Oberlandesgericht Köln Beschluss, 13. Apr. 2015 - 5 U 129/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25. Juni 2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 153/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger nimmt den Beklagten wegen des Vorwurfs ärztlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Zusammenhang mit einer am 23. Juni 2010 durchgeführten Ar-throskopie am rechten Kniegelenk auf Zahlung von Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. Er hat beantragt,
4den Beklagten zu verurteilen, an ihn aus der fehlerhaften Behandlung ab Juni 2010 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 30.000,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21. Fe-bruar 2011,
5den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn 25.872,65 Euro zu zahlen, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, und zwar aus 11.176,18 Euro seit dem 21. Februar 2012, aus weiteren 1.955,17 Euro seit dem 16. Februar 2012, aus weiteren 12.741,30 Euro seit Rechtshängigkeit,
6und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab Juni 2010 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
7Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
8Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 186 ff., 187 – 189 d. A.) Bezug genommen.
9Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger den ihm obliegenden Beweis für schadensursächliche Behandlungsfehler des Beklagten nicht habe führen können, und dass auch die vom Kläger erhobene Aufklärungsrüge nicht begründet sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 186 ff., 189 – 192 d. A.).
10Der Kläger hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel ordnungsgemäß begründet. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge unverändert weiter. Unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens rügt der Kläger insbesondere, dass das Landgericht dem Gutachten des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K gefolgt sei, obwohl dieser wegen einer Reihe von Arzthaftungsprozessen, die die Prozessbevollmächtigten des Klägers für andere Mandanten gegen den Sachverständigen geführt hätten, befangen sei und obwohl der Gerichtssachverständige sich nicht hinreichend mit dem Gutachten des Parteisachverständigen Prof. Dr. T auseinandergesetzt habe.
11Der Beklagte tritt dem Berufungsvorbringen des Klägers entgegen und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
12Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
13II.
14Die Berufung des Klägers wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung nicht erfordern, und weil auch aus sonstigen Gründen eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 2. März 2015 (Bl. 243 ff. d. A.) Bezug genommen, § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
15Mit seiner Stellungnahme vom 19. März 2015 nebst Anlagen (Bl. 250 ff. d. A. i. V. m. 253 ff. d. A.) wiederholt der Kläger im Wesentlichen – wenn auch mit etwas modifizierter Akzentuierung und teilweise mit ergänzendem neuem Vorbringen – einen Teil seiner bereits vorgetragenen Einwände und Erwägungen, mit denen sich der Senat bereits umfassend in seinem Hinweisbeschluss befasst hat. Insoweit und auch in Bezug auf das neue Vorbringen des Klägers rechtfertigt seine Stellungnahme vom 19. März 2015 auch nach nochmaliger eingehender Prüfung des gesamten Akteninhalts auch im Lichte der Ausführungen des Klägers vom 19. März 2015 eine für ihn günstigere Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht und bietet lediglich Veranlassung für die folgenden ergänzenden Anmerkungen:
161.
17Der Kläger stellt sich nach wie vor ohne Erfolg auf den Standpunkt, dass das Gutachten des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K wegen des Umstandes nicht verwertet werden kann, dass seine Prozessbevollmächtigten ausweislich ihrer Angaben in der Berufungsschrift und in dem erstinstanzlichen schriftsätzlichen Vorbringen einige Mandanten in Arzthaftungsstreitigkeiten gegen Herrn Prof. Dr. K vertreten haben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Stellungnahme vom 19. März 2015, wonach sie auch in einem derzeit laufenden Arzthaftungsrechtsstreit gegen Prof. Dr. K den dort klagenden Patienten vertreten. Denn diese Umstände für sich genommen rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit von Prof. Dr. K nicht und bieten auch ansonsten keine Veranlassung für die Einholung des Gutachtens eines neuen Sachverständigen. Dies würde selbst dann gelten, wenn Prof. Dr. K in den abgeschlossenen Rechtsstreitigkeiten mit Erfolg wegen ärztlicher Fehler in Anspruch genommen worden sein sollte, was die Prozessbevollmächtigten des Klägers allerdings trotz entsprechender Nachfrage der Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht vorgetragen haben. Denn es kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass daraus und/oder aus dem nach Angaben der Prozessbevollmächtigten des Klägers derzeit laufenden Prozess Ressentiments des Sachverständigen gegen die Prozessbevollmächtigten des Klägers resultieren, die seine gebotene Neutralität gegenüber den von diesen vertretenen Mandanten in Frage stellen könnten. Es ist für Personen, die in Ausübung ihres Berufes an Gerichtsverfahren teilnehmen, allgemein zu dem Verhältnis zwischen Spannungen im persönlichen Bereich einerseits und professioneller Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren andererseits in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass regelmäßig Belastungen auf persönlicher Ebene jedenfalls dann, wenn sie nicht den betroffenen Prozessbeteiligten selbst betreffen, nicht allgemein Rückschlüsse auf eine Voreingenommenheit in der Sache zulassen, sofern keine besonderen Umstände hinzutreten [vgl. hierzu etwa: BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012, 3 StR 208/12, NStZ-RR 2013, 168, Juris-Rn. 16 m. w. N. – st. Rspr,; vgl. zu einer von der Interessenlage her vergleichbaren Konstellation auch etwa: BGH, Beschluss vom 31. März 2009, X ZR 29/07, IBR 2009, 683, Juris-Rn. 9]. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des OLG Köln vom 6. Mai 1991 [27 W 6/91, NJW 1992, 762]; denn zum einen wird in dieser Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben, dass in Fallkonstellationen der hier in Rede stehenden Art entscheidend auf den Einzelfall abzustellen ist; und zum anderen wäre die vom Kläger zitierte Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahre 1991 dann, wenn sie dem angesprochenen Grundsatz zu dem Verhältnis zwischen Spannungen im persönlichen Bereich und professioneller Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren widerspräche, durch die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung überholt.
