Oberlandesgericht Köln Beschluss, 06. Nov. 2014 - 2 Wx 253/14 2 Wx 336/14 2 Wx 337/14
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1), 2) und 3) vom 04.12.2013 wird der am 04.11.2013 erlassene Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 31.10.2013, 73 III 1-4/13, abgeändert und das beteiligte Standesamt Aachen angewiesen, eine Erklärung der Beteiligten zu 1), 2) und 3) entgegenzunehmen und zu beurkunden, durch die im Wege der Angleichung der Beteiligte zu 1) seinen Vornamen mit „B“ und seinen Nachnamen mit „T“, der Beteiligte zu 2) seinen Vornamen mit „S“ und seinen Nachnamen mit „T“ und der Beteiligte zu 3) seinen Vornamen mit „T2“ und seinen Nachnamen mit „T“ bestimmt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) bis 3) in erster und zweiter Instanz haben die Beteiligten zu 4) und 5) zu tragen.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten zu 1) bis 3) sowie Frau O I wurden in Bagdad/Irak geboren. Die Beteiligten zu 1) ist mit Frau I verheiratet, die Beteiligten zu 2) und 3) sind ihre gemeinsamen ehelichen Kinder.
4Nach den vorgelegten Geburts- und Taufurkunden der Diozöse der armenisch-apostolischen Kirche im Irak aus dem Jahre 2011 lautet der Name des Beteiligten zu 1) „B B2 T3 T“, der seiner Ehefrau „O L J I“, der des Beteiligten zu 2) „S B B2 T“ und der des Beteiligten zu 3) „T2 B B2 T“. Die Namen „B B2 T3 T“ und „O L J I“ finden sich auch in der vorgelegten Eheschließungsurkunde des armenisch-orthodoxen Episkopats im Irak vom 10.08.2011. Vorgelegte ältere Geburts-, Tauf- und Eheschließungsurkunden der Diozöse der armenisch-apostolischen Kirche im Irak weisen Abweichungen auf. So lautet der Name des Beteiligten zu 1) auch „B B2 T3“ oder nur „B B2“, der Name der Ehefrau auch „O L J“, der Name des Beteiligten zu 2) „S B B2“ und der Name des Beteiligten zu 3) „T2 B B2“.
5Nach dem in Ablichtung in der Akte befindlichen Personalausweis des Beteiligten zu 2), ausgestellt von der Hauptabteilung Staatsbürgerschafts- und Personenstandssachen des irakischen Innenministeriums, lautet sein Vorname „S“, der Name des Vaters „B“ und der Name des Großvaters „B2“; ein Zuname fehlt. Nach dem in Ablichtung in der Akte befindlichen Personalausweis des Beteiligten zu 3) lautet sein Vorname „T2“, der Name des Vaters „B“ und der Name des Großvaters „B2“; ein Zuname fehlt ebenso. Nach der Ablichtung des irakischen Personalausweises der Ehefrau des Beteiligten zu 1) lautet ihr Name „O L J I“. Ein irakischer Personalausweis des Beteiligten zu 1) wurde nicht vorgelegt.
6Die Beteiligten zu 1) bis 3) sowie Frau I erwarben nach ihrer im Jahre 1999 erfolgten Flucht aus dem Irak die deutsche Staatsangehörigkeit. In ihren deutschen Personalausweisen sind die Namen „B T3“ für den Beteiligten zu 1), „O J“ für seine Ehefrau, „S T3“ für den Beteiligten zu 2) und „T2 T3“ für den Beteiligten zu 3) angegeben.
7Die Beteiligten zu 1) bis 3) haben vorgetragen, der Nachname der Beteiligten zu 1), 2) und 3) laute „T“, derjenige der Ehefrau des Beteiligten zu 1) „I“. Bei der Einreise und Einbürgerung sei fälschlicherweise der Nachname „T3“ bezüglich der Beteiligten zu 1) bis 3) und „J“ bezüglich der Ehefrau des Beteiligten zu 1) als Nachname verwandt worden. Andere Urkunden als die vorgelegten könnten aus dem Irak nicht beschafft werden.
8Die Beteiligten zu 1) bis 3) und die Ehefrau des Beteiligten zu 1) haben beantragt,
9das Standesamt der Stadt Aachen anzuweisen, durch Angleichungserklärungen den Nachnamen der Beteiligten zu 1) bis 3) in „T“ und den Nachnamen der Ehefrau des Beteiligten zu 1) in „I“ zu ändern.
