Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 05. Dez. 2016 - 3 Ws 48/16 Vollz

bei uns veröffentlicht am05.12.2016

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 7 als Strafvollstreckungskammer - vom 20. Oktober 2016 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert wird auf 287,37 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Sicherungsverwahrter in der JVA F., wo er gemäß § 34 Abs. 1 HmbSVVollzG freiwillig in der Fertigung arbeitet. Im August 2016 kam es aus Gründen, die er nicht zu vertreten hatte, zu erheblichen Arbeitsausfällen. Der Beschwerdeführer verlangt von der JVA für die Ausfallzeiten die Zahlung von Arbeitsentgelt. Die JVA hat die Zahlung mangels Rechtsgrundlage abgelehnt.

2

Das Landgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit der Begründung abgewiesen, dem Beschwerdeführer stünde als Sicherungsverwahrtem ein Entgeltanspruch gemäß § 36 Abs. 1 HmbSVVollzG nur bei tatsächlicher Ausübung einer Arbeit zu.

3

Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, den landgerichtlichen Beschluss aufzuheben und die JVA zu verpflichten, ihm für die Ausfallzeiten ein Arbeitsentgelt zu zahlen. Er sieht sich in seinen Rechten aus § 36 HmbSVVollzG, §§ 1 und 2 HmbVollzVergO sowie Art. 3 GG verletzt. Sicherungsverwahrte dürften nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz möglichst nicht schlechter stehen als Personen in Freiheit, denen bei unverschuldetem Arbeitsausfall ein Lohnfortzahlungsanspruch zustehe.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Entscheidung des Landgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu überprüfen. Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Ausfallentschädigung einer rechtlichen Grundlage entbehrt.

5

1. Sicherungsverwahrten steht für Ausfallzeiten keine Vergütung im Sinne des § 36 Abs. 1 HmbSVVollzG zu. Nach der aufgrund der Ermächtigung in § 39 Satz 1 HmbSVVollzG ergangenen und damit auch auf Sicherungsverwahrte anwendbaren ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 2 S. 2 HmbVollzVergO werden nur tatsächlich geleistete Stunden vergütet. Diese Norm greift nach § 1 Abs. 2 Satz 3 HmbVollzVergO auch ein, wenn - wie im vorliegenden Fall - die wöchentliche Soll-Arbeitszeit aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten in der JVA wie Sicherheitsgründe oder auch Personalmangel unterschritten wird. Es gilt auch für Sicherungsverwahrte der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Ein ursprünglich vom Bundesgesetzgeber in § 45 StVollzG für Strafgefangene vorgesehener Anspruch auf Ausfallentschädigung ist bisher nicht in Kraft getreten. Die Regelung ist durch § 198 Abs. 3 StVollzG bis zur Inkraftsetzung durch ein besonderes Bundesgesetz aus Kostengründen suspendiert (Laubenthal Strafvollzug 7. Aufl. Rn. 459). Daraus ist vom KG Berlin - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 198 Abs. 3 StVollzG - zutreffend geschlossen worden, dass bis zur Inkraftsetzung von § 45 StVollzG kein Anspruch auf Ausfallentschädigung von Strafgefangenen in Betracht kommt (KG Berlin, Beschluss vom 18. Januar 2005 - 5 Ws 681/04 Vollz, zitiert nach juris; KG Berlin Beschluss vom 9. Dezember 1988 - 5 Ws 358/88 Vollz, NStZ 1989, S. 197f). Der Landesgesetzgeber in Hamburg hat im HmbSVVollzG von vornherein keine Ausfallentschädigung vorgesehen. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung steht Untergebrachten mithin ausschließlich im Falle einer Freistellung nach § 35 Abs. 2 HmbSVVollzG zu. Überdies werden Zeiträume, in denen Gefangene und Untergebrachte unverschuldet an ihrer Arbeitsleistung gehindert waren, unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 HmbVollzVergO bei der Berechnung der Höhe des Grundlohns berücksichtigt. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.

