicht sein Vater sein kann. Da das Untersuchungsmaterial für das Gutachten aber ohne Nachweis über durchgeführte Identitätsprüfungen der Beteiligten eingereicht wurde, kann es nicht zur Vorlage bei Behörden oder Gerichten verwendet werden, wie aus dem abschließenden Hinweis im Gutachten bereits hervorgeht. Zum Nachweis der Vaterschaft des M. M. ist das Gutachten demzufolge nicht geeignet.
- 13
Wegen des fehlenden Identitätsnachweises sind auch die zur Frage einer Halbgeschwisterschaft des Antragstellers und seiner Schwestern erstellten Gutachten der D. vom 9. November und 20. Dezember 2012 im vorliegenden Verfahren nicht verwertbar.
- 14
Soweit der Antragsteller aus den widersprüchlichen Erklärungen der Antragsgegnerin zur Vaterschaft der drei Geschwister Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen herleitet, vermag auch dies den Nachweis einer offensichtlichen Unrichtigkeit der hier maßgeblichen Erklärung der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2016 nicht zu erbringen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ist von einer offensichtlichen Unrichtigkeit u.a. auszugehen, wenn das Gegenteil rechtskräftig festgestellt ist (BGH I ZB 87/06). Zweifel an der Wahrheitsgemäßheit, die aus einem gerichtlich nicht verwertbaren Privatgutachten hergeleitet werden, reichen danach zum Nachweis einer offensichtlichen Unrichtigkeit einer Erklärung nicht aus.
- 15
Streitgegenstand ist vorliegend der Anspruch des Antragstellers, von seiner Mutter seinen biologischen Vater zu erfahren. Diese Auskunft hat die Antragsgegnerin am 13. Oktober 2016 erteilt. Den Nachweis, diese Erklärung sei offensichtlich unrichtig, hat der Antragsteller nicht erbracht. Damit hat die Antragsgegnerin den Auskunftsanspruch des Antragstellers erfüllt.
- 16
Der Auskunftsanspruch des Antragstellers ist danach unbegründet, weshalb sein Antrag auf die Beschwerde der Antragsgegnerin in Abänderung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen ist.
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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
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(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.