Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 06. Aug. 2015 - 32 SA 23/15
Tenor
Zum örtlich zuständigen Gericht wird das Amtsgericht X bestimmt.
1
Gründe:
2I.
3Die in I wohnhaften Kläger und Antragsteller waren Mieter der Wohnung L-Straße in I. Die Beklagten und Antragsgegner waren deren Vermieter und sind Miteigentümer der Wohnung. Der Antragsgegner zu 1) hat seinen Wohnsitz in I, der Antragsgegner zu 2) wohnt in C.
4Bei Übergabe der Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses am 30.11.2013 war die Duschkabine der Wohnung beschädigt. Nach dem Vortrag der Antragsteller beauftragten die Antragsgegner die Antragsteller, die Duschkabine auszutauschen. Gleichzeitig erklärten die Antragsteller, den Schaden ihrer Haftpflichtversicherung melden und über diese regulieren zu wollen. Mit der Klage nehmen die Antragsteller die Antragsgegner in der Hauptsache als Gesamtschuldner in Höhe des für den Ersatz der Duschkabine sowie weitere Reparaturarbeiten an der Dusche gezahlten Betrags abzüglich des Betrags in Anspruch, der ihnen von der Haftpflichtversicherung ersetzt wurde.
5Das Amtsgericht X hat die Antragsteller auf die zunächst nur gegen den Antragsgegner zu 1) erhobene Klage durch Schreiben vom 12.01.2015 darauf hingewiesen, dass es unzuständig sein dürfte, da keine Ansprüche aus dem Mietvertrag behauptet würden. Die Antragsteller haben daraufhin die Klage gegen den Antragsgegner zu 2) erweitert und ihre bereits in der Klageschrift geäußerte Auffassung vertieft, das Amtsgericht X sei gemäß § 29a ZPO zuständig, da die Vorschrift weit auszulegen sei.
6Die Antragsgegner halten § 29a ZPO nicht für anwendbar und wünschen, dass insgesamt der Gerichtsstand des Antragsgegners zu 2) gelten solle.
7Das Amtsgericht X hat das Verfahren auf den Antrag der Antragsteller gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur Bestimmung des Gerichtsstands vorgelegt.
8II.
91.
10Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zur Bestimmung des Gerichtsstands berufen, da das nächsthöhere Gericht für die beiden in Betracht kommenden Gerichtsstände in X und C der Bundesgerichtshof und das Amtsgericht X das zunächst mit der Sache befasste Gericht ist.
112.
12Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.
13a)
14Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand in verschiedenen Gerichtsbezirken, der Antragsgegner zu 1) gemäß den § 12, 13 ZPO in C, der Antragsgegner zu 2) gemäß den §§ 12, 13 ZPO in X.
15b)
16Auch wenn nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO („verklagt werden sollen“) ein Antrag auf Bestimmung des gemeinsamen Gerichts vor Klageerhebung gestellt werden muss, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch noch nach Klageerhebung zulässig (st. Rspr., z.B. BGH, Urteil vom 13.04.1951 - I ARZ 87/51, juris; BGH, Beschl. v. 03.05.2011 − X ARZ 101/11. Rn. 16, juris; Senat, Beschluss vom 14.04.2014 - 32 SA 14/14, Rn. 9, juris). Der Sonderfall, dass ein Kläger mehrere Beklagte bereits in getrennten Prozessen vor unterschiedlichen Gerichten verklagt hat und das Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung nunmehr als „Vehikel“ zur Verbindung der Verfahren betreibt (vgl. BGH, Beschluss v. 23.02.2011 − X ARZ 388/10, NJW-RR 2011, 929) liegt nicht vor. Gesichtspunkte, die den Antrag mit Rücksicht auf das fortgeschrittene Verfahren als nicht mehr zulässig erscheinen lassen könnten (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 07.10.1977 - I ARZ 513/77, NJW 1978, 321) sind ebenfalls nicht erkennbar.
17c)
18Die Antragsgegner sollen als Streitgenossen im Sinne der §§ 59 ff. ZPO verklagt werden.
