Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 27. Aug. 2012 - 13 UF 431/12

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2012:0827.13UF431.12.0A
bei uns veröffentlicht am27.08.2012

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Koblenz vom 23.05.2012 teilweise abgeändert:

Das Urteil des Amtsgerichts Gizycko/Polen vom 11. September 2000 (R III 178/99), wonach der Antragsgegner an die Antragstellerin monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 700,00 Zloty zu zahlen hat, ist für die Zeit ab September 2011 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens 1. und 2. Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die am … 1990 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie lebt in Polen und ist polnische Staatsangehörige. Mit Urteil des Amtsgerichts Gizycko/Polen vom 11. September 2000 (R III 178/99) wurde der Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin einen monatlichen Unterhalt von 700 Zloty zu zahlen. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 14. Mai 2012 eingegangenen Antrag, den Unterhaltstitel für vollstreckbar zu erklären.

2

Das Amtsgericht entsprach diesem Antrag durch den angefochtenen Beschluss, der Tenor lautet allerdings, der Antragsgegner werde verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem - nach Berichtigung - 01.05.2000 einen monatlichen Unterhalt von 700,00 Zloty zu zahlen. Die Entscheidung wird in den Gründen auf die Verordnung (EG) 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (EuUnthVO) und auf das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten vom 23.05.2011 (AUG) gestützt und der Antrag als solcher auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des polnischen Titels gekennzeichnet.

3

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er macht geltend, die Antragstellerin sei inzwischen volljährig; er sei zudem nicht leistungsfähig. Zudem habe er bis August 2011 monatlichen Unterhalt in Höhe von 185,00 € gezahlt; das wird von der Antragstellerin ausdrücklich eingeräumt.

4

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Versagung der Vollstreckbarerklärung dürfe nach Art 34 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 nur aus einem der in Art 24 der Verordnung aufgeführten Gründe erfolgen und ein solcher liege nicht vor.

II.

5

Die Beschwerde hat teilweise Erfolg, soweit nämlich unstreitig der titulierte Unterhalt gezahlt ist, also bis August 2011, für die Folgezeit ist sie unbegründet.

6

1. Das Amtsgericht geht zutreffend davon aus, maßgebende Rechtsgrundlage sei hier die Verordnung (EG) 4/2009, weil die Vollstreckung erst nach dem 17.06.2011 eingeleitet wurde. Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (EuUnthVO) und das zur Ausführung erlassene Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (Auslandsunterhaltsgesetz - AUG) sind zum 18. Juni 2011 in Kraft getreten (Art. 76 EuUnthVO und Art. 20 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung vom 23. Mai 2011 BGBl. I 898, 919) und gelten nicht für die bei ihrem Inkrafttreten bereits eingeleiteten Vollstreckbarkeitsverfahren, wohl aber für die - wie hier - danach eingeleiteten (Art. 75 Abs. 1 EuUnthVO und § 77 Nr. 1 AUG; vgl. BGH XII ZB 187/10- FamRZ 2011, 1568 - und Heger/Selg FamRZ 2011, 1101 ff.).

7

2. Weiter ist zutreffend, dass Versagungsgründe im Sinne von Art 24 der Verordnung nicht vorliegen; solche werden auch nicht geltend gemacht.

8

3. Nach § 44 AUG kann der Schuldner mit der Beschwerde aber auch (materielle) Einwendungen gegen den Anspruch selbst geltend machen, soweit die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlass der Entscheidung entstanden sind. Derartigen Einwendungen sind allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht solche, die im Wege einer Abänderungsklage geltend zu machen wären, denn die Abänderung greift in die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung ein (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2011, 802, m. zahlreichen Nachweisen und m. Anm. Heiderhoff). Derartige Einwände, die eine Abänderung rechtfertigen können, sind die der inzwischen eingetretenen Volljährigkeit der Antragstellerin und der mangelnden Leistungsfähigkeit des Antragsgegners. Diese Gründe können also der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Erst recht kommt die vom Antragsgegner seinerseits beantragte Abänderung im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht; (diese müsste vor dem polnischen Gericht beantragt werden).

4.

