Tenor

1. Auf die Rechtbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 11. August 2015 aufgehoben.

2. Die Sache wird zu erneuter Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht Freiburg zurückverwiesen.

3. Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 200 EUR festgesetzt (§§ 65, 60, 52 GKG).

Gründe

 
Der Antragsteller, der sich in der Justizvollzugsanstalt F. in der Sicherungsverwahrung befindet, beantragte am 11.10.2013 beim Landgericht Freiburg, die Rechtswidrigkeit einer am Vormittag des 9.10.2013 erfolgten Absonderung festzustellen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.8.2015 wies das Landgericht Freiburg den Antrag als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner am 24.8.2015 eingelegten Rechtsbeschwerde, die mit der Sachrüge (vorläufigen) Erfolg hat.
1. Die Voraussetzungen für die Entscheidung des Senats über die in zulässiger Form erhobene Rechtsbeschwerde liegen vor, obwohl der angefochtene Beschluss entgegen §§ 83 JVollzGB V BW, 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG, 35 Abs. 2 Satz 1 StPO dem Antragsteller nicht förmlich zugestellt wurde. Denn aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich, dass der Antragsteller den angefochtenen Beschluss am 14.8.2015 erhalten hat, weshalb der Beschluss als an diesem Tag zugestellt gilt (§§ 83 JVollzGB V BW, 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG, 37 Abs. 1 StPO, 189 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerde, die deshalb auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten war, erweist sich als begründet, weil der angefochtene Beschluss zu dem Begehren des Antragstellers keine ausreichenden Feststellungen trifft, die dem Senat eine rechtliche Überprüfung ermöglichen.
a. Da die rechtliche Prüfung durch den Senat in dem dem Revisionsverfahren nachgestalteten Rechtsbeschwerdeverfahren allein auf der Grundlage der Gründe der angefochtenen Entscheidung erfolgt, müssen diese so abgefasst sein, dass sie aus sich heraus eine Überprüfung ermöglichen, wobei im Grundsatz die Darlegungsanforderungen zu erfüllen sind, die auch an ein strafgerichtliches Urteil zu stellen sind (st. Rspr. des Senats, zuletzt Beschluss vom 10.7.2015 - 2 Ws 163/15; OLG Hamburg StraFo 2005, 346; Kamann/Spaniol in Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 115 Rn. 80).
b. Dass der angefochtene Beschluss diesen Anforderungen nicht gerecht wird, ist dabei im Wesentlichen nicht darauf zurückzuführen, dass die Strafvollstreckungskammer die vom Antragsteller beanstandete Maßnahme fälschlich an § 4 JVollzGB V BW gemessen hat.
Zunächst ist die Strafvollstreckungskammer auf der Grundlage des unbestrittenen Vortrags der Antragsgegnerin allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Einschluss nicht um eine Absonderung gemäß § 62 Abs. 1 und 2 Nr. 3 JVollzGB V BW handelte. Denn danach knüpfte der Einschluss nicht an das Verhalten bzw. den Zustand des Antragstellers an, wie dies die besondere Sicherungsmaßnahme der Absonderung kennzeichnet, sondern erfolgte im Zusammenhang mit der Verbringung eines anderen Sicherungsverwahrten in den besonders gesicherten Haftraum.
Jedoch war die Beschränkung der Bewegungsfreiheit des Antragstellers nicht an der Generalklausel des § 4 JVollzGB V BW, sondern an der spezielleren Norm des § 21 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB V BW zu messen, die indes hinsichtlich der Voraussetzungen für Einschränkungen weitgehend mit § 4 Abs. 1 Satz 2 JVollzGB V BW identisch ist.
c. Einschränkungen der in § 21 Abs. 2 Satz 1 JVollzGB V BW statuierten Bewegungsfreiheit sind nach § 21 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB V BW zulässig, soweit es die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordern oder ein schädlicher Einfluss auf andere Untergebrachte zu befürchten ist.
Die Strafvollstreckungskammer hat sich insoweit der Bewertung der Antragsgegnerin angeschlossen, wonach der vorübergehende Einschluss den Zweck hatte, die störungsfreie Verbringung eines gefährlichen Insassen in einen besonders gesicherten Haftraum zu gewährleisten. Auch wenn die Antragsgegnerin ihre Argumentation in der Stellungnahme vom 23.10.2013, die sich auch die Strafvollstreckungskammer zu eigen gemacht hat, nur verkürzt darlegt, lässt sich dem Hinweis auf die Zusammensetzung der auf der betreffenden Station verwahrten, gefährlichen, verhaltensauffälligen und unkooperativen Insassen mit noch hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass mit der Beschränkung der Bewegungsfreiheit in ihren Auswirkungen nur schwer vorherseh- und steuerbaren Solidarisierungen und Störungen der Verbringung des anderen Sicherungsverwahrten in den besonders gesicherten Haftraum seitens der anderen Insassen vorgebeugt werden sollte, um die Sicherheit in der Anstalt zu gewährleisten.
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Auch wenn damit dem Grunde nach eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit gerechtfertigt werden kann, ermöglicht der angefochtene Beschluss dem Senat gleichwohl keine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit der beanstandeten Maßnahme. Denn die Strafvollstreckungskammer hat keine Feststellungen zur Dauer des Einschlusses getroffen, obwohl die Darstellungen des Antragstellers („über mehrere Stunden hinweg“) und der Antragsgegnerin („kurzfristig“) dazu erheblich differieren. Das Ausmaß der vorgenommenen Beschränkung ist aber im Rahmen der nach § 21 Abs. 2 Satz 2 JVollzGB V BW vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt.
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Der angefochtene Beschluss war deshalb aufzuheben und zu erneuter Entscheidung an das Landgericht Freiburg zurückzuverweisen (§§ 83 JVollzGB V BW, 119 Abs. 4 Satz 1 und 3 StVollzG).
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3. Hinsichtlich der vom Antragsteller bemängelten Verfahrensdauer erlauben die auch insoweit allein maßgeblichen Gründe des angefochtenen Beschlusses dem Senat zwar keine abschließende Beurteilung. Allerdings lässt sich dem angefochtenen Beschluss entnehmen, dass das Verfahren nach Dezember 2013 bis zur Fassung des Beschlusses vom 11.8.2015 nicht mehr gefördert wurde, was auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Streitgegenstandes und der dem Senat bekannten Arbeitsbelastung der Strafvollstreckungskammern des Landgerichts Freiburg für eine überlange Verfahrensdauer spricht.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Okt. 2015 - 2 Ws 451/15 zitiert 6 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 60 Gerichtliche Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs ei

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 65 Wertfestsetzung in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 26. Jan. 2016 - 2 Ws 429/15

bei uns veröffentlicht am 26.01.2016

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird die Entscheidung des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Offenburg vom 24. Juli 2015 aufgehoben. 2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmi

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In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.