Oberlandesgericht Köln Beschluss, 11. Aug. 2016 - 14 UF 83/15
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 16.06.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bergisch Gladbach vom 23.04.2014 (27 F 191/13) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die am XX.XX.1985 geborene Antragstellerin (im Folgenden auch Kindesmutter genannt) und der am XX.XX.1962 geborene Antragsgegner (im Folgenden auch Kindesvater genannt) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am XX.XX.2011 geborenen Kindes M-W I (im Folgenden auch M genannt). Aufgrund einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung üben sie die elterliche Sorge für das bei der Kindesmutter lebende Kind gemeinsam aus.
4M besucht seit dem 01.08.2012 die B Kindertagesstätte L-weg in C, in der sie sich sehr wohl fühlt. Im November 2012 bat die Kindesmutter den Kindesvater, einer Änderung der Abholliste der KiTa dahingehend zuzustimmen, dass auch ihr damaliger Lebensgefährte und heutige Ehemann, Herr M2 I, und ihre Tante, Frau C2 Q, berechtigt sein sollten, M im Falle ihrer Verhinderung selbst vom Kindergarten abzuholen. Hintergrund dieser Bitte war der Umstand, dass die Kindesmutter von ihrem Lebensgefährten, den sie im Frühjahr 2013 geheiratet hat, mit dem am XX.XX.2013 geborenen Sohn B2 schwanger war. Obwohl das Thema „Abholliste“ bei der Elternberatung der D, einen gemeinsamen Termin dem Jugendamt und auch mit Vertretern des Kindergartens besprochen worden war, verweigerte der Kindesvater seine Zustimmung. Zwischen dem Kindesvater und dem Kindergarten war es hierbei zu einer umfangreichen Korrespondenz gekommen, bei der der Kindesvater dem Kindergarten massive Rechtsverstöße und sogar strafbares Verhalten vorgeworfen hatte. Seine an den Kindergarten versandten E-Mails leitete der Kindesvater hierbei teilweise auch an das Jugendamt C, den E L2, V Deutschland und M3 in C weiter. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten dieser Korrespondenz wird auf die zu den Akten gereichten Anlagen A 1 bis A 13 (Bl. 10 bis 52 d. A.) verwiesen.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.08.2013 wies der Kindergarten den Kindesvater unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Bremen vom 01.07.2008 darauf hin, dass die Frage der Abholberechtigung eine Angelegenheit des täglichen Lebens sei, die die Kindesmutter alleine regeln könne. Er führte aus, dass man die mehrfach erfolgten Bedrohungen von Mitarbeiterin nicht länger akzeptieren und im Falle von Wiederholungen die Kündigung des Betreuungsvertrages prüfen werde. Daraufhin hat die Kindesmutter in der Vorstellung, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit des Kindergartens mit dem Kindesvater sei nicht mehr möglich, mit Schriftsatz vom 08.11.2013 das vorliegende Verfahren eingeleitet. Sie hat ursprünglich begehrt, ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind M in den Teilbereichen „Regelung von Kindergartenangelegenheiten sowie schulischen Angelegenheiten“ sowie „Vertretung des Kindes in Behördenangelegenheiten“ zu übertragen.
6Mit E-Mail vom 17.02.2016 (Anlage A 17, Bl. 103) teilte die B S-P e.V. der Kindesmutter mit, dass man sich gezwungen sehe, den abgeschlossenen Betreuungsvertrag für ihre Tochter M Ende April fristgerecht zum 31.07.2016 zu kündigen, sollte im Bezug auf das Teilsorgerechtsverfahren keine zeitnahe Entscheidung erfolgen können.
7Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 hat der anwaltlich vertretene Antragsgegner nach eingehender Erörterung des Sach- und Streitstandes vor der Direktorin des Amtsgerichts der Übertragung des Sorgerechts im Teilbereich „Regelung von Kindergartenangelegenheiten für M auf die Kindesmutter“ zugestimmt. Daraufhin hat die Antragstellerin ihren Antrag bezüglich der Übertragung der schulischen Angelegenheiten sowie der Vertretung des Kindes in Behördenangelegenheiten zurückgenommen. Durch den jetzt von dem Antragsgegner mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts vom 23.04.2014 hat das Amtsgericht den die Regelung der Kindergartenangelegenheiten betreffenden Teilbereich des Sorgerechts für M auf die Kindesmutter alleine übertragen worden. Sodann haben die Beteiligten einen umfangreichen Vergleich zum Umgang des Kindesvaters mit M geschlossen, der anschließend familiengerichtlich genehmigt worden ist. Zuvor war in dem im Beisein der Beteiligten diktierten Sitzungsprotokoll festgehalten worden:
8„Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass diese Umgangsregelung auf jeden Fall bis 31.12.2014 gelten wird. Im Laufe des Januar 2015 ist der Kindesvater berechtigt, über das Jugendamt möglicherweise eine Ausweitung des Umgangs anzuregen.
9Der Kindesvater erklärt sich mit dieser Regelung ausdrücklich einverstanden und verpflichtet sich dann auch nur über das Jugendamt eine Ausweitung des Umgangsrechtes anzustreben.“
10Nachdem der bereits im Sitzungsprotokoll enthaltene Beschluss über die elterliche Sorge für Kindergartenangelegenheiten für M nochmals unter dem Datum des 23.04.2014 erstellt und dem Antragsgegner mit dem Sitzungsprotokoll am 15.05.2014 zugestellt worden ist, hat dieser mit am 16.06.2014 beim Amtsgericht Bergisch Gladbach eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag gegen den Beschluss vom 23.04.2014 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, ein ausdrückliches Einverständnis dahingehend, dass „nur über das Jugendamt eine Ausweitung des Umgangsrechtes anzustreben“ sei, nicht erklärt zu haben. Unter Hinweis darauf, dass das Protokoll angesichts der Verhandlungsdauer von 10:47 Uhr bis 13:08 Uhr unvollständig und die Formulierungen zum ausgehandelten Vergleich missverständlich seien, hat er zudem eine Protokollergänzung beantragt. Er hat gerügt, das Gericht habe in der Verhandlung den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, die Pflichten zur Wahrheitsfindung und die Pflichten zur Amtsermittlung verletzt. Deshalb werde auch dem Beschluss, den Vergleich zu billigen, mit Nachdruck widersprochen.
11Aufgrund des in diesem Schriftsatz enthaltenen Hinweises, die Richterin habe bei der Verfahrensführung klare Verdachtsmomente der Befangenheit gezeigt, hat das Gericht mit Verfügung vom 18.06.2014 eine Klarstellung erbeten, ob die zuständige Richterin für befangen erklärt werden solle. Mit Schriftsatz vom 14.07.2014 hat der Antragsgegner daraufhin diese Richterin ausdrücklich in allen laufenden und zukünftigen Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Weiter hat er beantragt, den nach dem Rückzug seiner Zustimmung seiner Ansicht nach nicht mehr begründeten Beschluss vom 17.04.2014 unverzüglich aufzuheben, ersatzweise per einstweiliger Anordnung unverzüglich die Vollziehung des Beschlusses auszusetzen und das Verfahren – wegen der bereits laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen der KiTa, den KiTa-Träger und die Stadtverwaltung (KiTa-Abteilung) – bis zum Abschluss des Strafverfahrens auszusetzen.
12Den das Verfahren 27 F 91/13 betreffenden Befangenheitsantrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 17.09.2014 ebenso als unbegründet zurückgewiesen wie das Oberlandesgericht Köln die vom Antragsgegner hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde (Beschluss vom 10.12.2014 – 4 WF 187/14).
13Mit am 13.12.2014 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 12.12.2014 hat der Antragsgegner sodann erneut einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin gestellt, der sich auch auf die beim Amtsgericht Bergisch Gladbach laufenden Verfahren 27 F 82/12, 27 F 191/13, 27 F 144/14, 27 F 145/14, 27 F 148/14, 27 F 149/14 bezogen hat. Zur Begründung dieses Antrages hat er sich auf die von seinem Verfahrensbevollmächtigten eingelegte Dienstaufsichtsbeschwerde vom 12.12.2014 bezogen und gerügt, die Richterin habe bislang noch nicht seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 14.07.2014 im Verfahren 27 F 191/13 bearbeitet. Außerdem habe sie in diesem Verfahren weder eine Abhilfeentscheidung über seine sofortige Beschwerde vom 16.06.2014 gegen den Beschluss vom 23.04.2014 getroffen noch die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorgelegt.
14Das angesprochene Verfahren 27 F 82/12 betraf einen Stufenantrag der Antragstellerin vom 19.04.2012, die der Prüfung dienen sollte, ob der Antragsgegner mehr als den von ihm gezahlten Mindestunterhalt für M schuldet. Das Verfahren 27 F 144/14 betraf einen Antrag des Antragsgegners vom 28.11.2014 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Herausgabe des Kindes am Freitag, den 28.11.2014, um 14:00/14:15 Uhr und am Mittwoch, den 03.12.2014, um 15:30 Uhr sowie nachfolgenden Terminen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht durch den nunmehr zuständigen Richter durch Beschluss vom 28.11.2014 zurückgewiesen. Das Verfahren 27 F 145/14 betraf den Antrag des Antragsgegners vom 28.11.2014 auf generelle Herausgabe des Kindes gemäß dem gerichtlich gebilligten Vergleich vom 17.04.2014 (27 F 191/13), der vom Amtsrichter durch Beschluss vom 28.11.2014 wegen der zu beachtenden unterschiedlichen Verfahrensarten vom einstweiligen Anordnungsverfahren 27 F 144/14 abgetrennt worden war. Im Verfahren 27 F 148/14 hatte die Kindesmutter unter dem 29.11.2014 beantragt, im Wege einer einstweiligen Anordnung den am 17.04.2014 im Verfahren 27 F 191/13 geschlossenen Umgangsvergleich dahingehend abzuändern, dass der Antragsgegner künftig nur noch zur Ausübung begleiteten Umgangs berechtigt sein sollte. Das Verfahren 27 F 149/14 betraf einen Eilantrag des Antragsgegners vom 08.12.2014 auf Sicherung der „Übergabe an den Vater“ bzw. Herausgabe gemäß dem gerichtlich gebilligten Vergleich vom 17.04.2014 und auf Sicherung der sehr wichtigen Kontakte der Tochter-Vater Beziehung.
15Darüber hinaus hatte die Kindesmutter unter dem 16.12.2014 in dem beim Amtsgericht unter dem Az. 27 F 154/14 geführten Verfahren einen Antrag gestellt, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für das Kind M im Teilbereich Gesundheitsfürsorge alleine zu übertragen. Der Antragsgegner hatte seinerseits am 17.12.2014 in einen unter dem Az. 27 F 155/14 geführten Verfahren den Antrag gestellt, der Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm das Kind an verschiedenen konkret bezeichneten Tagen zwischen dem 21.12.2014 und dem 18.01.2015 herauszugeben. Weiter hatte er am 19.12.2014 einen „Eilantrag zur versöhnlichen schnellen bzw. unverzüglichen Sicherung der Vater-Tochter Betreuungen und der Übergaben bzw. Herausgaben“ gestellt. Dieses Verfahren wurde beim Amtsgericht – Familiengericht – Bergisch Gladbach unter dem Az. 27 F 156/14 geführt.
16Den im vorliegenden Verfahren 27 F 191/13 gestellten Befangenheitsantrag vom 12.12.2014/18.12.2014 hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 26.02.2015 als unbegründet zurückgewiesen, da eine Besorgnis der Befangenheit nicht bestehe. Da die erstinstanzliche Richterin zunächst wegen des zuvor gestellten, mit Beschluss des OLG Köln vom 10.12.2014 rechtskräftig als unbegründet zurückgewiesenen Befangenheitsantrages und sodann aufgrund der Ablehnung vom 12.12.2014 gemäß den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 47 Abs. 1 ZPO an der Ausübung von Amtshandlungen gehindert gewesen sei, finde der vom Antragsgegner beanstandete Stillstand der Verfahren seine Ursache allein in den unbegründeten, das Gericht aber zur Einstellung irgendwelcher Tätigkeiten zwingenden Ablehnungsgesuchen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegner vom 12.03.2015 ist durch Senatsbeschluss vom 06.05.2015 (14 WF 91/15) als unbegründet zurückgewiesen worden. Die anschließend eingelegte Anhörungsrüge des Antragsgegners vom 29.05.2015 hat der Senat durch den Beschluss vom 02.06.2015 in Verbindung mit dem Beschluss vom 24.06.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
17Mit Schriftsatz vom 04.08.2015 hat der Antragsgegner sodann erklärt, er stimme der von der Kindesmutter gewünschten Änderung der KiTa-Abholliste zu. „Der momentane Partner der Mutter“, Herr I könne M zukünftig von der KiTa abholen. Er lege jedoch Wert darauf, dass die Kindesmutter zukünftig sorgfältig darauf achte, dass keine Gefährdung der Tochter bestehe.
18Auf Nachfrage des Senats hat die Antragstellerin mitgeteilt, sie könne trotz der nach jahrelangen Streit nunmehr erklärten Zustimmung zur Änderung der Abholliste durch den Kindesvater das Verfahren nicht in der Hauptsache für erledigt erklären, da nicht ersichtlich sei, dass der Kindesvater beabsichtige, an dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten gegenüber dem Kindergarten, das fast zu einer Kündigung des Kindergartenplatzes durch den Träger und damit zu massiven Nachteilen für M geführt habe, etwas zu ändern.
19Im Verfahren 27 F 148/14 Amtsgericht Bergisch Gladbach vereinbarten die Kindeseltern im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.10.2015, ab dem 14.10.2015 acht begleitete Umgangskontakte in zweiwöchigem Abstand durchzuführen. Vereinbart war, dass sich die Kindeseltern bei den Übergaben nicht begegnen sollten. Die Umgangskontakte sollten durch die vom Antragsgegner vorgeschlagene Frau P von der Praxis Erziehungshilfe in C begleitet werden. Das anschließend für den 13.01.2016 geplante Bilanzgespräch, das der Klärung der Frage dienen sollte, ob auch unbegleitete Umgangskontakte wieder möglich sein könnten, fand nicht statt, weil der Kindesvater dieses Elterngespräch nur im Beisein seines Rechtsanwaltes führen wollte. Seit dem 06.01.2016 findet kein Umgang zwischen M und dem Kindesvater mehr statt.
20Der Antragsgegner ist der Ansicht, der mit seiner Zustimmung begründete Beschluss, der Kindesmutter die Ausübung des Sorgerechts in Fragen der KiTa-Angelegenheiten alleine zu übertragen, sei aufzuheben, da er seine am 17.04.2014 erklärte Zustimmung rechtswirksam zurückgezogen habe. Nachdem die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.10.2015 vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach in diversen Verfahren eine einvernehmliche Lösung erzielt hätten, könne nicht davon ausgegangen werden, die Kommunikationsbasis zwischen ihnen sei zerrüttet oder gar zerstört. Darüber hinaus bestehe aktuell auch keinerlei Handlungs- oder Regelungsbedarf in Kindergartenangelegenheiten.