9

a. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - zu § 12 des Annerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes (AVAG) - kann der Schuldner allerdings rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen erheben und auch mit seiner Beschwerde jedenfalls dann einwenden, dass die im Ursprungsstaat titulierte Forderung nachträglich "ganz oder teilweise" erfüllt wurde, wenn der Erfüllungseinwand unstreitig ist (BGH a.a.O.). Dabei beschränkt sich der im Vollstreckbarkeitsverfahren zu berücksichtigende Einwand der Erfüllung nicht auf eine Erfüllung des gesamten geschuldeten Unterhalts, es kann auch die teilweise Erfüllung geltend gemacht werden (BGH a.a.O.). Diese Rechtsprechung gilt auch im Anwendungsbereich des hier maßgebenden - gleichlautenden - § 44 AUG (vgl. Heger/Selg, a.a.O., Dose in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. § 9 Rn 678). Der Antragsgegner hat zugestandenermaßen seine Unterhaltspflicht bis August 2011 erfüllt. Das heißt, der Antragsgegner kann sich mit Erfolg für die Zeit bis einschließlich August 2011 auf Erfüllung berufen. Insoweit ist der Antrag unbegründet.

10

b. Allerdings hat der EuGH am 13.10.2011 - C-139/10 - entschieden, Art 45 der Verordnung EG Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 lasse nur Einwendungen Im Sinne von Art 33, 34 dieser VO zu; unzulässig ist danach eine „Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, der mit der Entscheidung, deren Vollstreckung beantragt wurde, abgeschlossenen Rechtssache“. Die genannten Vorschriften entsprechen inhaltlich im Wesentlichen denen der Art 34 und 24 der Verordnung EG 4/2009. Von daher stellt sich die Frage, ob diese Vorschriften im Beschwerdeverfahren - entgegen dem Wortlaut von § 44 AUG, wonach auch nachträglich entstandene Einwendungen gegen den Anspruch selbst im Beschwerderverfahren geltend gemacht werden können - einschränkend in diesem Sinne auszulegen sind.

11

c. Der BGH hat in einer nach der Entscheidung des EuGH ergangenen Entscheidung vom 12.07.2012 - IX ZB 267/11 - festgestellt , im Verfahren der Vollstreckbarerklärung könne sich der Schuldner nicht mit Erfolg auf materiell-rechtliche Einwendungen berufen, die weder rechtskräftig festgestellt, noch unstreitig seien. Ob die Entscheidung des EuGH dazu nötige, auch die Berufung auf alle, auch liquide materiell-rechtliche Einwände für unzulässig zu halten, hat der BGH ausdrücklich offen gelassen. Dies spricht dafür, nach wie vor rechtsvernichtende Einwände zuzulassen, soweit sie unstreitig oder rechtkräftig festgestellt sind. Dem EuGH ging es nach der Beschlussbegründung im Wesentlichen um die Klarstellung, es dürfe in dem formellen Verfahren der Vollstreckbarerklärung keine irgendwie geartete Überprüfung der Richtigkeit der Ausgangsentscheidung stattfinden; generell sei dieses Verfahren nicht zur Prüfung materieller Fragen vorgesehen und geeignet. Dies schließt es aber nicht aus, offensichtlich begründete rechtsvernichtende Einwendungen wie die Erfüllung zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig sind. Denn damit wird weder in die Ausgangsentscheidung eingegriffen, noch ist eine materielle Prüfung des Anspruchs insoweit erforderlich.

12

5. Damit geht es nur noch um die Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen für die Zeit ab September 2011, also nach dem 18.06.2011 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 und des AUG).

13

a. Insoweit stellt sich die Frage, ob der Titel insoweit überhaupt für vollstreckbar erklärt werden muss oder ob er nicht ohne Weiteres nach Art 17 der Verordnung vollstreckbar ist (so OLG München, Beschluss vom 13.02.2012, - 12 UF 48/12 - juris, OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.01.2012, 17 UF 331/11 -juris).

14

b. Nach Art 75 Abs.1 der VO EG 4/2009 findet diese nur auf Verfahren Anwendung, die nach dem Datum ihrer Anwendbarkeit eingeleitet werden, d.h. auf ab dem 18.6. 2011 eingeleitete Verfahren. Nach Artikel75 Abs. 2 a) finden Kapitel IV, Abschnitte 2 und 3 Anwendung auf Entscheidungen, die in den Mitgliedsstaaten vor dem Tag des Beginns der Anwendbarkeit dieser Verordnung ergangen sind und deren Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach diesem Zeitpunkt beantragt wird; eine derartiges Verfahren liegt hier vor. Der Titel stammt aus dem Jahre 2000, der Antrag wurde im Jahre 2012 gestellt.

