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| Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb über viele Jahre ein Bauunternehmen. Die Klägerin ist heute insolvent. Ein Insolvenzantrag wurde mangels Masse abgewiesen. Die Tätigkeit des Bauunternehmens ist eingestellt. |
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| Im Verfahren vor dem Landgericht hat die Klägerin, vertreten durch einen Liquidator, Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend gemacht. Bei einem größeren Bauvorhaben sei eine Werklohnforderung von den Beklagten trotz Fälligkeit nicht bezahlt worden. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei entscheidend gewesen für die Insolvenz der Klägerin. Die Beklagten seien unter dem Gesichtspunkt des Verzugs verpflichtet, der Klägerin den durch die Insolvenz entstandenen Schaden zu ersetzen. Die genaue Höhe des Schadens lasse sich derzeit noch nicht beziffern. Als Anhaltspunkt für die Höhe des Schadens könne man von dem Wert ausgehen, den das Bauunternehmen bis zur Einstellung der Tätigkeit gehabt habe. Das Unternehmen habe vor der Insolvenz über einen Zeitraum von mehreren Jahren einen kalkulatorischen Unternehmerlohn in Höhe von 8.000,00 EUR/Monat erwirtschaftet. Bei einer Hochrechnung mit einem bestimmten Zinsfuß ergebe sich ein Verkehrswert des Unternehmens von 1.066.666,00 EUR. Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin den durch die Insolvenzanmeldung - als Folge der ausgebliebenen Werklohnzahlung - entstandenen Schaden zu ersetzen. |
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| Das Landgericht hat mit Urteil vom 02.12.2011 die Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz seien jedenfalls verjährt. Mit Beschluss vom 19.12.2011 hat das Landgericht den Streitwert auf 700.000,00 EUR festgesetzt. |
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| Gegen die Streitwertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Beklagten Ziff. 1 - 13. Sie halten einen Streitwert von lediglich 5.000,00 EUR für angemessen. Die von der Klägerin angegebenen Vorstellungen zu möglichen Schadensersatzforderungen könne man der Streitwertfestsetzung nicht zu Grunde legen. Denn die Vorstellungen der Klägerin seien völlig unrealistisch. Das Unternehmen der Klägerin habe vor dem Insolvenzantrag - entgegen den Ausführungen der Klägerin - keinen nennenswerten Wert gehabt. Vielmehr sei der Substanzwert des Unternehmens mit 0,00 EUR anzusetzen. Zudem seien die Vorwürfe, welche die Klägerin gegenüber den Beklagten zur Begründung ihrer Forderung erhoben habe, vollkommen unverständlich. |
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| Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin, die inzwischen Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt hat, hält an ihrer Auffassung fest, wonach die geltend gemachten Schadensersatzforderungen auch der Höhe nach realistisch seien. |
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| Die zulässige Beschwerde der Beschwerdeführer ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht den Streitwert auf 700.000,00 EUR festgesetzt. |
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| 1. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Das dem Gericht nach § 3 ZPO obliegende Ermessen hat das Landgericht zutreffend ausgeübt. |
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| a) Entscheidend im Rahmen von § 3 ZPO ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers, welches er mit seiner Klage verfolgt. Denn es ist grundsätzlich allein der Kläger, der durch einen bestimmten Antrag und durch die Begründung des Antrags den Gegenstand des Rechtstreits bestimmt. Dieser, allein vom Kläger bestimmte, Streitgegenstand ist für den Streitwert maßgeblich. Es kommt daher für den Streitwert auch nur auf die Angaben des Klägers an, mit denen er seine Klage begründet (vgl. zu den Grundsätzen der Streitwertfestsetzung im Rahmen von § 3 ZPO Zöller/Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, § 3 ZPO, Rdnr. 2). |
