Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 16. Apr. 2014 - 15 W 364/13
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Gericht
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beteiligte zu 2) wird angewiesen, eine Erklärung der Beteiligten zu 1) betreffend die Angleichung ihres Familiennamens zu beurkunden, sofern das Beurkundungsersuchen aufrechterhalten wird.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2Die zulässige Beschwerde ist begründet.
3Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Amtsgericht den erkennbar laienhaft formulierten Antrag als Verpflichtungsantrag ausgelegt hat. Jedenfalls bei einem rechtlich nicht beratenen Beteiligten ist der Antrag im Zweifel so auszulegen, dass sein erkennbares sachliches Begehren nicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen scheitern muss. In Betracht kam danach vorliegend nur ein Verpflichtungsantrag nach § 49 Abs.1 PStG.
4Allerdings greift die Auslegung durch das Amtsgericht zu kurz, wenn es -in Anlehnung an die Diktion der Behörde- die Entgegennahme der Erklärung in den Mittelpunkt stellt. Den Zugang einer Erklärung, für deren Entgegennahme sie von Gesetzes wegen zuständig ist, kann eine Behörde nicht durch eine schlichte Weigerung verhindern. Allerdings bedarf die hier in Frage stehende Angleichungserklärung nach Art.47 Abs.4 EGBGB der öffentlichen Beglaubigung oder Beurkundung. Für die Beglaubigung/Beurkundung ist gemäß § 43 Abs.1 PStG auch der Standesbeamte zuständig. Wenn also die Beteiligte zu 1) ohne Vorlage einer notariell beglaubigten/beurkundeten Erklärung zwecks Abgabe einer Angleichungserklärung bei dem Standesamt vorsprach, so muss ihr Antrag dahin ausgelegt werden, dass sie beantragt, ihre Erklärung zu beurkunden und damit zugleich entgegenzunehmen. Dementsprechend muss der gerichtliche Antrag ausgelegt werden.
5Der so verstandene Antrag ist unter eher formalen Gesichtspunkten begründet.
6Wie bereits angesprochen kann gem. § 43 Abs. 1 S. 1 PStG die Angeleichungserklärung auch vom Standesamt beglaubigt oder beurkundet werden. Zuständig gem. § 43 Abs. 2 PStG ist das Standesamt, welches das Geburtsregister für die Person, deren Namen geändert werden soll, führt, hilfsweise das Standesamt, in dessen Zuständigkeitsbereich der Erklärende seinen Wohnsitz hat. Die Entgegennahme der Angleichungserklärung zur Beurkundung/Beglaubigung durch den hiernach zuständigen Beteiligten zu 2) stellt eine Amtshandlung im Sinne des § 49 Abs. 1 PStG dar. Denn auch vorbereitende Maßnahmen bei der Beurkundung des Personenstandes sind solche Amtshandlungen, wenn sie die Beurkundung formbedürftiger Erklärungen betreffen, die materiell-rechtliche Voraussetzung für eine beurkundungsbedürftige Personenstands- oder Namensänderung sind (Senat FGPrax 2000, 190ff).
7Der Beteiligte zu 2) ist verpflichtet, die Beurkundung vorzunehmen. Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 PStG tritt die Beurkundungsfunktion des Standesbeamten neben diejenige der Notare, § 2 Abs. 1 S. 2 PStG. Es besteht eine Amtspflicht des Standesbeamten zur Beurkundung. Unter welchen Voraussetzungen er die Beurkundung ablehnen kann, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Ablehnung der Beurkundung durch den Standesbeamten unter vergleichender Heranziehung des § 14 BNotO nur gerechtfertigt erscheint, wenn die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten die angestrebten Rechtswirkungen nicht zulassen oder die Erklärung nach eigener Überzeugung des Standesbeamten aus anderen Gründen zweifelsfrei unwirksam ist (Senat a.a.O.). Die materiell-rechtliche Wirksamkeit der namensrechtlichen Erklärung ist hiernach erst im Zusammenhang mit der dem Standesbeamten weiter obliegenden Amtshandlung der Registereintragung zu prüfen (Senat a.a.O.).
