Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Dez. 2015 - I-3 Wx 285/14
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 9. Dez. 2014 wird der Beschluss des Amtsgerichts Duisburg – Nachlassgericht – vom 10. Nov. 2014 – 42a VI 215/14 – geändert.
Das Nachlassgericht wird angewiesen, der Beteiligten zu 1) den beantragten Erbschein zu erteilen.
Die gerichtichen und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 2).
Wert des Streitgegenstandes: bis 200.000 €
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligte zu 2) ist die Tochter der Erblasserin, die Beteiligte zu 1) deren Enkelin und Tochter der Beteiligten zu 2).
4Die Beteiligte zu 1) lebte mit der Erblasserin in deren Haus und pflegte und versorgte sie bis zu deren Tod.
5Die Erblasserin hinterließ ein Schreiben mit Datum vom 2. Febr. 1995 an die Beteiligte zu 1), in dem es unter anderem hieß, dass diese, sollte der Erblasserin etwas zustoßen, „mit diesem Schreiben und dem Testament zu einem Notar“ gehen solle, der dann alles regeln werde.
6Mit notariellem Testament vom 5. April 2001 setzte die Erblasserin die Beteiligte zu 1) als ihre alleinige Erbin ein und bestimmte, dass die Beteiligte zu 2) weder erb- noch pflichtteilsberechtigt sein solle, weil sie sich weder um den verstorbenen Ehemann der Erblasserin – ihren Vater, noch um die Erblasserin gekümmert habe.
7Mit einem weiteren notariellen Testament vom 12. April 2001 ergänzte sie – nach reiflicher Überlegung – das vorhergehende notarielle Testament dahin, dass sie ihrer Enkelin aufgab, an die Beteiligte zu 2) als Vermächtnis einen einmaligen Betrag von 30.000 DM innerhalb von 6 Wochen nach ihrem Tod zu zahlen.
8Beide Testamente gab der Notar in amtliche Verwahrung beim Amtsgericht.
9Offenbar erkrankte die Erblasserin Ende 2004 / Anfang 2005 für etwa ein Jahr schwer und war Tag und Nacht pflegebedürftig.
10Am 9. Febr. 2005 erschien sie beim Nachlassgericht und beantragte die Rückgabe der beiden notariellen Testamente. Ausweislich des Rückgabeprotokolls wurde sie belehrt, dass das vor einem Notar errichtete Testament durch die Rückgabe als widerrufen gilt. Nach dieser Belehrung wurde auf den Testamenten vermerkt „Dieses Testament gilt durch die am 9. Febr. 2005 erfolgte Rückgabe aus der amtlichen Verwahrung als widerrufen.“
11Am 13. April 2005 legte sie fest, dass sie keine sterbeverlängernden Mittel wünsche, eingeäschert und in der gemeinsamen Gruft beigesetzt werden wolle.
12Am 24. Mai 2005 verfasste und unterschrieb sie folgenden Text:
13„Zu meinem Testament.
14Ich muß etwas abändern. Da ich durch meine Krankheit ein ½ Jahr eine Pflege brauchte rund um die Uhr, ist mein erspartes alle soweit geschrumpft daß ich von meinem Testament nicht viel übrig habe. Also muß ich das Geld was meine Tochter erben soll streichen.“
15Am 3. Aug. 2006 erstellte und unterschrieb sie – einmal mit Bleistift und einmal mit Kugelschreiber – die folgenden Texte:
16„Betrift mein Testament.
17Ich muß mein Testament ändern.
18Da ich ein ganzes Jahr krank war und Pflege tag und Nach benötigte die ich selbst zahlen mußte, bin ich nicht mehr in der Lage meiner Tochter das Geld aus meinem testament zu vermachen. Ich habe meine Barschaft alle verbraucht.“
19„Betrifft mein Testament!