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| b) Der Streitwert einer Feststellungsklage bestimmt sich daher im Ausgangspunkt danach, welche Ansprüche aus der Sicht des Klägers möglicherweise von dem Feststellungsantrag umfasst werden (vgl. Zöller/Herget a. a. O., § 3 ZPO, Rdnr. 16 "Feststellungsklagen"). Nach den Angaben der Klägerin stehen im vorliegenden Rechtstreit Schadensersatzansprüche in einer Größenordnung von 1.066.666,00 EUR im Raum, da dies dem Wert des Unternehmens der Klägerin vor der Insolvenz entspreche. Bei einer positiven Feststellungsklage wird bei der Wertfestsetzung in der Rechtsprechung üblicherweise ein prozentualer Abschlag von den in Betracht kommenden Ansprüchen vorgenommen. Mit diesem Abschlag wird dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass die angegebenen Ansprüche im Hinblick auf den Feststellungsantrag nur mit gewissen Unsicherheiten geschätzt werden. Außerdem wird durch den Abschlag berücksichtigt, dass Zweifel bei der Realisierbarkeit der Ansprüche bestehen können. Die Rechtsprechung nimmt in vielen Fällen bei der Bewertung von positiven Feststellungsklagen einen Abschlag von lediglich 20 % vor (vgl. Zöller/Herget a. a. O. m. Rechtsprechungsnachweisen). Bei der Wertfestsetzung von 700.000,000 EUR hat das Landgericht demgegenüber einen Abschlag von den in Betracht kommenden Ansprüchen von ca. 1/3 als angemessen erachtet. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht die bei der Schadensschätzung der Klägerin bestehenden Ungewissheiten etwas höher eingeschätzt hat als bei anderen Feststellungsklagen. |
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| 2. Für den Streitwert spielt es keine Rolle, dass die Beklagten die von der Klägerin angegebenen Zahlen zum Verkehrswert der Bauunternehmung vor der Insolvenz für völlig überhöht halten. Bei einer Entscheidung über die Hauptsache kann es zwar - wenn die übrigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegeben sein sollten - auf den tatsächlichen Wert des Unternehmens ankommen. Das bedeutet, dass bei einer Entscheidung über die Hauptsache die abweichenden |
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| Angaben der Beschwerdeführer zum Wert des Unternehmens ggf. zu berücksichtigen wären. Da der für die Gebührenabrechnungen maßgebliche Streitwert sich jedoch nur nach dem Interesse der Klägerin richtet (siehe oben), ist bei der Wertfestsetzung nicht zu prüfen, wessen Angaben zum Wert des Unternehmens zutreffen. Die abweichenden Angaben der Beklagten bleiben für die Wertfestsetzung außer Betracht (vgl. Zöller/Herget a. a. O., § 3 ZPO, Rdnr. 2). |
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| 3. Es kommt für den Streitwert auch nicht darauf an, ob und inwieweit die Vorstellungen der Klägerin, die sie mit ihrer Klage verfolgt, realistisch sind, oder ob die Vorwürfe der Klägerin gegenüber den Beklagten "völlig unverständlich" sind. Solche Überlegungen können zwar für die Wertfestsetzung bei einer negativen Feststellungsklage eine Rolle spielen (vgl. OLG Koblenz, MDR 1996, 103; OLG Dresden, JurBüro 2004, 141; Zöller/Herget a. a. O., § 3 ZPO, Rdnr. 16 "Feststellungsklagen"). Bei einer negativen Feststellungsklage ist für die Wertfestsetzung das Interesse des Klägers maßgeblich, der mit seiner Feststellungsklage die Geltendmachung bestimmter Ansprüche des Beklagten bekämpft. Zwar wird in diesen Fällen für den Streitwert in der Regel der volle Wert der bestrittenen Forderung des Beklagten angesetzt. Es erscheint jedoch gerechtfertigt, hiervon dann einen unter Umständen auch deutlichen Abschlag zu machen, wenn es sich um eine "Phantasieforderung" des Beklagten handelt. Denn dann ist das Risiko des Klägers, von dem Beklagten in Anspruch genommen zu werden, ohnehin sehr gering. Dies bedeutet, dass auch sein wirtschaftliches Interesse an der Erhebung der negativen Feststellungsklage entsprechend geringer ist. Das ist der entscheidende Gesichtspunkt, der bei einer negativen Feststellungsklage zu einer Reduzierung des Streitwerts führen kann. |
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| Diese Überlegungen sind auf eine positive Feststellungsklage jedoch nicht übertragbar. Denn entscheidend für die Wertfestsetzung ist alleine die Sichtweise des jeweiligen Klägers (siehe oben). Wenn eine Klägerin - wie vorliegend – ernsthaft der Auffassung ist, ihr stehe eine bestimmte Forderung zu, kann nur diese der Klage zu Grunde gelegte Auffassung den Wert der Feststellungsklage bestimmen. Auf die Frage, ob die Vorstellungen der Klägerin realistisch oder möglicherweise völlig überzogen sind, kann es im vorliegenden Fall - anders als bei einer negativen Feststellungsklage - mithin nicht ankommen (ebenso Zöller/Herget a. a. O., § 3 ZPO, Rdnr. 16 "Feststellungsklagen"). |
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| 4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG). |
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