18Besondere Umstände in dem oben genannten Sinne, die zu den von den Prozessbevollmächtigten des Klägers angenommenen Ressentiments des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K gegen sie hinzutreten und im vorliegenden Prozess einer Verwertung des Gutachtens des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K entgegenstehen könnten, sind weder von dem Kläger mit Substanz vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass solche eventuellen Ressentiments Einfluss auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. K in dem vorliegenden Rechtsstreit gehabt hätten. Vielmehr ist das Gutachten des Gerichtssachverständigen dadurch geprägt, dass er mit der bei Gerichtsgutachten üblichen und gebotenen Sachlichkeit auf alle relevanten medizinischen Streitfragen eingeht.
19Weiterhin ohne Erfolg greift der Kläger das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K und zugleich das angefochtene Urteil auch mit dem Vorwurf an, der Gerichtssachverständige und das Landgericht hätten sich nicht hinreichend mit dem Gutachten des Parteisachverständigen Prof. Dr. T auseinandergesetzt und insbesondere das Ergänzungsgutachten des Parteisachverständigen nicht beachtet. Denn das Vorbringen des Klägers hierzu ist nach wie vor nicht nachvollziehbar und auch aktenwidrig. Denn Prof. Dr. K hat sich in seinem schriftlichen Gutachten bemerkenswert ausführlich mit allen für den vorliegenden Prozess relevanten Feststellungen des Parteisachverständigen Prof. Dr. T auseinandergesetzt [vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen im zweiten Absatz zu 2.]. Zudem ist Prof. Dr. K im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen am 7. Mai 2014 auf die wesentlichen Komplexe des Ergänzungsgutachtens des Parteisachverständigen ausführlich eingegangen, wobei er im Zusammenhang mit einem der Vorwürfe von Prof. Dr. T gegen den Beklagten, nämlich zu der Frage der Spülung am Ende des umstrittenen Eingriffs, Unterlagen im Termin vorgelegt und anhand dieser Unterlagen das im Operationsbericht dokumentierte Vorgehen des Beklagten anschaulich erläutert hat.
202.
21Ohne Erfolg verbleibt der Kläger auch bei seiner Auffassung, dass der Nachbehandler Dr. I als Zeuge vernommen werden müsse. Dies gilt schon deshalb, weil die in das Wissen des Dr. I gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können, ohne dass sich hieraus eine für den Kläger günstigere Beurteilung ergäbe. Denn in das Wissen des Dr. I gestellt sind lediglich die Umstände, dass er bei seiner Operation am 23. September 2010 einen freien Gelenkkörper gefunden hat, und dass er aufgrund eines Tastbefundes zu der Einschätzung gelangt ist, dass es sich dabei um Meniskusgewebe gehandelt haben könnte. Eine belastbare Untersuchung des entnommenen Gewebes hat Dr. I nicht veranlasst, so dass auch er nicht belastbar feststellen kann, dass es sich bei dem fraglichen Gewebe tatsächlich um Meniskusgewebe gehandelt hat. Hierauf hat er selbst in seinem Operationsbericht hingewiesen.
22Im Übrigen hat auch der Parteisachverständige des Klägers Prof. Dr. T in seinem Gutachten ausdrücklich beklagt, dass eine histologischen Untersuchung des entnommenen Gewebes unterblieben und dass damit eine zuverlässige Feststellung zu der Frage, um was für ein Gewebe es sich bei dem entnommenen Fragment gehandelt hat, nicht möglich ist. Auch aus den vom Kläger am Ende von S. 2 seiner Stellungnahme vom 19. März 2015 – teilweise sinnentstellend [so ist etwa nach den Feststellungen der Parteisachverständigen nicht die Haut des Klägers glattflächig, sondern das entnommene Fragment] – zitierten Feststellungen des Parteisachverständigen Prof. Dr. T hat dieser selbst insoweit keine belastbaren Rückschlüsse ziehen können, so dass sich eine nähere Auseinandersetzung hiermit durch den Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K und/oder durch das Gericht erübrigt.
233.
24Soweit der Kläger in seiner Stellungnahme vom 19. März 2015 meint, dass der Beklagte in seinem Operationsbericht einen Spülvorgang und die Benutzung des Shaver-Systems nicht erwähne, ist dies zum einen aktenwidrig und zum anderen auch unabhängig davon vor dem Hintergrund der Feststellungen des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K sowie vor dem Hintergrund der Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung und in dem Senatsbeschluss vom 2. März 2015 nicht nachvollziehbar. Denn zum einen ist der Einsatz eines Shaver-Systems in dem Operationsbericht des Beklagten ausdrücklich erwähnt [“Nachglätten mit dem Shaver. Aussaugen des Gelenkes“; vgl. den Operationsbericht des Beklagten vom 23. Juni 2010, SH I 3], wobei der Beklagte in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2014 ergänzend angegeben hat, welches konkrete Modell er insoweit benutzt hat. Und zum anderen hat der Gerichtssachverständige Prof. Dr. K zur Überzeugung des Senates – und vom Kläger nicht mit Substanz widersprochen – erläutert, dass und warum der Einsatz des Shaver-Systems ein allgemein anerkanntes und ordnungsgemäßes Vorgehen und zugleich eine ausreichende und ordnungsgemäße Spülung darstellt. Die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 5/6 des Hinweisbeschlusses des Senates vom 2. März 2015, auf die hier zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, bedürfen auch vor dem Hintergrund der Stellungnahme des Klägers vom 19. März 2015 keiner weiteren Ergänzung.
254.
26Auch zu der Aufklärungsrüge, die der Kläger in seiner Stellungnahme vom 19. März 2015 ohne jede Begründung weiter aufrecht erhält, bedürfen die Ausführungen des Senates in dem Hinweisbeschluss vom 2. März 2015 [dort S. 8/9] keiner Ergänzung.
275.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
29Berufungsstreitwert: 105.872,65 Euro
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Der am 15.6.1972 geborene Kläger nimmt den Beklagten wegen Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie Feststellung aufgrund des Vorwurfs von ärztlicher Fehlbehandlung in Anspruch.
