Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 04. Sept. 2013 - 13 WF 682/13
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - St. Goar vom 03.06.2013, mit welchem angeordnet wurde, dass die Antragstellerin einen eventuellen Erlös aus dem Hausverkauf zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden hat, aufgehoben.
Gründe
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Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 120 Abs. 4, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
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Das Familiengericht war nicht berechtigt, die der Antragstellerin mit Beschluss vom 16.07.2012 ohne Anordnung von Zahlungen bewilligte Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 03.06.2013 dahin abzuändern, dass die Antragstellerin einen eventuellen Erlös aus dem Hausverkauf zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden hat.
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Es ist nicht ersichtlich, dass der aus dem beabsichtigten Verkauf des Anwesens ... zu erzielende Erlös einen nachträglichen Vermögenszuwachs i.S. des § 120 Abs. 4 ZPO darstellt. Denn durch den Verkauf des Hausgrundstücks wird lediglich ein bereits vorhandener - seinerzeit bei Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe illiquider - Vermögenswert realisiert; die wirtschaftlichen Verhältnisse des Hilfebedürftigen ändern sich hierdurch nicht.
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Steht der Verkauf eines Hauses bevor oder hat er verfahrenskostenhilferechtlich zu erfolgen, ist somit bereits im Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschluss der Einsatz des Erlöses zwecks Begleichung der Verfahrenskosten anzuordnen (vgl. OLG Köln FamRZ 2007, 296). Dies hat grundsätzlich in der Art zu erfolgen, dass die Pflicht zum Vermögenseinsatz bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem bei entsprechender Anstrengung mit dem Verkauf des Hauses gerechnet werden kann, gestundet wird (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 138, OLG Koblenz FamRZ 2006, 1285 und OLG Nürnberg Rpfleger 1995, 260). Des Weiteren ist auch der aus dem Vermögen zu zahlende Betrag in der Bewilligungsentscheidung der Höhe nach festzulegen. Das entspricht der herrschenden Meinung und ergibt sich überdies aus § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Nur so ist überprüfbar, ob z.B. die Schonvermögensgrenzen beachtet wurden (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2006, 1285). Hierzu sind die dem bedürftigen Beteiligten voraussichtlich erwachsenden Verfahrenskosten (Gerichts- und Anwaltskosten) zu ermitteln. Soweit dies im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch nicht exakt möglich ist, ist der Einsatz des Vermögens bis zu einem bestimmten Höchstbetrag anzuordnen. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt für weitere Folgesachen ebenfalls Verfahrenskostenhilfe beantragt und gewährt werden, ist die aus dem Vermögen angeordnete Zahlung dabei zu erhöhen.
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Nachdem nicht erkennbar ist, weshalb das Haus seinerzeit bei Erlass des Beschlusses am 16.07.2012 noch nicht verfahrenskostenhilferechtlich zu verwerten war, war die angefochtene Abänderungsentscheidung vom 03.06.2013 aufzuheben. Sollte das Haus seinerzeit allerdings z.B. noch zum verfahrenskostenhilferechtlich geschützten Vermögen gehört haben, dürfte auch die hiesige Entscheidung einer späteren Anordnung der Begleichung der Verfahrenskosten aus dem die Schonvermögensbeträge übersteigenden Erlös nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht entgegenstehen.
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Des Weiteren wird eine Verwertungspflicht des Hauses auch bei zukünftigen Verfahrenskostenhilfeanträgen der Antragstellerin z.B. in Bezug auf weitere Folgesachen zu beachten sein. Denn insoweit liegt mit dem Beschluss vom 16.07.2012, welcher nur die damals bereits anhängige Scheidung nebst Folgesache Versorgungsausgleich umfasste, noch keine die besonderen Abänderungsvoraussetzungen des § 120 Abs. 4 ZPO auslösende Erstentscheidung vor.
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Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO sowie Nr. 1912 KV FamGKG entbehrlich.
Annotations
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.
(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.
(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,
- 1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken; - 2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.
(4) (weggefallen)
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung