Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 07. Sept. 2004 - 15 AR 24/04

bei uns veröffentlicht am07.09.2004

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Karlsruhe bestimmt.

Gründe

 
I. Mit Beschluss vom 23.01.2003 hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - in B. auf Antrag des Gläubigers Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin gepfändet. Am 17.05.2004 hat der Gläubiger beim Amtsgericht K. - Vollstreckungsgericht - beantragt, die gepfändeten Ansprüche der Gläubigerin zur Einziehung zu überweisen. Er hat angegeben, die Schuldnerin (genauer: die Rechtsnachfolgerin der Schuldnerin im Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts in B. vom 23.01.2003), habe ihren Sitz inzwischen in K..
Auf einen entsprechenden Hinweis des Amtsgerichts - Vollstreckungsgerichts - K. hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 27.05.2004 hilfsweise beantragt, das Verfahren an das Amtsgericht in B. zu verweisen. Mit Beschluss vom 02.06.2004 hat sich das Amtsgericht K. für örtlich unzuständig erklärt und das Vollstreckungsverfahren an das Amtsgericht in B. verwiesen. Das Amtsgericht K. hat die Auffassung vertreten, die beim Amtsgericht in B. im Pfändungsverfahren begründete örtliche Zuständigkeit bleibe auch für den Antrag auf Überweisung der Forderung zur Einziehung bestehen.
Mit Beschluss vom 09.06.2004 hat sich das Amtsgericht B. für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Das Amtsgericht B. vertritt die Auffassung, für die örtliche Zuständigkeit sei der Sitz der Schuldnerin zum Zeitpunkt des Überweisungsantrags (in K.) maßgeblich.
II. Als zuständiges Gericht war das Amtsgericht K. zu bestimmen.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Senats gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 6 ZPO liegen vor; denn sowohl das Amtsgericht K. als auch das Amtsgericht B. haben sich im Sinne dieser Vorschrift rechtskräftig für unzuständig erklärt. § 36 Abs. 1 Ziffer 6 ZPO ist auch bei einem negativen Zuständigkeitskonflikt im Rahmen von § 828 ZPO anwendbar (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 828 ZPO Rn. 3).
2. Örtlich zuständiges Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht K.. Entscheidend ist, dass die Schuldnerin ihren Sitz im Bezirk dieses Gerichts hat (§§ 828 Abs. 2, 17 Abs. 1 ZPO).
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die örtliche Zuständigkeit ist der Beginn der Zwangsvollstreckung (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl. 2002, Rn. 453). Der Gläubiger begehrt eine Überweisung einer (bereits früher gepfändeten) Forderung zur Einziehung gemäß § 835 Abs. 1 ZPO. Für diese Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Überweisung) ist der Antrag des Gläubigers vom 17.05.2004 maßgeblich. Bei Antragstellung hatte die Schuldnerin ihren Sitz in K..
b) Aus dem Umstand, dass das Amtsgericht B. im Januar 2003 den zugrunde liegenden Pfändungsbeschluss erlassen hat, ergibt sich keine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts B. für die Überweisung. Denn die Überweisung einer Forderung stellt gegenüber der früheren Forderungspfändung eine neue gerichtliche Handlung im Sinne von § 828 Abs. 1 ZPO bzw. eine neue Anordnung einer Vollstreckungshandlung im Sinne von § 764 Abs. 1 ZPO dar. Die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts ist für jede neue Vollstreckungshandlung selbstständig zu prüfen (vgl. Stöber a.a.O.). Die wegen der Forderungspfändung begründete Zuständigkeit des Amtsgerichts B. hat keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Gerichts bei späteren (neuen) Maßnahmen des Gerichts.
c) Eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts B. ergibt sich auch nicht daraus, dass Forderungspfändung und Überweisung - wenn die Überweisung erst nach der Pfändung beantragt wird - als einheitliches Verfahren anzusehen wären. Zwar soll für gerichtliche Handlungen im selben Vollstreckungsverfahren die einmal begründete örtliche Zuständigkeit fortdauern. Dies gilt jedoch nur für nicht selbständige Handlungen, die der Abwicklung eines einheitlichen Vollstreckungsaktes dienen (vgl. beispielsweise Münzberg in Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 764 Rn. 5). Zum selben Vollstreckungsverfahren (mit fortdauernder Zuständigkeit) gehören insbesondere die gerichtlichen Maßnahmen nach einem Rechtsbehelf eines Verfahrensbeteiligten (Münzberg a.a.O.) sowie nachträgliche Änderungen einer vorausgegangenen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts (vgl. zu § 850 f ZPO bzw. § 850 g ZPO, OLG München, JurBüro 1985, 945 und BGH, Rpfleger 1990, 308). Um eine solche unselbstständige Vollstreckungsmaßnahme handelt es sich bei der Überweisung einer Forderung nicht. Die Überweisung ist nicht zwingender Bestandteil eines Verfahrens der Forderungspfändung; die Forderungspfändung kann im Einzelfall bereits für sich allein (beispielsweise als Druckmittel gegenüber dem Schuldner) zur Befriedigung der Gläubigerinteressen ausreichen.
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Bei der Überweisung handelt es sich der Sache nach um die Pfandverwertung einer Geldforderung (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 835 ZPO Rn. 2). Einzelne Verwertungsmaßnahmen im Rahmen der Zwangsvollstreckung sind generell als selbständige - ein neues Verfahren auslösende - Maßnahmen zu bewerten (vgl. Münzberg in Stein-Jonas, a.a.O., § 764 ZPO Rn. 4; ebenso für eine Entscheidung gemäß § 844 Abs. 1 ZPO RGZ 61, 330, 332). Bei einer Überweisung als selbstständigem Akt der Verwertung der gepfändeten Forderung ist dementsprechend die örtliche Zuständigkeit neu zu prüfen mit der Konsequenz, dass sich eine unterschiedliche Zuständigkeit ergeben kann, wenn der Schuldner - wie vorliegend - in der Zwischenzeit seinen Sitz oder Wohnsitz gewechselt hat (vgl. Stöber, Forderungspfändung, a.a.O., Rn. 584; Münzberg in Stein-Jonas, a.a.O., § 764 ZPO Rn. 4).