10Die Beteiligten zu 4) und 5) sind den Anträgen entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, die vorgelegten irakischen Dokumente seien nicht ausreichend, um auf ihrer Grundlage die beantragte Namensangleichung vorzunehmen.
11Das beteiligte Standesamt Aachen nahm zwischenzeitlich Berichtigungen im Geburtenregister vor. Der Beteiligte zu 1) ist nunmehr mit dem Familiennamen „B B2 T3“, dem Vornamen „X“, dem früheren Familiennamen „T3“ und dem früheren Vornamen „B“ eingetragen worden, die Ehefrau des Beteiligte zu 1) mit dem Familiennamen „O L J“, dem Vornamen „X“ dem früheren Familiennamen „J“ und dem früheren Vornamen „O“.
12Durch am 04.11.2013 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 31.10.2013 ist das Standesamt Aachen angewiesen worden, eine Erklärung der Ehefrau des Beteiligten zu 1) entgegenzunehmen und zu beurkunden, durch die diese im Wege der Namensangleichung ihren Vornamen mit „O“ und ihren Nachnamen mit „I“ bestimmt; die Anträge auf Namensangleichung der Beteiligten zu 1) bis 3) hat das Amtsgericht zurückgewiesen (Bl. 78 ff. d. A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag der Ehefrau des Beteiligten zu 1) Erfolg habe, weil sie ihre Namensführung nach irakischem Recht nicht nur durch Vorlage von kirchlichen Urkunden, sondern auch durch ein staatliches Dokument, ihren irakischen Personalausweis, nachgewiesen habe. Die von ihr beantragte Namensangleichung sei gem. Art. 47 EGBGB zulässig. Ein entsprechender Nachweis fehle bezüglich der Beteiligten zu 1) bis 3). Der Beteiligte zu 1) habe seinen irakischen Personalausweis nicht vorlegen können. Aus den vorgelegten Personalausweisen der Beteiligten zu 2) und 3) ergäben sich jeweils nur Namensketten, aber nicht der Zuname „T“. Die kirchlichen Urkunden seien zum Nachweis ungeeignet, im Übrigen aber auch nicht einheitlich.
13Gegen diesen den Beteiligten zu 1) bis 3) am 07.11.2013 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 04.12.2013 beim Amtsgericht Aachen eingegangene Beschwerde vom 04.12.2013 (Bl. 96 ff. d. A.). Sie tragen vor, die Namensführung in den vorgelegten Geburts- und Taufurkunden der Diözese der armenisch-apostolischen Kirche im Irak aus dem Jahre 2011 sei entgegen der Auffassung des beteiligten Standesamtes einheitlich. Die Urkunden seien zum Nachweis geeignet, dass sie, die Beteiligten zu 1) bis 3), einheitlich den Zunamen „T“ führen würden. Soweit sich aus den älteren Urkunden Abweichungen ergeben würden, sei dies darauf zurückzuführen, dass die Handhabung bezüglich der Führung eines Zunamens von jedem Sachbearbeiter der irakischen Behörden unterschiedlich sei, teilweise werde der Zuname aufgenommen, teilweise nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das beteiligte Standesamt jetzt auch ihre Vornamenführung geändert habe und jeweils ein „X“ eingetragen sei.
14Die Beteiligten zu 1) bis 3) beantragen nunmehr,
15den Beschluss des Amtsgerichts Aachen aufzuheben, soweit ihre Anträge auf Namensangleichung zurückgewiesen worden sind und den Standesbeamten des Standesamtes Aachen anzuweisen, ihre Erklärung entgegenzunehmen und zu beurkunden, durch die sie im Wege der Namensangleichung ihren Vornamen mit „B“ für den Beteiligten zu 1), mit „S“ für den Beteiligten zu 2) und mit „T2“ für den Beteiligten zu 3) und ihren Nachnamen jeweils mit „T“, hilfsweise mit „T3“ unter Weglassung des Zwischennamens bestimmen.
16Das Amtsgericht Aachen hat der Beschwerde durch am 02.09.2014 erlassenen Beschluss vom 29.08.2014 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 116 ff. d. A.).
17II.
18Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) hat auch in der Sache Erfolg. Das beteiligte Standesamt ist verpflichtet, die Angleichungserklärungen der Beteiligten zu 1) bis 3) mit dem Inhalt, dass der Beteiligte zu 1) den Vornamen „B“ und den Zunamen „T“, der Beteiligte zu 2) den Vornamen „S“ und den Nachnamen „T“ und der Beteiligte zu 3) den Vornamen „T2“ und den Nachnamen „T“ führt, entgegenzunehmen, zu beurkunden und diese Namen entsprechend in den Personenstandsregistern einzutragen.
19Die beantragten Namensangleichungen sind gem. Art. 47 EGBGB zulässig.
201.
21Den beantragten Namensangleichungen steht nicht entgegen, dass es seitens der zuständigen Standesämter schon zu Eintragungen von Namen sowie Berichtigungen in den Personenstandsregistern betreffend die Beschwerdeführer gekommen ist. Denn bislang haben die Beschwerdeführer noch keine Angleichungserklärungen abgegeben. Wie es zu der Namensführung beim Standesamt der Stadt Leipzig gekommen ist und warum in den deutschen Personalausweisen der Beschwerdeführer die Namen „B T3“, „S T3“ und „T2 T3“ aufgeführt sind, konnte von den Beteiligten nicht weiter aufgeklärt werden.
22Der Entscheidung über die beantragten Namensangleichungen steht auch nicht entgegen, dass die Anträge auf Angleichung bezüglich der Vornamen der Beschwerdeführer erst mit der Einlegung der Beschwerde erweitert worden sind und das Amtsgericht über die erweiterten Anträge noch nicht entschieden hat. Da sich das beteiligte Standesamt bislang geweigert hat, überhaupt Angleichungserklärungen entgegenzunehmen sowie zu beurkunden und zwischenzeitlich auch die Vornamen in den Geburtenregistern geändert hat, ist zur Vermeidung von weiteren Unklarheiten in der Namensführung der Beschwerdeführer einheitlich über ihre mit der Beschwerde gestellten Anträge auf Angleichung der Vor- und Familiennamen zu entscheiden.
232.
24Die Beteiligten zu 1) bis 3) haben nach irakischem Recht einen Namen erworben. Sie sind im Irak geboren und hatten die irakische Staatsangehörigkeit. Mit ihrer Einbürgerung im Jahre 1999 haben sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, so dass es namensrechtlich zu einem Statutenwechsel im Sinne von Art. 47 EGBGB gekommen ist; ihre Namensführung unterliegt nunmehr deutschem Recht (Art. 10 Abs. 1 EGBGB). Art. 47 EGBGB ist daher grundsätzlich anwendbar.
253.
26Nach irakischem Recht gilt Folgendes: Zunächst galten namensrechtlich das irakische Zivilgesetzbuch Nr. 40/1951, in Kraft getreten am 04.06.1953, sowie das Gesetz Nr. 189/1964, in Kraft getreten am 27.02.1965. Art. 40 irak. ZGB bestimmte lediglich, dass jeder Iraker Vor- und Nachnamen führt und der Nachname auf die Kinder übergeht. Gemäß den einschlägigen Vorschriften des Gesetzes Nr. 189/1964 bestand der Name einer Person grundsätzlich aus einer Namenskette, welche sich aus dem Eigennamen des Namensträgers, gefolgt vom jeweiligen Eigennamen des Vaters und des Großvaters väterlicherseits zusammensetzte. Soweit ein Bei- oder Zuname (M) vorhanden war, konnte er dieser Namenskette hinzugefügt werden. In Art. 22 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 189/1964 wird der „M“ gleichbedeutend mit einem Familiennamen benutzt.
271972 wurde das Namensrecht durch das Gesetz Nr. 65/1972 novelliert. Dessen Art. 13 besagte: Der Name wird als vollständig angesehen, wenn er den Vornamen, den Namen des Vaters und des Großvaters sowie den Familiennamen, falls vorhanden, in dieser Reihenfolge enthält. Familienname war dabei automatisch der Bei- oder Zuname der Person, sofern ein solcher vorhanden war. War dies nicht der Fall, wurde nur die dreigliedrige Namenskette geführt.