21Angesichts des – so meint der Antragsgegner – mutwilligen Verhaltens und des mutwilligen verfahrensauslösenden Antrages der Kindesmutter vom 08.11.2013 sowie der durch die Kindesmutter verursachten bisherigen Verhinderung bzw. Vereitelung einer einfachen und schnellen außergerichtlichen Klärung seien die Verfahrenskosten vollständig, hilfsweise zu 5/6 der Kindesmutter aufzuerlegen und nur äußerst hilfsweise gegeneinander aufzuheben.
22Der Antragsgegner beantragt,
23den Beschluss des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 17./23.04.2014 aufzuheben und den Antrag der Kindesmutter zurückzuweisen.
24Die Antragstellerin beantragt,
25die Beschwerde zurückzuweisen.
26Sie ist der Ansicht, eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge im Bereich „Regelung von Kindergartenangelegenheiten“ mit dem Antragsgegner sei aufgrund der nicht vorhandenen Kooperation- und Konsensfähigkeit des Antragsgegners und aufgrund des Umstandes, dass er nicht in der Lage sei, selbst kleinste Dinge kurzfristig und ohne ausufernde Diskussion zu erledigen, nicht möglich. Hierbei nehme er zur Erreichung seiner Ziele selbst massive Beeinträchtigungen des Kindeswohls in Kauf. Durch sein Verhalten habe er die Gefahr einer Kündigung des KiTa-Platzes der Tochter heraufbeschworen. M habe in der Einrichtung aber Freundinnen gefunden und fühle sich dort unstreitig sehr wohl, so dass ein Wechsel der Einrichtung mit erheblichen Nachteilen für das Kind verbunden wäre. Im Rahmen seiner gegen die (Zitat) „Katastrophen-KiTa“ L-weg gestarteten Kampagne habe der Antragsgegner auch das Kind M instrumentalisiert, so dass es massive Schlafstörungen und nächtliche Panikattacken entwickelt habe. Nach der Rückkehr von einem Umgangstermin mit dem Antragsgegner am 26.11.2014 habe M statt einer Begrüßung an der Haustür geäußert, „Ich will nicht mehr in die Kita“, und sei an ihr vorbei in die Wohnung geeilt. Aus Äußerungen des Kindes habe sich auch ergeben, dass der Antragsgegner gegenüber M geäußert habe „Mama stirbt“ oder auch „Du ziehst zu mir“. Von einem Mindestmaß von Kooperationswilligkeit und -fähigkeit, die für ein Fortbestehen der elterlichen Sorge im Bereich der Kindergartenangelegenheit erforderlich seien, könne nicht ausgegangen werden, wenn der Antragsgegner trotz seiner immer wieder betonten besonderen Qualifikationen und angeblichen Gesprächsbereitschaft darauf bestehe, sogar Elterngespräche nicht nur unter Vermittlung fachkundiger Dritter, sondern nur bei anwaltlicher Begleitung zu führen. Hierbei gehe der Kindesvater immer nach dem gleichen Muster vor, indem er jede Stelle, die nicht uneingeschränkt seinen Vorstellungen folge, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln attackiere. Dies zeigten sein Verhalten hinsichtlich des Kindergartens, der wegen Befangenheit abgelehnten erstinstanzlichen Richterin und der Umgangsbegleiterin P sowie die gegenüber dem Kind getätigten abwertenden Äußerungen über seine Mutter. Zudem könne er sich nicht an getroffen Absprachen halten, sondern versuche immer wieder, hiergegen zu intervenieren.
27Das Jugendamt der Stadt C hat sich in seiner Stellungnahme vom 12.05.2016 dafür ausgesprochen, der Kindesmutter die Regelung der Kindergartenangelegenheiten zu überlassen. Dies entspreche dem Kindeswohl am besten. Da es sich um höchst zerstrittenes Elternpaar handele, welches kaum eine Möglichkeit auslasse, sich in eine erneute Auseinandersetzung zu stürzen, seien bei einer gemeinsamen Sorgerechtsausübung bezüglich der Kindergartenangelegenheiten erneut M belastende Konflikte zu erwarten. Zudem drohe auch die Kündigung des Betreuungsvertrages durch den Kindergarten mit der Folge, dass M den für sie so wichtigen Kindergartenplatz verliere.
28In ihrer Stellungnahme vom 27.05.2016 hat sich die Verfahrensbeiständin ebenfalls dafür ausgesprochen, die elterliche Sorge für den Teilbereich Kindergartenangelegenheiten bei der Kindesmutter zu belassen. Die anfängliche Hoffnung, die Kindeseltern könnten sich besinnen und zum Wohle des Kindes konsensgetragene Regelungen finden, habe sich nicht erfüllt. Vielmehr habe sich das Verhältnis der Kindeseltern zwischenzeitlich verschlechtert. Deshalb solle die derzeit bestehende Situation nicht wieder durch eine Änderung der Sorgerechtsentscheidung erneut belastet werden. Eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge betreffend die Kindergartenangelegenheiten könnte zu neuen Streitigkeiten und Konflikten führen, die letztendlich M zum Nachteil gereichten, insbesondere dann, wenn der Verlust des Kindergartenplatzes drohe. Für M sei die Sicherheit, die sie im Kindergarten erfahren habe, wichtig. Sie gehe gern und regelmäßig dorthin und habe Freundschaften geschlossen. Es diene nicht ihrem Wohl, wenn diese Situation gefährdet werde.
29Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 23.02.2016 und 02.08.2016 nebst dem Vermerk über die Kindesanhörung durch den Senat vom gleichen Tag.
30II.
31Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist in der Sache nicht begründet.
32Es ist zu erwarten, dass die Übertragung der elterlichen Sorge für den Teilbereich der Regelung von Kindergartenangelegenheiten auf die Kindesmutter alleine dem Wohl von M am besten entspricht. Deshalb war der diesbezügliche Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bergisch Gladbach vom 23.04.2014 in Anwendung des § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB aufrechtzuerhalten, nachdem der Kindesvater seine im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 erklärte Zustimmung zu dieser Teilsorgerechtsübertragung wirksam zurückgezogen hat und die Sorgerechtsentscheidung folglich nicht mehr auf § 1671 Abs.1 S. 2 Nr. 1 BGB gestützt werden kann.
33Leben – wie vorliegend – Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil nach § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Hierbei hat eine doppelte Kindeswohlprüfung zu erfolgen. Zunächst ist zu prüfen (1.), ob die Aufrechterhaltung des gemeinsamen Sorgerechts dem Kindeswohl am besten entspricht oder die Aufhebung der gemeinsamen Sorge vorzuziehen ist. Je nach Ausgang dieser Prüfung ist anschließend zu klären (2.), welcher Elternteil besser geeignet ist, in Zukunft die alleinige elterliche Sorge zu übernehmen (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16.06.2016 – 10 UF 197/15 – zitiert nach juris, Rn. 43; Palandt/Götz, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1671 Rn. 12; Bamberger/Roth/Veit, BeckOK BGB, Stand: 01.05.2015, § 1671 Rn. 46; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht, 6. Aufl. 2014, § 1 Rn. 235).
34Bei der Frage, ob im wohlverstandenen Interesse des Kindes die Eltern zukünftig die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam ausüben sollen oder ob die Sorge ganz oder teilweise aus Kindeswohlgründen nur einem Elternteil allein zuzuweisen ist, sind alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände im Rahmen einer einzelfallbezogenen und umfassenden Betrachtung gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28.04.2010 – XII ZB 81/09, BGHZ 185, 272, Rn. 18 ff., und vom 15.06.2016 – XII ZB 419/15, zitiert nach juris, Rn. 19; BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvR 420/09, FamRZ 2010, 1403, juris Rn. 58). Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens. Diese Kriterien stehen aber nicht kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Kindeswohl entspricht. Zu berücksichtigen sind dabei auch die durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechte (BGH, Beschlüsse vom 28.04.2010 – XII ZB 81/09, BGHZ 185, 272, Rn. 19 f., und vom 15.06.2016 – XII ZB 419/15, zitiert nach juris, Rn. 20). Wenn es im Verhältnis der Eltern an einer Grundlage für ein Zusammenwirken im Sinne des Kindeswohls fehlt, kann auch ein nachhaltiger und tiefgreifender Elternkonflikt zur Folge haben, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht. Das entspricht nicht nur der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 15.06.2016 in den Verfahren XII ZB 419/15, zitiert nach juris, Rn. 23 ff.), sondern auch derjenigen des Bundesverfassungsgerichts. Danach (vgl. hierzu die im Verfahren 1 BvR 1388/15 ergangene Entscheidung vom 04.08.2015, zitiert nach juris, Rn. 4/5) kann das Fehlen einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern und eines Mindestmaßes an Übereinstimmung unter dem Prüfungsmaßstab des Kindeswohls auch dann eine Übertragung der alleinigen (Teil-) Sorge auf einen Elternteil rechtfertigen, wenn noch keine Kindeswohlgefährdung besteht. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.
35Auf der Grundlage dieses Prüfungsmaßstabes steht zur sicheren Überzeugung des Senats fest, dass jedenfalls im Bereich der im vorliegenden Verfahren allein gegenständlichen Kindergartenangelegenheiten eine am Wohl der gemeinsamen Tochter M orientierte Kommunikation der Kindeseltern nicht möglich ist und die Kindeseltern daher für diesen Teilbereich der elterlichen Sorge nicht in der Lage sind, sich in der gebotenen Weise sachlich über die Belange des Kindes auszutauschen und auf diesem Wege zu gemeinsamen, dem Kindeswohl dienlichen Entscheidungen zu gelangen. Es wird für M zwangsläufig zu erheblichen Belastungen kommen, wenn der Antragsgegner zukünftig aufgrund seines wiederhergestellten Mitsorgerechts seinen Konflikt mit der Kindertagestätte L-weg in C wiederaufnehmen und dadurch den dortigen Kindergartenplatz seiner Tochter gefährden könnte.
36Dass es zwischen der Kindesmutter und dem Kindesvater eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene gab und weiterhin gibt, zeigt nicht nur der Streit um die von der Kindesmutter seit November 2012 begehrte Erweiterung der Abholliste für den Kindergarten. Auch wenn der Kindesvater mit Schriftsatz vom 04.08.2015 – nach mittlerweile ca. 2 ¾ Jahren und einem Anwachsen allein dieser Gerichtsakten auf derzeit über 800 Seiten – der Aufnahme des Ehemannes M2 I der Kindesmutter in die KiTa-Abholliste zugestimmt hat, kann hieraus entgegen der Ansicht des Antragsgegners keineswegs gefolgert werden, eine am Kindeswohl orientierte Kommunikation in Kindergartenangelegenheiten sei zwischen den Eltern von M möglich.
37Für den Senat ist es bereits nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Kindesvater so nachhaltig gegen das Begehren der damals schwangeren Kindesmutter gesperrt hat, dass im Falle ihrer Verhinderung auch ihr seinerzeitiger Lebensgefährte und jetziger Ehemann M2 I und ihre Tante C2 Q die Berechtigung erhalten sollten, M vom Kindergarten in Bergisch Gladbach abzuholen. Frau Q hat der Kindesvater weiterhin nicht in seine Zustimmung einbezogen, obwohl er gegen diese nie konkrete Bedenken vorgebracht hat.
38Neben seiner erst mit erheblichem Zeitverzug im bereits seit langem laufenden gerichtlichen Verfahren erfolgten Sinnesänderung zur Frage der Abholberechtigung des Ehemannes der Kindesmutter zeigt aber bereits der vom Antragsgegner hierbei gemachte Zusatz, er lege jedoch Wert darauf, dass die Kindesmutter zukünftig sorgfältig darauf achte, dass keine Gefährdung der Tochter bestehe, und die Bezeichnung des Ehemannes der Antragstellerin als den „momentanen Partner der Mutter“, mit welcher geringen Wertschätzung er der Kindesmutter weiterhin begegnet.
39Dies ist Sinnbild für die vom Jugendamt der Stadt C im Bericht vom 12.05.2016 beschriebene und auch vom Senat in den mündlichen Verhandlungen vom 23.02.2016 und 02.08.2016 selbst erlebte intensive Verbitterung oder gar Feindschaft, die die Kindeseltern immer noch durchleben und die verhindert, dass sie beim Umgang miteinander die Partnerschaft- und Elternebene voneinander trennen können. So hält der Kindesvater M im Haushalt der Kindesmutter sogar für gefährdet, da er meint, die Antragstellerin müsse sich einer Therapie unterziehen. Gegenüber der mit den Umgangsbegleitung betrauten Frau P von der Praxis Erziehungshilfe in C hat sich der Kindesvater ausweislich der abschließenden Stellungnahme über den Verlauf der begleiteten Umgänge (Bl. 666) sogar dahingehend geäußert, dass er von diversen § 8a SGB VIII Meldungen im Haushalt der Kindesmutter wüsste, die vom Jugendamt nicht bearbeitet würden. Nachdem das Jugendamt der Stadt C ausgeführt hat, ihm sei von derartigen Meldungen nach § 8a SGB VIII zum Haushalt der Kindesmutter nichts bekannt, und der Kindesvater nicht in der Lage war, seine ansonsten unkonkreten Angaben näher zu substantiieren, muss davon ausgegangen werden, dass dieser vom Kindesvater erhobene Vorwurf gegen die Kindesmutter schlicht erfunden war und nur dem Zweck diente, die Kompetenzen der Kindesmutter zur Betreuung von M abzuwerten und infrage zu stellen.
40Auch wenn der Kindesvater wiederholt betont hat, wie viel Wert er darauf lege, dass beide Eltern zukünftig konsensorientiert und konstruktiv kooperativ miteinander gemeinsam und einvernehmlich anstehende Entscheidungen zum Wohle der Tochter treffen sollten, bringt er auch mit seiner mehrfach vorgetragenen Ansicht, die Kindesmutter habe das vorliegende Verfahren mit Antrag vom 08.11.2013 mutwillig eingeleitet und zudem eine einfache und schnelle außergerichtliche Klärung durch ihr Verhalten vereitelt, zum Ausdruck, dass er zu konsensorientierten einvernehmlichen Einigungen gar nicht in der Lage ist. Bereits die Umgangsbegleiterin P hat in ihrer abschließenden Stellungnahme aus den abwertenden Äußerungen des Kindesvaters gegenüber der Kindesmutter für den Senat nachvollziehbar hergeleitet, dass es dem Kindesvater auch zukünftig nicht darum gehe, eine gemeinsame Elternebene zu finden, um M eine unbelastete Beziehung zu beiden Elternteilen zu ermöglichen.
