Oberlandesgericht Köln Beschluss, 06. Sept. 1999 - 2 W 163/99
Gericht
Tenor
Das Amtsgericht Bonn wird angewiesen, dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Neuwied vom 28. Mai und 17. Juni 1999 zu entsprechen. Jedoch bleibt die Anordnung der Vorführung der Geschäftsführerin des Antragsgegnerin dem Amtsgericht Neuwied vorbehalten.1
G r ü n d e
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3Die Bestimmungen der §§ 156 ff GVG über die Rechtshilfe sind auch im Verfahren nach der Insolvenzordnung anzuwenden (vgl. Kirchhof in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 2, Rdn. 10 und § 5, Rdn. 16; Schmerbach in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 1999, § 2, Rdn. 12 und § 5, Rdn. 25; Smid, InsO, 1999, § 4, Rdn. 11). Mit der Verweisung auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung wird durch § 4 InsO das Insolvenzverfahren - in gleicher Weise wie durch § 72 KO das Konkursverfahren (vgl. hierzu Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl. 1994, § 72, Rdn. 1) - der streitigen Gerichtsbarkeit zugeordnet, so daß hier auch die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes anwendbar sind, soweit die Insolvenzordnung selbst keine speziellere Regelung trifft. Nachdem es das Amtsgericht Bonn durch Verfügungen vom 8. und 29. Juni 1999 abgelehnt hat, dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Neuwied vom 28. Mai und 17. Juni 1999 zu entsprechen, hat daher auf die Beschwerde des ersuchenden Gerichts vom 9. Juli 1999 gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 GVG das Oberlandesgericht Köln zu entscheiden, zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht gehört.
4Dem Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Neuwied hat das Amtsgericht Bonn zu entsprechen, soweit es nicht auf den Erlaß eines Vorführungsbefehls durch den ersuchten Richters zielt. Nach § 158 Abs. 1 GVG darf ein Rechtshilfeersuchen grundsätzlich nicht abgelehnt werden. Etwas anders gilt nur, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist (§ 158 Abs. 2 Satz 1 GVG) oder wenn das Ersuchen nicht ausführbar ist, etwa weil die vorzunehmende Handlung nicht hinreichend deutlich bezeichnet ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 57. Aufl. 1999, § 158 GVG, Rdn. 1; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 158 GVG, Rdn. 1). Soweit nicht der Erlaß eines Vorführungsbefehls in Rede steht, liegt keiner dieser Ausnahmefälle hier vor.
5Gemäß den §§ 20, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Schuldner bzw. das zu seiner Vertretung berufene Organ, im Fall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung also deren Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbH; vgl. Kirchhof, a.a.O., § 20, Rdn. 4), auch im Eröffnungsverfahren zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die Einholung von Auskünften des Schuldners oder seines gesetzlichen Vertreters ist nicht auf eine schriftliche Befragung beschränkt. Vielmehr können der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter gemäß den §§ 20 Satz 2, 97 Abs. 3 Satz 1, 101 Abs. 1 Satz 1 InsO auch zu einem Termin geladen werden, damit er in diesem Termin die erforderlichen Auskünfte erteilt (vgl. Eickmann in: Heidelberger Kommentar, a.a.O., 1999, § 97, Rdn. 16). Die im Schrifttum vertretene Auffassung, das Insolvenzgericht solle auf Vernehmungen im Wege der Rechtshilfe insbesondere wegen des damit verbundenen Zeitverlustes und des eingeschränkten Erkenntniswerts derartiger Vernehmungen möglichst verzichten (vgl. Schmerbach, a.a.O., § 5, Rdn. 25), steht der Verpflichtung des Amtsgerichts Bonn zur Ausführung des Rechtshilfeersuchens ebensowenig entgegen wie der Einwand in der Verfügung des ersuchten Gerichts vom 29. Juni 1999, daß die Geschäftsführerin der Schuldnerin - wie aus einem anderen Verfahren bekannt sei - "zum Termin sowieso nicht erscheine", weshalb ihre Vernehmung im Wege der Rechtshilfe "untunlich" sei. Ob eine bestimmte Verfahrensweise zweckmäßig ist, unterliegt allein der Beurteilung des ersuchenden Gerichts. Ein Rechtshilfeersuchen darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil der ersuchte Richter die Verfahrensweise des ersuchenden Gerichts als unzweckmäßig oder "untunlich" ansieht (vgl. BGH NJW 1990, 2936 [2937]; BayObLG, Rpfleger 1994, 103; OLG Düsseldorf, MDR 1996, 843 [844]; Baumbach/Lauterbach/Albers, a.a.O., § 158 GVG, Rdn. 3; Zöller/Gum-mer, a.a.O., § 158 GVG, Rdn. 4). Zudem kann, wenn die Geschäftsführerin der Schuldnerin zu dem Termin vor dem ersuchten Richter des Amtsgerichts Bonn nicht erscheinen sollte, gemäß den §§ 20 Satz 2, 98 Abs. 1 Nr. 1, 101 Abs. 1 Satz 1 InsO ihre zwangsweise Vorführung und erforderlichenfalls auch die Haft angeordnet werden, um die Erfüllung ihrer Auskunftspflichten zu erzwingen.