15

c. Kapitel IV Abschnitt 2 der Verordnung betrifft an sich Verfahren, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, der nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist. Das sind lediglich Dänemark und das Vereinigte Königreich (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO , 33. Aufl. Vorbem vor Art 1 EuUntVO, Rn 30), nicht aber Polen. Gleichwohl gelten die in Abschnitt 2 genannten Vorschriften aufgrund der Verweisung in Art 75 Abs. 2 a) der Verordnung auch für die hier in Polen ergangene Entscheidung. Dementsprechend ist auch Art 26 der Verordnung anzuwenden, wonach Titel in Deutschland nur vollstreckbar sind, wenn sie für vollstreckbar erklärt wurden. Dem wird die Entscheidung des Amtsgerichts für die Zeit ab September 2011 gerecht.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs. 1 AUG i.V.m. § 788 Abs. 1 ZPO, § 40 Abs. 2 AUG.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 788 Kosten der Zwangsvollstreckung


(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der

Auslandsunterhaltsgesetz - AUG 2011 | § 40 Entscheidung


(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begrün

Auslandsunterhaltsgesetz - AUG 2011 | § 77 Übergangsvorschriften


(1) Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels richtet sich für die am 18. Juni 2011 bereits eingeleiteten Verfahren nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz in der Fassung vom 3. Dezember 2009 (

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Aug. 2011 - XII ZB 187/10

bei uns veröffentlicht am 03.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 187/10 vom 3. August 2011 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja EuGVVO (= Brüssel I-VO) Artt. 34 Nr. 2, 45; EuZVO 2000 Art. 8 a) Art. 34 Nr. 2 EuGVVO stellt nicht auf die

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(1) Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels richtet sich für die am 18. Juni 2011 bereits eingeleiteten Verfahren nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz in der Fassung vom 3. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3830) im Anwendungsbereich

1.
der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1),
2.
des Abkommens vom 19. Oktober 2005 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 299 vom 16.11.2005, S. 62),
3.
des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 339 vom 21.12.2007, S. 3),
4.
des Übereinkommens vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1994 II S. 2658) und
5.
des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (BGBl. 1986 II S. 826).

(2) Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels richtet sich für Verfahren mit förmlicher Gegenseitigkeit (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3), die am 18. Juni 2011 bereits eingeleitet sind, nach dem Auslandsunterhaltsgesetz vom 19. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2563), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 10 des Gesetzes vom 17. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3171) geändert worden ist.

(3) Die gerichtliche Zuständigkeit für am 18. Juni 2011 noch nicht abgeschlossene Unterhaltssachen und anhängige Verfahren auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe bleibt unberührt.

(4) Die §§ 30 bis 34 sind nur auf Titel anwendbar, die auf der Grundlage des Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das anwendbare Recht (ABl. L 331 vom 16.12.2009, S. 19) ergangen sind.

(5) Die §§ 16 bis 19 sind auch auf Ersuchen anzuwenden, die bei der zentralen Behörde am 18. Juni 2011 bereits anhängig sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 187/10
vom
3. August 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
EuGVVO (= Brüssel I-VO) Artt. 34 Nr. 2, 45; EuZVO 2000 Art. 8

a) Art. 34 Nr. 2 EuGVVO stellt nicht auf die formal ordnungsgemäße Zustellung des
verfahrenseinleitenden Schriftstücks nach Art. 8 EuZVO 2000, sondern auf die tatsächliche
Wahrung der Verteidigungsrechte ab. Diese gelten als gewahrt, wenn
der Beklagte Kenntnis vom laufenden Gerichtsverfahren erlangt hat und deswegen
seine Rechte geltend machen konnte (im Anschluss an EuGH Slg. 2009,
I-3571 und Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007
- XII ZB 240/05 - FamRZ 2008, 586).

