Oberlandesgericht Köln Beschluss, 19. März 2014 - 19 W 6/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 27.12.2013 –14 OH 18/11 - in seiner Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 24.02.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
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G r ü n d e:
2Die gem. §§ 406 Abs. 5, 42 i.V.m. §§ 485, 492, 406 ZPO ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 27.12.2013 –14 OH 18/11 - in seiner Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 24.02.2014 ist unbegründet.
3Aus den zutreffenden Erwägungen des Beschlusses des Landgerichts vom 27.12.2013, auf die der Senat Bezug nimmt, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. X wegen Besorgnis der Befangenheit nicht vor.
4Soweit die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde vom 22.01.2014 vorträgt, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung über das Ablehnungsgesuch den Maßstab zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs unzutreffend bestimmt, diese sei widersprüchlich und setze sich nicht im gebotenen Maß mit der Begründung des Ablehnungsgesuchs der Antragsgegnerin auseinander, bleibt sie erfolglos.
5Auch ohne nähere Ausführungen hierzu zu machen, geht das Landgericht in der Sache zutreffend davon aus, dass für das Vorliegen der Besorgnis der Befangenheit Tatsachen oder Umstände vorliegen müssen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken könne, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH NJW-RR 2013, 851). Das Landgericht hat dementsprechend zutreffend Umstände verlangt, „die aus Sicht der Antragsgegnerin Zweifel an der Unparteilichkeit des gerichtlichen Sachverständigen begründen könnten“. Es hat nicht den Nachweis der Parteilichkeit verlangt. Das Landgericht hat sodann mit zutreffender Begründung das Vorliegen solcher Umstände verneint. Aus nicht ergänzungsbedürftigen Gründen ergibt sich aus der Formulierung des Sachverständigen von „nicht so extrem“ und der Verwendung von „(!!!)“, wie sie der angegriffene Beschluss im Einzelnen in Bezug nimmt, kein Misstrauen in die Unparteilichkeit. Aber selbst wenn der Argumentation der Antragsgenerin gefolgt würde und hier im Fall der Mischgutzusammensetzung keine Abweichung von der Norm vorläge, die Werte mithin nicht als „extrem“ zu bezeichnen wären, ergibt sich daraus noch kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit. Einzelne sachliche Fehler vermögen allein – ohne weitere Umstände - ein solches Misstrauen nicht zu begründen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 406, Rn 9).
6Soweit die Antragsgegnerin rügt, der Sachverständige sei selektiv vorgegangen und habe ganz bewusst nur solche anderen Gutachten in Bezug genommen, wenn der entsprechende Wert der Antragsgegnerin ungünstig sei, nicht jedoch jene berücksichtigt, die der Antragsgegnerin günstig seien, wird auch hier kein Verhalten gerügt, dass über eine sachlich falsche Entscheidung hinausgeht. Der Begutachtung kann nicht entnommen werden, dass hier der Eindruck einer Voreingenommenheit entsteht. Es ist bei objektiver Betrachtung eine ausreichende Belastungstendenz nicht erkennbar. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin in den Schriftsätzen vom 29.05.2013 und 30.07.2013 gemachten Ausführungen. Wenn der Sachverständige im Rahmen seiner Begutachtung Witterungsdaten auch ohne ausdrücklichen gerichtlichen Gutachtenauftrag erhebt, folgt daraus keine objektiv erkennbare Belastungstendenz. Der Sachverständige hat im Ausgangsgutachten ausdrücklich deutlich gemacht, dass die Ursache für den von ihm festgestellten bestehenden Verdichtungsgrad und den Hohlraumgehalt der fertigen Schicht einerseits in der Zusammensetzung des Asphaltmischgutes liegen könne, andererseits aber auch einbaubedingte Randbedingungen (Temperaturen beim Einbau und Einbaudicken) ursächlich sein können, was zu Lasten der Antragstellerin gehen würde (S. 45 des Gutachtens vom 25.02.2013). Die Tatsache der Ermittlung der Witterungsbedingungen erfolgte daher gerade nicht in objektiv erkennbarer Belastungstendenz für die Antragsgegnerin. Ob die Erhebung der Witterungsdaten wegen des nicht genau bezeichneten Einbauorts und der konkreten Einbauzeit zutreffend erhoben wurden, vermag allenfalls einen sachlichen Fehler in der Begutachtung zu begründen, der aber nicht eine selektive Datenauswahl bewusst zu Lasten der Antragsgegnerin erkennen lässt. Nichts anderes gilt für die gerügte Auseinandersetzung mit den – nach seiner Darstellung - für den Antragsgegner günstigen Werten für Raumdichte und Hohlraumgehalt.
7Auch die sprachliche Ausdrucksweise des Sachverständigen ist nicht geeignet, den Eindruck der Voreingenommenheit zu begründen. Allein der Vorwurf einer „statistisch verzerrten Darstellung“ ist insoweit sachbezogen und reicht für einen objektiv begründbaren Eindruck der Unparteilichkeit nicht aus.
8Soweit die Antragsgegnerin sich auf Entscheidungen anderer Senate des OLG Köln (NJW-RR 1987, 1198; VersR 1992, 255; Beschl. v. 03.12.2012 – 17 W 141/12) beruft, ergibt sich daraus nichts Abweichendes. Grundsätzlich hängt das Vorliegen der Besorgnis der Befangenheit vom Einzelfall ab (vgl. BGH NJW-RR 2013, 851). Anders als in den zitierten Fällen begründen hier aber weder besonders wohlwollende, einseitige, noch herabwürdigende oder erkennbar unsachliche Äußerungen auf den Eindruck der Voreingenommenheit.
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.
(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.
(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.
(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)