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Mit Beschluss vom 20.08.2003 hat das Landgericht Heidelberg den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, da der Beklagte über Grundvermögen (ein Zweifamilienhaus) verfüge, welches er zur Bestreitung der Prozesskosten einsetzen könne. Gegen diese Entscheidung des Landgerichts richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, welcher das Landgericht nicht abgeholfen hat.
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Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) liegen vor.
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1. Der Beklagte kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen (§ 114 ZPO). Unter Berücksichtigung der Berechnungsvorschriften in § 115 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte kein Vermögen, welches er für die Prozesskosten einsetzen müsste.
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a) Der Beklagte hat folgende Einkünfte:
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Das Arbeitseinkommen ergibt sich aus der vorgelegten Lohnbescheinigung des Arbeitgebers vom 25.07.2003. Beim Kindergeld ist der dem Beklagten zustehende Betrag in Höhe von 179 EUR für das am 14.09.2003 geborene vierte Kind mitberücksichtigt.
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b) Von diesen Einkünften sind folgende Belastungen des Beklagten abzuziehen:
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Darlehen (Zins- und Tilgung laut Bankbescheinigung): |
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c) Dem Beklagten stehen mithin zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie 1.671,80 EUR monatlich (3.135,94 EUR - 1.464,14 EUR) zur Verfügung. Dieser Betrag liegt unter dem gemäß § 115 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO maßgeblichen Freibetrag von 1.752 EUR (364 EUR jeweils für den Beklagten und seine Ehefrau; 256 EUR für jedes der vier Kinder).
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2. Der Beklagte besitzt kein Vermögen, welches gemäß § 115 Abs. 2 ZPO für die Prozesskosten einzusetzen wäre.
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a) Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Grundvermögen des Beklagten kein Schonvermögen im Sinne von § 88 Abs. 2 Ziffer 7 BSHG darstellt, da das Haus nicht nur vom Beklagten und seiner Familie bewohnt wird; es befinden sich zwei weitere Wohnungen in dem Anwesen, die vermietet sind.
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b) Einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe könnte das Haus des Beklagten jedoch nur dann entgegenstehen, wenn es sich um einen Vermögensgegenstand handeln würde, den der Beklagte gemäß § 115 Abs. 2 ZPO für die Bestreitung der Prozesskosten einsetzen könnte. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass insoweit überhaupt ein verwertbarer Vermögensgegenstand des Beklagten vorhanden ist. Denn es ist nicht ersichtlich, ob dem Beklagten bei einer Veräußerung des Hauses überhaupt ein Erlös verbleiben würde. Die insoweit bestehenden Unsicherheiten stehen einer Berücksichtigung des Hauses im Rahmen von § 115 Abs. 2 ZPO entgegen.
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Der Beklagte hat das Haus im Februar 2003 zum Preis von 248.000 EUR erworben. Nach der vorgelegten Bankbescheinigung der Sparkasse K. vom 15.05.2003 ist das Haus in Höhe von 220.000 EUR fremdfinanziert. Angesichts der Unsicherheiten auf dem Grundstücksmarkt wäre bei einer Veräußerung völlig offen, ob der Beklagte einen Verkaufspreis erzielen könnte, der die Belastungen in Höhe von ca. 220.000 EUR übersteigt. Das Risiko, dass dem Beklagten bei einer Veräußerung des Hauses möglicherweise kein Erlös verbleiben würde, wird zudem dadurch verstärkt, dass der Beklagte voraussichtlich bei einer Veräußerung erhebliche zusätzliche Kosten aufwenden müsste (insbesondere Maklerkosten, Notarkosten, Umzugskosten sowie möglicherweise Kosten im Zusammenhang mit der vorzeitigen Ablösung der Darlehen).
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c) Eine Verwertung des Hauses wäre dem Beklagten im Übrigen selbst dann, wenn ein Vermögenswert vorhanden wäre, nicht zumutbar (§ 115 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Beklagte ist nicht verpflichtet, das Haus zu verkaufen, um aus dem Verkaufserlös die Prozesskosten zu bezahlen.
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aa) Ein eventuell möglicher oder zu erwartender Verkauf könnte einer Prozesskostenhilfe-Bewilligung schon deshalb nicht entgegenstehen, weil ein zu erwartender Verkaufserlös dem Beklagten erst zu einem - möglicherweise ungewissen - Zeitpunkt in der Zukunft zur Verfügung stehen würde. Auch bei einem zumutbaren Verkauf eines Hauses ist daher in der Regel Prozesskostenhilfe zu bewilligen, allerdings mit der Möglichkeit, gleichzeitig festzulegen, zu welchem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten sind (vgl. KG, NJW-RR 1996, 58, 59; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 120 ZPO Rn. 10).