3Der Beklagte ist niedergelassener Orthopäde. Der Kläger, der von Beruf Steward ist, führte Schmerzen auf das häufige Bücken im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zurück. Der Kläger begab sich wegen Beschwerden in beiden Knien ab dem 08.02.2010 in die medizinische Behandlung im Medizinischen Versorgungszentrum für Orthopädie in Köln. Es wurden in der Folgezeit u.a. eine klinische Untersuchung, eine Blutuntersuchung sowie eine MRT-Aufnahme durchgeführt. Es wurde eine Chondropathia patellae (Erkrankung der knorpeligen Rückfläche der Kniescheibe) rechts sowie ein Hallux Rigidus (arthrotisch versteiftes Großzehengrundgelenk) diagnostiziert. Es erfolgten Injektionen mit Cortison, die die Beschwerden aber nicht wesentlich besserten. Am 15.6.2010 wurde eine zunehmende Schwellung des rechten Kniegelenks diagnostiziert.
4Beim Beklagten stellte sich der Kläger erstmals am 18.6.2010 wegen der Kniebeschwerden vor. Am 22.6.2010 erfolgte eine Aufklärung über konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten. Am 23.6.2010 wurde beim Beklagten eine diagnostische und therapeutische Arthroskopie am rechten Kniegelenk durchgeführt. Es wurde eine Innenmeniskusteilresektion durchgeführt, eine Teilsynovektomie und eine mediale Abrasio.
5In den folgenden Wochen persistierte ein Erguss im rechten Knie. Am 07.09.2010 wurde zur Kontrolle ein MRT des rechten Kniegelenks im MVZ Solingen durchgeführt. Der Kläger begab sich in Behandlung in das Krankenhaus Köln-Merheim, wo am 23.09.2010 erneut eine Knie-Operation rechts durchgeführt wurde, in der unter anderem ein freier Gelenkkörper entfernt wurde. Auch danach persistierten die Schmerzen beim Hocken in den Knien.
6Der Kläger behauptet, dass die am 23.09.2010 vom Beklagten durchgeführte Knie-Arthroskopie nicht indiziert gewesen und nicht lege artis durchgeführt worden sei. Es seien gebotene Maßnahmen wie die Anlage einer Redondrainage, ein Shaving an der Patellarückseite, eine lokale Behandlung der Chondromalazie sowie eine Gelenkspülung fehlerhaft unterlassen worden, zudem seien fehlerhaft freie Meniskusanteile im Gelenk belassen worden. Der Kläger behauptet weiter, dass er nach dem Eingriff an starken Schmerzen gelitten habe und sein rechtes Kniegelenk über drei Monate geschwollen gewesen sei. Er leide bis heute selbst beim einfachen Gehen unter dauerhaften Schmerzen und insbesondere das Treppensteigen sei mit Schmerzen verbunden. Der Kläger habe Angst vor einer erneuten Operation und vor bleibenden gesundheitlichen Schäden.
7Der Kläger rügt, dass ihm im Rahmen der OP-Aufklärung vom Beklagten hätte gesagt werden müssen, dass es zum Belassen von Meniskusanteilen kommen könne. Er sei nicht adäquat und umfassend über die Risiken der Operation aufgeklärt worden. Der Kläger behauptet, dass er in Kenntnis der tatsächlich bestehenden Risiken die Operation nicht hätte durchführen lassen. Er sei vom Beklagten regelrecht zur Arthroskopie gedrängt worden. Er habe sich damals in einer Ausbildung zum Chef-Stewart befunden, die er gerne hätte fortführen wollen, was ihm wegen der Beschwerden nicht möglich gewesen sei.
8Der Kläger ist der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,- € angemessen sei. Er macht zudem Verdienstausfall- und Haushaltsführungsschaden sowie weiteren Schadenersatz für Kosten für Physiotherapie, das private Sachverständigengutachten etc. geltend; insoweit wird im Einzelnen auf die Ausführungen in der Klageschrift Bezug genommen.
9Der Kläger beantragt,
10den Beklagten zu verurteilen, an ihn aus der fehlerhaften Behandlung ab Juni 2010 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 30.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2011;
11den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn 25.872,65 € zu zahlen, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, und zwar aus 11.176,18 € seit dem 21.02.2012, aus weiteren 1.955,17 € seit dem 16.02.2012, aus weiteren 12.741,30 € seit Rechtshängigkeit;
12festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab Juni 2010 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte bestreitet Behandlungsfehler und die Forderungen des Klägers zum Grund und zur Höhe. Der Beklagte behauptet, es sei erst nach der streitgegenständlichen Operation zum Lösen weiterer Meniskusanteile im Knie des Klägers gekommen, weil der Kläger das rechte Knie am 4.07.2010 versehentlich stark gebeugt habe. Die Aufklärung sei vollständig erfolgt. Hilfsweise werde der Einwand der hypothetischen Einwilligung erhoben, weil der Kläger einen hohen Leidensdruck vor der Arthroskopie gehabt habe.
16Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 14.05.2013. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K sowie auf das Sitzungsprotokoll mit Anhörung des Sachverständigen verwiesen. In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger sowie der Beklagte persönlich angehört worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist nicht begründet.
19Der Kläger hat keine Behandlungsfehler des Beklagten beweisen können.
20Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K, Chefarzt der Abteilung von Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am M-Krankenhaus in Neuss, der wegen seiner hohen Sachkompetenz in dieser Sache berufen ist, liegen keine Behandlungsfehler des Beklagten vor. Die streitgegenständliche Knie-Arthroskopie (Kniegelenkspiegelung) war nach seinen Feststellungen eindeutig indiziert und wurde auch lege artis durchgeführt.