41In diesem Zusammenhang hat die Kindesmutter im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Verständigung mit dem Antragsgegner nur dann möglich ist, wenn er hierbei seine eigenen Vorstellungen vollständig umsetzen kann. Geschieht dies nicht, zweifelt der Antragsgegner umgehend die Kompetenz und Sachkunde nicht nur der anderen Verfahrensbeteiligten wie den Mitarbeitern des Jugendamtes oder der Verfahrensbeiständin, sondern zum Beispiel auch der Mitarbeiter des Kindergartens an. Das zeigt sich zuletzt etwa darin, dass der Antragsgegner sowohl der zuständigen Mitarbeiter des Jugendamtes als auch der in Familiensachen erfahrenen Verfahrensbeiständin T Q2 Inkompetenz und Versagen vorgeworfen hat, als diese Kritik an seinem Verhalten geäußert und sich damit aus seiner Sicht gegen ihn positioniert hatten. Gleiches gilt bezogen auf die seit langen Jahren in Familiensachen tätige Direktorin des Amtsgerichts Bergisch Gladbach, die der Antragsgegner mehrfach völlig zu Unrecht als befangen abgelehnt hat, nachdem das Verfahren nicht so lief, wie der Antragsgegner sich das vorgestellt hatte. Der Kindesmutter spricht der Antragsgegner im Gegensatz zu sich selbst ohnehin jede (Fach-) Kompetenz ab, ebenso den Mitarbeitern des Kindergartens, in dem M sich befindet. Letzteren hat er sogar zu Unrecht vorgeworfen, sich strafbar gemacht zu haben, ebenso den für den Kindergarten zuständigen Mitarbeitern der Stadtverwaltung.
42Der vom Kindesvater erhobene Vorwurf der fehlenden hinreichenden Qualifikation und Verletzung der Neutralitätspflicht gegenüber der zuvor von ihm selbst als Umgangsbegleiterin vorgeschlagenen Frau P von der Praxis Erziehungshilfe in C bestärkt den Senat in seiner Überzeugung, dass der Antragsgegner unter Betonung seiner eigen Fachkompetenz immer vorgibt, zum konstruktiven Dialog bereit zu sein, was in Wahrheit aber nicht der Fall ist. Im Gegenteil: Immer dann, wenn er merkt, dass irgendjemand nicht oder nicht mehr bereit ist, seine eigenen Wünsche und Anliegen zu unterstützen, erhebt er unbegründete Vorwürfe, um diese Personen zu diskreditieren. Beispielsweise erfolgten die Vorwürfe gegen Frau P erst dann, als der Kindesvater aus den Protokollen über die begleiteten Umgangstermine ersehen konnte, dass Frau P Kritik an bestimmten Verhaltensweisen gegenüber seiner Tochter geäußert hatte. Dabei steht es außer Frage, dass die Umgangsbegleiterin Äußerungen des Kindesvaters wie „Weil die Mama das so möchte. Ich würde ja gerne weiter mit dir spielen.“ oder „Die Mama ist schuld, das ich jetzt gehen muss.“ bei der Verabschiedung am 28.10.2015 oder „Pädagogisch sehr wertvoll, da hat der Papa aber bessere Sachen dabei.“ am 16.12 2015 zu Recht kritisiert hat. Im Übrigen ist es selbstverständlich richtig und nachvollziehbar, dass Frau P nicht bereit war, auf die Bestrebungen des Kindesvaters einzugehen, von den in der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2015 getroffenen Vereinbarungen über die Durchführung der acht begleiteten Umgangskontakte in ihrer Praxis und das anschließende Bilanzgespräch abzuweichen.
43Wie nachhaltig gestört die Kommunikation zwischen den Kindeseltern ist, bestätigt neben dem von der Verfahrensbeiständin angesprochenen Umstand, dass es zwischen den Kindeseltern in den letzten viereinhalb Jahren zahlreiche, von der Verfahrensbeiständin mit „18“ bezifferte gerichtliche Verfahren gegeben hat, auch die Tatsache, dass das für den 13.01.2016 geplante Bilanzgespräch beim Jugendamt nach Abschluss der vereinbarten acht begleiteten Umgangskontakte des Kindesvaters mit M bis heute nicht stattfinden konnte, da der Kindesvater nur bereit ist, dieses Gespräch in anwaltlicher Begleitung durchzuführen. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kindesvater auf ausdrückliches Befragen erklärt, er würde ein fachkundig begleitetes Elterngespräch mit dem Ziel der Herbeiführung einer einvernehmlichen Umgangsregelung begrüßen, werde aber an einem solchen Gespräch nur teilnehmen, wenn sein Rechtsanwalt zugegen sein dürfe.
44Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kindesvater, der mehrfach seine besonderen eigenen Qualifikationen u.a. als Verfahrensbeistand, Kommunikationscoach und zertifizierter Kinder-Tagesvater für Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren (vgl. Bl. 544) hervorgehoben hat, einen Rechtsanspruch hat, bei Gesprächen beim Jugendamt seinen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzuziehen. Maßgeblich für das vorliegende Verfahren ist allein der Umstand, dass dieses Verhalten des Kindesvaters versinnbildlicht, wie nachhaltig und schwer die Kommunikation zwischen den Kindeseltern gestört ist. So konnten sich die Kindeseltern in der Vergangenheit ausweislich des Berichtes des Jugendamtes auch bei der von der Kindesmutter beabsichtigten therapeutischen Behandlung von M wegen des zu Hause und im Kindergarten gezeigten auffälligen Verhaltens genauso wenig auf ein Therapeuten einigen, wie es möglich war, sich im Rahmen des vom Jugendamt bereits im Januar 2015 gemachten Vermittlungsangebotes auf einen Leistungserbringer zu verständigen, der die Umgänge des Vaters mit M begleitet. Insoweit hat der Kindesvater die vom Jugendamt vorgeschlagenen vor Ort tätigen, langjährig erprobten Leistungserbringer wegen aus seiner Sicht ungenügender Kompetenzen abgelehnt, während die von ihm vorgeschlagenen Leistungserbringer der Kindesmutter räumlich zu weit entfernt waren. Später hat der Kindesvater dann eine ihm geeignet erscheinende Begleitperson in Gestalt von Frau P vorzuschlagen, deren Kompetenz und Neutralität dann aber wieder in Abrede gestellt hat, als Frau P bestimmte Verhaltensweisen des Kindesvaters zu Recht kritisiert hatte.
45Für den Bereich der Kindergartenangelegenheiten hat diese fehlende Kommunikationsbasis bei den Kindeseltern zufolge, dass eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechtes für diesen Teilbereich mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren ist, und zwar schon deshalb, weil der Kindesvater die Mitarbeiter der Kindertagesstätte L-weg für ungeeignet hält und weiterhin die Auffassung vertritt, M solle trotz der Tatsache, dass sie sich in dem von ihr derzeit besuchten Kindergarten sehr wohl fühlt, besser einen anderen Kindergarten aufsuchen, was wiederum die Kindesmutter nicht möchte. Es steht zur Überzeugung des Senats konkret zu befürchten, dass der Kindesvater erneut den Zustand der Kindertagesstätte beklagt, obwohl es nach Einschätzung des Jugendamtes eine Gefährdung von Kindern in dieser Tagesstätte nicht gegeben hat, dass er erneut auf einen Wechsel M in einen anderen Kindergarten drängt, den Streit mit den Mitarbeitern des Kindergartens sucht und so die Gefahr heraufbeschwört, dass M darunter leidet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kindergarten tatsächlich willens und rechtlich in der Lage ist, den Betreuungsvertrag zu kündigen. Jedenfalls hat sich nämlich bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass die vom Kindesvater ausgelösten Streitigkeiten mit der Kindertagesstätte nicht spurlos an dem Kind vorbeigegangen sind. Insoweit sind im Bericht des Jugendamtes der Stadt C vom 12.05.2016 bereits Auffälligkeiten von M in der KiTa und zu Hause beschrieben worden, da der Kindesvater seinerzeit vor dem Kind nicht verschwiegen hat, dass er einen weiteren Aufenthalt von M in der Kindestagesstätte L-weg nicht unterstützt. Nachdem die Verfahrensbeiständin in ihrem Bericht geschildert hat, dass M bei Gesprächen über den Kindergarten noch immer belastet wirke, zeigt sich, wie sehr dieses Verhalten des Kindesvaters das Kind getroffen hat und wieder treffen würde, sollte der Kindesvater das Recht haben, als Mitinhaber des Sorgerechts Kindergartenangelegenheiten mitzubestimmen und auf eine Herausnahme des Kindes aus diesem Kindergarten zu drängen. Für M ist der weitere Aufenthalt in der Kindertagesstätte L-weg in C wichtig. Der Senat hat sich im der am 02.08.2016 durchgeführten Kindesanhörung selbst ein Bild davon verschaffen können, dass die Einschätzung der Verfahrensbeiständin in ihrem Bericht vom 27.05.2016 zutrifft, wonach sich M im Kindergarten sehr wohl fühlt und dort für sie wichtige Freundschaften geschlossen hat. Insbesondere ihre Freundin F ist im Kindergarten eine wichtige Bezugsperson für das Kind.
46M ist ein Kind, das sich leicht verunsichern lässt und um sich herum vertraute Personen braucht. Dies steht zur Überzeugung des Senats bereits aufgrund der von den Beteiligten nicht angegriffenen Schilderungen der Verfahrensbeiständin und des in der Kindesanhörung vom 02.08.2016 selbst gewonnenen Eindrucks fest, so dass dahinstehen kann, ob der Antragsgegner zu dieser Verunsicherung dadurch beigetragen hat, dass er gegenüber dem Kind – wie von M in der Anhörung spontan geschildert - tatsächlich einmal „etwas gesagt, was man nicht sagen darf“, indem er äußerte, dass ihre Mutter stirbt.
47Ein Wechsel des Kindergartens im letzten Jahr vor der Einschulung wäre mit dem Wohl des Kindes jedenfalls nicht zu vereinbaren. Die für das Kind wichtige Sicherheit in ihrem Kindergartenumfeld wäre aber bei einer Wiedereinführung des gemeinsamen Sorgerechts für den Bereich der Kindergartenangelegenheiten mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet, da die Verfahrensbeiständin sich durch Gespräche mit Frau E2 von der B, Kreisverband S-P, als Träger des Kindergartens davon überzeugen konnte, dass der Kindergarten aufgrund des vom Kindesvater in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit diesem für möglich hält. Auch hieraus folgt die Gefahr einer erheblichen Belastung für M, die aus Gründen des Kindeswohls abgewendet werden muss.
48Selbstverständlich hat auch ein nicht sorgeberechtigter Kindesvater das Recht, aus wohlverstandener Sorge um sein Kind gegenüber dem Kindergartenträger mit der gebotenen Zurückhaltung seiner Meinung nach gegebene Missstände aufzuzeigen. Die Art und Weise, wie der Antragsgegner mit dem Kindergarten und insbesondere durch Weitergabe der Korrespondenz an zahlreiche Dritte über den Kindergarten korrespondiert hat, zeigt aber, dass er nicht erkannt hat, dass er hierdurch eine von seiner Tochter als wichtig empfundene Einrichtung derart in Frage stellt, dass Auffälligkeiten im Verhalten des Kindes nach außen zu Tage getreten sind.
492. Ist daher aufgrund der fehlenden Kommunikationsbasis eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge im Teilbereich der Kindergartenangelegenheiten nicht möglich, hat es - auch nach der Rücknahme der zuvor erteilten Zustimmung durch den Kindesvater - bei der durch Beschluss vom 23.04.2014 eingerichteten alleinigen elterlichen Sorge der Kindesmutter für die Regelungen von Kindergartenangelegenheiten zu verbleiben, da dies unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität dem Kindeswohl am besten entspricht. Seit Erlass des Beschlusses vom 23.4.2014 hat die Kindesmutter das Sorgerecht für den Teilbereich der Kindergartenangelegenheiten zum Wohle von M alleine ausgeübt. Allein die Aufrechterhaltung dieser Entscheidung und die damit einhergehende alleinige Ausübung der elterlichen Sorge in Kindergartenangelegenheiten verhindert die sonst konkret drohende Gefahr, dass der Kindesvater in Ausübung elterlicher Sorge den weiteren, dem Wohl Ms dienenden Aufenthalt des Kindes in der Kindertagesstätte L-weg erneut infrage stellt, um seine Interessen durchzusetzen.
50III.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren folgt den §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
52R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:
53Gegen diese Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 11. Aug. 2016 - 14 UF 83/15
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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Eltern der am 12. Mai 2001 geborenen Liva Katharina. Die kurz vor Geburt des Kindes geschlossene Ehe wurde am 24. November 2004 geschieden.
- 2
- Die Tochter lebt seit der Trennung der Eltern im Jahr 2003 bei der Mutter und besucht die Grundschule. Die Mutter ist freiberufliche Kommunikationswissenschaftlerin. Sie ist in Teilzeit Projektleiterin in der Marktforschung. Der Vater ist selbständig.
- 3
- Die Mutter beabsichtigt, mit der Tochter zu ihrem Lebensgefährten nach Mexiko umzuziehen. Der Lebensgefährte ist vermögend und als Modefotograf und Bauunternehmer tätig. Außerdem ist er Eigentümer eines Hauses mit großem Grundstück in T. /Mexiko, wo er seit einiger Zeit lebt und mit der Mutter eine Ferienpension eröffnen will. Die Mutter will auch im Baugeschäft ihres Lebensgefährten mitarbeiten. Der Vater ist mit einer Übersiedlung des Kindes nach Mexiko nicht einverstanden. Er befürchtet erhebliche Einschnitte in die Beziehung des Kindes zu ihm und hält die Auswanderungsentscheidung der Mutter für eine riskante Lebensplanung, weil sie ihr privates und berufliches Schicksal mit ihrem Lebensgefährten verknüpfe.
- 4
- Die Eltern haben beim Amtsgericht - Familiengericht - gegenläufige Anträge auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gestellt. Das Amtsgericht hat sich entsprechend den Empfehlungen des beteiligten Jugendamts sowie der von ihm bestellten Verfahrenspflegerin gegen eine Übersiedlung des Kindes nach Mexiko ausgesprochen und hat die Anträge beider Eltern zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Mutter hat das Oberlandesgericht die Eltern persönlich angehört. Außerdem hat der Berichterstatter das Kind angehört. Die Verfahrenspflegerin ist zu der Kindesanhörung nicht hinzugezogen worden.
- 5
- Das Oberlandesgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vaters, der neben der Zurückweisung des Antrags der Mutter weiterhin die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich erstrebt.
II.
- 6
- Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2009, 1600 veröffentlicht ist, hält die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter für mit dem Kindeswohl am besten vereinbar.