19Maßgeblich ist insoweit der Vortrag der Antragsteller, aus dem sich die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft schlüssig ergeben müssen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage 2014, § 36 ZPO Rn. 18 m.w.N). Danach sind die Antragsgegner gesamtschuldnerisch als Auftraggeber gemeinsam zum Ersatz der getätigten Aufwendungen oder als Miteigentümer zur Herausgabe der erlangten ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
20d)
21Es kann offen bleiben, ob sich für die Antragsgegner ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand gemäß § 29a ZPO in X zuverlässig feststellen lässt, weil der geltend gemachte Anspruch ein Anspruch aus einem Mietverhältnis über Räume ist. Zwar ist § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in der Regel nur anwendbar, wenn für mehrere als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand zu verklagende Personen kein gemeinschaftlicher allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand im Inland gegeben ist (Zöller/Vollkommer, aaO., § 36 ZPO Rn. 15). Jedenfalls aus prozessökonomischen Gründen ist eine Bestimmung des zuständigen Gerichts aber auch dann geboten, wenn das Gericht des gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstands bereits erhebliche Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert hat (st. Rspr., z.B. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 10.11.2003 – 1Z AR 114/03 , Rn. 4, juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12.04.2007 – 2 W 66/07, Rn. 4, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 07.01.2013 - 32 SA 125/12, Rn. 6, juris; Zöller/Vollkommer, aaO.). Das ist angesichts des Hinweises des Amtsgerichts X vom 12.01.2015 der Fall.
223.
23Als zuständig wird das Amtsgericht X bestimmt. Das Amtsgericht X ist insgesamt gemäß § 29a ZPO (ausschließlich) zuständig, da die Mietwohnung im dortigen Gerichtsbezirk liegt. Es wäre auch nach den im Rahmen des § 36 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu berücksichtigenden Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO., § 36 ZPO Rn. 18 m.w.N.) als zuständig zu bestimmen, wenn der Gerichtsstand nicht aus § 29a ZPO herzuleiten wäre. Im Bezirk des Amtsgerichts X liegt die Wohnung, in der der Schaden eingetreten ist und in der die fragliche Abrede zur Schadensbeseitigung getroffen worden ist. Hier hat der Antragsgegner zu 2., der neben dem Antragsgegner zu 1. Vermieter der Wohnung war und nach dem Vortrag der Antragsteller an der Abrede über den Ersatz der Duschwand beteiligt gewesen ist, seinen Wohnsitz. Dort wohnen dort auch die Antragsteller. Schließlich ist das Amtsgericht X bereits mit der Sache befasst. Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsgegner zu 2. eine Verteidigung vor dem Amtsgericht X nicht zuzumuten wäre, sind nicht ersichtlich.
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(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Art handelt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.
Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Tenor
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung.
Der Wert für das Verfahren der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung wird auf 47.980,90 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2A.
3Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma T GmbH von den Beklagten als Gesamtschuldner die Erstattung von Zahlungen aus Geschäftsführerhaftung i.H.v. 239.544,49 € nebst Zinsen. Die Beklagte zu 1. war alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin. Den Beklagten zu 2. nimmt der Kläger als faktischen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin in Anspruch.
4Auf Antrag des Klägers sind gegen beide Beklagte zunächst Mahnbescheide durch das Amtsgericht I –Mahnabteilung - erlassen worden.
5Nach Eingang des Widerspruchs der Beklagten zu 1. hat das Amtsgericht I das gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Verfahren an das Landgericht E abgegeben, welches der Kläger im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids als Prozessgericht im Falle des Widerspruchs benannt hatte. Dort ist die Akte am 12.08.2013 eingegangen. Der Kläger hat seinen Anspruch mit Schriftsatz vom 22.11.2013 begründet.
6Nach Eingang des Widerspruchs des Beklagten zu 2. hat das Amtsgericht I das gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Verfahren an das Landgericht C abgegeben, welches der Kläger im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids als Prozessgericht im Falle des Widerspruchs benannt hatte. Dort ist die Akte am 08.08.2013 eingegangen. Der Kläger hat seinen Anspruch mit Schriftsatz vom 13.09.2013 begründet. Am 16.12.2013 wurde vor dem Landgericht C bereits mündlich verhandelt.
7Der Kläger beabsichtigt, beide Beklagte als Streitgenossen in einem Prozess in Anspruch zu nehmen. Mit Antragsschrift vom 04.02.2014 beantragt er daher, das zuständige Gericht zu bestimmen. Er regt an, das Landgericht C als das gemeinsam zuständige Gericht zu bestimmen.
8B.
9Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen aufgrund des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums nicht vor.
10I.
11Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht im Verhältnis zu den in Betracht kommenden Landgerichten in E und C zur Entscheidung über das Gesuch um gerichtliche Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.
