Oberlandesgericht Köln Beschluss, 11. Jan. 2016 - 17 W 255/15
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 9. Juni 2015 – 9 O 339/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.350,73 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin hatte den Beklagten wegen eines Ende 2001 vorgefallenen zahnärztlichen Behandlungsfehlers (vorübergehende Lähmung und kurzzeitige Erblindung auf dem linken Auge im Zuge einer Leitungsanästhesie) bereits 2004 auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen. Während das LG Bonn – 9 O 271/04 - die Klage nach Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens von Dr. C. abgewiesen hatte, hatte das OLG Köln – 5 U 55/05 – den Beklagten im Sommer 2006 zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 3.750 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung durch den Beklagten entstanden sind oder noch entstehen werden. Dabei hatte sich der Senat auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten von Prof. Dr. H. gestützt.
4Im August 2007 hat die Klägerin wegen Dauerschmerzen im Gesicht beim LG Bonn – 9 OH 13/07 - ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. In diesem Verfahren hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. J. im Februar 2009 ein mund-, kiefer- und gesichtschirurgisches Gutachten erstattet.
5Im September 2009 hat die Klägerin im hiesigen Prozess den Beklagten auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von mindestens 25.000 € und Schadensersatz (Haushaltsführungsschaden u.a.) in Höhe von fast 73.500 € in Anspruch genommen. Das LG Bonn – 9 O 339/09 – hat die Klage nach ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. J. und dessen Anhörung mit Urteil vom 19. April 2010 (145 – 150 GA) wegen nicht nachgewiesener Kausalität abgewiesen.
6In dem dagegen von der Klägerin geführten Berufungsverfahren, in dem diese u. a. auf (vermeintliche) Widersprüche zwischen den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. H. und Prof. Dr. Dr. J. hinwies, hat der Beklagte sich u. a. auf 4 von seiner Berufs-Haftpflichtversicherung eingeholte neurologische Gutachten von Prof. Dr. M.-V. gestützt. Die Gutachten vom 10. April 2011 (238 – 291 GA), 31. Mai 2012 (400 – 443 GA), 19. Februar 2013 (492 – 509 GA) und 21. August 2013 (557 – 578 GA) wurden jeweils zur Gerichtsakte eingereicht. Der zuständige Senat – 5 U 66/10 – hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen Gutachtens von Prof. Dr. F. vom 22. März 2011 (340 – 382 GA) und eines Ergänzungsgutachtens vom 13. Dezember 2013 (462 – 481 GA) sowie mündliche Erläuterung des bereits an den beiden schriftlichen Gutachten beteiligten Sachverständigen Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 2013 (529 – 538 GA). In diesem Termin ist auch der von der Versicherung beauftragte (Privat-)Sachverständige Prof. Dr. M.-V. anwesend gewesen, der Fragen gestellt und Ausführungen gemacht hat.
7Im Anschluss an diesen Termin hat der Senat mit Beschluss vom 18. September 2013 (581 GA) einen rechtlichen Hinweis erteilt (veränderte Beurteilung der Sach- und Rechtslage) und nach mündlicher Verhandlung vom 4. Dezember 2013 (635 GA) die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückgewiesen. In der Begründung hat sich der Senat mit den Gutachten und Ausführungen von Prof. Dr. T., Prof. Dr. Dr. J., Prof. Dr. F. und Prof. Dr. M.-V. sowie den im Vorprozess tätigen Sachverständigen Dr. C. und Prof. Dr. H. auseinandergesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 13. Januar 2014 (641 – 653 GA) Bezug genommen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH – VI ZR 46/14 – mit Beschluss vom 17. März 2015 zurückgewiesen.
8Der Beklagte hat mit seinem Antrag vom 30. März 2015 (687 f. GA) – neben den seinen Prozessbevollmächtigten entstandenen Rechtsanwaltsgebühren - u. a. Kosten des von seiner Berufs-Haftpflichtversicherung beauftragten (Privat-) Sachverständigen Prof. Dr. M.-V. gemäß dessen Rechnungen vom 31. Mai 2012 (693 GA), 19. Februar 2013 (691 und 692 GA) sowie 1. und 23. August 2013 (689 und 690 GA) für die Gutachten sowie die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2013 in Höhe von insgesamt 8.350,73 € zur Festsetzung für das Berufungsverfahren angemeldet; die Kosten hat die Versicherung an den Sachverständigen bezahlt. Diese Kosten hat die Rechtspflegerin der 9. Zivilkammer des LG Bonn mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. Juni 2015 (705 f. GA) unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 11. Juni 2014 – 17 W 63/14 – (JurBüro 2015, 32 ff.) zurückgewiesen, da es sich um außergerichtliche Kosten der am Prozess nicht beteiligten Haftpflichtversicherung handelt. Gegen diesen dem Beklagten am 14. August 2015 zugestellten Beschluss hat dieser mit Faxschreiben vom 27. August 2015 sofortige Beschwerde eingelegt (717 f. GA), der das Landgericht nach Hinweis vom 4. September 2015 (719 GA) nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat (/25 f. GA).