b) Im Hinblick auf den Zweck des Art. 34 Nr. 2 EuGVVO, das rechtliche Gehör des
Beklagten zu gewährleisten, gilt als Einlassung im Sinne der Vorschrift jedes Verhandeln
, aus dem sich ergibt, dass der Beklagte von dem gegen ihn eingeleiteten
Verfahren Kenntnis erlangt und die Möglichkeit der Verteidigung gegen den Angriff
des Klägers erhalten hat, es sei denn, sein Vorbringen beschränkt sich darauf,
den Fortgang des Verfahrens zu rügen, weil das Gericht unzuständig sei oder weil
die Zustellung nicht so erfolgt sei, dass er sich verteidigen könne. Ein Beklagter,
der sich auf das Verfahren eingelassen hat, kann sich zumindest dann nicht mehr
auf das Vollstreckungshindernis berufen, wenn er Gelegenheit zur Verteidigung
erhalten hat (im Anschluss an EuGH NJW 1993, 2091).

c) Grundsätzlich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen
ordre public dann ausgeschlossen, wenn der Antragsgegner des Vollstreckbarkeitsverfahrens
im Erkenntnisverfahren nicht alle nach dem Recht des Ursprungsstaates
statthaften, zulässigen und zumutbaren Rechtsmittel ausgeschöpft hat (im
Anschluss an den Senatsbeschluss BGHZ 182, 188 = FamRZ 2009, 1816). Weil
dadurch die Rechtsposition des Beklagten nicht unerheblich eingeschränkt wird,
setzt dies voraus, dass der Beklagte nicht nur von der Existenz eines Urteils, sondern
auch von dessen genauem Inhalt Kenntnis erlangt hat.
BGH, Beschluss vom 3. August 2011 - XII ZB 187/10 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. August 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Schilling
und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen. Beschwerdewert: bis 2.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit der Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus dem Urteil des polnischen Amtsgerichts S. vom 26. November 2008.
2
Der am 14. Juni 2007 nichtehelich geborene Antragsteller lebt bei seiner Mutter in Polen. Die Klageschrift in dem polnischen Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft, Zahlung von Kindesunterhalt und weiterer, mit der Vaterschaft verbundener Ansprüche wurde dem Antragsgegner am 7. Dezember 2007 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten vom 29. Mai 2000 (im Folgenden: EuZVO 2000) an seinem Wohnort in Deutschland zugestellt. Mit Zustellung der Klageschrift wurde dem Antragsgegner ein Formular nach Art. 8 EuZVO 2000 ausgehändigt, wonach er die Annahme des Schriftstücks verweigern darf, wenn es nicht in einer in dieser Vorschrift genannten Sprache, also der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder einer Sprache des Übermittlungsmitgliedstaats, die der Empfänger versteht, abgefasst ist. Noch am gleichen Tag erschien der Antragsgegner bei der deutschen Empfangsstelle und gab die zugestellten Unterlagen mit dem Bemerken zurück, er habe mit dieser Sache nichts zu tun. Er kenne weder das Kind noch die Mutter. Er wohne an der angegebenen Adresse , sein Geburtsdatum stimme aber nicht mit dem der "wohl gemeinten" Person überein. Unter Hinweis auf die verweigerte Entgegennahme der Klageschrift sandte das deutsche Amtsgericht das Ersuchen an das polnische Amtsgericht zurück.
3
In der Folgezeit wurde zur Frage der Vaterschaft des Antragsgegners ein DNA-Gutachten eingeholt. Die Blutprobe des Antragsgegners wurde im Wege der Rechtshilfe entnommen und dem polnischen Sachverständigen übersandt. Das Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit Vater des Antragstellers ist. Mit Urteil vom 26. November 2008 wurde die Vaterschaft festgestellt und der Antragsgegner verurteilt, an den Antragsteller ab dem 14. Juni 2007 monatlichen Unterhalt in Höhe von 600 PLN zu zahlen. Dem Antragsgegner wurden die Gerichtskosten , die Kosten für Übersetzungen in Höhe von 383,84 PLN und die Kosten für die Erstellung des DNA-Gutachtens in Höhe von 1.863 PLN auferlegt.
4
Das Landgericht hat die Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus dem Urteil des polnischen Amtsgerichts S. vom 26. November 2008 für in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er seinen Abweisungsantrag weiterverfolgt.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist nach Art. 44 i.V.m. Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO = Brüssel I-VO) i.V.m. § 15 Abs. 1 AVAG und § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung erforderlich.
