Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 27. Okt. 2016 - I-16 W 63/16

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2016:1027.I16W63.16.00
27.10.2016

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters des Landgerichts Düsseldorf vom 29.09.2016, Az. 9 O 338/16, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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Tenor

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

wird der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Verfahrenswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.


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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 7/07
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Zulässigkeit der Bezeichnung von Milchprodukten als "Gen-Milch".
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Dezember 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, die Unterlassung, die von ihren Unternehmen vertriebenen Produkte ohne aufklärenden Zusatz als "Gen-Milch" zu bezeichnen.
2
Die Klägerin ist die Konzernobergesellschaft einer international tätigen Unternehmensgruppe für Milch- und Molkereiprodukte, die sie u.a. unter den Marken "Müller", "Weihenstephan", "Sachsenmilch" und "Loose" vertreibt. Die zum Konzernverband der Klägerin gehörenden Unternehmen verarbeiten in ihren Produkten Milch, die von Kühen stammt, die auch gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben.
3
Der Beklagte befasst sich mit Umwelt- und Tierschutz sowie der Verbraucheraufklärung , u.a. über Gefahren und Risiken des Einsatzes gentechni- scher Verfahren in der Lebensmittelproduktion. Er hält die Regelung der im Jahr 2004 in Kraft getretenen EG-Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln (VO [EG] Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003, ABl. L 268, S. 24 ff.) für unzureichend , weil sie nicht zur Kennzeichnung solcher tierischer Produkte wie Milch verpflichte, deren Erzeugertiere gentechnisch verändertes Futter erhalten haben. Darin sieht der Beklagte eine Verbraucherinformationslücke. Um diese auszugleichen, trat er u.a. an die Klägerin mit der Forderung heran, den Milchlieferanten zur Auflage zu machen, auf gentechnisch veränderte Futtermittel zu verzichten. Dieser Forderung kam die Klägerin nicht nach. Der Beklagte nahm dies zum Anlass, auf sein Anliegen in Publikationen sowie bei diversen öffentlichen Aktionen unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" als Überschrift bzw. Plakataufschrift aufmerksam zu machen.
4
Zwischen dem 28. April 2004 und dem 17. Mai 2004 stellte der Beklagte mehrere Beiträge auf seinen Internetseiten ein, die unter Überschriften wie "Gen-Milch, … oder was?", "Gen-Milch-Skandal bei der Müller-Partei?" oder "Bundesweiter Protest gegen Gen-Milch" Kritik an der Weigerung der Klägerin übten, auf die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel bei der Produktion der verarbeiteten Milch zu verzichten. Am 30. April 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten unter Verwendung von Schildern mit Parolen gegen "Gen-Milch" vor einem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Gebäude in A.. Am 3. Mai 2004 veranstaltete der Beklagte in M. unter dem Banner "Echt lecker - geht nur ohne Gen-Milch, Herr Müller" ein öffentliches Milchreiskochen. Am 10. Mai 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten vor dem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Werk in L. u.a. unter Verwendung von Plakaten mit der Aufschrift "Stoppt Gen-Milch von Müller". Am 27. No- vember 2004 räumten Aktivisten des Beklagten in mehr als 100 Supermärkten Produkte der Klägerin aus den Regalen und legten sie in Einkaufswagen, an denen sich Hinweisschilder mit der Aufschrift "Müller-Milch = Gen-Milch*" und dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" befanden. Ab Mitte Januar 2005 fuhren Mitarbeiter des Beklagten mit einer mobilen Milchbar durch Deutschland, an der sie Passanten Milch zum Verzehr anboten und Protestschilder mit Texten wie "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendeten. In einem auf seine Internetseiten eingestellten Aufruf "Müller gegen Müller" lud der Beklagte zum "Protest gegen die Gen-Milch" ein. Außerdem vertreibt er einen Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik", in dem er u.a. auflistet, ob die darin genannten Firmen garantieren, keine tierischen Rohstoffe zur Herstellung ihrer Produkte zu verwenden, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. In der - inzwischen überholten - 6. Auflage dieses Ratgebers hieß es dort u.a.: "Müller-Milch ist Gen-Milch".
5
Die Klägerin ist der Auffassung, in dem Begriff "Gen-Milch" liege die unwahre Tatsachenbehauptung, die von ihren Unternehmen verarbeitete Milch sei "genbehandelt". Dafür beruft sie sich u.a. auf Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen untersagt, die Produkte der Klägerin, gegebenenfalls unter Hinweis auf den Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel, als "Gen-Milch" zu bezeichnen, sofern nicht gleichzeitig darauf hingewiesen werde, dass die Produkte selbst nicht gentechnisch verändert seien bzw. dass sich nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand in den Produkten auch keine Komponenten aus der gentechnischen Veränderung der Futtermittel nachweisen ließen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in NJW-RR 2007, 698 abgedruckt ist, verneint Unterlassungsansprüche der Klägerin. In der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten liege eine von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung. Sie überschreite nicht die Grenze der Schmähkritik und sei unter Abwägung zwischen der Schwere der damit verbundenen Beeinträchtigung der Klägerin und dem Gewicht der Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten als rechtmäßig einzustufen. Der Begriff "Gen-Milch" sei isoliert betrachtet substanzarm und ohne Tatsachengehalt. Bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes, in dem der Beklagte diesen Begriff verwendet habe, lasse sich der beanstandeten Äußerung keine unwahre Tatsachenbehauptung entnehmen. Aus Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis ergebe sich nichts anderes, weil in diesen der relevante Kontext unberücksichtigt geblieben sei. Abgesehen davon erfasse ein unvoreingenommener und verständiger Bürger die Neuschaffung des Begriffs "Gen-Milch" und wisse, dass Aktionen des Beklagten von Informationen und Presseerklärungen begleitet würden, die vor Ort und im Internet zur Verfügung ständen.
7
Die Verwendung des beanstandeten Begriffs in Pressemitteilungen und Kampagnen des Beklagten entfalte trotz deren Intensität und Dauer keine unverhältnismäßige Prangerwirkung. Eine Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" ohne die von der Klägerin gewünschten erklärenden Zusätze komme auch deshalb nicht in Betracht, weil diese inhaltlich nicht gerechtfertigt seien. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verneinung der "Günstigkeitsregel" bei Unterlassungsansprüchen im Falle mehrdeutiger Äußerungen (BVerfGE 114, 339 = NJW 2006, 207; BVerfG, NJW 2006, 3769) gelte nur, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen sei, nicht aber bei einer Beeinträchtigung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts. Diesem komme in der Wechselwirkung gegenüber anderen Grundrechten wie dem der Meinungsäußerungsfreiheit ein geringeres Gewicht zu. Im Übrigen sei der Begriff "Gen-Milch" nicht mehrdeutig. Er enthalte auch unter Berücksichtigung des Kontextes, in dem der Beklagte ihn verwendet habe , keine Tatsachenbehauptung.

II.

8
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin stehen Unterlassungsansprüche entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB nicht zu.
9
1. Durch die Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" für Produkte der Unternehmen der Klägerin sind allerdings deren unternehmensbezogene Interessen betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt sind. Wie die Revision mit Recht geltend macht, ist die Verwendung des beanstandeten Begriffs geeignet, das unternehmerische wie das betriebliche Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen und ihr damit auch wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, denn mit der Bezeichnung "Gen-Milch" werden die so beschriebenen Produkte mit dem Einsatz gentechnischer Verfahren in Verbindung gebracht , die von Teilen der Bevölkerung als gesundheitlich bedenklich angesehen werden und deshalb teilweise auf Ablehnung stoßen. Die Bezeichnung von Produkten als "Gen-Milch" erweist sich deshalb zumindest für einen Teil der Verbraucher als abwertend. Die dadurch hervorgerufene Betroffenheit der unternehmensbezogenen Interessen der Klägerin besteht unabhängig davon, ob der beanstandete Begriff vorliegend als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung einzustufen ist.
10
2. Der Gebrauch des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten genießt jedoch den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts verwendete der Beklagte den Begriff "Gen-Milch" im Rahmen einer gegen die Unternehmen der Klägerin gerichteten Kampagne, die sich dagegen wandte, dass diese Unternehmen bei der Herstellung ihrer Produkte u.a. Milch von Kühen verwenden, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, was der Beklagte aus verschiedenen Gründen ablehnt. "Gen-Milch" bringt als Oberbegriff der Kampagne plakativ und schlagwortartig diese Ablehnung zum Ausdruck. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, inwieweit der Begriff zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; NJW 2004, 1942). Gleiches gilt, wenn es um eine Äußerung geht, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446 und vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 15 = NJW 1992, 1439, 1440; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Beides ist hier der Fall.
11
3. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet seine Grenze nach Art. 5 Abs. 2 GG an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 824, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören. Den durch diese Vorschriften geschützten unterneh- mensbezogenen Interessen der Klägerin kommt über Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 GG zugleich verfassungsrechtlicher Schutz zu (vgl. BVerfGE 105, 252, 272 = NJW 2002, 2621, 2622; BVerfG, NJW 1994, 1784; NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359).
12
a) Um die Zulässigkeit einer Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen einander in einer umfassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen sind (BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen - und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 318; BGH, BGHZ 166, 84, 109). Gleiches gilt für das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93 - VersR 1994, 570, 572; BGH, BGHZ 166, 84, 111). Bei dieser Abwägung sind die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208 m.w.N.).
13
b) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden , auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfGE 99, 185, 196 = NJW 1999, 1322, 1324; BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW-RR 2006, 1130, 1131). Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (BVerfGE 85, 1, 17, 20 f. = NJW 1992, 1439, 1440; 90, 241, 248 f. = NJW 1994, 1779; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, bei der Abwägung ins Gewicht (BVerfGE 94, 1, 8 = NJW 1996, 1529, 1530; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO).
14
c) Der von der Klägerin beanstandete Begriff ist demgemäß darauf zu überprüfen, ob mit ihm unwahre Tatsachen behauptet werden (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 345). Eine Äußerung , die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen , wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten , in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1316; vgl. auch Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 7 ff., juris). Auch die schlagwortartig verkürzte Wiedergabe eines Sachverhalts kann selbst dann, wenn sie sich wertender Schlagworte bedient, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung ganz zurücktritt (Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921 und vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905), insbesondere wenn eine unternehmensbezogene Kritik im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage enthält, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens (Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Mai 1969 - VI ZR 256/67 - GRUR 1969, 555, 557 f.). Ist eine Äußerung derart substanzarm, dass sich ihr eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (BVerfGE 61, 1, 9 f. = NJW 1983, 1415, 1416; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711).
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4. Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme des Berufungsgerichts, in der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten im Zusammenhang mit Produkten der Klägerin liege keine unzulässige Tatsachenbehauptung , nicht zu beanstanden. Die Sinndeutung des Begriffs unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.), insbesondere darauf, ob der Tatrichter rechtlich einwandfrei zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen unterschieden hat (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Da es auf die Ermittlung des objektiven Sinns des Begriffs ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten noch das subjektive Verständnis der betroffenen Klägerin und ihrer Unternehmen, sondern das Verständnis, das ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum dem Begriff ausgehend von seinem Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und des sprachlichen Kontextes sowie der erkennbaren Begleitumstände , die den Sinn des Begriffs mitbestimmen, zumisst (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 f. m.w.N.; BGH, BGHZ 166, 84, 101; BVerfGE 93, 266, 295 = NJW 1995, 3303, 3305).
16
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Begriff "Gen-Milch" sei als solcher substanzarm und weise deshalb keinen greifbaren Bedeutungsgehalt auf, der über die Herstellung eines unbestimmten Zusammenhangs zwischen der so bezeichneten Milch und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich hinausgehe.
17
aa) Aus der Vorsilbe "Gen" und einem Hauptwort zusammengesetzte Begriffe wie etwa "Gen-Tomate", "Gen-Mais", "Gen-Soja", "Gen-Schaf" oder "Gen-Food" haben sich zwar als Bezeichnungen eines nicht weiter konkretisierten Zusammenhangs zwischen dem der Vorsilbe "Gen" angefügten Begriff und bestimmten Verfahren zur gentechnischen Veränderung von Organismen eingebürgert. Sie bezeichnen aber bereits diesen Zusammenhang insofern verkürzend und sachlich nicht treffend, als unter "Gen" lediglich der Träger der Erbinformation von Lebewesen zu verstehen ist. Schon deshalb liegt es fern, ihnen einen weitergehenden konkreten Bedeutungsgehalt beizumessen.
18
bb) Darüber hinaus verunklart der Begriff "Gen-Milch" insofern den damit möglicherweise bezeichneten Zusammenhang und deutet ihn somit allenfalls undifferenziert an, als eine gentechnische Veränderung allein an Lebewesen in Betracht kommt. "Gen-Milch" kann ebenso wie etwa "Gen-Food" eine mehr oder weniger große Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnen, in denen das Produkt mit einem genveränderten Organismus steht. Einen darüber hinausgehenden greifbaren Tatsachenkern weisen derartige Begriffe aus sich heraus nicht auf; anderes zeigt auch die Revision nicht auf. Mit Bezeichnungen wie "Gen-Mais", "Gen-Soja" oder "Gen-Schaf" ist "Gen-Milch" schon deswegen nicht auf eine Stufe zu stellen, weil Pflanzen und Tiere als Lebewesen im Unterschied zur Milch gentechnischer Veränderung ihres Erbguts zugänglich sind.
19
cc) Wenn der Beklagte mit dem Begriff "Gen-Milch" einen nicht weiter konkretisierten Zusammenhang herstellt zwischen den bezeichneten Produkten und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich , so liegt darin keine unwahre konkrete Tatsachenbehauptung. Dass Produkte der Unternehmen der Klägerin u.a. aus Milch von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren hergestellt werden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich die betroffene Milch in ihrer Beschaffenheit von Milch unterscheidet, bei deren Herstellungsprozess auf den Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung verzichtet wurde und ob genmanipulierte Desoxyribonukleinsäure (deoxyribonucleic acid, im Folgenden: DNA) aus Futtermitteln nach wissenschaftlicher Erkenntnis in die Milch übergehen kann. Denn selbst wenn ein Einfluss der angewandten Verfahren auf die Beschaffenheit von Milch und Milchprodukten nicht besteht oder nicht nachweisbar ist, weist der Begriff "Gen-Milch" aus sich heraus schon deshalb keinen unwahren konkreten Tatsachenkern auf, weil ein - allerdings weit verstandener - Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung und Produkt schon darin gesehen werden kann, dass ein solches Verfahren im Produktionsprozess zur Anwendung kommt. Ob diese Sicht angemessen oder gar überzeugend ist, berührt den Bereich der Meinungsäußerung, die vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet wird und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lässt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.).
20
b) Allerdings erschließt sich allein aus dieser Betrachtung des Begriffs "Gen-Milch" als solchem noch nicht abschließend der rechtlich relevante Bedeutungsgehalt. Denn eine Äußerung ist nicht isoliert zu würdigen, sondern in dem Gesamtzusammenhang, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 und vom 5. Dezem- ber 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251, jeweils m.w.N.). Daran ändert auch die Bedeutung des Begriffs als schlagwortartiger, kennzeichnender Oberbegriff der Kampagne des Beklagten nichts. Gerade schlagwortartige Begriffe sind in ihrem Kontext zu beurteilen (vgl. BVerfG, NJW 1992, 2013, 2014; Prinz/ Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 18; Seelmann-Eggebert, AfP 2007, 86, 90). Zwar mag im Ausnahmefall anderes gelten, etwa wenn nahe liegt, dass der Durchschnittsrezipient das herausgestellte Schlagwort isoliert wahrnimmt und es zu einer neuen eigenständigen Information verarbeitet (vgl. KG, AfP 1999, 369, 370; OLG Hamburg, AfP 1988, 247). Dies ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht. Insbesondere ist seine Auffassung zutreffend, es seien auch die Internetbeiträge des Beklagten in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten, weil eine Wahrnehmung nur der Schlagworte und Überschriften anders als beim "Kioskleser" (vgl. BVerfGE 97, 125, 152 = VersR 1998, 774, 777 = NJW 1998, 1381, 1384; OLG Hamburg, aaO) bei dem hier in Betracht kommenden Durchschnittsrezipienten, der die Internetbeiträge erst eigens aufrufen muss, ausscheide (vgl. BVerfGE 43, 130, 140 = NJW 1977, 799, 800; KG, aaO). Soweit, wie etwa bei der "Milchbaraktion" des Beklagten, bei der ein Protestschild mit dem Text "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendet wurde, die Möglichkeit bestanden haben mag, dass einzelne Empfänger von den Aktionen nur die Schlagworte wahrnahmen, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn insoweit handelte es sich erkennbar um den plakativen und für sich genommen substanzarmen Ausdruck von Protest, mit dem der Beklagte sein Anliegen öffentlichkeitswirksam zusammenfassen, Interesse daran wecken und Aufmerksamkeit erregen wollte. Die Schlagworte waren ersichtlich aus dem Kontext ergänzungsbedürftig, um überhaupt zu einer verwertbaren Information zu gelangen (vgl. OLG Köln, AfP 1985, 295, 296; KG, aaO, S. 371 f.).
21
c) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes der objektive Sinngehalt des Begriffs "GenMilch" bei allen zu beurteilenden Aktionen aus dem festgestellten Gesamtzusammenhang erschloss, in den ihn der Beklagte stellte, und dass der Begriff danach keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthielt.
22
aa) In den Beiträgen, die er auf seine Internetseiten eingestellt hatte und in deren Text bzw. Überschriften er den Begriff "Gen-Milch" verwendete, brachte der Beklagte erkennbar seine Ablehnung gegen die Verwendung von Futtermitteln aus genveränderten Pflanzen bei Kühen, deren Milch u.a. die Unternehmen der Klägerin verarbeiten, sowie seine Kritik daran zum Ausdruck, dass insofern eine Kennzeichnungspflicht nicht besteht. Bei den Demonstrationen am 30. April 2004 in A. sowie am 10. Mai 2004 in L. und bei der Veranstaltung am 3. Mai 2004 in M. ging nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus mitgeführten Plakaten und Fahrzeugen unzweideutig das Anliegen des Beklagten hervor, seine Ablehnung gegen die Verwendung von gentechnisch veränderten Futtermitteln bei der Milchproduktion u.a. der Klägerin zum Ausdruck zu bringen. Gleiches gilt für die Protestaktion "Müller gegen Müller" sowie den Gesamtzusammenhang des Textes in dem von dem Beklagten vertriebenen Einkaufsratgeber. Die mit ihm verbundenen textlichen und sonstigen Erläuterungen verleihen dem schlagwortartig in Bezug auf die Klägerin verwendeten Begriff "Gen-Milch" einen im jeweiligen Kontext ersichtlichen Bedeutungsgehalt als Oberbegriff der Kampagne und plakative Zusammenfassung der von dem Beklagten geübten Kritik. Einen unwahren Tatsachenkern enthält der Begriff jedenfalls bei Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs nicht.
23
bb) Gleiches gilt für die Verwendung des Begriffs unter unmittelbarem Hinweis auf den Einsatz von Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen , insbesondere mit dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter herge- stellt". Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass derartige Hinweise lediglich die von dem Beklagten geübte Kritik verdeutlichen. Dass sich diese Kritik nicht außerdem aus dem jeweiligen Gesamtzusammenhang ergeben hätte , hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und zeigt die Revision nicht auf. Eine Aussage darüber, ob sich genmanipulierte DNA aus Futtermitteln in der Milch befinde bzw. in die Milch übergehe, enthält die Begriffskombination gerade nicht. Der Hinweis auf "genmanipuliertes Tierfutter" erschöpft sich in der Konkretisierung, dass gentechnische Verfahren im Herstellungsprozess der Milchprodukte insofern zur Anwendung kommen, als die Tiere mit genveränderten Pflanzen gefüttert werden.
24
cc) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht deshalb begründet, weil der Beklagte in dem den Begriff "Gen-Milch" erläuternden Kontext zugleich auch unwahre Tatsachen behauptet hätte. Zwar kann selbst eine schlagwortartig verkürzte Wiedergabe oder Zusammenfassung eines Sachverhalts , die für sich betrachtet eine bloß subjektive Wertung darstellt, durch die Behauptung konkreter und einem Beweis zugänglicher Vorgänge im Kontext inhaltlich ausgefüllt werden und dadurch die Qualität einer - ggf. unrichtigen - Tatsachenbehauptung gewinnen (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365; vom 13. Januar 1987 - VI ZR 45/86 - NJW 1987, 1403; vom 11. Juli 1989 - VI ZR 255/88 - VersR 1989, 1048 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Doch lässt sich unabhängig davon, ob unter dieser Voraussetzung die Verwendung des Schlagworts selbst oder nur die Äußerung der im Kontext aufgestellten unzutreffenden Behauptungen zu untersagen wäre, solange das Schlagwort nicht jeder sachlichen Grundlage entbehrt (vgl. OLG Hamburg, NJW 1992, 2035), den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen, dass der Beklagte konkrete unrichtige Tatsachen behauptet hätte. Insbesondere findet sich nach diesen Feststellungen im entscheidenden Gesamtzusam- menhang nicht die Behauptung, die Milchprodukte enthielten Milch, die selbst gentechnisch verändert sei, oder DNA gentechnisch veränderter Organismen aus Futtermitteln. Auch in über Internet verbreiteten Äußerungen wie es werde versucht, den Verbrauchern "Gentechnik unterzuschieben", oder es habe "Gentechnik im Essen" nichts zu suchen, liegt eine solche Behauptung nicht. Diese Äußerungen sind für sich betrachtet schon wegen der Vielzahl an Sachverhalten , die der Begriff "Gentechnik" bezeichnen kann, wenig greifbar. Bei Würdigung des Gesamtzusammenhangs liegt ihr Bedeutungsgehalt erkennbar in der kritischen Einstufung des keiner Kennzeichnungspflicht unterliegenden Vertriebs von Produkten aus Milch, die von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren stammt, als "Unterschieben von Gentechnik"; sie bringen die Wertung zum Ausdruck, es befinde sich schon dadurch "Gentechnik im Essen". Einen unzutreffenden Tatsachenkern enthalten diese Meinungsäußerungen nicht. Eine Aussage zur Frage des Übergangs genmanipulierter Bestandteile von Futtermitteln in Milch ist ihnen nicht zu entnehmen, vielmehr enthält sich der Beklagte im relevanten Kontext erkennbar einer konkreten Stellungnahme dazu. Unerheblich ist, welche Auffassung der Beklagte hierzu andernorts vertritt oder vertreten hat und ob die im Zusammenhang mit den in der Presseerklärung vom 21. Juni 2004 berichteten Vorgängen über einen Fund von transgenen Bestandteilen von Futtermitteln in Milch geäußerten Einschätzungen des Beklagten zutrafen. Denn es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch macht die Revision geltend, dass diese Äußerungen in einer Beziehung zu der in Bezug auf die Klägerin gebrauchten Bezeichnung "Gen-Milch" standen und dadurch deren Bedeutungsgehalt beeinflussten.
25
dd) Auf die äußeren Umstände der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Zusammenhang mit dem Versehen von Produkten mit Banderolen und Aufklebern in diversen Geschäften am 15. Mai 2004, mit der Verfremdung der Zeichentrickfolge , mit der "Supermarkt-Absperrband-Aktion" vom 18. Dezember 2004 sowie mit der Diaprojektion in L. am 25. November 2004 kann die Klägerin Ansprüche nicht stützen. Zu entscheiden ist lediglich über die Zulässigkeit der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Rahmen der Kampagne, nicht über die Rechtmäßigkeit der Aktionen auf Grund der äußeren Umstände als solche (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2006, 765). Dass die äußeren Umstände, unter denen die Verwendung der beanstandeten Begriffe anlässlich der "SupermarktAbsperrband -Aktion" vom 18. Dezember 2004 erfolgte, diesen Begriffen einen rechtswidrigen Inhalt gaben, ist nicht ersichtlich und macht die Revision nicht geltend. Hinsichtlich der übrigen Aktionen hat das Berufungsgericht bereits die erforderliche (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB) Wiederholungsgefahr verneint, was die Revision nicht beanstandet und was Rechtsfehler nicht erkennen lässt.
26
d) Im Ergebnis zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass sich auch aus den Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis des Begriffs "GenMilch" nicht dessen Unzulässigkeit ergibt. Verbraucherbefragungen zum Verständnis des Durchschnittsrezipienten sind zwar grundsätzlich in die rechtliche Würdigung von Äußerungen einzubeziehen, doch kommt ihnen jedenfalls dann keine entscheidende Bedeutung zu, wenn es Gründe gibt, die gegen ihre Stichhaltigkeit oder Verwertung als Beweismittel sprechen (vgl. BVerfG, NJW 1993, 1461 f.). So liegt es hier, ohne dass es darauf ankommt, ob die durchgeführten Umfragen die von dem Beklagten behaupteten Mängel aufweisen. Die Befragten verbanden mit dem isoliert betrachteten Begriff "Gen-Milch" bzw. mit einem Plakat, als dessen Urheber der Beklagte ausgewiesen war und das den Text "Müller-Milch = Gen-Milch*, *Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" enthielt , sehr unterschiedliche Vorstellungen. Dies belegt lediglich die Substanzarmut des Begriffs als solchem, dass mit ihm eine Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnet sein kann, in denen das bezeichnete Produkt mit einem genveränderten Organismus steht, und dass die Bedeutung des Begriffs in der von dem Beklagten vertretenen Interpretation selbst bei ausschließlich isolierter Betrachtung nicht fern liegt. Darüber hinausgehende Bedeutung für die hier zu treffende Entscheidung kommt den Umfragen schon deshalb nicht zu, weil dort der für die Ermittlung des objektiven Sinngehalts entscheidende Gesamtzusammenhang keine Berücksichtigung gefunden hat.
27
e) Demnach kommt dem beanstandeten Begriff bei Anlegung der zur Sinnermittlung geltenden rechtlichen Maßstäbe, insbesondere bei Einbeziehung des vom Berufungsgericht unbeanstandet festgestellten Gesamtzusammenhangs und bei Ausscheidung von fern liegenden Deutungen (vgl. BVerfGE 93, 266, 296 = NJW 1995, 3303, 3305; 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3771; BVerfGK 7, 1, 9 f.), kein mehrdeutiger Inhalt zu. Die etwaige bloße Möglichkeit, dass einzelne Rezipienten den Begriff "GenMilch" missverstehen, weil sie in ihn von seinem objektiven Sinngehalt nicht gedeckte subjektive Vorstellungen "hineininterpretieren", könnte die geltend gemachten Ansprüche nicht begründen (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14 ff.; vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91 - VersR 1992, 363, 365 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1315; BVerfG, NJW 1993, 1463; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 94). Bei dieser Sachlage kommt es weder darauf an, dass bei der Entscheidung über die Pflicht zur Unterlassung künftiger Äußerungen mit mehrdeutigem Inhalt der Abwägung mit dem durch die Äußerung betroffenen Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen sind und kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund besteht, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen , weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen (BVerfGE 114, 339, 349 f. = NJW 2006, 207, 208 f.; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3773; AfP 2006, 550, 552), noch ist entscheidend, ob diese Grundsätze auch auf Äußerungen anzuwenden sind, die den Gewerbebetrieb und das Persönlichkeitsrecht von Unternehmen beeinträchtigen, und ob sie mit dieser Begründung auch vorliegend heranzuziehen wären.
28
5. Zu Recht gelangt das Berufungsgericht zu der Auffassung, die mit dem Begriff "Gen-Milch" verbundene Kritik greife auch im Übrigen nicht rechtswidrig in unternehmensbezogene Interessen der Klägerin ein. Ihr stehen die geltend gemachten Ansprüche deshalb unabhängig davon nicht zu, ob, wie das Berufungsgericht meint, eine Verurteilung entsprechend den Klaganträgen bereits deshalb ausscheidet, weil die aufklärenden Zusätze allgemein anerkannte Tatsachen zum Gegenstand haben oder inhaltlich unzutreffend sind.
29
a) Ein Gewerbetreibender muss eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinnehmen (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Sie ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf, überzogen oder gar ausfällig formuliert ist, und kann nur unter engen Voraussetzungen als unzulässige Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Einen solchen Charakter nimmt sie erst an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). Dies ist, was auch die Revision nicht bezweifelt, bei der unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" an der Klägerin geübten Kritik nicht der Fall.
30
b) Die erforderliche Abwägung (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; NJW 2008, 358, 359) fällt, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkennt , zugunsten des Beklagten aus.
31
aa) Handelt es sich wie hier um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; BGH, BGHZ 166, 84, 110; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). In der öffentlichen Diskussion von Themen wie der Anwendung gentechnischer Verfahren bei der Lebensmittelproduktion und der Reichweite der Kennzeichnungspflicht, die für breite Bevölkerungskreise von erheblicher Bedeutung sind, dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden, selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Die Abwertung der Produkte als "Gen-Milch" überschreitet diese Grenzen nicht, auch wenn der nicht generell einem Sachlichkeitsgebot unterliegende (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712) Beklagte seine Kritik hätte weniger scharf oder sachlicher formulieren können. Diese Kritik muss die Klägerin auch dann hinnehmen, wenn sie die gegen den Einsatz gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion vorgebrachten Einwände für haltlos, die behaupteten Risiken für nicht gegeben und die geübte Kritik deshalb für einseitig und tendenziell hält, denn Art. 5 Abs. 1 GG erlaubt dem Beklagten, seinen Standpunkt auch überpointiert zur Geltung zu bringen und beschränkt ihn nicht auf eine ausgewogene oder gar schonende Darstellung (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 121). Die Schranken, denen die Aufklä- rung der Verbraucher über die Güte von Konsumgütern insbesondere durch vergleichende Warentests (Senatsurteil BGHZ 65, 325, 333 f.) unterliegt, gelten für die hier streitigen Schlagworte nicht. Denn mit ihnen nimmt der Beklagte Stellung im politischen Meinungskampf; Neutralität nimmt er dabei ebenso wenig für sich in Anspruch wie er Vertrauen in die Objektivität seiner Bewertung schafft (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122).
32
bb) Obwohl dem Beklagten auch in der Darstellungsweise seiner Kritik ein breiter Gestaltungsraum eingeräumt werden, ihm vor allem erlaubt sein muss, seinen Standpunkt möglichst wirkungsvoll zu vertreten, indem er durch die Wahl der Ausdrucksform Aufmerksamkeit auslöst (vgl. BVerfGK 7, 1, 11), muss er seine Äußerungen auch in der Form noch in einem vertretbaren Verhältnis zu seinem sachlichen Anliegen und zu den belastenden Auswirkungen für die Klägerin halten (vgl. Senatsurteile BGHZ 91, 117, 122 und 161, 266, 269; Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 5 Rn. 150). Dass das Berufungsgericht diese Grenze trotz der Intensität und Dauer der Kampagne für nicht überschritten hält, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gewählte Kundgabeform war in besonderer Weise geeignet, das mit der Meinungsäußerung verbundene Anliegen zu erreichen (vgl. BVerfGK 7, 1, 11). Zwar weckt die Bezeichnung "GenMilch" negative Assoziationen gegen die Klägerin und ihre Produkte, die angesichts der Substanzarmut des Begriffs in der Lage sein mögen, bei die Kritik nur oberflächlich wahrnehmenden Teilen des Publikums unbestimmte subjektive Fehlvorstellungen über den Zusammenhang zwischen gentechnischen Verfahren und den Produkten der Klägerin hervorzurufen, ohne dass diese Vorstellungen vom objektiven Bedeutungsgehalt des Begriffs im Gesamtzusammenhang gedeckt sind. Indes ergibt sich das darin liegende Schädigungspotential der Kritik maßgeblich aus in der Bevölkerung bereits vorhandenen Befürchtungen und Vorbehalten gegen die Anwendung gentechnischer Verfahren im Lebens- mittelbereich. Wenn der Beklagte diese Grundeinstellung mit Hilfe von Schlagworten aufnimmt und zur Förderung seiner Ziele verstärkt, steht dies trotz der möglicherweise erheblichen Folgen für die Klägerin jedenfalls solange nicht außer Verhältnis zu dem sachlichen Anliegen, wie dieses aus dem Kontext ausreichend deutlich wird und sich daraus die Bedeutung des Schlagworts zutreffend erschließt, was hier der Fall war.
33
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in der Bezeichnung der Produkte als "Gen-Milch" auch keine unzulässige Anprangerung der Klägerin liegt. Anprangernde Wirkungen können von der Verbreitung zutreffender, aber allgemein als negativ bewerteter Tatsachen ausgehen, aber auch mit Werturteilen verbunden sein, wenn ein allgemeines Sachanliegen durch identifizierende Herausstellung einzelner Personen und damit durch Personalisierung eines als negativ bewerteten Geschehens verdeutlicht werden soll. Die damit verbundene Wirkungssteigerung der Meinungsäußerung muss der Betroffene nur hinnehmen, wenn eine Abwägung mit den Belangen der Meinungsfreiheit ergibt, dass der Schutz des beeinträchtigten Rechts zurückzutreten hat (vgl. BVerfG, AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202; Senatsurteile BGHZ 161, 266, 269; vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117 f.). Eine unzulässige Anprangerung wäre hier insbesondere anzunehmen, wenn der Beklagte die Produkte der Unternehmen der Klägerin ohne jeden sachlichen Anlass in der geschehenen Weise herausgestellt hätte (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185). Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht der Fall. Die Konzentration der Kampagne auf die Klägerin machte das Vorgehen nicht unzulässig, auch wenn sich das von dem Beklagten kritisierte Verhalten der Klägerin mit dem anderer Unternehmen der Branche deckte. Die Klägerin als einflussreiches und bekanntes Unternehmen herauszugreifen, diente der nicht generell unzulässigen Ver- deutlichung eines sachlichen Anliegens durch Personalisierung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 58 f.; vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1118; BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359; AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202) und beruhte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblich auf der vertretbaren Überlegung, durch eine Verhaltensänderung bei der Klägerin eine Sogwirkung in der Branche auszulösen und die Effektivität der Kampagne dadurch zu erhöhen. Dass der Beklagte seine Kritik, die sich nicht eigentlich gegen die Klägerin als solche, sondern gegen jegliche Verwendung gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion richtete, in unzulässiger Weise allein deshalb in der Klägerin "personalisierte", um deren Bekanntheitsgrad und Werbekraft auf seine Kosten für sich auszunutzen (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122), ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht und zeigt die Revision nicht auf, zumal der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht handelte. Aus der teilweisen Einbeziehung des Herrn Theo Müller in die Kampagne, auf die die Revision hinweist, ergibt sich nichts anderes. Unabhängig davon, ob sich die Klägerin selbst darauf berufen könnte, ist Herr Theo Müller als Verantwortungsträger der Unternehmen der Klägerin, nicht als Privatperson betroffen, was jedenfalls die Klägerin selbst im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 GG hinzunehmen hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59).
34
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 28 O 358/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.12.2006 - 15 U 110/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 298/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann
in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung
des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in i hrer Gesamtheit betrachtet
als Meinungsäußerung darstellt.
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen
durch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier
ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.