21Es ist nach seinen Feststellungen nicht zu erkennen, dass der später erneut diagnostizierte freie Gelenkkörper bei der Operation zurückgelassen wurde. Das intra-operative Vorgehen sei einwandfrei gewesen. Der Gelenkkörper könne sich auch post-operativ gebildet haben. Da eine histologische Untersuchung des in der zweiten Operation am 23.09.2010 entfernten Gelenkkörpers nicht durchgeführt worden sei, sei nicht festzustellen, ob es sich bei dem Gelenkkörper um Meniskusgewebe gehandelt habe, da post-operativ auch ein Abbrechen anderer vorgeschädigter Gelenkanteile von Tibia, Femur und Patella möglich sei. Die einzelnen vom Kläger vorgebrachten Maßnahmen seien teils nicht geboten gewesen (Bearbeitung der Patellarückfläche), teils kontra-indiziert gewesen (Shaving), teils durchgeführt worden (Spülung des Gelenks mit Aussaugen).
22Der Sachverständige hat kein fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten während der Operation erkennen können. Die hierbei festgestellten Knorpelschädigungen hätten sich in einem frühen Stadium befunden, so dass noch erhebliche Knorpelsubstanz vorgelegenhabe. Ein Shaving dieses Restknorpels hätte nur tiefgreifendere Schäden verursacht. Eine Indikation zu Pridiebohrungen oder Dekompressionsbohrungen lag ebenfalls nicht vor. Auch für die Anlage einer Redondrainage bestand keine Indikation, denn aufgrund des Eingriffs war nicht mit größeren Blutungen zu rechnen, so dass die Anlage nachteilig gewesen wäre (Bl. 117 GA). Auch wurde das Gelenk hinreichend gespült. Der Beklagte benutzte nach Feststellungen des Sachverständigen ein sogenanntes „Shaversystem“, welches der Sachverständige der Kammer anhand einer Abbildung näher erläutert hat, durch dessen Verwendung es bereits während des Eingriffs automatisch zu einem Spül- und Saugeffekt kommt. Soweit der Privatgutachter Prof. Dr. T moniert, dass in dem Operationsbericht lediglich von einem Aussaugen und nicht von einem Ausspülen die Rede sei, erläutert der Sachverständige überzeugend, dass bei der Benutzung eines solchen Shaversystems grundsätzlich immer mit fünf bis zehn Litern steriler Flüssigkeit gespült werde, dies sei bei den dazu verwendeten Geräten so vorgesehen, und dabei würden ausgespülte Fragmente angesaugt, dann zerkleinert und sodann aus dem Gelenk gespült. Der Beklagte hat in seiner Anhörung bestätigt, dass er bei der Verwendung des Shavers bei der Operation des Klägers – so wie stets in diesen Fällen – ca. fünf Liter der sterilen Flüssigkeit verwendet habe. Daher geht die Kammer von einer ordnungsgemäßen Spülung des Gelenks durch den Beklagten aus und schließt sich den Feststellungen des Sachverständigen insgesamt an.
23Bezüglich des freien Gelenkkörpers, der in einer zweiten Operation entfernt werden musste, kommt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass selbst wenn die palpatorisch getroffene Einschätzung des Zweitoperateurs Dr. I, dass es Meniskusgewebe gewesen sei, zutreffe, sich daraus keine abweichende Bewertung der Arthroskopie-Durchführung ergebe. Denn es sei durchaus denkbar, dass Meniskusgewebe erst nach der ersten Operation herausgebrochen ist. Auf einen freien Gelenkkörper könne nicht allein aufgrund postoperativer Beschwerden geschlossen werden. Ein typischer Hinweis hierfür seien Einklemmungserscheinungen. Diese hat der Kläger zwar im Rahmen seiner Anhörung behauptet, indes wurden Beschwerden dieser Art weder in den Behandlungsunterlagen des Beklagten noch des Zweitoperateurs Dr. I dokumentiert, so dass der Kammer eine hinreichende Grundlage dafür fehlt, ihr Vorliegen zu Grunde zu legen. Denn der beweisbelastete Kläger müsste die Behandlungsunterlagen widerlegen, z.B. indem er einigen Anbeweis erbringt, um die Voraussetzungen der Parteivernehmung von Amts wegen zu erfüllen. Dies ist hier aus Sicht der Kammer jedoch nicht gegeben. Hinzu kommt aber, dass der Sachverständigen es nicht für einen Fehler hält, wenn nach der Durchführung eines ordnungsgemäßen Saugvorgangs – der hier durchgeführt wurde – dennoch ein Partikel zurückbliebe (Bl. 177 GA). Auch dem schließt sich die Kammer an, denn die Beweisaufnahme hat nichts dahingehend ergeben, wie ein Zurückbleiben in einem Ausnahmefall anders als durch das unstreitig durchgeführte ordnungsgemäße Spülen verhindert werden könnte. Der Sachverständige hat insoweit keine weiteren Maßnahmen vermisst.
24Auch die Aufklärungsrüge des Klägers führt nicht zu einer Haftung des Beklagten. Die Aufklärung ist aus Sicht des Sachverständigen nicht zu bemängeln. Dies ist auch die Ansicht der Kammer. Der von beiden Seiten unterschriebene Aufklärungsbogen weist hinreichend auf die mit der Operation verbundenen Risiken hin. Der Beklagte hat hierzu anschaulich geschildert, mit welchen mündlichen Erläuterungen er diesen Bogen mit den Patienten stets bespreche; dies genügt den Anforderungen der Rechtsprechung. Teil des Aufklärungsgesprächs war nach seinen unwidersprochenen Ausführungen auch, dass schwere Schädigungen durch eine solche Operation hervorgerufen werden können und dass die Beschwerden nachher stärker als vorher sein können (Bl. 179 GA). Der Kläger hat in seiner Anhörung demgegenüber lediglich betont, dass er vermisse, darüber aufgeklärt worden zu sein, dass bei der Operation Fragmente im Gelenk zurückbleiben können. Die Kammer vermag indes hier keinen rechtlich erheblichen Widerspruch zu erkennen, da das Zurückbleiben von Fragmenten einer von mehreren Einzelfällen ist, der post-operativ zu stärkeren Beschwerden als zuvor führen kann, so dass der Beklagte den Kläger also offenbar zusammengefasst über diese mögliche Folge aufgeklärt hat und nicht über jede einzelne mögliche Ursache hierfür. Dies ist aus Sicht der Kammer hinreichend und nicht zu beanstanden. Hinzu kommt, dass der Kläger über das Auftreten schwerer operationsbedingter Schädigungen aufgeklärt wurde und aus Sicht der Kammer nicht nachvollziehbar ist, dass er davon nicht abgehalten wurde, die Operation durchzuführen, bei dem Einzelaspekt des Zurückbleibens von Fragmenten sich indes gegen die Operation entschieden hätte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vom Beklagten zur Operation gedrängt wurde in dem Sinne, dass er keine eigene Entscheidung habe fällen können, hat die Anhörung der Parteien nicht ergeben.
25Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 I 1, 1. Halbs. ZPO.
26Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
27Streitwert: 105.872,65 €
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Göttingen zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Die Anklageschrift hatte dem Angeklagten D. Bestechung in Tateinheit mit Anstiftung zur Untreue und zum Betrug, Bestechung in zwei Fällen sowie Betrug und dem Angeklagten P. Bestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue , Bestechlichkeit in zwei Fällen sowie ebenfalls Betrug zur Last gelegt. Das Landgericht hatte die Anklage mit einer abweichenden rechtlichen Bewertung zugelassen und dabei lediglich zwei - statt wie die Anklageschrift vier - prozessuale Taten angenommen. Es hatte die Angeklagten mit Urteil vom 23. April 2007 aus Rechtsgründen und aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dieses Urteil hat der Senat - soweit es die beiden Angeklagten betraf - auf Revision der Staatsanwaltschaft durch Urteil vom 19. Juni 2008 (3 StR 490/07, BGHSt 52, 290) mit den Feststellungen aufgehoben, da das Landgericht die Amtsträgerschaft des Angeklagten P. rechtsfehlerhaft verneint hatte. Das Landgericht hat die Angeklagten nunmehr abermals freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den erneuten Freispruch mit ihrer auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel führt bereits aufgrund der Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils. Auf die sachlichrechtlichen Beanstandungen kommt es daher nicht an.
I.
- 2
- Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Verfahrensrüge, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO), hat Erfolg.
- 3
- 1. Der Rüge liegt der folgende Verfahrensablauf zugrunde:
- 4
- Nach Aufhebung des ersten Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht kam es am 1. Oktober 2010 vor Terminierung der Hauptverhandlung zu einer Vorbesprechung der Kammer mit der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern unter anderem mit dem Ziel, den erforderlichen Umfang einer erneuten Beweisaufnahme zu klären. Daran nahmen die gesamte Kammer, drei Verteidiger und drei Vertreter der Staatsanwaltschaft teil, zu denen der Anklageverfasser Oberstaatsanwalt E. zählte. Zwischen diesem und dem Verteidiger des Angeklagten D. kam es zu einem Zwiegespräch über den Nachweis der subjektiven Tatseite. Als Oberstaatsanwalt E. zur Stützung seiner Ansicht auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Celle verwies, der ausdrücklich einen dringenden Tatverdacht bezüglich der subjekti- ven Tatseite angenommen habe, unterbrach ihn der Vorsitzende und verlangte, ihm diesen Beschluss zu zeigen. Diese Aufforderung wiederholte er mehrfach, auch nachdem der Oberstaatsanwalt erklärt hatte, dass ihm die Akten aktuell nicht vorlägen. Schließlich wies Oberstaatsanwalt E. die Aufforderung des Vorsitzenden als "Unverschämtheit" zurück. Hierauf verließ der Vorsitzende den Besprechungsraum und kehrte nicht mehr in diesen zurück.
- 5
- Mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 lehnte die Staatsanwaltschaft den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da es ihm angesichts seines Verhaltens ausschließlich um die Bloßstellung des Vertreters der Staatsanwaltschaft gegangen und er nicht bereit sei, seine Vorstellungen anhand von Gegenargumenten zu hinterfragen. Der Vorsitzende führte in seiner dienstlichen Äußerung dazu unter anderem aus, dass er auch die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung habe erörtern wollen und er auf die Vorbesprechung verzichtet hätte, wenn ihm zuvor die Teilnahme von Oberstaatsanwalt E. bekannt gewesen wäre. "Wie befürchtet" sei dieser nicht bereit gewesen, andere Möglichkeiten als eine Verurteilung der Angeklagten zu diskutieren. Im Übrigen halte er - der Vorsitzende - den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle für unerheblich. Er räume ein, dass er dies den Vertretern der Staatsanwaltschaft "in anderer Form hätte darlegen müssen".
- 6
- In einem Telefonat am 26. Januar 2011 wies Oberstaatsanwalt Dr. G. den Vorsitzenden darauf hin, dass dieser vor dem Vorgespräch Oberstaatsanwalt E. noch gar nicht gekannt habe. Hierauf erklärte der Vorsitzende, er habe seinen Eindruck von jenem aus den Akten gewonnen und das reiche.
- 7
- Mit Schreiben vom 28. Januar 2011 lehnte die Staatsanwaltschaft den Vorsitzenden erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da er durch seine dienstliche Äußerung den Eindruck der Voreingenommenheit verstärkt habe. In der hierzu abgegebenen weiteren dienstlichen Erklärung vom 10. Februar 2011 äußerte der Vorsitzende unter anderem, er habe sich nicht auf die Person von Oberstaatsanwalt E. bezogen, sondern auf dessen Tätigkeit im Verfahren, in dem dieser "seiner Aufgabe, 'den Sachverhalt zu erforschen' (§ 160 Abs. 1 StPO), nicht gerecht geworden" sei. "Wie sonst" sei "es zu erklären , dass er während der Hauptverhandlung insgesamt acht Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen sowie auf Einholung eines Sachverständigengutachtens stellte". Es entstehe "der Eindruck, die Staatsanwaltschaft mache sich zum Sprachrohr der Deutschen Bahn AG und vernachlässige dabei ihre aus § 160 Abs. 2 StPO resultierenden Pflichten".