- 7
- Die umstrittene Frage, inwieweit es dem Sorgeberechtigten gestattet sei, zusammen mit dem Kind in einen anderen - fern liegenden - Staat überzusiedeln mit der Folge der dadurch bedingten tatsächlichen Umgangsbeeinträchtigung , sei weder im Sinne einer grundsätzlichen Befugnis zur Übersiedlung noch deren grundsätzlicher Unterbindung, sondern im Sinne einer "vermittelnden Auffassung" zu beantworten. Danach bedürfe es einer Gewichtung der Sorgerechtseignung der Elternteile und einer Abwägung der Gründe, Deutschland zu verlassen. Auch wenn eine Umsiedlung geplant sei, entscheide allein die persönliche Eignung des Elternteils und die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung. Weitere Gesichtspunkte könnten die Staatsangehörigkeit des Kindes und seine Vertrautheit mit der Sprache und Kultur im fremden Staat sein. Bei deutlich besserer Eignung des auswanderungswilligen Elternteils müsse das Umgangsrecht als das schwächere Recht zurücktreten. Entscheidend sei nicht, dass das Sorgerecht gegenüber der Umgangsbefugnis das "stärkere Recht" bilde, denn beide Rechte seien Funktionen der Elternverantwortung für das Kindeswohl und gleichermaßen durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt. Der Sorgeberechtigte genieße Freizügigkeit, die aber im Hinblick auf das Kindeswohl pflichtgebunden sei. Die entscheidende Frage sei also, ob die Auswanderung wichtige Kindesinteressen gefährde, wobei der Kontinuität der Hauptbezugsperson die Diskontinuität der übrigen Lebensumstände gegenüberstehe. Die persönliche Beziehung zum Sorgeberechtigten sei in aller Regel so wichtig, dass ein Wechsel im Sorgerecht nur in Betracht komme, wenn das Verhältnis zum bisher Umgangsbefugten intakt sei und die Kindesinteressen durch den Umzug ins Ausland er- heblich gefährdet würden. In die Kindeswohlabwägung sei auch der Umstand einzubeziehen, dass durch den Wegzug der Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil sowie den weiteren wichtigen Bezugspersonen erschwert oder praktisch vereitelt würde. Zu verlangen sei, dass der Sorgerechtsinhaber für seinen Wegzug triftige Gründe habe, die schwerer wögen als das Umgangsinteresse von Kind und anderem Elternteil. Das verfassungsrechtliche Prinzip der praktischen Konkordanz gebiete, die Grundrechte der Eltern auf Umgang (Art. 6 GG) und auf Freizügigkeit (Art. 2 GG) zu optimaler Wirksamkeit gelangen zu lassen. Außerdem seien der Wille des Kindes, seine Bindungen, der Kontinuitätsgrundsatz und die Erziehungseignung, insbesondere die Bindungstoleranz der Eltern zu beachten.
- 8
- Bei der unter diesen Gesichtspunkten vorgenommenen Überprüfung entspreche es dem Kindeswohl am besten, wenn der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werde. Es unterliege keinem Zweifel, dass beide Elternteile grundsätzlich erziehungsgeeignet seien. Hauptperson für das Kind sei jedoch seit der Geburt die Mutter, die vor und nach der Trennung der Eltern die Hauptversorgung und -betreuung übernommen habe. Die Mutter sei willens und in der Lage, dies auch in Mexiko fortzusetzen. Der Vater hingegen, der selbständig tätig sei und gerade eine neue Firma gegründet habe, sei nach eigenen Angaben beruflich in hohem Maße beansprucht und wäre zur Versorgung des Kindes auf dritte Personen angewiesen. Die Kontinuität spreche zwar für den Vater, dem stehe aber die Bindungskontinuität zur Mutter gegenüber. Darüber hinaus habe das Kind in Ferienaufenthalten sein künftiges Lebensumfeld kennen gelernt. Es werde von einem Privatlehrer intensiv in Englisch unterrichtet und eigne sich in der Schule bereits Spanischkenntnisse an. Der Besuch einer englischsprachigen Schule in Mexiko bedeute zwar eine Umstellung für das Kind, biete aber auch eine erhebliche positive Entwicklungschance. Die Förderung des Kindes sei auch in Mexiko gewährleistet. Durch die Übersied- lung nach Mexiko werde das Kindeswohl nicht erkennbar beeinträchtigt. Deutsche könnten nicht nur in Deutschland gesund und zu ihrem Gedeihen heranwachsen. Die Annahme eines natürlichen Vorrangs für eine Erziehung in Deutschland wäre verfehlt.
- 9
- Eine Umgangsvereitelung durch die Mutter sei nicht zu befürchten. Die Mutter habe ihre Lebensplanung frühzeitig offenbart und den Vater bereits 1 ½ Jahre vor dem Umzug davon verständigt. Sie habe stets zum Ausdruck gebracht , dass sie jeglichen Umgang des Kindes mit dem Vater fördern und eine Aufrechterhaltung der Beziehung zwischen Vater und Kind sicherstellen wolle.
- 10
- Die Mutter habe glaubhaft beachtliche Gründe für einen Umzug nach Mexiko dargelegt. Im Hinblick darauf erscheine die Einschränkung des Umgangs zwischen Vater und Kind hinnehmbar, zumal die Eltern sich auf einen umfangreichen Ferienkontakt von 57 Tagen pro Jahr geeinigt hätten, wobei die Umgangskosten zwischen den Eltern geteilt würden. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit des ständigen Kontakts mittels Fernkommunikation oder E-MailVerkehr. Das (seinerzeit) bald achtjährige Mädchen habe in seiner persönlichen Anhörung vor dem vorbereitenden Einzelrichter den Eindruck eines aufgeweckten und überdurchschnittlich intelligenten Kindes gemacht und sich des Schreibens und Empfangens von E-Mails kundig gezeigt.
- 11
- Das Kind habe sich in seiner persönlichen Anhörung mit einem Umzug nach Mexiko für ein bis zwei Jahre ausdrücklich einverstanden erklärt. Es kenne die dortigen Lebensumstände von Ferienaufenthalten, verstehe sich mit dem Lebensgefährten der Mutter gut und habe sich mit einem bevorstehenden Umzug nach Mexiko auseinandergesetzt. Der Eindruck, dass das Kind wesentlich von seiner Mutter beeinflusst sei, sei nicht entstanden. Die Kindesanhörung sei ohne Beisein Dritter erfolgt, um einen echten Eindruck von dem Kind, seinen Neigungen und Bindungen zu erhalten.
- 12
- Soweit es dem Kindeswohl noch besser entsprechen würde, wenn es weiterhin mit der Mutter in Deutschland leben würde, reiche dies allein nicht aus, um den nachvollziehbaren Wunsch der Mutter auf Übersiedlung nicht zu respektieren.
III.
- 13
- Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Entscheidung genügt nicht den an die Sachaufklärung zu stellenden Anforderungen und kann daher im Ergebnis keinen Bestand haben.
- 14
- 1. Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG ist das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht weiterhin anwendbar, weil das Verfahren vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 - Tz. 7; Senatsbeschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 15
- 2. Nach § 1671 Abs. 1, 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teiles der elterlichen Sorge stattzugeben , wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Nach § 1671 Abs. 3 BGB ist dem Antrag nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge aufgrund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss, was insbesondere wegen Gefährdung des Kindeswohls nach § 1666 BGB der Fall sein kann. Da ein solcher Fall nicht vorliegt (zu mit einer Verbringung des Kindes ins Ausland verbundenen Kindeswohlgefährdungen vgl. Se- natsbeschlüsse vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 - FamRZ 2005, 344 - Beschneidung - und vom 17. Oktober 2007 - XII ZB 42/07 - FamRZ 2008, 45 - Schulpflicht - sowie vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), ist der vorliegende Konflikt aufgrund § 1671 Abs. 1, 2 BGB zu entscheiden.
- 16
- Das Vorhaben der Mutter, mit dem Kind nach Mexiko auszuwandern, lässt sich in Anbetracht der Ablehnung durch den Vater nur verwirklichen, wenn ihr nach § 1671 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Bestandteil der Personensorge (§ 1631 Abs. 1 BGB) übertragen wird. Nach einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist dem Elternteil die Ausreise mit dem Kind erlaubt (a.A. Staudinger/Rauscher BGB [2006] § 1684 Rdn. 67 f.) und kann die Verbringung des Kindes in das Ausland durch den (insoweit) sorgeberechtigten Elternteil nur unter besonderen Umständen rechtswidrig sein (vgl. BGHSt 44, 355 = FamRZ 1999, 651). Die Zurückweisung des Antrags der Mutter hätte hingegen zur Folge, dass das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht fortbestünde und es beim derzeitigen Zustand verbliebe. Eine Verbringung des Kindes in das Ausland wäre dann rechtswidrig (vgl. auch Staudinger/Pirrung [2009] HKÜ Rdn. D 37; zur Strafbarkeit BGHSt 44, 355 = FamRZ 1999, 651). Das würde erst recht gelten, wenn dem Vater auf seinen Antrag das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen würde.
- 17
- 3. Maßstab der Entscheidung ist nach § 1671 Abs. 1 BGB das Kindeswohl (vgl. Coester Das Kindeswohl als Rechtsbegriff S. 143 ff.).
- 18
- a) Dass die Prüfung an diesem gesetzlichen Maßstab auszurichten ist, wird in der Rechtsprechung und Literatur nicht in Frage gestellt. Für die vorliegende Fallgestaltung der Auswanderung in ein fernes Land ist allerdings umstritten , welches Gewicht den einzelnen Aspekten des Kindeswohls beizumes- sen ist und welche Bedeutung den Elternrechten beider Eltern sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils für die Entscheidung zukommt (vgl. etwa – mit unterschiedlicher Betonung des Umgangsrechts – einerseits Staudinger/Coester BGB [2009] § 1671 Rdn. 211; Johannsen /Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1671 Rdn. 61a; Staudinger /Peschel-Gutzeit 12. Aufl. § 1634 Rdn. 309 ff.; andererseits Staudinger /Rauscher BGB [2006] § 1684 Rdn. 70 ff.; Schwab/Motzer Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. III Rdn. 244, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung ).
- 19
- b) Der Senat hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393 m.N.; vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 435). Die einzelnen Kriterien stehen aber letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393 m.N.).
- 20
- c) Zudem sind die durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechte beider Elternteile zu berücksichtigen (BVerfG FF 2009, 416).
- 21
- Die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist hingegen zunächst nur mittelbar betroffen, indem er dadurch in seiner Freiheit beeinträchtigt wird, auswandern zu können und gleichzeitig im bisherigen Umfang sein Elternrecht wahrzunehmen. Für die Entscheidung sind demnach nicht die allgemeine Handlungsfreiheit des auswande- rungswilligen Elternteils und das Elternrecht des im Inland verbleibenden Elternteils gegeneinander abzuwägen, sondern die beiderseitigen Elternrechte.
- 22
- Allerdings ist die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils gleichwohl bedeutsam, indem sie die tatsächliche Ausgangslage für die Abwägung bestimmt. Denn für die Beurteilung des Kindeswohls und die Abwägung der beiderseitigen Elternrechte ist nicht davon auszugehen, dass der hauptsächlich betreuende Elternteil mit dem Kind im Inland verbleibt, selbst wenn diese Möglichkeit mit dem Kindeswohl am besten zu vereinbaren wäre (a.A. OLG Oldenburg FamRZ 1980, 78). Tatsächlicher Ausgangspunkt muss vielmehr sein, dass der Elternteil seinen Auswanderungswunsch in die Tat umsetzt.
- 23
- d) Die Motive des Elternteils für seinen Auswanderungsentschluss stehen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde jedenfalls grundsätzlich nicht zur Überprüfung des Familiengerichts. Es kommt insoweit auch nicht darauf an, ob der Elternteil triftige Gründe anführen kann (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393; ebenso Staudinger /Peschel-Gutzeit BGB 12. Aufl. § 1634 Rdn. 311 m.w.N.; a.A. OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 627 m.w.N.; OLG Köln FamRZ 2006, 1625; OLG München FamRZ 2009, 794 m. Anm. Dollinger).
- 24
- Dementsprechend stehen dem Familiengericht auch keine Möglichkeiten zur Verfügung, die allgemeine Handlungsfreiheit des Elternteils einzuschränken , auch kann dem Elternteil seine Ausreise nicht in zulässiger Weise untersagt werden. Die Befugnisse des Familiengerichts beschränken sich vielmehr auf das Kind, und die Beurteilung hat sich darauf zu konzentrieren, wie sich die Auswanderung auf das Kindeswohl auswirkt. Die Frage, ob der Elternteil triftige Gründe hat auszuwandern, findet demnach nur bei der Beurteilung des Kin- deswohls Berücksichtigung. Verfolgt der Elternteil mit der Übersiedlung etwa (auch) den Zweck, den Kontakt zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu vereiteln, steht die Bindungstoleranz des betreuenden Elternteils und somit seine Erziehungseignung in Frage (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2007, 759, 760; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1671 Rdn. 211). Wenn mit der Auswanderung für das Kind schädliche Folgen verbunden sind, ist wiederum die Erziehungseignung des betreuenden Elternteils in Zweifel zu ziehen und kann sogar ein Entzug des Sorgerechts angebracht sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 – FamRZ 2005, 344 - Beschneidung - und vom 17. Oktober 2007 - XII ZB 42/07 - FamRZ 2008, 45 - Schulpflicht - sowie vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Bei einem ersichtlich unvernünftigen Vorhaben, das mit nicht vertretbaren Risiken für das Kind verbunden ist, ergeben sich schließlich jedenfalls für die Kontinuität und die Qualität der Bindung zum Obhutselternteil nachteilige Folgen, die gegen dessen Erziehungseignung sprechen und bei bestehender Erziehungseignung des anderen Elternteils regelmäßig den Ausschlag dafür geben werden , diesem das Sorgerecht zu übertragen.
- 25
- e) Einer Auswanderung mit dem Kind steht ferner nicht ohne weiteres die gesetzliche Regelung in § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehört. Auch wenn durch die Auswanderung der Umgang zwischen Kind und anderem Elternteil wesentlich erschwert wird, ergibt sich daraus allein weder eine generelle noch eine vermutete Kindeswohlschädlichkeit (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393; a.A. OLG Oldenburg FamRZ 1980, 78; Staudinger/Rauscher [2006] § 1684 Rdn. 70; Schwab/Motzer Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. III Rdn. 244; Motzer FamRZ 2000, 925, 927). Denn bei § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB handelt es sich um die gesetzliche Klarstellung eines einzelnen - wenn auch gewichtigen - Kindeswohlaspekts.
- 26
- Ähnliches gilt für das Wohlverhaltensgebot gemäß § 1684 Abs. 2 BGB. Auch im Hinblick auf § 1684 Abs. 2 BGB kommt der Aufrechterhaltung der Beziehungen zum Umgangselternteil nicht notwendig eine Sperrwirkung für solche Ortsveränderungen zu, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Umgangskontakte führen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393; RGZ 141, 319, 322).
- 27
- Das Bedürfnis des Kindes nach einem intensiven Umgang mit beiden Elternteilen ist vielmehr als Element des Kindeswohls im Rahmen der Entscheidung nach § 1671 BGB oder - bei alleinigem Sorgerecht des auswanderungswilligen Elternteils - bei einer Abänderungsentscheidung nach § 1696 BGB zu berücksichtigen und in die vom Familiengericht zu treffende umfassende Abwägung einzubeziehen. Hierbei sind auch der Umfang der mit der Auswanderung verbundenen Beeinträchtigungen und die Folgen für das Kind und den Elternteil einzubeziehen (vgl. OLG München FamRZ 2009, 794 m. Anm. Dollinger). Welches Gewicht diesen Umständen für die Entscheidung letztlich zukommt, ist eine Frage des Einzelfalls.
- 28
- 4. Die Entscheidung des Familiengerichts ist demnach nicht durch tatsächliche oder rechtliche Vermutungen eingeengt, die im Zweifelsfall den Ausschlag für oder gegen eine Auswanderung mit dem Kind geben könnten. Vielmehr ist die Entscheidung stets aufgrund einer umfassenden Abwägung der im Einzelfall berührten Kindeswohlgesichtspunkte zu treffen. Die Abwägung der für das Kind mit einer bestimmten Sorgerechtslage oder -regelung verbundenen Vor- und Nachteile hat auf der Grundlage der beiden genannten tatsächlichen Alternativen zu erfolgen. Zu fragen ist demnach, ob die Auswanderung mit dem Elternteil oder der Verbleib des Kindes beim weiter im Inland ansässigen Elternteil die für das Kindeswohl bessere Lösung ist.