20Ich muß mein Testament andern. Da ich im letzten Jahr krank war und pflege Tag und nacht benötigte, die ich selbst zahlen mußte. Dabei ist meine Barschaft drauf gegangen. Besitze kein Geld mehr zum vererben.“
21Nachdem der Beteiligten zu 1) am 16. Juli 2014 die notariellen Testamente zugeleitet worden waren, erklärte sie mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 6. Aug. 2014 vorsorglich und hilfsweise die Anfechtung des – in der Rücknahme liegenden – Widerrufs der notariellen Testamente. Die Rechtsfolgen seien der Erblasserin unbekannt gewesen. Sie sei nicht davon ausgegangen, dass die notariellen Testamente durch die Rückgabe aus der amtlichen Verwahrung als widerrufen gelten würden.
22Den Erbscheinsantrag der Beteiligen zu 1) vom 22. Aug. 2014 (Alleinerbschein aufgrund Verfügung von Todes wegen) hat das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt, das notarielle Testament vom 5. April 2001 gelte als durch Rückgabe widerrufen. Die Anfechtung des Widerrufs sei nicht wirksam, die Erblasserin habe angesichts der eindeutigen Belehrung im Rückgabeprotokoll nicht über die Bedeutung der Rückgabe irren können. Auch durch Testament könne der Widerruf nicht widerrrufen werden. Die handschriftlichen Verfügungen aus den Jahren 2005 und 2006 enthielten keine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1).
23Dagegen beschwert sich die Beteiligte zu 1).
24Jedenfalls seien die notariellen Testamente bei der Auslegung der Testamente von 2005 und 2006 zu berücksichtigen. Hilfsweise beantragt sie einen Erbschein als gesetzliche Alleinerbin. Die Erblasserin habe unter allen Umständen vermeiden wollen, dass ihre Tochter erbe.
25Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
26Es sei auch kein Alleinerbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erteilen, weil die Enterbung der Tochter im notariellen Testament vom 5. April 2001 infolge der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung als widerrufen gelte. Die Verfügungen aus 2005 und 2006 ließen eine Enterbung nicht hinreichend deutlich erkennen.
27Die Beteiligte zu 2) bittet um Zurückweisung der Beschwerde.
28Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
29II.
30Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) Ist statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie ist dem Senat nach der vom Nachlassgericht erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen und hat in der Sache Erfolg.
31Die Beteiligte zu 1) ist Alleinerbin der Erblasserin aufgrund des notariellen Testamentes vom 5. April 2001.
32Zwar gilt das notarielle Testament gem. § 2256 Abs. 1 BGB als widerrufen, nachdem die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde der Erblasserin am 9. Febr. 2005 zurückgegeben worden ist.
33Richtig ist auch, dass der in der Rücknahme liegende Widerruf nicht seinerseits z.B. gem. § 2257 BGB widerrufen werden kann. Denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf einen durch Testament erfolgten Widerruf einer letzwilligen Verfügung und nicht auf einen Widerruf durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 1481 m.N.; Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl., § 2257, 1 und 2).
34Jedoch hat die Beteiligte zu 1) den in der Form des § 2256 Abs. 1 Satz 1 BGB bewirkten Widerruf wirksam angefochten, §§ 2078 Abs. 1 Satz 1, 2080 Abs. 1 BGB, mit der Folge, dass der in der Rücknahme liegende Widerruf des notariellen Testaments vom 5. April 2001 als von Anfang an nichtig anzusehen ist, § 142 BGB.
35Die Rücknahme des notariellen Testaments ist wegen ihrer Rechtsnatur als Verfügung von Todes wegen bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes nach § 2078 BGB anfechtbar durch die dazu nach § 2080 BGB Berechtigten (Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2256, 2).
36Eine solche Anfechtung hat die Beteiligte zu 1) mit Recht erklärt. Die Erblasserin hat sich bei der Rücknahme über die Rechtswirkungen dieser Rücknahme geirrt, § 2078 Abs. 1 BGB. Hierin liegt ein gem. § 2078 Abs. 1 BGB beachtlicher Irrtum über die rechtlichen Folgen der Rückgabe (vgl. Litzenburger in BeckOK, § 2256 BGB, Rdnr. 4 m.N.)