28Das Gesetz Nr. 65/1972 ist durch Art. 81 des Gesetzes Nr. 46/1990 vom 18.07.1990 aufgehoben worden, soweit es den in diesem getroffenen Neuregelungen widersprach. Art. 19 bis Art. 80 des Gesetzes Nr. 46/1990 regelte das irakische Personenstandsrecht einschließlich des Namensrechts. Art. 35 Abs. 1 bestimmte: „Ein Name gilt dann als vollständig, wenn er einen Eigennamen der betreffenden Person, den seines Vaters, seines Großvaters väterlicherseits und seinen Bei- oder Zunamen, falls vorhanden, in dieser Reihenfolge enthält. Falls eine Person bei Inkrafttreten des Gesetzes noch keinen Bei- oder Zunamen führte, ist er nachträglich zu registrieren“.
29Durch Art. 21 Nr. 3 des Gesetzes Nr. 26/2006, welches am 07.03.2006 in Kraft getreten ist, wurde das Gesetz Nr. 46/1990 annulliert, womit hinsichtlich des Namensrechts nunmehr wieder das Gesetz Nr. 65/1972 gilt (zum Vorstehenden: Rauhmeier StAZ 2012, 117 ff.).
30Im Ergebnis ist nicht davon auszugehen, dass jeder irakische Staatsangehörige neben einer Namenskette zwingend einen als Familiennamen zu qualifizierenden „M“ führt. Ebenso wenig kann jedoch angenommen werden, dass dem irakischen Namensrecht Familiennamen völlig fremd sind, daher jeder irakische Staatsangehörige zwangsläufig ausschließlich eine Namenskette nach traditionellem islamischem Recht führt. Vielmehr ist die irakische Rechtswirklichkeit geprägt von einer Mischung beider Varianten der Namensführung, abhängig zum einen vom Zeitpunkt des Namenserwerbs und zum anderen von der Handhabung der namensrechtlichen Vorschriften durch die verschiedenen irakischen Behörden (Rauhmeier, a.a.O.).
31Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze des irakischem Namensrechts ist davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 1) bis zu seiner Einbürgerung den Namen „B B2 T3“ führte, der Beteiligte zu 2) den Namen „S B B2“ und der Beteiligte zu 3) den Namen „T2 B B2“. Dabei handelte es sich bei dem ersten Namen jeweils um den Eigennamen (Vornamen), bei dem zweiten Namen um den Eigennamen (Vornamen) des Vaters und bei dem dritten Namen um den Eigennamen (Vornamen) des Großvaters väterlicherseits. Dass die Beschwerdeführer zudem auch den Familiennamen „T“ führten, ist zwar aufgrund der vorliegenden Urkunden wahrscheinlich, kann im Ergebnis aber offen bleiben.
32Die jeweiligen Namensketten der Beteiligten zu 1) bis 3) sind durch die vorliegenden Urkunden hinreichend nachgewiesen. Zwar konnten die Beschwerdeführer Personenstandsurkunden oder beglaubigte Auszüge aus den Registern der irakischen Behörden nicht vorlegen. Eine solche Vorlage ist hier indes entbehrlich. Nach § 9 Abs. 2 PStG können auch andere Urkunden als Beurkundungsgrundlage dienen, wenn die Beschaffung öffentlicher Urkunden nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist. So liegt der Fall hier. Die Beschwerdeführer sind Flüchtlinge. Im Irak herrscht Krieg. Ausweislich des Merkblatts der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland (Stand Februar 2014) wurde die Legalisation irakischer Urkunden mit Billigung des Auswärtigen Amtes eingestellt (www.konsularinfo.diplo.de). Zwar behaupten die Beschwerdegegner, es könne ein Rechtsanwalt in Bagdad mit der Beschaffung von Personenstandsurkunden beauftragt werden. Die Beschwerdeführer haben jedoch erwidert, dass die genannten Rechtsanwälte überwiegend nicht zu erreichen seien und der einzige erreichbare Rechtsanwalt per Mail mitgeteilt habe, dass Personenstandsurkunden nur persönlich an die Antragsteller in Bagdad übergegen werden könnten (Bl. 36 d. A.). Dies kann letztlich aber offen bleiben. Denn bezüglich der Namensketten ist das Bild der vorgelegten kirchlichen Urkunden einheitlich. Dass in einem Fall der Großvatername des Beteiligten zu 1) „T3“ fehlt, ist unerheblich, zumal der dort aufgeführte Name „B B2“ auch mit dem irakischen Namensrecht unvereinbar ist. Maßgeblich ist jedoch, dass die vorgelegten kirchlichen Urkunden auch durch die beiden Personalausweise der Beteiligten zu 2) und 3) gestützt werden, denen nicht nur die Namensketten der Beteiligten zu 2) und 3), sondern auch die ersten beiden Namen der Namenskette des Beteiligten zu 1) zu entnehmen sind. Die Richtigkeit dieser Namensketten der Beschwerdeführer wird von den Beschwerdegegnern letztlich auch gar nicht in Abrede gestellt. Schließlich hat das beteiligte Standesamt die Geburtenregister berichtigt und diese Namensketten eingetragen. Es ist daher nach dem Vortrag aller Beteiligten sowie der Akten- und Urkundenlage davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 1) nach irakischem Recht „B B2 T3“, der Beteiligte zu 2) „S B B2“ und der Beteiligte zu 3) „T2 B B2“ hieß. Ob sie auch den Familiennamen „T“ führten, kann aus nachfolgenden Gründen offen bleiben.
