Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 03. Juli 2006 - 9 Sch 1/06

bei uns veröffentlicht am03.07.2006

Tenor

1. Der am 05.09.2005 in Genf von den Schiedsrichtern Dr. Pierre A. K..., Dr. Paolo Michele P... und Hilmar R...-K... erlassene Schiedsspruch der ICC, Paris, wird mit folgendem deutschen Wortlaut für vollstreckbar erklärt: Die Schuldnerin hat an die Gläubigerin 2.614.860,-EUR zuzüglich einfacher jährlicher Zinsen vom 01.05.2004 bis zum Zeitpunkt der Zahlung zu zahlen, wobei der Zinssatz 8 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegt.

2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.

3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert des Vollstreckbarerklärungsverfahrens wird auf 2.614.860,-EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Gläubigerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches der Internationalen Handelskammer in Paris vom 05.09.2005, der die Schuldnerin zur Zahlung von 2.614.860,-EUR nebst Zinsen verurteilt.
Die Rechtsvorgängerin der Gläubigerin erstritt den Schiedsspruch der IICC vom 05.09.2005, der in G./Schweiz als Ort des Schiedsgerichts ergangen war. Die Schuldnerin erstrebte die Berichtigung des Schiedsspruchs mit der Begründung, das Schiedsgericht habe im Tenor die Zug-um-Zug zu erfüllende Gegenleistung der Gläubigerin vergessen. Mit Beschluss vom 24.12.2005 wies das Schiedsgericht den Berichtigungsantrag zurück.
Die Gläubigerin trägt u.a. vor,
die Schuldnerin sei mit ihren Einwendungen gegen die Vollstreckbarerklärung präkludiert, weil sie in der Schweiz als dem Schiedsort ein Anfechtungs- bzw. Aufhebungsverfahren fristgemäß nicht betrieben habe. Soweit sie mit u.U. nach Erlass des Schiedsspruchs entstandenen Ersatzansprüchen aus Verletzung von Geheimhaltungspflichten aufrechnen wolle, sei dies unzulässig, weil die Schiedsklausel auch solche Ansprüche decke, die zudem sachlicher Grundlage entbehrten. Im Übrigen seien Anerkennungsversagungsgründe nicht gegeben; denn weder habe das Schiedsgericht ohne bestimmten Antrag über Zug-um-Zug zu erfüllende Gegenansprüche entscheiden müssen, noch sei das Gehör der Schuldnerin durch Präklusion erheblichen schuldnerischen Vortrags oder schuldnerischer Beweisantritte verletzt worden.
Die Gläubigerin beantragt (S. 104 d.A.),
den Schiedsspruch der internationalen Handelskammer in Paris (ICC) vom 5. September 2005, erlassen in G., Schweiz, durch Schiedsrichter Pierre A. K..., Paolo Michele P... und Hilmar R...-K..., welche die Schuldnerin verurteilt haben, an die Gläubigerin 2.614.860,-EUR zzgl. Zinsen seit dem 01.05.2004 bis zum Tag der Zahlung in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu bezahlen, für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik für vollstreckbar zu erklären, mit der Maßgabe, dass nunmehr aus dem Schiedsspruch M. berechtigt ist, und
der Schuldnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Schuldnerin beantragt (S. 111 d.A.),
den Antrag der Gläubigerin kostenpflichtig zurückzuweisen,
10 
hilfsweise, den Tenor des Schiedsspruchs dahin zu berichtigen, dass die Zahlung geschuldet sei Zug um Zug gegen Rückgewähr all dessen, was die Gläubigerin von der Schuldnerin im Rahmen der Entwicklungsarbeiten an den Motoren erhalten hat,
11 
höchst hilfsweise, Berichtigung des Tenors auf Zug um Zug-Leistung von listenmäßig zusammengestellten Gegenständen (S. 111-115 d.A.).
12 
Die Schuldnerin trägt u.a. vor,
13 
Präklusion komme für ihre Aufhebungsgründe, die auf einem Verstoß gegen den deutschen ordre public gründeten, nicht in Frage. Sie könne mit Ansprüchen aus vertragsverletzender Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen an Dritte aufrechnen. Das Gericht des Vollstreckbarerklärungsverfahrens könne und müsse offensichtliche Lücken des Tenors von Schiedssprüchen durch Berichtigung oder Ergänzung schließen. Das Schiedsgericht habe das Gehör der Schuldnerin verletzt, weil es relevanten Vortrag der Schuldnerin versiegelt und nicht zur Kenntnis genommen und angebotene Zeugen nicht gehört habe.
14 
Wegen des ausführlichen Vortrags der Parteien wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.
II.
15 
Der zulässige Antrag der Gläubigerin ist begründet (§ 1061 Abs. 1 ZPO iVm Art. III und IV UNÜ). Denn die Schuldnerin kann sich weder auf Anerkennungsverweigerungsgründe (Art. V Abs. 1b, Abs. 2a UNÜ), noch auf anstehende Ergänzung oder Berichtigung, noch auf Aufrechnung berufen.
16 