12II.
13Einer Zuständigkeitsbestimmung steht jedoch entgegen, dass auf Veranlassung des Klägers bereits beide Verfahren vom Mahngericht an verschiedene Prozessgerichte abgegeben wurden und der Kläger seine Ansprüche gegenüber beiden Streitgerichten begründet hat, ohne zugleich auf eine Zuständigkeitsbestimmung hinzuwirken.
141.
15Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt über den Wortlaut der Vorschrift („verklagt werden sollen“) grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage anhängig ist, weil die Bestimmung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht und es im Interesse der Parteien liegen kann, bei einer von vornherein gegen mehrere Beklagte (mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen) gerichteten Klage auch noch nach Klageerhebung ein für alle Beklagten zuständiges Gericht zu bestimmen, um die Entscheidung des Rechtsstreits durch ein einziges Gericht herbeizuführen (BGH NJW 1978, 321; NJW-RR 2011, 929, Tz. 7).
16Zulässig ist die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands im Interesse der Prozessökonomie deshalb, wenn der Antragsteller bereits mehrere Beklagte vor einem Gericht verklagt hat und einzelne davon die Unzuständigkeit dieses Gerichts geltend gemacht haben (BGH NJW 1984, 739).
17Auch bei vorheriger gemeinsamer Inanspruchnahme der Beklagten im Wege des Mahnverfahrens schließt die Abgabe der Verfahren durch das Mahngericht an die für das Streitverfahren zuständigen Gerichte trotz Begründung der Rechtshängigkeit dort nicht von vornherein eine Gerichtsstandsbestimmung aus. Der Bundesgerichtshof hat daher eine Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch in einem Fall vorgenommen, in dem ein gegen mehrere Antragsgegner eingeleitetes Mahnverfahren nach Widerspruch zunächst an verschiedene Gerichte abgegeben worden war (BGH NJW 1978, 1982; zustimmend Musielak/Voit, ZPO, 11. Aufl., § 696, Rn. 3; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 696 ZPO Rn 10).
182.
19Gleichwohl können sich im Einzelfall aufgrund des konkreten Verfahrensstandes Einschränkungen ergeben, die der nachträglichen Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegenstehen.
20Die Bestimmung des zuständigen Gerichts ist etwa dann abzulehnen, wenn auf Grund des Standes des Prozesses die Bestimmung eines anderen als mit der Klageerhebung angerufenen Gerichts aus Gründen der Prozessökonomie praktisch ausscheidet und damit dem übergeordneten Gericht im Ergebnis keine Wahlmöglichkeit bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verbleibt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn in dem anhängigen Prozess bereits eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist oder gegen einen Beklagten eine Sachentscheidung ergangen ist (BGH NJW 1978, 321; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 36 ZPO Rn 16).
21Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ferner eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen, wenn eine Klage trotz entsprechender Möglichkeit nicht von vornherein gegen alle Beklagte gerichtet wird, sondern diese bewusst in getrennten Prozessen vor unterschiedlichen Gerichten verklagt werden und hierdurch gerade nicht zum Ausdruck gebracht wird, dass die Beklagten als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen. Entscheidet die klagende Partei sich nicht für diese Möglichkeit, so muss sie sich hieran festhalten lassen, da § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO keine ausreichende Grundlage bildet, über den Anwendungsbereich des § 147 ZPO hinaus zwei anhängige Verfahren auch dann miteinander zu verbinden, wenn diese bei unterschiedlichen Gerichten anhängig sind (BGH NJW-RR 2011, 929, Tz. 8).
223.
23Im Streitfall besteht eine vergleichbare, eine Einschränkung erfordernde Ausgangslage, so dass eine Gerichtsstandsbestimmung nicht getroffen werden kann.
24a.
25Nach allgemeiner Auffassung ist im Mahnverfahren ein Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zwar noch nicht zumutbar, bevor nicht feststeht, dass zumindest zwei Antragsgegner Widerspruch oder Einspruch eingelegt haben und infolge dessen eine Gerichtsstandsbestimmung überhaupt erst zulässig ist (BGH NJW 1978, 1982; Musielak/Voit, a. a. O.). Zudem eröffnet das Gesetz dem Antragsteller nicht die Möglichkeit, bereits im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids von vornherein einen einheitlichen Gerichtsstand anzugeben, da § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO verlangt, dass das für das streitige Verfahren zuständige Gericht zu bezeichnen ist. Daher kann der Antragsteller nicht immer verhindern, dass es zu einer vorübergehenden Trennung der Verfahren kommt.