37Der Senat teilt nicht die Auffassung des Nachlassgerichts, die Erblasserin habe angesichts des eindeutigen Aufdrucks auf den zurückgegebenen Testamenten und der eindeutigen Belehrung im Rückgabeprotokoll keinem Irrtum über den eigetretenen Widerruf unterliegen können.
38Zwar ist die nach § 2256 Abs. 1 Satz 2 BGB gesetzlich vorgesehene Belehrung für jemanden, der in Rechtsfragen bewandert ist, schwerlich mißzuverstehen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass eine Anfechtung wegen Irrtums über die Widerrufswirkung praktisch ausgeschlossen ist (so Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2256, 2 unter Hinweis auf KG JFG 21, 324). Ein solcher Irrtum mag selten sein. Er kann aber nicht von vorneherein und regelmäßig ohne nähere Prüfung ausgeschlossen werden, insbesondere dann nicht, wenn – wie hier – der Erblasser ersichtlich nicht rechtskundig war.
39Der Umstand, dass die Erblasserin kurze Zeit nach der Rücknahme der notariellen Testamente aus der amtlichen Verwahrung mehrmals (!) ausdrücklich verfügt hat, sie müsse ihr Testament ändern, sie sei nicht mehr in der Lage, ihrer Tochter, der Beteiligten zu 2) (das versprochene) Geld zu vermachen, zeigt nicht nur, dass sie offenbar insoweit in großer Sorge und es ihr wichtig war, dies eindeutig zu regeln. Daraus folgt zugleich, dass die Erblasserin sich gerade nicht über die Wirkungen der Rücknahme der Testamente aus der amtlichen Verwahrung im Klaren war. Denn hätte sie verstanden bzw. gewusst, dass die Rücknahme den Widerruf dieser Testamente bewirkt hatte und die Testamente daher bereits sofort und endgültig wirkungslos geworden waren, wäre es nicht mehr erforderlich gewesen, das Geldvermächtnis für die Beteiligte zu 2) – sozusagen erneut – zu widerrufen.
40Angesichts dessen könnte lediglich noch eingewendet werden, das in den Handschriften von 2005 und 2006 erwähnte Testament sei ein anderes als die Verfügungen aus dem Jahre 2001, nämlich – eine andere letztwillige Verfügung kommt nicht in Betracht – ein schon 1995 bestehendes. Jedoch sind bereits dessen Existenz und weitergehend dessen etwaige Anordnungen nach dem Inhalt der Akten spekulativ. Hinzu tritt, dass nichts dagegen spricht, der Erblasserin hätten 2005/2006 – der Lebenserfahrung entsprechend – ihre zeitlich letzten, noch dazu notariell beurkundeten Testate vor Augen gestanden.
41Mithin ist die Beteiligte zu 1) aufgrund des notariellen Testaments der Erblasserin vom 5. April 2001 deren Alleinerbin geworden.
42Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob es bei dem Widerruf des notariellen Testaments vom 12. April 2001– Vermächtnis zugunsten der Beteiligten zu 2) – durch dessen Rücknahme bleibt oder ob auch dieser Widerruf von Anfang an nichtig ist. Daran bestehen deshalb Zweifel, weil zwar die Beteiligte zu 1) diesen Widerruf auch angefochten hat, das Anfechtungsrecht jedoch nur demjenigen zusteht, dem die Anfechtung unmittelbar zustatten kommen würde, § 2080 BGB. Selbst wenn auch insoweit eine wirksame Anfechtung vorliegen sollte, bliebe die Frage, ob ein etwaiges Vermächtnis nicht jedenfalls durch die späteren Verfügungen der Erblasserin widerrufen worden ist.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG.
44Die Wertfestsetzung stützt sich auf §§ 40 Abs. 1 Nr. 2, 61 GNotKG. Der Senat hat den Wert des Grundstücks der Erblasserin als offenbar einzigen wesentlichen Nachlassgegenstand mit bis zu 200.00 € geschätzt.
