Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 19. Okt. 2004 - 13 W 63/04

published on 19.10.2004 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 19. Okt. 2004 - 13 W 63/04
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Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 19.04.2004 - 2 O 200/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 2.800,00 (ca. 1/10 des Hauptsachestreitwerts) festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen Prof. Dr. S. stützt sich auf Ausführungen in dessen Gutachten vom 19.02.2004. Dieses Gutachten wurde den Parteien gemäß Verfügung vom 01.03.2004 (ausgefertigt am 03.03.2004) zur Stellungnahme bis 30.03.2004 zugeleitet. Mit Verfügung vom 02.04.2004 wurde dem Klägervertreter die gemäß Schriftsatz vom 30.03.2004 beantragte Verlängerung der Stellungnahmefrist bis 15.04.2004 bewilligt. Mit am 15.04.2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz brachte die Klägerin Einwendungen gegen das Gutachten vor und lehnte den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Die Beklagten beantragten die Zurückweisung dieses Antrags als unzulässig und unbegründet.
Mit Beschluss vom 17.05.2004 wies das Landgericht den Befangenheitsantrag als unbegründet zurück; sämtliche Beanstandungen rechtfertigten nicht die Besorgnis der Befangenheit, sondern seien im Zuge einer Gutachtensergänzung oder -erläuterung zu klären.
Gegen den am 19.05.2004 (AS. 267) zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 27.05.2004 (Eingang 28.05.04) mit der sie ihren Ablehnungsantrag weiterverfolgt.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist unzulässig, weil die angeführten Ablehnungsgründe verspätetet geltend gemacht worden sind. Das Beschwerdegericht war nicht gehindert, den vom Landgericht als unbegründet zurückgewiesenen Antrag als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 24. Aufl. § 572 Anm. 41).
Gemäß § 406 Abs. 2 ZPO ist ein Ablehnungsantrag gegen einen Sachverständigen spätestens binnen 2 Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Daher sind, wenn wie hier Ablehnungsgründe erst aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen hergeleitet werden, diese unverzüglich nach Kenntnis des Gutachtens geltend zu machen. Das bedeutet, dass der Ablehnungsantrag zwar nicht „sofort“, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Nr. 1 BGB), d.h. innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist (ständige Rechtsprechung des Senats z.B. Beschluss vom 01.07.2003 - 13 W 48/03; vgl. auch OLG Köln OLGR 2001, 261; OLG Koblenz NJW-RR 1999, 72). Es kann dahinstehen, ob diese Frist im Hinblick auf § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO keinesfalls länger als mit zwei Wochen angesetzt werden kann (so Musielak-Huber, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 406, Rdn. 14).
Im vorliegenden Fall hätte die wesentliche Beanstandung, die auch in der Beschwerdeschrift aufgegriffen wurde, nämlich dass der Sachverständige streitigen einseitigen Vortrag der Beklagten ohne weiteres ausdrücklich geglaubt habe, problemlos in zwei Wochen, spätestens jedoch innerhalb der zunächst gesetzten Frist bis 30.03.2004 oder jedenfalls innerhalb der vielfach für angemessen gehaltenen Frist von bis zu einem Monat vorgebracht werden können, ohne dass es einer internen fachlichen Beratung und einer vollständigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Gutachten bedurft hätte. Die verlängerte Frist zur Stellungnahme zum Gutachten bezieht sich nur auf die sachliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten, nicht auf die Prüfung von möglichen Befangenheitsgründen (Senat a.a.O.; Zöller-Greger a.a.O. § 406 Anm. 11 m.w.N.). Das muss jedenfalls dann gelten, wenn wie hier (s.o.) die Geltendmachung des Befangenheitsgrundes keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten erfordert.
Im Hinblick auf den uneinheitlichen Meinungsstand zu dieser Frage (vgl. z.B. OLG Düsseldorf in OLGR Düsseldorf 2001, 469 ff.) wurde die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ZPO zugelassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO und die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO (ca. 1/10 des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens).
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.