26b.
27Vor diesem Hintergrund kommt es – sofern wie im Streitfall weder eine Beweisaufnahme stattgefunden hat noch eine Sachentscheidung gegen einen der Beklagten ergangen ist - zur Überzeugung des Senats für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nach vorheriger Einleitung eines Mahnverfahrens ebenfalls entscheidend darauf an, ob die den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellende Partei hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass die Beklagten als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen (vgl. Senat, Beschluss vom 19.04.2013 - I-32 SA 9/13, Tz. 4, zitiert nach juris.de).
28Dies ist nicht mehr der Fall, wenn das Mahngericht die Verfahren an die unterschiedlichen Streitgerichte abgegeben hat und die klagende Partei ihre Ansprüche gemäß § 697 Abs. 2 ZPO begründet, ohne zugleich einen Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu stellen oder aber jedenfalls einen solchen anzukündigen (vgl. BGH NJW-RR 2013, 1531, 1532, Tz. 8). Denn durch die Begründung ihrer Ansprüche gegenüber den unterschiedlichen Streitgerichten gibt die klagende Partei zu erkennen, die Beklagten in getrennten Verfahren gerichtlich in Anspruch nehmen zu wollen.
29c.
30Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet im Streitfall eine Zuständigkeitsbestimmung aus. Der Kläger hat erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 16.12.2013 vor dem Landgericht C mit Antragsschrift vom 04.02.2014, beim Oberlandesgericht eingegangen am 06.02.2014, einen Antrag auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit gestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Anspruchsbegründungen bei den Landgerichten in C und E bereits eingegangen, so dass eine Zuständigkeitsbestimmung im Streitfall nicht mehr in Betracht kommt.
31III.
32Ob darüber hinaus eine Entscheidungsmöglichkeit auch deshalb nicht eröffnet, ist, weil mit § 32 ZPO ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Streitgenossen begründet ist (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 36 ZPO Rn 15), kann angesichts der vorstehenden Ausführungen dahinstehen.
33C.
34Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 1987, 757).
35D.
36Bei der Wertfestsetzung ist der Senat davon ausgegangen, dass dem Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung regelmäßig das Kosteninteresse eines Klägers zugrunde liegt, kein isoliertes neues Verfahren gegen den weiteren Beklagten führen zu müssen. Ausgehend davon ist für die Wertfestsetzung ein geschätzter Ansatz von 20 % der Hauptsache angemessen. Dies entspricht hier einem Betrag von 47.980,90 €, da sich der Gegenstandswert für den Rechtsstreit auf 239.544,49 € beläuft.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner unter anderem aus einer Garantievereinbarung in Anspruch und begehrt die Übertragung von Aktien sowie die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, die Klägerin von Rückforderungsansprüchen freizustellen. Die Klägerin macht die Ansprüche gegen den Antragsgegner zu 1. vor dem Landgericht Detmold und gegen den Antragsgegner zu 2. vor dem Landgericht Meiningen geltend. Die Antragsgegner haben ihren Wohnsitz im Bezirk des jeweils angerufenen Landgerichts. Die Klageschriften sind im Dezember 2009 eingereicht worden, wobei die Klageschrift bei dem Landgericht Detmold früher eingegangen ist. Die Klageschriften sind zugestellt worden, die Antragsgegner haben jeweils erwidert. Vor dem Landgericht Detmold ist bereits mündlich verhandelt worden. Am 29. September 2010 hat die Klägerin beantragt, das Landgericht Detmold, hilfsweise das Landgericht Meiningen als für beide Klagen gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen. Die Beklagten sind diesem Antrag entgegengetreten.
- 2
- II. Die Vorlage ist zulässig.
- 3
- 1. Das vorlegende Oberlandesgericht Hamm ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 2 ZPO und damit zur Vorlage nach § 36 Abs. 3 ZPO berufen. Das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht für die Landgerichte Detmold und Meiningen ist der Bundesgerichtshof, das zuerst mit der Sache befasste Landgericht Detmold gehört zum Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.