9II.
10Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zwar gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
111.
12Der Senat bleibt bei seiner Rechtsauffassung, die er in seinem Beschluss vom 11. Juni 2014 - 17 W 63/14 – (JurBüro 2015, 32 ff.) ausführlich dargelegt und begründet hat, auch wenn diese in der Literatur offenbar überwiegend nicht geteilt wird (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, 36. Aufl., § 91 ZPO Rn 15; Baumbach/Lauterbach/Al-bers/Hartmann, 74. Aufl., § 91 ZPO Rn 269; Schwenker, IBR 2014, 644; BeckOK-ZPO/Jaspersen, Stand 01.09.2015, § 104 ZPO Rn 17: dagegen zustimmend Hansens, RVGReport 2015, 70 ff.; wohl auch Zöller/Herget, 31. Aufl., § 91 ZPO Rn 13 „Privatgutachten“ mit Hinweis auf Hansens, RVGReport 2011, 287).
13Die vom Senat gegen seine Entscheidung zugelassene Rechtsbeschwerde – VI ZB 44/14 - ist zwar eingelegt, aber später zurückgenommen worden.
14Das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO hat seine Grundlage einzig in dem „zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel“ (§ 103 Abs. 1 ZPO). Dieser Titel muss eine Kostengrundentscheidung enthalten, damit überhaupt Kosten festgesetzt werden können. Gläubiger und Schuldner der Kostengrundentscheidung können nur die „Parteien“ des Rechtsstreits sein, wie sich wiederum aus §§ 91 ff. ZPO ergibt. Damit können Kosten, die nicht der Partei selbst, sondern „Dritten“ entstanden sind, grundsätzlich nicht in dem einem Rechtsstreit nachfolgenden Betragsverfahren festgesetzt werden. Wegen der Begründung im Einzelnen kann auf den Beschluss des Senats vom 11. Juni 2014 (unter 2. = juris Rn 12 ff.) verwiesen werden.
15Völlig zu Recht heißt es in der Kommentierung von Schulz (MK-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 104 ZPO Rn 1 „Normzweck und Anwendungsbereich“): „Kennzeichnend ist die Ausgestaltung als ein stark formalisiertes, auf vereinfachte Prüfung zugeschnittenes Massenverfahren. Das verkennt die Rechtsprechung bisweilen, wenn sie für die Beurteilung, ob eine zur Kostenfestsetzung angemeldete Position erstattungsfähig ist, entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls abstellt. Die gesetzlichen Bestimmungen stellen klare und praktikable Berechnungsgrundlagen zur Verfügung, damit der einer Partei zustehende Erstattungsanspruch zügig und ohne großen Aufwand festgestellt werden kann. Wichtigste Erkenntnisquelle ist der Inhalt der Prozessakten.“
16Auch der Bundesgerichtshof (z. B. NJW 2012, 319 f. = juris Rn 7) betont immer wieder, dass es sich bei der Kostenfestsetzung um ein „Massenverfahren“ handelt, dass einer „zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung“ bedarf. Eine Prüfung durch den in erster Linie gemäß § 21 Nr. 1 RPflG zuständigen Rechtspfleger, ob eine Partei nicht nur die ihr selbst entstandenen Kosten, sondern auch solche nicht am Rechtsstreit beteiligter Dritter erstattet bekommen kann, verzögert und verkompliziert das Kostenfestsetzungsverfahren in mit dessen Eigenart als bloßes Betragsverfahren unvereinbarer Weise.
17Im Übrigen hat der Senat auch in ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Versicherung für ihren Versicherungsnehmer, der Partei des zu führenden Rechtsstreits ist, einen Rechtsanwalt an ihrem Sitz beauftragt, allein darauf abgestellt, dass es im Hinblick auf § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO einzig auf den Wohnsitz der Partei selbst und nicht auf den Geschäftssitz der den Prozess betreuenden und finanzierenden Versicherung bzw. des „Hausanwalts“ der Versicherung ankommt (Beschlüsse vom 14. März 2011 – 17 W 106/11 – und vom 26. August 2011 – 17 W 118/11; vgl. auch BGH, NJW 2011, 3521 ff. = juris Rn 11 ff.).