334.
34Seit ihrer Einbürgerung unterliegt das Namensrecht der Beschwerdeführer gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht. Das deutsche Recht unterscheidet Vor- und Familiennamen. Jede Person muss einen Familiennamen und mindestens einen Vornamen führen (allgemeine Meinung, vgl. nur Henrich StAZ 2007, 197, 198). Die vom beteiligten Standesamt vorgenommene Eintragung der Namensketten der Beschwerdeführer als jeweilige Familiennamen ist unter Anwendung deutschen Rechts daher in zweifacher Hinsicht unrichtig. Zum einen handelt es sich bei allen Namen der Namenskette nach irakischem Verständnis um Vornamen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum das beklagte Standesamt diese Namenskette als Familiennamen und nicht als Vornamen eingetragen hat. Zum anderen gibt es mehrere Familiennamen nach deutschem Namensrecht nicht. Die von den Beschwerdeführern beantragten Angleichungen entsprechen indes den Grundsätzen deutschen Namensrechts und erfüllen die Voraussetzungen des Art. 47 EGBGB.
35Sollte es so sein, dass die Beschwerdeführer nach irakischem Recht den Familiennamen „T“ führten, wären die beantragten Namensangleichungen gem. Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB zulässig. Die Beschwerdeführer könnten aus der Namenskette jeweils ihren Vornamen und zudem den Familiennamen „T“ wählen. Da sie jeweils ihren Eigennamen nach irakischem Verständnis zum Vornamen und den „M“ zum Familiennamen bestimmt haben, kann auch offen bleiben, ob sie im Rahmen des Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB an diese namensrechtliche Vorprägung durch ihre ehemaliges Heimatrecht gebunden waren, d.h. nur bestimmen konnten, ob sie den Vaternamen und den Großvaternamen als weitere Vornamen wählen oder abwählen.
36Dafür, dass die Beschwerdeführer den Namen „T“ auch tatsächlich führten, sprechen im Übrigen die vorgelegten kirchlichen Urkunden. Der Einwand der Beschwerdegegner, diese Namensführung sei nicht einheitlich, spricht nicht gegen die Richtigkeit der Darstellung der Beschwerdeführer. Denn wie ausgeführt war die Handhabung der Namensführung bezüglich der Familiennamen (M) auch seitens der irakischen Behörden nicht einheitlich (vgl. auch Krüger StAZ 2007, 199 ff.). Dies kann letztlich aber offen bleiben.