6

2. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts und des Arbeitsrechts mit den daraus herzuleitenden Ansprüchen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf Lohnfortzahlung bei Arbeitsausfall aus Gründen, die im Risikobereich des Arbeitgebers liegen, finden auf Sicherungsverwahrte keine Anwendung. Auch wenn Sicherungsverwahrte - anders als Strafgefangene - nach § 34 Abs. 1 Satz 3 HmbSVVollzG nicht zur Arbeit verpflichtet sind, kommt kein Arbeitsvertrag mit der Anstalt zustande. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 18. September 2015 (3 Ws 79/15 Vollz, juris) ausgeführt hat, beruht weder das mit Sicherungsverwahrten noch das mit Strafgefangenen begründete Beschäftigungsverhältnis auf einem freien Austausch von Lohn und Arbeit, wie etwa bei „freien“ Arbeitsverträgen gemäß § 34 Abs. 4 HmbSVVollzG mit auswärtigen Unternehmen. Vielmehr ist die Anstalt nach § 34 Abs. 1 Satz 2 HmbSVVollzG verpflichtet, Arbeitsangebote für Sicherungsverwahrte vorzuhalten. Die Beschäftigung nach § 34 Abs. 1 HmbSVVollzG ist damit Ausdruck des öffentlich-rechtlichen Status, in dem der Untergebrachte sich befindet. Eine entsprechende Anwendung arbeitsrechtlicher Normen kommt unter diesen Umständen allenfalls in Betracht, wenn das StVollzG bzw. das HmbSVVollzG insoweit eine Regelungslücke aufweisen würde (vgl. AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, Vor § 37 StVollzG Rn. 33). Das ist wie oben dargelegt jedoch nicht der Fall.

7

3. Es besteht keine Veranlassung, die Vergütungsregelung in § 36 HmbSVVollzG verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie entgegen dem Willen des Gesetzgebers auch Entgeltansprüche für tatsächlich nicht geleistete Arbeit gewährt. Insbesondere verstößt die Versagung eines Anspruchs auf Ausfallentschädigung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist allgemein anerkannt, dass die Arbeit im Strafvollzug öffentlich-rechtlicher Natur ist, die Gefangenen nicht Arbeitnehmer sind und zwischen den Gefangenen und der Anstalt kein Arbeitsvertrag geschlossen wird (Arloth, Strafvollzugsgesetze, 3. Aufl. 2011, § 37 StVollzG Rn. 6; AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, Vor § 37 StVollzG Rn. 30 jeweils m.w.N.). Auch dient die Vergütung der Arbeit im Strafvollzug nicht der Schaffung einer Lebensgrundlage, sondern dem Resozialisierungsziel, den Insassen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortliches und straffreies Leben sowie eine angemessene Bestätigung für die geleistete Arbeit zu vermitteln (BVerfG, Urteil vom 1. Juli 1998 2 BvR 441/90, 2 BvR 493/90, 3 BvR 618/92, 2 BvR 212/93, 2 BvL 17/94 - BVerfGE 98, 169-218). Diese Umstände gelten auch für Sicherungsverwahrte. Insbesondere stellt die Anstalt Untergebrachten im Gegensatz zu einem privatrechtlichen Arbeitgeber u.a. Unterkunft, Verpflegung sowie ärztliche Versorgung kostenlos zur Verfügung. Auch ist die Arbeit in der JVA im Gegensatz zur freien Wirtschaft Einschränkungen ausgesetzt, die die Rentabilität verringern, wie etwa ein vollzugsbedingter häufiger Wechsel von Arbeitskräften, der Einsatz von Insassen an berufsfremden Arbeitsplätzen oder die Durchführung von Behandlungsmaßnahmen während der Arbeitszeit. Der Senat hat daher bereits mit Beschluss vom 18. September 2015 (3 Ws 79/15 Vollz, juris; vgl. auch Senat, Beschluss vom 15 Juli 2015 - 3 Ws 59/15 Vollz, juris) entschieden, dass die Nichtanwendung des Mindestlohngesetzes auf Sicherungsverwahrte keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz begründet, da die Gewährung eines Mindestlohns zu einer unangemessenen Besserstellung des Sicherungsverwahrten gegenüber einem Beschäftigten in Freiheit führen würde. Entsprechendes gilt für die Versagung eines Anspruchs auf Ausfallentschädigung.