1. Nach der Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 27.03.2006 – 9 Sch 2/05) ist die Schuldnerin mit ihrer Berufung auf Anerkennungsverweigerungsgründe präkludiert, weil sie ihre fristgemäße Geltendmachung im schweizerischen Aufhebungsverfahren versäumt hat. Nach überkommener Rechtsprechung können Anerkennungsverweigerungsgründe im Vollstreckbarerklärungsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn eine zulässige und inhaltlich einschlägige Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruches nicht verfristet ist (wohl zuletzt BGH NJW-RR 2001, 1059 f.). Zwar ist unter Geltung des neuen § 1061 ZPO die Fortgeltung dieser Rechtsprechung bestritten (Zöller/Geimer , ZPO, 25. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 29; BayObLG NJW-RR 2001, 431; Schleswig RIW 2000, 706), weil Art. V UNÜ keine Regelung eines Rügeverlustes enthalte. Eine restriktive Handhabung von Anerkennungsversagungsgründen verwehrt den deutschen Gerichten aber weder die völkervertragliche Geltung des UNÜ noch seine Geltung als einfaches Recht aufgrund des Verweises in § 1061 ZPO. Das UNÜ verhindert keine anerkennungsfreundlichere Praxis nationalen Rechts (dazu Art. VII Abs. 1 UNÜ). Die teleologische Reduktion nationalen Rechts steht den Gerichten aber nach wie vor frei, sodass alle Gründe auch unter der neuen Regelung fortbestehen, die eine Präklusion unter altem Recht gerechtfertigt haben (so insbesondere MünchKomm/ Münch , ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1061 Rn. 7; Thomas/Putzo/Reichold , 27. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 6; Musielak/Voit , ZPO, 4. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 20; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2003 – 1 Sch 16/02 und 6/03; OLG Hamm SchiedsVZ 2006, 107, 108). Bei deutschen Schiedssprüchen geht die Neuregelung eindeutig von einer Präklusion bei versäumtem Aufhebungsverfahren aus (§ 1059 Abs. 3 S. 3 ZPO), ausländischen Präklusionsregelungen sollte deshalb in gleicher Weise Geltung verschafft werden, um dem Gedanken der Rechtssicherheit durch Schiedssprüche möglichst Rechnung zu tragen.
17 
Im Streitfalle war entsprechend Art. 12 ICC-Schiedsgerichtsordnung Genf als Ort des Schiedsverfahrens bestimmt worden, sodass nach Art. 176 Abs. 1 Schweizer IPRG der Schiedsspruch beim schweizerischen Bundesgericht binnen 30 Tagen nach Eröffnung (Art. 89 OG – Bundesgesetz über die Organisation des Bundesrechtspflege) angefochten werden konnte (Art. 191 Abs. 1 Schweizer IPRG). Die Anfechtungsgründe umfassen u.a. den Fall, dass ein Rechtsbegehren vom Schiedsgericht nicht entschieden ist (Art. 190 Abs. 1c IPRG), und Gehörsverletzungen (Art. 190 Abs. 1d IPRG). Die Schuldnerin hätte damit im Anfechtungsverfahren fristgemäß vortragen können, dass über ihren – stillschweigenden – Zug-um-Zug-Antrag nicht entschieden sei und dass ihr Gehör durch Versiegelung von Schriftsätzen und Ablehnung von Beweisangeboten verletzt sei. Wenn sie dies – was unstreitig ist – versäumt hat, ist sie nunmehr präkludiert. Im Übrigen ist es auch sehr zweifelhaft, ob Anfechtungsgründe tatsächlich gegeben wären, mag der Schiedsspruch auch von einer schiedsrichterlichen Zurückhaltung beim Hinweis auf sachgerechte Antragstellung und einer strengen Präklusion geprägt sein. Im Zweifel müssen dies die Parteien in Kauf nehmen, wenn sie die Schiedsgerichtsbarkeit eigens wählen.
18 
2. Eine Anerkennung unter Berichtigung oder Ergänzung kommt nicht in Betracht. Einmal muss insoweit dieselbe Präklusionsregel gelten, wie sie für die Nichtanerkennungsgründe bereits geschildert ist. Zum anderen mag staatlichen Gerichten im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zwar u.U. eine Implementierung unbestimmter Titel oder die Richtigstellung offenkundiger formaler Irrtümer erlaubt sein (dazu Zöller/Geimer , aaO, § 722 Rn. 58 ff. und § 1060 Rn. 12). Diese Befugnis kann aber keinesfalls so weit gehen, dass – wie hier – entgegen dem ausdrücklichen Beschluss des Schiedsgerichts selbst Ergänzungen vorgenommen werden könnten (dazu Schwab/Walter , Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, Kap. 28 Rn. 7).
19 
3. Die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen aus vertragsverletzender Weitergabe von Geheimnissen ist ebenfalls ausgeschlossen. Solche Ansprüche fallen unter die Schiedsklausel nach Art. 26(1) des Agreements der Parteien vom 08.01.2001 (Anlage TW3), die alle "disputes arising … in connection with this Agreement" umfasst. Sie können staatlichen Gerichten nicht zur Entscheidung unterbreitet werden (BGHZ 38, 254, 257 ff.; Schwab/Walter, aaO, Kap. 3 Rn. 13 mNw), was auch im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens gilt (zutreffend Musie-lak/Voit , ZPO, 4. Aufl. 2005, § 1060 Rn. 12.).
20 
4. Nachdem die Schuldnerin mit ihren Aufhebungsgründen präkludiert und die Aufrechnung im Verfahren vor staatlichen Gerichten unzulässig war, war eine mündliche Verhandlung nicht unabdingbar (dazu BGHZ 142, 204, 207).
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 1064 Abs. 2 und 3 ZPO.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 27. März 2006 - 9 Sch 2/05