- 29
- 5. Die Beurteilung des Kindeswohls liegt in der Verantwortung der Tatsachengerichte. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 30
- a) In welchem Umfang vom Familiengericht zur Beurteilung des Kindeswohls Tatsachen zu ermitteln sind, bestimmt sich aufgrund des hier noch anwendbaren - bis Ende August 2009 geltenden - Verfahrensrechts gemäß § 12 FGG (nunmehr § 26 FamFG). Das Gericht hat danach von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben, was auch für das vorliegende Antragsverfahren gilt (Keidel/Schmidt Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 12 FGG Rdn. 55 m.w.N.). Dabei wirken das Elternrecht sowie das staatliche Wächteramt auch auf das Verfahrensrecht und seine Handhabung in Sorgerechtsverfahren ein (BVerfG FamRZ 2009, 1897 Tz. 18 m.w.N.). Erforderlich ist eine alle Umstände des Einzelfalls abwägende Entscheidung. Das Verfahren muss geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (BVerfG FamRZ 2009, 1897 Tz. 18 m.w.N.).
- 31
- b) Der genaue Umfang der erforderlichen Ermittlungen richtet sich nach den im konkreten Fall betroffenen Kindeswohlbelangen. Dazu gehören bei der hier vorliegenden Problemstellung insbesondere die Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen und deren jeweilige Qualität (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 170). Befindet sich das Kind in der Obhut des auswanderungswilligen Elternteils und ist dieser die Hauptbezugsperson des Kindes, ist ferner zu ermitteln, wie sich die veränderte Situation auf den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil auswirkt und in welchem Umfang der Kontakt aufrechterhalten werden kann. Daneben sind das Förderprinzip sowie die Kontinuität des Umfelds und der sonstigen Beziehungen des Kindes zu berücksichtigen. Weiter ist von Bedeutung, in welchem Umfang für das Kind durch die Auswanderung Umstellungen in seiner Lebenssituation verbunden sind und ob die hiermit einhergehenden Anforderungen von dem Kind ohne bleibende Defizite zu bewältigen sind (vgl. KG ZKJ 2009, 211). Der vom Kind geäußerte Wille hat bei kleineren Kindern vornehmlich Erkenntniswert hinsichtlich seiner persönlichen Bindungen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1078 Tz. 12, 18; FamRZ 2008, 1737, 1738; Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393), ist mit zunehmendem Alter jedoch auch als Ausdruck der Entwicklung des Kindes zu einer eigenständigen Persönlichkeit bedeutsam (§ 1626 Abs. 2 Satz 2 BGB; BVerfG FamRZ 2007, 105, 106; FamRZ 2008, 1737, 1738). Der Kindeswille ist nur insoweit zu berücksichtigen, als er dem Kindeswohl entspricht (BVerfG FamRZ 1981, 124, 126 f. und FamRZ 2008, 1737, 1738). Schließlich ist in tatsächlicher Hinsicht in Rechnung zu stellen, dass ein durch einen Elternteil maßgeblich beeinflusster Kindeswille nicht beachtlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 170).
- 32
- c) Zur Berücksichtigung des Willens des Kindes und seiner Interessen sieht das Gesetz die Bestellung eines Verfahrenspflegers vor (§ 50 FGG; nunmehr : Verfahrensbeistand, § 158 FamFG). Die Einrichtung der Verfahrenspflegschaft ist Ausdruck der Subjektstellung des Kindes in seiner Individualität als Grundrechtsträger (BVerfG FamRZ 2007, 1078 Tz. 10 m.w.N.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 86; Willutzki ZKJ 2009, 237). Sie soll in Fällen eines Inte- ressenkonflikts zwischen Kind und Eltern insbesondere die einseitige Vertretung der Interessen des Kindes ermöglichen und unterscheidet sich insofern von dem Aufgabenkreis des Familiengerichts und der weiteren Beteiligten (BTDrucks. 13/4899 S. 129 f.). Die Verfahrenspflegschaft trägt auch dem Umstand Rechnung, dass Scheidungskinder sich oftmals in einer verunsicherten psychischen Situation befinden (Arntzen Elterliche Sorge und Umgang mit Kindern 2. Aufl. S. 12) und ein Verfahrenspfleger das Kind durch die Vertretung seiner Interessen gegenüber dem Familiengericht entlasten kann.
- 33
- Das Familiengericht hat dem Verfahrenspfleger durch die Gestaltung des Verfahrens zu ermöglichen, seine Funktion sinnvoll wahrzunehmen und zu den die Interessen und den Willen des Kindes betreffenden Tatsachen und den diesbezüglichen Ermittlungen des Familiengerichts umfassend Stellung zu nehmen. Diese Notwendigkeit wird in Fällen der hier vorliegenden Art besonders deutlich. Denn der Auswanderungswunsch geht regelmäßig auf die Interessen und Neigungen des Elternteils zurück, die sich mit denen des Kindes nicht ohne weiteres decken müssen.
- 34
- d) Um schließlich eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen, kann es insbesondere bei Entscheidungen von großer Tragweite ferner erforderlich sein, ein psychologisches Sachverständigen-Gutachten einzuholen, das etwa zur Qualität der Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen und zu den in Betracht kommenden familiengerichtlichen Maßnahmen näheren Aufschluss geben kann (vgl. BVerfG FamRZ 2009, 1897, 1899).
- 35
- 6. Das Oberlandesgericht hat seine Feststellungen zum Willen des Kindes und seinen Interessen nicht verfahrensfehlerfrei getroffen. Gleiches gilt für die in Betracht kommende Alternative eines Wechsels des Kindes zum Vater.
- 36
- a) Zutreffend ist der vom Oberlandesgericht für die Abwägung der verschiedenen Kindeswohlbelange im Rahmen von § 1671 Abs. 1, 2 BGB gewählte rechtliche Ausgangspunkt. Das Oberlandesgericht hat - anders als das Amtsgericht - zu Recht nicht auf die Möglichkeit abgestellt, dass die Mutter mit dem Kind in Deutschland verbleibt. Das gilt auch für den Fall, dass sich die Mutter, wenn ihr die Auswanderung gemeinsam mit dem Kind verwehrt wäre, für einen Verbleib in Deutschland entschließen würde und dies wiederum dem Kindeswohl im Ergebnis am besten entspräche. Insoweit ist vielmehr - wie ausgeführt - von dem Fall auszugehen, dass die Mutter ihren Auswanderungsplan verwirklicht , und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob es dem Kindeswohl besser dient, wenn das Kind mit der Mutter nach Mexiko übersiedelt oder aber beim Vater im Inland bleibt.
- 37
- Der Auswanderungswunsch der Mutter ist - wie ausgeführt - grundsätzlich zu respektieren und unterliegt als ihre persönliche Lebensentscheidung nicht der Überprüfung durch das Familiengericht. Es kommt daher insbesondere nicht darauf an, ob sie etwa in ihr Heimatland zurückkehrt, ob sie aus beruflichen Gründen zu einer Übersiedlung in das Ausland gezwungen ist oder ob sie mit ihrem neuen Partner verheiratet ist. Dass die Lebensentscheidung der Mutter als solche für das Kind nachteilige Folgen hat, ist vom Oberlandesgericht trotz der vom Vater gehegten Befürchtungen frei von Verfahrensfehlern verneint worden.
- 38
- Die Entscheidung der Mutter, nach Mexiko auszuwandern, entspricht dennoch nicht notwendig dem Kindeswohl am besten und setzt sich auch nicht ohne weiteres gegen das Elternrecht des Vaters durch. Entscheidend ist vielmehr , welche Alternative dem Kindeswohl besser dient und wie die im Einklang mit dem Kindeswohl auszuübenden Elternrechte beider Eltern zu einem schonenden Ausgleich zu bringen sind.
- 39
- b) Das Oberlandesgericht hat den Willen, die Neigungen und die Bindungen des Kindes nicht genügend aufgeklärt, indem es das betroffene Kind nicht durch den gesamten Senat angehört hat.
- 40
- Zwar muss im Ausgangspunkt dem erkennenden Gericht die Entscheidung darüber vorbehalten sein, welchen Weg es innerhalb der ihm vorgegebenen Verfahrensordnung für geeignet hält, um zu den für seine Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen (BVerfG FamRZ 1981, 124, 126 f.). Nach der Rechtsprechung des Senats darf die Anhörung nach §§ 50 a, 50 b FGG grundsätzlich einem Mitglied des Beschwerdegerichts als beauftragtem Richter überlassen werden. Das gilt allerdings nur mit der einschränkenden Maßgabe, dass die Anhörung nur in ihrem objektiven Ertrag und als persönlicher Eindruck des beauftragten Richters verwertet werden darf (Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 172). Ist es dagegen - wie gerade in Sorgerechtsangelegenheiten häufig - angezeigt, dass sich das erkennende Gericht als solches einen persönlichen Eindruck verschafft , reicht die Anhörung durch den beauftragten Richter nicht aus und muss die Anhörung gegebenenfalls vor dem vollbesetzten Beschwerdegericht wiederholt werden (Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 172).
- 41
- Die Anhörung des Kindes ist gemessen an diesen Maßstäben hier zu Unrecht allein vom Berichterstatter des Oberlandesgerichts durchgeführt worden. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass in den Gründen des angefochtenen Beschlusses mehrfach auf den persönlichen Eindruck von dem Kind abgestellt worden ist und demnach davon auszugehen ist, dass es dem Oberlandesgericht darauf ankam. Dass die weiteren Mitglieder des Spruchkörpers zeitweise anwesend waren, ist nicht ausreichend. Im Übrigen stimmen aber auch die bei der Anhörung des Kindes und der Eltern anwesenden Senatsmitglieder nicht vollständig mit den Richtern überein, die den angefochtenen Beschluss erlassen haben. Anstelle des an der Anhörung der Eltern mitwirkenden Vorsitzenden Richters O. ist dort die Richterin Dr. M. aufgeführt. Das führt zwar nicht ohne weiteres zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil der Beschluss entgegen seiner Eingangsformulierung nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist. Der Beschluss beruht indessen auf einer unzureichenden Sachaufklärung durch den schließlich entscheidenden Senat.
- 42
- c) Auch die weitere von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge , dass das Oberlandesgericht die Verfahrenspflegerin nicht zu der Anhörung des betroffenen Kindes hinzugezogen hat, ist begründet.
- 43
- Zwar ist auch insoweit jedenfalls im Ausgangspunkt dem erkennenden Richter die Entscheidung darüber vorbehalten, welchen Weg er für geeignet hält, um zu den für seine Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen. Er hat bei seiner Verfahrensgestaltung aber die Besonderheiten zu beachten , die sich aus der gesetzlichen Funktion des Verfahrenspflegers ergeben.
- 44
- Ob der gerichtlich bestellte Verfahrenspfleger bei der Anhörung des Kindes zugegen sein muss, war unter der Geltung des hier noch anwendbaren Verfahrensrechts gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Nach dem seit September 2009 geltenden Verfahrensrecht soll die persönliche Anhörung in Anwesenheit des Verfahrensbeistands stattfinden (§ 159 Abs. 4 Satz 3 FamFG). Auch aufgrund des bis August 2009 geltenden Verfahrensrechts hatte der Verfahrenspfleger grundsätzlich das Recht, bei der Kindesanhörung anwesend zu sein, und war dementsprechend vom Familiengericht zur Kindesanhörung zu laden (OLG Bremen FamRZ 2000, 1298; KG FamRZ 2000, 1300; Keidel /Engelhardt Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 50 Rdn. 16; FamRefK /Maurer § 50 FGG Rdn. 9; vgl. Hohmann-Dennhardt ZfJ 2001, 77, 80).
- 45
- Das Familiengericht kann allerdings von der Hinzuziehung des Verfahrenspflegers ausnahmsweise absehen, wenn dies im Einzelfall aus Gründen einer besseren Sachaufklärung geboten ist. Ob es den Verfahrenspfleger zu der Anhörung lädt oder ob es hiervon ausnahmsweise absieht, hat das Familiengericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist aber in jedem Fall zu beachten, dass es dem Verfahrenspfleger möglich sein muss, seine gesetzliche Aufgabe, dem Willen und den Interessen des Kindes Geltung zu verschaffen, sinnvoll zu erfüllen. Das gilt vor allem dann, wenn der Wille des Kindes und seine Interessen einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Entscheidung darstellen, was schon in Anbetracht der Bestellungsvoraussetzungen nach § 50 FGG (nunmehr § 158 FamFG) in der Regel der Fall ist.
- 46
- Gemessen daran durfte das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall jedenfalls mit der von ihm gegebenen Begründung nicht von einer Teilnahme der Verfahrenspflegerin an der Kindesanhörung absehen. Nach den Gründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte die Kindesanhörung "ohne Beisein Dritter", insbesondere ohne Anwesenheit der Verfahrensbevollmächtigten, um das Ziel der Kindesanhörung zu erreichen, nämlich einen echten Eindruck von dem Kind, dessen Neigungen und Bindungen zu erhalten.
- 47
- Das reicht zur Begründung nicht aus und stellt sich im Ergebnis als ermessensfehlerhaft dar. Das betroffene Kind war bei der Anhörung vor dem Oberlandesgericht sieben Jahre alt. Es hat ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses den Eindruck eines aufgeweckten und überdurchschnittlich intelligenten Kindes gemacht. Dass die Anwesenheit der Verfahrenspflegerin den Berichterstatter des Oberlandesgerichts daran gehindert hätte, einen echten Eindruck von dem Kind, dessen Neigungen und Bindungen zu erhalten, ist demnach nicht nachvollziehbar. Auch in Anwesenheit des Verfahrenspflegers lässt sich durch die Gestaltung der Anhörung bewerk- stelligen, dass das Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind erhält. Insbesondere unterliegt es der Verfahrensgestaltung des Gerichts, ob und wann etwa Fragen des Verfahrenspflegers an das Kind zugelassen werden. Allein aus der Anwesenheit des Verfahrenspflegers ergibt sich noch keine die Unvoreingenommenheit des Kindes beeinträchtigende Wirkung.
- 48
- Der Verfahrenspfleger ist nicht mit den vom Oberlandesgericht weiter aufgeführten "Dritten" vergleichbar und nimmt insbesondere keine den Eltern und deren Verfahrensbevollmächtigten vergleichbare Stellung ein. Anders als die Eltern, deren Interessen mit denen des Kindes nicht ohne weiteres im Einklang stehen und deren Anwesenheit das Kind regelmäßig beeinflussen wird, ist der Verfahrenspfleger gerade gesetzlich vorgesehen, um ausschließlich die Interessen des Kindes wahrzunehmen. Er ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anhörung in der Regel mit dem Kind bereits bekannt, so dass seine Anwesenheit das Kind nicht vor zusätzliche Anforderungen stellt. Vielmehr kann die Anwesenheit des Verfahrenspflegers das Kind in der Anhörungssituation entlasten und dem Gericht den Zugang zum Kind erleichtern.