II.



Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

III.

Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt Hochleistungsmagneten zur Einsparung von fossilen Brennstoffen bei dem Betrieb von Heizungsanlagen her. Sie ist Inhaberin des beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Patents über die "Anordnung zur magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs sowie deren Verwendung". Nach der Patentschrift liegt die Aufgabe der Erfindung darin, den Verbrennungswirkungsgrad des behandelten Treibstoffes signifikant zu erhöhen. Der Beklagte hat Physik und Architektur studiert. Er ist der Auffassung, dass die von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Vorrichtungen keine Energieeinsparung bewirkten und die Klägerin dies wisse. Am 7. Juni 2011 teilte er einer Kundin der Klägerin unter voller Nennung der im Folgenden abgekürzt wiedergegebenen Namen per E-Mail mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe derzeit an einem Artikel über einen groß angelegten Schwindel durch eine Firma S. GmbH, die unter dem Markennamen E. Magnete vermarktet, die an die Brennstoffleitung einer Heizungsanlage geklemmt auf wundersame Weise enorme Energieeinsparungen bewirken sollen. Die Wirkung dieser Magnete entspricht der eines Perpetuum Mobiles, die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung der Magnete ist völliger Unsinn.

Zu den Opfern dieses Betruges gehört auch Ihr Unternehmen. Wie Herr J. vom Facility Management Ihres Unternehmens berichtet, wurden Heizungsanlagen in Ihren Niederlassungen A. und W. mit diesen Magneten ausgestattet.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dieser Angelegenheit Stellung beziehen könnten. Mich interessiert dabei insbesondere, ob Sie durch Ihren Heizungslieferanten oder Energieberater zu diesen Magneten zum Kauf dieser Magnete motiviert wurden, oder ob sich diese nach Kauf dazu geäußert haben. Besonders interessant ist auch, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung durchgeführt wurde. Gerne wird Ihnen dazu jeder Schornsteinfeger bestätigen, dass solch eine Effizienzsteigerung nach einer normalen Wartung und Reinigung, die eventuell beim Einbau der Magnete erfolgte, problemlos messbar ist.

Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dass sich Ihr Unternehmen durch die Bereitstellung des Anwenderberichts zu Werbezwecken für dieses Scharlatanerieprodukt (http://www.e.com/pressemeldungen/pdf/anwenderbericht_e..pdf) gegenüber dadurch beeinflussten weiteren Opfern des Betrugs eventuell schadensersatzpflichtig macht.

Vielen Dank und herzliche Grüße

T. B.

Wissenschaftsjournalist"

2

Nachdem die Klägerin den Beklagten abgemahnt und seine Äußerungen als Schmähkritik bezeichnet hatte, teilte der Beklagte mit E-Mail vom 17. Juni 2011 unter Angabe eines Links mit, das Abmahnschreiben habe ihn veranlasst, den Betrug durch die Klägerin auch im Usenet bekannt zu machen.

3

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die Behauptungen zu unterlassen, die Klägerin initiiere mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen "E." hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den "E."-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles", die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei völliger Unsinn. Das Landgericht hat den Beklagten darüber hinaus verurteilt, es zu unterlassen, unmittelbar an Kunden der Klägerin mit den vorgenannten Behauptungen heranzutreten, und an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.974,40 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, § 824 BGB zu. Durch die beanstandeten Äußerungen habe der Beklagte die unternehmensbezogenen Interessen des Unternehmens der Klägerin betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt seien. Die Äußerungen des Beklagten genössen nicht den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, weil sie als unzulässige Schmähkritik zu qualifizieren seien. Ausweislich seiner E-Mail vom 7. Juni 2011 gehe es dem Beklagten vorrangig nicht um eine Auseinandersetzung mit der von ihm behaupteten Wirkungslosigkeit der von der Klägerin verwendeten Technik. Hierzu enthielten seine Ausführungen kaum einen brauchbaren Anhaltspunkt. Vielmehr gehe es dem Beklagten ersichtlich darum, das Unternehmen der Klägerin in den Augen auch von Kunden herabzusetzen. Während der Leser der E-Mail - anders als aus dem Bericht des Bayerischen Landesamtes für Umwelt - keinerlei Informationen erlange, aus welchen Gründen die Technik der Klägerin unbrauchbar sein solle, werde er ohne nähere Darlegungen mit angeblich betrügerischen Machenschaften der Klägerin konfrontiert. Dies habe mit einer Auseinandersetzung in der Sache nichts zu tun, sondern ziele einzig und allein darauf ab, die Klägerin als Betrügerin darzustellen und den Adressaten vor ihr zu warnen. Der Beklagte habe die Klägerin gleichsam als Betrügerin an den Pranger gestellt. Das Landgericht habe sich auch nicht mit den vom Beklagten behaupteten journalistischen und verbraucherschützenden Motiven für sein Verhalten auseinandersetzen müssen, da er sich erstinstanzlich nicht auf diese Motive berufen habe. Soweit er sie mit der Berufungsbegründung geltend gemacht habe, sei er mit dem Vortrag ausgeschlossen. Abgesehen davon habe er seine Motive bereits nicht nachvollziehbar und glaubhaft dargetan. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Artikel verfasst, ohne dass er dargelegt habe, was ihn daran gehindert habe, journalistisch tätig zu werden. Aber auch dann, wenn seine Motive tatsächlich journalistischer Art gewesen wären, würde es an der Bewertung seiner Äußerungen als Schmähkritik nichts ändern.

II.

5

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen nicht bejaht werden.

6

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen nicht aus § 824 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt, da die angegriffenen Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren sind.

7

a) Gemäß § 824 Abs. 1 BGB hat derjenige, der der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss. Die Vorschrift setzt danach voraus, dass unwahre Tatsachen und nicht bloß Werturteile mitgeteilt werden. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz (vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 62; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 12 Rn. 60; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 246; Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage, § 824 Rn. 2 ff.).

8

b) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72 m.w.N.). Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200; NJW 2008, 358, 359). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 10; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 15; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 63; BVerfGE 90, 241, 247; BVerfG NJW 2008, 358, 359). Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BVerfGE 85, 1, 15 f. m.w.N.; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846).

9

Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachenbehauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (Senatsurteile vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 14; BVerfGK 10, 485, 489). Bei der Sinndeutung ist zu beachten, dass die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 20; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, AfP 2014, 449 Rn. 13; BVerfG, NJW 2013, 217, 218).

10

c) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Aussagen als Meinungsäußerungen zu qualifizieren. Die Äußerungen, die Klägerin betreibe mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen E. hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den E.-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles" und die vom Hersteller "herbeigezerrte" wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei "völliger Unsinn", sind entscheidend durch das Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Zwar weisen alle Teilaussagen in ihrer Gesamtheit betrachtet auch tatsächliche Elemente auf. So bringt der Beklagte mit den Begriffen "Schwindel", "Betrug", "Scharlatanerieprodukte" und "Unsinn" im vorliegenden Zusammenhang zum Ausdruck, dass die von der Klägerin bei der Vermarktung ihres Produkts hervorgehobene energieeinsparende Wirkung der Magnete tatsächlich nicht gegeben sei. Die von der Klägerin zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise treffe nicht zu, die (angeblich) gemessenen Einsparungen könnten auch auf eine beim Einbau der Magnete erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen sein und die Klägerin habe hiervon Kenntnis. Hierin erschöpfen sich die Aussagen aber nicht; sie bringen vielmehr in erster Linie die Missbilligung des geschäftlichen Verhaltens der Klägerin durch den Beklagten zum Ausdruck und enthalten damit eine subjektive Wertung, die mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist. Auch dem Begriff "Betrug" kommt im vorliegenden Zusammenhang kein weitergehender Aussagegehalt zu. Er wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 14; BVerfGE 85, 1, 19; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42). Ein durchschnittlicher Leser versteht unter dieser Behauptung nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes, sondern den weiter gefassten Vorwurf der bewussten Verbrauchertäuschung.

11

2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu.

12

a) Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die angegriffenen Äußerungen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingreifen. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9). Denn die Verwendung der beanstandeten Begriffe ist geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.

13

Die angegriffenen Äußerungen berühren darüber hinaus das durch Art. 12 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Betroffen ist das Interesse der Klägerin daran, dass ihre wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihr abgehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 98; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359 f.). Die angegriffenen Äußerungen sind geeignet, eine Verunsicherung der Kunden der Klägerin zu bewirken mit der Folge, dass diese die angebotenen Leistungen nicht (mehr) nachfragen.

14

Das zuletzt genannte Interesse der Klägerin wird zusätzlich dadurch betroffen, dass der Beklagte mit den angegriffenen Äußerungen unmittelbar an Kunden der Klägerin herangetreten ist.

15

b) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Annahme, dass die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin und ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig sind.

16

aa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 97; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Gleiches gilt für das allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12). Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des jeweiligen Rechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135).

17

bb) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die danach erforderliche Abwägung sei vorliegend entbehrlich, weil die angegriffenen Äußerungen als Schmähkritik zu qualifizieren seien und deshalb nicht am Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG teilhätten.

18

(1) Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Eine Schmähung liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; BVerfG, AfP 2013, 388 Rn. 15; NJW 2014, 3357 Rn. 11; NJW-RR 2004, 1710, 1712, jeweils m.w.N.). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 16).

19

(2) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Äußerungen nicht als Schmähkritik zu qualifizieren. Auch hier ist nämlich zu beachten, dass eine Aussage nicht isoliert gewürdigt werden darf, sondern in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 19). Der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 kann bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ein Sachbezug nicht abgesprochen werden. Es handelt sich zwar um polemische und überspitzte Kritik; diese hat aber eine sachliche Auseinandersetzung zur Grundlage. Der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit der gewerblichen Leistung und dem Geschäftsgebaren der Klägerin auseinander. Ihm geht es erkennbar darum, die aus seiner Sicht gegebene völlige Wirkungslosigkeit der Produkte der Klägerin aufzudecken und zur Unterrichtung der Marktteilnehmer und zur Markttransparenz beizutragen. Zu diesem Zweck bittet er den angeschriebenen Kunden der Klägerin um nähere Informationen, wie es zu dem Anwenderbericht des Kunden gekommen ist, den die Klägerin zu Werbezwecken für ihr Produkt verwendet. So bittet er insbesondere um Mitteilung, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung der Heizung durchgeführt wurde, und weist darauf hin, dass eine Effizienzsteigerung bereits nach einer normalen Wartung und Reinigung zu erwarten sei.

20

cc) Im Streitfall sind deshalb die unter a) genannten Schutzinteressen der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.

21

(1) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.). Danach fällt bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht. Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 18; vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081 Rn. 12; BVerfGE 90, 241, 248 f.; 94, 1, 8; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2008, 358, 359 f., 38; NJW 2012, 1643 Rn. 34). Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33). Dementsprechend muss sich ein Gewerbetreibender wertende, nicht mit unwahren Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik an seiner gewerblichen Leistung in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert ist (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich).

22

(2) Auf der Grundlage des mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags des Beklagten hat das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen und ihrer unternehmensbezogenen Interessen nach diesen Grundsätzen hinter dem Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit zurückzutreten. Nach dem - u.a. durch Vorlage zweier Privatgutachten und eines Warnschreibens des Bayerischen Landesamtes für Umwelt konkretisierten - Sachvortrag des Beklagten sind die tatsächlichen Elemente seiner insgesamt als Meinungsäußerungen zu qualifizierenden Aussagen wahr. Denn danach sind die von der Klägerin mit dem Versprechen der Energieeinsparung bei dem Betrieb von Heizungsanlagen vertriebenen Magnete wirkungslos. Die angeblich energieeinsparende Wirkung der Magnete ist tatsächlich nicht gegeben. Etwaige Energieeinsparungen nach dem Einbau eines Magneten sind auf eine beim Einbau des Magneten erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen. Die von der Klägerin durchgeführten, eine Effizienzsteigerung belegenden Messungen sind nicht aussagekräftig, da sie nicht unter standardisierten Bedingungen und von objektiven Dritten durchgeführt worden sind. Die zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise trifft nicht zu; der als Beleg für die Wirkung der Magnete hergestellte Bezug zur Kernspinresonanz ist frei erfunden und dient der bewussten Täuschung potentieller Kunden.

23

Zu Gunsten des Beklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass er seine Äußerungen nicht im Rahmen einer privaten Auseinandersetzung zur Verfolgung von Eigeninteressen gemacht, sondern ein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, AfP 2009, 55 Rn. 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich). Auch an wirtschaftlichen Fragen kann ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit, insbesondere der vom Verhalten eines Unternehmens betroffenen Kreise, bestehen. Eine marktwirtschaftliche Ordnung setzt voraus, dass die Marktteilnehmer über ein möglichst hohes Maß an Informationen über marktrelevante Faktoren verfügen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Wie sich bereits aus der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 ergibt, ging es ihm ungeachtet seiner überspitzten Formulierungen darum, über fragwürdige Geschäftspraktiken aufzuklären. Darüber hinaus ergab sich für den Empfängerkreis bereits aus der Art der Darstellung, dass ein subjektives Werturteil formuliert wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Meinungsfreiheit des Beklagten im Kern betroffen wird, wenn ihm die Äußerung seiner Meinung gerichtlich untersagt wird. Die Verurteilung zur Unterlassung einer Äußerung muss aber im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden (vgl. BVerfGK 2, 325, 329; BVerfG, AfP 2012, 549 Rn. 35).

24

3. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen Einwendungen der Parteien auseinanderzusetzen.

Galke                   Diederichsen                   Stöhr

          v. Pentz                            Oehler

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 7/07
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Zulässigkeit der Bezeichnung von Milchprodukten als "Gen-Milch".
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Dezember 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, die Unterlassung, die von ihren Unternehmen vertriebenen Produkte ohne aufklärenden Zusatz als "Gen-Milch" zu bezeichnen.
2
Die Klägerin ist die Konzernobergesellschaft einer international tätigen Unternehmensgruppe für Milch- und Molkereiprodukte, die sie u.a. unter den Marken "Müller", "Weihenstephan", "Sachsenmilch" und "Loose" vertreibt. Die zum Konzernverband der Klägerin gehörenden Unternehmen verarbeiten in ihren Produkten Milch, die von Kühen stammt, die auch gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben.
3
Der Beklagte befasst sich mit Umwelt- und Tierschutz sowie der Verbraucheraufklärung , u.a. über Gefahren und Risiken des Einsatzes gentechni- scher Verfahren in der Lebensmittelproduktion. Er hält die Regelung der im Jahr 2004 in Kraft getretenen EG-Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln (VO [EG] Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003, ABl. L 268, S. 24 ff.) für unzureichend , weil sie nicht zur Kennzeichnung solcher tierischer Produkte wie Milch verpflichte, deren Erzeugertiere gentechnisch verändertes Futter erhalten haben. Darin sieht der Beklagte eine Verbraucherinformationslücke. Um diese auszugleichen, trat er u.a. an die Klägerin mit der Forderung heran, den Milchlieferanten zur Auflage zu machen, auf gentechnisch veränderte Futtermittel zu verzichten. Dieser Forderung kam die Klägerin nicht nach. Der Beklagte nahm dies zum Anlass, auf sein Anliegen in Publikationen sowie bei diversen öffentlichen Aktionen unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" als Überschrift bzw. Plakataufschrift aufmerksam zu machen.
4
Zwischen dem 28. April 2004 und dem 17. Mai 2004 stellte der Beklagte mehrere Beiträge auf seinen Internetseiten ein, die unter Überschriften wie "Gen-Milch, … oder was?", "Gen-Milch-Skandal bei der Müller-Partei?" oder "Bundesweiter Protest gegen Gen-Milch" Kritik an der Weigerung der Klägerin übten, auf die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel bei der Produktion der verarbeiteten Milch zu verzichten. Am 30. April 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten unter Verwendung von Schildern mit Parolen gegen "Gen-Milch" vor einem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Gebäude in A.. Am 3. Mai 2004 veranstaltete der Beklagte in M. unter dem Banner "Echt lecker - geht nur ohne Gen-Milch, Herr Müller" ein öffentliches Milchreiskochen. Am 10. Mai 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten vor dem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Werk in L. u.a. unter Verwendung von Plakaten mit der Aufschrift "Stoppt Gen-Milch von Müller". Am 27. No- vember 2004 räumten Aktivisten des Beklagten in mehr als 100 Supermärkten Produkte der Klägerin aus den Regalen und legten sie in Einkaufswagen, an denen sich Hinweisschilder mit der Aufschrift "Müller-Milch = Gen-Milch*" und dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" befanden. Ab Mitte Januar 2005 fuhren Mitarbeiter des Beklagten mit einer mobilen Milchbar durch Deutschland, an der sie Passanten Milch zum Verzehr anboten und Protestschilder mit Texten wie "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendeten. In einem auf seine Internetseiten eingestellten Aufruf "Müller gegen Müller" lud der Beklagte zum "Protest gegen die Gen-Milch" ein. Außerdem vertreibt er einen Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik", in dem er u.a. auflistet, ob die darin genannten Firmen garantieren, keine tierischen Rohstoffe zur Herstellung ihrer Produkte zu verwenden, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. In der - inzwischen überholten - 6. Auflage dieses Ratgebers hieß es dort u.a.: "Müller-Milch ist Gen-Milch".
5
Die Klägerin ist der Auffassung, in dem Begriff "Gen-Milch" liege die unwahre Tatsachenbehauptung, die von ihren Unternehmen verarbeitete Milch sei "genbehandelt". Dafür beruft sie sich u.a. auf Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen untersagt, die Produkte der Klägerin, gegebenenfalls unter Hinweis auf den Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel, als "Gen-Milch" zu bezeichnen, sofern nicht gleichzeitig darauf hingewiesen werde, dass die Produkte selbst nicht gentechnisch verändert seien bzw. dass sich nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand in den Produkten auch keine Komponenten aus der gentechnischen Veränderung der Futtermittel nachweisen ließen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in NJW-RR 2007, 698 abgedruckt ist, verneint Unterlassungsansprüche der Klägerin. In der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten liege eine von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung. Sie überschreite nicht die Grenze der Schmähkritik und sei unter Abwägung zwischen der Schwere der damit verbundenen Beeinträchtigung der Klägerin und dem Gewicht der Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten als rechtmäßig einzustufen. Der Begriff "Gen-Milch" sei isoliert betrachtet substanzarm und ohne Tatsachengehalt. Bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes, in dem der Beklagte diesen Begriff verwendet habe, lasse sich der beanstandeten Äußerung keine unwahre Tatsachenbehauptung entnehmen. Aus Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis ergebe sich nichts anderes, weil in diesen der relevante Kontext unberücksichtigt geblieben sei. Abgesehen davon erfasse ein unvoreingenommener und verständiger Bürger die Neuschaffung des Begriffs "Gen-Milch" und wisse, dass Aktionen des Beklagten von Informationen und Presseerklärungen begleitet würden, die vor Ort und im Internet zur Verfügung ständen.
7
Die Verwendung des beanstandeten Begriffs in Pressemitteilungen und Kampagnen des Beklagten entfalte trotz deren Intensität und Dauer keine unverhältnismäßige Prangerwirkung. Eine Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" ohne die von der Klägerin gewünschten erklärenden Zusätze komme auch deshalb nicht in Betracht, weil diese inhaltlich nicht gerechtfertigt seien. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verneinung der "Günstigkeitsregel" bei Unterlassungsansprüchen im Falle mehrdeutiger Äußerungen (BVerfGE 114, 339 = NJW 2006, 207; BVerfG, NJW 2006, 3769) gelte nur, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen sei, nicht aber bei einer Beeinträchtigung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts. Diesem komme in der Wechselwirkung gegenüber anderen Grundrechten wie dem der Meinungsäußerungsfreiheit ein geringeres Gewicht zu. Im Übrigen sei der Begriff "Gen-Milch" nicht mehrdeutig. Er enthalte auch unter Berücksichtigung des Kontextes, in dem der Beklagte ihn verwendet habe , keine Tatsachenbehauptung.

II.