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 07. Sept. 2004 - 15 AR 24/04 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 835 Überweisung einer Geldforderung


(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. (2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung b

Zivilprozessordnung - ZPO | § 764 Vollstreckungsgericht


(1) Die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte. (2) Als Vollstreckungsgericht ist, sofern nicht das Gesetz ein anderes Amtsg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 828 Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts


(1) Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen durch das Vollstreckungsgericht. (2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im

Zivilprozessordnung - ZPO | § 844 Andere Verwertungsart


(1) Ist die gepfändete Forderung bedingt oder betagt oder ist ihre Einziehung wegen der Abhängigkeit von einer Gegenleistung oder aus anderen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden, so kann das Gericht auf Antrag an Stelle der Überweisung eine andere

Referenzen

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen durch das Vollstreckungsgericht.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das Amtsgericht zuständig, bei dem nach § 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann.

(3) Ist das angegangene Gericht nicht zuständig, gibt es die Sache auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht ab. Die Abgabe ist nicht bindend.

(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen.

(2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung besteht, wegen seiner Forderung an den Schuldner als befriedigt anzusehen ist.

(3) Die Vorschriften des § 829 Abs. 2, 3 sind auf die Überweisung entsprechend anzuwenden. Wird ein bei einem Kreditinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, so darf erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner aus dem Guthaben an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden; ist künftiges Guthaben gepfändet worden, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag zusätzlich an, dass erst einen Monat nach der Gutschrift von eingehenden Zahlungen an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden darf.

(4) Wenn nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, dem Gläubiger überwiesen werden, so darf der Drittschuldner erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.

(1) Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen durch das Vollstreckungsgericht.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das Amtsgericht zuständig, bei dem nach § 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann.

(3) Ist das angegangene Gericht nicht zuständig, gibt es die Sache auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht ab. Die Abgabe ist nicht bindend.

(1) Die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist, sofern nicht das Gesetz ein anderes Amtsgericht bezeichnet, das Amtsgericht anzusehen, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat.

(3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ergehen durch Beschluss.

(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen.

(2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung besteht, wegen seiner Forderung an den Schuldner als befriedigt anzusehen ist.

(3) Die Vorschriften des § 829 Abs. 2, 3 sind auf die Überweisung entsprechend anzuwenden. Wird ein bei einem Kreditinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, so darf erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner aus dem Guthaben an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden; ist künftiges Guthaben gepfändet worden, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag zusätzlich an, dass erst einen Monat nach der Gutschrift von eingehenden Zahlungen an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden darf.

(4) Wenn nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, dem Gläubiger überwiesen werden, so darf der Drittschuldner erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.

(1) Die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist, sofern nicht das Gesetz ein anderes Amtsgericht bezeichnet, das Amtsgericht anzusehen, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat.

(3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ergehen durch Beschluss.

(1) Ist die gepfändete Forderung bedingt oder betagt oder ist ihre Einziehung wegen der Abhängigkeit von einer Gegenleistung oder aus anderen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden, so kann das Gericht auf Antrag an Stelle der Überweisung eine andere Art der Verwertung anordnen.

(2) Vor dem Beschluss, durch welchen dem Antrag stattgegeben wird, ist der Gegner zu hören, sofern nicht eine Zustellung im Ausland oder eine öffentliche Zustellung erforderlich wird.

(1) Die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist, sofern nicht das Gesetz ein anderes Amtsgericht bezeichnet, das Amtsgericht anzusehen, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat.

(3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ergehen durch Beschluss.