- 49
- Der vorliegende Fall belegt die Notwendigkeit einer Hinzuziehung des Verfahrenspflegers zu der Kindesanhörung. Das betroffene Kind hat sich in erster Instanz gegen eine Übersiedlung nach Mexiko ausgesprochen und dies gegenüber dem Amtsgericht, dem Jugendamt und der Verfahrenspflegerin zum Ausdruck gebracht. Demgegenüber hat es sich erstmals in der Anhörung durch den Berichterstatter des Oberlandesgerichts mit einem probeweisen Umzug nach Mexiko einverstanden erklärt, was für das Oberlandesgericht einen wesentlichen Grund für die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter dargestellt hat. Indem die Verfahrenspflegerin von dieser Willensänderung des Kindes ausgeschlossen worden ist, war sie nicht in der Lage, die Kindesinteressen gegenüber dem Gericht umfassend wahrzunehmen. Sie konnte sich kein Bild von der Anhörungssituation, den Fragen des Richters und den Antworten des Kindes machen und war demnach nicht imstande, ihre Aufgabe sinnvoll zu erfüllen.
- 50
- Da sich eine Hinzuziehung der Verfahrenspflegerin schließlich nicht durch die Mitteilung des Anhörungsprotokolls ersetzen lässt, hätte das Oberlandesgericht der Verfahrenspflegerin notfalls in einem weiteren Anhörungstermin Gelegenheit geben müssen, an der Kindesanhörung teilzunehmen. Hinzu kommt, dass die Stellungnahmen des Jugendamtes wie auch der Verfahrenspflegerin in den Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden haben. Dass das Jugendamt und die Verfahrenspflegerin - wie das Amtsgericht - zu Unrecht als weitere mögliche Option auch den Verbleib der Mutter mit dem Kind in Deutschland einbezogen und auf dieser Grundlage ihre Stellungnahmen abgegeben haben, hätte das Oberlandesgericht durch einen entsprechenden rechtlichen Hinweis aufklären können und müssen. Keinesfalls durften die Stellungnahmen etwa wegen des unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunktes bei der Begründung vollständig außer Acht gelassen werden.
- 51
- d) Die Rechtsbeschwerde rügt ebenfalls mit Recht, dass die Möglichkeiten des Vaters, alternativ zur Betreuung des Kindes zur Verfügung zu stehen, nicht hinreichend aufgeklärt worden sind. Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, dass der Vater beruflich stark beansprucht sei. Dass er dadurch an der persönlichen Betreuung des Kindes gehindert wäre und auf die Hilfe Dritter angewiesen sei, lässt sich den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen indessen nicht entnehmen. Der Vater wohnt in der Nähe der Schule. Das Kind besucht eine Ganztagsgrundschule. Der Vater ist selbständig tätig, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern er durch seine Berufstätigkeit gehindert wäre, sich um die Tochter zu kümmern. Das gilt erst recht im Hinblick auf die ebenfalls ungeklärte Frage, in welchem konkreten Umfang die Mutter im Fall der Auswanderung und der Verwirklichung ihrer beruflichen Planung in Mexiko zur persönlichen Betreuung des Kindes zur Verfügung stünde.
- 52
- e) Schließlich ist auch die Rüge begründet, dass das Oberlandesgericht das Zustandekommen einer Vereinbarung über Umgangskontakte nach der Auswanderung festgestellt hat. Für eine solche Feststellung fehlt es an einer nachprüfbaren Grundlage. Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, waren sich die Eltern zwar in wesentlichen Punkten einig. Aus ihren Schriftsätzen ergibt sich hingegen auch, dass die Eltern zu der für sie wesentlichen Frage, wer die Flugkosten zu tragen hat, noch keine Einigung erzielen konnten.
- 53
- Ob die Eltern eine verbindliche Elternvereinbarung getroffen haben, ist nicht zuletzt für die Berücksichtigung des Umgangsaspekts nach § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB wichtig und gewinnt dadurch an Bedeutung, dass der Geltendmachung und Durchsetzung des Umgangsrechts nach der Auswanderung rechtliche und tatsächliche Grenzen gesetzt sind. Dass die Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorgreiflich ist, stellt keinen Hinderungsgrund dar. Denn die Umgangsvereinbarung hätte unter der Bedingung geschlossen werden können, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen wird (vgl. Hammer Elternvereinbarungen im Sorge- und Umgangsrecht S. 80 f.).
III.
- 54
- Die aufgezeigten Verfahrensfehler führen zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Dem Senat ist eine eigene Sachentscheidung verwehrt, weil noch tatrichterliche Feststellungen nachzuholen sind.
IV.
- 55
- Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach einer nicht vermeidbaren erneuten Anhörung des Kindes in Anwesenheit der Verfahrenspflegerin und der ebenfalls zu wiederholenden Anhörung seiner Eltern vornehmlich die Bindungen des Kindes zu würdigen sind. Bei der Abwägung sind auch die durch das neue Lebensumfeld in Mexiko vielfältig geänderten Lebensumstände des Kindes zu beachten. Diese Aspekte sind unter verstärkter Berücksichtigung des weiter aufzuklärenden Willens und der Interessen des Kindes in die Würdigung einzubeziehen. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen , dass unter ihrer Berücksichtigung ein Wechsel zum im Inland verbleibenden Vater die für das Kind günstigere Alternative wäre, wie sie insbesondere bei annähernd gleich starker Bindung zu beiden Elternteilen in Betracht kommt (vgl. KG ZKJ 2009, 211). Sollte schließlich eine stärkere Bindung des Kindes zur Mutter den Ausschlag geben, wird darauf hinzuwirken sein, dass eine verbindliche Umgangsregelung getroffen wird.
Vorinstanzen:
AG Starnberg, Entscheidung vom 19.11.2008 - 2 F 678/08 -
OLG München, Entscheidung vom 09.04.2009 - 2 UF 1818/08 -
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Eltern der am 12. Mai 2001 geborenen Liva Katharina. Die kurz vor Geburt des Kindes geschlossene Ehe wurde am 24. November 2004 geschieden.
- 2
- Die Tochter lebt seit der Trennung der Eltern im Jahr 2003 bei der Mutter und besucht die Grundschule. Die Mutter ist freiberufliche Kommunikationswissenschaftlerin. Sie ist in Teilzeit Projektleiterin in der Marktforschung. Der Vater ist selbständig.
- 3
- Die Mutter beabsichtigt, mit der Tochter zu ihrem Lebensgefährten nach Mexiko umzuziehen. Der Lebensgefährte ist vermögend und als Modefotograf und Bauunternehmer tätig. Außerdem ist er Eigentümer eines Hauses mit großem Grundstück in T. /Mexiko, wo er seit einiger Zeit lebt und mit der Mutter eine Ferienpension eröffnen will. Die Mutter will auch im Baugeschäft ihres Lebensgefährten mitarbeiten. Der Vater ist mit einer Übersiedlung des Kindes nach Mexiko nicht einverstanden. Er befürchtet erhebliche Einschnitte in die Beziehung des Kindes zu ihm und hält die Auswanderungsentscheidung der Mutter für eine riskante Lebensplanung, weil sie ihr privates und berufliches Schicksal mit ihrem Lebensgefährten verknüpfe.
- 4
- Die Eltern haben beim Amtsgericht - Familiengericht - gegenläufige Anträge auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gestellt. Das Amtsgericht hat sich entsprechend den Empfehlungen des beteiligten Jugendamts sowie der von ihm bestellten Verfahrenspflegerin gegen eine Übersiedlung des Kindes nach Mexiko ausgesprochen und hat die Anträge beider Eltern zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Mutter hat das Oberlandesgericht die Eltern persönlich angehört. Außerdem hat der Berichterstatter das Kind angehört. Die Verfahrenspflegerin ist zu der Kindesanhörung nicht hinzugezogen worden.
- 5
- Das Oberlandesgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vaters, der neben der Zurückweisung des Antrags der Mutter weiterhin die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich erstrebt.
II.
- 6
- Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2009, 1600 veröffentlicht ist, hält die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter für mit dem Kindeswohl am besten vereinbar.
- 7
- Die umstrittene Frage, inwieweit es dem Sorgeberechtigten gestattet sei, zusammen mit dem Kind in einen anderen - fern liegenden - Staat überzusiedeln mit der Folge der dadurch bedingten tatsächlichen Umgangsbeeinträchtigung , sei weder im Sinne einer grundsätzlichen Befugnis zur Übersiedlung noch deren grundsätzlicher Unterbindung, sondern im Sinne einer "vermittelnden Auffassung" zu beantworten. Danach bedürfe es einer Gewichtung der Sorgerechtseignung der Elternteile und einer Abwägung der Gründe, Deutschland zu verlassen. Auch wenn eine Umsiedlung geplant sei, entscheide allein die persönliche Eignung des Elternteils und die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung. Weitere Gesichtspunkte könnten die Staatsangehörigkeit des Kindes und seine Vertrautheit mit der Sprache und Kultur im fremden Staat sein. Bei deutlich besserer Eignung des auswanderungswilligen Elternteils müsse das Umgangsrecht als das schwächere Recht zurücktreten. Entscheidend sei nicht, dass das Sorgerecht gegenüber der Umgangsbefugnis das "stärkere Recht" bilde, denn beide Rechte seien Funktionen der Elternverantwortung für das Kindeswohl und gleichermaßen durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt. Der Sorgeberechtigte genieße Freizügigkeit, die aber im Hinblick auf das Kindeswohl pflichtgebunden sei. Die entscheidende Frage sei also, ob die Auswanderung wichtige Kindesinteressen gefährde, wobei der Kontinuität der Hauptbezugsperson die Diskontinuität der übrigen Lebensumstände gegenüberstehe. Die persönliche Beziehung zum Sorgeberechtigten sei in aller Regel so wichtig, dass ein Wechsel im Sorgerecht nur in Betracht komme, wenn das Verhältnis zum bisher Umgangsbefugten intakt sei und die Kindesinteressen durch den Umzug ins Ausland er- heblich gefährdet würden. In die Kindeswohlabwägung sei auch der Umstand einzubeziehen, dass durch den Wegzug der Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil sowie den weiteren wichtigen Bezugspersonen erschwert oder praktisch vereitelt würde. Zu verlangen sei, dass der Sorgerechtsinhaber für seinen Wegzug triftige Gründe habe, die schwerer wögen als das Umgangsinteresse von Kind und anderem Elternteil. Das verfassungsrechtliche Prinzip der praktischen Konkordanz gebiete, die Grundrechte der Eltern auf Umgang (Art. 6 GG) und auf Freizügigkeit (Art. 2 GG) zu optimaler Wirksamkeit gelangen zu lassen. Außerdem seien der Wille des Kindes, seine Bindungen, der Kontinuitätsgrundsatz und die Erziehungseignung, insbesondere die Bindungstoleranz der Eltern zu beachten.
- 8
- Bei der unter diesen Gesichtspunkten vorgenommenen Überprüfung entspreche es dem Kindeswohl am besten, wenn der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werde. Es unterliege keinem Zweifel, dass beide Elternteile grundsätzlich erziehungsgeeignet seien. Hauptperson für das Kind sei jedoch seit der Geburt die Mutter, die vor und nach der Trennung der Eltern die Hauptversorgung und -betreuung übernommen habe. Die Mutter sei willens und in der Lage, dies auch in Mexiko fortzusetzen. Der Vater hingegen, der selbständig tätig sei und gerade eine neue Firma gegründet habe, sei nach eigenen Angaben beruflich in hohem Maße beansprucht und wäre zur Versorgung des Kindes auf dritte Personen angewiesen. Die Kontinuität spreche zwar für den Vater, dem stehe aber die Bindungskontinuität zur Mutter gegenüber. Darüber hinaus habe das Kind in Ferienaufenthalten sein künftiges Lebensumfeld kennen gelernt. Es werde von einem Privatlehrer intensiv in Englisch unterrichtet und eigne sich in der Schule bereits Spanischkenntnisse an. Der Besuch einer englischsprachigen Schule in Mexiko bedeute zwar eine Umstellung für das Kind, biete aber auch eine erhebliche positive Entwicklungschance. Die Förderung des Kindes sei auch in Mexiko gewährleistet. Durch die Übersied- lung nach Mexiko werde das Kindeswohl nicht erkennbar beeinträchtigt. Deutsche könnten nicht nur in Deutschland gesund und zu ihrem Gedeihen heranwachsen. Die Annahme eines natürlichen Vorrangs für eine Erziehung in Deutschland wäre verfehlt.
- 9
- Eine Umgangsvereitelung durch die Mutter sei nicht zu befürchten. Die Mutter habe ihre Lebensplanung frühzeitig offenbart und den Vater bereits 1 ½ Jahre vor dem Umzug davon verständigt. Sie habe stets zum Ausdruck gebracht , dass sie jeglichen Umgang des Kindes mit dem Vater fördern und eine Aufrechterhaltung der Beziehung zwischen Vater und Kind sicherstellen wolle.
- 10
- Die Mutter habe glaubhaft beachtliche Gründe für einen Umzug nach Mexiko dargelegt. Im Hinblick darauf erscheine die Einschränkung des Umgangs zwischen Vater und Kind hinnehmbar, zumal die Eltern sich auf einen umfangreichen Ferienkontakt von 57 Tagen pro Jahr geeinigt hätten, wobei die Umgangskosten zwischen den Eltern geteilt würden. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit des ständigen Kontakts mittels Fernkommunikation oder E-MailVerkehr. Das (seinerzeit) bald achtjährige Mädchen habe in seiner persönlichen Anhörung vor dem vorbereitenden Einzelrichter den Eindruck eines aufgeweckten und überdurchschnittlich intelligenten Kindes gemacht und sich des Schreibens und Empfangens von E-Mails kundig gezeigt.
- 11
- Das Kind habe sich in seiner persönlichen Anhörung mit einem Umzug nach Mexiko für ein bis zwei Jahre ausdrücklich einverstanden erklärt. Es kenne die dortigen Lebensumstände von Ferienaufenthalten, verstehe sich mit dem Lebensgefährten der Mutter gut und habe sich mit einem bevorstehenden Umzug nach Mexiko auseinandergesetzt. Der Eindruck, dass das Kind wesentlich von seiner Mutter beeinflusst sei, sei nicht entstanden. Die Kindesanhörung sei ohne Beisein Dritter erfolgt, um einen echten Eindruck von dem Kind, seinen Neigungen und Bindungen zu erhalten.
- 12
- Soweit es dem Kindeswohl noch besser entsprechen würde, wenn es weiterhin mit der Mutter in Deutschland leben würde, reiche dies allein nicht aus, um den nachvollziehbaren Wunsch der Mutter auf Übersiedlung nicht zu respektieren.
III.
- 13
- Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Entscheidung genügt nicht den an die Sachaufklärung zu stellenden Anforderungen und kann daher im Ergebnis keinen Bestand haben.