8
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin stehen Unterlassungsansprüche entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB nicht zu.
9
1. Durch die Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" für Produkte der Unternehmen der Klägerin sind allerdings deren unternehmensbezogene Interessen betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt sind. Wie die Revision mit Recht geltend macht, ist die Verwendung des beanstandeten Begriffs geeignet, das unternehmerische wie das betriebliche Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen und ihr damit auch wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, denn mit der Bezeichnung "Gen-Milch" werden die so beschriebenen Produkte mit dem Einsatz gentechnischer Verfahren in Verbindung gebracht , die von Teilen der Bevölkerung als gesundheitlich bedenklich angesehen werden und deshalb teilweise auf Ablehnung stoßen. Die Bezeichnung von Produkten als "Gen-Milch" erweist sich deshalb zumindest für einen Teil der Verbraucher als abwertend. Die dadurch hervorgerufene Betroffenheit der unternehmensbezogenen Interessen der Klägerin besteht unabhängig davon, ob der beanstandete Begriff vorliegend als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung einzustufen ist.
10
2. Der Gebrauch des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten genießt jedoch den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts verwendete der Beklagte den Begriff "Gen-Milch" im Rahmen einer gegen die Unternehmen der Klägerin gerichteten Kampagne, die sich dagegen wandte, dass diese Unternehmen bei der Herstellung ihrer Produkte u.a. Milch von Kühen verwenden, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, was der Beklagte aus verschiedenen Gründen ablehnt. "Gen-Milch" bringt als Oberbegriff der Kampagne plakativ und schlagwortartig diese Ablehnung zum Ausdruck. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, inwieweit der Begriff zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; NJW 2004, 1942). Gleiches gilt, wenn es um eine Äußerung geht, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446 und vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 15 = NJW 1992, 1439, 1440; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Beides ist hier der Fall.
11
3. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet seine Grenze nach Art. 5 Abs. 2 GG an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 824, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören. Den durch diese Vorschriften geschützten unterneh- mensbezogenen Interessen der Klägerin kommt über Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 GG zugleich verfassungsrechtlicher Schutz zu (vgl. BVerfGE 105, 252, 272 = NJW 2002, 2621, 2622; BVerfG, NJW 1994, 1784; NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359).
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a) Um die Zulässigkeit einer Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen einander in einer umfassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen sind (BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen - und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 318; BGH, BGHZ 166, 84, 109). Gleiches gilt für das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93 - VersR 1994, 570, 572; BGH, BGHZ 166, 84, 111). Bei dieser Abwägung sind die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208 m.w.N.).
13
b) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden , auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfGE 99, 185, 196 = NJW 1999, 1322, 1324; BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW-RR 2006, 1130, 1131). Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (BVerfGE 85, 1, 17, 20 f. = NJW 1992, 1439, 1440; 90, 241, 248 f. = NJW 1994, 1779; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, bei der Abwägung ins Gewicht (BVerfGE 94, 1, 8 = NJW 1996, 1529, 1530; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO).
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c) Der von der Klägerin beanstandete Begriff ist demgemäß darauf zu überprüfen, ob mit ihm unwahre Tatsachen behauptet werden (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 345). Eine Äußerung , die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen , wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten , in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1316; vgl. auch Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 7 ff., juris). Auch die schlagwortartig verkürzte Wiedergabe eines Sachverhalts kann selbst dann, wenn sie sich wertender Schlagworte bedient, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung ganz zurücktritt (Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921 und vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905), insbesondere wenn eine unternehmensbezogene Kritik im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage enthält, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens (Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Mai 1969 - VI ZR 256/67 - GRUR 1969, 555, 557 f.). Ist eine Äußerung derart substanzarm, dass sich ihr eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (BVerfGE 61, 1, 9 f. = NJW 1983, 1415, 1416; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711).
15
4. Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme des Berufungsgerichts, in der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten im Zusammenhang mit Produkten der Klägerin liege keine unzulässige Tatsachenbehauptung , nicht zu beanstanden. Die Sinndeutung des Begriffs unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.), insbesondere darauf, ob der Tatrichter rechtlich einwandfrei zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen unterschieden hat (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Da es auf die Ermittlung des objektiven Sinns des Begriffs ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten noch das subjektive Verständnis der betroffenen Klägerin und ihrer Unternehmen, sondern das Verständnis, das ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum dem Begriff ausgehend von seinem Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und des sprachlichen Kontextes sowie der erkennbaren Begleitumstände , die den Sinn des Begriffs mitbestimmen, zumisst (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 f. m.w.N.; BGH, BGHZ 166, 84, 101; BVerfGE 93, 266, 295 = NJW 1995, 3303, 3305).
16
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Begriff "Gen-Milch" sei als solcher substanzarm und weise deshalb keinen greifbaren Bedeutungsgehalt auf, der über die Herstellung eines unbestimmten Zusammenhangs zwischen der so bezeichneten Milch und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich hinausgehe.
17
aa) Aus der Vorsilbe "Gen" und einem Hauptwort zusammengesetzte Begriffe wie etwa "Gen-Tomate", "Gen-Mais", "Gen-Soja", "Gen-Schaf" oder "Gen-Food" haben sich zwar als Bezeichnungen eines nicht weiter konkretisierten Zusammenhangs zwischen dem der Vorsilbe "Gen" angefügten Begriff und bestimmten Verfahren zur gentechnischen Veränderung von Organismen eingebürgert. Sie bezeichnen aber bereits diesen Zusammenhang insofern verkürzend und sachlich nicht treffend, als unter "Gen" lediglich der Träger der Erbinformation von Lebewesen zu verstehen ist. Schon deshalb liegt es fern, ihnen einen weitergehenden konkreten Bedeutungsgehalt beizumessen.
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bb) Darüber hinaus verunklart der Begriff "Gen-Milch" insofern den damit möglicherweise bezeichneten Zusammenhang und deutet ihn somit allenfalls undifferenziert an, als eine gentechnische Veränderung allein an Lebewesen in Betracht kommt. "Gen-Milch" kann ebenso wie etwa "Gen-Food" eine mehr oder weniger große Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnen, in denen das Produkt mit einem genveränderten Organismus steht. Einen darüber hinausgehenden greifbaren Tatsachenkern weisen derartige Begriffe aus sich heraus nicht auf; anderes zeigt auch die Revision nicht auf. Mit Bezeichnungen wie "Gen-Mais", "Gen-Soja" oder "Gen-Schaf" ist "Gen-Milch" schon deswegen nicht auf eine Stufe zu stellen, weil Pflanzen und Tiere als Lebewesen im Unterschied zur Milch gentechnischer Veränderung ihres Erbguts zugänglich sind.
19
cc) Wenn der Beklagte mit dem Begriff "Gen-Milch" einen nicht weiter konkretisierten Zusammenhang herstellt zwischen den bezeichneten Produkten und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich , so liegt darin keine unwahre konkrete Tatsachenbehauptung. Dass Produkte der Unternehmen der Klägerin u.a. aus Milch von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren hergestellt werden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich die betroffene Milch in ihrer Beschaffenheit von Milch unterscheidet, bei deren Herstellungsprozess auf den Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung verzichtet wurde und ob genmanipulierte Desoxyribonukleinsäure (deoxyribonucleic acid, im Folgenden: DNA) aus Futtermitteln nach wissenschaftlicher Erkenntnis in die Milch übergehen kann. Denn selbst wenn ein Einfluss der angewandten Verfahren auf die Beschaffenheit von Milch und Milchprodukten nicht besteht oder nicht nachweisbar ist, weist der Begriff "Gen-Milch" aus sich heraus schon deshalb keinen unwahren konkreten Tatsachenkern auf, weil ein - allerdings weit verstandener - Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung und Produkt schon darin gesehen werden kann, dass ein solches Verfahren im Produktionsprozess zur Anwendung kommt. Ob diese Sicht angemessen oder gar überzeugend ist, berührt den Bereich der Meinungsäußerung, die vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet wird und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lässt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.).
20
b) Allerdings erschließt sich allein aus dieser Betrachtung des Begriffs "Gen-Milch" als solchem noch nicht abschließend der rechtlich relevante Bedeutungsgehalt. Denn eine Äußerung ist nicht isoliert zu würdigen, sondern in dem Gesamtzusammenhang, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 und vom 5. Dezem- ber 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251, jeweils m.w.N.). Daran ändert auch die Bedeutung des Begriffs als schlagwortartiger, kennzeichnender Oberbegriff der Kampagne des Beklagten nichts. Gerade schlagwortartige Begriffe sind in ihrem Kontext zu beurteilen (vgl. BVerfG, NJW 1992, 2013, 2014; Prinz/ Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 18; Seelmann-Eggebert, AfP 2007, 86, 90). Zwar mag im Ausnahmefall anderes gelten, etwa wenn nahe liegt, dass der Durchschnittsrezipient das herausgestellte Schlagwort isoliert wahrnimmt und es zu einer neuen eigenständigen Information verarbeitet (vgl. KG, AfP 1999, 369, 370; OLG Hamburg, AfP 1988, 247). Dies ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht. Insbesondere ist seine Auffassung zutreffend, es seien auch die Internetbeiträge des Beklagten in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten, weil eine Wahrnehmung nur der Schlagworte und Überschriften anders als beim "Kioskleser" (vgl. BVerfGE 97, 125, 152 = VersR 1998, 774, 777 = NJW 1998, 1381, 1384; OLG Hamburg, aaO) bei dem hier in Betracht kommenden Durchschnittsrezipienten, der die Internetbeiträge erst eigens aufrufen muss, ausscheide (vgl. BVerfGE 43, 130, 140 = NJW 1977, 799, 800; KG, aaO). Soweit, wie etwa bei der "Milchbaraktion" des Beklagten, bei der ein Protestschild mit dem Text "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendet wurde, die Möglichkeit bestanden haben mag, dass einzelne Empfänger von den Aktionen nur die Schlagworte wahrnahmen, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn insoweit handelte es sich erkennbar um den plakativen und für sich genommen substanzarmen Ausdruck von Protest, mit dem der Beklagte sein Anliegen öffentlichkeitswirksam zusammenfassen, Interesse daran wecken und Aufmerksamkeit erregen wollte. Die Schlagworte waren ersichtlich aus dem Kontext ergänzungsbedürftig, um überhaupt zu einer verwertbaren Information zu gelangen (vgl. OLG Köln, AfP 1985, 295, 296; KG, aaO, S. 371 f.).
21
c) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes der objektive Sinngehalt des Begriffs "GenMilch" bei allen zu beurteilenden Aktionen aus dem festgestellten Gesamtzusammenhang erschloss, in den ihn der Beklagte stellte, und dass der Begriff danach keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthielt.
22
aa) In den Beiträgen, die er auf seine Internetseiten eingestellt hatte und in deren Text bzw. Überschriften er den Begriff "Gen-Milch" verwendete, brachte der Beklagte erkennbar seine Ablehnung gegen die Verwendung von Futtermitteln aus genveränderten Pflanzen bei Kühen, deren Milch u.a. die Unternehmen der Klägerin verarbeiten, sowie seine Kritik daran zum Ausdruck, dass insofern eine Kennzeichnungspflicht nicht besteht. Bei den Demonstrationen am 30. April 2004 in A. sowie am 10. Mai 2004 in L. und bei der Veranstaltung am 3. Mai 2004 in M. ging nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus mitgeführten Plakaten und Fahrzeugen unzweideutig das Anliegen des Beklagten hervor, seine Ablehnung gegen die Verwendung von gentechnisch veränderten Futtermitteln bei der Milchproduktion u.a. der Klägerin zum Ausdruck zu bringen. Gleiches gilt für die Protestaktion "Müller gegen Müller" sowie den Gesamtzusammenhang des Textes in dem von dem Beklagten vertriebenen Einkaufsratgeber. Die mit ihm verbundenen textlichen und sonstigen Erläuterungen verleihen dem schlagwortartig in Bezug auf die Klägerin verwendeten Begriff "Gen-Milch" einen im jeweiligen Kontext ersichtlichen Bedeutungsgehalt als Oberbegriff der Kampagne und plakative Zusammenfassung der von dem Beklagten geübten Kritik. Einen unwahren Tatsachenkern enthält der Begriff jedenfalls bei Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs nicht.
23
bb) Gleiches gilt für die Verwendung des Begriffs unter unmittelbarem Hinweis auf den Einsatz von Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen , insbesondere mit dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter herge- stellt". Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass derartige Hinweise lediglich die von dem Beklagten geübte Kritik verdeutlichen. Dass sich diese Kritik nicht außerdem aus dem jeweiligen Gesamtzusammenhang ergeben hätte , hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und zeigt die Revision nicht auf. Eine Aussage darüber, ob sich genmanipulierte DNA aus Futtermitteln in der Milch befinde bzw. in die Milch übergehe, enthält die Begriffskombination gerade nicht. Der Hinweis auf "genmanipuliertes Tierfutter" erschöpft sich in der Konkretisierung, dass gentechnische Verfahren im Herstellungsprozess der Milchprodukte insofern zur Anwendung kommen, als die Tiere mit genveränderten Pflanzen gefüttert werden.
24
cc) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht deshalb begründet, weil der Beklagte in dem den Begriff "Gen-Milch" erläuternden Kontext zugleich auch unwahre Tatsachen behauptet hätte. Zwar kann selbst eine schlagwortartig verkürzte Wiedergabe oder Zusammenfassung eines Sachverhalts , die für sich betrachtet eine bloß subjektive Wertung darstellt, durch die Behauptung konkreter und einem Beweis zugänglicher Vorgänge im Kontext inhaltlich ausgefüllt werden und dadurch die Qualität einer - ggf. unrichtigen - Tatsachenbehauptung gewinnen (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365; vom 13. Januar 1987 - VI ZR 45/86 - NJW 1987, 1403; vom 11. Juli 1989 - VI ZR 255/88 - VersR 1989, 1048 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Doch lässt sich unabhängig davon, ob unter dieser Voraussetzung die Verwendung des Schlagworts selbst oder nur die Äußerung der im Kontext aufgestellten unzutreffenden Behauptungen zu untersagen wäre, solange das Schlagwort nicht jeder sachlichen Grundlage entbehrt (vgl. OLG Hamburg, NJW 1992, 2035), den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen, dass der Beklagte konkrete unrichtige Tatsachen behauptet hätte. Insbesondere findet sich nach diesen Feststellungen im entscheidenden Gesamtzusam- menhang nicht die Behauptung, die Milchprodukte enthielten Milch, die selbst gentechnisch verändert sei, oder DNA gentechnisch veränderter Organismen aus Futtermitteln. Auch in über Internet verbreiteten Äußerungen wie es werde versucht, den Verbrauchern "Gentechnik unterzuschieben", oder es habe "Gentechnik im Essen" nichts zu suchen, liegt eine solche Behauptung nicht. Diese Äußerungen sind für sich betrachtet schon wegen der Vielzahl an Sachverhalten , die der Begriff "Gentechnik" bezeichnen kann, wenig greifbar. Bei Würdigung des Gesamtzusammenhangs liegt ihr Bedeutungsgehalt erkennbar in der kritischen Einstufung des keiner Kennzeichnungspflicht unterliegenden Vertriebs von Produkten aus Milch, die von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren stammt, als "Unterschieben von Gentechnik"; sie bringen die Wertung zum Ausdruck, es befinde sich schon dadurch "Gentechnik im Essen". Einen unzutreffenden Tatsachenkern enthalten diese Meinungsäußerungen nicht. Eine Aussage zur Frage des Übergangs genmanipulierter Bestandteile von Futtermitteln in Milch ist ihnen nicht zu entnehmen, vielmehr enthält sich der Beklagte im relevanten Kontext erkennbar einer konkreten Stellungnahme dazu. Unerheblich ist, welche Auffassung der Beklagte hierzu andernorts vertritt oder vertreten hat und ob die im Zusammenhang mit den in der Presseerklärung vom 21. Juni 2004 berichteten Vorgängen über einen Fund von transgenen Bestandteilen von Futtermitteln in Milch geäußerten Einschätzungen des Beklagten zutrafen. Denn es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch macht die Revision geltend, dass diese Äußerungen in einer Beziehung zu der in Bezug auf die Klägerin gebrauchten Bezeichnung "Gen-Milch" standen und dadurch deren Bedeutungsgehalt beeinflussten.
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dd) Auf die äußeren Umstände der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Zusammenhang mit dem Versehen von Produkten mit Banderolen und Aufklebern in diversen Geschäften am 15. Mai 2004, mit der Verfremdung der Zeichentrickfolge , mit der "Supermarkt-Absperrband-Aktion" vom 18. Dezember 2004 sowie mit der Diaprojektion in L. am 25. November 2004 kann die Klägerin Ansprüche nicht stützen. Zu entscheiden ist lediglich über die Zulässigkeit der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Rahmen der Kampagne, nicht über die Rechtmäßigkeit der Aktionen auf Grund der äußeren Umstände als solche (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2006, 765). Dass die äußeren Umstände, unter denen die Verwendung der beanstandeten Begriffe anlässlich der "SupermarktAbsperrband -Aktion" vom 18. Dezember 2004 erfolgte, diesen Begriffen einen rechtswidrigen Inhalt gaben, ist nicht ersichtlich und macht die Revision nicht geltend. Hinsichtlich der übrigen Aktionen hat das Berufungsgericht bereits die erforderliche (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB) Wiederholungsgefahr verneint, was die Revision nicht beanstandet und was Rechtsfehler nicht erkennen lässt.
26
d) Im Ergebnis zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass sich auch aus den Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis des Begriffs "GenMilch" nicht dessen Unzulässigkeit ergibt. Verbraucherbefragungen zum Verständnis des Durchschnittsrezipienten sind zwar grundsätzlich in die rechtliche Würdigung von Äußerungen einzubeziehen, doch kommt ihnen jedenfalls dann keine entscheidende Bedeutung zu, wenn es Gründe gibt, die gegen ihre Stichhaltigkeit oder Verwertung als Beweismittel sprechen (vgl. BVerfG, NJW 1993, 1461 f.). So liegt es hier, ohne dass es darauf ankommt, ob die durchgeführten Umfragen die von dem Beklagten behaupteten Mängel aufweisen. Die Befragten verbanden mit dem isoliert betrachteten Begriff "Gen-Milch" bzw. mit einem Plakat, als dessen Urheber der Beklagte ausgewiesen war und das den Text "Müller-Milch = Gen-Milch*, *Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" enthielt , sehr unterschiedliche Vorstellungen. Dies belegt lediglich die Substanzarmut des Begriffs als solchem, dass mit ihm eine Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnet sein kann, in denen das bezeichnete Produkt mit einem genveränderten Organismus steht, und dass die Bedeutung des Begriffs in der von dem Beklagten vertretenen Interpretation selbst bei ausschließlich isolierter Betrachtung nicht fern liegt. Darüber hinausgehende Bedeutung für die hier zu treffende Entscheidung kommt den Umfragen schon deshalb nicht zu, weil dort der für die Ermittlung des objektiven Sinngehalts entscheidende Gesamtzusammenhang keine Berücksichtigung gefunden hat.
27
e) Demnach kommt dem beanstandeten Begriff bei Anlegung der zur Sinnermittlung geltenden rechtlichen Maßstäbe, insbesondere bei Einbeziehung des vom Berufungsgericht unbeanstandet festgestellten Gesamtzusammenhangs und bei Ausscheidung von fern liegenden Deutungen (vgl. BVerfGE 93, 266, 296 = NJW 1995, 3303, 3305; 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3771; BVerfGK 7, 1, 9 f.), kein mehrdeutiger Inhalt zu. Die etwaige bloße Möglichkeit, dass einzelne Rezipienten den Begriff "GenMilch" missverstehen, weil sie in ihn von seinem objektiven Sinngehalt nicht gedeckte subjektive Vorstellungen "hineininterpretieren", könnte die geltend gemachten Ansprüche nicht begründen (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14 ff.; vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91 - VersR 1992, 363, 365 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1315; BVerfG, NJW 1993, 1463; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 94). Bei dieser Sachlage kommt es weder darauf an, dass bei der Entscheidung über die Pflicht zur Unterlassung künftiger Äußerungen mit mehrdeutigem Inhalt der Abwägung mit dem durch die Äußerung betroffenen Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen sind und kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund besteht, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen , weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen (BVerfGE 114, 339, 349 f. = NJW 2006, 207, 208 f.; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3773; AfP 2006, 550, 552), noch ist entscheidend, ob diese Grundsätze auch auf Äußerungen anzuwenden sind, die den Gewerbebetrieb und das Persönlichkeitsrecht von Unternehmen beeinträchtigen, und ob sie mit dieser Begründung auch vorliegend heranzuziehen wären.
28
5. Zu Recht gelangt das Berufungsgericht zu der Auffassung, die mit dem Begriff "Gen-Milch" verbundene Kritik greife auch im Übrigen nicht rechtswidrig in unternehmensbezogene Interessen der Klägerin ein. Ihr stehen die geltend gemachten Ansprüche deshalb unabhängig davon nicht zu, ob, wie das Berufungsgericht meint, eine Verurteilung entsprechend den Klaganträgen bereits deshalb ausscheidet, weil die aufklärenden Zusätze allgemein anerkannte Tatsachen zum Gegenstand haben oder inhaltlich unzutreffend sind.
29
a) Ein Gewerbetreibender muss eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinnehmen (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Sie ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf, überzogen oder gar ausfällig formuliert ist, und kann nur unter engen Voraussetzungen als unzulässige Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Einen solchen Charakter nimmt sie erst an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). Dies ist, was auch die Revision nicht bezweifelt, bei der unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" an der Klägerin geübten Kritik nicht der Fall.
30
b) Die erforderliche Abwägung (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; NJW 2008, 358, 359) fällt, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkennt , zugunsten des Beklagten aus.
31
aa) Handelt es sich wie hier um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; BGH, BGHZ 166, 84, 110; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). In der öffentlichen Diskussion von Themen wie der Anwendung gentechnischer Verfahren bei der Lebensmittelproduktion und der Reichweite der Kennzeichnungspflicht, die für breite Bevölkerungskreise von erheblicher Bedeutung sind, dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden, selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Die Abwertung der Produkte als "Gen-Milch" überschreitet diese Grenzen nicht, auch wenn der nicht generell einem Sachlichkeitsgebot unterliegende (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712) Beklagte seine Kritik hätte weniger scharf oder sachlicher formulieren können. Diese Kritik muss die Klägerin auch dann hinnehmen, wenn sie die gegen den Einsatz gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion vorgebrachten Einwände für haltlos, die behaupteten Risiken für nicht gegeben und die geübte Kritik deshalb für einseitig und tendenziell hält, denn Art. 5 Abs. 1 GG erlaubt dem Beklagten, seinen Standpunkt auch überpointiert zur Geltung zu bringen und beschränkt ihn nicht auf eine ausgewogene oder gar schonende Darstellung (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 121). Die Schranken, denen die Aufklä- rung der Verbraucher über die Güte von Konsumgütern insbesondere durch vergleichende Warentests (Senatsurteil BGHZ 65, 325, 333 f.) unterliegt, gelten für die hier streitigen Schlagworte nicht. Denn mit ihnen nimmt der Beklagte Stellung im politischen Meinungskampf; Neutralität nimmt er dabei ebenso wenig für sich in Anspruch wie er Vertrauen in die Objektivität seiner Bewertung schafft (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122).
32
bb) Obwohl dem Beklagten auch in der Darstellungsweise seiner Kritik ein breiter Gestaltungsraum eingeräumt werden, ihm vor allem erlaubt sein muss, seinen Standpunkt möglichst wirkungsvoll zu vertreten, indem er durch die Wahl der Ausdrucksform Aufmerksamkeit auslöst (vgl. BVerfGK 7, 1, 11), muss er seine Äußerungen auch in der Form noch in einem vertretbaren Verhältnis zu seinem sachlichen Anliegen und zu den belastenden Auswirkungen für die Klägerin halten (vgl. Senatsurteile BGHZ 91, 117, 122 und 161, 266, 269; Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 5 Rn. 150). Dass das Berufungsgericht diese Grenze trotz der Intensität und Dauer der Kampagne für nicht überschritten hält, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gewählte Kundgabeform war in besonderer Weise geeignet, das mit der Meinungsäußerung verbundene Anliegen zu erreichen (vgl. BVerfGK 7, 1, 11). Zwar weckt die Bezeichnung "GenMilch" negative Assoziationen gegen die Klägerin und ihre Produkte, die angesichts der Substanzarmut des Begriffs in der Lage sein mögen, bei die Kritik nur oberflächlich wahrnehmenden Teilen des Publikums unbestimmte subjektive Fehlvorstellungen über den Zusammenhang zwischen gentechnischen Verfahren und den Produkten der Klägerin hervorzurufen, ohne dass diese Vorstellungen vom objektiven Bedeutungsgehalt des Begriffs im Gesamtzusammenhang gedeckt sind. Indes ergibt sich das darin liegende Schädigungspotential der Kritik maßgeblich aus in der Bevölkerung bereits vorhandenen Befürchtungen und Vorbehalten gegen die Anwendung gentechnischer Verfahren im Lebens- mittelbereich. Wenn der Beklagte diese Grundeinstellung mit Hilfe von Schlagworten aufnimmt und zur Förderung seiner Ziele verstärkt, steht dies trotz der möglicherweise erheblichen Folgen für die Klägerin jedenfalls solange nicht außer Verhältnis zu dem sachlichen Anliegen, wie dieses aus dem Kontext ausreichend deutlich wird und sich daraus die Bedeutung des Schlagworts zutreffend erschließt, was hier der Fall war.
33
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in der Bezeichnung der Produkte als "Gen-Milch" auch keine unzulässige Anprangerung der Klägerin liegt. Anprangernde Wirkungen können von der Verbreitung zutreffender, aber allgemein als negativ bewerteter Tatsachen ausgehen, aber auch mit Werturteilen verbunden sein, wenn ein allgemeines Sachanliegen durch identifizierende Herausstellung einzelner Personen und damit durch Personalisierung eines als negativ bewerteten Geschehens verdeutlicht werden soll. Die damit verbundene Wirkungssteigerung der Meinungsäußerung muss der Betroffene nur hinnehmen, wenn eine Abwägung mit den Belangen der Meinungsfreiheit ergibt, dass der Schutz des beeinträchtigten Rechts zurückzutreten hat (vgl. BVerfG, AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202; Senatsurteile BGHZ 161, 266, 269; vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117 f.). Eine unzulässige Anprangerung wäre hier insbesondere anzunehmen, wenn der Beklagte die Produkte der Unternehmen der Klägerin ohne jeden sachlichen Anlass in der geschehenen Weise herausgestellt hätte (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185). Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht der Fall. Die Konzentration der Kampagne auf die Klägerin machte das Vorgehen nicht unzulässig, auch wenn sich das von dem Beklagten kritisierte Verhalten der Klägerin mit dem anderer Unternehmen der Branche deckte. Die Klägerin als einflussreiches und bekanntes Unternehmen herauszugreifen, diente der nicht generell unzulässigen Ver- deutlichung eines sachlichen Anliegens durch Personalisierung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 58 f.; vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1118; BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359; AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202) und beruhte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblich auf der vertretbaren Überlegung, durch eine Verhaltensänderung bei der Klägerin eine Sogwirkung in der Branche auszulösen und die Effektivität der Kampagne dadurch zu erhöhen. Dass der Beklagte seine Kritik, die sich nicht eigentlich gegen die Klägerin als solche, sondern gegen jegliche Verwendung gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion richtete, in unzulässiger Weise allein deshalb in der Klägerin "personalisierte", um deren Bekanntheitsgrad und Werbekraft auf seine Kosten für sich auszunutzen (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122), ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht und zeigt die Revision nicht auf, zumal der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht handelte. Aus der teilweisen Einbeziehung des Herrn Theo Müller in die Kampagne, auf die die Revision hinweist, ergibt sich nichts anderes. Unabhängig davon, ob sich die Klägerin selbst darauf berufen könnte, ist Herr Theo Müller als Verantwortungsträger der Unternehmen der Klägerin, nicht als Privatperson betroffen, was jedenfalls die Klägerin selbst im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 GG hinzunehmen hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59).
34
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 28 O 358/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.12.2006 - 15 U 110/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 384/03 Verkündet am:
24. Januar 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
KWG §§ 55a, 55b; UWG §§ 17, 19; AGB-Banken 1993 Nr. 2 Abs. 1

a) Bei reinen Vermögensschäden hängt bereits die Zulässigkeit einer Feststellungsklage
von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden
Schadenseintritts ab.

b) Das Bankgeheimnis gilt nur für kundenbezogene Tatsachen und Wertungen,
die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung
zum Kunden bekannt geworden sind.

c) Aus einem Darlehensvertrag ergibt sich für die kreditgebende Bank die Nebenpflicht
, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen
, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen
zu gefährden.

d) Ein Darlehensvertrag zwischen einer Bank und einer GmbH entfaltet grundsätzlich
keine Schutzwirkung zugunsten des Alleingesellschafters. Im Konzern steht
einer solchen Wirkung das konzernrechtliche Trennungsprinzip auch dann entgegen
, wenn die Konzernobergesellschaft Sicherheiten stellt.

e) Eine unbefugte Offenbarung von Angaben gemäß § 55b Abs. 1 KWG liegt vor,
wenn eine in einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigte Person solche
Angaben einem anderen in der Weise zugänglich macht, dass er die Möglichkeit
hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen.

f) Eine unbefugte Verwertung von Angaben gemäß § 55a Abs. 1 KWG liegt vor,
wenn die von der Deutschen Bundesbank übermittelten Informationen in einer
von § 14 KWG nicht gedeckten Weise für eigene oder für fremde wirtschaftliche
Zwecke nutzbar gemacht werden.

g) §§ 17 und 19 UWG a.F. haben nur für den Geschäftsinhaber als Geheimnisträger
Schutzgesetzcharakter (§ 823 Abs. 2 BGB), nicht auch für denjenigen, dem
der Geschäftsinhaber Verschwiegenheit schuldet.

h) Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Konzernobergesellschaft ist
als solcher nicht Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.

i) § 824 BGB enthält eine abschließende Haftungsregelung nur für die Verbreitung
unwahrer Tatsachen. Bei Verbreitung wahrer Tatsachen oder von Werturteilen
ist ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb) nicht subsidiär. Die Subsidiarität eines
solchen Anspruchs gilt außerdem nur gegenüber Forderungen gegen denselben
Anspruchsgegner.

j) Sachliche Meinungsäußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden
Frage sowie wahre Tatsachenbehauptungen stellen grundsätzlich weder
einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb noch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens
dar.

k) Bei der Güter- und Interessenabwägung zur Klärung der Rechtswidrigkeit eines
Eingriffs durch ein Organ einer juristischen Person in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb sind auch vertragliche Pflichten der juristischen
Person gegenüber dem Inhaber des Gewerbebetriebs zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Klägers und der Beklagten zu
1) wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Dezember 2003 im Kostenpunkt und insoweit teilweise aufgehoben, als die Klage aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen und die Berufung der Beklagten zu 1) zurückgewiesen worden ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu 1) aus eigenem Recht des Klägers und aus abgetretenem Recht der TaurusHolding GmbH & Co. KG richtet.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 18. Februar 2003 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner gegenüber dem Kläger aus abgetretenem Recht verpflichtet sind, die Ansprüche auf Ersatz der Schäden zu erfüllen, die der PrintBeteili- gungs GmbH aus den Äußerungen des Beklagten zu
2) in einem Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV am 3./4. Februar 2002 bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Rechtsmittel des Klägers und der Beklagten zu 1) und
2) zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 2/3 und die Beklagten zu 1) und 2) je 1/6. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) jeweils zu 2/3. Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu je 1/6. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger begehrt aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht der TaurusHolding GmbH & Co. KG (im folgenden: TaurusHolding) und der PrintBeteiligungs GmbH die Feststellung, dass die als Beklagte zu 1) verklagte Bank und ihr als Beklagter zu 2) in Anspruch genommener ehemaliger Vorstandssprecher verpflichtet sind, sämtliche Schäden zu ersetzen, die dem Kläger und den beiden genannten Gesellschaften aus den Äußerungen des Beklagten zu 2) in einem am 4. Februar 2002 ausgestrahlten Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Der Kläger ist Gründer und Namensgeber der seinerzeit im nationalen und internationalen Mediengeschäft tätigen Kirch-Gruppe. Darin waren unter dem Dach der TaurusHolding drei Obergesellschaften, die KirchMedia GmbH & Co. KGaA, die KirchPayTV GmbH & Co. KGaA und die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, darunter wiederum Gruppenunternehmen und Beteiligungen, organisiert. Die PrintBeteiligungs GmbH war zu 100% eine Tochter der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, diese wiederum zu 100% eine solche der TaurusHolding. Der Kläger war im Februar 2002 Vorsitzender der Geschäftsführung der TaurusHolding, deren alleiniger Kommanditist und Alleingesellschafter ihrer Komplementärin sowie Geschäftsführer der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG und der PrintBeteiligungs GmbH. Diese Gesellschaft hielt etwa 40% der Aktien der Axel Springer AG.
3
20. Mai Am 1998 schlossen die Beklagte zu 1) und die damals noch anders firmierende PrintBeteiligungs GmbH unter Vereinbarung der AGB-Banken einen Darlehensvertrag über 1,4 Milliarden DM. Zur Sicherheit verpfändete die PrintBeteiligungs GmbH der Beklagten zu 1), die weder zur TaurusHolding noch zum Kläger persönlich vertragliche Beziehungen unterhält, ihre Anteile an der Axel Springer AG.
4
Dezember Im 2001 wurde ein Kredit der Kirch-Gruppe bei der Dr. Bank AG über 900 Millionen DM fällig. Im Januar 2002 erreichte der Kläger eine Verlängerung dieses Kredits um drei Monate sowie weiterer fällig gewordener Darlehen bei anderen Banken. Ende Januar 2002 übte der Springer Verlag eine Put-Option auf eine Beteiligung von 11,48% an der zur Kirch-Gruppe gehörenden ProSiebenSat. 1 Media AG aus. Mit dieser Option hatte die KirchMedia GmbH & Co. KGaA dem Axel Springer Verlag das Recht eingeräumt, die Beteiligung zu einem Preis von 767 Millionen € an sie zu verkaufen. Am 27. Januar 2002 traf sich der damalige Bundeskanzler mit dem Beklagten zu 2) und Vertretern der Medienbranche.
5
Zusammenhang Im mit diesen Ereignissen berichteten Medien über die finanzielle Lage der Kirch-Gruppe. In der Ausgabe des Managermagazins vom 1. Februar 2002 hieß es unter der Überschrift "Jahrelange Schuldenwirtschaft brachte den ... Medienkonzern in eine fast ausweglose Lage": "Mit Kirchs Unternehmungen in ihrer jetzigen Form geht es zu Ende: ..., alte Kredite laufen aus, neue lassen sich kaum ergattern." In der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 war unter anderem zu lesen: "Die Banken weigern sich, die waghalsige Expansionspolitik beim Fernsehen, beim Fußball und zuletzt bei der Formel 1 weiter wie gehabt zu finanzieren. Es gibt einstweilen keine neuen Großkredite , die jetzt nötig wären." Im Handelsblatt vom 1. Februar 2002 hieß es: "Die einzige Lösung für die sich verschärfende Finanzkrise heißt frisches Geld. Aber die Banken halten sich mit neuen Darlehen zurück." Und im Spiegel vom 4. Februar 2002 war zu lesen: "Seit Kirch Geschäfte macht, riskiert er Kopf und Kragen. Doch mittlerweile hat sein Reich mehr Verbindlichkeiten, als es wert ist: rund sechs Milliarden Euro." Die- se wurden alsdann unter Benennung der größten inländischen Gläubigerbanken und Angabe der Höhe der von ihnen gewährten Kredite, darunter dem der Beklagten zu 1), aufgelistet. Die angegebene Gesamtverschuldung von 5,73 Milliarden €, in der die Verbindlichkeiten aus der vom Springer Verlag ausgeübten Put-Option über 767 Millionen € noch nicht enthalten sind, entspricht den Angaben des damaligen stellvertretenden Geschäftsführers der TaurusHolding Dr. H. gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dieser hatte die Schulden der gesamten Kirch-Gruppe im Dezember 2001 auf 11 bis 12 Milliarden DM beziffert.
6
Am 3. Februar 2002 gab der Beklagte zu 2), der zugleich Präsident des Bundesverbandes Deutscher Banken war, in New York während des Weltwirtschaftsforums dem - vornehmlich Nachrichten aus dem Bereich Wirtschaft und Finanzen verbreitenden - Fernsehsender Bloomberg TV ein etwa fünfminütiges Interview, das aufgezeichnet und über Satellit erstmals am folgenden Tage im Bloomberg TV Deutschland ausgestrahlt und als Textnachricht über Bloomberg Professional Services verbreitet wurde. Im dritten Teil des Interviews, das sich zunächst allgemein mit den wirtschaftlichen Aussichten und der aktuellen geschäftlichen Entwicklung der Beklagten zu 1) befasste, heißt es: Frage: "Sprechen wir was anderes. Großes Thema derzeit in Deutschland: Das ist der Kirch-Konzern und die Probleme mit der Verschuldung. Es gibt einen Zeitungsbericht in der Financial Times , dass Sie mit dem Bundeskanzler gesprochen hätten über Kirch. Stimmt das?" Beklagter zu 2): "Das kann ich nicht kommentieren, der Bundeskanzler muss sagen, ob er mit mir gesprochen hat oder nicht." Frage: "Fragen wir mal anders: Kirch hat sehr, sehr viele Schulden , sehr hohe Schulden. Wie exponiert ist die Deutsche Bank?" Beklagter zu 2): "Relativ komfortabel, würde ich mal sagen, denn - das ist bekannt und da begehe ich keine Indiskretion, wenn ich das erzähle - der Kredit, den wir haben, ist 1. zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich und 2. voll gesichert durch ein Pfandrecht auf Kirchs Aktien am Springer -Verlag. Uns kann also eigentlich nichts passieren, wir fühlen uns gut abgesichert. Es ist nie schön, wenn ein Schuldner in Schwierigkeiten kommt, und ich hoffe, das ist nicht der Fall. Aber wenn das so käme , wir bräuchten keine Sorgen zu haben." Frage: "Die Frage ist ja, ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen." Beklagter zu 2): "Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren."
7
Am 8. April 2002 stellte die KirchMedia GmbH & Co. KGaA Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 14. Juni 2002 eröffnet. Am 11. April 2002 kündigte die Beklagte zu 1) den Kreditvertrag vom 20. Mai 1998. Der offene Kreditbetrag belief sich am 10. Mai 2002 auf 718.247.869 €. Am 8. Oktober 2002 wurde das Pfandrecht der Beklagten zu 1) an dem Aktienpaket an der Springer AG in der Weise verwertet, dass die Beklagte zu 1) das Aktienpaket zu dem im freihändigen Verkauf festgesetzten Mindestgebot von rund 667,3 Millionen € erwarb, nachdem es weder dem Kläger im Vorfeld gelungen war, einen Käufer zu finden, noch im Verwertungsverfahren ein anderer Kaufinteressent vorhanden war. Auf den Differenzbetrag von ca. 50 Millionen € und auf Zinsen verzichtete die Beklagte zu 1).
8
Der Kläger macht geltend, die Äußerungen des Beklagten zu 2) in dem zitierten Interview hätten bei der PrintBeteiligungs GmbH, der TaurusHolding und ihm selbst noch nicht abschließend bezifferbare Vermögensschäden hervorgerufen. Dazu trägt er vor, in Folge des Interviews sei die Kirch-Gruppe nicht mehr in der Lage gewesen, zu den vorher existierenden Bedingungen weiteres Kapital aufzunehmen oder bestehende Kredite zu verlängern, obgleich diesen Krediten ausreichende Absicherungen durch ein profitables Kerngeschäft gegenübergestanden hätten. Der durch das Interview entstandene Zeitdruck habe den Zeitraum verkürzt, der für die Behebung der zur Insolvenz der KirchMedia GmbH & Co. KGaA führenden Liquiditätskrise erforderlich gewesen wäre , und unter anderem den Verkauf von 70 Millionen Stammaktien der ProSiebenSat. 1 Media AG an die Wa. Corporation verhindert, der einen Insolvenzantrag entbehrlich gemacht hätte.
9
Das Landgericht (WM 2003, 725) hat der Klage insgesamt stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) hat das Berufungsgericht (WM 2004, 74) die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen; die Berufung der Beklagten zu 1) hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren gegenüber dem Beklagten zu 2) weiter. Die Beklagte zu 1) erstrebt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage.