37Auch für den Fall, dass der Nachweis der Namensführung bezüglich des Familiennamens „T“ nicht als geführt anzusehen ist, ergibt sich die Zulässigkeit der gewählten Angleichung gem. Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB. Denn in diesem Fall hätten die Beschwerdeführer keinen Familiennamen und könnten einen solchen frei wählen. Dementsprechend hat auch das OLG München entschieden, dass Personen, die nach irakischem Recht nur einen aus ihrem Vornamen, dem Vornamen ihres Vaters und ihres Großvaters väterlicherseits gebildeten Namen, nicht aber einen Bei- oder Zunamen (M) geführt haben, einen Familiennamen wählen können, wenn sich ihr Name nunmehr nach deutschem Recht richtet (OLG München, Beschluss vom 17.09.2014 – 31 Wx 348/14). Dieser Auffassung des OLG München schließt sich der Senat an. Es widerspricht den Grundsätzen des deutschen Namensrechts, einem Antragsteller, der nach irakischem Recht eine Namenskette, bestehend aus seinem Vornamen, dem Vornamen des Vaters und des Großvaters väterlicherseits geführt hat, die Anwendung des Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB bezüglich eines Familiennamens mit dem Argument zu verwehren, es sei einer der (Vor-) Namen gem. Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB als Familienname auszuwählen. Denn die Prägung, die die Namen nach irakischem Recht erhalten haben, ist auch bei der Anwendung des Art. 47 EGBGB zu beachten. Besteht die Namenskette – wie hier - nur aus Vornamen, fehlt es an einem Familiennamen im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB. In Abweichung von der Entscheidung des Oberlandesgerichts München wird zwar die Auffassung vertreten, dass Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB nur in Betracht komme, wenn die betroffene Person nur einen Namen führe (vgl. Staudinger/Hepting/Hausmann, EGBGB, Art. 47 Rn. 34, 37; MüKo/Birk, EGBGB, 6. Aufl. 2010, Art. 47 Rn. 25; Mäsch, IPrax 2008, 17, 19). Dieser Auffassung ist aber im vorliegenden Fall deshalb nicht zu folgen, weil es sich bei den Namen der Namenskette nach irakischem Recht ausschließlich um Vornamen handelt und zudem ein Familienname gewählt worden ist, zu dem die Beschwerdeführer sozial gewichtige Bindungen haben und der die soziale Zuordnung eines Familiennamens erfüllt. Diese Voraussetzungen sind bezüglich des Namens „T“ erfüllt, weil dieser Name von den Beschwerdeführern ausweislich der vorgelegten kirchlichen Urkunden wiederholt als Familienname im Sinne des irakischen Rechts („M“) gebraucht worden ist. Die Bestimmung des Namens „T“ als Familiennamen ist daher gem. Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB möglich.
385.
39Die Angleichungserklärungen sind von dem beteiligten Standesamt in der Form des Art. 47 Abs. 4 EGBGB aufzunehmen, ehe die entsprechenden Änderungen im Geburtenregister vorzunehmen sind.
40III.
41Die Beteiligten zu 4) und 5) sind von Gerichtskosten befreit (§ 51 Abs. 1 S. 2 PStG). Im Übrigen beruhen die Kostenentscheidungen in den 3 Verfahren auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Es entspricht der Billigkeit, den Beteiligten zu 4) und 5) die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) bis 3) aufzuerlegen, weil die Antragsteller mit ihren Anträgen und Beschwerden letztlich Erfolg hatten.
42Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 70 Abs. 2 FamFG).
43Geschäftswert der Beschwerdeverfahren: insgesamt 5.000,00 € (§ 36 Abs. 3 GNotKG)
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Annotations
(1) Eintragungen in den Personenstandsregistern werden auf Grund von Anzeigen, Anordnungen, Erklärungen, Mitteilungen und eigenen Ermittlungen des Standesamts sowie von Einträgen in anderen Personenstandsregistern, Personenstandsurkunden oder sonstigen öffentlichen Urkunden vorgenommen.
(2) Ist den zur Beibringung von Nachweisen Verpflichteten die Beschaffung öffentlicher Urkunden nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich, so können auch andere Urkunden als Beurkundungsgrundlage dienen. Sind auch diese nicht einfacher zu beschaffen als die erforderlichen öffentlichen Urkunden oder können die für die Beurkundung erheblichen tatsächlichen Behauptungen der Betroffenen weder durch öffentliche noch durch andere Urkunden nachgewiesen werden, so kann der Standesbeamte zum Nachweis dieser Tatsachen Versicherungen an Eides statt der Betroffenen oder anderer Personen verlangen und abnehmen.
(1) Auf das gerichtliche Verfahren sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. Standesämter und Aufsichtsbehörden sind von Gerichtskosten befreit.
(2) Die Aufsichtsbehörde, das Standesamt und die Beteiligten können in jeder Lage des Verfahrens diesem beitreten; sie können ihren Beitritt auch durch Einlegung eines Rechtsmittels erklären.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.