- 14
- 1. Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG ist das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht weiterhin anwendbar, weil das Verfahren vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 - Tz. 7; Senatsbeschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 15
- 2. Nach § 1671 Abs. 1, 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teiles der elterlichen Sorge stattzugeben , wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Nach § 1671 Abs. 3 BGB ist dem Antrag nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge aufgrund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss, was insbesondere wegen Gefährdung des Kindeswohls nach § 1666 BGB der Fall sein kann. Da ein solcher Fall nicht vorliegt (zu mit einer Verbringung des Kindes ins Ausland verbundenen Kindeswohlgefährdungen vgl. Se- natsbeschlüsse vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 - FamRZ 2005, 344 - Beschneidung - und vom 17. Oktober 2007 - XII ZB 42/07 - FamRZ 2008, 45 - Schulpflicht - sowie vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), ist der vorliegende Konflikt aufgrund § 1671 Abs. 1, 2 BGB zu entscheiden.
- 16
- Das Vorhaben der Mutter, mit dem Kind nach Mexiko auszuwandern, lässt sich in Anbetracht der Ablehnung durch den Vater nur verwirklichen, wenn ihr nach § 1671 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Bestandteil der Personensorge (§ 1631 Abs. 1 BGB) übertragen wird. Nach einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist dem Elternteil die Ausreise mit dem Kind erlaubt (a.A. Staudinger/Rauscher BGB [2006] § 1684 Rdn. 67 f.) und kann die Verbringung des Kindes in das Ausland durch den (insoweit) sorgeberechtigten Elternteil nur unter besonderen Umständen rechtswidrig sein (vgl. BGHSt 44, 355 = FamRZ 1999, 651). Die Zurückweisung des Antrags der Mutter hätte hingegen zur Folge, dass das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht fortbestünde und es beim derzeitigen Zustand verbliebe. Eine Verbringung des Kindes in das Ausland wäre dann rechtswidrig (vgl. auch Staudinger/Pirrung [2009] HKÜ Rdn. D 37; zur Strafbarkeit BGHSt 44, 355 = FamRZ 1999, 651). Das würde erst recht gelten, wenn dem Vater auf seinen Antrag das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen würde.
- 17
- 3. Maßstab der Entscheidung ist nach § 1671 Abs. 1 BGB das Kindeswohl (vgl. Coester Das Kindeswohl als Rechtsbegriff S. 143 ff.).
- 18
- a) Dass die Prüfung an diesem gesetzlichen Maßstab auszurichten ist, wird in der Rechtsprechung und Literatur nicht in Frage gestellt. Für die vorliegende Fallgestaltung der Auswanderung in ein fernes Land ist allerdings umstritten , welches Gewicht den einzelnen Aspekten des Kindeswohls beizumes- sen ist und welche Bedeutung den Elternrechten beider Eltern sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils für die Entscheidung zukommt (vgl. etwa – mit unterschiedlicher Betonung des Umgangsrechts – einerseits Staudinger/Coester BGB [2009] § 1671 Rdn. 211; Johannsen /Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1671 Rdn. 61a; Staudinger /Peschel-Gutzeit 12. Aufl. § 1634 Rdn. 309 ff.; andererseits Staudinger /Rauscher BGB [2006] § 1684 Rdn. 70 ff.; Schwab/Motzer Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. III Rdn. 244, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung ).
- 19
- b) Der Senat hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393 m.N.; vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 435). Die einzelnen Kriterien stehen aber letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393 m.N.).
- 20
- c) Zudem sind die durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechte beider Elternteile zu berücksichtigen (BVerfG FF 2009, 416).
- 21
- Die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist hingegen zunächst nur mittelbar betroffen, indem er dadurch in seiner Freiheit beeinträchtigt wird, auswandern zu können und gleichzeitig im bisherigen Umfang sein Elternrecht wahrzunehmen. Für die Entscheidung sind demnach nicht die allgemeine Handlungsfreiheit des auswande- rungswilligen Elternteils und das Elternrecht des im Inland verbleibenden Elternteils gegeneinander abzuwägen, sondern die beiderseitigen Elternrechte.
- 22
- Allerdings ist die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils gleichwohl bedeutsam, indem sie die tatsächliche Ausgangslage für die Abwägung bestimmt. Denn für die Beurteilung des Kindeswohls und die Abwägung der beiderseitigen Elternrechte ist nicht davon auszugehen, dass der hauptsächlich betreuende Elternteil mit dem Kind im Inland verbleibt, selbst wenn diese Möglichkeit mit dem Kindeswohl am besten zu vereinbaren wäre (a.A. OLG Oldenburg FamRZ 1980, 78). Tatsächlicher Ausgangspunkt muss vielmehr sein, dass der Elternteil seinen Auswanderungswunsch in die Tat umsetzt.
- 23
- d) Die Motive des Elternteils für seinen Auswanderungsentschluss stehen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde jedenfalls grundsätzlich nicht zur Überprüfung des Familiengerichts. Es kommt insoweit auch nicht darauf an, ob der Elternteil triftige Gründe anführen kann (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393; ebenso Staudinger /Peschel-Gutzeit BGB 12. Aufl. § 1634 Rdn. 311 m.w.N.; a.A. OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 627 m.w.N.; OLG Köln FamRZ 2006, 1625; OLG München FamRZ 2009, 794 m. Anm. Dollinger).
- 24
- Dementsprechend stehen dem Familiengericht auch keine Möglichkeiten zur Verfügung, die allgemeine Handlungsfreiheit des Elternteils einzuschränken , auch kann dem Elternteil seine Ausreise nicht in zulässiger Weise untersagt werden. Die Befugnisse des Familiengerichts beschränken sich vielmehr auf das Kind, und die Beurteilung hat sich darauf zu konzentrieren, wie sich die Auswanderung auf das Kindeswohl auswirkt. Die Frage, ob der Elternteil triftige Gründe hat auszuwandern, findet demnach nur bei der Beurteilung des Kin- deswohls Berücksichtigung. Verfolgt der Elternteil mit der Übersiedlung etwa (auch) den Zweck, den Kontakt zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu vereiteln, steht die Bindungstoleranz des betreuenden Elternteils und somit seine Erziehungseignung in Frage (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2007, 759, 760; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1671 Rdn. 211). Wenn mit der Auswanderung für das Kind schädliche Folgen verbunden sind, ist wiederum die Erziehungseignung des betreuenden Elternteils in Zweifel zu ziehen und kann sogar ein Entzug des Sorgerechts angebracht sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 – FamRZ 2005, 344 - Beschneidung - und vom 17. Oktober 2007 - XII ZB 42/07 - FamRZ 2008, 45 - Schulpflicht - sowie vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Bei einem ersichtlich unvernünftigen Vorhaben, das mit nicht vertretbaren Risiken für das Kind verbunden ist, ergeben sich schließlich jedenfalls für die Kontinuität und die Qualität der Bindung zum Obhutselternteil nachteilige Folgen, die gegen dessen Erziehungseignung sprechen und bei bestehender Erziehungseignung des anderen Elternteils regelmäßig den Ausschlag dafür geben werden , diesem das Sorgerecht zu übertragen.
- 25
- e) Einer Auswanderung mit dem Kind steht ferner nicht ohne weiteres die gesetzliche Regelung in § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehört. Auch wenn durch die Auswanderung der Umgang zwischen Kind und anderem Elternteil wesentlich erschwert wird, ergibt sich daraus allein weder eine generelle noch eine vermutete Kindeswohlschädlichkeit (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393; a.A. OLG Oldenburg FamRZ 1980, 78; Staudinger/Rauscher [2006] § 1684 Rdn. 70; Schwab/Motzer Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. III Rdn. 244; Motzer FamRZ 2000, 925, 927). Denn bei § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB handelt es sich um die gesetzliche Klarstellung eines einzelnen - wenn auch gewichtigen - Kindeswohlaspekts.
- 26
- Ähnliches gilt für das Wohlverhaltensgebot gemäß § 1684 Abs. 2 BGB. Auch im Hinblick auf § 1684 Abs. 2 BGB kommt der Aufrechterhaltung der Beziehungen zum Umgangselternteil nicht notwendig eine Sperrwirkung für solche Ortsveränderungen zu, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Umgangskontakte führen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393; RGZ 141, 319, 322).
- 27
- Das Bedürfnis des Kindes nach einem intensiven Umgang mit beiden Elternteilen ist vielmehr als Element des Kindeswohls im Rahmen der Entscheidung nach § 1671 BGB oder - bei alleinigem Sorgerecht des auswanderungswilligen Elternteils - bei einer Abänderungsentscheidung nach § 1696 BGB zu berücksichtigen und in die vom Familiengericht zu treffende umfassende Abwägung einzubeziehen. Hierbei sind auch der Umfang der mit der Auswanderung verbundenen Beeinträchtigungen und die Folgen für das Kind und den Elternteil einzubeziehen (vgl. OLG München FamRZ 2009, 794 m. Anm. Dollinger). Welches Gewicht diesen Umständen für die Entscheidung letztlich zukommt, ist eine Frage des Einzelfalls.
- 28
- 4. Die Entscheidung des Familiengerichts ist demnach nicht durch tatsächliche oder rechtliche Vermutungen eingeengt, die im Zweifelsfall den Ausschlag für oder gegen eine Auswanderung mit dem Kind geben könnten. Vielmehr ist die Entscheidung stets aufgrund einer umfassenden Abwägung der im Einzelfall berührten Kindeswohlgesichtspunkte zu treffen. Die Abwägung der für das Kind mit einer bestimmten Sorgerechtslage oder -regelung verbundenen Vor- und Nachteile hat auf der Grundlage der beiden genannten tatsächlichen Alternativen zu erfolgen. Zu fragen ist demnach, ob die Auswanderung mit dem Elternteil oder der Verbleib des Kindes beim weiter im Inland ansässigen Elternteil die für das Kindeswohl bessere Lösung ist.
- 29
- 5. Die Beurteilung des Kindeswohls liegt in der Verantwortung der Tatsachengerichte. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 30
- a) In welchem Umfang vom Familiengericht zur Beurteilung des Kindeswohls Tatsachen zu ermitteln sind, bestimmt sich aufgrund des hier noch anwendbaren - bis Ende August 2009 geltenden - Verfahrensrechts gemäß § 12 FGG (nunmehr § 26 FamFG). Das Gericht hat danach von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben, was auch für das vorliegende Antragsverfahren gilt (Keidel/Schmidt Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 12 FGG Rdn. 55 m.w.N.). Dabei wirken das Elternrecht sowie das staatliche Wächteramt auch auf das Verfahrensrecht und seine Handhabung in Sorgerechtsverfahren ein (BVerfG FamRZ 2009, 1897 Tz. 18 m.w.N.). Erforderlich ist eine alle Umstände des Einzelfalls abwägende Entscheidung. Das Verfahren muss geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (BVerfG FamRZ 2009, 1897 Tz. 18 m.w.N.).
- 31
- b) Der genaue Umfang der erforderlichen Ermittlungen richtet sich nach den im konkreten Fall betroffenen Kindeswohlbelangen. Dazu gehören bei der hier vorliegenden Problemstellung insbesondere die Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen und deren jeweilige Qualität (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 170). Befindet sich das Kind in der Obhut des auswanderungswilligen Elternteils und ist dieser die Hauptbezugsperson des Kindes, ist ferner zu ermitteln, wie sich die veränderte Situation auf den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil auswirkt und in welchem Umfang der Kontakt aufrechterhalten werden kann. Daneben sind das Förderprinzip sowie die Kontinuität des Umfelds und der sonstigen Beziehungen des Kindes zu berücksichtigen. Weiter ist von Bedeutung, in welchem Umfang für das Kind durch die Auswanderung Umstellungen in seiner Lebenssituation verbunden sind und ob die hiermit einhergehenden Anforderungen von dem Kind ohne bleibende Defizite zu bewältigen sind (vgl. KG ZKJ 2009, 211). Der vom Kind geäußerte Wille hat bei kleineren Kindern vornehmlich Erkenntniswert hinsichtlich seiner persönlichen Bindungen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 1078 Tz. 12, 18; FamRZ 2008, 1737, 1738; Senatsbeschluss vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393), ist mit zunehmendem Alter jedoch auch als Ausdruck der Entwicklung des Kindes zu einer eigenständigen Persönlichkeit bedeutsam (§ 1626 Abs. 2 Satz 2 BGB; BVerfG FamRZ 2007, 105, 106; FamRZ 2008, 1737, 1738). Der Kindeswille ist nur insoweit zu berücksichtigen, als er dem Kindeswohl entspricht (BVerfG FamRZ 1981, 124, 126 f. und FamRZ 2008, 1737, 1738). Schließlich ist in tatsächlicher Hinsicht in Rechnung zu stellen, dass ein durch einen Elternteil maßgeblich beeinflusster Kindeswille nicht beachtlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 170).
- 32
- c) Zur Berücksichtigung des Willens des Kindes und seiner Interessen sieht das Gesetz die Bestellung eines Verfahrenspflegers vor (§ 50 FGG; nunmehr : Verfahrensbeistand, § 158 FamFG). Die Einrichtung der Verfahrenspflegschaft ist Ausdruck der Subjektstellung des Kindes in seiner Individualität als Grundrechtsträger (BVerfG FamRZ 2007, 1078 Tz. 10 m.w.N.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 86; Willutzki ZKJ 2009, 237). Sie soll in Fällen eines Inte- ressenkonflikts zwischen Kind und Eltern insbesondere die einseitige Vertretung der Interessen des Kindes ermöglichen und unterscheidet sich insofern von dem Aufgabenkreis des Familiengerichts und der weiteren Beteiligten (BTDrucks. 13/4899 S. 129 f.). Die Verfahrenspflegschaft trägt auch dem Umstand Rechnung, dass Scheidungskinder sich oftmals in einer verunsicherten psychischen Situation befinden (Arntzen Elterliche Sorge und Umgang mit Kindern 2. Aufl. S. 12) und ein Verfahrenspfleger das Kind durch die Vertretung seiner Interessen gegenüber dem Familiengericht entlasten kann.
- 33
- Das Familiengericht hat dem Verfahrenspfleger durch die Gestaltung des Verfahrens zu ermöglichen, seine Funktion sinnvoll wahrzunehmen und zu den die Interessen und den Willen des Kindes betreffenden Tatsachen und den diesbezüglichen Ermittlungen des Familiengerichts umfassend Stellung zu nehmen. Diese Notwendigkeit wird in Fällen der hier vorliegenden Art besonders deutlich. Denn der Auswanderungswunsch geht regelmäßig auf die Interessen und Neigungen des Elternteils zurück, die sich mit denen des Kindes nicht ohne weiteres decken müssen.
- 34
- d) Um schließlich eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen, kann es insbesondere bei Entscheidungen von großer Tragweite ferner erforderlich sein, ein psychologisches Sachverständigen-Gutachten einzuholen, das etwa zur Qualität der Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen und zu den in Betracht kommenden familiengerichtlichen Maßnahmen näheren Aufschluss geben kann (vgl. BVerfG FamRZ 2009, 1897, 1899).
- 35
- 6. Das Oberlandesgericht hat seine Feststellungen zum Willen des Kindes und seinen Interessen nicht verfahrensfehlerfrei getroffen. Gleiches gilt für die in Betracht kommende Alternative eines Wechsels des Kindes zum Vater.