6
1. Zutreffend sind die Instanzgerichte davon ausgegangen, dass sich die Vollstreckbarkeit des polnischen Unterhaltstitels in der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften der EuGVVO richtet. Die Verordnung ist für die Bundesrepublik Deutschland am 1. März 2002 in Kraft getreten und gilt für Polen seit dem 1. Mai 2004. Die neue Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008 (EuUnthVO) und das zur Ausführung erlassene Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (Auslandsunterhaltsgesetz - AUG) sind erst zum 18. Juni 2011 in Kraft getreten (Art. 76 EuUnthVO und Art. 20 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung vom 23. Mai 2011 BGBl. I 898, 919) und gelten nicht für die bei ihrem Inkrafttreten bereits eingeleiteten Vollstreckbarkeitsverfahren (Art. 75 Abs. 1 EuUnthVO und § 77 Nr. 1 AUG; vgl. insoweit Heger/Selg FamRZ 2011, 1101 ff. und Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 675 ff.).
7
2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht die inländische Vollstreckbarkeit nicht nach Art. 45 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Nr. 2 EuGVVO versagt.
8
a) Soweit der Antragsgegner einwendet, der Antrag in dem polnischen Ausgangsverfahren sei ihm nicht so rechtzeitig zugestellt worden, dass er sich gegen die Klage verteidigen konnte, hat das Oberlandesgericht dies mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.
9
aa) Die Zustellung der Klageschrift in dem polnischen Ausgangsverfahren erfolgte am 7. Dezember 2007 nach den Vorschriften der EuZVO 2000. Die neue Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken" ) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates, vom 13. November 2007 (EuZVO 2007), ist nach ihrem Art. 26 erst zum 13. November 2008 in Kraft getreten und galt deswegen bei den hier relevanten Zustellungen noch nicht.
10
Die Erwägungsgründe 2 der EuZVO 2000 führen zum Zweck der Verordnung Folgendes aus: „Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts muss die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Ziviloder Handelssachen, die in einem Mitgliedstaat zugestellt werden sollen, zwischen den Mitgliedstaaten verbessert und beschleunigt werden." Nach dem Erwägungsgrund 7 erfordert die gebotene schnelle Übermittlung "den Einsatz aller geeigneten Mittel, wobei bestimmte Anforderungen an die Lesbarkeit und die Übereinstimmung des empfangenen Schriftstücks mit dem Inhalt des ver- sandten Schriftstücks zu beachten sind. Aus Sicherheitsgründen muss das zu übermittelnde Schriftstück mit einem Formblatt versehen sein, das in der Sprache des Ortes auszufüllen ist, an dem die Zustellung erfolgen soll, oder in einer anderen vom Empfängerstaat anerkannten Sprache."
11
Um die Interessen des Empfängers zu wahren, erfolgt die Zustellung nach Erwägungsgrund 10 „in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Orts, an dem sie vorgenommen wird, oder in einer anderen Sprache des Übermittlungsmitgliedstaats, die der Empfänger versteht." Entsprechend ist nach Art. 8 EuZVO 2000 der Empfänger davon in Kenntnis zu setzen, dass er die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks verweigern darf, wenn dieses in einer anderen als der genannten Sprache abgefasst ist. Insoweit ist in Erwägungsgrund 8 der EuZVO 2000 allerdings ausdrücklich ausgeführt: "Um die Wirksamkeit dieser Verordnung zu gewährleisten, ist die Möglichkeit, die Zustellung von Schriftstücken zu verweigern, auf Ausnahmefälle beschränkt."
12
Bei der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Möglichkeit zur Verweigerung der Annahme nach Art. 8 EuZVO 2000 kann auch der weitere Zweck der Verordnung, eine Vollstreckbarkeit der nachfolgenden Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, nicht außer Betracht bleiben (vgl. EuGH FamRZ 2009, 1471 Rn. 50 ff.). Die insoweit hier anwendbare EuGVVO will für die Vollstreckbarkeit ein angemessenes Gleichgewicht schaffen zwischen dem gegenseitigen Vertrauen in die Justiz einerseits, das es rechtfertigt, die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich von Rechts wegen anzuerkennen und zu vollstrecken, und der Wahrung der Verteidigungsrechte andererseits, die dem Schuldner einen in einem streitigen Verfahren zu prüfenden Rechtsbehelf ermöglichen, wenn er einen Grund für die Versagung der Vollstreckung geltend macht.
