Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 04. Apr. 2017 - 2 Ws 69/17; 2 Ws 70/17; 2 Ws 71/17

bei uns veröffentlicht am04.04.2017

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 16.02.2017 aufgehoben,

a) soweit die mit Urteil des Amtsgerichts F vom 17.01.2013 angeordnete Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt für erledigt erklärt wurde (II. des Beschlusses). Die vorbezeichnete Maßregel bleibt zur Bewährung ausgesetzt.

b) hinsichtlich der als Folge der Erledigung der vorbezeichneten Maßregel getroffenen Anordnungen (III. bis VI. des Beschlusses).

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 16.02.2017 als unbegründet verworfen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte, jedoch wird die Beschwerdegebühr um ein Viertel ermäßigt. Dem Verurteilten sind ein Viertel der ihm durch das Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten.

Gründe

 
I.
Dem Verfahren liegen die folgenden Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrunde:
1. Durch Urteil des Amtsgerichts F vom 27.04.2004 in Verbindung mit dem Berufungsurteil des Landgerichts F vom 14.04.2005 wurde wegen Urkundenfälschung, Betrugs sowie Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts S vom 09.03.2004 eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug eine weitere Freiheitsstrafe von fünf Monaten festgesetzt. Die zunächst gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wurde mit Beschluss des Landgerichts F vom 14.01.2010 widerrufen.
2. Das Amtsgericht K erkannte mit Urteil vom 08.01.2009 wegen Diebstahls, Urkundenfälschung in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Betrug und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug, auf die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.
3. Schließlich verurteilte das Amtsgericht F den Beschwerdeführer am 17.1.2013 wegen Diebstahls in fünf Fällen, Betrugs in vier Fällen, Computerbetrugs sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und mit fahrlässiger Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten und ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Auf der Grundlage sachverständiger Beratung ging das Amtsgericht davon aus, dass infolge des Zusammenwirkens einer langjährigen Alkoholabhängigkeit, pathologischen Spielens (beides bildete auch den Hintergrund der beiden vorangegangenen Verurteilungen), einer histrionischen Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren und abhängigen Zügen sowie einer akuten Belastungsreaktion - bei Begehung der Taten befand sich der Verurteilte auf der Flucht, nachdem er aus einem Hafturlaub nicht zurückgekehrt war - nicht nur die Steuerungsfähigkeit des Verurteilten zu den Tatzeitpunkten nicht ausschließbar erheblich vermindert war, sondern die süchtige Bindung an Alkohol und Glücksspiel auch überwiegend die wesentliche Triebkraft für die Begehung der Taten war und infolge dieses Hanges weitere Straftaten, vor allem Eigentumsdelikte, zu besorgen waren.
Der Verurteilte befand sich ab dem 10.06.2011 - unterbrochen durch seine Entweichung im Frühsommer 2011 - in Strafhaft. Nachdem zwei Drittel der Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts F vom 27.04.2004 und des Amtsgerichts K vom 08.01.2009 verbüßt waren, wurde seit dem 7.3.2013 die mit Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 17.01.2013 angeordnete Maßregel im Zentrum für Psychiatrie Emmendingen vollzogen.
Mit Beschluss des Landgerichts F vom 05.03.2015, rechtskräftig seit 19.03.2015, wurde die Vollstreckung der Reststrafen aus den eingangs geschilderten Urteilen sowie der durch Urteil des Amtsgerichts F vom 17.01.2013 angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt. Die Dauer der Bewährungszeit und der mit der Aussetzung der Maßregel eintretenden Führungsaufsicht wurde auf drei Jahre und sechs Monate festgesetzt und dem Verurteilten verschiedene Weisungen erteilt.
Nachdem der Verurteilte bereits wegen eines am 10.4.2015 begangenen Betrugs durch seit 28.11.2015 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts E vom 13.11.2015 zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 EUR verurteilt worden war, erkannte das Amtsgericht V mit seit 15.10.2016 rechtskräftigem Urteil vom 02.03.2016 wegen Computerbetrugs in neun Fällen auf die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die der Verurteilte seit dem 07.02.2017 in der Justizvollzugsanstalt Z verbüßt.
Nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten widerrief das Landgericht Freiburg mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.02.2017 im Hinblick auf die Verurteilung durch das Amtsgericht V die Aussetzung der Reststrafen zur Bewährung und erklärte die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt. Die Dauer der infolge dieser Erledigung eintretenden Führungsaufsicht wurde auf drei Jahre festgesetzt, der Verurteilte der Aufsicht und Leitung des für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshelfers unterstellt und die Entscheidung über die Erteilung von Weisungen bis zur Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft zurückgestellt. Im Hinblick auf die neu eingetretene Führungsaufsicht wurde schließlich das Entfallen der mit der Aussetzungsentscheidung vom 05.03.2015 eingetreten Führungsaufsicht angeordnet.
Gegen den ihm am 20.02.2017 zugestellten Beschluss legte der Verurteilte am 22.02.2017 Beschwerde ein, mit der er erstrebt, dass die Reststrafen zur Bewährung ausgesetzt bleiben.
II.
10 
Das Rechtsmittel ist gemäß § 300 StPO als die gemäß §§ 453 Abs. 2 Satz 3, 462 Abs. 3 Satz 1, 463 Abs. 6 Satz 1 StPO statthafte sofortige Beschwerde zu behandeln, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat und im Übrigen unbegründet ist.
11 
1. Soweit sich der Verurteilte gegen den Widerruf der für die Reststrafen aus den drei Anlassverurteilungen gewährten Aussetzung zur Bewährung wendet, muss seinem Rechtsmittel der Erfolg versagt bleiben.
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Es liegt der Widerrufsgrund nach §§ 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 57 Abs. 5 Satz 1 StGB vor.
13 
Der Verurteilte ist wegen mehrerer in der Bewährungszeit begangener Straftaten vom Amtsgericht V rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. In dem maßgeblichen Berufungsurteil des Landgerichts K vom 21.06.2016 wurde die Versagung der Bewährung mit dem Fehlen einer günstigen Sozialprognose begründet. Für diese Beurteilung des Landgerichts, der wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten des Tatgerichts erhebliche Bedeutung für das Widerrufsverfahren zukommt (Fischer, StGB, 61. Aufl., § 56f Rn. 8b m.w.N.), war bestimmend, dass es sich bei der neuerlichen Straffälligkeit auch unter Berücksichtigung der festgestellten finanziellen Notlage des Verurteilten nicht um eine einmalige Ausnahmesituation, sondern den Rückfall in kriminelle Verhaltensmuster handelte. Der im Urteilszeitpunkt verbesserten persönlichen Situation des Verurteilten mit Arbeitsplatz, Wohnung und Beziehung maß das Landgericht keine entscheidende protektive Bedeutung zu, weil es unter vergleichbaren Bedingungen in der Vergangenheit gleichwohl zur Begehung von Straftaten gekommen war. Das Landgericht hat somit auch unter Berücksichtigung der vom Verurteilten im Beschwerdeverfahren erneut vorgebrachten Gesichtspunkte - finanzielle Notlage, Veränderung der persönlichen Verhältnisse - eine günstige Prognose verneint, weshalb auch der Senat davon ausgeht, dass es der Vollstreckung der Reststrafen bedarf, um ihn von weiteren Straftaten abzuhalten.
14 
2. Dagegen liegen die Voraussetzungen für die Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, durch die der Verurteilte jedenfalls im Hinblick auf die daran anknüpfenden Entscheidungen zur Führungsaufsicht beschwert ist, nicht vor.
15 
Gemäß § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt zu erklären, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung nicht mehr vorliegen. Davon kann vorliegend, auch wenn die neuen Straftaten ersichtlich nicht im Zusammenhang mit dem Hang des Verurteilten zu übermäßigem Genuss von Alkohol stehen, keine Rede sein. Dass die Maßregel aus anderen Gründen ihren Zweck nicht mehr erreichen kann, lässt sich auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer der Strafhaft, die die restliche Bewährungszeit aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich übersteigen wird, ebenfalls nicht feststellen.
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3. Infolge des Wegfalls des Ausspruchs über die Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt können auch die daran anknüpfenden Entscheidungen über das Entfallen der bisherigen Führungsaufsicht (VI. des angefochtenen Beschlusses) und die Ausgestaltung der mit der Erledigung neu eintretenden Führungsaufsicht (III. bis V. des angefochtenen Beschlusses) keinen Bestand haben. Hinsichtlich der Führungsaufsicht bleibt es danach bei den im Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 05.03.2017 getroffenen Anordnungen; allerdings ruht die Führungsaufsicht während der Inhaftierung des Verurteilten (§ 68e Abs. 1 Satz 2 StGB).
III.
17 
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 67d Dauer der Unterbringung


