Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 20. Nov. 2015 - 32 SA 63/15
Gericht
Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht I.
1
Gründe:
3I.
4Die Sache liegt dem Senat zur Zuständigkeitsbestimmung im Zusammenhang mit einem Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gemäß § 802g ZPO vor.
5Die Gläubigerin hat zur Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid zunächst mit Schreiben vom 09.01.2015 den Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht I mit der Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung beauftragt. Bei Erteilung des Auftrags wohnte die Schuldnerin in I. Der Antrag ist ihr unter dem 24.01.2015 dort zugestellt worden. Ausweislich einer Auskunft aus dem Meldeportal verzog die Schuldnerin zum 01.02.2015 nach Iserlohn.
6Nachdem die Vollstreckungsschuldnerin zu dem anberaumten Termin zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abnahme der eidesstattlichen Versicherung am 17.02.2015 nicht erschienen war, hat die Gläubigerin mit Schreiben vom 09.07.2015 den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gem. § 802g ZPO zunächst vor dem Amtsgericht I2 gestellt. Nach dessen Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit des Amtsgerichts I2 und die Zuständigkeit des Amtsgerichts I hat die Antragstellerin um Weiterleitung an das Amtsgericht I gebeten.
7Das Amtsgericht I2 hat die Sache daraufhin an das Amtsgericht I verwiesen. Das Amtsgericht I hat die Übernahme des Verfahrens unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Amtsgerichts Iserlohn mit Verfügung vom 15.09.2015 abgelehnt und die Akte zurückübersandt. Das Amtsgericht I hat seine Auffassung, das Amtsgericht Iserlohn sei zuständig, auch nach erneuter Übersendung durch das Amtsgericht I2 durch Verfügung vom 05.10.2015 aufrechterhalten.
8Durch Beschluss vom 05.11.2015 hat das Amtsgericht I2 das Oberlandesgericht I gemäß § 36 ZPO ersucht, das zuständige Gericht zu bestimmen.
9II.
101.
11Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
12§ 36 Abs. 1 ZPO ist auch im Einzelvollstreckungsverfahren anwendbar (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 36 ZPO Rn. 23 m.w.N.). Im Hinblick auf die Besonderheiten des Vollstreckungsverfahrens sind der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts I2 und die verbindliche Kompetenzleugnung durch das Amtsgericht I in den Verfügungen vom 15.09.2015 und vom 05.10.2015 ausreichend, eine beiderseitige rechtskräftige Unzuständigerklärung zu begründen.
13Das Oberlandesgericht I ist das nächsthöhere Gericht.
142.
15Zuständig ist das Amtsgericht I.
16a)
17Das folgt schon aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses gemäß § 281 Abs. 2 S. 2 und S. 4 ZPO. § 281 Abs. 2 ZPO ist auch im Vollstreckungsverfahren entsprechend anwendbar (Greger in Zöller, a.a.O., § 281 ZPO Rn. 2). Anhaltspunkte für eine fehlende Bindungswirkung, insbesondere eine objektive Willkür, sind nicht ersichtlich. Die Rechtsauffassung des verweisenden Amtsgerichts I2, zuständig sei im Fall des § 802g ZPO das Gericht, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrags nach § 802e ZPO seinen Wohnsitz hatte, entspricht – soweit ersichtlich - allgemeiner Ansicht (vergleiche Stöber in Zöller, a.a.O., § 802g ZPO Rn. 6; Voit in: Musielak, ZPO, § 802g ZPO Rn. 6, beck-online; Utermark/Fleck in: BeckOK ZPO, 18. Edition, Stand: 01.09.2015, § 802g ZPO Rn. 8 m.w.N.).
18Diese Auffassung ist aus den Gründen des Vorlagebeschlusses auch richtig. Die Anknüpfung der Zuständigkeit an den Zeitpunkt des Auftrags gem. § 802e ZPO hat ferner auch dann zu gelten, wenn – wie vorliegend – der Gläubiger den Antrag auf Erlass des Haftbefehls erst nachträglich gestellt hat und der Schuldner zwischenzeitlich verzogen ist. Denn es handelt sich um ein einheitliches Vollstreckungsverfahren und der Haftbefehl dient allein und unselbständig der Durchsetzung der Verpflichtungen nach § 802c ZPO, die dem Auftrag an den Gerichtsvollzieher zugrundelagen. Für diesen legt § 802e ZPO die fortdauernde Zuständigkeit bei dem Amtsgericht der Auftragserteilung fest.
19b)
20Den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung hat die Gläubigerin im Januar 2015 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt wohnte die Schuldnerin noch in I.
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(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.
(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.
(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.
(1) Für die Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung ist der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat.
(2) Ist der angegangene Gerichtsvollzieher nicht zuständig, so leitet er die Sache auf Antrag des Gläubigers an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter.
(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.
(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.
(1) Für die Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung ist der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat.
(2) Ist der angegangene Gerichtsvollzieher nicht zuständig, so leitet er die Sache auf Antrag des Gläubigers an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter.
(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.
(2) Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:
- 1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat; - 2.
die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten.
(3) Der Schuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 gelten entsprechend.
(1) Für die Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung ist der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat.
(2) Ist der angegangene Gerichtsvollzieher nicht zuständig, so leitet er die Sache auf Antrag des Gläubigers an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter.