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| Am 21.07.2015 kam es in B. zu einem Verkehrsunfall, an welchem der Kläger mit seinem Motorrad beteiligt war. Die Beklagte ist die für das Fahrzeug des Unfallgegners zuständige Haftpflichtversicherung. Der Kläger wurde verletzt; an seinem Motorrad entstand Sachschaden. Unstreitig ist die Entwicklung der Verletzungen beim Kläger noch nicht abgeschlossen; es ist mit Folge- und Spätschäden zu rechnen. |
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| Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 29.07.2015 wandte sich der Kläger an die Beklagte. Zwischen den Parteien entwickelte sich eine Korrespondenz, in deren Verlauf der Kläger Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlung verlangte. Der Kläger ging dabei von einer alleinigen Verantwortung des Unfallgegners und mithin von einer Haftungsquote von 100 % aus. Im Verlauf der Korrespondenz machte die Beklagte zunächst geltend, sie besitze noch keine ausreichenden Informationen zum Unfallablauf, da sie noch keine Einsicht in die polizeiliche Ermittlungsakte habe nehmen können. |
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| Mit Schreiben vom 28.09.2015 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten einen Aktenauszug aus der Ermittlungsakte. Mit weiterem Schreiben vom selben Tag erklärte der Prozessbevollmächtigte: |
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| „Wir geben Gelegenheit zur Bestätigung Ihrer Eintrittspflicht dem Grunde nach mit der Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils zu 100 % bis zum 12.10.2015 - eingehend -. Bei erneutem fruchtlosem Verstreichen dieser Frist werden wir dem Mandanten empfehlen, sofort Feststellungsklage einzureichen“. |
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| Im selben Schreiben verlangte der Prozessbevollmächtigte für den Kläger - unter Berücksichtigung eines bereits gezahlten Vorschusses von 1.000,00 EUR - weitere Vorschüsse in Höhe von insgesamt 12.500,00 EUR auf Sachschaden und Schmerzensgeld. |
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| Die Beklagte bedankte sich mit Schreiben vom 30.09.2015 für die Übersendung der amtlichen Ermittlungsakte und erwiderte: |
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| „Wir sind regulierungsbereit und haben einen weiteren Vorschuss i.H.v. 2.000,00 EUR auf Ihr Konto überwiesen …“. |
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| Im Übrigen forderte die Beklagte die Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, ergänzende Unterlagen zum Fahrzeugschaden und zur Dokumentation der Verletzungen vorzulegen. Eine weitere Erklärung erfolgte seitens der Beklagten innerhalb der von der Gegenseite bis zum 12.10.2015 gesetzten Frist nicht. |
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| Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 19.10.2015 erhob der Kläger Klage zum Landgericht Freiburg mit dem Antrag, |
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| festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 21.07.2015 in Biederbach zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden. |
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| Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 09.11.2015, sie erkenne den Feststellungsantrag an, verwahrte sich hierbei jedoch gegen die Kostenlast. Sie habe für die Klage keine Veranlassung gegeben. |
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| Mit Anerkenntnis-Urteil vom 11.12.2015 hat das Landgericht die Beklagte entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt und die Kosten des Rechtstreits dem Kläger auferlegt. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 93 ZPO. Die Beklagte habe für die Klage keine Veranlassung gegeben. Ihr habe vor einer Entscheidung über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche eine Prüfungsfrist zugestanden. Diese Prüfungsfrist sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen; denn sie habe die polizeiliche Ermittlungsakte erst mit Verzögerung erhalten. Nachdem sie mit Schreiben vom 30.09.2015 ihre Regulierungsbereitschaft erklärt habe, sei es dem Kläger zuzumuten gewesen, mit einer Schadensersatzklage abzuwarten, zumal er zur Schadenshöhe zu diesem Zeitpunkt der Beklagten noch nicht sämtliche Belege vorgelegt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen. |
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| Gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnis-Urteil richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er ist der Auffassung, die Kosten habe die Beklagte zu tragen, da die Voraussetzungen für eine Anwendung von § 93 ZPO entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gegeben seien. |
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| Die Beklagte ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16.02.2016 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - vorgelegt. |
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| Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. |
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| Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. |
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| Die gemäß § 99 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. |