8Der Beteiligte zu 3) hat in seiner Stellungnahme vor dem Amtsgericht ausgeführt, dass lediglich Zweifel daran bestehen, ob die Beteiligte zu 1) ihren Familiennamen nur sprachlich anpassen oder auch einen völlig neuen Familiennamen wählen könne. Die Frage sei unter den Standesbeamten umstritten. Da danach keine zweifelsfreie Unwirksamkeit der beabsichtigten Angleichungserklärung gegeben und auch sonst keine Gesetzeswidrigkeit ersichtlich ist, besteht nach dem oben Gesagten kein tragfähiger Grund, die Beurkundung der Erklärung abzulehnen.
9Da der Antrag bereits aus diesem Grund Erfolg hat, muss sich der Senat auf den bloßen Hinweis beschränken, dass die von der Beteiligten zu 1) beabsichtigte Angleichungs-erklärung materiell-rechtlich unwirksam sein dürfte. Nach Art. 47 Abs. 1 S.1 Nr. 5 EGBGB kann derjenige, der zunächst seinen Namen nach ausländischem Recht erworben hat und dessen Namensführung sich nunmehr nach deutschem Recht richtet, u.a. die deutschsprachige Form seines bisherigen Familiennamens annehmen. Die Beteiligte zu 1) erfüllt zwar mit Rücksicht auf ihren durch die Einbürgerung eingetretenen Statutenwechsel die persönlichen Voraussetzungen für die Annahme eines eingedeutschten Familiennamens, jedoch stellt der von ihr angestrebte Familiennamen Konstanz keine eingedeutsche Form ihres derzeitigen Familiennamens dar, da sich der neue Name weder phonetisch noch in der Schreibweise auf den Ursprungsnamen zurückführen lässt.
10Die in Art. 47 Abs.1 S. 1 Nr. 5, 2. HS EGBGB vorgesehene Möglichkeit, beim Fehlen eines deutschen Namenspendants einen völlig neuen Vornamen anzunehmen, besteht bei Familiennamen nicht (LG München I StAZ 2009, 146; Staudinger/Hepting/Hausmann, BGB, Stand 2013 Art.47 EGBGB Rdn.81 m.w.N.; MK-BGB/Birk, 5.Aufl., Art.47 EGBGB Rdn.52; juris-PK/Janal, 6.Aufl., Art.47 EGBGB Rdn.10). Dies ergibt sich unmittelbar aus der Fassung des Gesetzes, das im ersten Halbsatz beide Namensformen anspricht, im zweiten Halbsatz jedoch nur die Vornamen. Sachlich rechtfertigt sich die Beschränkung aus dem Umstand, dass dem Grundsatz der Namenskontinuität angesichts der Identifizierungsfunktion der Familiennamen bei diesen eine ungleich höhere Bedeutung zukommt als bei den Vornamen (Hepting/Hausmann, a.a.O.).
11Der Festsetzung des Gegenstandswertes bedarf es mit Rücksicht auf § 51 Abs.1 S. 2 PStG nicht.
12Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs.2 FamFG) liegen nicht vor.
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(1) Lehnt das Standesamt die Vornahme einer Amtshandlung ab, so kann es auf Antrag der Beteiligten oder der Aufsichtsbehörde durch das Gericht dazu angewiesen werden.
(2) Das Standesamt kann in Zweifelsfällen auch von sich aus die Entscheidung des Gerichts darüber herbeiführen, ob eine Amtshandlung vorzunehmen ist. Für das weitere Verfahren gilt dies als Ablehnung der Amtshandlung.
(1) Die Erklärungen über die Namenswahl nach Artikel 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder über die Angleichung von Familiennamen und Vornamen nach Artikel 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder nach § 94 des Bundesvertriebenengesetzes können auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden.