13
Art. 34 Nr. 2 EuGVVO stellt nicht mehr auf die formal ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks ab, wie dies noch in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ der Fall war, sondern auf die tatsächliche Wahrung der Verteidigungsrechte. Diese gelten als gewahrt, wenn der Beklagte Kenntnis vom laufenden Gerichtsverfahren erlangt hat und deswegen seine Rechte geltend machen konnte (EuGH Slg. 2009, I-3571 Rn. 73, 75; Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 27). Diese Änderung stützt zugleich die Auslegung des Begriffs eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks, das den Beklagten zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs von dem gegen ihn gerichteten gerichtlichen Verfahren in Kenntnis setzen soll. Durch die rechtzeitige Zustellung soll der Beklagte in die Lage versetzt werden, seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren des Übermittlungsstaats geltend zu machen. Einem solchen Schriftstück müssen sich deswegen zumindest Gegenstand und Grund des Antrags sowie die Aufforderung entnehmen lassen, sich vor Gericht einzulassen (EuGH NJW 2008, 1721 Rn. 66 ff., 73; vgl. auch Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 34 EuGVO Rn. 30 und Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. § 34 EuGVVO Rn. 91).
14
bb) Unter Berücksichtigung dessen hat das Oberlandesgericht mit zutreffenden Gründen eine berechtigte Annahmeverweigerung im Sinne von Art. 8 EuZVO 2000 i.V.m. Art. 34 Nr. 2 EuGVVO wegen fehlender Übersetzung der Klageschrift verneint.
15
Zwar steht die erst nachträgliche Rückgabe der Klageschrift durch den Antragsgegner einer berechtigten Annahmeverweigerung nach Art. 8 EuZVO 2000 nicht entgegen. Denn die Entscheidung, die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks wegen fehlender Übersetzung zu verweigern, muss nicht sofort bei Übergabe fallen. Insbesondere im Falle einer Ersatzzustellung durch Einle- gung in den Briefkasten nach § 180 ZPO muss dem Zustellungsempfänger die Möglichkeit verbleiben, eine Zustellung in angemessener Frist auch nachträglich zu verweigern (vgl. Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Art. 8 EuZVO Rn. 4).
16
Eine nach Art. 8 EuZVO 2000 zulässige Annahmeverweigerung wegen nicht ausreichender Übersetzung liegt hier schon nicht vor. Ausweislich des Vermerks der Empfangsstelle hat der Antragsgegner die Annahme nicht wegen fehlender Übersetzung, sondern deswegen verweigert, weil er behauptet hat, mit dem Verfahren nichts zu tun zu haben. Er kenne weder das Kind noch die Mutter und sein Geburtsdatum stimme, trotz richtig angegebener Adresse, nicht mit dem Geburtsdatum des Beklagten in der Klageschrift überein. Diese Begründung der Annahmeverweigerung ist dem polnischen Amtsgericht vom Rechtshilfegericht auch mitgeteilt worden. Auf dieser Grundlage ist das polnische Gericht von einer Einlassung des Antragsgegners zur Sache ausgegangen und hat nicht im Versäumnisverfahren entschieden. Aufgrund seiner Einlassung hatte das polnische Ausgangsgericht auch keine Veranlassung mehr, die jetzt behauptete fehlende Übersetzung nachzureichen. Denn schon auf der Grundlage der EuZVO 2000 konnte der Mangel einer nicht ausreichenden Übersetzung dadurch geheilt werden, dass die geforderte Übersetzung nachgereicht wird (EuGH NJW 2006, 491 Rn. 37 ff.). Die an die Stelle der hier anwendbaren EuZVO 2000 getretene neue EuZVO 2007 sieht eine solche Heilungsmöglichkeit nunmehr sogar ausdrücklich in Art. 8 Abs. 3 vor.
17
Weil der Antragsgegner sich nicht nach Art. 8 EuZVO 2000 i.V.m. Art. 34 Nr. 2 EuGVVO auf eine fehlende Übersetzung berufen hat, kommt es nicht darauf an, ob eine solche Übersetzung in die deutsche Sprache tatsächlich fehlte. Dagegen spricht allerdings, dass das polnische Amtsgericht dem Antragsgeg- ner die konkret bezifferten Kosten für Übersetzungen in dem Ausgangsverfahren auferlegt hat.