Entscheidungsgründe:


10
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten zu 1) sind teilweise begründet. Die Revision des Klägers führt zur Verurteilung des Beklagten zu 2), soweit der Kläger aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH klagt. Die Revision der Beklagten zu 1) führt zur Abweisung der gegen sie gerichteten Klage, soweit sich diese auf eigene Ansprüche des Klägers sowie auf abgetretene Ansprüche der TaurusHolding stützt. Im Übrigen haben die Revision des Klägers und der Beklagten zu 1) keinen Erfolg.

I.


11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben. Gehe es um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer eingetretenen Rechtsgutsverletzung, so setze das Feststellungsinteresse die Möglichkeit des Schadenseintritts voraus. Diese sei zu verneinen, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund bestehe, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen. Im Rahmen der Zulässigkeit könne darüber hinaus eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit nicht verlangt werden. Die Möglichkeit und auch die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt irgendeines Schadens sei vom Kläger substantiiert dargetan und von den Zeugen L., Dr. W., Dr. H. und Prof. Dr. F. bestätigt worden. Das Inter- view und der dadurch entstandene Zeitdruck hätten für das Scheitern der bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit der Wa. Corporation eine Rolle gespielt. Es bestehe auch die Möglichkeit, ja sogar die Wahrscheinlichkeit, dass der PrintBeteiligungs GmbH ein Schaden entstanden sei, da die von ihr gehaltenen Aktien an der Axel Springer AG zu dem festgesetzten Mindestpreis hätten veräußert werden müssen.
13
Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ergebe sich aus § 280 Abs. 1 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Der Beklagte zu 2) habe durch seine der Beklagten zu 1) gemäß § 31 BGB zurechenbare Äußerung gegen die von der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH durch Einbeziehung der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken vertraglich vereinbarte Verpflichtung zur Verschwiegenheit verstoßen. Die Verschwiegenheitspflicht beziehe sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Wertungen. Dabei sei unerheblich, ob wahre oder unwahre Tatsachen mitgeteilt würden. Es müsse sich allerdings um Informationen handeln, die dem Äußernden aufgrund der Geschäftsbeziehung bekannt geworden seien. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht lägen in der einschätzenden Antwort des Beklagten zu 2), er halte es für relativ fraglich, ob man dem Kläger helfe weiter zu machen, sowie in der Schlussfolgerung des Beklagten zu 2), es könnten nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine Stützung interessierten. Das sei die eindeutige Aussage, dass weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken dem Kläger auf der gegebenen Basis Kredite gewähren würden, und dahin zu verstehen, der Kläger habe mit seinen Gesellschaften vom Finanzsektor keine finanzielle Unterstützung durch Fremd- oder gar Eigenmittel zu erwarten , wenn er nicht zur grundsätzlichen Umstrukturierung seines Konzerns bereit sei. Dass dies vom Chef der größten deutschen Bank und Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken so geäußert worden sei, habe die Glaubwürdigkeit der Botschaft ganz erheblich unterstrichen. Der erforderliche Zusammenhang zwischen der Äußerung und der Geschäftsverbindung sei zu bejahen. Es bestehe ein innerer Zusammenhang der Äußerung zu der von den Interviewpartnern zuvor ausdrücklich angesprochenen Geschäftsverbindung.
14
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte zu 2) seine Äußerung wörtlich darauf beschränkt habe, was man alles habe lesen und hören können. Wenn der Beklagte zu 2) aus dem, was er gelesen haben wolle, den Schluss gezogen habe, dass der Finanzsektor nicht bereit sei, dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis, also ohne Umstrukturierung , zu helfen, sei das nicht nur die Wiedergabe von Äußerungen in Presseberichten, sondern eine Bekräftigung dieser Meldungen durch den Chef der größten deutschen Bank. Es sei nicht erforderlich, dass die Information dem Beklagten zu 2) aufgrund des mit der PrintBeteiligungs GmbH bestehenden Darlehensvertrages bekannt geworden sei. Entscheidend sei der innere Zusammenhang der Äußerung mit der Geschäftsverbindung.
15
Äußerung Die sei auch rechtswidrig und schuldhaft. Auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG könne die Beklagte zu 1) sich nicht berufen, da sie ihre Äußerungsfreiheit durch ihre eigenen Vertragsbestimmungen (Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken) eingeschränkt habe.
16
Auch die haftungsbegründende Kausalität sei gegeben. Diese müsse nur zwischen der Handlung und dem eingetretenen Erfolg bestehen , also zwischen der Äußerung und der Verletzung der vertraglichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Es bestehe im vorliegenden Fall bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Klägers kein Grund, mit dem Eintritt eines Schadens nicht wenigstens zu rechnen.
17
Aus alledem ergäben sich Ansprüche des Klägers sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht. Der Kreditvertrag der PrintBeteiligungs GmbH mit der Beklagten zu 1) entfalte Schutzwirkung für die TaurusHolding KG als konzernrechtlicher "Mutter" und auch für den Kläger selbst. Es habe eine konzernmäßige enge Verflechtung vorgelegen, die eine einheitliche Behandlung auch der Frage des Schutzbereichs bedinge. Die Interviewäußerung vom 3./4. Februar 2002 könne sowohl einen Anspruch der betroffenen Gesellschaft als auch einen solchen der Gesellschafter oder Aktionäre auslösen.
18
SchadensersatzansprüchedesKlä gers gegen den Beklagten zu 2) bestünden jedoch nicht. Ein Anspruch aus § 824 BGB stehe dem Kläger nicht zu. Die Äußerung des Beklagten zu 2) bestehe aus einem Gemisch von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen. Soweit es Meinungsäußerungen seien, scheide eine Anwendung von § 824 BGB aus. Soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handele, könne nicht von einer Unwahrheit der Äußerungen ausgegangen werden. Die Behauptung , dass der Finanzsektor nicht mehr bereit sei, dem Kläger oder seiner Unternehmensgruppe noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zu geben, habe der Beklagte zu 2) mit der Einschränkung auf "unveränderter Basis" versehen. Unter Berücksichtigung dessen sei die Äußerung als wahr anzusehen. Der Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 enthalte die Behauptung in dieser Form. Auch die Artikel im Managermagazin und im Handelsblatt vom 1. Februar 2002 hätten sich in die- ser Richtung geäußert. Unabhängig vom Inhalt der Zeitungsberichte seien auch die behaupteten Tatsachen im Kern wahr. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Finanzsektor auf unveränderter Basis noch bereit gewesen sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Äußerung des Beklagten zu 2) könne nicht darauf verkürzt werden, dass dem Kläger die Kreditwürdigkeit abgesprochen worden sei.
19
Schadensersatzansprüche aus § 14 UWG und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 15, 17 UWG setzten ebenfalls die Unwahrheit der Äußerungen des Beklagten zu 2) voraus. Diese seien jedoch nicht in einem eine Haftung begründenden Ausmaß verzerrt und deshalb unwahr. Entsprechendes gelte auch für Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 und § 187 StGB.
20
Der Beklagte zu 2) hafte auch nicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB persönlich auf Schadensersatz. Soweit es um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder um Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehe, sei eine Haftung nur zu bejahen, wenn die Rechtswidrigkeit der Äußerung positiv festgestellt werden könne. Dies sei nicht der Fall. Die Äußerung des Beklagten zu 2) sei nicht in einem haftungsrelevanten Umfang unwahr und die Tatsache, dass der Konzern des Klägers in ganz erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sei, sei schon länger vor dem 4. Februar 2002 der Öffentlichkeit bekannt und auch Gegenstand der öffentlichen Diskussion gewesen. In die zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH vereinbarte Verschwiegenheitspflicht sei der Beklagte zu 2) nicht selbst eingebunden gewesen. Schuldverhältnisse wirkten grundsätzlich nur zwischen den Parteien. Auch lägen die Voraussetzungen von § 311 Abs. 3 BGB im Verhältnis zum Beklagten zu 2) nicht vor. Der Beklagte zu
2) habe nicht in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Eine Verschwiegenheitspflicht habe den Beklagten zu 2) zwar aufgrund des mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Dienstvertrages getroffen. Dessen Schutzbereich habe aber nicht den Kläger und die Unternehmen der Kirch-Gruppe umfasst. Daran ändere auch § 17 UWG nichts. Ein Geheimnis der Beklagten zu 1) habe der Beklagte zu 2) nicht offenbart, weil das von ihm Geäußerte im Wesentlichen bereits in der Öffentlichkeit bekannt gewesen sei.
21
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze, die eine Diskussion der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen einschränkten, seien vorliegend nicht anwendbar. Es gehe nicht um die Erläuterung von Einzelheiten eines Jahresabschlusses durch einen Spezialisten im Rahmen eines Seminars, sondern um eine pauschale, undifferenzierte und die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens nicht anhand von Einzelheiten erläuternde Äußerung im Rahmen eines Interviews. Ein Zusammenhang der Informationen der Bundesbank gegenüber der Beklagten zu 1) mit der Äußerung des Beklagten zu 2) sei nicht zu erkennen.
22
Die Ausführungen zur Rechtswidrigkeit gälten für die weiter in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, insbesondere für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit Vorschriften des Kreditwesengesetzes, des Strafgesetzbuchs oder des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und für einen Anspruch aus § 826 BGB, entsprechend. Die vorgebrachten Tatsachen reichten im Übrigen für die Annahme einer vorsätzlichen Schädigungsabsicht nicht aus.

II.


23
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
24
A. Revision der Beklagten zu 1)
25
Die Feststellungsklage des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH begründet; die Beklagte zu 1) haftet aus dem mit ihr geschlossenen Darlehensvertrag gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Schutzpflicht durch den Beklagten zu 2). Im Übrigen stehen dem Kläger weder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding noch aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1) zu.
26
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch das für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bejaht.
27
Nicht a) zu folgen ist allerdings dem Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , für das Feststellungsinteresse genüge die Möglichkeit eines Schadenseintritts, eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit könne nicht verlangt werden. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn es hier um die Verletzung eines absoluten Rechts ginge. Bei reinen Vermögensschäden , die Gegenstand der Klage sind, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260, vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, WM 1996, 548, 549, vom 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, WM 2000, 199, 202, vom 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 742, vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98, WM 2002, 29, 32 und vom 6. Juli 2004 - XI ZR 250/02, BGHReport 2005, 78, 79).
28
b) Der fehlerhafte Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist aber folgenlos geblieben; denn das Berufungsgericht hat nicht nur die Möglichkeit eines Schadenseintritts bejaht, sondern in Würdigung der Aussagen der Zeugen L., Dr. H. und Prof. Dr. F. sowie der schriftlichen Aussage des Zeugen Dr. W. und des Scheiterns der Verhandlungen mit der Wa. Corporation die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts festgestellt. Diese tatrichterliche Würdigung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Mit der Rüge, die Aussage des Zeugen Dr. H. habe im Wesentlichen aus einer wörtlichen Verlesung eines vorbereiteten schriftlichen Textes bestanden, dessen Urheberschaft ungeklärt sei, kann die Beklagte zu 1) nicht gehört werden (§ 556 i.V. mit § 295 ZPO). Ihre Prozessbevollmächtigten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 5. November 2003 Beanstandungen insoweit nicht erhoben und ihre Sachanträge wiederholt. Damit ist ein etwa vorliegender Verstoß gegen § 396 ZPO durch rügelose Einlassung gemäß § 295 ZPO geheilt (vgl. MünchKomm/Damrau, ZPO 2. Aufl. § 396 Rdn. 2; Zöller/ Greger, ZPO 25. Aufl. § 396 Rdn. 1; Musielak/Huber, ZPO 4. Aufl. § 396 Rdn. 1).
29
Zu c) Unrecht beanstandet die Beklagte zu 1) auch, das Berufungsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen zur Verursachung eines Schadens durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) getroffen. Eine Feststellungsklage setzt nicht voraus, dass ein Schadenseintritt feststeht; es reicht vielmehr aus, dass die Entstehung eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens wahrscheinlich ist (BGHZ 120, 204, 212; BGH, Urteile vom 25. November 1977 - I ZR 30/76, WM 1978, 66, 67 und vom 26. September 1991 - VII ZR 245/90, WM 1992, 334).
30
Das ist hier nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Danach hat die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) das Klima in Kreditverhandlungen mit Banken erheblich verschlechtert, für die Ablehnung der Wiedereröffnung einer Kreditlinie durch die La.Bank eine Rolle gespielt und der durch das Interview verursachte Zeitdruck zum Scheitern der Verhandlungen mit der Wa. Corporation beigetragen. Dies reicht zum Nachweis einer Primärverletzung im Sinne einer Beeinträchtigung geschützter Vermögensinteressen durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) aus. Der Schadensursächlichkeit der Äußerung steht, anders als die Beklagte zu 1) meint, nicht entgegen, dass das Berufungsgericht an anderer Stelle festgestellt hat, es hätten schon vor dem Interview keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Finanzsektor auf unveränderter Basis noch bereit gewesen sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese Feststellung hindert die Annahme haftungsbegründender Kausalität der Interviewäußerung, etwa weil Banken danach zur Gewährung zusätzlicher Kredite auch auf veränderter Basis nicht mehr bereit waren, nicht.
31
2. Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1) aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH ist auch begründet.
32
Die a) Aktivlegitimation des Klägers steht entgegen der Ansicht von Bütter/Tonner (BKR 2005, 344, 347 f.) trotz Insolvenz der PrintBeteiligungs GmbH außer Frage. Die Abtretung ihres etwaigen Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte zu 1) an den Kläger ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Für eine Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO durch den Insolvenzverwalter ist nichts vorgetragen.
33
b) Dem Kläger steht gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch aus positiver Verletzung des zwischen der Zedentin und der Beklagten zu 1) geschlossenen Darlehensvertrages auf Ersatz der Schäden zu, die der Zedentin aus den Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
34
aa) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine schadensersatzpflichtige Verletzung des Bankgeheimnisses durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) bejaht hat, vermögen die angefochtene Entscheidung allerdings nicht zu tragen.
35
(1) Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur bezieht sich das Bankgeheimnis nur auf kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass bzw. im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind (BGHZ 27, 241, 246; OLG Karlsruhe WM 1971, 486, 487 f.; Bruchner , in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 39 Rdn. 1; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft 3. Aufl. S. 38; Nobbe WM 2005, 1537, 1538). Erforderlich hierfür ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung von dem Geheimnis durch das Kreditinstitut und dem Bestehen der Geschäftsverbindung gegeben ist (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 52; Heymann/Horn, HGB Anh. § 372 Rdn. 45; Musielak, in: Hadding /Schneider, Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Bundesrepublik Deutschland und in ausländischen Rechtsordnungen S. 14; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutsschutz S. 28; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, aaO S. 128; Weber, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 1/36; Wolff DB 1968, 695, 696; a.A. Schumann ZIP 2004, 2353, 2361).
36
(2) Dies hat das Berufungsgericht zwar ausweislich Seite 26 f. seines Urteils richtig erkannt. Auf Seite 29 Abs. 2 hat es sich aber mit der Feststellung begnügt, der erforderliche Zusammenhang bestehe zwischen der Geschäftsverbindung mit der PrintBeteiligungs GmbH und der Äußerung des Beklagten zu 2) am Ende des Interviews, was alles man darüber lesen und hören könne, sei ja, dass der Finanzsektor nicht bereit sei, auf unveränderter Basis der Kirch-Gruppe noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Diese Geschäftsverbindung sei "im Interview vom Fragenden ausdrücklich angesprochen worden und der Beklagte hatte sich auch hierzu geäußert". Und auf Seite 32 Abs. 2 führt es dann in offenkundigem Widerspruch zum eigenen Ansatz auf Seite 26 f. aus, "es ist nicht erforderlich, dass die Information den Beklagten aufgrund des mit der PrintBeteiligungs GmbH bestehenden Darlehensvertrages bekannt geworden ist". Diese der fast einhelligen Mei- nung widersprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts sind, wie die Beklagte zu 1) zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft.
37
Ob bb) sich die vom Berufungsgericht bejahte Verletzung des Bankgeheimnisses mit anderer Begründung, etwa mit der Erwägung, dass der Beklagte zu 2) insbesondere mit seiner Antwort auf die dritte Frage zu erkennen gegeben hat, dass auch die Beklagte zu 1) dem Kläger auf unveränderter Basis keine Kredite mehr zur Verfügung stellen wird, halten lässt, bedarf keiner Entscheidung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung jedenfalls deshalb zu, weil sie eine aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgende Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht verletzt hat.
38
(1) Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis seinem Inhalt nach jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Insbesondere hat sich jede Vertragspartei bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter - auch das Vermögen - des anderen Teils nicht verletzt werden (BGHZ 136, 295, 299; 157, 256, 269; BGH, Urteil vom 10. März 1983 - III ZR 169/81, WM 1983, 795, 796). Das Verhältnis von Kreditinstituten zu ihren Kunden ist durch eine besondere Vertrauensbeziehung geprägt, die Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten begründet. Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist lediglich eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen (MünchKomm/Roth, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 241 Rdn. 97; Grundmann, in: Eben- roth/Boujong/Joost, HGB, BankR I Rdn. I 156; Bruchner, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 39 Rdn. 7; Baumbach/ Hopt, HGB 32. Aufl. (8) AGB-Banken Nr. 2 Rdn. 1; H.P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser S. 787, 798).
39
(2) Die sich aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH ergebende Verpflichtung zur Interessenwahrung und Loyalität hat die Beklagte zu 1) durch das ihr zuzurechnende Verhalten (§ 31 BGB) des Beklagten zu 2) schuldhaft verletzt. Die Verpflichtung beinhaltet unter anderem, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen zu gefährden. Dieses hat der Beklagte zu 2) jedoch durch seine Antwort auf die letzte der gestellten Interviewfragen des Fernsehjournalisten, "ob man mehr ihm (Kirch) hilft, weiter zu machen", getan.
40
Der erste Satz der Antwort, "das halte ich für relativ fraglich", enthält eine skeptische Einschätzung des Beklagten zu 2), was die künftige Bewilligung zusätzlicher Mittel für Gesellschaften der Kirch-Gruppe angeht. Diese Einschätzung hatte schon aufgrund des Umstands, dass der Beklagte zu 2) als damaliger Vorstandssprecher der Beklagten zu 1) über die Bewilligung weiterer Kredite für Gesellschaften der KirchGruppe mitentscheiden konnte, besonderes Gewicht. Dieses wurde durch den zweiten Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", noch erheblich gesteigert. Zum Finanzsektor gehört als größte deutsche Bank auch die Beklagte zu 1). Ein verständi- ger Zuschauer oder Leser des Interviews, dem die damalige Stellung des Beklagten zu 2) als Vorstandssprecher auch aufgrund des Interviews bekannt war, musste dessen skeptische Einschätzung der Kreditbereitschaft des Finanzsektors deshalb, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahin verstehen, weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken würden dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis weitere Kredite zur Verfügung stellen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Beklagte zu 2) mit Hilfe des Wortes "man" und des Hinweises auf Medienberichte bemüht hat, seine Einschätzung als nicht auf seinem Sonderwissen als Vorstandssprecher beruhend erscheinen zu lassen. Der dritte Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren", enthält eine Bekräftigung des bereits Gesagten, indem eine Stützung des Klägers und seiner Gruppe, die sich nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag mit einem Volumen von 767 Millionen € wenige Tage vor dem Interview in einer öffentlich diskutierten schweren Finanzkrise befand, durch den Bankensektor ausgeschlossen wurde.
41
Diese Äußerungen des Beklagten zu 2) waren angesichts seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher der größten deutschen Bank und seines Ansehens gerade auch in der Kreditwirtschaft geeignet, die Aufnahme dringend benötigter zusätzlicher Kredite durch die PrintBeteiligungs GmbH, aber auch durch den Kläger, die TaurusHolding oder andere Gesellschaften der Kirch-Gruppe erheblich zu erschweren. Es bestand nämlich die auf der Hand liegende Gefahr, dass andere Kreditinstitute oder sonstige Geldgeber nach den Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) Kreditwünsche des Klägers oder von Gesellschaften sei- ner Gruppe ohne unvoreingenommene Prüfung ablehnten, weil die Beklagte zu 1) als besonders angesehene deutsche Bank trotz ihrer nach Einschätzung des Beklagten zu 2) guten Absicherung des ausgereichten Darlehens zur Vergabe weiterer Kredite auf unveränderter Basis nicht bereit war. Die genannten Äußerungen des Beklagten zu 2) stellen danach eine der Beklagten zu 1) nach § 31 BGB zuzurechnende Verletzung der aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgenden Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht dar. Auf die Wahrnehmung berechtigter Eigeninteressen kann sich die Beklagte zu 1) ebenso wenig berufen wie auf das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Dieses erlaubt nicht die Verletzung von Pflichten , die die Beklagte zu 1) vertraglich übernommen hat.
42
(3) Die Beklagte zu 1) ist dem Kläger als Zessionar danach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der der PrintBeteiligungs GmbH dadurch entstanden ist, dass sie, der Kläger oder eine andere Gesellschaft der Kirch-Gruppe infolge der Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) nicht mehr in der Lage war, Kreditmittel zu erlangen oder Verträge abzuschließen , die - wenn auch nur mittelbar - der PrintBeteiligungs GmbH zugute gekommen wären. Der Differenzschadensbetrag im Vergleich zu der finanziellen Lage der PrintBeteiligungs GmbH, die ohne die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) bestanden hätte, steht dem Kläger in voller Höhe zu. Substantiiertes Vorbringen der Beklagten zu 1), aus dem sich ein Mitverschulden der Zedentin ergeben könnte, fehlt.
43
(4) Ob die inkriminierten Äußerungen für die Insolvenz der PrintBeteiligungs GmbH und den Zusammenbruch der Kirch-Gruppe tatsächlich kausal geworden sind oder ob diese auch ohne sie eingetreten wären, etwa weil der Kläger den Kaufpreis von 767 Millionen € für die Beteiligung an der ProSiebenSat. 1 Media AG nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag nicht aufbringen konnte, ist entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Wagner ZInsO 2003, 485, 489; Bütter/ Tonner BKR 2005, 344, 351 f.) für die Begründetheit der Feststellungsklage nicht von Belang. Diesen Beweis hat der Kläger erst im Rahmen einer nachfolgenden Leistungsklage zu führen. Für die Begründetheit einer Feststellungsklage reicht es aus, dass die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens wahrscheinlich ist (BGHZ 120, 204, 212 m.w. Nachw.).
44
c) Darüber hinaus haftet die Beklagte zu 1) wegen der Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH auch aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (s. II. B. 2. c)).
45
3. Die Feststellungsklagen des Klägers aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht der TaurusHolding sind unbegründet.
46
Dem a) Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) weder aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) noch aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) ein Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding zu.
47
aa) Nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB entsteht ein Schuldverhältnis mit der Verpflichtung, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des ande- ren Teils Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), bereits mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Von Verhandlungen, aus denen sich für die Beklagte zu 1) im Februar 2002 gegenüber dem Kläger persönlich und/oder der TaurusHolding die vorvertragliche Verpflichtung ergab, deren Kreditwürdigkeit nicht zu gefährden, kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht ausgegangen werden.
48
Die Beklagte zu 1) hat Vertragsverhandlungen unter Beweisantritt in Abrede gestellt und behauptet, es habe im März 2001 ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) und im Frühsommer sowie im Herbst 2001 lediglich vereinzelte Kontakte mit Vertretern der Kirch-Gruppe über eine Zusammenarbeit im Bereich des Investment Banking gegeben. Vertrauliche Informationen über die künftige Strategie der Kirch-Gruppe habe sie dabei nicht erhalten. Die Kirch-Gruppe habe die Zusammenarbeit von der Gewährung eines weiteren Kredits in Höhe von einer Milliarde DM abhängig gemacht, darauf sei sie, die Beklagte zu 1), nicht eingegangen. Von einem (noch) im Februar 2002 bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis mit dem Kläger persönlich und/oder der TaurusHolding, das die Beklagte zu 1) durch die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) vom 3./4. Februar 2002 verletzt haben könnte, kann danach keine Rede sein.
49
Seinen weitergehenden, allgemein gehaltenen Vortrag, von Mai 2001 bis Januar 2002 hätten auf Initiative der Beklagten zu 1) konstruktive Gespräche über ihre Beteiligung als Investmentbank an allen Transaktionen der Kirch-Gruppe stattgefunden, hat der beweisbelastete Kläger ebenso wenig unter Beweis gestellt wie die Behauptung, der Beklagten zu 1) zahlreiche vertrauliche Informationen zur zukünftigen Strategie der Kirch-Gruppe übermittelt zu haben. Seinem Vorbringen lässt sich außerdem nicht entnehmen, wer Vertragspartner der Beklagten zu 1) habe werden sollen, der Kläger persönlich, die TaurusHolding, die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG oder eine andere Gesellschaft der KirchGruppe. Eine Verletzung einer vorvertraglichen Verpflichtung der Beklagten zu 1), die Kreditwürdigkeit des Klägers und/oder der TaurusHolding nicht zu gefährden, kann danach nicht als gegeben angesehen werden. Erst recht ist nicht dargetan, die Beklagte zu 1) habe unter Verstoß gegen das Bankgeheimnis vertrauliche Informationen offenbart.
50
bb) Ansprüche des Klägers aus einer positiven Verletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) eines mit ihm oder der TaurusHolding geschlossenen Vertrages scheiden schon deshalb aus, weil zwischen dem Kläger selbst sowie der TaurusHolding und der Beklagten zu 1) keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen bestanden. Ein Vertragsverhältnis hatte die Beklagte zu 1) vielmehr lediglich mit der PrintBeteiligungs GmbH, und zwar in Gestalt des mit dieser im Mai 1998 geschlossenen Darlehensvertrages.
51
cc) Der TaurusHolding und dem Kläger selbst stehen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der Rechtsprechung über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu.
52
(1) Danach wird ein Dritter nur dann in die aus einem Vertrag folgenden Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen, wenn er mit der Hauptleistung nach dem Inhalt des Vertrages bestimmungsgemäß in Berührung kommen soll und den Gefahren von (Schutz-)Pflichtverletzungen ebenso ausgesetzt ist wie der Gläubiger selbst oder die Umstände des Einzelfalles ansonsten konkrete Anhaltspunkte für den Parteiwillen ergeben , dem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis des Dritten Rechnung zu tragen (vgl. BGHZ 49, 278, 280; 61, 227, 233; 75, 321, 325; 127, 378, 380; 138, 257, 261; OLG Hamm MDR 1999, 556, 557; st.Rspr.).
53
Ein Darlehensvertrag zwischen einer Bank und einer GmbH ist in Bezug auf deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer nicht drittbezogen. Er entfaltet deshalb nach herrschender Meinung grundsätzlich keine Schutzwirkung zugunsten des Alleingesellschafters und Geschäftsführers. Dieser wird von der Darlehensgewährung nur mittelbar betroffen (OLG Hamm MDR 1999, 556, 557; MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rdn. 143; Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch 2. Aufl. § 79 Rdn. 70; Canaris ZIP 2004, 1781, 1788; Ehricke, Festschrift für Derleder S. 341, 353; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 346; Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04).
54
(2) Dem ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles, denen das Berufungsgericht nicht die gehörige Beachtung geschenkt hat, zuzustimmen.
55
(a) Die von der Beklagten zu 1) als Kreditgeberin verletzte Pflicht, die Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmerin, der PrintBeteiligungs GmbH, einer Enkelgesellschaft der TaurusHolding, nicht zu gefährden, besteht nur gegenüber der Darlehensnehmerin, nicht gegenüber deren Gesellschafterin, der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, und erst recht nicht gegenüber der Konzernholding, der TaurusHolding, oder gar gegenüber dem Kläger. Es fehlt insoweit am Erfordernis der Leistungsbzw. Einwirkungsnähe. Die Stellung eines Alleingesellschafters wird durch einen Kreditvertrag mit seiner Gesellschaft lediglich mittelbar berührt. Er kommt mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß nicht in gleicher Weise in Berührung und ist den Gefahren von (Schutz-)Pflichtverletzungen nicht ebenso ausgesetzt wie die Darlehensnehmerin selbst. Allein die gesellschaftsrechtliche Beteiligung kann die Leistungsnähe zu einem Vertrag der Gesellschaft mit einem Vertragspartner nicht begründen (Ehricke aaO S. 353). Dies gilt erst recht, wenn der Dritte - wie hier die TaurusHolding - nur mittelbar an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist, und naturgemäß auch für den Kläger als dem alleinigen Gesellschafter der TaurusHolding.
56
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die konzernmäßige enge Verflechtung der PrintBeteiligungs GmbH mit der TaurusHolding und dem Kläger sowie der Hinweis des Landgerichts auf § 19 Abs. 2 Satz 1 KWG, wonach die PrintBeteiligungs GmbH und ihre Obergesellschaften als ein Kreditnehmer im Sinne des § 18 KWG gelten, sind zur Begründung der Leistungsnähe von vornherein nicht geeignet. § 18 KWG, der auch die Obergesellschaften zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse verpflichtete, dient ebenso wie § 19 Abs. 2 KWG nicht dem Schutz der Kreditnehmerin oder der Obergesellschaften, sondern dem des Kreditinstituts und mittelbar der Einleger (Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04).
57
Hinzu kommt - vom Berufungsgericht außer Acht gelassen - wesentlich , dass das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das die vom Kläger bewusst ausgenutzte Möglichkeit bietet, die Haftung für Verbindlichkeiten aus einem letztlich dem Gesamtkonzern zugute kommenden Darlehensvertrag wirksam auf die vertragsschließende Konzerngesellschaft zu beschränken (§ 13 Abs. 2 GmbHG), konsequenterweise auch beachtet werden muss, wenn es um die Frage geht, wem aus einem mit einer Konzerngesellschaft geschlossenen Darlehensvertrag Rechte zustehen. Es geht aus Gründen einer gerechten Verteilung der Vor- und Nachteile aus dem geschlossenen Darlehensvertrag nicht an, die Ansprüche der Beklagten zu 1) daraus strikt auf die PrintBeteiligungs GmbH als Vertragspartnerin zu beschränken, gleichzeitig aber Rechte des Klägers und/oder der TaurusHolding als mittelbare Eigner der PrintBeteiligungs GmbH aus dem Darlehensvertrag herzuleiten, wenn es um die Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 1) geht (Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04; H.P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser S. 787, 806; s. auch Ehricke, Festschrift für Derleder S. 341, 353 f.).
58
(b) Die besonderen Umstände des Falles ergeben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien des Darlehensvertrages, d.h. die Beklagte zu 1) und die PrintBeteiligungs GmbH, einem Schutzbedürfnis der TaurusHolding und/oder des Klägers hätten Rechnung tragen wollen. Beide bedürfen, was das Berufungsgericht verkannt hat, keines besonderen Schutzes, weil ihnen ein Schadensersatzanspruch der PrintBeteiligungs GmbH mittelbar ebenso zugute kommt, wie sie von der Darlehensgewährung der Beklagten zu 1) mittelbar profitiert haben. Da die PrintBeteiligungs GmbH zu 100% eine Enkelgesellschaft der TaurusHolding ist und diese wiederum zu 100% dem Kläger gehört, profitieren sowohl die TaurusHolding als Konzernobergesellschaft als auch der Kläger mittelbar von einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1) gegenüber der PrintBeteiligungs GmbH.
59
Auch die Übernahme der Verpflichtung durch die TaurusHolding im 3. Nachtrag zum Kreditvertrag vom 20. Mai 1998, bei einem Absinken des Kurswerts der verpfändeten Aktien der Axel Springer AG unter 55 € je Aktie der Beklagten zu 1) weitere Sicherheiten zu stellen, hatte entgegen der Ansicht von Schumann (ZIP 2004, 2353, 2356 f.), auf den sich der Kläger beruft, nicht zur Folge, dass die TaurusHolding in den Schutzbereich des Darlehensvertrages der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH einbezogen wurde. Die TaurusHolding wurde dadurch entgegen Schumann (aaO S. 2361) nicht etwa Partei des Kreditvertrages ; auch von einem Schuldbeitritt kann insoweit keine Rede sein. Sie war nicht zur Rückzahlung des von der PrintBeteiligungs GmbH aufgenommenen Darlehens verpflichtet, sondern hatte lediglich unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Sicherheiten zu stellen. Als potentielle Sicherungsgeberin ist die TaurusHolding nicht anders zu behandeln als etwa ein Bürge, wenn der Darlehensgeber den Bürgschaftsfall durch eine Verletzung des Darlehensvertrages herbeiführt. Insoweit ist anerkannt, dass der Bürgschaftsgläubiger in einem solchen Fall lediglich seinen Anspruch gegen den Bürgen verwirkt (BGH, Urteile vom 6. Juli 2004 - XI ZR 254/02, WM 2004, 1676, 1678 und vom 14. September 2004 - XI ZR 184/03, WM 2004, 2200, 2202; jeweils m.w.Nachw.), nicht aber dem Bürgen auf Schadensersatz aus Verletzung eines Darlehensvertrages mit Schutzwirkung zugunsten des Bürgen haftet (vgl. MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rdn. 143).
60
b) Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1) weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding Schadensersatzansprüche aus deliktischem Handeln des Beklagten zu 2) zu, für das die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB haften müsste.