182.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
203.
21Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts gemäß § 574 Abs. 2 ZPO entsprechend der Anregung des Beklagten zu.
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Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren:
449,69 € (30 % von 1.498,98 €).
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Zwischen dem Kläger als Motorradfahrer und der Beklagten als Radfahrerin kam es zu einem Verkehrsunfall. Das Landgericht holte ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten ein. Hieraufhin beauftragte die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung, die nicht am Rechtstreit beteiligt ist, einen Privatgutachter mit der Erstattung eines Gutachtens. Es kam zu einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits. Danach sind die Kosten zu 30 % vom Kläger und zu 70 % von der Beklagten zu tragen.
4Zur Festsetzung angemeldet hat die Beklagte u. a. 1.498,38 €, die ihre Haftpflichtversicherung an den Privatgutachter gezahlt hat. Sie ist der Ansicht, diese seien als notwendig und prozessbezogen im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO einzustufen. Der Erstattung stehe nicht entgegen, dass nicht sie, sondern ihre Haftpflichtversicherung das Gutachten eingeholt und bezahlt habe. Denn diese habe letztlich dem Kläger den Schadensbetrag ohnehin zu erstatten. Zu verweisen sei auch darauf, dass ihre Haftpflichtversicherung nach § 101 VVG i. V. m. § 5 Nr. 4 AHB verpflichtet sei, sie von Ansprüchen Dritter freizustellen. Außerdem habe sie dieser die Prozessführung zu überlassen. Falls sie mit dem Auto anstatt mit dem Fahrrad unterwegs gewesen wäre, hätte ihre Haftpflichtversicherung wegen der Geltung des Pflichtversicherungsgesetzes in diesem Fall Partei werden können. Es könne deshalb im Rahmen der Erstattung keinen Unterschied machen, ob ein Fall der Pflichtversicherung vorliege oder nicht.
5Der Kläger ist der Ansicht, die für das Privatgutachten entstandenen Kosten seien im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig, da sie nicht der am zugrunde liegenden Rechtsstreit beteiligten Partei entstanden seien.
6Dieser Ansicht hat sich die Rechtspflegerin angeschlossen. Dem Rechtsmittel der Beklagten hat sie nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
7II.
8Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinerlei Erfolg.
9Zu Recht hat die Rechtspflegerin die Kosten für das während des laufenden Rechtstreits von der hinter der Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung eingeholte und bezahlte Privatgutachten bei der Kostenfestsetzung außer Acht gelassen. Diese Kosten sind keine solchen des vorliegenden Rechtsstreits und von daher nicht erstattungsfähig.
101.
11Diese Frage wird allerdings nicht einheitlich beantwortet. Nach weitaus überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (OLG Braunschweig VersR 1963, 393; OLG Düsseldorf VersR 1973, 863; OLG Karlsruhe OLGR 2002, 230; OLG Koblenz RP 1992, 129; OLG München JB 1987, 427; OLG Stuttgart JB 1985, 122; LG Hamburg NJW 1991, 3156; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Auflage,
12§ 91 Rn. 269; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung,
1320. Auflage, B 307; Feller, in: Göttlich/Mümmler/Bestelmeyer/Feller/Frankenberg/
14Hellstab/Jungbauer/Rehberg/Schons/Vogt, RVG, 5. Auflage, Privatgutachten, Ziff. 2.2.3; Littbarski, AHB, § 5 Rn. 93; Schulz MK-ZPO, 4. Auflage, § 104 Rn. 26; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Auflage, § 91 Rn. 16; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 35. Auflage, § 91 Rn. 15; Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 91 Rn. 13 „Versicherungsgesellschaft“) hängt die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten oder etwa Detektivkosten nicht davon ab, dass diese einer Prozesspartei in eigener Person entstanden sind. Dies wird für den Fall vertreten, dass die hinter dieser, am Prozess nicht selbst beteiligte Privathaftpflichtversicherung das Privatgutachten einholt und auch bezahlt. Trotzdem sollen diese Kosten von dem Versicherungsnehmer als Prozesspartei anlässlich der Kostenerstattung oder –ausgleichung geltend gemacht werden können.