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cc) Der Antragsgegner, der die Annahme der Klageschrift im polnischen Ausgangsverfahren nicht wegen fehlender Übersetzung verweigert hatte, hat sich stattdessen in jenem Verfahren zur Sache eingelassen. Auch dies steht nach Art. 45 Abs. 1, 34 Nr. 2 EuGVVO einem Vollstreckungshindernis entgegen. Denn der Schutz des § 34 Nr. 2 EuGVVO beschränkt sich ausdrücklich auf solche Beklagte, die sich auf das Verfahren nicht eingelassen haben.
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Der Begriff der Einlassung ist dabei unionsrechtlich autonom zu bestimmen. Im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, das rechtliche Gehör des Beklagten zu gewährleisten, gilt als Einlassung im Sinne der Vorschrift jedes Verhandeln , aus dem sich ergibt, dass der Beklagte von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren Kenntnis erlangt und die Möglichkeit der Verteidigung gegen den Angriff des Klägers erhalten hat, es sei denn, sein Vorbringen beschränkt sich darauf, den Fortgang des Verfahrens zu rügen, weil das Gericht unzuständig sei oder weil die Zustellung nicht so erfolgt sei, dass er sich verteidigen könne (Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 34 EuGVO Rn. 27; Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rn. 109 ff.; Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Art. 34-36 EuGVVO Rn. 20). Entsprechend hatte der Europäische Gerichtshof bereits zur Vorgängerregelung des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ entschieden, dass sich ein Beklagter, der sich auf das Verfahren eingelassen hat, zumindest dann nicht mehr auf das Vollstreckungshindernis berufen kann, wenn er Gelegenheit zur Verteidigung erhalten hat (EuGH NJW 1993, 2091 Rn. 36 ff.).
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Auf die Rechtsfrage, ob eine das Vollstreckungshindernis des Art. 34 Nr. 2 EuGVVO ausschließende Einlassung auch dann vorliegt, wenn die Ein- lassung zur Sache neben der Rüge einer unwirksamen Zustellung oder der Unzuständigkeit des Gerichts erfolgt, kommt es hier nicht an (zum Streit vgl. EuGH Slg. 1981, 1671 Rn. 14, EuGH Slg. 1981, 2431 und OGH Wien ZfRV 2000, 112). Denn der Antragsgegner hat im Ausgangsverfahren nicht eine fehlende Übersetzung der Klageschrift gerügt, sondern sich darauf beschränkt, in der Sache vorzutragen. Seine Einlassung, er kenne weder das Kind noch die Mutter und sei nicht als Beklagter gemeint, zielt auf eine fehlende Passivlegitimation und richtet sich somit gegen die Begründetheit der Klage (vgl. Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. vor § 253 Rn. 25).
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Auch die weitere Frage, ob eine Einlassung des Beklagten im Sinne des Art. 34 Nr. 2 EuGVVO darin zu erblicken ist, dass er durch Abgabe einer Blutprobe an der vom Gericht angeordneten Beweisaufnahme durch Einholung eines DNA-Gutachtens mitgewirkt hat, kann hier dahinstehen. Denn der Antragsgegner hatte sich bereits zuvor entschieden, nicht die unterbliebene Übersetzung nach Art. 8 EuZVO 2000 zu rügen, sondern sich in der Sache selbst einzulassen.
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b) Schließlich entfällt ein Vollstreckungshindernis nach Art. 45 Abs. 1, 34 Nr. 2 EuGVVO auch deswegen, weil der Antragsgegner gegen das Ausgangsurteil des polnischen Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt hat, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.
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Grundsätzlich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public dann ausgeschlossen, wenn der Antragsgegner des Vollstreckbarkeitsverfahrens im Erkenntnisverfahren nicht alle nach dem Recht des Ursprungsstaates statthaften, zulässigen und zumutbaren Rechtsmittel ausgeschöpft hat (Senatsbeschluss BGHZ 182, 188 = FamRZ 2009, 1816 Rn. 40 mwN). Für die Rüge einer nicht rechtzeitigen Zustellung des verfahrenseinlei- tenden Schriftstücks ist dies in § 34 Nr. 2 EuGVVO ausdrücklich geregelt. Diese Regelung lässt sich damit rechtfertigen, dass über Verfahrensfehler möglichst sachnah im Ursprungsstaat entschieden werden soll. Zudem ist die prozessuale Lage, auf der das Vollstreckungshindernis des Art. 34 Nr. 2 EuGVVO beruht, wenn der Beklagte das verfahrenseinleitende Schriftstück zwar nicht rechtzeitig erhalten, von der anhängigen Klage aber in einem späteren Stadium, z. B. durch Zustellung des Urteils, erfahren hat, durch die weitere Entwicklung überholt. Dadurch wird die Rechtsposition des Beklagten allerdings nicht unerheblich eingeschränkt. Erforderlich ist deshalb, dass der Beklagte nicht nur von der Existenz eines Urteils, sondern auch von dessen genauem Inhalt Kenntnis erlangt (Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht 9. Aufl. Art. 34 EuGVO Rn. 42; Geimer in Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rn. 94 ff.; Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Art. 34-36 EuGVVO Rn. 19). Selbst wenn der Beklagte erst im Vollstreckbarerklärungsverfahren nach Art. 42 Abs. 2 EuGVVO vom Inhalt der Entscheidung Kenntnis erlangt, ist er verpflichtet, die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung im Ausgangsstaat einzulegen (vgl. BGH Beschlüsse vom 17. Dezember 2009 - IX ZB 124/08 - NJW-RR 2010, 571 und vom 21. Januar 2010 - IX ZB 193/07 - NJW-RR 2010, 1001).
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Gegen das Urteil des polnischen Amtsgerichts war nach Art. 367 des polnischen Zivilverfahrensgesetzbuches (ZVGB) eine Berufung zulässig. Nach dem Inhalt der Entscheidung und der ausdrücklichen Stellungnahme des Bezirksgerichts im Vollstreckbarkeitsverfahren hatte das Amtsgericht berücksichtigt , dass der Antragsgegner auf die Zustellung der Klageschrift in der Sache geantwortet hatte und deswegen nicht in Form eines Versäumnisurteils entschieden. Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsgegner nach Art. 1135 § 1 und 2 ZVGB keine weiteren Zustellungen zugegangen sind und ihm auch das Urteil des Amtsgerichts nicht zugestellt wurde, liegen nicht vor (vgl. insoweit Senatsbeschluss BGHZ 182, 188 = FamRZ 2009, 1816 Rn. 41 ff.). Zwar sind die Versagungsgründe des § 34 EuGVVO im Vollstreckbarkeitsverfahren von Amts wegen auch ohne eine entsprechende Rüge des Beklagten zu prüfen. Dabei besteht allerdings keine Verpflichtung des Beschwerdegerichts, die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln (Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05 - FamRZ 2008, 586 Rn. 22 ff.). Eine fehlende Zustellung des polnischen Ausgangsurteils hat der Antragsgegner im Vollstreckbarkeitsverfahren nicht behauptet.
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3. Weil auch keine sonstigen Gründe gegen eine Versagung der Vollstreckbarkeit des Unterhaltsausspruchs aus dem polnischen Urteil vom 26. November 2008 im Sinne der Art. 45 Abs. 1, 34 f. EuGVVO ersichtlich sind, hat das Oberlandesgericht die Beschwerde des Antragsgegners gegen die angeordnete Vollstreckbarkeit zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 04.12.2009 - 3 O 521/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.04.2010 - 8 W 1/10 -

(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 oder auf den jeweils auszuführenden völkerrechtlichen Vertrag sowie auf von dem Antragsteller vorgelegte Urkunden. Auf die Kosten des Verfahrens ist § 788 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(2) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Die Kosten sind dem Antragsteller aufzuerlegen.

(3) Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an die Beteiligten wirksam.

(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

(3) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.

(4) Die Kosten eines Verfahrens nach den §§ 765a, 811a, 811b, 829, 850k, 851a, 851b, 900 und 904 bis 907 kann das Gericht ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht.

(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 oder auf den jeweils auszuführenden völkerrechtlichen Vertrag sowie auf von dem Antragsteller vorgelegte Urkunden. Auf die Kosten des Verfahrens ist § 788 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(2) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Die Kosten sind dem Antragsteller aufzuerlegen.

(3) Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an die Beteiligten wirksam.