8

4. Soweit der Beschwerdeführer Ausführungen dazu macht, weshalb seine Nichtbeschäftigung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung mit Insassen der Anstalt darstelle, die während Ausfallzeiten in ihren Betrieben am 17. und 19. Oktober 2016 in seinem Betrieb gearbeitet hätten, kann er damit im Rahmen der von ihm erhobenen Sachrüge nicht gehört werden. Die erstmals mit Schreiben seiner Rechtsanwältin vom 17.10.2016 angesprochene Ungleichbehandlung ist nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses und hätte daher mit einer Verfahrensrüge in Gestalt einer Aufklärungsrüge geltend gemacht werden müssen.

III.

9

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO, die Festsetzung des Gegenstandswerts aus §§ 52 Abs. 3, 60 GKG.

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Referenzen - Gesetze

Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 05. Dez. 2016 - 3 Ws 48/16 Vollz zitiert 9 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 116 Rechtsbeschwerde


(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. (2) Die Re

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 121 Kosten des Verfahrens


(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind. (2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Ver

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 198 Inkrafttreten


(1) Dieses Gesetz tritt unbeschadet der §§ 199 und 201 am 1. Januar 1977 in Kraft, soweit die Absätze 2 und 3 nichts anderes bestimmen. (2)1. Am 1. Januar 1980 treten folgende Vorschriften in Kraft:§ 37- Arbeitszuweisung -§ 39 Abs. 1- Freies Besc

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Dieses Gesetz tritt unbeschadet der §§ 199 und 201 am 1. Januar 1977 in Kraft, soweit die Absätze 2 und 3 nichts anderes bestimmen.

(2)1.Am 1. Januar 1980 treten folgende Vorschriften in Kraft:
§ 37- Arbeitszuweisung -
§ 39 Abs. 1- Freies Beschäftigungsverhältnis -
§ 41 Abs. 2- Zustimmungsbedürftigkeit bei weiterbildenden Maßnahmen -
§ 42- Freistellung von der Arbeitspflicht -
§ 149 Abs. 1- Arbeitsbetriebe, Einrichtungen zur beruflichen Bildung -
§ 162 Abs. 1- Beiräte -.
2.(weggefallen)
3.(weggefallen)
(3)Durch besonderes Bundesgesetz werden die folgenden Vorschriften an inzwischen vorgenommene Gesetzesänderungen angepaßt und in Kraft gesetzt:
§ 41 Abs. 3- Zustimmungsbedürftigkeit bei Beschäftigung in Unternehmerbetrieben -
§ 45- Ausfallentschädigung -
§ 46- Taschengeld -
§ 47- Hausgeld -
§ 49- Unterhaltsbeitrag -
§ 50- Haftkostenbeitrag -
§ 65 Abs. 2 Satz 2- Krankenversicherungsleistungen bei Krankenhausaufenthalt -
§ 93 Abs. 2- Inanspruchnahme des Hausgeldes -
§ 176 Abs. 2 und 3- Ausfallentschädigung und Taschengeld im Jugendstrafvollzug -
§ 189- Verordnung über Kosten -
§ 190 Nr. 1 bis 10 und 13 bis 18, §§ 191 bis 193- Sozialversicherung -.

(4) Über das Inkrafttreten des § 41 Abs. 3 - Zustimmungsbedürftigkeit bei Beschäftigung in Unternehmerbetrieben - wird zum 31. Dezember 1983 und über die Fortgeltung des § 201 Nr. 1 - Unterbringung im offenen Vollzug - wird zum 31. Dezember 1985 befunden.

(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.

(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.

(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.

(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.