15Zur Begründung wird zum einen angeführt, dem Prozessgegner könne es nicht zum Vorteil gereichen, dass die am Prozess nicht beteiligte Versicherung Aufwendungen habe, die, falls sie Prozesspartei wäre, vom Prozessgegner zu erstatten wären. Des Weiteren wird auf § 5 Nr. 4 AHB = 25.5 AHB 2007 verwiesen (so etwa: OLG Koblenz, a. a. O.). Nach dieser Vorschrift habe der Versicherungsnehmer seiner Privathaftpflichtversicherung die Führung des Prozesses zu überlassen. So beauftrage die Versicherung im Namen ihres Versicherungsnehmers den Rechtsanwalt, dem jener Vollmacht zu erteilen, Informationen zu geben und die erforderlichen Unterlagen zu überlassen habe. Den Rechtsstreit zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer führe die Versicherung letztlich in dessen Namen auf eigene Kosten, § 3 Abs. 2 Nr. 3 AHB. Sie sei aufgrund der Vertragsbeziehung zu dem Versicherungsnehmer einerseits verpflichtet, die Prozess- oder Prozessvorbereitungskosten vorzuschießen, könne aber Rückerstattung an sich selbst nicht verlangen, weil sie nicht Prozesspartei sei.
16Schließlich wird zur Begründung auf die Grundsätze der Drittschadensliquidation verwiesen, die in der vorliegenden Konstellation anzuwenden seien. Dem Versicherungsnehmer als Prozesspartei seien nur deshalb keine Kosten erwachsen, weil er seiner Haftpflichtversicherung die Führung des Prozesses intern zu überlassen habe. Wie bei der Drittschadensliquidation liege ein Fall vor, bei dem die Belastung mit einer Verbindlichkeit, die typischerweise beim Gläubiger des Kostenerstattungsanspruchs eintrete, aufgrund dessen Rechtsbeziehung zu der Versicherung auf diese verlagert worden sei (so: OLG Karlsruhe OLGR 2002, 230 Tz. 11 – juris -).
172. Dieser Rechtsansicht vermag sich der Senat nicht anzuschließen (ebenso: OLG Karlsruhe VersR 1980, 337; LG Tübingen JB 1986, 439 mit zust. Anm. Mümmler; Hansens RVGreport 2011, 287, 288 f.; zweifelnd auch: OLG Karlsruhe OLGR 2007, 732).
18a) Sie lässt allein aus Gründen der Billigkeit maßgebliche Grundsätze des Kosten- und des Kostenerstattungsrechts außer Acht.
19aa) Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen und dem Prozessgegner die diesem entstandene Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig waren. Als Partei im Sinne des § 91 ZPO gilt, wer in einer kontradiktorischen Klage, einem Antrag oder einem Gesuch als solche bezeichnet ist, Kläger oder Beklagter, Antragsteller oder Antragsgegner (Schulz, a. a. O., Rn. 17). Im Zivilprozess herrscht der formelle Parteibegriff. So ist der lediglich einem Prozessvergleich beitretende Dritte nicht Partei und wird auch nicht als solche behandelt (BGH NJW 1983, 1433 f.). Grundlage der Kostenerstattungspflicht im Sinne des § 91 ZPO ist das zwischen dem Kostengläubiger und dem Kostenschuldner zustande gekommene Prozessrechtsverhältnis, welches im Regelfall durch Erhebung einer Klage begründet wird. So ist der gesetzliche oder gewillkürte Prozessstandschafter selbst Partei, so dass der prozessuale Erstattungsanspruch wegen ihm entstandener Kosten diesem persönlich zusteht und nicht der Person, für die er handelt (OLG München RP 1980, 232), selbst wenn dieser anlässlich des Rechtsstreits Kosten entstanden sind, die auch in der Person des Prozessstandschafters hätten entstehen können.
20Das Kostenfestsetzungsverfahren baut als Höheverfahren auf der bindenden Kostengrundentscheidung auf. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist hinsichtlich Entstehung und Bestand von einer wirksamen und vollstreckbaren Kostengrundentscheidung abhängig (BGH NJW-RR 2008, 1082; MDR 2013, 669). Allein dem vollstreckbaren Titel, der die Grundlage für die Festsetzung bildet, lässt sich entnehmen, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat, wer mithin Gläubiger und wer Schuldner des Kostenerstattungsanspruches ist. Antragsbefugt im Kostenfestsetzungsverfahren ist nur derjenige, zu dessen Gunsten im Titel eine Kostengrundentscheidung nach § 91 ff. ZPO ergangen ist (BGH JB 2010, 480 = MDR 2010, 838; KG JB 1982, 1562 = RP 1982, 353; Senat, Beschluss vom 13. April 2011 – 17 W 320/10 - = JB 2013, 89 = NJOZ 2013, 726). Infolge dessen kann der Rechtsnachfolger einer Partei, solange der Titel nicht auf ihn umgeschrieben ist, § 727 ZPO, Kostenfestsetzung für sich selbst nicht erfolgreich beantragen.