- 36
- a) Zutreffend ist der vom Oberlandesgericht für die Abwägung der verschiedenen Kindeswohlbelange im Rahmen von § 1671 Abs. 1, 2 BGB gewählte rechtliche Ausgangspunkt. Das Oberlandesgericht hat - anders als das Amtsgericht - zu Recht nicht auf die Möglichkeit abgestellt, dass die Mutter mit dem Kind in Deutschland verbleibt. Das gilt auch für den Fall, dass sich die Mutter, wenn ihr die Auswanderung gemeinsam mit dem Kind verwehrt wäre, für einen Verbleib in Deutschland entschließen würde und dies wiederum dem Kindeswohl im Ergebnis am besten entspräche. Insoweit ist vielmehr - wie ausgeführt - von dem Fall auszugehen, dass die Mutter ihren Auswanderungsplan verwirklicht , und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob es dem Kindeswohl besser dient, wenn das Kind mit der Mutter nach Mexiko übersiedelt oder aber beim Vater im Inland bleibt.
- 37
- Der Auswanderungswunsch der Mutter ist - wie ausgeführt - grundsätzlich zu respektieren und unterliegt als ihre persönliche Lebensentscheidung nicht der Überprüfung durch das Familiengericht. Es kommt daher insbesondere nicht darauf an, ob sie etwa in ihr Heimatland zurückkehrt, ob sie aus beruflichen Gründen zu einer Übersiedlung in das Ausland gezwungen ist oder ob sie mit ihrem neuen Partner verheiratet ist. Dass die Lebensentscheidung der Mutter als solche für das Kind nachteilige Folgen hat, ist vom Oberlandesgericht trotz der vom Vater gehegten Befürchtungen frei von Verfahrensfehlern verneint worden.
- 38
- Die Entscheidung der Mutter, nach Mexiko auszuwandern, entspricht dennoch nicht notwendig dem Kindeswohl am besten und setzt sich auch nicht ohne weiteres gegen das Elternrecht des Vaters durch. Entscheidend ist vielmehr , welche Alternative dem Kindeswohl besser dient und wie die im Einklang mit dem Kindeswohl auszuübenden Elternrechte beider Eltern zu einem schonenden Ausgleich zu bringen sind.
- 39
- b) Das Oberlandesgericht hat den Willen, die Neigungen und die Bindungen des Kindes nicht genügend aufgeklärt, indem es das betroffene Kind nicht durch den gesamten Senat angehört hat.
- 40
- Zwar muss im Ausgangspunkt dem erkennenden Gericht die Entscheidung darüber vorbehalten sein, welchen Weg es innerhalb der ihm vorgegebenen Verfahrensordnung für geeignet hält, um zu den für seine Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen (BVerfG FamRZ 1981, 124, 126 f.). Nach der Rechtsprechung des Senats darf die Anhörung nach §§ 50 a, 50 b FGG grundsätzlich einem Mitglied des Beschwerdegerichts als beauftragtem Richter überlassen werden. Das gilt allerdings nur mit der einschränkenden Maßgabe, dass die Anhörung nur in ihrem objektiven Ertrag und als persönlicher Eindruck des beauftragten Richters verwertet werden darf (Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 172). Ist es dagegen - wie gerade in Sorgerechtsangelegenheiten häufig - angezeigt, dass sich das erkennende Gericht als solches einen persönlichen Eindruck verschafft , reicht die Anhörung durch den beauftragten Richter nicht aus und muss die Anhörung gegebenenfalls vor dem vollbesetzten Beschwerdegericht wiederholt werden (Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 172).
- 41
- Die Anhörung des Kindes ist gemessen an diesen Maßstäben hier zu Unrecht allein vom Berichterstatter des Oberlandesgerichts durchgeführt worden. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass in den Gründen des angefochtenen Beschlusses mehrfach auf den persönlichen Eindruck von dem Kind abgestellt worden ist und demnach davon auszugehen ist, dass es dem Oberlandesgericht darauf ankam. Dass die weiteren Mitglieder des Spruchkörpers zeitweise anwesend waren, ist nicht ausreichend. Im Übrigen stimmen aber auch die bei der Anhörung des Kindes und der Eltern anwesenden Senatsmitglieder nicht vollständig mit den Richtern überein, die den angefochtenen Beschluss erlassen haben. Anstelle des an der Anhörung der Eltern mitwirkenden Vorsitzenden Richters O. ist dort die Richterin Dr. M. aufgeführt. Das führt zwar nicht ohne weiteres zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil der Beschluss entgegen seiner Eingangsformulierung nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist. Der Beschluss beruht indessen auf einer unzureichenden Sachaufklärung durch den schließlich entscheidenden Senat.
- 42
- c) Auch die weitere von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge , dass das Oberlandesgericht die Verfahrenspflegerin nicht zu der Anhörung des betroffenen Kindes hinzugezogen hat, ist begründet.
- 43
- Zwar ist auch insoweit jedenfalls im Ausgangspunkt dem erkennenden Richter die Entscheidung darüber vorbehalten, welchen Weg er für geeignet hält, um zu den für seine Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen. Er hat bei seiner Verfahrensgestaltung aber die Besonderheiten zu beachten , die sich aus der gesetzlichen Funktion des Verfahrenspflegers ergeben.
- 44
- Ob der gerichtlich bestellte Verfahrenspfleger bei der Anhörung des Kindes zugegen sein muss, war unter der Geltung des hier noch anwendbaren Verfahrensrechts gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Nach dem seit September 2009 geltenden Verfahrensrecht soll die persönliche Anhörung in Anwesenheit des Verfahrensbeistands stattfinden (§ 159 Abs. 4 Satz 3 FamFG). Auch aufgrund des bis August 2009 geltenden Verfahrensrechts hatte der Verfahrenspfleger grundsätzlich das Recht, bei der Kindesanhörung anwesend zu sein, und war dementsprechend vom Familiengericht zur Kindesanhörung zu laden (OLG Bremen FamRZ 2000, 1298; KG FamRZ 2000, 1300; Keidel /Engelhardt Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 50 Rdn. 16; FamRefK /Maurer § 50 FGG Rdn. 9; vgl. Hohmann-Dennhardt ZfJ 2001, 77, 80).
- 45
- Das Familiengericht kann allerdings von der Hinzuziehung des Verfahrenspflegers ausnahmsweise absehen, wenn dies im Einzelfall aus Gründen einer besseren Sachaufklärung geboten ist. Ob es den Verfahrenspfleger zu der Anhörung lädt oder ob es hiervon ausnahmsweise absieht, hat das Familiengericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist aber in jedem Fall zu beachten, dass es dem Verfahrenspfleger möglich sein muss, seine gesetzliche Aufgabe, dem Willen und den Interessen des Kindes Geltung zu verschaffen, sinnvoll zu erfüllen. Das gilt vor allem dann, wenn der Wille des Kindes und seine Interessen einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Entscheidung darstellen, was schon in Anbetracht der Bestellungsvoraussetzungen nach § 50 FGG (nunmehr § 158 FamFG) in der Regel der Fall ist.
- 46
- Gemessen daran durfte das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall jedenfalls mit der von ihm gegebenen Begründung nicht von einer Teilnahme der Verfahrenspflegerin an der Kindesanhörung absehen. Nach den Gründen des angefochtenen Beschlusses erfolgte die Kindesanhörung "ohne Beisein Dritter", insbesondere ohne Anwesenheit der Verfahrensbevollmächtigten, um das Ziel der Kindesanhörung zu erreichen, nämlich einen echten Eindruck von dem Kind, dessen Neigungen und Bindungen zu erhalten.
- 47
- Das reicht zur Begründung nicht aus und stellt sich im Ergebnis als ermessensfehlerhaft dar. Das betroffene Kind war bei der Anhörung vor dem Oberlandesgericht sieben Jahre alt. Es hat ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses den Eindruck eines aufgeweckten und überdurchschnittlich intelligenten Kindes gemacht. Dass die Anwesenheit der Verfahrenspflegerin den Berichterstatter des Oberlandesgerichts daran gehindert hätte, einen echten Eindruck von dem Kind, dessen Neigungen und Bindungen zu erhalten, ist demnach nicht nachvollziehbar. Auch in Anwesenheit des Verfahrenspflegers lässt sich durch die Gestaltung der Anhörung bewerk- stelligen, dass das Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind erhält. Insbesondere unterliegt es der Verfahrensgestaltung des Gerichts, ob und wann etwa Fragen des Verfahrenspflegers an das Kind zugelassen werden. Allein aus der Anwesenheit des Verfahrenspflegers ergibt sich noch keine die Unvoreingenommenheit des Kindes beeinträchtigende Wirkung.
- 48
- Der Verfahrenspfleger ist nicht mit den vom Oberlandesgericht weiter aufgeführten "Dritten" vergleichbar und nimmt insbesondere keine den Eltern und deren Verfahrensbevollmächtigten vergleichbare Stellung ein. Anders als die Eltern, deren Interessen mit denen des Kindes nicht ohne weiteres im Einklang stehen und deren Anwesenheit das Kind regelmäßig beeinflussen wird, ist der Verfahrenspfleger gerade gesetzlich vorgesehen, um ausschließlich die Interessen des Kindes wahrzunehmen. Er ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anhörung in der Regel mit dem Kind bereits bekannt, so dass seine Anwesenheit das Kind nicht vor zusätzliche Anforderungen stellt. Vielmehr kann die Anwesenheit des Verfahrenspflegers das Kind in der Anhörungssituation entlasten und dem Gericht den Zugang zum Kind erleichtern.
- 49
- Der vorliegende Fall belegt die Notwendigkeit einer Hinzuziehung des Verfahrenspflegers zu der Kindesanhörung. Das betroffene Kind hat sich in erster Instanz gegen eine Übersiedlung nach Mexiko ausgesprochen und dies gegenüber dem Amtsgericht, dem Jugendamt und der Verfahrenspflegerin zum Ausdruck gebracht. Demgegenüber hat es sich erstmals in der Anhörung durch den Berichterstatter des Oberlandesgerichts mit einem probeweisen Umzug nach Mexiko einverstanden erklärt, was für das Oberlandesgericht einen wesentlichen Grund für die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter dargestellt hat. Indem die Verfahrenspflegerin von dieser Willensänderung des Kindes ausgeschlossen worden ist, war sie nicht in der Lage, die Kindesinteressen gegenüber dem Gericht umfassend wahrzunehmen. Sie konnte sich kein Bild von der Anhörungssituation, den Fragen des Richters und den Antworten des Kindes machen und war demnach nicht imstande, ihre Aufgabe sinnvoll zu erfüllen.
- 50
- Da sich eine Hinzuziehung der Verfahrenspflegerin schließlich nicht durch die Mitteilung des Anhörungsprotokolls ersetzen lässt, hätte das Oberlandesgericht der Verfahrenspflegerin notfalls in einem weiteren Anhörungstermin Gelegenheit geben müssen, an der Kindesanhörung teilzunehmen. Hinzu kommt, dass die Stellungnahmen des Jugendamtes wie auch der Verfahrenspflegerin in den Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden haben. Dass das Jugendamt und die Verfahrenspflegerin - wie das Amtsgericht - zu Unrecht als weitere mögliche Option auch den Verbleib der Mutter mit dem Kind in Deutschland einbezogen und auf dieser Grundlage ihre Stellungnahmen abgegeben haben, hätte das Oberlandesgericht durch einen entsprechenden rechtlichen Hinweis aufklären können und müssen. Keinesfalls durften die Stellungnahmen etwa wegen des unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunktes bei der Begründung vollständig außer Acht gelassen werden.
- 51
- d) Die Rechtsbeschwerde rügt ebenfalls mit Recht, dass die Möglichkeiten des Vaters, alternativ zur Betreuung des Kindes zur Verfügung zu stehen, nicht hinreichend aufgeklärt worden sind. Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, dass der Vater beruflich stark beansprucht sei. Dass er dadurch an der persönlichen Betreuung des Kindes gehindert wäre und auf die Hilfe Dritter angewiesen sei, lässt sich den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen indessen nicht entnehmen. Der Vater wohnt in der Nähe der Schule. Das Kind besucht eine Ganztagsgrundschule. Der Vater ist selbständig tätig, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern er durch seine Berufstätigkeit gehindert wäre, sich um die Tochter zu kümmern. Das gilt erst recht im Hinblick auf die ebenfalls ungeklärte Frage, in welchem konkreten Umfang die Mutter im Fall der Auswanderung und der Verwirklichung ihrer beruflichen Planung in Mexiko zur persönlichen Betreuung des Kindes zur Verfügung stünde.
- 52
- e) Schließlich ist auch die Rüge begründet, dass das Oberlandesgericht das Zustandekommen einer Vereinbarung über Umgangskontakte nach der Auswanderung festgestellt hat. Für eine solche Feststellung fehlt es an einer nachprüfbaren Grundlage. Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, waren sich die Eltern zwar in wesentlichen Punkten einig. Aus ihren Schriftsätzen ergibt sich hingegen auch, dass die Eltern zu der für sie wesentlichen Frage, wer die Flugkosten zu tragen hat, noch keine Einigung erzielen konnten.
- 53
- Ob die Eltern eine verbindliche Elternvereinbarung getroffen haben, ist nicht zuletzt für die Berücksichtigung des Umgangsaspekts nach § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB wichtig und gewinnt dadurch an Bedeutung, dass der Geltendmachung und Durchsetzung des Umgangsrechts nach der Auswanderung rechtliche und tatsächliche Grenzen gesetzt sind. Dass die Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorgreiflich ist, stellt keinen Hinderungsgrund dar. Denn die Umgangsvereinbarung hätte unter der Bedingung geschlossen werden können, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen wird (vgl. Hammer Elternvereinbarungen im Sorge- und Umgangsrecht S. 80 f.).
III.
- 54
- Die aufgezeigten Verfahrensfehler führen zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Dem Senat ist eine eigene Sachentscheidung verwehrt, weil noch tatrichterliche Feststellungen nachzuholen sind.
IV.
- 55
- Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach einer nicht vermeidbaren erneuten Anhörung des Kindes in Anwesenheit der Verfahrenspflegerin und der ebenfalls zu wiederholenden Anhörung seiner Eltern vornehmlich die Bindungen des Kindes zu würdigen sind. Bei der Abwägung sind auch die durch das neue Lebensumfeld in Mexiko vielfältig geänderten Lebensumstände des Kindes zu beachten. Diese Aspekte sind unter verstärkter Berücksichtigung des weiter aufzuklärenden Willens und der Interessen des Kindes in die Würdigung einzubeziehen. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen , dass unter ihrer Berücksichtigung ein Wechsel zum im Inland verbleibenden Vater die für das Kind günstigere Alternative wäre, wie sie insbesondere bei annähernd gleich starker Bindung zu beiden Elternteilen in Betracht kommt (vgl. KG ZKJ 2009, 211). Sollte schließlich eine stärkere Bindung des Kindes zur Mutter den Ausschlag geben, wird darauf hinzuwirken sein, dass eine verbindliche Umgangsregelung getroffen wird.
Vorinstanzen:
AG Starnberg, Entscheidung vom 19.11.2008 - 2 F 678/08 -
OLG München, Entscheidung vom 09.04.2009 - 2 UF 1818/08 -
(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,
- 1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie - 2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.
(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.
(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass
- 1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen, - 2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie - 3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.