Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 15.7.2014 wird aufgehoben und das Standesamt angewiesen, die die Erklärung der Betroffenen zur Wahl eines Familiennamens als wirksam entgegenzunehmen.

Gründe

I.

Die 1990 im Irak geborene Betroffene wurde am 18.11.2009 unter dem Familiennamen „...“ eingebürgert. Das ist der Vorname ihres Großvaters. Ihre Mutter, die wie der Vater nach wie vor irakische Staatsangehörige ist, führt als Familiennamen ihren Geburtsnamen „...“. Mit Vordruckerklärung vom 11.04.2014 über die nachträgliche Bestimmung des Familiennamens bestimmte die Betroffene den Familiennamen ihrer Mutter „...“ zu ihrem Geburtsnamen. Die Standesamtsaufsicht legte die namensrechtliche Erklärung unter dem 04.06.2014 dem Amtsgericht vor. Die Standesbeamtin habe zu Recht Zweifel daran, ob die Erklärung der Betroffenen als wirksam entgegengenommen werden könne.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.7.2014 von einer Weisung abgesehen. Die Voraussetzungen für eine Neubestimmung des Geburtsnamens gemäß § 1617 BGB lägen nicht vor. Ebenso wenig komme eine direkte oder analoge Anwendung von Art. 47 EGBGB in Betracht. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Standesamtsaufsicht.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg, weil die Betroffene nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB in Ermangelung eines Familiennamens einen solchen wählen kann.

Infolge der Einbürgerung ist gem. Art. 10 Abs. 1 EGBGB auf ihre Namensführung deutsches Recht anzuwenden. Dieses sieht in Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB u. a. ein Namensbestimmungsrecht vor, falls nach dem bisher anwendbaren ausländischen Recht kein Familienname geführt wird. Da die Erklärung zu Vor- und/oder Familienname jeweils einzeln oder gemeinsam abgegeben werden kann (MK-BGB/Birk 5. Aufl. 2010, Rn. 10 zu Art. 47 EGBGB), ist es unerheblich, dass sich der verwendete Vordruck nur auf den Familiennamen, nicht aber auf die von der Betroffenen geführten Vornamen bezieht. Die Erklärung kann unbefristet abgegeben werden (Birk a. a. O., Rn. 15), so dass es unschädlich ist, dass diese erst gut 4 Jahre nach der Einbürgerung erfolgt ist. Sie ist in der gem. § 47 Abs. 4 EGBGB erforderlichen Form erfolgt, weil sie vor der zuständigen Standesbeamtin abgegeben wurde (§ 43 Abs. 1 PStG).

Die Betroffene hat nach dem bisher anwendbaren irakischen Recht keinen Familiennamen geführt. Das ergibt sich aus dem beglaubigten Auszug aus dem allgemeinen Register der Provinz ... für den Verwaltungsbezirk ... Der Vorname der Betroffenen lautet nur „...“, während der weitere als Vorname angegebene Name „...“ der Name des Vaters ist, dagegen ist der in den vorliegenden Urkunden angegebene Name „...“ der Vorname des Großvaters väterlicherseits. Dies entspricht dem Umstand, dass auch unter Berücksichtigung der standesamtlichen Praxis nicht davon gesprochen werden kann, dass jeder irakische Staatsangehörige neben einer Namenskette - wie die Betroffene -auch einen als Familiennamen zu qualifizierenden Bei- oder Zunamen (laqab) führt. Vielmehr ist die irakische Rechtswirklichkeit geprägt von beiden Varianten der Namensführung, abhängig vom Zeitpunkt des Namenserwerbs und der Handhabung der namensrechtlichen Vorschriften durch die verschiedenen irakischen Behörden (vgl. dazu die Zusammenfassung von Rauhmeier, StAZ 2012, 117 <118> m. w. N.).

Die Frage, ob sich die Betroffene einen Namen völlig frei aussuchen darf oder ob sozial gewichtige Bindungen zum gewählten Namen bestehen müssen (vgl. dazu Staudinger/Hepfing/Hausmann, Neubearbeitung 2013, Rn. 34 zu Art. 47 EGBGB) kann offenbleiben, weil sie als Familiennamen den ihrer Mutter gewählt hat.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1617 Geburtsname bei Eltern ohne Ehenamen und gemeinsamer Sorge


(1) Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes. Eine nach der

Personenstandsgesetz - PStG | § 43 Erklärungen zur Namensangleichung


(1) Die Erklärungen über die Namenswahl nach Artikel 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder über die Angleichung von Familiennamen und Vornamen nach Artikel 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder nach § 94

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(1) Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes. Eine nach der Beurkundung der Geburt abgegebene Erklärung muss öffentlich beglaubigt werden. Die Bestimmung der Eltern gilt auch für ihre weiteren Kinder.

(2) Treffen die Eltern binnen eines Monats nach der Geburt des Kindes keine Bestimmung, überträgt das Familiengericht das Bestimmungsrecht einem Elternteil. Absatz 1 gilt entsprechend. Das Gericht kann dem Elternteil für die Ausübung des Bestimmungsrechts eine Frist setzen. Ist nach Ablauf der Frist das Bestimmungsrecht nicht ausgeübt worden, so erhält das Kind den Namen des Elternteils, dem das Bestimmungsrecht übertragen ist.

(3) Ist ein Kind nicht im Inland geboren, so überträgt das Gericht einem Elternteil das Bestimmungsrecht nach Absatz 2 nur dann, wenn ein Elternteil oder das Kind dies beantragt oder die Eintragung des Namens des Kindes in ein deutsches Personenstandsregister oder in ein amtliches deutsches Identitätspapier erforderlich wird.

(1) Die Erklärungen über die Namenswahl nach Artikel 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder über die Angleichung von Familiennamen und Vornamen nach Artikel 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder nach § 94 des Bundesvertriebenengesetzes können auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden.

(2) Zur Entgegennahme der Erklärungen ist das Standesamt zuständig, das das Geburtenregister für die Person, deren Name geändert oder bestimmt werden soll, führt. Wird die Erklärung im Zusammenhang mit einer Erklärung zur Namensführung von Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben, so ist das Standesamt zuständig, das die Eheschließung oder die Begründung der Lebenspartnerschaft zu beurkunden hat oder das Eheregister oder das Lebenspartnerschaftsregister führt; dieses Standesamt ist außerdem zuständig, wenn die Erklärung nicht im Zusammenhang mit einer Erklärung zur Namensführung von Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben und kein Geburtseintrag im Inland geführt wird. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Erklärende seinen Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig. Das Standesamt I in Berlin führt ein Verzeichnis der nach den Sätzen 3 und 4 entgegengenommenen Erklärungen.