21Zusammengefasst gilt, dass das Kostenrecht von dem Grundsatz beherrscht wird, dass nur diejenigen Kosten zugunsten des Gläubigers festgesetzt werden dürfen, die diesem tatsächlich entstanden sind (BVerfGE 62, 189, 192f; BGH NJW-RR 2003, 1507; OLG Saarbrücken JB 2005, 424; Schulz, a.a.O.).
22bb) Dies vorausgeschickt, kann die Beklagte ausschließlich ihrer am Rechtsstreit nicht beteiligten Haftpflichtversicherung entstandene Kosten zu ihren Gunsten nicht festsetzen lassen. Wenn selbst der materiell-rechtlich berechtigte Rechtsnachfolger gehindert ist, ohne Titelumschreibung in seinem Namen Kostenfestsetzung zu beantragen, so kann eine Partei Kosten, die ihr gar nicht entstanden sind, erst recht nicht für sich festsetzen lassen. Darauf, dass sie ihr hätten entstehen können, kann es nicht entscheidend ankommen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass dies zu einer Bevorteilung des Kostenschuldners führt, wenn wie vorliegend die hinter dem Versicherungsnehmer stehende Haftpflichtversicherung aus Rechtsgründen nicht mitverklagt werden kann. Angesichts der aufgezeigten Grundsätze des Kosten- und des Kostenerstattungsrechts sieht sich der Senat gehindert, die von der Beklagten begehrte Festsetzung von ihr gar nicht entstandenen Privatgutachterkosten zu ihren Gunsten durchzuführen. Ausschließlich der Gesetzgeber wäre berufen, Abhilfe zu schaffen.
23b) Der Hinweis der Beklagten darauf, ihre Haftpflichtversicherung habe sie von Ansprüchen Dritter freizustellen bzw. vor unberechtigtem Schaden an Ersatzansprüchen zu schützen, verfängt nicht. Die aus dem Versicherungsverhältnis zwischen ihr und ihrer Haftpflichtversicherung folgenden gegenseitigen Rechte und Pflichten betreffen alleine das Innenverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsgeber. Daraus vermag die Haftpflichtversicherung keine Rechte gegen Dritte herzuleiten, insbesondere keinen Kostenerstattungsanspruch in einem Rechtsstreit, in dem sie gar nicht Prozesspartei war. Mithin ist es im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens unerheblich, dass die Beklagte ihrer Versicherung nach den Vorschriften der AHB die Prozessführung zu überlassen hat und letztlich auch mit den dem Kläger zustehenden Ansprüchen finanziell belastet wird. Auch das betrifft allein das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsgeber. Dass die hinter der Beklagten stehende Versicherung für den Fall, dass diese mit dem Auto und nicht mit dem Fahrrad unterwegs gewesen wäre, aufgrund des dann einschlägigen Pflichtversicherungsgesetzes selbst Prozesspartei hätte werden können, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Kosten. Das Pflichtversicherungsgesetz ist hier – unstreitig – nicht anwendbar (Hansens, a. a. O., S. 289).
24c) Zur Überzeugung des Senats lassen sich auch die Grundsätze der Drittschadensliquidation nicht auf das Kosten- und Kostenerstattungsrecht übertragen. Dem steht schon dessen eingangs dargelegte Systematik zwingend entgegen. Des Weiteren geht es bei der Kostenerstattung nicht um Schadenersatz. Hat der Erstattungsgläubiger einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, kann er diesen im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO nicht zur Festsetzung bringen (OLG Koblenz MDR 2002, 357 = NJW-RR 2002, 719; OLG Brandenburg JB 2009, 144; Zöller/Herget, § 104 Rn. 21 „materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch“), erst recht nicht, wenn der Schaden nicht beim Kostengläubiger, sondern bei einem am Prozess nicht beteiligten Dritten eingetreten ist. Billigkeitsgesichtspunkte reichen hierfür nicht aus.
253. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
264. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 574 Abs. 1 bis 3 ZPO.
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden.
(2) Der Antrag auf Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.
Folgende Geschäfte im Festsetzungsverfahren werden dem Rechtspfleger übertragen:
- 1.
die Festsetzung der Kosten in den Fällen, in denen die §§ 103ff. der Zivilprozessordnung anzuwenden sind; - 2.
die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts nach § 11 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes; - 3.
die Festsetzung der Gerichtskosten nach den Gesetzen und Verordnungen zur Ausführung von Verträgen mit ausländischen Staaten über die Rechtshilfe sowie die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.