bei uns veröffentlicht am 27.03.2006

Tenor 1. Der Schiedsspruch des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine vom 28.01.2005 – No. ..., der die Schuldnerin verpflichtet, an die Gläubigerin 4.217,40 Euro Vertragsstrafe für verspätete
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Sept. 2007 - 9 Sch 2/07

bei uns veröffentlicht am 14.09.2007

Tenor 1. Der Schiedsspruch des Schiedsverbands der Republik China (Taiwan) Nr. 42/94 Chung-Sheng-Ai vom 19. Juli 2006, erlassen durch das aus Frau Ying-Fang L. (Vorsitzende), Frau Shu-Yuan T. und Herrn Hsin-He Li. zusammengesetzte Schiedsgericht in

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(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.

(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.

(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.

Tenor

1. Der Schiedsspruch des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine vom 28.01.2005 – No. ..., der die Schuldnerin verpflichtet, an die Gläubigerin 4.217,40 Euro Vertragsstrafe für verspätete Lieferung, weitere 10.650,-- Euro Vertragsstrafe für verspätete Mängelbehebung, 2.875,50 Euro Fiskalstrafzinsen, 9.814,10 Euro entgangenen Gewinn und 1.263,19 Schiedsgerichtskosten, insgesamt also 28.820,19 Euro, zu zahlen, wird für vollstreckbar erklärt.

2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.