(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich

Strafprozeßordnung - StPO | § 300 Falschbezeichnung eines zulässigen Rechtsmittels


Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Strafgesetzbuch - StGB | § 56f Widerruf der Strafaussetzung


(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person 1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,2. gegen Weisungen gröblich od

Strafprozeßordnung - StPO | § 453 Nachträgliche Entscheidung über Strafaussetzung zur Bewährung oder Verwarnung mit Strafvorbehalt


(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß

Strafgesetzbuch - StGB | § 68e Beendigung oder Ruhen der Führungsaufsicht


(1) Soweit sie nicht unbefristet oder nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel (§ 67b Absatz 2, § 67c Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 4, § 67d Absatz 2 Satz 3) eingetreten ist, endet die Führungsaufsicht 1. mit Beginn des Vollzugs einer fr

Referenzen

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person

1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,
2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder
3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Tat in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft oder bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung in einem einbezogenen Urteil und der Rechtskraft der Entscheidung über die Gesamtstrafe begangen worden ist.

(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,

1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder
2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
In den Fällen der Nummer 2 darf die Bewährungszeit nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert werden.

(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Soweit sie nicht unbefristet oder nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel (§ 67b Absatz 2, § 67c Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 4, § 67d Absatz 2 Satz 3) eingetreten ist, endet die Führungsaufsicht

1.
mit Beginn des Vollzugs einer freiheitsentziehenden Maßregel,
2.
mit Beginn des Vollzugs einer Freiheitsstrafe, neben der eine freiheitsentziehende Maßregel angeordnet ist,
3.
mit Eintritt einer neuen Führungsaufsicht.
In den übrigen Fällen ruht die Führungsaufsicht während der Dauer des Vollzugs einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel. Das Gericht ordnet das Entfallen einer nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel eingetretenen Führungsaufsicht an, wenn es ihrer nach Eintritt eines in Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Umstandes nicht mehr bedarf. Tritt eine neue Führungsaufsicht zu einer bestehenden unbefristeten oder nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel eingetretenen Führungsaufsicht hinzu, ordnet das Gericht das Entfallen der neuen Maßregel an, wenn es ihrer neben der bestehenden nicht bedarf.

(2) Das Gericht hebt die Führungsaufsicht auf, wenn zu erwarten ist, dass die verurteilte Person auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird. Die Aufhebung ist frühestens nach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer zulässig. Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Aufhebung der Führungsaufsicht unzulässig ist.

(3) Ist unbefristete Führungsaufsicht eingetreten, prüft das Gericht

1.
in den Fällen des § 68c Abs. 2 Satz 1 spätestens mit Verstreichen der Höchstfrist nach § 68c Abs. 1 Satz 1,
2.
in den Fällen des § 68c Abs. 3 vor Ablauf von zwei Jahren,
ob eine Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 geboten ist. Lehnt das Gericht eine Aufhebung der Führungsaufsicht ab, hat es vor Ablauf von zwei Jahren von neuem über eine Aufhebung der Führungsaufsicht zu entscheiden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.