- 8
- Mit Beschluss vom 1. März 2011 wies die Kammer - ohne Mitwirkung des Vorsitzenden - das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück.
- 9
- 2. Der Rüge bleibt der Erfolg nicht versagt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
- 10
- a) Der Senat hat entgegen der Ansicht der Revision eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Prüfung, ob das Ablehnungsgesuch sachlich gerechtfertigt war, auch wenn der das Gesuch zurückweisende Beschluss den Verlauf der Besprechung am 1. Oktober 2010 nicht mitteilt. Weil die Rüge im Revisionsverfahren nach Beschwerdegesichtspunkten zu behandeln ist, kann der Senat die im ersten Rechtszug vorgebrachten und glaubhaft gemachten Ablehnungsgründe in tatsächlicher Hinsicht würdigen und prüfen, ohne auf eine rechtliche Nachprüfung des tatrichterlichen Verwerfungsbeschlusses beschränkt zu sein (BGH, Urteil vom 26. Mai 1970 - 1 StR 132/70, BGHSt 23, 265, 266). Hierzu sind in den Ablehnungsgesuchen die für diese maßgeblichen Tatsachen hinreichend dargelegt.
- 11
- Da der abgelehnte Richter sich über die Ablehnungsgründe dienstlich geäußert hat (§ 26 Abs. 3 StPO) und dienstliche Erklärungen der an der Besprechung teilnehmenden Staatsanwälte sowie die Stellungnahme eines Verteidigers vorliegen, bedarf hier keiner Entscheidung, inwieweit das Revisionsgericht das Urteil aufheben oder Ermittlungen im Freibeweisverfahren anstellen muss, wenn es aufgrund von Versäumnissen des Tatgerichts mangels ausreichender tatsächlicher Beurteilungsgrundlagen die Begründetheit des Ablehnungsgesuchs nicht ohne Weiteres prüfen kann (vgl. einerseits BGH, Urteil vom 16. Dezember 1969 - 5 StR 468/69, BGHSt 23, 200, 203; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 338 Rn. 27; KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 338 Rn. 63; andererseits LK/Hanack, StPO, 25. Aufl., § 338 Rn. 64). Eine solche Sachlage ist hier nicht gegeben.
- 12
- b) In der Sache bestand für die Staatsanwaltschaft bei vernünftiger Würdigung aller Umstände begründeter Anlass zu der Sorge, der Vorsitzende nehme eine innere Haltung ein, die seine Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit gegenüber den Verfahrensbeteiligten störend beeinflusst (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN).
- 13
- aa) Die Besorgnis einer Voreingenommenheit des Vorsitzenden war allerdings nicht schon deswegen begründet, weil dieser in der Besprechung vom 1. Oktober 2010 nachdrücklich verlangte, die vom Oberstaatsanwalt zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts zu sehen. Hierin konnte der Wunsch zum Ausdruck kommen, den Beschluss und dessen Argumentation zur Kenntnis nehmen zu können und so die Gelegenheit zu erhalten, sich mit den - dem Richter zu dem Zeitpunkt nicht präsenten - Argumenten der oberlandesgericht- lichen Entscheidung auseinanderzusetzen. Jedenfalls lässt sich dem Geschehen nicht entnehmen, dass der Vorsitzende sich in der Sache bereits eine abschließende Meinung gebildet hatte oder dass es ihm "ausschließlich um die Bloßstellung des Vertreters der Staatsanwaltschaft" ging. Zwar kann die insistierende , sachlich nicht veranlasste Aufforderung durchaus als Unmutsäußerung gegenüber dem Oberstaatsanwalt verstanden werden. Jedoch deutet dieser Unmut eher auf eine spontane Verärgerung darüber, dass der Beschluss nicht vorlag, als auf eine grundsätzliche Voreingenommenheit des Vorsitzenden in der Sache hin.
- 14
- bb) Gleiches gilt - bei isolierter Betrachtung - auch für den Umstand, dass sich der Vorsitzende kurze Zeit später entfernte. Dies ergibt für sich ebenfalls noch nicht, dass er sich in der Sache den Argumenten der Staatsanwaltschaft entziehen und deren Verfahrensrechte beschränken wollte. Zum einen bestand in der konkreten Lage keine Möglichkeit, die angesprochene Sichtweise des Oberlandesgerichts näher zu erörtern, weil der entsprechende Beschluss nicht vorlag. Zum anderen handelte es sich lediglich um ein Vorgespräch zur weiteren Gestaltung des Verfahrens.
- 15
- Dass das Verhalten des Vorsitzenden in der Besprechung - wie von ihm letztlich selbst in der dienstlichen Äußerung eingeräumt - nicht den üblichen Umgangsformen entsprach, lässt bei ruhiger Prüfung der Sachlage noch nicht auf eine inhaltliche Vorfestlegung schließen. Dies gilt zumal vor dem zu berücksichtigenden Gesamtzusammenhang (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14. Januar 2000 - 3 StR 106/99, NStZ 2000, 325) und der Tatsache, dass Oberstaatsanwalt E. - aus seiner Sicht allerdings nachvollziehbar - das Vorgehen des Vorsitzenden als "Unverschämtheit" bezeichnet hatte, bevor dieser den Raum verließ.