61
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang - zu Recht verneint.
62
§ 824 (1) BGB setzt die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache voraus, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz.
63
Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert, während für Werturteile und Meinungsäußerungen die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BVerfGE 90, 241, 247 m.w.Nachw.; BGHZ 132, 13, 21; 139, 95, 102). Bei Äußerungen , die sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen oder Werturteile enthalten, kommt es auf den Kern oder die Prägung der Aussage an, insbesondere ob die Äußerung insgesamt durch ein Werturteil geprägt ist und ihr Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt oder aber ob überwiegend, wenn auch vermischt mit Wertungen, über tatsächliche Vorgänge oder Zustände berich- tet wird (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15; BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, WM 2002, 937, 938).
64
Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussageinhalts. Dabei darf nicht isoliert auf einzelne aus dem Kontext gerissene Passagen des Interviews abgestellt werden; vielmehr sind die Aussagen des Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit dem gesamten Interview zu deuten. Da es insoweit auf die Erfassung des objektiven Sinns der Äußerung ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten zu 2) noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung betroffenen Klägers und seiner Gesellschaften, sondern das Verständnis, das ihr unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und der erkennbaren, den Sinn der Äußerung mitbestimmenden Begleitumstände ein unvoreingenommenes, verständiges, an wirtschaftlichen Fragen interessiertes Publikum zumisst (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; 107, 275, 281; BGHZ 132, 13, 20; 139, 95, 102).
65
(2) Gemessen hieran hat das Berufungsgericht in den vor allem bedeutsamen Antworten des Beklagten zu 2) auf die letzte Frage des Fernsehjournalisten, "ob man mehr ihm (Kirch) hilft, weiter zu machen" zutreffend ein Gemisch von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen gesehen.
66
(a) Der erste Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "das halte ich für relativ fraglich", enthält eine Einschätzung mit dem Inhalt, dass er, der Beklagte zu 2), die künftige Bewilligung zusätzlicher Mittel für Gesellschaften der Kirch-Gruppe für relativ unwahrscheinlich halte. Es handelt sich unter Berücksichtigung der gewählten Ich-Form und des Verbs "halte" um ein persönliches Dafürhalten, eine subjektive Einschätzung des Beklagten zu 2), nicht um eine Tatsachenbehauptung, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich wäre. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Beklagte zu 2) der damalige Vorstandssprecher der größten deutschen Bank war, als solcher interviewt wurde und über die Bewilligung etwaiger weiterer Kredite für Gesellschaften der Kirch-Gruppe mitentscheiden konnte.
67
(b) Der zweite Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", enthält formal gesehen eine Begründung der Einschätzung des Beklagten zu 2). Diese wird mit einem Hinweis auf die Einstellung des Finanzsektors und das, was darüber zu lesen und zu hören war, belegt. Zum Finanzsektor gehört als größte deutsche Bank auch die Beklagte zu 1). Ein verständiger Zuschauer oder Leser des Interviews musste die skeptische Einschätzung der Kreditbereitschaft des Finanzsektors deshalb, wie bereits dargelegt, dahin verstehen, weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken würden dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis weitere Kredite zur Verfügung stellen. Die damalige fehlende Bereitschaft der Beklagten zu 1) und anderer Kreditinstitute zu neuen Krediten für Gesellschaften der Kirch-Gruppe ohne deren Umstrukturierung und Berichte in den Medien darüber lassen sich mit Mitteln des Beweises überprüfen, sind also Tatsachen.
68
(c) Der dritte Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren", enthält eine Schlussfolgerung aus den vor- angegangenen Äußerungen und eine gewisse Bekräftigung des Gesagten. Sie ist einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit hin nur mit gedanklichen , nicht aber mit Mitteln des Beweises zugänglich, also ebenfalls keine Tatsachenbehauptung.
69
(3) Die Äußerungen des Beklagten zu 2) im ersten und dritten Satz können einen Schadensersatzanspruch aus § 824 Abs. 1 BGB danach schon deshalb nicht begründen, weil es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt.
70
zweite Der Antwortsatz wäre dazu nur geeignet, wenn die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen von den Einschätzungen und Meinungsäußerungen des Beklagten zu 2) ausreichend getrennt werden können. Andernfalls wäre die gesamte Aussage des Beklagten zu 2) als Meinungsäußerung zu behandeln (BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; 90, 241, 248; BGHZ 132, 13, 21; BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 282) und § 824 Abs. 1 BGB von vornherein nicht anwendbar. Die vorgenannte Zweifelsfrage bedarf hier keiner Entscheidung , da die Voraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB auch dann nicht vorliegen, wenn davon ausgegangen wird, der zweite Antwortsatz enthalte Tatsachenbehauptungen. Denn diese sind nach den widerspruchs - und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr.
71
(4) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 enthalte die vom Beklagten zu 2) im Interview vom 3. Februar 2002 aufgestellte Behauptung, die Banken seien nicht mehr bereit, dem Kläger und seiner Unternehmens- gruppe auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. In die gleiche Richtung hätten sich Artikel im Managermagazin und im Handelsblatt geäußert. Die Äußerung des Beklagten zu 2), nach Medienberichten sei der Finanzsektor zu zusätzlichen Krediten nicht bereit, sei also richtig. Diese Würdigung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
72
Gleiches gilt für die - vom Beklagten zu 2) angeblich Medienberichten entnommene - fehlende Bereitschaft des Finanzsektors, Gesellschaften der Kirch-Gruppe auf unveränderter Basis zusätzliche Kredite zu gewähren. Das Berufungsgericht ist nach der Vernehmung von Zeugen rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Kirch-Gruppe habe sich damals in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden. Der Finanzsektor sei auf unveränderter Basis nicht bereit gewesen, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Basis habe verändert werden müssen. Das habe auch ein Schreiben der La.Bank vom 6. Februar 2002 und die Aussage des Zeugen L. ergeben. Soweit sich der Kläger für seine gegenteilige Ansicht auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Aussagen der Zeugen Dr. W. und Dr. H. beruft, greift er revisionsrechtlich unbehelflich lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung an, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsurteils aufzeigen zu können. Dass Banken im Januar 2002 fällige Kredite für einige Monate verlängert hatten oder bereit waren, einem Sicherheitenpool beizutreten, ist entgegen der Ansicht des Klägers in diesem Zusammenhang irrelevant , zumal von der Axel Springer AG inzwischen die Put-Option mit einem Volumen von 767 Millionen € ausgeübt worden war, für deren Erfüllung der Kläger und seine Gruppe kurzfristig frisches Geld benötigten. Der Beklagte zu 2) hat sich nur zur fehlenden Bereitschaft des Finanz- sektors geäußert, "auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen". Nur darauf zielte auch die Frage des Journalisten, "ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen", ab.
73
Die von der Revision angegriffene Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2) habe damit dem Kläger und seiner Gruppe nicht insgesamt die Kreditwürdigkeit abgesprochen, ist zutreffend. Eine entsprechende Tatsachenbehauptung, nur eine solche ist im Rahmen des § 824 BGB von Bedeutung, hat der Beklagte zu 2) nicht aufgestellt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass seine Aussage die Einschränkung enthält, der Finanzsektor sei "auf unveränderter Basis" zur Bewilligung weiterer Mittel nicht bereit. Dieser Einschränkung kommt entgegen der Ansicht des Klägers wesentliche Bedeutung zu. Angesprochen war damit die Notwendigkeit einer Umstrukturierung der Gruppe, die nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts Gegenstand der öffentlichen Diskussion und nach den eigenen Angaben des Klägers Inhalt des Gesprächs zwischen ihm und dem Beklagten zu 2) am 9. Februar 2002 war. Die Gewährung neuer zusätzlicher Kredite nach Umstrukturierung der Gruppe, über die nach Angaben des Klägers damals intensive und Erfolg versprechende Verhandlungen stattfanden, wurde vom Beklagten zu 2) bei seiner Interviewäußerung nicht ausgeschlossen. Die Äußerung führte nur zu einer Gefährdung der Kreditwürdigkeit.
74
Die Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe Beweisantritte zu der Behauptung übergangen, die Äußerung des Beklagten zu 2) sei in den Medien und von Banken im Sinne einer Verneinung der Kreditwürdigkeit des Klägers und der Gesellschaften seiner Gruppe verstanden worden, ist unbegründet. Die Frage, ob die Aussage des Beklagten zu 2) eine entsprechende Tatsachenbehauptung enthielt, ist nicht durch eine Beweisaufnahme über das Verständnis einiger Adressaten, sondern durch Auslegung aus der Sicht eines unvoreingenommenen, an wirtschaftlichen Fragen interessierten, verständigen Zuschauers bzw. Lesers zu klären.
75
bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding gegen die Beklagte zu 1) aus § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 15 Abs. 1 UWG a.F., § 186 oder § 187 StGB ist nicht begründet. Diese Anspruchsgrundlagen knüpfen, teils mit anderer Beweislastverteilung als § 824 BGB, an die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache an. Eine solche Tatsache hat der Beklagte zu 2) nicht behauptet oder verbreitet. Die von ihm behaupteten Tatsachen waren nach den - wie dargelegt - rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr.
76
cc) Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 55a oder § 55b KWG kann der Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding von der Beklagten zu 1) Schadensersatz verlangen. Der Beklagte zu 2), für dessen Verhalten die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, hat Angaben über Millionenkredite, die die Deutsche Bundesbank der Beklagten zu 1) mitgeteilt hat, nicht entgegen § 14 Abs. 2 Satz 5 KWG in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) offenbart oder verwertet.
77
(1) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KWG a.F. hatte die Deutsche Bundesbank die anzeigenden Unternehmen zu benachrichtigen, wenn einem Kreditnehmer von mehreren Kreditinstituten so genannte Millionenkredite gewährt wurden. Die Benachrichtigung umfasste nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KWG a.F. nur Angaben über die Gesamtverschuldung des Kreditnehmers und über die Anzahl der beteiligten Unternehmen.
78
(2) Eine unbefugte Offenbarung von Angaben über Millionenkredite gemäß § 55b Abs. 1 KWG liegt vor, wenn eine in einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigte Person solche Angaben einem anderen in der Weise zugänglich macht, dass er die Möglichkeit hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen (Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55b Rdn. 3 m.w.Nachw.; Achenbach/Schröder ZBB 2005, 135, 140).
79
Daran fehlt es hier. Der Beklagte zu 2), dessen Kenntnis der Bundesbankmitteilungen über Millionenkredite im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, hat sich in dem Interview weder zur Gesamtverschuldung der Kirch-Gruppe oder einer ihr angehörenden Gesellschaft noch zur Anzahl der kreditgewährenden Unternehmen geäußert. Der Gesamtbetrag der gewährten Kredite und die Anzahl der beteiligten Unternehmen ließen sich aus seinen Interviewäußerungen auch nicht mittelbar entnehmen oder erschließen. Die Aussage, "der Kredit, den wir haben, ist ... zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich", erlaubt entgegen der von Professor Dr. T. in seinem vom Kläger vorgelegten Parteigutachten vertretenen Ansicht auch im Zusammenhang mit anderen Interviewäußerungen offensichtlich keinen Schluss auf die konkrete Gesamthöhe der der Kirch-Gruppe oder einer ihr angehörenden Gesellschaft gewährten Kredite oder gar auf die Anzahl der kreditgewährenden Unternehmen. Überdies hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 nur die Antwort des Beklagten zu 2) auf die letzte Interviewfrage für klagebegründend und allein maßgeblich erklärt und daran auch später festgehalten.
80
(3) Eine unbefugte Verwertung von Angaben über Millionenkredite gemäß § 55a Abs. 1 KWG liegt vor, wenn die von der Deutschen Bundesbank übermittelten Informationen in einer von § 14 KWG nicht gedeckten Weise für eigene oder für fremde wirtschaftliche Zwecke nutzbar gemacht werden (vgl. BayObLG NStZ 1984, 169; Lindemann, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55a Rdn. 5; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 355 Rdn. 15; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 204 Rdn. 3; Achenbach/Schröder ZBB 2005, 135, 140). Das ist der Fall, wenn ein Kreditinstitut eine Information, die es durch die Deutsche Bundesbank über Millionenkredite eines Kreditnehmers bei einer anderen Bank erhält, nicht ausschließlich zu bankinternen Zwecken der Kreditgewährung oder -verweigerung nutzt, sondern sonst wie eigennützig verwendet (Janssen, in: Park, Kapitalmarkt-Strafrecht § 55a KWG Rdn. 5). Erforderlich ist insoweit allerdings stets, dass der Täter ein gewinnorientiertes Ziel verfolgt (BayObLG NStZ 1984, 169; Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55a Rdn. 6).
81
Daran fehlt es hier. Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass der Beklagte zu 2) Mitteilungen der Deutschen Bundesbank über die Gesamtverschuldung und die Anzahl der beteiligten Unternehmen für eigene oder fremde wirtschaftliche Zwecke nutzbar gemacht hätte, geschweige denn, dass er mit seinen Äußerungen die Erzielung eines Ge- winns der Beklagten zu 1) oder eines anderen Unternehmens beabsichtigt habe. Es ist, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, nicht einmal ein Zusammenhang zwischen den Mitteilungen der Deutschen Bundesbank nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KWG a.F. und der Interviewäußerung des Beklagten zu 2) zu erkennen.
82
Ein dd) Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 17 Abs. 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) oder aus § 19 Satz 1 UWG a.F. ist ebenfalls nicht begründet. Der Beklagte zu 2) hat kein Geschäftsoder Betriebsgeheimnis des Klägers oder der TaurusHolding mitgeteilt.
83
Gemäß § 17 Abs. 1 UWG a.F. macht sich strafbar, wer als Angestellter eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, mitteilt. Die Vorschrift schützt damit das Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisträgers, also den Inhaber des Geschäftsbetriebes (Großkommentar/Otto, § 17 UWG Rdn. 4, 6; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 25. Aufl. § 17 Rdn. 2; Köhler/Piper, UWG 3. Aufl. § 17 Rdn. 2; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB § 823 Rdn. 199; s. auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 1965 - Ib ZR 93/63, GRUR 1966, 152, 153; OLG München NJW-RR 1996, 1134).
84
Das ist hier nicht der Kläger, die TaurusHolding oder eine der konzernangehörigen Gesellschaften, sondern ausschließlich die Beklagte zu 1). Dass sie der PrintBeteiligungs GmbH vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet war, führt entgegen der Ansicht von Tiedemann (ZIP 2004, 294, 296) nicht etwa dazu, dass §§ 17 Abs. 1 und 19 Satz 1 UWG a.F. für den Kläger oder die TaurusHolding Schutzgesetzcharakter erlangen. Abgesehen davon hat der Beklagte zu 2), wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kein Geheimnis offenbart. Das Kreditengagement der Beklagten zu 1) bei der PrintBeteiligungs GmbH sowie dessen Absicherung durch ein Pfandrecht an Aktien der Axel Springer AG waren der interessierten Öffentlichkeit, insbesondere der Kreditwirtschaft , durch Presseveröffentlichungen bereits bekannt.
85
ee)EinSchadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem Recht oder dem der Zedentin, der TaurusHolding, gegen die Beklagte zu 1) aus § 1 UWG a.F. besteht ebenfalls nicht. Nach § 1 UWG a.F. kann - unter anderem - auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt , die gegen die guten Sitten verstoßen. Inhaber eines solchen Anspruchs kann nur ein Mitbewerber sein, der in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu dem unlauter Handelnden oder zu dem von ihm geförderten Unternehmen steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen , d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urteile vom 23. April 1998 - I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 70 - Preisvergleichsliste II, vom 21. Februar 2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 903 - Vanity-Nummer und vom 24. Juni 2004 - I ZR 26/02, NJW 2004, 3032, 3033 - Werbeblocker). An einem solchen Wettbewerbsverhältnis fehlt es hier.
86
Der (1) Kläger selbst ist als Gesellschafter und Geschäftsführer der TaurusHolding und anderer konzernangehöriger Gesellschaften kein Mitbewerber der Beklagten zu 1) oder von Unternehmen, an denen sie beteiligt ist oder zu denen sie Kundenbeziehungen unterhält. Daran ändert auch der Besitz aller Anteile der TaurusHolding nichts. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist keine gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit, sondern Vermögensverwaltung (Senatsurteil vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, ZIP 2006, 68, 69, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
87
Auch (2) die TaurusHolding steht als Konzernobergesellschaft nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten zu 1) oder zu einem Unternehmen, dessen Wettbewerb durch die Äußerungen des Beklagten zu 2) angeblich gefördert werden sollte. Die TaurusHolding selbst war nicht operativ tätig, sondern nahm nach den Angaben des Klägers als Obergesellschaft Koordinations- und strategische Verwaltungsaufgaben der Kirch-Gruppe wahr. Ob konzernangehörige Gesellschaften der Gruppe wie etwa die KirchPayTV GmbH & Co. KGaA oder die PayTV Plattform Premiere Mitbewerber von Unternehmen waren, an denen die Beklagte zu 1) beteiligt ist oder die sie angeblich zu fördern trachtet, ist ohne Belang. Dadurch wird kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der TaurusHolding begründet, sondern nur zwischen Beteiligungsunternehmen der Beklagten zu 1) und einzelnen konzernangehörigen Unternehmen der Kirch-Gruppe. Das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das die vom Kläger bewusst ausge- nutzte Möglichkeit bietet, die Haftung für Verbindlichkeiten auf eine bestimmte Konzerngesellschaft zu beschränken (§ 13 Abs. 2 GmbHG), ist auch dann zu beachten, wenn es um die Aktivlegitimation von Ansprüchen aus § 1 UWG a.F. geht.
88
ff) Das Berufungsgericht ist auch mit Recht zu dem Ergebnis gelangt , dass dem Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu 1) zusteht.
89
Ein (1) Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers oder der TaurusHolding ist aufgrund der Antwort des Beklagten zu 2) auf die letzte Frage des Interviewpartners nicht begründet worden.
90
Ein (a) solcher Anspruch des Klägers aus eigenem Recht setzt voraus, dass dieser selbst im Februar 2002 Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs war. Das ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Gewerbebetriebeunterh ielten vielmehr lediglich die Gesellschaften der Kirch-Gruppe. Der Kläger war in seiner Eigenschaft als alleiniger Kommanditist und Alleingesellschafter der Komplementärin der TaurusHolding sowie als Geschäftsführer der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG und der PrintBeteiligungs GmbH nicht selbst Inhaber eines Gewerbebetriebs. Der Geschäftsführer einer werbenden GmbH ist weder Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB noch Unternehmer gemäß § 14 BGB (vgl. BGHZ 104, 95, 98; 121, 224, 228; 132, 119, 122; BGH, Urteil vom 15. Juli 2004 - III ZR 315/03, ZIP 2004, 1647, 1648). Nur die GmbH selbst ist nach § 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann. Daran ändert auch der Besitz aller Gesellschaftsanteile durch den Geschäftsführer nichts. Das Halten von GmbH-Anteilen ist keine gewerbliche Tätigkeit , sondern reine Vermögensverwaltung und die Geschäftsführung einer GmbH keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit (BGHZ 133, 71, 78; 133, 220, 223; Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - XI ZR 322/98, WM 2000, 1799 und vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, ZIP 2006, 68, 69, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ). Wird ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer GmbH, der die korporative Haftungsbeschränkung genießt, im Wirtschaftsleben danach rechtlich grundsätzlich nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, sondern als Privatperson behandelt, ist es nur konsequent, ihm den besonderen Vermögensschutz, den der Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach ständiger Rechtsprechung genießt , zu versagen. Die gegenteilige, in der Literatur (Spindler, in: Bamberger /Roth, BGB § 823 Rdn. 105 Fn. 527) als "sehr zweifelhaft" bezeichnete Ansicht des Oberlandesgerichts München (NJW-RR 1991, 928, 929) ist systemwidrig. Sie würde zu einer für den Schuldner unzumutbaren Doppelhaftung führen. Überdies trägt sie dem Umstand nicht Rechnung , dass das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung zur Füllung von Schutzlücken als sonstiges Recht im Sinne eines Auffangtatbestands entwickelt worden ist. Für einen eigenen Schutz des geschäftsführenden Alleingesellschafters nach § 823 Abs. 1 BGB besteht indes kein Bedürfnis, da er mittelbar von einem Anspruch profitiert, der der ihm gehörenden GmbH bei einem rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zusteht.
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(b) Der Kläger hat auch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding keinen Schadensersatzanspruch wegen eines Eingriffs der Beklagten zu 1) in deren Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
93
(aa) Der Anspruch scheitert allerdings nicht schon daran, dass die Haftung für solche Eingriffe nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Auffangtatbestand lediglich den gesetzlichen Schutz ergänzen und bestehende Haftungslücken ausfüllen soll (BGHZ 43, 359, 361; 59, 30, 34; 65, 325, 328; 105, 346, 350; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2002 - VI ZR 171/02, NJW 2003, 1040, 1041). Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt deshalb nicht in Betracht, soweit § 824 BGB sowie gegebenenfalls § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 StGB den Schutz der wirtschaftlichen Wertschätzung von Unternehmen vor Beeinträchtigungen durch Verbreitung unwahrer Behauptungen gewährleisten (BGHZ 65, 320, 328; 138, 311, 315; BGH, Urteile vom 23. Oktober 1979 - VI ZR 230/77, NJW 1980, 881, 882 und vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, NJW 1992, 1312).
94
Eine abschließende Haftungsregelung stellt § 824 BGB indes nur für die Verbreitung falscher Tatsachen dar, nicht für die wahrer Tatsachen (BGHZ 8, 142, 144; 90, 113, 121; 138, 311, 315; MünchKomm/ Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 188, 198; Spindler, in: Bamberger/ Roth, BGB § 823 Rdn. 116; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 350) und erst recht nicht für die Äußerung von Werturteilen und Meinungen, die die wirtschaftliche Wertschätzung, also Kredit, Erwerb und Fortkommen eines konkret Betroffenen beeinträchtigen (BGHZ 45, 296, 305 f.; 65, 325, 328).
95
Die vom Kläger beanstandete Antwort des Beklagten zu 2) auf die dritte Frage des Interviewpartners enthält, wie bereits dargelegt, im ersten Satz ("Das halte ich für relativ fraglich") sowie im dritten Satz ("Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren") Meinungsäußerungen und im zweiten Satz ("Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen") nach den, wie dargelegt, rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts die Behauptung wahrer Tatsachen. § 824 BGB steht der Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB deshalb nicht entgegen.
96
(bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der TaurusHolding scheitert aber an der fehlenden Rechtswidrigkeit eines Eingriffs.
97
(aaa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen so genannten offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (BGHZ 45, 296, 307; 65, 325, 331; 138, 311, 318). Dabei sind vor allem grundrechtlich geschützte Positionen der Beteiligten zu berücksichtigen.
98
Bei Informationen, die inhaltlich zutreffen und sachlich sind, und bei Werturteilen, die nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und nicht herabsetzend formuliert sind, gewährt das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) allerdings keinen Schutz, auch wenn die wirtschaftliche Position eines Unternehmens durch sie nachteilig beeinflusst wird (BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Als eigenständiges Schutzgut der Eigentumsgarantie ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bisher nicht anerkannt (vgl. BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1712).
99
Dagegen fallen die vom Kläger beanstandeten Äußerungen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, auf die sich auch eine juristische Person des Privatrechts wie die Beklagte zu 1) berufen kann (BVerfGE 21, 271, 277; 80, 124, 131; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet, ohne ausdrücklich zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung zu unterscheiden, jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Das Recht der freien Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG zwar seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch § 823 Abs. 1 BGB gehört. Dieser muss aber im Lichte der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gesehen und so interpretiert werden, dass der besondere Wertgehalt des Rechts der freien Meinungsäußerung auf jeden Fall gewahrt bleibt. Es findet also eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass § 823 Abs. 1 BGB zwar dem Grundrecht Schranken setzt, aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts ausgelegt und in seiner das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden muss (BVerfGE 7, 198, 208 f.; 68, 226, 231; 69, 257, 269 f.; 85, 1, 16; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; st.Rspr.).
100
Dies bedeutet, dass bei einer Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage eine Vermutung zugunsten der freien Rede spricht (BVerfGE 61, 1, 7; 82, 272, 281 f.; 90, 241, 249; 93, 266, 294 f.; BGHZ 45, 296, 308; 65, 325, 331 f.). Für Tatsachenbehauptungen gilt dies allerdings nicht in gleicher Weise. Im Gegensatz zur Äußerung einer Meinung ist für den verfassungsrechtlichen Schutz einer Tatsachenmitteilung deren Richtigkeit von Bedeutung (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 17; 97, 391, 403 f.). Enthält eine Äußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurück (BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.). Wahre Aussagen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, es sei denn, die Aussagen betreffen die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre und sind nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; BVerfG NJW 2003, 1109, 1110).
101
(bbb) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt gegenüber der TaurusHolding ein rechtswidriger Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht vor.
102
Der Beklagte zu 2), für dessen Verhalten die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, hat, wie dargelegt, im ersten Satz seiner Antwort auf die letzte Interviewfrage die Bereitschaft der Kreditwirtschaft, dem Kläger oder Gesellschaften seiner Gruppe zusätzliche Kredite zur Verfügung zu stellen, skeptisch eingeschätzt und diese Beurteilung im letzten Satz seiner Antwort bekräftigt. Es handelt sich dabei um Äußerungen , die in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen. Sie betrafen die die Öffentlichkeit wesentlich berührende, in Zeitungen und Zeitschriften behandelte Finanzkrise der Kirch-Gruppe, die nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag mit einem Volumen von 767 Millionen € wenige Tage vor dem Interview dramatisch geworden war. Die Krise und das Schicksal der Kirch-Gruppe interessierte, auch wenn dies in dem Interview nicht besonders zum Ausdruck gekommen ist, nicht nur Wirtschaftskreise, sondern ein breites Publikum, da die Kirch-Gruppe wegen ihrer Beteiligung an Fernsehsendern und Verlagen ein wesentlicher Faktor in der deutschen Medienbranche und für die Meinungsbildung von Bedeutung war. Einschränkend ist insoweit allerdings zu berücksichtigen, dass die die Öffentlichkeit in besonderem Maße berührende Frage der Auswirkungen einer möglichen Insolvenz der Kirch- Gruppe auf die Medienlandschaft nicht Gegenstand des Interviews und insbesondere der Antworten des Beklagten zu 2) war. Vielmehr hat sich der Beklagte zu 2) als Organ der Beklagten zu 1) unter anderem über ein konkretes Kreditverhältnis der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH geäußert.
103
Ob auch für die mit den vorgenannten Äußerungen eng verbundenen , zur Begründung angeführten Tatsachenbehauptungen des Beklagten zu 2) im zweiten Antwortsatz auf die letzte Interviewfrage die Vermutung für das Recht der freien Rede gilt, bedarf keiner Entscheidung. Denn die darin enthaltene Behauptung, die Banken einschließlich der Beklagten zu 1) seien nicht mehr bereit, dem Kläger und seiner Unter- nehmensgruppe auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, war, wie bereits darlegt, nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Wahre Aussagen müssen aber, wenn sie - wie hier - nicht die Intim-, Privatoder Vertraulichkeitssphäre betreffen, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind.
104
Die zur Klärung der Reichweite des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gebotene Abwägung der kollidierenden Interessen und Güter führt hier nicht ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis. Die Finanzkrise der Kirch-Gruppe und die Zurückhaltung der Banken, auf unveränderter Basis, d.h. ohne Umstrukturierung der Gruppe , zusätzliche Kreditmittel zur Verfügung zu stellen, waren nicht nur der Kreditwirtschaft, sondern einer breiten Öffentlichkeit aufgrund von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften bekannt. Jedoch musste den Äußerungen des Beklagten zu 2), wie dargelegt, angesichts seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher der Beklagten zu 1) entnommen werden, dass auch die Beklagte zu 1) auf unveränderter Basis zu weiteren Krediten nicht bereit sei. Diese kreditgefährdenden Äußerungen erlangten besondere Bedeutung und Wirkung dadurch, dass es der Beklagte zu 2), Vorstandssprecher der größten deutschen Bank und Wirtschaftsführer mit hoher Sachkompetenz und großem Ansehen, war, der sie machte. Sie wurde verstärkt dadurch, dass er sie, für einen Bankier ungewöhnlich, in einem Fernsehinterview und zu einem Zeitpunkt tat, in dem die Finanzkrise der Kirch-Gruppe nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag dramatisch geworden war. Dies ist bei der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung zwar zu berücksichtigen, weil die Äußerungen des Beklagten zu 2) deswegen großer Aufmerksamkeit gewiss und geeignet waren, dem Kläger und seiner Gruppe die Aufnahme zusätzlicher dringend benötigter Kredite weiter zu erschweren. Die Rechtswidrigkeit der inhaltlich zutreffenden Äußerungen des Beklagten zu 2) im Verhältnis zur TaurusHolding kann damit unter Berücksichtigung der Vermutung zugunsten der freien Rede in allen die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen sowie des Rechts, wahre Tatsachen äußern zu dürfen, aber nicht begründet werden.
105
Die Beklagte zu 1) unterhielt, was von wesentlicher Bedeutung ist, ebenso wie der Beklagte zu 2) keinerlei rechtliche Beziehungen zur TaurusHolding. Auch Kreditvertragsverhandlungen hatte es mit ihr nicht gegeben. Die Beklagten traf deshalb insoweit anders als gegenüber der konzernangehörigen PrintBeteiligungs GmbH keine Pflicht zur Interessenwahrung , Rücksichtnahme und Loyalität. Dass die TaurusHolding Konzernobergesellschaft der Kirch-Gruppe war, ändert nichts. Das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das der Kläger zur Haftungsbeschränkung genutzt hat, ist auch hier uneingeschränkt zu beachten. Der TaurusHolding standen die Beklagten danach rechtlich als beliebige Dritte gegenüber, die von ihrem Recht, sich zu einer die Öffentlichkeit interessierenden Finanzkrise eines in der damaligen deutschen Medienlandschaft bedeutsamen Konzerns zu äußern, Gebrauch machten. Wollte man dies anders sehen, würde der Beklagten zu 1) wegen ihrer Bedeutung in der deutschen Kreditwirtschaft sowie dem Beklagten zu 2) wegen seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher und seines Ansehens insbesondere in Bank- und Wirtschaftskreisen das Recht abgesprochen, ihre Meinung zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage öffentlich zu äußern, ohne durch vertragliche Loyalitätspflichten gebun- den zu sein, und sie damit von der Teilnahme an der laufenden öffentlichen Diskussion ausschließen, obwohl für diese in einer Demokratie gerade Äußerungen sachkompetenter und im Licht der Öffentlichkeit stehender Persönlichkeiten und Entscheidungsträger wichtig sind. Dies ist mit der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht vereinbar.
106
(2) Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers oder der TaurusHolding, dieses in seiner Ausprägung als sozialer Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen (vgl. BGHZ 98, 94, 97; BGH, Urteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, WM 1994, 641, 643), besteht nicht.
107
Die (a) Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, eines Rahmenrechts, liegt nicht fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (vgl. BGHZ 73, 120, 124; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, NJW 1999, 2893, 2894 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, NJW 2004, 762, 764). Bei dieser Abwägung kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei der beanstandeten Äußerung um ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung handelt. Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Dabei müssen, wie bereits dargelegt, wahre Aussagen, soweit sie - wie hier - nicht die Intim-, Privat- und Vertraulichkeitssphäre betreffen , in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.; 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414 und NJW 2003, 1109, 1110; BGHZ 36, 77, 80 ff.; 138, 311, 320 f.).