3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert des Vollstreckbarerklärungsverfahrens wird auf 28.820,19 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die Gläubigerin erstrebt die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine vom 28.01.05, in dem die Schuldnerin zur Zahlung von insgesamt 28.820,19 Euro verurteilt ist.
Die Gläubigerin trägt im Wesentlichen vor,
der Schiedsspruch spreche Vertragsstrafen für verzögerte Lieferung und verspätete Mängelbeseitigung, entgangenen Gewinn wegen Betriebsunterbrechung, Fiskalstrafzinsen und Kosten zu. Der Schiedsspruch sei der Schuldnerin am 01.03.05 durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt worden. Eine Fotokopie des Schiedsspruchs mit deutscher Übersetzung sei mit einem Anwaltsschreiben vom 23.06.05, das eine letzte Zahlungsauforderung enthalten habe, der Schuldnerin zugegangen. Gleichwohl habe die Schuldnerin nicht binnen drei Monaten die Aufhebung des Schiedsspruchs beim Stadtgericht Kiew beantragt, wie dies die Verfahrensordnung der Internationalen Handelskammer vorsehe, und sei deshalb mit ihren Einwänden gegen den Schiedsspruch präkludiert. Das Schiedsgericht habe teilweise aufgrund der Aktenlage entschieden, weil die Schuldnerin zum Termin am 28.01.05 nicht erschienen sei, obwohl das Schiedsgericht den ersten Termin auf Bitten der Schuldnerin vertagt und erst einen zweiten Vertagungsantrag unberücksichtigt gelassen habe. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs komme deshalb nicht in Frage. Eine sachliche Neuprüfung des Schiedsspruchs sei dem Gericht der Vollstreckbarerklärung verwehrt. Er verstoße keinesfalls wegen Willkür gegen den deutschen ordre public. Auf ihre Verzugsschadensansprüche habe die Gläubigerin nie verzichtet, sondern nur ihre vorläufige Berechnung storniert. Die Vertragsstrafe sei vertretbar berechnet, ebenso der entgangene Gewinn auf der Basis des Vortrages der Gläubigerin.
Die Gläubigerin beantragt wie folgt:
Der zwischen den Parteien am 28. Januar 2005 ergangene Schiedsspruch des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine (Az.: No. ...) wird, wie folgt, für vollstreckbar erklärt:
Die Firma M. GmbH ist verpflichtet, an die Offene Aktiengesellschaft „S“ einen Betrag von 4.217,40 Euro Vertragsstrafe für die Verzögerung der Lieferung der Anlage, weitere 10.650,- Euro Vertragsstrafe für die verspätete Behebung von Mängeln im Laufe der Garantiefrist, 2.875,50 Euro Fiskalstrafzinsen, 9.814,10 Euro für Verluste wegen entgangenen Gewinns aufgrund Betriebsunterbrechung und schließlich 1.263,19 Aufwandserstattung betreffend Schiedsgerichtsgebühr, insgesamt also 28.820,19 Euro zu zahlen.
Die Schuldnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Schuldnerin trägt vor,
10 
der Schiedsspruch sei ihr entgegen der Behauptung der Gläubigerin nicht am 01.03.05 zugestellt worden. Das Schiedsgericht habe das rechtliche Gehör verletzt, weil es dem Vertagungsantrag der Schuldnerin nicht gefolgt sei, obwohl dieser Antrag auf geschäftsbedingte Verhinderung gestützt gewesen sei. Der Schiedsspruch sei völlig willkürlich. Er berücksichtige den Verzicht auf Vertragsstrafe wegen Lieferungsverzugs nicht, berechne die Vertragsstrafe falsch aus der Auftragssumme und nicht nach dem Wert defekter bzw. nicht gelieferter Teile und komme auf nicht nachvollziehbare Weise zu entgangenem Gewinn.
II.
11 
Der zulässige Antrag der Gläubigerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches ist begründet. Denn der Schiedsspruch ist nach § 1061 ZPO i.V.m. New Yorker Abkommen 1958 (UNÜ) für vollstreckbar zu erklären. Anerkennungsweigerungsgründe können nicht mehr geltend gemacht werden und lägen im Übrigen auch gar nicht vor.
12 
1. Die Schuldnerin ist mit ihrer Berufung auf Anerkennungsverweigerungsgründe präkludiert, weil sie ihre fristgemäße Geltendmachung im ukrainischen Aufhebungsverfahren versäumt hat. Nach überkommener Rechtsprechung können Anerkennungsverweigerungsgründe im Vollstreckbarerklärungsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn eine zulässige und inhaltlich einschlägige Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruches nicht verfristet ist (wohl zuletzt BGH NJW-RR 2001, 1059 f.). Zwar ist unter Geltung des neuen § 1061 ZPO die Fortgeltung dieser Rechtsprechung bestritten ( Zöller/Geimer , ZPO, 25. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 29; BayObLG NJW-RR 2001, 431; Schleswig RIW 2000, 706), weil Art. V UNÜ keine Regelung eines Rügeverlustes enthalte. Eine restriktive Handhabung von Anerkennungsversagungsgründen verwehrt den deutschen Gerichten aber weder die völkervertragliche Geltung des UNÜ noch seine Geltung als einfaches Recht aufgrund des Verweises in § 1061 ZPO. Das UNÜ verhindert keine anerkennungsfreundlichere Praxis nationalen Rechts (dazu Art. VII Abs. 1 UNÜ). Die teleologische Reduktion nationalen Rechts steht den Gerichten aber nach wie vor frei, sodass alle Gründe auch unter der neuen Regelung fortbestehen, die eine Präklusion unter altem Recht gerechtfertigt haben (so insbesondere MünchKomm/ Münch , ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1061 Rn. 7; Thomas/Putzo/Reichold , 27. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 6; Musielak/Voigt , ZPO, 4. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 20). Bei deutschen Schiedssprüchen geht die Neuregelung eindeutig von einer Präklusion bei versäumtem Aufhebungsverfahren aus (§ 1059 Abs. 2 S. 3 ZPO), ausländischen Präklusionsregelungen sollte deshalb in gleicher Weise Geltung verschafft werden, um dem Gedanken der Rechtssicherheit durch Schiedssprüche möglichst Rechnung zu tragen.
13 
Im Streitfall hat die Schuldnerin die Anerkennungsverweigerungsgründe erstmals im Schriftsatz vom 07.10.05 (S. 37 ff. d.A.), bei Gericht eingegangen am 10.10.05, vorgetragen. Nach Art. 9.2(1) Spiegelstrich 2 und Art. 9.2(2) Spiegelstrich 2 der Verfahrensordnung des Ukrainischen Internationalen Handelsschiedsgerichts führen Verstöße gegen das rechtliche Gehör oder den Ordre public, wozu ohne weiteres die Willkürlichkeit einer Entscheidung gehört, zur Aufhebung durch das staatliche Gericht, das aber binnen drei Monaten „nach dem Eingang des Schiedsspruchs“ angerufen sein muss (Art. 9.3 Verfahrensordnung). Der Senat trägt trotz des Bestreitens der Schuldnerin keine Bedenken anzunehmen, dass der Schiedsspruch der Schuldnerin am 01.03.05 zugegangen ist, auch wenn hierüber nur die internationale Reklamationsbestätigung der deutschen Post und  nicht der unterschriebene Rückschein vorgelegt werden konnte, der offenbar verloren gegangen ist. Im Übrigen ist unwidersprochen vorgetragen, dass der deutsche Anwalt der Gläubigerin mit dem Schreiben vom 23.06.05 den Schiedsspruch mit deutscher Übersetzung übersandt hat, sodass spätestens Ende Juni 2005 der Schiedsspruch „eingegangen“ war. Am 10.10.05 war die Dreimonatsfrist deshalb auf jeden Fall abgelaufen mit der Folge der Präklusion der Schuldnerin.
14 
2. Im Übrigen sind Anerkennungsverweigerungsgründe auch gar nicht gegeben.
15 
a) Das rechtliche Gehör der Schuldnerin ist nicht verletzt worden (Art. V Abs.1 b UNÜ). Das Schiedsgericht musste seinen Verhandlungstermin nicht wegen geschäftlicher Belastung der Schuldnerin verlegen, die einen geeigneten Vertreter hätte entsenden können. Zudem war nach den Ausführungen des Schiedsgerichts auf Wunsch der Schuldnerin schon einmal verlegt worden (S. 5/6 deutsche Fassung, Anlage), sodass weitere Rücksichtnahme das Rechtsschutzinteresse der Gläubigerin missachtet hätte.
16 
b) Der Vorwurf der Willkür und damit des ordre public-Verstoßes (Art. V Abs.2 b UNÜ) ist nicht haltbar. Er ist nur gegeben, wenn die Entscheidungsfindung nicht mehr nachvollziehbar erscheint, weil bei strengeren Maßstäben eine inhaltliche sachliche Kontrolle stattfände, die gerade nicht erlaubt sein soll. Der Schiedsspruch, der nach Aktenlage erging, erscheint im Gegenteil sorgfältig begründet, sowohl was die Berechnung der Vertragsstrafen als auch was die Feststellung des entgangenen Gewinns angeht. Dass die Äußerung der Gläubigerin vom Februar 2004 (S. 49 d.A.) als Verzicht zu deuten sei, wie dies die Schuldnerin ursprünglich behauptet hat, ist von der Gläubigerin als Missverständnis unwidersprochen klargestellt worden. Zur Begründung willkürlichen Schiedsspruches ist auch dieser Vortrag nicht geeignet.
17 
3. Nachdem die Schuldnerin mit ihren Anerkennungsverweigerungsgründen präkludiert war und ihr Vortrag im Übrigen erforderlicher Substantiierung entbehrte, war eine mündliche Verhandlung (§ 1063 Abs. 2 ZPO) nicht unabdingbar (dazu BGHZ 142, 204, 207). Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 1064 Abs. 2 und 3 ZPO.
18 
Der Beschluss vom 27.03.2006 wurde von Amts wegen zugestellt:
19 
a) Der Gläubigerin am 31.03.2006
20 
b) Der Schuldnerin am 21.04.2006