6Das Rechtshilfeersuchen ist auch hinreichend bestimmt. Zwar kann einem solchen Ersuchen dann - mangels Ausführbarkeit - nicht entsprochen werden, wenn sich aus ihm für den ersuchten Richter nicht mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, um welche Maßnahmen er gebeten wird, wenn also im Fall eines Vernehmungsersuchens nicht klargestellt ist, worüber - zu welchen Themen - die zu befragende Person vernommen werden soll (vgl. OLG Koblenz, NJW 1975, 1036; OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, 64; OLG Frankfurt, MDR 1995, 1216; Zöller/Gummer, a.a.O., § 158 GVG, Rdn.1). Es bedarf hier keiner Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen eine nähere Bezeichnung der aufzuklärenden Tatsachen wegen des mit der Anhörung verfolgten Ziels nicht geboten ist (vgl. KG NJW-RR 1990, 586 mit weit. Nachw. für den Fall einer Anhörung nach § 613 ZPO und/oder 50 b FGG) und ob ein derartiger Fall wegen des das Insolvenzverfahren beherrschenden Grundsatzes der Ermittlung von Amts wegen (§ 5 Abs. 1 InsO) auch gegeben ist, wenn der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter im Eröffnungsverfahren nach den §§ 20, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 InsO zur Erteilung von Auskünften über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners herangezogen werden soll. Im vorliegenden Fall ergibt sich nämlich jedenfalls aus dem Vordruck "Vermögensübersicht", den das Amtsgericht Neuwied dem Amtsgericht Bonn mit übersandt und auf den es in der Verfügung vom 17. Juni 1999 zur näheren Konkretisierung seines Ersuchens Bezug genommen hat, mit hinreichender Deutlichkeit, welche Fragen die Geschäftsführerin der Schuldnerin beantworten soll.
7Von der Erfüllung im Wege der Rechtshilfe ausgenommen sind gemäß § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG allerdings solche Aufgaben, die das ersuchte Gericht wegen einer insoweit gegebenen ausschließlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts nicht vornehmen darf (vgl. Kirchhof, a.a.O., § 2, Rdn. 10). Zuständig für den Erlaß einer Vorführungsanordnung oder eines Haftbefehls ist nach der Regelung des § 98 Abs. 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 InsO das Insolvenzgericht, nicht der ersuchte Richter (vgl. Schmerbach, a.a.O., § 25, Rdn. 5). Der Erlaß einer Vorführungsanordnung kann daher nicht - wie mit der Verfügung des Amtsgerichts Neuwied vom 17. Juni 1999 beabsichtigt - dem ersuchten Amtsgericht Bonn übertragen werden. Die Erzwingung einer Vernehmung im Wege der Rechtshilfe wird hierdurch nicht wesentlich erschwert, weil das ersuchende Gericht nicht gehindert ist, dem Rechtshilfeersuchen vorsorglich - für den Fall, daß die zu vernehmende Person nicht erscheint - einen Vorführungsbefehl beizufügen (vgl. Schmerbach, a.a.O.) oder einen solchen Vorführungsbefehl kurzfristig zu erlassen, nachdem der ersuchte Richter ihm mitgeteilt hat, daß die zu vernehmende Person nicht erschienen ist.
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Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Das Ersuchen darf nicht abgelehnt werden.
(2) Das Ersuchen eines nicht im Rechtszuge vorgesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. Ist das ersuchte Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt es das Ersuchen an das zuständige Gericht ab.
(1) Das rechtskräftige Musterfeststellungsurteil bindet das zur Entscheidung eines Rechtsstreits zwischen einem angemeldeten Verbraucher und dem Beklagten berufene Gericht, soweit dessen Entscheidung die Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt der Musterfeststellungsklage betrifft. Dies gilt nicht, wenn der angemeldete Verbraucher seine Anmeldung wirksam zurückgenommen hat.
(2) Hat ein Verbraucher vor der Bekanntmachung der Angaben zur Musterfeststellungsklage im Klageregister eine Klage gegen den Beklagten erhoben, die die Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt der Musterfeststellungsklage betrifft, und meldet er seinen Anspruch oder sein Rechtsverhältnis zum Klageregister an, so setzt das Gericht das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Erledigung der Musterfeststellungsklage oder wirksamen Rücknahme der Anmeldung aus.
(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.
(2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. Es kann diese Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen.
(3) Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden.
(4) Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(5) Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung.
(1) Ist der Antrag zulässig, so hat der Schuldner dem Insolvenzgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.
(2) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so soll er darauf hingewiesen werden, dass er nach Maßgabe der §§ 286 bis 303a Restschuldbefreiung erlangen kann.
(1) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden.
(2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.
(3) Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen.
(1) Das Ersuchen darf nicht abgelehnt werden.
(2) Das Ersuchen eines nicht im Rechtszuge vorgesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. Ist das ersuchte Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt es das Ersuchen an das zuständige Gericht ab.