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bb) Ein Erlös aus dem Verkauf des Hauses wäre allerdings auch für die Zukunft nicht zu berücksichtigen, da ein Hausverkauf für den Beklagten generell unzumutbar erscheint. Das Landgericht hat die voraussichtlichen Prozesskosten für die erste Instanz, die dem Beklagten entstehen werden, mit 2.128,72 EUR geschätzt. Bei einem Verkauf des Hauses würden dem Beklagten in jedem Fall - auch wenn ein Erlös verbleiben sollte - erhebliche Kosten entstehen, die weit über den voraussichtlichen Prozesskosten liegen dürften (Makler, Umzugskosten, Notarkosten, Kosten im Zusammenhang mit der Finanzierung). Die Verursachung solcher Kosten, die voraussichtlich in keinem auch nur annähernd angemessenen Verhältnis zu den Prozesskosten stehen würden, erscheint vorliegend nicht zumutbar (vgl. zu einem ähnlichen Fall auch OLG Nürnberg, MDR 1998, 50). Gegen die Zumutbarkeit eines Hausverkaufs bei Prozesskosten von lediglich 2.128,72 EUR spricht außerdem der Umstand, dass der Beklagte durch den Hausverkauf die Wohnung für sich und seine Familie verlieren würde.
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d) Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Grundvermögen zur Bestreitung von Prozesskosten grundsätzlich auch dadurch in Betracht kommen kann, dass das Grundvermögen beliehen wird. Dies würde allerdings zum einen voraussetzen, dass überhaupt Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 2 ZPO vorhanden ist, was der Senat nicht feststellen kann (siehe oben b). Zum anderen wäre Voraussetzung, dass dem Beklagten die Aufnahme eines - durch eine Grundschuld abzusichernden - Darlehens möglich und zumutbar wäre. Eine solche Darlehensaufnahme wäre dem Beklagten allerdings nicht möglich bzw. nicht zuzumuten.
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aa) Aus der vorgelegten Bescheinigung der Sparkasse K. vom 15.05.2003 ergibt sich, dass das Grundstück - wenn man vom Kaufpreis ausgeht - bereits zu 90 % belastet ist (220.000 EUR Darlehen bei einem Kaufpreis von 248.000 EUR). Bei einer Belastung von 90 % hat der Senat keinen Zweifel daran, dass eine Bank - entsprechend den Angaben des Beklagten in seiner Beschwerdebegründung - zu einer Beleihung zum Zwecke der Finanzierung von Prozesskosten nicht bereit sein wird.
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bb) Ein Einsatz des Vermögens durch Darlehensaufnahme wäre dem Beklagten im Übrigen nur dann zumutbar, wenn er die zu erwartenden Darlehensraten zurückzahlen könnte. Hierbei ist darauf abzustellen, ob die zu erwartenden Darlehensraten diejenigen Prozesskostenhilfe-Raten nicht übersteigen, die bei einer PKH-Bewilligung zu zahlen wären (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 115 ZPO Rn. 65; Schneider, Prozesskostenhilfe für Hauseigentümer, Rpfleger 1985, 49, 51; OLG Köln, FF 1999, 155; OLG Karlsruhe, OLGR 2000, 390). Da sich aus den Einkommensverhältnissen des Beklagten nach diesen Maßstäben eine Prozesskostenhilfe ohne Raten ergibt (siehe oben), ist nach diesen Maßstäben eine Darlehensaufnahme, die wegen der Rückzahlung zu weiteren wirtschaftlichen Einschränkungen führen würde, nicht zumutbar.
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3. Der Beklagte ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verpflichtet, einen Kontokorrent-Kredit für die Prozesskosten aufzunehmen. Ob er einen solchen Überziehungskredit von seiner Bank überhaupt erhalten würde, kann hierbei dahinstehen.
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a) Nach § 115 Abs. 1, Abs. 2 ZPO sind nur Einkünfte und Vermögen für die Prozesskosten einzusetzen; die Möglichkeit einer Kreditaufnahme spielt nach dem Gesetz bei der Prozesskostenhilfe-Bewilligung - wenn kein Vermögen vorhanden ist - keine Rolle (vgl. auch Zöller/Philippi, a.a.O., § 115 ZPO Rn. 63).
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b) Ob und inwieweit die Inanspruchnahme eines Kontokorrent-Kredits im Hinblick auf vorhandenes Vermögen im Rahmen von § 115 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen ist, kann dahinstehen; in jedem Fall könnte der Kontokorrent-Kredit - im Rahmen von § 115 Abs. 2 ZPO - nur der Überbrückung einer Liquiditätslücke bis zum Verkauf des Hauses dienen (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 115 ZPO Rn. 65). Dies scheidet jedoch aus, da ein Verkauf des Hauses nicht zumutbar ist (siehe oben).
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4. Die Rechtsverteidigung des Beklagten bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO.
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