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(1) Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. Die zurückgebende Stelle soll den Erblasser über die in Satz 1 vorgesehene Folge der Rückgabe belehren, dies auf der Urkunde vermerken und aktenkundig machen, dass beides geschehen ist.
(2) Der Erblasser kann die Rückgabe jederzeit verlangen. Das Testament darf nur an den Erblasser persönlich zurückgegeben werden.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für ein nach § 2248 hinterlegtes Testament; die Rückgabe ist auf die Wirksamkeit des Testaments ohne Einfluss.
Wird der durch Testament erfolgte Widerruf einer letztwilligen Verfügung widerrufen, so ist im Zweifel die Verfügung wirksam, wie wenn sie nicht widerrufen worden wäre.
(1) Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. Die zurückgebende Stelle soll den Erblasser über die in Satz 1 vorgesehene Folge der Rückgabe belehren, dies auf der Urkunde vermerken und aktenkundig machen, dass beides geschehen ist.
(2) Der Erblasser kann die Rückgabe jederzeit verlangen. Das Testament darf nur an den Erblasser persönlich zurückgegeben werden.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für ein nach § 2248 hinterlegtes Testament; die Rückgabe ist auf die Wirksamkeit des Testaments ohne Einfluss.
(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.
(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.
(1) Zur Anfechtung ist derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde.
(2) Bezieht sich in den Fällen des § 2078 der Irrtum nur auf eine bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist ein anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.
(3) Im Falle des § 2079 steht das Anfechtungsrecht nur dem Pflichtteilsberechtigten zu.
(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.
(1) Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. Die zurückgebende Stelle soll den Erblasser über die in Satz 1 vorgesehene Folge der Rückgabe belehren, dies auf der Urkunde vermerken und aktenkundig machen, dass beides geschehen ist.
(2) Der Erblasser kann die Rückgabe jederzeit verlangen. Das Testament darf nur an den Erblasser persönlich zurückgegeben werden.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für ein nach § 2248 hinterlegtes Testament; die Rückgabe ist auf die Wirksamkeit des Testaments ohne Einfluss.
(1) Zur Anfechtung ist derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde.
(2) Bezieht sich in den Fällen des § 2078 der Irrtum nur auf eine bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist ein anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.
(3) Im Falle des § 2079 steht das Anfechtungsrecht nur dem Pflichtteilsberechtigten zu.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Der Geschäftswert für das Verfahren zur
- 1.
Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses, - 2.
Erteilung eines Erbscheins oder Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit dieses die Rechtsstellung und die Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betrifft, - 3.
Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins, - 4.
Änderung oder zum Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit die Rechtsstellung und Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betroffen sind,
(2) Beziehen sich die in Absatz 1 genannten Verfahren nur auf das Erbrecht eines Miterben, bestimmt sich der Geschäftswert nach dem Anteil dieses Miterben. Entsprechendes gilt, wenn ein weiterer Miterbe einer bereits beurkundeten eidesstattlichen Versicherung beitritt.
(3) Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Geschäftswerts außer Betracht; Nachlassverbindlichkeiten werden nicht abgezogen. Macht der Kostenschuldner glaubhaft, dass der Geschäftswert nach Absatz 1 niedriger ist, so ist dieser maßgebend. Die Sätze 1 und 2 finden auf die Ausstellung, die Änderung und den Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses entsprechende Anwendung.
(4) Auf ein Verfahren, das ein Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft betrifft, sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des Nachlasses tritt der halbe Wert des Gesamtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft.
(5) In einem Verfahren, das ein Zeugnis über die Ernennung eines Testamentsvollstreckers betrifft, beträgt der Geschäftswert 20 Prozent des Nachlasswerts im Zeitpunkt des Erbfalls, wobei Nachlassverbindlichkeiten nicht abgezogen werden; die Absätze 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt entsprechend, soweit die Angabe der Befugnisse des Testamentsvollstreckers Gegenstand eines Verfahrens wegen eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist.
(6) Bei der Ermittlung des Werts und der Zusammensetzung des Nachlasses steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.