108
(b) Der zweite Antwortsatz des Beklagten zu 2) auf die letzte Interviewfrage , enthält, wie bereits ausgeführt, nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wahre Tatsachenbehauptungen. Der Kläger und die TaurusHolding haben sie deshalb unter dem Blickwinkel ihres Persönlichkeitsrechts hinzunehmen. Eine Fallgestaltung , bei der dies ausnahmsweise anders zu sehen wäre, liegt nicht vor. Insoweit kann auf die Ausführungen, mit denen ein rechtswidriger Eingriff der Beklagten in das Recht der TaurusHolding am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint worden ist (II. A. 3. b) ff) (1) (b) (bb) (bbb)), verwiesen werden.
109
Soweit die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) im ersten und dritten Antwortsatz auf die letzte Interviewfrage Meinungsäußerungen enthalten, sind sie, wie dargelegt, durch das Recht der Beklagten zur freien Meinungsäußerung gedeckt und deshalb nicht geeignet, das Persönlichkeitsrecht des Klägers oder der TaurusHolding zu verletzen.
110
(c) Mit dieser Beurteilung weicht der erkennende Senat, anders als der Kläger meint, nicht etwa von Grundsätzen ab, die der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 8. Februar 1994 (VI ZR 286/93, WM 1994, 641 ff.) aufgestellt hat. Nach dieser - nicht zweifelsfreien - Entscheidung des VI. Zivilsenats, die in der Literatur ganz überwiegend auf zum Teil massive Kritik gestoßen ist (Staudinger/Hager, Bearb. 1999 § 823 Rdn. C 32; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB § 823 Rdn. 131; Erman/Schiemann, BGB 11. Aufl. § 823 Rdn. 71; Siegmann ZIP 1994, 651, 653; Hager ZHR 158 (1994), 675, 684; Junker ZIP 1994, 1499; Leßmann DZWiR 1994, 331, 333; Lutter AG 1994, 347; Ehmann WuB IV A. § 823 BGB 2.94; Hirte EWiR 1994, 469, 470; Marly LM § 823 (Ah) BGB Nr. 110), ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens verletzt, wenn ein Wirtschaftswissenschaftler, der für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zahlreiche Fortbildungsseminare durchführt , den im Bundesanzeiger vollständig veröffentlichten Jahresabschluss eines mittelständischen, nicht im Licht der Öffentlichkeit stehenden Bauunternehmens in nicht anonymisierter Weise zum Gegenstand seiner Seminarveranstaltungen macht und dabei unter gezielter Hervorhebung kritischer Werte auf tatsächliche oder vermeintliche Schwachstellen der finanziellen Lage des Unternehmens hinweist, dieses den Seminarteilnehmern also in seiner finanziellen Situation gezielt vorführt.
111
Hiervon unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung grundlegend. Der Beklagte zu 2) hat sich mit seiner Antwort auf die letzte Frage des Interviews zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden wirtschaftlichen Frage geäußert und dabei unter Verzicht auf Details eine kurz begründete Einschätzung abgegeben. Die von ihm zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen wahren Tatsachen betrafen eine im Licht der Öffentlichkeit stehende bedeutende Gruppe der Medienbranche und waren überdies, anders als in dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall, aufgrund von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften einer breiten Öffentlichkeit im Wesentlichen bereits bekannt. Ein mit der gezielten Durchleuchtung der finanziellen Situation eines mittelständischen Bauunternehmens vergleichbarer Hinweiseffekt (Prangerwirkung), auf den der VI. Zivilsenat wesentlich abgestellt hat, kann der Äußerung des Beklagten zu 2) deshalb entgegen der Ansicht von Petersen (BKR 2004, 47, 48) nicht beigemessen werden.
112
gg) Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) auch keinen Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB fordern. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen nicht ausreichen, um eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers oder der TaurusHolding durch den Beklagten zu 2) anzunehmen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsurteil insoweit auf einem Rechtsfehler beruht. Sie versucht lediglich, die auf beweislosen Mutmaßungen beruhende Beurteilung des Klägers, dass die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) bewusst auf die Zerschlagung der Kirch-Gruppe ausgerichtet gewesen sei, an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts zu setzen. Damit kann der Kläger keinen Erfolg haben.
113
B. Revision des Klägers
114
Auch die Revision des Klägers hat nur zum Teil Erfolg. Seine Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2) ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH begründet; der Beklagte zu 2) haftet aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht der PrintBeteiligungs GmbH am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Im Übrigen stehen dem Kläger weder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding noch aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) zu.
115
1. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu
2) auf vertraglicher Grundlage bestehen nicht.
116
a) Ansprüche des Klägers aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) scheiden schon deshalb aus, weil zwischen dem Kläger selbst, der TaurusHolding sowie der PrintBeteiligungs GmbH und dem Beklagten zu 2) keine vertraglichen Beziehungen gegeben sind. Ein Vertragsverhältnis , und zwar einzig ein Darlehensvertrag, bestand lediglich zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH.
117
Auch b) ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) kommt entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Betracht. Der Beklagte zu 2) hat bei der Anbahnung des Darlehensvertrages der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH nicht, wie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich (BGHZ 56, 81, 84; 74, 103, 108; 129, 170; 159, 94, 102), in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sind die Darlehensvertragsverhandlungen nicht vom Beklagten zu 2), sondern vom damaligen Leiter der Niederlassung München der Beklagten zu 1) geführt worden. Ob und wie der Beklagte zu 2) bankintern oder im Vorfeld an der Kreditentscheidung beteiligt war, ist im Rahmen des § 311 Abs. 2 BGB ohne Belang.
118
Nach Abschluss des Darlehensvertrages kann, wie unter II. A. 3.
a) näher dargelegt, von neuen Vertragsverhandlungen in den Jahren 2001 und 2002, aus denen sich eine vorvertragliche Verpflichtung ergeben könnte, die Kreditwürdigkeit des Klägers, der TaurusHolding oder der PrintBeteiligungs GmbH nicht zu gefährden, entgegen der Ansicht des Klägers nicht einmal für die Beklagte zu 1) ausgegangen werden, geschweige denn für den Beklagten zu 2).
119
2. Aus deliktischem Handeln des Beklagten zu 2) steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nur aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu (§ 823 Abs. 1 BGB).
120
a) Ansprüche aus § 824 Abs. 1 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG a.F., § 15 Abs. 1 UWG a.F, § 17 UWG a.F., § 19 Satz 1 UWG a.F., § 186 StGB, § 187 StGB, § 55a KWG oder § 55b KWG, aus § 1 UWG a.F. und aus § 826 BGB bestehen gegen den Beklagten zu 2) nicht, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der genannten Anspruchsgrundlagen aus den unter II. A. 3. b) aa) - ee) und gg) dargelegten Gründen nicht gegeben sind.
121
b) Gleiches gilt aufgrund der Ausführungen unter II. A. 3. b) ff) (1) und (2) auch für Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs des Beklagten zu 2) in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers oder der TaurusHolding sowie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Kläger selbst war, wie dargelegt, im Februar 2002 nicht Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der TaurusHolding scheitert an der fehlenden Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Und eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist nicht gegeben, weil die Äußerungen des Beklagten zu 2) wahr und von seinem Recht zur freien Meinungsäußerung gedeckt sind.
122
c) Gegeben ist dagegen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten zu 2) aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht der PrintBeteiligungs GmbH an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb , der neben dem entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte zu 1) besteht (s. II. A. 2. c)).
123
Die aa) inkriminierten Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) stellen einen betriebsbezogenen Eingriff in deren Gewerbebetrieb dar. Sie gefährden, wie dargelegt, ihre Kreditwürdigkeit, beeinträchtigen unmittelbar die Geschäftsbeziehung zu Banken sowie anderen potentiellen Kreditgebern und damit die ungestörte Fortführung und Entfaltung der PrintBeteiligungs GmbH (vgl. BGHZ 8, 142, 144 f.; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 350).
124
bb) Anders als im Verhältnis zur TaurusHolding sind die Äußerungen auch rechtswidrig. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der Interessen der Parteien unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen nicht nur zivil -, sondern auch verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen kann sich der Beklagte zu 2) für seine Äußerungen nicht mit Erfolg auf das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen. Insoweit fällt neben der bereits erörterten (II. A. 3. b) ff) (1) (b) (bb) (bbb)) Schwere des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entscheidend ins Gewicht, dass in die Güter- und Interessenabwägung zusätzlich vertragliche Pflichten einzubeziehen sind.
125
Aufgrund des Darlehensvertrages mit der PrintBeteiligungs GmbH bestanden für die Beklagte zu 1) Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten. Diese beinhalten, ohne dass sich die Beklagte zu 1) auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen könnte, wie dargelegt, unter anderem die Verpflichtung, die Kreditwürdigkeit der PrintBeteiligungs GmbH nicht zu gefährden. Diese Verpflichtung ist durch das Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, verletzt worden. Zwar begründet der Darlehensvertrag für den Beklagten zu 2) unmittelbar keine Rechte und Pflichten. Den Beklagten zu 2) traf aber aufgrund seiner damaligen Stellung als Organ der Beklagten zu 2) die organschaftliche Verpflichtung, alles zu unterlassen, was die Beklagte zu 1) schädigen, insbesondere sie einem Schadensersatzanspruch der PrintBeteiligungs GmbH in Millionenhöhe aussetzen konnte. Das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) schützt den Beklagten zu 2) insoweit nicht, da es kein vertragswidriges Verhalten erlaubt. Insbesondere war er als Organ der Beklagten zu
1) in Bezug auf die PrintBeteiligungs GmbH zur Zurückhaltung im Umgang mit kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet. Umgekehrt durfte diese sich darauf verlassen, dass die Beklagte zu 1) und ihre Organe sich an diese Verpflichtung hielten.
126
Dies darf bei der gebotenen Abwägung der Interessen der PrintBeteiligungs GmbH einerseits und des Beklagten zu 2) andererseits trotz des Prinzips der Relativität von Schuldverhältnissen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unberücksichtigt bleiben. Es geht nicht an anzunehmen, Pflichten seien nur an den Unternehmensträger, nicht aber an das Organ adressiert, gleichzeitig aber die Möglichkeit einer eigenen deliktsrechtlichen Haftung des Organs mit dem Argument zu leugnen , dessen Verhalten sei Handeln der juristischen Person selbst, so dass das Organ seinem Unternehmen gar nicht selbstständig gegenübertrete (vgl. MünchKomm/Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 399). Ange- sichts der Einheit der Rechtsordnung erscheint es außerdem widersprüchlich , ein und dasselbe Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) haftet, im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH ebenso wie im Innenverhältnis zwischen den beiden Beklagten als pflichtwidrig anzusehen, im Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 2) und der PrintBeteiligungs GmbH dagegen als rechtmäßig.
127
Das Organ einer Gesellschaft darf deren Vertragspartner nicht in dessen absolut geschützten Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzen und ihm einen Schaden zufügen. Vielmehr muss es sich so verhalten, wie es eine natürliche Person tun würde. Andernfalls liefe der mit einer Kapitalgesellschaft kontrahierende Vertragsgegner Gefahr, eher geschädigt zu werden als in den Fällen, in denen eine natürliche Person sein Vertragspartner ist, der für sein schuldhaftes Handeln uneingeschränkt einstehen muss. Was der juristischen Person aufgrund der vertraglichen Treuepflicht untersagt ist, ist daher zwangsläufig auch dem oder den für sie handelnden Organen verboten.
128
Nach diesen Grundsätzen steht einer Haftung des Beklagten zu 2) wegen eines unerlaubten Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kein Hinderungsgrund entgegen. So wie die Beklagte zu 1) den Vertragsbruch gegenüber der PrintBeteiligungs GmbH nicht mit Hilfe des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) rechtfertigen kann, ist auch das Handeln des Beklagten zu 2) selbst nicht gerechtfertigt. Der Einwand, dass er keine Vertragspartei und einer solchen auch nicht gleichzusetzen sei, greift entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht. Vielmehr war es seine ureigene Aufgabe, als Organ der Beklagten zu 1) dafür zu sorgen, dass sie die darlehensvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten ordnungsgemäß erfüllt und dass die PrintBeteiligungs GmbH keinen Schaden erleidet. Dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen, sondern hat sich zumindest fahrlässig über sie hinweggesetzt. Dass ein solches Verhalten von vornherein keinen Schutz verdient, sondern grundsätzlich eine eigene deliktische Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB auslöst, liegt auf der Hand und ist auch in der gesellschaftsrechtlichen Literatur bislang nicht in Frage gestellt worden.
129
Dem kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht entgegengehalten werden, die PrintBeteiligungs GmbH sei durch ihren Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu
1) ausreichend geschützt, eines ergänzenden Anspruchs gegen den Beklagten zu 2) bedürfe es nicht. Die damit angesprochene Subsidiarität des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gilt nur gegenüber Ansprüchen gegen denselben Anspruchsgegner. Wollte man dies anders sehen, könnte der Inhaber eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB auch auf verjährte oder nicht werthaltige Ansprüche etwa gegen eine vermögenslose juristische Person verwiesen werden.

III.


130
Unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen war das angefochtene Urteil daher teilweise aufzuheben (§§ 561, 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 2) war darauf zu beschränken, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche lediglich aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH zustehen, nicht jedoch solche aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding.
Nobbe Müller Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.02.2003 - 33 O 8439/02 -
OLG München, Entscheidung vom 10.12.2003 - 21 U 2392/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR340/14 Verkündet am:
28. Juli 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah; 1004
Abs. 1 Satz 1

a) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann
der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern
auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet
abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.

b) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen
kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur
verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich
falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung
der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung
, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich
und dem Störer zumutbar ist.

c) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein
Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst
wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst
die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer,
der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung
der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen aus dem Artikel vom 24. September 2010 gerichtete Hilfsantrag abgewiesen und der auf Schadensersatz gerichtete weitere Hilfsantrag als verspätet angesehen worden ist. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Aktiengesellschaft nimmt den Beklagten auf Löschung von im Internet abrufbaren Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war für die heute nicht mehr existierende Kanzlei Dr. S. & v. B. als freier Mitarbeiter tätig. Im Auftrag von Aktionären der Klägerin nahm er diese gerichtlich auf Erfüllung eines Vertrags über den Rückkauf von Aktien der Klägerin in Anspruch. Auf der Homepage der Kanzlei Dr. S. & v. B. wurde zeitnah über die Klageerhebung berichtet. Der Beitrag wurde später gelöscht. Vom 24. September 2010 an waren in dem Internetportal des B. e.V. und in dem Internetportal "recht§billig" mit dem Foto des Beklagten bebilderte Beiträge abrufbar, in dem unter voller Namensnennung wie folgt über die Klageerhebung berichtet wurde:
3
"Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. hat für Aktionäre Zahlungsklage gegen die A. & L. AG in H. erhoben. Die Aktionäre fordern die Erfüllung von Kaufzusagen bezüglich ihrer Aktien durch die A. & L. AG.
4
Mit einem Emissionsprospekt warb die A. & L. AG im Jahre 2000 im Rahmen einer Kapitalerhöhung um Aktionäre. Angeboten wurden 10 Millionen Stück Aktien ohne Nennwert zum Verkaufspreis von 5 €. Die Gesellschaft wollte sich mit dem Kapital an Unternehmen in "interessanten aufstrebenden Branchen" beteiligen. Den umworbenen Anlegern wurde der baldige Börsengang zugesagt, ein Ziel, das der Alleinvorstand der Aktiengesellschaft schon bald wieder aufgab.
5
Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Mindestens seit 2003 fand weder eine Hauptversammlung statt, noch gab es Geschäftsberichte. Dividendenzahlungen blieben völlig aus. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert.
6
Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. verfolgt mit der Klage das Ziel, dass von der A. & L. AG der bereits mehrfach zugesagte Kaufpreis für die Aktien nunmehr tatsächlich auch bezahlt wird.
7
Betroffene Investoren können sich der Interessengemeinschaft "A. & L. AG" im B. e.V. anschließen."
8
Nach einer Abmahnung des Beklagten war die Berichterstattung dort nicht mehr abrufbar. Die Klägerin stellte allerdings in der Folgezeit fest, dass eine entsprechende Berichterstattung unter der Überschrift "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar war. Die Berichterstattung war über Suchmaschinen abrufbar.
9
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung des im Internet über Suchmaschinen abrufbaren Artikels vom 24. September 2010 "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" zu bewirken. In einem nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen , ihr jeden Schaden zu erstatten, der ihr infolge der jederzeitigen Abrufbarkeit des beanstandeten Artikels im Internet entstanden ist oder noch entstehen wird. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung folgender Passagen aus dem Artikel zu bewirken: "Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert." Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zwar sei der Beklagte jedenfalls Mittäter hinsichtlich der zunächst auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren Veröffentlichung. Da der Beitrag jedoch bereits vor Klageerhebung aus dem Internetauftritt herausgenommen worden sei, gehe das Löschungsbegehren insoweit ins Leere. Es könne offenbleiben, ob der Beklagte auch Täter hinsichtlich dieses oder eines inhaltsgleichen Beitrags auf den Seiten des B. e.V. sei, da auch diese Veröffentlichungen vor Klageerhebung gelöscht worden seien. Für die Folgeveröffentlichungen im Internet hafte der Beklagte nicht. Dass er Täter oder Teilnehmer hinsichtlich der Folgeveröffentlichungen sei, behaupte die Klägerin nicht. Der Beklagte sei aber auch nicht Störer. Als Störer sei verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beitrage. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der ur- sprüngliche Beitrag des Beklagten für die in Rede stehenden Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal gewesen sei. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, dass ein Beitrag des Beklagten ohne sein Zutun unter der möglichen Verletzung urheberrechtlich geschützter Positionen von Dritten veröffentlicht werde. Abgesehen davon habe der Beklagte nicht - wie für die Störerhaftung erforderlich - zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Es sei ihm nicht zuzumuten, fremde Internetauftritte zu überprüfen. Aber auch wenn er von rechtswidrigen Veröffentlichungen wisse, bestehe für ihn keine Löschungspflicht. Denn er sei nicht in der Lage, die Störung zu beseitigen, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetauftritte habe. Zwar möge es Fälle geben, in denen einer Unterlassungsverpflichtung nur dadurch Genüge getan werden könne, dass aktiv in den Kausalverlauf eingegriffen werde. Dies könne aber nicht auf Fälle erstreckt werden, in denen - wie im Streitfall - die als rechtswidrig reklamierten Veröffentlichungen ohne Zutun durch den in Anspruch Genommenen erfolgten. Den mit - vom Landgericht nachgelassenen - Schriftsatz nachgeschobenen und auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag habe das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Er sei verspätet.

II.

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen kann, die Löschung des gesamten, im Internet abrufbaren Artikels zu bewirken. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der von der Klägerin mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken , nicht vollumfänglich verneint werden. Dem Berufungsgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es den auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag als verspätet angesehen hat.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf Bewirkung der Löschung des gesamten, im Internet aufrufbaren Artikels gerichtete Hauptantrag unbegründet ist.
13
a) Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass der Betroffene gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen kann (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 14, 16; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 10, 15; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 6 f., 11; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, AfP 1982, 217, 218, jeweils mwN). Er kann den Störer nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen, sondern in entsprechender Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326 ff., 332 f.; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; vom 28. September 1973 - I ZR 136/71, NJW 1973, 2285, 2286; BVerfG, AfP 1997, 619, 620; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Auflage, Vor §§ 823 ff Rn. 79 ff., § 823 Rn. 241 ff.; MünchKommBGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 219 ff.; Staudinger/Hager, 13. Bearb. 1999, § 823 C 271; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., Einf v § 823 Rn. 38; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., 22. Kapitel, Rn. 2; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 28 sowie zum Beseitigungsanspruch in Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung bei unzulässiger Meinungsäußerung: Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 ff.). Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 13 mwN). Hierauf beschränkt sich der Beseitigungsanspruch aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620 zum Anspruch auf Ergänzung einer Berichterstattung im Rahmen eines "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs"; MünchKommBGB/Rixecker, aaO Rn. 221; Staudinger/Hager, aaO, C 270). Vielmehr kann der Betroffene den Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff. sowie Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf).
14
Dem steht nicht entgegen, dass es der Senat in seinem Urteil vom 3. Mai 1977 (VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332 ff.) abgelehnt hat, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Ehrenschutzes über die Rechtsbehelfe der Unterlassung und der Berichtigung hinaus durch Zulassung einer Klage auf Feststellung der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung zu erweitern. Denn tragend für diese Entscheidung war, dass Gegenstand der begehrten Feststellung nicht - wie in § 256 ZPO vorausgesetzt - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine bloße Vorfrage für die Rechtsbeziehungen der Parteien war, auf die eine Feststellungsklage nicht gestützt werden kann (ebenda S. 332).
15
Für die Anerkennung eines Beseitigungsanspruchs in Gestalt der Löschung bzw. des Hinwirkens auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen spricht demgegenüber seine Nähe zum Unterlassungsanspruch. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf diese ist in ihren Wirkungen für den Störer und in ihrem Zweck für den Betroffenen der Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen angenähert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands , wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN).
16
Als Mittel zur Beendigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist das im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs geltend gemachte Löschungsbegehren allerdings nicht von geringeren sachlich-rechtlichen und beweismäßigen Voraussetzungen abhängig als die bisher anerkannten Rechtsbehelfe (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 335 f.; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138). Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann dementsprechend nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 337; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 40; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; MünchKomm-BGB/ Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/ Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; jeweils mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Hauptantrag bereits daran, dass er weit über das Ziel hinausschießt. Eine Löschung des gesamten Artikels ist zum Schutze des geschäftlichen Ansehens der Klägerin vor der Fortwirkung einer etwaigen rechtswidrigen Beeinträchtigung nicht erforderlich. Denn der Artikel enthält eine Vielzahl von Aussagen, die entweder ersichtlich zutreffend oder von der Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet worden sind und damit die Rechte der Klägerin nicht verletzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529).
18
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden.
19
a) Die Klägerin hat ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren wirksam in den Rechtsstreit eingeführt. Es ist allerdings nicht bereits als Minus im Hauptantrag mitenthalten. Die von der Klägerin gestellten Anträge sind so auszulegen, dass sie mit dem Hauptantrag ausschließlich das Bewirken der Löschung des gesamten Artikels begehrt hat. Denn sie hat nach dem Hinweis des Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie könne nicht den gesamten Artikel "verbieten" lassen, an ihrem Hauptantrag uneingeschränkt festgehalten und ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren ausdrücklich zum Gegenstand eines selbstständigen Hilfsantrags gemacht.
20
Das eingeschränkte Beseitigungsbegehren ist von der Klägerin aber wirksam zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt sind. Denn eine mit der Berufung vorgenommene Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO stellt unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Misserfolg des auf uneingeschränkte Leistung gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 ff.; vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361 Rn. 25; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 30).
21
b) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten eingeschränkten Beseitigungsbegehrens zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt. Zwar hat die Klägerin in der Berufungsinstanz mit ihrenzwei Hilfsanträgen verschiedene Streitgegenstände alternativ geltend gemacht, ohne die Reihenfolge zu benennen, in der sie die Anträge zur Überprüfung durch das Gericht stellt. Sie hat die gebotene Klarstellung aber in zulässiger Weise in der Revisionsinstanz nachgeholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie erklärt, den auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen des Artikels gerichteten Antrag als ersten Hilfsantrag und den auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens gerichteten Antrag als zweiten Hilfsantrag verfolgen zu wollen. Damit hat sie die verschiedenen Streitgegenstände in der gebotenen Weise in ein Eventualverhältnis gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 ff.; vom 27. November 2013 - III ZR 371/12, juris Rn. 2).
22
c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in entsprechender Anwendung der § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte verantwortlich ist.
23
aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren.
24
(1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 mwN). Sofern eine Äußerung , in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, AfP 1992, 75, 78; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, AfP 1994, 218 f.; vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252 f.; vom 16. November2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 mwN).
25
(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerungen überlagert und geprägt würde.
26
Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe , enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe , zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.
27
bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.
28
cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.
29
(1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
30
(2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
31
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 mwN; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33).
32
Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen , dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN).
33
dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich.
34
(1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 37; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 10 ff., jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 34 - Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Aufl., Vor §§ 823 ff Rn. 83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, S. 84 f.; Ingendaay, AfP 2011, 126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014, 8, 15 ff.).
35
(2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe, allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.
36
(a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungszustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800).
37
(b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverlet- zung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 f.; vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 21).
38
d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.
39
aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; Ott, WRP 2007, 605, 608; Bornkamm inKöhler/ Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn. 26).
40
bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Inter- netplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung , den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen , schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf; Wybitul/ Fladung, BB 2012, 509, 511 f.). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs - oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1976 - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 253; vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, VersR 2004, 797, 798; BVerfG, NJW 2010, 220 Rn. 26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn. 66 (Stand: 01.02.2015)).
41
3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in den Prozess eingeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, NJW 2015, 1296 Rn.14; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154; vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 13; Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).
42
4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Wellner von Pentz Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 324 O 550/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 - 7 U 60/13 -

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt Hochleistungsmagneten zur Einsparung von fossilen Brennstoffen bei dem Betrieb von Heizungsanlagen her. Sie ist Inhaberin des beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Patents über die "Anordnung zur magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs sowie deren Verwendung". Nach der Patentschrift liegt die Aufgabe der Erfindung darin, den Verbrennungswirkungsgrad des behandelten Treibstoffes signifikant zu erhöhen. Der Beklagte hat Physik und Architektur studiert. Er ist der Auffassung, dass die von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Vorrichtungen keine Energieeinsparung bewirkten und die Klägerin dies wisse. Am 7. Juni 2011 teilte er einer Kundin der Klägerin unter voller Nennung der im Folgenden abgekürzt wiedergegebenen Namen per E-Mail mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe derzeit an einem Artikel über einen groß angelegten Schwindel durch eine Firma S. GmbH, die unter dem Markennamen E. Magnete vermarktet, die an die Brennstoffleitung einer Heizungsanlage geklemmt auf wundersame Weise enorme Energieeinsparungen bewirken sollen. Die Wirkung dieser Magnete entspricht der eines Perpetuum Mobiles, die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung der Magnete ist völliger Unsinn.

Zu den Opfern dieses Betruges gehört auch Ihr Unternehmen. Wie Herr J. vom Facility Management Ihres Unternehmens berichtet, wurden Heizungsanlagen in Ihren Niederlassungen A. und W. mit diesen Magneten ausgestattet.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dieser Angelegenheit Stellung beziehen könnten. Mich interessiert dabei insbesondere, ob Sie durch Ihren Heizungslieferanten oder Energieberater zu diesen Magneten zum Kauf dieser Magnete motiviert wurden, oder ob sich diese nach Kauf dazu geäußert haben. Besonders interessant ist auch, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung durchgeführt wurde. Gerne wird Ihnen dazu jeder Schornsteinfeger bestätigen, dass solch eine Effizienzsteigerung nach einer normalen Wartung und Reinigung, die eventuell beim Einbau der Magnete erfolgte, problemlos messbar ist.

Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dass sich Ihr Unternehmen durch die Bereitstellung des Anwenderberichts zu Werbezwecken für dieses Scharlatanerieprodukt (http://www.e.com/pressemeldungen/pdf/anwenderbericht_e..pdf) gegenüber dadurch beeinflussten weiteren Opfern des Betrugs eventuell schadensersatzpflichtig macht.

Vielen Dank und herzliche Grüße

T. B.

Wissenschaftsjournalist"

2

Nachdem die Klägerin den Beklagten abgemahnt und seine Äußerungen als Schmähkritik bezeichnet hatte, teilte der Beklagte mit E-Mail vom 17. Juni 2011 unter Angabe eines Links mit, das Abmahnschreiben habe ihn veranlasst, den Betrug durch die Klägerin auch im Usenet bekannt zu machen.

3

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die Behauptungen zu unterlassen, die Klägerin initiiere mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen "E." hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den "E."-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles", die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei völliger Unsinn. Das Landgericht hat den Beklagten darüber hinaus verurteilt, es zu unterlassen, unmittelbar an Kunden der Klägerin mit den vorgenannten Behauptungen heranzutreten, und an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.974,40 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, § 824 BGB zu. Durch die beanstandeten Äußerungen habe der Beklagte die unternehmensbezogenen Interessen des Unternehmens der Klägerin betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt seien. Die Äußerungen des Beklagten genössen nicht den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, weil sie als unzulässige Schmähkritik zu qualifizieren seien. Ausweislich seiner E-Mail vom 7. Juni 2011 gehe es dem Beklagten vorrangig nicht um eine Auseinandersetzung mit der von ihm behaupteten Wirkungslosigkeit der von der Klägerin verwendeten Technik. Hierzu enthielten seine Ausführungen kaum einen brauchbaren Anhaltspunkt. Vielmehr gehe es dem Beklagten ersichtlich darum, das Unternehmen der Klägerin in den Augen auch von Kunden herabzusetzen. Während der Leser der E-Mail - anders als aus dem Bericht des Bayerischen Landesamtes für Umwelt - keinerlei Informationen erlange, aus welchen Gründen die Technik der Klägerin unbrauchbar sein solle, werde er ohne nähere Darlegungen mit angeblich betrügerischen Machenschaften der Klägerin konfrontiert. Dies habe mit einer Auseinandersetzung in der Sache nichts zu tun, sondern ziele einzig und allein darauf ab, die Klägerin als Betrügerin darzustellen und den Adressaten vor ihr zu warnen. Der Beklagte habe die Klägerin gleichsam als Betrügerin an den Pranger gestellt. Das Landgericht habe sich auch nicht mit den vom Beklagten behaupteten journalistischen und verbraucherschützenden Motiven für sein Verhalten auseinandersetzen müssen, da er sich erstinstanzlich nicht auf diese Motive berufen habe. Soweit er sie mit der Berufungsbegründung geltend gemacht habe, sei er mit dem Vortrag ausgeschlossen. Abgesehen davon habe er seine Motive bereits nicht nachvollziehbar und glaubhaft dargetan. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Artikel verfasst, ohne dass er dargelegt habe, was ihn daran gehindert habe, journalistisch tätig zu werden. Aber auch dann, wenn seine Motive tatsächlich journalistischer Art gewesen wären, würde es an der Bewertung seiner Äußerungen als Schmähkritik nichts ändern.

II.

5

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen nicht bejaht werden.

6

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen nicht aus § 824 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt, da die angegriffenen Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren sind.

7

a) Gemäß § 824 Abs. 1 BGB hat derjenige, der der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss. Die Vorschrift setzt danach voraus, dass unwahre Tatsachen und nicht bloß Werturteile mitgeteilt werden. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz (vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 62; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 12 Rn. 60; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 246; Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage, § 824 Rn. 2 ff.).

8

b) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72 m.w.N.). Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200; NJW 2008, 358, 359). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 10; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 15; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 63; BVerfGE 90, 241, 247; BVerfG NJW 2008, 358, 359). Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BVerfGE 85, 1, 15 f. m.w.N.; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846).