- 16
- Im Übrigen begründen etwaige Spannungen zwischen einem Richter und einem bestimmten Staatsanwalt ebenso wenig ohne weiteres Misstrauen der Staatsanwaltschaft gegen die Unparteilichkeit des Richters wie Spannungen zwischen einem Richter und einem Verteidiger oder einem Sachverständigen zu berechtigtem Misstrauen des Angeklagten (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2005 - 2 StR 118/05, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 15; vom 4. März 1993 - 1 StR 895/92, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 8; Urteil vom 12. Februar 1998 - 1 StR 588/97, NJW 1998, 2458, 2459, in BGHSt 44, 26 insoweit nicht abgedruckt) führen. Allen Fällen ist gemeinsam, dass regelmäßig Belastungen auf persönlicher Ebene - jedenfalls soweit es nicht um den Angeklagten selbst geht - nicht allgemein Rückschlüsse auf eine Voreingenommenheit in der Sache zulassen, falls keine besonderen Umstände hinzutreten. Daher rechtfertigen die gegen einen bestimmten Oberstaatsanwalt gerichteten Vorbehalte des Vorsitzenden, wie sie in seiner dienstlichen Äußerung zum ersten Befangenheitsgesuch deutlich geworden sind, allein nicht die Besorgnis der Befangenheit.
- 17
- cc) Eine solche Besorgnis ergibt sich letztlich auch nicht allein daraus, dass der Vorsitzende die Beweislage zur subjektiven Tatseite anders einschätzte als die Staatsanwaltschaft. Eine bereits erfolgte Festlegung auf ein bestimmtes Beweisergebnis ist seinen Äußerungen nicht zu entnehmen; eine vorläufige Bewertung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 - 4 StR 571/10, NStZ 2011, 590, 591 mwN).
- 18
- dd) Es kann dahinstehen, ob die vorgenannten Umstände - zumindest in ihrer Gesamtheit - zu einer berechtigten Besorgnis der Staatsanwaltschaft führten , der Vorsitzende sei befangen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 3 StR 400/11, StraFo 2012, 134, 136); jedenfalls in Verbindung mit der Stel- lungnahme, die der Vorsitzende zu dem zweiten Befangenheitsgesuch abgegeben hat, ist diese Besorgnis gegeben.
- 19
- So wie ein zunächst berechtigtes Misstrauen eines Verfahrensbeteiligten gegen die Unbefangenheit eines Richters durch dessen ihm bekannt gemachte dienstliche Äußerung ausgeräumt werden kann mit dem Ergebnis, dass eine auf § 338 Nr. 3 StPO gestützte Rüge erfolglos bleibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160; vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701 und vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72), kann eine solche Stellungnahme dazu führen, dass einem schon durch frühere Einzelumstände genährten Misstrauen des Ablehnenden gegen den abgelehnten Richter die Berechtigung nicht mehr abzusprechen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Inhalt der Stellungnahme in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit den bereits geltend gemachten Ablehnungsgründen steht und nicht einen davon deutlich abgehobenen neuen Anknüpfungspunkt für die Besorgnis fehlender Unparteilichkeit liefert, der nur durch ein hierauf bezogenes neues Ablehnungsgesuch verfahrensrechtlich zur Geltung gebracht werden könnte.
- 20
- In der Stellungnahme des Vorsitzenden wird der Vorwurf erhoben, die Staatsanwaltschaft sei ihrer Aufgabe, den Sachverhalt zu erforschen, nicht gerecht geworden, und habe einseitig ermittelt, ohne ihr Aufklärungsbemühen auch auf die Angeklagten entlastende Umstände zu erstrecken. Dies wird durch die in hohem Maße unsachliche Bemerkung verschärft, die Staatsanwaltschaft erwecke den Eindruck, sie mache sich zum Sprachrohr der Deutschen Bahn AG, was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass sich die Staatsanwaltschaft von einem am Verfahren nicht beteiligten, aber an dessen Ausgang interessierten Dritten für dessen Zwecke habe instrumentalisieren lassen. Damit verstärk- te der Vorsitzende die schon in seinem vorangegangenen Verhalten angedeuteten Vorbehalte gegen die Tätigkeit der Anklagebehörde in einer Weise, die zumindest jetzt aus deren Sicht bei objektiver Betrachtung die Besorgnis begründete , er werde das Verfahren nicht unparteilich führen und in der Sache nicht mehr unbefangen entscheiden.
II.
- 21
- 1. Für das weitere Verfahren sieht der Senat im Hinblick auf die Begründung , mit der das Landgericht den Vorsatz beider Angeklagter hinsichtlich der Amtsträgerstellung des Angeklagten P. verneint hat, Anlass zu folgendem Hinweis:
- 22
- Es steht zu besorgen, dass das Landgericht an den Vorsatz hinsichtlich des tatbestandlichen Elements der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bei einer sonstigen Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zu hohe Anforderungen gestellt hat, indem es eine ins Einzelne gehende Kenntnis von den rechtlichen Grundlagen für erforderlich gehalten hat, aus denen sich die Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten des Staates auf die PB DE ergeben. Indes genügt - wie auch vom Landgericht angenommen - grundsätzlich bedingter Vorsatz (vgl. LK/Hilgendorf, StGB, 12. Aufl., § 11 Rn. 60), der gegeben ist, wenn der Täter das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals als möglich sowie nicht ganz fernliegend erkennt und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest damit abfindet (s. etwa BGH, Urteil vom 22. März 2012 - 4 StR 558/11, NJW 2012, 1524, 1525 mwN). Da nach der Beweiswürdigung des Landgerichts jedenfalls der Angeklagte P. wusste, dass die Aufgabe der PGS und der PB DE der Ausbau des Schienennetzes war, es in diesem Aufgabenbereich keine Wettbewerber gab, die Aufträge der PB DE aufgrund öffentlicher Ausschreibungen erteilt wurden und das Geld für den Schienen- ausbau "vom Bund" kam, kann ein zumindest bedingter Vorsatz selbst dann in Betracht kommen, wenn dem Angeklagten die dahinter stehenden gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen nicht im Einzelnen bekannt waren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, NJW 1998, 1874, 1877).