(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.

(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.

(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.

(1) Gegen einen Schiedsspruch kann nur der Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach den Absätzen 2 und 3 gestellt werden.

(2) Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden,

1.
wenn der Antragsteller begründet geltend macht, dass
a)
eine der Parteien, die eine Schiedsvereinbarung nach den §§ 1029, 1031 geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, hierzu nicht fähig war, oder dass die Schiedsvereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach deutschem Recht ungültig ist oder
b)
er von der Bestellung eines Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder dass er aus einem anderen Grund seine Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können oder
c)
der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt, oder dass er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsvereinbarung überschreiten; kann jedoch der Teil des Schiedsspruchs, der sich auf Streitpunkte bezieht, die dem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen waren, von dem Teil, der Streitpunkte betrifft, die ihm nicht unterworfen waren, getrennt werden, so kann nur der letztgenannte Teil des Schiedsspruchs aufgehoben werden; oder
d)
die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung dieses Buches oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat; oder
2.
wenn das Gericht feststellt, dass
a)
der Gegenstand des Streites nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist oder
b)
die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht.

(3) Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, muss der Aufhebungsantrag innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Antragsteller den Schiedsspruch empfangen hat. Ist ein Antrag nach § 1058 gestellt worden, verlängert sich die Frist um höchstens einen Monat nach Empfang der Entscheidung über diesen Antrag. Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs kann nicht mehr gestellt werden, wenn der Schiedsspruch von einem deutschen Gericht für vollstreckbar erklärt worden ist.

(4) Ist die Aufhebung beantragt worden, so kann das Gericht in geeigneten Fällen auf Antrag einer Partei unter Aufhebung des Schiedsspruchs die Sache an das Schiedsgericht zurückverweisen.

(5) Die Aufhebung des Schiedsspruchs hat im Zweifel zur Folge, dass wegen des Streitgegenstandes die Schiedsvereinbarung wiederauflebt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist der Schiedsspruch oder eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vorzulegen. Die Beglaubigung kann auch von dem für das gerichtliche Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt vorgenommen werden.

(2) Der Beschluss, durch den ein Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird, ist für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

(3) Auf ausländische Schiedssprüche sind die Absätze 1 und 2 anzuwenden, soweit Staatsverträge nicht ein anderes bestimmen.