9

Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachenbehauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (Senatsurteile vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 14; BVerfGK 10, 485, 489). Bei der Sinndeutung ist zu beachten, dass die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 20; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, AfP 2014, 449 Rn. 13; BVerfG, NJW 2013, 217, 218).

10

c) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Aussagen als Meinungsäußerungen zu qualifizieren. Die Äußerungen, die Klägerin betreibe mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen E. hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den E.-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles" und die vom Hersteller "herbeigezerrte" wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei "völliger Unsinn", sind entscheidend durch das Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Zwar weisen alle Teilaussagen in ihrer Gesamtheit betrachtet auch tatsächliche Elemente auf. So bringt der Beklagte mit den Begriffen "Schwindel", "Betrug", "Scharlatanerieprodukte" und "Unsinn" im vorliegenden Zusammenhang zum Ausdruck, dass die von der Klägerin bei der Vermarktung ihres Produkts hervorgehobene energieeinsparende Wirkung der Magnete tatsächlich nicht gegeben sei. Die von der Klägerin zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise treffe nicht zu, die (angeblich) gemessenen Einsparungen könnten auch auf eine beim Einbau der Magnete erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen sein und die Klägerin habe hiervon Kenntnis. Hierin erschöpfen sich die Aussagen aber nicht; sie bringen vielmehr in erster Linie die Missbilligung des geschäftlichen Verhaltens der Klägerin durch den Beklagten zum Ausdruck und enthalten damit eine subjektive Wertung, die mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist. Auch dem Begriff "Betrug" kommt im vorliegenden Zusammenhang kein weitergehender Aussagegehalt zu. Er wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 14; BVerfGE 85, 1, 19; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42). Ein durchschnittlicher Leser versteht unter dieser Behauptung nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes, sondern den weiter gefassten Vorwurf der bewussten Verbrauchertäuschung.

11

2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu.

12

a) Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die angegriffenen Äußerungen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingreifen. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9). Denn die Verwendung der beanstandeten Begriffe ist geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.

13

Die angegriffenen Äußerungen berühren darüber hinaus das durch Art. 12 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Betroffen ist das Interesse der Klägerin daran, dass ihre wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihr abgehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 98; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359 f.). Die angegriffenen Äußerungen sind geeignet, eine Verunsicherung der Kunden der Klägerin zu bewirken mit der Folge, dass diese die angebotenen Leistungen nicht (mehr) nachfragen.

14

Das zuletzt genannte Interesse der Klägerin wird zusätzlich dadurch betroffen, dass der Beklagte mit den angegriffenen Äußerungen unmittelbar an Kunden der Klägerin herangetreten ist.

15

b) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Annahme, dass die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin und ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig sind.

16

aa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 97; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Gleiches gilt für das allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12). Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des jeweiligen Rechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135).

17

bb) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die danach erforderliche Abwägung sei vorliegend entbehrlich, weil die angegriffenen Äußerungen als Schmähkritik zu qualifizieren seien und deshalb nicht am Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG teilhätten.

18

(1) Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Eine Schmähung liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; BVerfG, AfP 2013, 388 Rn. 15; NJW 2014, 3357 Rn. 11; NJW-RR 2004, 1710, 1712, jeweils m.w.N.). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 16).

19

(2) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Äußerungen nicht als Schmähkritik zu qualifizieren. Auch hier ist nämlich zu beachten, dass eine Aussage nicht isoliert gewürdigt werden darf, sondern in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 19). Der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 kann bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ein Sachbezug nicht abgesprochen werden. Es handelt sich zwar um polemische und überspitzte Kritik; diese hat aber eine sachliche Auseinandersetzung zur Grundlage. Der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit der gewerblichen Leistung und dem Geschäftsgebaren der Klägerin auseinander. Ihm geht es erkennbar darum, die aus seiner Sicht gegebene völlige Wirkungslosigkeit der Produkte der Klägerin aufzudecken und zur Unterrichtung der Marktteilnehmer und zur Markttransparenz beizutragen. Zu diesem Zweck bittet er den angeschriebenen Kunden der Klägerin um nähere Informationen, wie es zu dem Anwenderbericht des Kunden gekommen ist, den die Klägerin zu Werbezwecken für ihr Produkt verwendet. So bittet er insbesondere um Mitteilung, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung der Heizung durchgeführt wurde, und weist darauf hin, dass eine Effizienzsteigerung bereits nach einer normalen Wartung und Reinigung zu erwarten sei.

20

cc) Im Streitfall sind deshalb die unter a) genannten Schutzinteressen der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.

21

(1) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.). Danach fällt bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht. Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 18; vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081 Rn. 12; BVerfGE 90, 241, 248 f.; 94, 1, 8; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2008, 358, 359 f., 38; NJW 2012, 1643 Rn. 34). Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33). Dementsprechend muss sich ein Gewerbetreibender wertende, nicht mit unwahren Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik an seiner gewerblichen Leistung in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert ist (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich).

22

(2) Auf der Grundlage des mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags des Beklagten hat das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen und ihrer unternehmensbezogenen Interessen nach diesen Grundsätzen hinter dem Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit zurückzutreten. Nach dem - u.a. durch Vorlage zweier Privatgutachten und eines Warnschreibens des Bayerischen Landesamtes für Umwelt konkretisierten - Sachvortrag des Beklagten sind die tatsächlichen Elemente seiner insgesamt als Meinungsäußerungen zu qualifizierenden Aussagen wahr. Denn danach sind die von der Klägerin mit dem Versprechen der Energieeinsparung bei dem Betrieb von Heizungsanlagen vertriebenen Magnete wirkungslos. Die angeblich energieeinsparende Wirkung der Magnete ist tatsächlich nicht gegeben. Etwaige Energieeinsparungen nach dem Einbau eines Magneten sind auf eine beim Einbau des Magneten erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen. Die von der Klägerin durchgeführten, eine Effizienzsteigerung belegenden Messungen sind nicht aussagekräftig, da sie nicht unter standardisierten Bedingungen und von objektiven Dritten durchgeführt worden sind. Die zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise trifft nicht zu; der als Beleg für die Wirkung der Magnete hergestellte Bezug zur Kernspinresonanz ist frei erfunden und dient der bewussten Täuschung potentieller Kunden.

23

Zu Gunsten des Beklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass er seine Äußerungen nicht im Rahmen einer privaten Auseinandersetzung zur Verfolgung von Eigeninteressen gemacht, sondern ein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, AfP 2009, 55 Rn. 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich). Auch an wirtschaftlichen Fragen kann ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit, insbesondere der vom Verhalten eines Unternehmens betroffenen Kreise, bestehen. Eine marktwirtschaftliche Ordnung setzt voraus, dass die Marktteilnehmer über ein möglichst hohes Maß an Informationen über marktrelevante Faktoren verfügen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Wie sich bereits aus der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 ergibt, ging es ihm ungeachtet seiner überspitzten Formulierungen darum, über fragwürdige Geschäftspraktiken aufzuklären. Darüber hinaus ergab sich für den Empfängerkreis bereits aus der Art der Darstellung, dass ein subjektives Werturteil formuliert wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Meinungsfreiheit des Beklagten im Kern betroffen wird, wenn ihm die Äußerung seiner Meinung gerichtlich untersagt wird. Die Verurteilung zur Unterlassung einer Äußerung muss aber im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden (vgl. BVerfGK 2, 325, 329; BVerfG, AfP 2012, 549 Rn. 35).

24

3. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen Einwendungen der Parteien auseinanderzusetzen.

Galke                   Diederichsen                   Stöhr

          v. Pentz                            Oehler

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 20/01 Verkündet am:
29. Januar 2002
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wertende, nicht mit unwahren konkreten Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik
an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch
dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt
, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen
als unzulässige Schmähkritik angesehen werden.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter
Dr. Dressler, Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1999 wird in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz wegen herabsetzender Äußerungen in Anspruch, durch die sie sich in ihren Rechten verletzt sieht.
Die Klägerin betreibt - als Rechtsnachfolgerin des früheren Klägers, ihres jetzigen gesetzlichen Vertreters - den F.-Literaturverlag, der u.a. als "Zuschußverlag" tätig ist; hierbei beteiligen sich Autoren an den Kosten der Publikation in der Regel solcher Manuskripte, deren Veröffentlichung im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht zu erreichen war. Die Beklagte zu 1), eine Gewerkschaft, ist Herausgeberin der Fachzeitschrift für Autoren "Kunst und Kultur", deren verantwortlicher Redakteur der Beklagte zu 2) ist. In Heft 1/99 dieser Zeitschrift erschien ein vom Beklagten zu 3), der als Autor in verlagsvertragliche Beziehungen zum F.-Verlag getreten war, verfaßter Artikel mit der Überschrift "Dem Autor in die Tasche gefaßt" und dem Untertitel "Die Praktiken des F.-Verlags"; darin findet sich eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zuschußverlagswesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die geschäftliche Tätigkeit des F.-Verlags sei in einer Reihe von Passagen dieses Zeitschriftenartikels in rechtlich unzulässiger Weise angegriffen worden, insbesondere durch herabsetzende unwahre Tatsachenbehauptungen. Für den hierin liegenden rechtswidrigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin hätten alle drei Beklagten haftungsrechtlich einzustehen. Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im übrigen - der Klage stattgegeben, soweit sie gegen folgende Behauptungen gerichtet war: Es werde in Telefonaten mit Mitarbeitern des Klägers zugesichert, daß der Kläger grundsätzlich kostenlos publiziere ... Die Antworten der Mitarbeiter des Klägers bei telefonischen Anfragen entsprächen selten der Wahrheit ... Das Verlagslektorat des Klägers fordere für seine Dienste 4,00 - 8,00 DM/Seite ...
Beim Kläger sei die Werbung für den Autor kostenpflichtig ... Es vergingen Wochen, Monate, der Druck des Buches werde dem Autor immer wieder angekündigt, lasse aber auf sich warten, weil technische Probleme zu lösen seien, weil die Seiten überarbeitet werden müûten, weil es ein langer Weg vom Verlag zur Druckerei, zur Buchbinderei, zurück zum Verlag und dann zur Auslieferung sei ... Gezahlt werde vom Autor eigentlich nur für Druckerei, Buchbinderei und Logistik. Die Beklagten haben diese Entscheidung nicht angegriffen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels - die Verurteilung der Beklagten darüber hinaus auf folgende Äuûerungen erstreckt: Die Klägerin verhalte sich gegenüber den bei ihr publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler, bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug ... Die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere ... Der F.-Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagten hätten auch durch die ihnen im Berufungsurteil zusätzlich untersagten Äuûerungen, die im beanstandeten Zeitschriftenartikel enthalten seien, unzulässig in die Rechte des Rechtsvorgängers der Klägerin eingegriffen. Der sogenannte "Käse-Vergleich" sei zwar nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil anzusehen; das gelte auch, soweit hier von einem "Betrug" die Rede sei. Es handele sich jedoch um eine rechtswidrige Schmähkritik , die von der Klägerin nicht hingenommen werden müsse. Die Klägerin könne auch die Unterlassung der Äuûerung verlangen, sie verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Dies sei eine unwahre Tatsachenbehauptung, da die Klägerin nur mit kostenlosen Veröffentlichungen in der "Edition Neue Autoren" geworben habe. Die weitere Äuûerung, die Klägerin gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein, sei, obwohl sie sehr pauschal gehalten sei, nicht als Werturteil, sondern als Tatsachenbehauptung anzusehen. Die Richtigkeit dieser "inneren Tatsache" hätten die Beklagten nicht nachgewiesen. Hinsichtlich aller genannter Äuûerungen sei nicht nur der Unterlassungsantrag der Klägerin, sondern auch ihr Begehren begründet, den Beklagten zu 1) und 2) die Veröffentlichung des Verbotstenors aufzugeben; es rechtfertige sich ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

II.


Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch die Veröffentlichung der Äuûerungen, die Gegenstand ihrer Verurteilung im Berufungsrechtszug waren, keine geschützten Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin unzulässig verletzt. 1. Der Senat folgt der Auffassung der Revision, daû die Klägerin die - auf die Geschäftspraxis des F.-Verlages abzielende - Äuûerung hinnehmen muû, sie verhalte sich gegenüber den publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler , bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht hinreichend die Rechtspositionen der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG.
a) Zutreffend wird dieser sogenannte "Käse-Vergleich" im Berufungsurteil als Werturteil, nicht als Tatsachenbehauptung angesehen. Das gilt - entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht - auch insoweit , als dem F.-Verlag der Vorwurf des "Betruges" gemacht wird. Jede beanstandete Äuûerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen , in dem sie gefallen ist. Dabei ist für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äuûerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Sofern eine Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht
des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20 f.; 139, 95, 101 f., jeweils m.w.N.). Nach diesen rechtlichen Grundsätzen enthält der im Zeitschriftenartikel angestellte Vergleich des Vorgehens des F.-Verlages gegenüber den Autoren mit demjenigen eines Lebensmittelhändlers, der beim Verkauf von Käse seine Kunden übervorteilt, im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens. Auch die Verwendung des Begriffs "Betrug" deutet für den Durchschnittsadressaten der Äuûerung nicht in entscheidender Weise auf einen ausreichend konkreten Sachverhalt hin, der die Tatbestandsmerkmale des in § 263 StGB geregelten strafrechtlichen Vermögensdelikts erfüllen würde. Die Vokabel "Betrug" wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu BVerfG, NJW 1992, 1439, 1441). Vertritt bei dieser Sachlage der Verfasser des Artikels für den Leser ersichtlich in pauschaler Weise die Meinung, es bestehe ein als anstöûig zu bewertendes Miûverhältnis zwischen den Leistungen des F.-Verlages und dem seitens der publizierenden Autoren zu bezahlenden Preis, so kann dies rechtlich nicht als Tatsachenbehauptung behandelt werden.
b) Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daû das in diesem "KäseVergleich" liegende Werturteil - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht als rechtlich unzulässige Schmähkritik angesehen werden darf. Allerdings muû auch eine Meinungsäuûerung und eine wertende Kritik am Verhalten anderer ihre Grenze dort finden, wo es sich um reine Schmähkritik oder eine Formalbeleidigung handelt oder wo die Äuûerung die Menschen-
würde antastet (vgl. z.B. BVerfGE 86, 1, 13; 82, 272, 283 f.). Die hier zu beurteilende Äuûerung der Beklagten überschreitet diese Grenze nicht. aa) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äuûerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äuûerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163, jeweils m.w.N.). bb) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt der hier in Rede stehende "Käse-Vergleich" nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens des F.-Verlages kann nicht als bloûe Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einer für den Leser der Zeitschrift, in welcher der betreffende Artikel erschienen ist, wesentlichen Thematik. Die Beklagten setzen sich - wenn auch in teilweise recht scharfer Form - mit dem Geschäftsgebaren der "Zuschuûverlage" auseinander, zu denen der F.-Verlag gehört. Die Beschäftigung mit den hiermit in Zusammenhang stehenden Fragen kann die Beklagte zu 1) zu Recht als ihre Aufgabe betrachten. Als auch die Interessen publizierender Autoren vertretende Gewerkschaft steht es ihr zu, sich für deren berufliche und wirtschaftliche Belange (gerade auch im Verhältnis zu den Verlagen) einzusetzen; sie kann sich insoweit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auch auf die grundrechtlich geschützte Position
in Art. 9 Abs. 3 GG berufen. In den Rahmen dieses Aufgabenbereichs der Beklagten fällt es durchaus, Risiken zu erörtern, die sich für die Gruppe der - für Gefahren wirtschaftlicher Art möglicherweise besonders anfälligen - Autoren ergeben können, deren intensiver Publikationswunsch im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht erfüllt wird und die geneigt sind, unter Übernahme teilweise erheblicher eigener Kosten die Dienste der "Zuschuûverlage" in Anspruch zu nehmen. cc) Im Rahmen einer derartigen, wirtschaftliche Belange eines nicht unerheblichen Teils der Leser der von der Beklagten zu 1) herausgegebenen Zeitschrift betreffenden Auseinandersetzung dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden , selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. z.B. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO m.w.N.). Der hier angestellte Vergleich des Verhaltens des F.-Verlages mit demjenigen eines "betrügerischen" Käse -Händlers ist als eine solche zwar scharf, möglicherweise überzogen formulierte , aber nach den dargelegten Grundsätzen dennoch rechtlich zulässige Kritik anzusehen. Dabei darf auch nicht auûer acht gelassen werden, daû sich ein Gewerbetreibender kritische Einschätzungen seiner Leistungen in aller Regel gefallen lassen muû (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320); etwas anderes gilt nur dann, wenn konkret unwahre Tatsachen behauptet werden. Der vorliegend zu beurteilende "Käse-Vergleich" enthält aber gerade keine hinreichend substantiierten Tatsachenbehauptungen, hinsichtlich deren sich die Frage ihrer Richtigkeit stellen könnte; das gilt, wie bereits oben dargelegt worden ist, auch insoweit, als es den (im alltagssprachlichen Sinne verwendeten) Begriff des
"Betruges" angeht. Die dieser Äuûerung zu entnehmende Bewertung, der im F.-Verlag gegen Kostenbeteiligung publizierende Autor könne sich ähnlich übervorteilt fühlen wie der Kunde, der beim beschriebenen Lebensmittelhändler Käse eingekauft hat, ist vielmehr unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäuûerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. 2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg dagegen, daû das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten auf die Äuûerung erstreckt hat, die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daû der Aussagegehalt der insoweit im beanstandeten Zeitungsartikel enthaltenen Passagen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten eine derartig weitgehende Behauptung aufgestellt, rechtlich nicht zu tragen vermag. Soweit dem Artikel die Behauptung zu entnehmen ist, es werde in Telefonaten von Mitarbeitern des F.-Verlages zugesichert, daû er grundsätzlich kostenlos publiziere, ist diese Äuûerung den Beklagten bereits im landgerichtlichen Urteil, das seitens der Beklagten nicht angefochten worden ist, untersagt worden. Diese Passagen des Artikels sind daher nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine darüber hinausgehende generelle Behauptung , um die es nunmehr noch geht, sind dem Zeitschriftenartikel hingegen keine ausreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Die Beklagten knüpfen bei der Erörterung der Frage, inwieweit der F.-Verlag den Autoren eine kostenlose Publikation in Aussicht stellt, an Zeitungsanzeigen an, wie sie seitens des Rechtsvorgängers der Klägerin veröffentlicht worden sind, etwa in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Anl. K 5 zur Kla-
geschrift). Dort heiût es blickfangmäûig "Publizieren ohne Kosten" und - in kleinerer Schrift - "in der Edition Neue Autoren". Wenn die Beklagten in ihrem Artikel unter Bezugnahme auf so gestaltete Anzeigen von "Verheiûungen à la Publizieren kostenlos" und dergleichen sprechen, kann dies zwar vom Leser dahin verstanden werden, daû der F.-Verlag Möglichkeiten zur kostenfreien Publikation in Aussicht stelle. Indessen kann der angesprochene Leserkreis der veröffentlichungswilligen Autoren der beanstandeten Äuûerung nicht entnehmen , daû damit zum Ausdruck gebracht werden solle, es werde "grundsätzlich" und damit nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in aller Regel eine kostenlose Publikation verheiûen. Deshalb muû der beanstandete Artikel nicht dahin verstanden werden, die Klägerin verbreite allgemein, sie veröffentliche über die in den Zeitungsanzeigen beschriebenen Konditionen hinaus in aller Regel kostenlos. Ist aber eine solche, dem auf Unterlassung in Anspruch Genommenen (hier den Beklagten) günstigere einschränkende Deutung des Inhalts einer beanstandeten Äuûerung möglich, so ist sie der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. Senatsurteil BGHZ 139, 95, 104). 3. Schlieûlich greift die Revision auch mit Erfolg die Verurteilung der Beklagten im Berufungsurteil an, soweit sie die Äuûerung betrifft, der F.Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Die Revision rügt zu Recht als fehlerhaft, daû das Berufungsgericht diese Aussage als Tatsachenbehauptung, nicht als Werturteil behandelt hat. Zwar ist ihr auch ein tatsächliches Element zu entnehmen, nämlich hinsichtlich der "inneren" Tatsache, die Klägerin sage nach auûen hin etwas zu, was sie in Wirklichkeit nicht zu tun beabsichtige. Indessen ist dieses Tatsachenelement, das nicht auf etwas konkret Nachprüfbares bezogen ist, sondern - wie auch im Berufungsurteil dargelegt wird - nur sehr pauschal gehalten ist, eng verwoben
mit stark wertenden Gesichtspunkten: Es wird zum Ausdruck gebracht, wie der Beklagte zu 3) als Verfasser des Zeitschriftenartikels den Umgang des F.-Verlages mit den Autoren und seine Bereitschaft, ihnen entgegenzukommen , aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in den geschäftlichen Beziehungen der Beteiligten einschätzt. Ob ein Verlag "auf Autorenwünsche" eingeht, ist in diesem Sinne letztlich eine weitgehend subjektiver Beurteilung unterfallende Frage. Der Beklagte zu 3) zieht hier aus der Sicht der Dinge, wie er sie als beim F.-Verlag veröffentlichender Autor erlebt hat, ein Resümee und äuûert die Meinung, hier werde nur die Bereitschaft vorgetäuscht, sich mit den Autorenwünschen zu arrangieren. Eine derartige Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen , die jedoch in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme , des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird - wie bereits dargelegt - als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 13, 21 m.w.N.). Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äuûerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.

III.

Da sich die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in vollem Umfang als unbegründet erweist, war sie unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils insgesamt zurückzuweisen. Hieraus folgt die Pflicht der Klägerin, die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen. Dr. Müller Dr. Dressler Dr. Greiner
Diederichsen Pauge

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/06
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit der Bezeichnung eines Gutachters als "namenlos"
in einem Presseartikel, der sich mit einer als zweifelhaft erachteten Bewertung
einer in eine Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung befasst.
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 1. August 2006 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Unternehmer und Fotokunst-Sammler verlangt die Unterlassung zweier Äußerungen in einem von dem Beklagten zu 2 verfassten Artikel in der im Verlag der Beklagten zu 1 erscheinenden Zeitung "Handelsblatt" vom 6. Oktober 2004 unter der Überschrift "Der Fotosammler im Tabakmantel" und der Nebenüberschrift "CameraWork AG - Die neue Spielwiese ... (des Klägers) ...".
2
In dem Artikel wird darüber berichtet, der Kläger habe der "CameraWork AG" (früher: "N. Tabakfabriken AG"), deren Mehrheitsaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender er sei, im Jahre 2003 für 100.000 € seine Fotosammlung "ver- macht", deren Wert hernach ein "unabhängiger, allerdings auch namenloser Gutachter" auf 60 Mio. € beziffert habe. Dadurch sei - nach einer entsprechenden bilanziellen Bewertung - der Buchwert der Gesellschaft und damit auch der Wert der Aktie von 400 € im Sommer 2003 auf fast 3.000 € im September 2004 gestiegen. Weil allerdings der Kläger selbst 52 % der Aktien halte und weitere Pakete ihm nahe stehenden juristischen oder privaten Personen gehörten, sollten sich die Anleger nicht wundern, wenn es mit der CameraWork-Aktie recht bald wieder nach unten gehe, in den vergangenen Tagen z.B. um 25 %. Schließlich sei die Aktie ein sehr marktenges Papier - im Grunde genommen wie eine wertvolle Fotosammlung. Denn einen Käufer zu finden, der mehr bezahle , sei gar nicht so einfach.
3
In dem Artikel wird weiterhin erwähnt, der Kläger habe für die CameraWork AG auf einer Vernissage "bei Jil Sander" in Hamburg mit Lindbergh-Aufnahmen von den Rolling-Stones Werbung gemacht.
4
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt, es bei Vermeidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, die folgenden Äußerungen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:
5
a) Die private Fotosammlung, die der Kläger 2003 für 100.000 € "seinem Tabakmantel" (d.h. der CameraWork AG) vermacht habe, sei von einem namenlosen Gutachter auf 60 Mio. € beziffert worden;
6
b) der Kläger habe für die CameraWork AG "auf einer Vernissage bei Jil Sander" in Hamburg mit Lindbergh-Aufnahmen von den Rolling-Stones Werbung gemacht.
7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hält die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" für eine rechtswidrige Schmähkritik, weil es an sachlichen Anknüpfungstatsachen dafür fehle. Sie sei dahin zu verstehen, dass es sich um einen unbedeutenden Sachverständigen handele. Das entspreche nicht einmal dem eigenen Vorbringen der Beklagten und sei jedenfalls geeignet, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Die Behauptung, der Kläger habe mit einer Vernissage "bei Jil Sander" Werbung gemacht, sei unwahr und verletze dessen Persönlichkeitsrecht, weil sie zu Spekulationen darüber führe, warum die Werbeveranstaltung nicht in Räumen des Klägers oder gerade bei Jil Sander durchgeführt worden sei.

II.

9
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. Der gegen die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" gerichtete Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf das Verbot unzulässiger Schmähkritik gestützt werden.
11
a) Das Berufungsgericht ist zwar im Rahmen seiner - revisionsrechtlich in vollem Umfange nachprüfbaren (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.) - Auslegung der Äußerung zutreffend davon ausgegangen, dass diese angesichts des Kontextes, insbesondere der Formulierung "ein unabhängiger, allerdings auch namenloser Gutachter" von einem durchschnittlichen Leser des "Handelsblattes" dahin verstanden wird, dass es sich um einen in Fachkreisen weitgehend unbekannten und damit unbedeutenden Sachverständigen handele.
12
b) Richtig ist auch, dass die Bezeichnung des Sachverständigen als "namenlos" Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens enthält und damit grundsätzlich dem Schutz der Meinungsfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, ob diese Einstufung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; BVerfGE 2, 325, 328), sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senat, BGHZ 132, 13, 21; Urteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; BVerfG NJW 2008, 358, 359).
13
c) Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Grenze an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören (vgl. BVerfGK 3, 337, 345). Das durch diese Vorschriften geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, dem nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ebenfalls verfassungsrechtlicher Schutz zukommt, gewährleistet u.a. den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfGE 99, 185, 193; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2003, 1856; NJW 2008, 39, 41). Dies ist bei der angegriffenen Berichterstattung der Fall, weil der Gutachter, der die Fotosammlung mit 60 Mio. € bewertet hat, als namenlos und damit nach dem von der Revision nicht beanstandeten Textverständnis des Berufungsgerichts als unbedeutend dargestellt wird. Denn dadurch werden dem Leser Zweifel an der Seriosität der Bewertung der Fotosammlung und dem dadurch verursachten enormen Kursanstieg der Aktien der CameraWork AG vermittelt, was nach dem Gesamtgehalt des Artikels geeignet ist, sich negativ auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken, weil dieser als Verantwortlicher einer möglicherweise anlegerschädlichen Transaktion dargestellt wird. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerung zu beurteilen , sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, NJW 2008, 358, 359; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.).
14
d) Eine solche Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es in der beanstandeten Äußerung eine unzulässige Schmähkritik am Kläger gesehen hat. Dabei hat es jedoch die rechtliche Bedeutung dieses Begriffs in schwerwiegender Weise verkannt (vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 f. m.w.N.; BVerfGK 3, 337, 345).
15
aa) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässi- ger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - aaO; BGHZ 143, 199, 209; BVerfGE 93, 266, 294; BVerfG, NJW-RR 2000, 1712). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251 und vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - WRP 2008, 359, 362 m.w.N.; BVerfGE 82, 272, 284; 93, 266, 294; BVerfG, NJW 2004, 590, 591).
16
bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die beanstandete Äußerung schon deshalb keine Schmähung des Klägers dar, weil sich die möglicherweise herabsetzende Bezeichnung als "namenlos" nicht auf ihn selbst, sondern auf einen unbekannten Sachverständigen bezieht. Auch nach dem Kontext der Äußerung steht nicht eine Herabsetzung der Person des Klägers im Vordergrund, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung in der Sache. Bei dem fraglichen Artikel geht es im Kern um die Frage, ob der Kläger im Wege einer zweifelhaften Bewertung seiner in die Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung durch einen "namenlosen" Gutachter den Buchwert der CameraWork AG und den Aktienkurs künstlich in eine unrealistische Höhe getrieben hat. Diese Erörterung berührt ersichtlich die Interessen von Geldanlegern und damit eine Frage von wesentlichem Interesse für die Öffentlichkeit. Auch wenn aus dem Kontext des Artikels eine Kritik am Kläger hervorgeht, kann diese nicht allein wegen der Bezeichnung des bewertenden Sachverständigen als namenlos als eine unzulässige Schmähung des Klägers angesehen werden, zumal dieser insoweit nur mittelbar betroffen ist und nicht etwa persönlich diffamiert wird. Soweit Kritik an seiner geschäftlichen Tätigkeit geübt wird, müsste diese ohnehin nach den Grund- sätzen beurteilt werden, die von der Rechtsprechung für die grundsätzlich zulässige Kritik an gewerblichen bzw. geschäftlichen Leistungen aufgestellt worden sind (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002, - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch BVerfGE 99, 185, 196 f. = NJW 1999, 1322, 1324).
17
e) Ist mithin die Einstufung der beanstandeten Äußerung als schlechthin unzulässige Schmähkritik verfehlt, so bedarf es einer umfassenden Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit, bei der auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen ist. Nach Lage des Falles kann der erkennende Senat diese Abwägung selbst vornehmen, weil hierfür keine weiteren tatsächlichen Feststellungen erforderlich sind.
18
aa) Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen dieser Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (vgl. BVerfGE 85, 1, 17, 20 f.; 90, 241, 248 f.; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zu Grunde liegt, regelmäßig bei der Abwägung ins Gewicht (vgl. BVerfGE 94, 1, 8; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wer- tung in den Hintergrund tritt (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921). Wenn sich einer Äußerung die Behauptung einer konkret greifbaren Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (vgl. BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfGK 3, 337, 344; BVerfG, NJW-RR 2001, 411).
19
bb) So liegt es hier: Die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" ist entscheidend von dem Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt, insbesondere soweit damit der Sachverständige als unbedeutend bezeichnet wird (vgl. auch Senatsurteil vom 11. Mai 1965 - VI ZR 16/64 - NJW 1965, 1476 zur Bezeichnung eines Verlegers als "glanzlose Existenz"). Auch soweit diese Bezeichnung zugleich die Behauptung enthält, es handle sich bei dem vom Kläger herangezogenen um einen auf dem betroffenen Gebiet der Fotokunst und auch in Fachkreisen nicht oder kaum bekannten Gutachter, stuft sie in erster Linie diesen und nicht den Kläger negativ ein. Die beanstandete Äußerung als solche ist mithin - bezogen auf den Kläger - substanzarm und kann, was die Beurteilung ihrer Zulässigkeit anbelangt, nur im Gesamtkontext des Artikels betrachtet werden. Gerade zur Ermittlung des Gewichts des tatsächlichen Gehalts, den sie aufweist, darf sie nicht aus dem Text des Artikels herausgegriffen und einer isolierten Betrachtung unterstellt werden (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842 f.). In dem beanstandeten Artikel steht aber nicht die Person des Sachverständigen im Vordergrund, sondern die in einem Wirtschaftsblatt geäußerte Kritik an einer vom Kläger initiierten bilanziellen Transaktion, bei der aus einer ursprünglich für 100.000 € eingebrachten Fotosammlung nach einer - seitens der Beklagten als zweifelhaft erachteten - gutachterlichen Bewertung plötzlich ein Buchwert von 60 Mio. € entstanden ist, verbunden mit einer enormen Steigerung des Aktienkurses. Diese Kritik wird in der Folge - unabhängig von der Person des Gutachters - sachlich erläutert durch die bestehende Enge des für die Fotosammlung in Betracht kommenden Käuferkreises und die Tatsache, dass der Aktienkurs in den zurückliegenden Tagen um 25 % wieder nach unten gegangen sei. In diesem Gesamtzusammenhang stellt die Abwertung des Gutachters als "namenlos" ganz überwiegend lediglich eine zusätzliche Kritik einer aus Sicht des Verfassers fragwürdigen und zweifelhaften Transaktion dar, für die der Kläger die Verantwortung trug. Jedenfalls hinsichtlich ihrer das Persönlichkeitsrecht des Klägers betreffenden Wirkung fällt sie im Rahmen der Abwägung gegenüber dem Grundrecht der Meinungsfreiheit der Beklagten nicht entscheidend ins Gewicht. Das in der Äußerung enthaltene Element einer sachlichen Kritik mit anlegerschützender Zielrichtung überwiegt den tatsächlichen Gehalt der Äußerung hinsichtlich der Person des Gutachters so weitgehend, dass letzterer zurücktritt, zumal nach dem eigenen Vorbringen des Klägers letztlich unklar bleibt, wer in welchem Umfang gutachterlich tätig geworden ist.
20
Eine solche Kritik ist vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äußerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.
21
2. Ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG des Klägers wegen der Behauptung , er habe für die CameraWork AG auf einer Vernissage "bei Jil Sander in Hamburg" Werbung gemacht, steht dem Kläger unter Zugrundelegung seines eigenen Sachvortrags bereits aus Rechtsgründen nicht zu.
22
a) Nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach mit der Äußerung behauptet werde, es habe die beschriebene Vernissage in Räumen stattgefunden , die zu dieser Zeit im Eigentum oder im Besitz von Jil Sander oder einem ihr gehörenden Unternehmen standen. Diese einem Beweis zugängliche und deshalb als Tatsachenbehauptung einzustufende Aussage ist unwahr, weil die Vernissage unstreitig in Räumen stattfand, die zu dieser Zeit bereits in Eigentum und Besitz der CameraWork AG standen und lediglich früher einmal (bis 1998) Jil Sander gehört hatten.
23
b) Die beanstandete Äußerung verletzt den Kläger jedoch nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
24
aa) Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für einen Unterlassungsanspruch darauf an, ob in der Äußerung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers liegt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - VersR 2006, 273). Maßgeblich ist dabei, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem - von ihm selbst definierten (vgl. BVerfGE 54, 148, 155 f.) - sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - aaO). Zur Abwehr von Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen einer Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken, schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (vgl. BVerfGE 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185, 193 f.; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2008, 39, 41; OLG Köln, NJW-RR 2006, 126).
25
bb) Eine solche Bedeutung kommt der angegriffenen Äußerung jedoch nicht zu. Die Behauptung, eine Vernissage habe "bei Jil Sander" stattgefunden, betrifft weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie eine erkennbare Ehrenkränkung oder Herabsetzung des Klägers. Auch dessen Verfügungsrecht über die eigene Person ist nicht betroffen (hierzu BVerfG NJW 1973, 1226). Die Auffassung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des im gewerblichen Bereich tätigen Klägers liege schon darin, dass die Behauptung zu Assoziationen oder Spekulationen der Leser führe, weswegen die Werbeveranstaltung nicht in eigenen Räumen des Klägers oder gerade bei Jil Sander durchgeführt worden sei, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere erschließt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von selbst, weshalb der Hinweis auf Jil Sander als Veranstalter oder Schauplatz einer Vernissage geeignet sein könnte, das persönliche oder geschäftliche Ansehen des Klägers zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Landgerichts.
26
Da bei dieser Sachlage auch zu diesem Punkt keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, konnte der Senat selbst entscheiden und die Klage insgesamt auf die Rechtsmittel der Beklagten abweisen.