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Beklagten sind Inhaber des deutschen Patents 42 03 820, das eine fahrbare Betonpumpe betrifft. Die Klägerin hat vor dem Bundespatentgericht das Streitpatent mit der Nichtigkeitsklage angegriffen. Diese Klage hat das Bundespatentgericht abgewiesen.
- 2
- Im Berufungsverfahren hat der Senat Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und Prof. Dr.-Ing. F. G. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Nach Einreichung des schriftlichen Gutachtens haben die Beklagten den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und geltend gemacht:
- 3
- Der Sachverständige stehe in engen Beziehungen zu der P. AG, die zwar nicht Partei des Nichtigkeitsverfahrens sei, die jedoch ebenso wie die Nichtigkeitsklägerin vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wegen Patentverletzung in Anspruch genommen werde. Die Nichtigkeitsklägerin und die P. AG hätten deshalb ein identisches Interesse an der Vernichtung des Streitpatents.
- 4
- Das Institut, dem der Sachverständige vorstehe, habe in der Woche vom 7. bis 20. Juni 2005 eine Exkursion in die Schweiz und nach Österreich durchgeführt , bei der auch abschließend die P. AG besucht worden sei. Diese habe den größten Teil der Reisekosten übernommen, wofür sich der Sachverständige in dem Vorwort zu einem von ihm verfassten Reisebericht ausdrücklich bedankt habe. Der Reisebericht lese sich im Übrigen wie eine Werbebroschüre und sei auch teilweise wörtlich den Werbeunterlagen der P. AG entnommen. Die Beklagte hält dies zwar für "vollkommen in Ordnung", vertritt aber gleichwohl den Standpunkt, die Annahme von zweckgebundenen Geldgeschenken begründe Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen , zumal das Institut bei verständiger Würdigung habe annehmen dürfen, auch weiterhin mit finanziellen Unterstützungen bedacht zu werden. Dies zeige sich auch daran, dass nochmals im Jahre 2007 eine Exkursion durchgeführt worden sei, die in gleicher Weise von der P. AG unterstützt worden sei. Zudem werbe die P. AG damit, dass der Firmengründer , K. S. , am 4. April 2007 den … Innovationspreis des Instituts für … erhalten habe. Die Laudatio habe bei dieser Gelegenheit der gerichtliche Sachverständige gehalten. Auch diese Begebenheit begründe vernünftige Zweifel daran, dass der gerichtliche Sachverständige die gebotene Neutralität wahre. In seiner Laudatio habe der gerichtliche Sachverständige das Lebenswerk des Preisträgers gewürdigt, indem er ausgeführt habe, dass das wissenschaftliche Denken und zahlreiche bahnbrechende Innovationen die von ihm als Student 1958 gegründete Firma zum Welterfolg geführt habe.
- 5
- Zum Zeitpunkt der Bestellung des gerichtlichen Sachverständigen hätten die Beklagten keinerlei Veranlassung gehabt, an dessen Neutralität zu zweifeln. Erst der Inhalt des Sachverständigengutachtens, in dem der Sachverständige Ausführungen zu den Großmastpumpen der P. AG gemacht habe, habe Veranlassung gegeben, über die Beziehungen des gerichtlichen Sachverständigen zu der P. AG Nachforschungen anzustellen. Deshalb treffe die Beklagte kein Verschulden daran, dass der Antrag auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen erst jetzt erfolgt sei, weshalb das Ablehnungsgesuch nicht gemäß § 406 Abs. 2 ZPO verspätet und deshalb unzulässig sei.
- 6
- II. Das Ablehnungsgesuch bleibt ohne Erfolg.
- 7
- Ein Sachverständiger kann nach § 406 ZPO, der auch im Berufungsverfahren in Patentnichtigkeitssachen anwendbar ist, abgelehnt werden, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der gerichtlich beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei der Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit besteht (Sen.Beschl. v. 4.12.2001 - X ZR 199/00, GRUR 2002, 369 - Sachverständigenablehnung; Beschl. v. 23.10.2007 - X ZR 100/05, GRUR 2008, 191 - Sachverständigenablehnung II).
- 8
- Die geltend gemachten Gründe rechtfertigen, ihre rechtzeitige Anbringung zugunsten der Beklagten unterstellt, bei verständiger Würdigung nicht die Annahme, der gerichtliche Sachverständige werde die erforderliche Unparteilichkeit nicht aufbringen.
- 9
- Die Beziehungen des gerichtlichen Sachverständigen zur P. AG geben - auch aus der Sicht der Beklagten - keinen Anlass, an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu zweifeln. Exkursionen mit Werksbesichtigungen gehören zur Ausbildung von Studenten und rechtfertigen als solche bei verständiger Würdigung die Besorgnis der Befangenheit nicht. Soweit die P. AG die Exkursion mit einer Zuwendung von 500,-- € unterstützt hat, rechtfertigt dieser Umstand im Streitfall keine andere Beurteilung, da die Exkursion auch von anderen Unternehmen und nicht allein von der P. AG unterstützt wurde, der Geldbetrag zudem nicht dem Institut des gerichtlichen Sachverständigen zugewendet wurde, sondern den an der Exkursion teilnehmenden Studenten. Darüber hinaus hat - wie die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat - nicht der gerichtliche Sachverständige die Exkursionsberichte erstellt, diese sind vielmehr von den teilnehmenden Studenten angefertigt worden , wobei auch die sonstigen die Exkursion unterstützenden Unternehmen benannt wurden. Bei der Ehrung des Gründers der P. AG K. S. hat zwar der Sachverständige die Laudatio gehalten, weitere Beziehungen bestehen jedoch nicht. Anlässlich der Laudatio hat der gerichtliche Sachverständige die für die Preisverleihung ausschlaggebenden Leistungen gewürdigt, die auch die Beklagte als solche nicht in Abrede stellt.
- 10
- Aus den genannten Umständen kann daher im Streitfall auch in ihrer Zusammenschau ein Ablehnungsgrund nicht hergeleitet werden.
Gröning Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 30.11.2006 - 3 Ni 42/05 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.