- 4
- 2. Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das mit der Zuständigkeitsbestimmung befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen , wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das vorlegende Oberlandesgericht hält die Bestimmung eines gemeinschaftlich zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für ausgeschlossen, wenn mehrere Beklagte nicht von vornherein als Streitgenossen , sondern zunächst getrennt bei den jeweils zuständigen Gerichten verklagt werden. Die Rechtshängigkeit der Einzelklagen bewirke, dass die Zuständigkeit der angerufenen Gerichte gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO bestehen bleibe und auch in einem Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr geändert werden dürfe. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch Beschluss vom 9. März 2006 einem Antrag auf Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts entsprochen, obwohl die Antragsgegner mit rechtshängigen Klagen bei verschiedenen und jeweils zuständigen Ge- richten in Anspruch genommen worden waren (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 9. März 2006 - 21 AR 11/06, juris).
- 5
- III. Der Antrag auf Bestimmung eines für beide Klagen zuständigen Gerichts ist unbegründet. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor, weil die Klägerin bereits gegen beide Beklagten an deren allgemeinem Gerichtsstand Klage erhoben hat.
- 6
- 1. Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt über den Wortlaut der Vorschrift ("verklagt werden sollen" ) allerdings auch dann in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage anhängig ist.
- 7
- Entscheidend dafür ist, dass die Bestimmung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht und dass es im Interesse der Parteien liegen kann, bei einer von vornherein gegen mehrere Beklagte (mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen) gerichteten Klage auch noch nach Klageerhebung ein für alle Beklagten zuständiges Gericht zu bestimmen, um die Entscheidung des Rechtsstreits durch ein einziges Gericht herbeizuführen (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1977 - I ARZ 513/77, NJW 1798, 321). Der Bundesgerichtshof hat die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes im Interesse der Prozessökonomie deshalb für zulässig erachtet, wenn der Antragsteller bereits mehrere Beklagte vor einem Gericht verklagt hat und einzelne davon die Unzuständigkeit dieses Gerichts geltend gemacht haben (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1979 - IV ARZ 42/79, NJW 1980, 188, 189; Beschluss vom 27. Oktober 1983 - I ARZ 334/83, BGHZ 88, 331, 332 f.; Beschluss vom 16. Mai 2006 - X ARZ 41/06, NJW-RR 2006, 1289 Rn. 3).
- 8
- 2. Im Streitfall besteht keine vergleichbare Ausgangslage. Die Klägerin hat die Klage nicht von vornherein gegen beide Beklagte gerichtet, sondern diese in getrennten Prozessen vor unterschiedlichen Gerichten verklagt. Sie hat damit gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagten als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen. An dieser Entscheidung muss sie sich festhalten lassen. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bildet keine ausreichende Grundlage, über den Anwendungsbereich § 147 ZPO hinaus zwei anhängige Verfahren auch dann miteinander zu verbinden, wenn diese bei unterschiedlichen Gerichten anhängig sind. Ein Kläger, der mehrere Personen wegen eines gleichgelagerten Sachverhalts in Anspruch nimmt, hat es vor Klageerhebung in der Hand, ob er diese gemeinsam oder in getrennten Prozessen verklagt. Entscheidet er sich für eine dieser Möglichkeiten, ist es auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie nicht geboten, den Rechtsstreit nachträglich an ein anderes Gericht zu verlagern.
- 9
- 3. Der Bundesgerichtshof hat eine Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch in einem Fall vorgenommen, in dem ein gegen mehrere Antragsgegner eingeleitetes Mahnverfahren nach Widerspruch zunächst an verschiedene Gerichte abgegeben worden war (BGH, Beschluss vom 2. Juni 1978 - I ARZ 202/78, NJW 1978, 1982). Auch daraus ergibt sich für den Streitfall keine andere Beurteilung.
- 10
- In dem jener Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Antragsteller beide Beklagten gemeinsam im Wege des Mahnverfahrens in Anspruch genommen. Nach der damals geltenden Fassung von § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO musste im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides als für das Streitverfahren zuständig zwingend das Gericht angegeben werden, bei dem der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Der Antragsteller konnte damit nicht verhindern, dass es zu einer vorübergehenden Trennung der Verfahren kommt, wenn er sich zur Geltendmachung seiner Rechte im Mahnverfahren entschloss und mehr als ein Antragsgegner Widerspruch einlegte. Der Bundesgerichtshof hat dies als vom Gesetz nicht gewollte Benachteiligung angesehen und deshalb die nachträgliche Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands zugelassen.