(2) Zur Entgegennahme der Erklärungen ist das Standesamt zuständig, das das Geburtenregister für die Person, deren Name geändert oder bestimmt werden soll, führt. Wird die Erklärung im Zusammenhang mit einer Erklärung zur Namensführung von Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben, so ist das Standesamt zuständig, das die Eheschließung oder die Begründung der Lebenspartnerschaft zu beurkunden hat oder das Eheregister oder das Lebenspartnerschaftsregister führt; dieses Standesamt ist außerdem zuständig, wenn die Erklärung nicht im Zusammenhang mit einer Erklärung zur Namensführung von Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben und kein Geburtseintrag im Inland geführt wird. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Erklärende seinen Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig. Das Standesamt I in Berlin führt ein Verzeichnis der nach den Sätzen 3 und 4 entgegengenommenen Erklärungen.
(1) Lehnt das Standesamt die Vornahme einer Amtshandlung ab, so kann es auf Antrag der Beteiligten oder der Aufsichtsbehörde durch das Gericht dazu angewiesen werden.
(2) Das Standesamt kann in Zweifelsfällen auch von sich aus die Entscheidung des Gerichts darüber herbeiführen, ob eine Amtshandlung vorzunehmen ist. Für das weitere Verfahren gilt dies als Ablehnung der Amtshandlung.
(1) Beurkundungen und Beglaubigungen für Zwecke des Personenstandswesens werden im Standesamt nur von hierzu bestellten Urkundspersonen (Standesbeamten) vorgenommen. Gleiches gilt für die Ausstellung von Personenstandsurkunden und sonstigen öffentlichen Urkunden. Die Zuständigkeit der Notare, anderer Urkundspersonen oder sonstiger Stellen für öffentliche Beurkundungen und Beglaubigungen bleibt unberührt.
(2) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Urkundspersonen sind die Standesbeamten nicht an Weisungen gebunden.
(3) Zu Standesbeamten dürfen nur nach Ausbildung und Persönlichkeit geeignete Beamte und Angestellte bestellt werden.
(4) Die Funktionsbezeichnung Standesbeamter wird in weiblicher oder männlicher Form geführt.
(1) Der Notar hat sein Amt getreu seinem Eide zu verwalten. Er hat nicht eine Partei zu vertreten, sondern die Beteiligten unabhängig und unparteiisch zu betreuen.
(2) Er hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar wäre, insbesondere wenn seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden.
(3) Der Notar hat sich durch sein Verhalten innerhalb und außerhalb seines Amtes der Achtung und des Vertrauens, die dem notariellen Amt entgegengebracht werden, würdig zu zeigen. Er hat jedes Verhalten zu vermeiden, das den Anschein eines Verstoßes gegen seine Amtspflichten erzeugt, insbesondere den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit.
(4) Dem Notar ist es abgesehen von den ihm durch Gesetz zugewiesenen Vermittlungstätigkeiten verboten, Darlehen sowie Grundstücksgeschäfte zu vermitteln, sich an jeder Art der Vermittlung von Urkundsgeschäften zu beteiligen oder im Zusammenhang mit einer Amtshandlung eine Bürgschaft oder eine sonstige Gewährleistung zu übernehmen. Er hat dafür zu sorgen, daß sich auch die bei ihm beschäftigten Personen nicht mit derartigen Geschäften befassen.
(5) Der Notar darf keine mit seinem Amt unvereinbare Gesellschaftsbeteiligung eingehen. Es ist ihm insbesondere verboten, sich an einer Gesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne des § 34c Abs. 1 der Gewerbeordnung ausübt, zu beteiligen, wenn er alleine oder zusammen mit den Personen, mit denen er sich nach § 9 verbunden oder mit denen er gemeinsame Geschäftsräume hat, mittelbar oder unmittelbar einen beherrschenden Einfluß ausübt.
(6) Der Notar hat sich in dem für seine Amtstätigkeit erforderlichen Umfang fortzubilden. Dies umfasst die Pflicht, sich über Rechtsänderungen zu informieren.
(1) Auf das gerichtliche Verfahren sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden. Standesämter und Aufsichtsbehörden sind von Gerichtskosten befreit.
(2) Die Aufsichtsbehörde, das Standesamt und die Beteiligten können in jeder Lage des Verfahrens diesem beitreten; sie können ihren Beitritt auch durch Einlegung eines Rechtsmittels erklären.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.