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| 1. Die Kostenlast im Verfahren vor dem Landgericht richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat den Klageanspruch anerkannt. Sie ist mithin unterlegen. Daraus folgt, dass die Kosten von ihr zu tragen sind. |
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| 2. Die Voraussetzungen für eine Anwendung der Ausnahmeregelung gemäß § 93 ZPO (Kostenlast bei sofortigem Anerkenntnis) liegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht vor. |
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| a) Der Kläger hat die Beklagte durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.09.2015 aufgefordert, ihre Haftung dem Grunde nach - mit einer Quote von 100 % - in einer Frist bis zum 12.10.2015 anzuerkennen. Die Beklagte hat innerhalb der Frist kein - deklaratorisches oder konstitutives - Anerkenntnis erklärt. Sie hat auch keine anderweitige Erklärung abgegeben, um den Kläger klaglos zu stellen. (Vgl. zu den Anforderungen an eine solche Erklärung BGH, NJW 1985, 791; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2015, 25.) Da die Beklagte weder im Schreiben vom 30.09.2015 noch in der Folgezeit in der Frist bis zum 12.10.2015 eine für die Interessen des Klägers ausreichende Haftungserklärung abgegeben hat, musste der Kläger davon ausgehen, dass er sein Ziel - abschließende Klärung der Haftung dem Grunde nach - nur durch eine Feststellungsklage erreichen konnte. |
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| Ein Feststellungsinteresse war - unabhängig von Verjährungsfragen - schon deshalb gegeben, weil die Entwicklung der Verletzungsfolgen beim Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen war (vgl. zum Feststellungsinteresse in derartigen Fällen Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 256 ZPO, RdNr. 7 a). Gerade bei schweren Verletzungen ist es für die Zukunftsperspektive des Geschädigten regelmäßig wichtig, möglichst schnell eine rechtskräftige Feststellung der Haftungsquote zu erreichen. |
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| b) Der Umstand, dass die Beklagte im Schreiben vom 30.09.2015 ihre „Regulierungsbereitschaft“ erklärt hat, ändert nichts. Dem Begriff „Regulierungsbereitschaft“ lässt sich in der Regel - so auch vorliegend - keine verbindliche Erklärung zur Haftungsquote entnehmen. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 30.09.2015 konnte der Kläger weder entnehmen, mit welcher Quote die Beklagte die Schäden des Klägers regulieren wollte, noch ergab sich für den Kläger aus dem Schreiben, ob sich die „Regulierungsbereitschaft“ auf sämtliche Schäden beziehen sollte oder eventuell nur auf bestimmte Schäden. Zudem lässt der Begriff „Regulierungsbereitschaft“ - ohne Klarstellung durch ergänzende Erklärungen - nicht erkennen, ob die Beklagte sich auch in der Zukunft an einer Haftung festhalten lassen wollte, oder ob sie sich die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung nach neuer Prüfung vorbehalten wollte. Die „Regulierungsbereitschaft“ der Beklagten hat mithin nichts daran geändert, dass sie Veranlassung für die Erhebung einer Feststellungsklage gegeben hat. |
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| c) Die Frage, inwieweit der Beklagten nach dem Verkehrsunfall vom 21.07.2015 eine Frist zur Prüfung der Ansprüche des Klägers zustand, ist rechtlich ohne Bedeutung. Diese Frage könnte für die Kostenentscheidung nur dann eine Rolle spielen, wenn die Beklagte am 30.09.2015 die Absicht gehabt hätte, noch weitere Prüfungen zum Haftungsgrund anzustellen. Dies war jedoch nicht der Fall. Der Beklagten lagen am 30.09.2015, auch nach ihrem eigenen Vorbringen, sämtliche Informationen vor, die sie zur Feststellung ihrer Eintrittspflicht dem Grunde nach benötigte. Im Schreiben vom 30.09.2015 hat die Beklagte keine Vorbehalte dahingehend geäußert, dass sie vor einer Entscheidung zur Haftungsfrage noch weitere Ermittlungen oder noch weitere Überlegungen anstellen wolle. Auf die Frage, ob und inwieweit Verzögerungen in der Schadensregulierung vor dem 30.09.2015 einerseits vom Kläger oder andererseits von der Beklagten verursacht wurden, kommt es mithin nicht an. Aus der Sicht des Klägers war entscheidend, dass die Beklagte nach der Fristsetzung im Anwaltsschreiben vom 28.09.2015 keinen weiteren Bedarf zur Prüfung der Haftung dem Grunde nach angemeldet hat. |
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| d) Entgegen der Auffassung des Landgerichts spielt es für die Kostenentscheidung keine Rolle, dass der Kläger vorprozessual nicht sämtliche erforderlichen Belege zur Schadenshöhe vorgelegt hat. Denn für eine mögliche Anwendung von § 93 ZPO kommt es allein auf die Klageveranlassung für die Feststellungsklage an. Der Kläger hatte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.09.2015 ausdrücklich die Erhebung einer Feststellungsklage angekündigt. Die Beklagte hätte den Kläger hinsichtlich des Feststellungsantrags im Schreiben vom 30.09.2015 klaglos stellen können (vgl. zu den Anforderungen an eine entsprechende Erklärung der Beklagten BGH a.a.O.; OLG Saarbrücken a.a.O.). Für eine Anerkennung der Haftung dem Grunde nach - die der Kläger im Schreiben seines Anwalts gefordert hatte - waren die im Schreiben der Beklagten vom 30.09.2015 zur Schadenshöhe angeforderten Belege ohne Bedeutung. |
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| 3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. |
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