- 11
- Im Streitfall hat die Klägerin ihre Ansprüche nicht im Wege des Mahnverfahrens geltend gemacht, sondern von vornherein den Klageweg beschritten. Auf diesem Weg stand es ihr frei, beide Beklagten von vornherein gemeinsam in Anspruch zu nehmen. Wenn sie sich stattdessen für eine getrennte Inanspruchnahme entschieden hat, kann dies nicht über § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO revidiert werden.
OLG Hamm, Entscheidung vom 28.10.2010 - 32 Sbd 107/10 -
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Art handelt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Tenor
Zum zuständigen Gericht wird das Amtsgericht N. bestimmt.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin und die Beklagten sind gemeinsam mit ihrer Schwester S. Miterben zu je einem Fünftel nach ihrer am 27.09.2004 in N. - ihrem letzen Wohnsitz - verstorbenen Mutter. Die Klägerin hat mit ihrer am 23. 06.2006 beim Amtsgericht N. eingereichten Klage beantragt, die Beklagten zu 1. bis 3 zu verurteilen, an sie jeweils 1.025,88 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Sie hat dazu vorgetragen, sie und ihre Schwester S., die ihre Forderung an sie abgetreten habe, hätten im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses nach Maßgabe der Beschlüsse der Erbengemeinschaft vom 20.11.2004 und 2.04.2005 einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die übrigen Miterben von jeweils 931,00 Euro. Ferner habe sie - die Klägerin - den Debetsaldo der Erblasserin auf deren Konto über 474,43 Euro ausgeglichen und hieraus einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagten von jeweils 94, 88 Euro. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergebe sich aus §§ 27, 28 ZPO. Die Beklagten zu 2. und 3. haben die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts N. gerügt. Dieses hat die Auffassung vertreten, dass seine Zuständigkeit nach §§ 27, 28 ZPO nicht gegeben sei und am 26.02.2006 über die Zulässigkeit der Klage verhandelt. Die Klägerin hat beantragt, die Akten dem Landgericht Kiel zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorzulegen. Dem ist das Amtsgericht gefolgt. Das Landgericht Kiel hat die Akten zuständigkeitshalber dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zur Bestimmung der Zuständigkeit übersandt.
II.
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Der Antrag ist nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2, 37 ZPO zulässig. Zum örtlich zuständigen Gericht war das Amtsgericht N. zu bestimmen.
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1. Für die Klage ist nach dem maßgeblichen Vortrag der Klägerin der gemeinschaftliche besondere erweiterte Gerichtsstand der Erbschaft nach §§ 28, 27 ZPO gegeben. Bei den geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich um solche, die ungeachtet der Vereinbarung der Miterben im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses entstanden sind, mithin um sog. Nachlasserbenschulden. Diese unterfallen grundsätzlich § 28 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 28 Rn. 2; Palandt/Edenhofer, BGB, 66. Aufl., § 1967 Rn. 8). Das gilt entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch dann, wenn - wie hier - ein Miterbe selbst Nachlassgläubiger ist (BayObLG NJW-RR 2004, 944; OLG Naumburg ZEV 2006, 33; OLG Karlsruhe BeckRS 2004,1). Ferner ist es unerheblich, dass die Klägerin die Beklagten als Teilschuldner in Anspruch nimmt. Entscheidend ist nach § 28 ZPO, dass die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften. Das ist vorliegend gemäß §§ 2058, 421 BGB gegeben. Dies würde grundsätzlich auch für den Fall gelten, dass die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt worden wäre (vgl. BayObLG NJWE-FER 1999, 124, 125). Die Voraussetzungen der §§ 2060, 2061 BGB liegen offensichtlich nicht vor.
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2. Nach allem ist für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand bei dem Amtsgericht N. begründet, was im Regelfall eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausschließen würde. Da aber das Amtsgericht N. seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint, nimmt der Senat aus prozessökonomischen Gründen gleichwohl eine Bestimmung vor, wobei er dasjenige Gericht bestimmt, das nach seiner Auffassung ohnehin zuständig ist (vgl. BayObLG NJW-RR 2004, 944 m.w.Nw.; allgemein zur Bedeutung der Prozessökonomie im Rahmen des § 36 ZPO: Zöller/Vollkommer a.a.O. § 36 Rn. 1). Das ist zweifelsfrei das Amtsgericht N. Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass dieses Gericht an die Bestimmung gebunden ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 29.11.2004 - 1 Z AR 154/04, BeckRS 2005 C).
(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Art handelt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
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wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Art handelt.