III.

27
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 28.04.2006 - 324 O 442/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.08.2006 - 7 U 66/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 19/08 Verkündet am:
22. September 2009
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen
und dessen Vorstandsvorsitzenden.
BGH, Urteil vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2007 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 19. Januar 2007 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin zu 1 ist ein Großunternehmen. Der Kläger zu 2 war bis Ende 2005 Vorsitzender ihres Vorstands. Der Beklagte ist Aktionär der Klägerin zu 1 und Sprecher eines Aktionärsverbandes. Er hat sich wiederholt als Buchautor kritisch zu den Klägern geäußert.
2
Am 28. Juli 2005 meldete die Klägerin zu 1, ihr Aufsichtsrat habe beschlossen , dass der Kläger zu 2 zum 31. Dezember 2005 aus dem Unternehmen ausscheide. Am gleichen Tag wurde in der - auch in Hamburg zu empfan- genden - Fernsehsendung "SWR-Landesschau" ein mit dem Beklagten geführtes Interview ausgestrahlt, in dem dieser unter anderem folgende Äußerungen machte: "Frage: Was für viele ja den Rücktritt hier fast schon sympathisch macht, ist die Tatsache, dass er überhaupt keine Abfindungen annimmt, da er kein Geld möchte, obwohl er ja eigentlich vertraglich den Anspruch hätte. Gibt es da eine Erklärung? Antwort des Beklagten: Jetzt muss man mutmaßen, aber wenn Sie Herrn S. [den Kläger zu 2] kennen, da gibt es nun Fälle, wo ich denke, jemand will Millionen, man schätzt er hat zwischen 5 und 7 Millionen Euro pro Jahr verdient, er nun durchaus darauf Wert gelegt hat, dass man ja auch die Kleinigkeiten im Leben gezahlt hat, dann kann man nicht sagen, dass der S. unbedingt so orientiert ist, dass er gerne auf das Geld verzichtet. Es gibt meines Erachtens andere Dinge, die im Raume stehen und die jetzt geklärt werden müssen in den nächsten Monaten. Ich glaube nicht, dass der Rücktritt freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde. Aufsichtsratsbörse, Aktionäre, alle wichtigen Partner hat er nun verloren, die Rückendeckung verloren, und das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
3
Das Landgericht hat dem Antrag der Kläger stattgegeben, folgende Äußerungen zu untersagen: "a) Ich glaube nicht, dass der Rücktritt (des Klägers zu 2 als Vorsitzender des Vorstands der Klägerin zu 1) freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde.
b) … und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
4
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zurückgewiesen worden. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen den Klägern die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu, weil die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen den Kläger zu 2 in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und die Klägerin zu 1 in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletze.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Äußerungsteile "Ich glaube nicht, dass der Rücktritt … freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde." als Tatsachenbehauptungen einzuordnen. Die einleitenden Worte "Ich glaube nicht, …" und "Ich glaube, …" verliehen der Äußerung nicht den Charakter einer Bewertung. In Betracht käme deshalb allenfalls eine Einordnung der Äußerungen als - zulässige - Verdachtsäußerungen. Jedoch seien die insoweit zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass die beanstandeten Behauptungen unwahr seien, weil der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder dargetan noch Beweis dafür angetreten habe, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig den Rücktritt erklärt habe und dass er dazu gedrängt oder genötigt worden sei.
7
Die Äußerung "… und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat." habe das Landgericht zu Recht als Meinungsäußerung eingestuft, aber als unzulässige Schmähkritik untersagt. Der Beklagte habe für seine Kritik keine Anknüpfungspunkte dargelegt. In einem solchen Fall müsse, da die Aussage - weil jeder tatsächlichen Grundlage entbehrend - nur der Kränkung und Demütigung der Kläger zu dienen bestimmt gewesen sei, die Meinungsfreiheit hinter dem Schutz der Persönlichkeit der Kläger zurücktreten.
8
Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung seiner Äußerungen auch nicht darauf berufen, dass er Presseberichte guten Glaubens aufgegriffen habe. Hinsichtlich seiner Behauptung, er glaube, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig zurückgetreten sei, fehle es an Presseberichten zum Zeitpunkt seiner Äußerungen , weil solche erst an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht worden seien. Zudem habe der Beklagte eine Biografie über den Kläger zu 2 verfasst und sei deshalb keine unkundige Person gewesen. Hinsichtlich seiner Kritik, die Geschäfte des Klägers zu 2 seien "nicht immer so sauber" gewesen, enthielten die vorgelegten Presseberichte keine Fakten.

II.

9
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
10
Diese rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu Unrecht teilweise als Tatsachenbehauptungen eingestuft sowie die Anforderungen an das Vorliegen einer Schmähkritik verkannt hat. Deshalb hat es die gebotene Abwägung zwischen dem Recht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen der Kläger, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 m.w.N.; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 10), nicht vorgenommen.
11
1. a) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 11). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06 - VersR 2009, 365 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO). Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt , soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen , in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 16; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
12
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht beachtet, was revisionsrechtlich in vollem Umfang zur Überprüfung steht (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 11; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 12). Entgegen seiner Auffassung sind auch die von ihm als Tatsachenbehauptungen eingestuften Äußerungsteile dem Schutz des Art. 5 GG zu unterstellen, weil es sich bei Berücksichtigung des Gesamtkontextes um Äußerungen handelt, die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden.
13
aa) Es ist zwar richtig, dass sich alleine aus den einleitenden Worten "Ich glaube nicht, …" bzw. "Ich glaube, …" nicht der Charakter einer Bewertung ergibt , die dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegt. Solche Formulierungen stehen ebenso wie die Formulierungen "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" , "sollen angeblich", "ich meine, dass" oder "offenbar" der Qualifizierung als Tatsachenbehauptungen nicht prinzipiell entgegen. Der Ansehensschutz würde leerlaufen, wenn es der Äußernde in der Hand hätte, allein durch solche Einschübe aus seinen Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich weniger angreifbare Meinungsäußerungen zu machen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 18 m.w.N.).
14
bb) Aus dem Gesamtzusammenhang des Interviews, in dem die streitigen Äußerungen gefallen sind, ergibt sich aber, dass es sich insgesamt um Äußerungen handelt, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG zu unterstellen sind. In dem Interview hat der Beklagte nicht nur durch die Worte "ich glaube" deutlich gemacht, dass er auf die Frage des Reporters nur seine Meinung zu dem Vorfall kundgeben wolle. Vielmehr hat er bereits am Anfang seiner Antwort klargestellt, dass er "mutmaßen" müsse. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass Dinge im Raum stünden, die "in den nächsten Monaten" geklärt werden müssten. Er hat die Entwicklung des Unternehmens während der Vorstandstätigkeit des Klägers zu 2 als Grundlage genommen, diesen zu charakterisieren.
Hierzu zieht er auch dessen Visionen und die Art und Weise heran, wie dieser sich an die Spitze des Konzerns gekämpft und dort gehalten habe. Auf die Frage des Journalisten, ob er eine Erklärung dafür habe, dass der Kläger zu 2 ohne Abfindung aus dem Unternehmen ausgeschieden sei, folgt dann die Antwort, von der die Instanzgerichte Äußerungsteile untersagt haben und die das Berufungsgericht teilweise als Tatsachenbehauptung eingestuft hat. Aufgrund dieses Gesamtzusammenhangs wird seine Äußerung jedoch insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt und ist mithin insgesamt grundsätzlich dem Schutz des Grundrechts aus Art. 5 GG zu unterstellen.
15
2. Dies gilt - wie von den Instanzgerichten zutreffend angenommen - auch hinsichtlich des im Tenor unter b) untersagten Äußerungsteils, "… dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren". Die Beurteilung eines Vorgangs anhand rechtlicher oder sittlicher Maßstäbe wird nicht anders als die Äußerung von Rechtsmeinungen grundsätzlich als eine ganz überwiegend auf Wertung beruhende subjektive Beurteilung des Äußernden angesehen. Dies gilt in der Regel selbst für Fallgestaltungen, in denen ein Vorgang als strafrechtlich relevanter Tatbestand eingestuft wird (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 15). Der hier verwendete wertende Begriff "sauber" ist derart substanzarm, dass sich ihm eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008 Rn. 14).
16
3. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerungen zu beurteilen, sind mithin hinsichtlich der beiden untersagten Äußerungsteile grundsätzlich die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichti- gen sind (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Diese Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es den unter a) untersagten Äußerungsteil als Tatsachenbehauptung eingestuft und deshalb dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Wahrheit seiner Aussage auferlegt und in dem unter b) untersagten Äußerungsteil eine unzulässige Schmähkritik gesehen hat. Entgegen dieser Auffassung ist jedoch eine Abwägung erforderlich, weil beide Äußerungsteile vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst werden und keine unzulässige Schmähkritik vorliegt.
17
a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 15; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 18 m.w.N.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - VersR 2008, 357 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/96 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
18
b) Im Streitfall ist hinsichtlich beider Äußerungsteile ein sachlicher Bezug anzunehmen.
19
Der Rücktritt des Klägers zu 2 und die Frage, ob dieser freiwillig zurückgetreten ist, waren von großem öffentlichem Interesse. Dies zeigt nicht nur der Umstand, dass sich die SWR-Landesschau am Tag des Rücktritts mit dieser Frage beschäftigte, sondern ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Presseberichten, die an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht wurden. Der Beklagte hat sich mithin zu einem Sachthema von erheblichem öffentlichem Interesse geäußert, wobei nicht die Herabsetzung der Person des Klägers zu 2 im Vordergrund stand.
20
Eine Herabsetzung des Klägers zu 2, in einer Weise, dass dieser gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, ergibt sich auch nicht aus dem zweiten angegriffenen Äußerungsteil. Die Formulierung "das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat" stellt keine Formalbeleidigung dar. Die Formulierung ist nicht mit dem Vorwurf illegaler Geschäfte gleichzusetzen, sondern als weiter gefasster Vorwurf missbilligenswerter Geschäftspraktiken zu verstehen, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat. Diese Bewertung hat der Beklagte nicht isoliert vorgenommen, sondern im Zusammenhang mit dem Umstand , dass der Kläger zu 2 vorzeitig ohne eine Abfindung zurückgetreten ist. Da dies aus Sicht des Beklagten mit der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu 2 nicht in Einklang zu bringen ist, zog er die angegriffenen Schlussfolgerungen. Vor diesem Hintergrund kann der Äußerung des Beklagten ein Sachbezug nicht abgesprochen werden.
21
4. Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zugunsten der Kläger ins Gewicht, dass die beanstandeten Äußerungen geeignet sind, sie in ihrem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen und möglicherweise auch ihre geschäftliche Tätigkeit zu erschweren. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der verwendete Begriff "sauber" ein bloß pauschales Urteil enthält, bei dem der tat- sächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurücktritt und die Abwägung nicht beeinflusst (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - aaO; BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Zudem ist zugunsten der Meinungsfreiheit des Beklagten zu beachten, dass an der Bewertung der Geschäftstätigkeit des Vorstandsvorsitzenden eines deutschen Großunternehmens und dessen vorzeitigem Rücktritt ein großes öffentliches Interesse besteht und es sich um eine Berichterstattung über die berufliche Sphäre bzw. einen Vorgang im Wirtschaftsleben handelt. Dabei muss ein solches Unternehmen eine genaue Beobachtung seiner Handlungsweise in der Öffentlichkeit hinnehmen. Deshalb sind die Grenzen zulässiger Kritik ihm gegenüber ebenso wie gegenüber ihren Führungskräften weiter gezogen (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - VersR 2007, 511, 512; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/ Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 - Fayed/ Vereinigtes Königreich).
22
Es ist allgemein bekannt und lässt sich den vorgelegten Presseberichten entnehmen, dass der Kläger zu 2 aufgrund seiner Geschäftstätigkeit in der Öffentlichkeit sehr kritisiert worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass während der Leitung des Unternehmens durch den Kläger zu 2 ein Börsenwertverlust in Höhe von 35 Mrd. € sowie eine Drittelung des Aktienkurses eingetreten und zahlreiche Mitarbeiter entlassen worden seien. Da die Kläger keine Begründung für das Ausscheiden gegeben haben und der Kläger zu 2 auch keine Abfindung erhalten hat, war der Weg für Spekulationen über die Gründe des Rücktritts eröffnet. Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände stellen sich die Äußerungen des Beklagten in einem Interview am Tage des Rücktritts - auch unter Berücksichtigung seiner Vorkenntnisse über das Unternehmen und einen möglicherweise bevorstehenden Rücktritt des Klägers zu 2 - mithin als noch zulässig und damit nicht als rechtswidrig dar. Wollte man in einem solchen Fall eine Äußerung der vorliegenden Art unterbinden , wäre eine spontane öffentliche Diskussion aktueller Ereignisse von besonderem Öffentlichkeitsinteresse - auch unter Würdigung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen - in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise erschwert.
23
5. Da die zu beurteilenden Tatsachen feststehen und somit eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat aufgrund seiner eigenen Abwägung abschließend entscheiden. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge der §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO abzuweisen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 19.01.2007 - 324 O 283/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.12.2007 - 7 U 18/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 384/03 Verkündet am:
24. Januar 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
KWG §§ 55a, 55b; UWG §§ 17, 19; AGB-Banken 1993 Nr. 2 Abs. 1

a) Bei reinen Vermögensschäden hängt bereits die Zulässigkeit einer Feststellungsklage
von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden
Schadenseintritts ab.

b) Das Bankgeheimnis gilt nur für kundenbezogene Tatsachen und Wertungen,
die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung
zum Kunden bekannt geworden sind.

c) Aus einem Darlehensvertrag ergibt sich für die kreditgebende Bank die Nebenpflicht
, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen
, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen
zu gefährden.

d) Ein Darlehensvertrag zwischen einer Bank und einer GmbH entfaltet grundsätzlich
keine Schutzwirkung zugunsten des Alleingesellschafters. Im Konzern steht
einer solchen Wirkung das konzernrechtliche Trennungsprinzip auch dann entgegen
, wenn die Konzernobergesellschaft Sicherheiten stellt.

e) Eine unbefugte Offenbarung von Angaben gemäß § 55b Abs. 1 KWG liegt vor,
wenn eine in einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigte Person solche
Angaben einem anderen in der Weise zugänglich macht, dass er die Möglichkeit
hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen.

f) Eine unbefugte Verwertung von Angaben gemäß § 55a Abs. 1 KWG liegt vor,
wenn die von der Deutschen Bundesbank übermittelten Informationen in einer
von § 14 KWG nicht gedeckten Weise für eigene oder für fremde wirtschaftliche
Zwecke nutzbar gemacht werden.

g) §§ 17 und 19 UWG a.F. haben nur für den Geschäftsinhaber als Geheimnisträger
Schutzgesetzcharakter (§ 823 Abs. 2 BGB), nicht auch für denjenigen, dem
der Geschäftsinhaber Verschwiegenheit schuldet.

h) Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Konzernobergesellschaft ist
als solcher nicht Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.

i) § 824 BGB enthält eine abschließende Haftungsregelung nur für die Verbreitung
unwahrer Tatsachen. Bei Verbreitung wahrer Tatsachen oder von Werturteilen
ist ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb) nicht subsidiär. Die Subsidiarität eines
solchen Anspruchs gilt außerdem nur gegenüber Forderungen gegen denselben
Anspruchsgegner.

j) Sachliche Meinungsäußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden
Frage sowie wahre Tatsachenbehauptungen stellen grundsätzlich weder
einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb noch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens
dar.

k) Bei der Güter- und Interessenabwägung zur Klärung der Rechtswidrigkeit eines
Eingriffs durch ein Organ einer juristischen Person in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb sind auch vertragliche Pflichten der juristischen
Person gegenüber dem Inhaber des Gewerbebetriebs zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Klägers und der Beklagten zu
1) wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Dezember 2003 im Kostenpunkt und insoweit teilweise aufgehoben, als die Klage aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen und die Berufung der Beklagten zu 1) zurückgewiesen worden ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu 1) aus eigenem Recht des Klägers und aus abgetretenem Recht der TaurusHolding GmbH & Co. KG richtet.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 18. Februar 2003 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner gegenüber dem Kläger aus abgetretenem Recht verpflichtet sind, die Ansprüche auf Ersatz der Schäden zu erfüllen, die der PrintBeteili- gungs GmbH aus den Äußerungen des Beklagten zu
2) in einem Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV am 3./4. Februar 2002 bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Rechtsmittel des Klägers und der Beklagten zu 1) und
2) zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 2/3 und die Beklagten zu 1) und 2) je 1/6. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) jeweils zu 2/3. Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu je 1/6. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger begehrt aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht der TaurusHolding GmbH & Co. KG (im folgenden: TaurusHolding) und der PrintBeteiligungs GmbH die Feststellung, dass die als Beklagte zu 1) verklagte Bank und ihr als Beklagter zu 2) in Anspruch genommener ehemaliger Vorstandssprecher verpflichtet sind, sämtliche Schäden zu ersetzen, die dem Kläger und den beiden genannten Gesellschaften aus den Äußerungen des Beklagten zu 2) in einem am 4. Februar 2002 ausgestrahlten Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Der Kläger ist Gründer und Namensgeber der seinerzeit im nationalen und internationalen Mediengeschäft tätigen Kirch-Gruppe. Darin waren unter dem Dach der TaurusHolding drei Obergesellschaften, die KirchMedia GmbH & Co. KGaA, die KirchPayTV GmbH & Co. KGaA und die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, darunter wiederum Gruppenunternehmen und Beteiligungen, organisiert. Die PrintBeteiligungs GmbH war zu 100% eine Tochter der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, diese wiederum zu 100% eine solche der TaurusHolding. Der Kläger war im Februar 2002 Vorsitzender der Geschäftsführung der TaurusHolding, deren alleiniger Kommanditist und Alleingesellschafter ihrer Komplementärin sowie Geschäftsführer der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG und der PrintBeteiligungs GmbH. Diese Gesellschaft hielt etwa 40% der Aktien der Axel Springer AG.
3
20. Mai Am 1998 schlossen die Beklagte zu 1) und die damals noch anders firmierende PrintBeteiligungs GmbH unter Vereinbarung der AGB-Banken einen Darlehensvertrag über 1,4 Milliarden DM. Zur Sicherheit verpfändete die PrintBeteiligungs GmbH der Beklagten zu 1), die weder zur TaurusHolding noch zum Kläger persönlich vertragliche Beziehungen unterhält, ihre Anteile an der Axel Springer AG.
4
Dezember Im 2001 wurde ein Kredit der Kirch-Gruppe bei der Dr. Bank AG über 900 Millionen DM fällig. Im Januar 2002 erreichte der Kläger eine Verlängerung dieses Kredits um drei Monate sowie weiterer fällig gewordener Darlehen bei anderen Banken. Ende Januar 2002 übte der Springer Verlag eine Put-Option auf eine Beteiligung von 11,48% an der zur Kirch-Gruppe gehörenden ProSiebenSat. 1 Media AG aus. Mit dieser Option hatte die KirchMedia GmbH & Co. KGaA dem Axel Springer Verlag das Recht eingeräumt, die Beteiligung zu einem Preis von 767 Millionen € an sie zu verkaufen. Am 27. Januar 2002 traf sich der damalige Bundeskanzler mit dem Beklagten zu 2) und Vertretern der Medienbranche.
5
Zusammenhang Im mit diesen Ereignissen berichteten Medien über die finanzielle Lage der Kirch-Gruppe. In der Ausgabe des Managermagazins vom 1. Februar 2002 hieß es unter der Überschrift "Jahrelange Schuldenwirtschaft brachte den ... Medienkonzern in eine fast ausweglose Lage": "Mit Kirchs Unternehmungen in ihrer jetzigen Form geht es zu Ende: ..., alte Kredite laufen aus, neue lassen sich kaum ergattern." In der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 war unter anderem zu lesen: "Die Banken weigern sich, die waghalsige Expansionspolitik beim Fernsehen, beim Fußball und zuletzt bei der Formel 1 weiter wie gehabt zu finanzieren. Es gibt einstweilen keine neuen Großkredite , die jetzt nötig wären." Im Handelsblatt vom 1. Februar 2002 hieß es: "Die einzige Lösung für die sich verschärfende Finanzkrise heißt frisches Geld. Aber die Banken halten sich mit neuen Darlehen zurück." Und im Spiegel vom 4. Februar 2002 war zu lesen: "Seit Kirch Geschäfte macht, riskiert er Kopf und Kragen. Doch mittlerweile hat sein Reich mehr Verbindlichkeiten, als es wert ist: rund sechs Milliarden Euro." Die- se wurden alsdann unter Benennung der größten inländischen Gläubigerbanken und Angabe der Höhe der von ihnen gewährten Kredite, darunter dem der Beklagten zu 1), aufgelistet. Die angegebene Gesamtverschuldung von 5,73 Milliarden €, in der die Verbindlichkeiten aus der vom Springer Verlag ausgeübten Put-Option über 767 Millionen € noch nicht enthalten sind, entspricht den Angaben des damaligen stellvertretenden Geschäftsführers der TaurusHolding Dr. H. gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dieser hatte die Schulden der gesamten Kirch-Gruppe im Dezember 2001 auf 11 bis 12 Milliarden DM beziffert.
6
Am 3. Februar 2002 gab der Beklagte zu 2), der zugleich Präsident des Bundesverbandes Deutscher Banken war, in New York während des Weltwirtschaftsforums dem - vornehmlich Nachrichten aus dem Bereich Wirtschaft und Finanzen verbreitenden - Fernsehsender Bloomberg TV ein etwa fünfminütiges Interview, das aufgezeichnet und über Satellit erstmals am folgenden Tage im Bloomberg TV Deutschland ausgestrahlt und als Textnachricht über Bloomberg Professional Services verbreitet wurde. Im dritten Teil des Interviews, das sich zunächst allgemein mit den wirtschaftlichen Aussichten und der aktuellen geschäftlichen Entwicklung der Beklagten zu 1) befasste, heißt es: Frage: "Sprechen wir was anderes. Großes Thema derzeit in Deutschland: Das ist der Kirch-Konzern und die Probleme mit der Verschuldung. Es gibt einen Zeitungsbericht in der Financial Times , dass Sie mit dem Bundeskanzler gesprochen hätten über Kirch. Stimmt das?" Beklagter zu 2): "Das kann ich nicht kommentieren, der Bundeskanzler muss sagen, ob er mit mir gesprochen hat oder nicht." Frage: "Fragen wir mal anders: Kirch hat sehr, sehr viele Schulden , sehr hohe Schulden. Wie exponiert ist die Deutsche Bank?" Beklagter zu 2): "Relativ komfortabel, würde ich mal sagen, denn - das ist bekannt und da begehe ich keine Indiskretion, wenn ich das erzähle - der Kredit, den wir haben, ist 1. zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich und 2. voll gesichert durch ein Pfandrecht auf Kirchs Aktien am Springer -Verlag. Uns kann also eigentlich nichts passieren, wir fühlen uns gut abgesichert. Es ist nie schön, wenn ein Schuldner in Schwierigkeiten kommt, und ich hoffe, das ist nicht der Fall. Aber wenn das so käme , wir bräuchten keine Sorgen zu haben." Frage: "Die Frage ist ja, ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen." Beklagter zu 2): "Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren."
7
Am 8. April 2002 stellte die KirchMedia GmbH & Co. KGaA Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 14. Juni 2002 eröffnet. Am 11. April 2002 kündigte die Beklagte zu 1) den Kreditvertrag vom 20. Mai 1998. Der offene Kreditbetrag belief sich am 10. Mai 2002 auf 718.247.869 €. Am 8. Oktober 2002 wurde das Pfandrecht der Beklagten zu 1) an dem Aktienpaket an der Springer AG in der Weise verwertet, dass die Beklagte zu 1) das Aktienpaket zu dem im freihändigen Verkauf festgesetzten Mindestgebot von rund 667,3 Millionen € erwarb, nachdem es weder dem Kläger im Vorfeld gelungen war, einen Käufer zu finden, noch im Verwertungsverfahren ein anderer Kaufinteressent vorhanden war. Auf den Differenzbetrag von ca. 50 Millionen € und auf Zinsen verzichtete die Beklagte zu 1).
8
Der Kläger macht geltend, die Äußerungen des Beklagten zu 2) in dem zitierten Interview hätten bei der PrintBeteiligungs GmbH, der TaurusHolding und ihm selbst noch nicht abschließend bezifferbare Vermögensschäden hervorgerufen. Dazu trägt er vor, in Folge des Interviews sei die Kirch-Gruppe nicht mehr in der Lage gewesen, zu den vorher existierenden Bedingungen weiteres Kapital aufzunehmen oder bestehende Kredite zu verlängern, obgleich diesen Krediten ausreichende Absicherungen durch ein profitables Kerngeschäft gegenübergestanden hätten. Der durch das Interview entstandene Zeitdruck habe den Zeitraum verkürzt, der für die Behebung der zur Insolvenz der KirchMedia GmbH & Co. KGaA führenden Liquiditätskrise erforderlich gewesen wäre , und unter anderem den Verkauf von 70 Millionen Stammaktien der ProSiebenSat. 1 Media AG an die Wa. Corporation verhindert, der einen Insolvenzantrag entbehrlich gemacht hätte.
9
Das Landgericht (WM 2003, 725) hat der Klage insgesamt stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) hat das Berufungsgericht (WM 2004, 74) die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen; die Berufung der Beklagten zu 1) hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren gegenüber dem Beklagten zu 2) weiter. Die Beklagte zu 1) erstrebt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage.

Entscheidungsgründe:


10
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten zu 1) sind teilweise begründet. Die Revision des Klägers führt zur Verurteilung des Beklagten zu 2), soweit der Kläger aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH klagt. Die Revision der Beklagten zu 1) führt zur Abweisung der gegen sie gerichteten Klage, soweit sich diese auf eigene Ansprüche des Klägers sowie auf abgetretene Ansprüche der TaurusHolding stützt. Im Übrigen haben die Revision des Klägers und der Beklagten zu 1) keinen Erfolg.

I.


11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben. Gehe es um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer eingetretenen Rechtsgutsverletzung, so setze das Feststellungsinteresse die Möglichkeit des Schadenseintritts voraus. Diese sei zu verneinen, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund bestehe, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen. Im Rahmen der Zulässigkeit könne darüber hinaus eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit nicht verlangt werden. Die Möglichkeit und auch die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt irgendeines Schadens sei vom Kläger substantiiert dargetan und von den Zeugen L., Dr. W., Dr. H. und Prof. Dr. F. bestätigt worden. Das Inter- view und der dadurch entstandene Zeitdruck hätten für das Scheitern der bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit der Wa. Corporation eine Rolle gespielt. Es bestehe auch die Möglichkeit, ja sogar die Wahrscheinlichkeit, dass der PrintBeteiligungs GmbH ein Schaden entstanden sei, da die von ihr gehaltenen Aktien an der Axel Springer AG zu dem festgesetzten Mindestpreis hätten veräußert werden müssen.
13
Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ergebe sich aus § 280 Abs. 1 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Der Beklagte zu 2) habe durch seine der Beklagten zu 1) gemäß § 31 BGB zurechenbare Äußerung gegen die von der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH durch Einbeziehung der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken vertraglich vereinbarte Verpflichtung zur Verschwiegenheit verstoßen. Die Verschwiegenheitspflicht beziehe sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Wertungen. Dabei sei unerheblich, ob wahre oder unwahre Tatsachen mitgeteilt würden. Es müsse sich allerdings um Informationen handeln, die dem Äußernden aufgrund der Geschäftsbeziehung bekannt geworden seien. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht lägen in der einschätzenden Antwort des Beklagten zu 2), er halte es für relativ fraglich, ob man dem Kläger helfe weiter zu machen, sowie in der Schlussfolgerung des Beklagten zu 2), es könnten nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine Stützung interessierten. Das sei die eindeutige Aussage, dass weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken dem Kläger auf der gegebenen Basis Kredite gewähren würden, und dahin zu verstehen, der Kläger habe mit seinen Gesellschaften vom Finanzsektor keine finanzielle Unterstützung durch Fremd- oder gar Eigenmittel zu erwarten , wenn er nicht zur grundsätzlichen Umstrukturierung seines Konzerns bereit sei. Dass dies vom Chef der größten deutschen Bank und Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken so geäußert worden sei, habe die Glaubwürdigkeit der Botschaft ganz erheblich unterstrichen. Der erforderliche Zusammenhang zwischen der Äußerung und der Geschäftsverbindung sei zu bejahen. Es bestehe ein innerer Zusammenhang der Äußerung zu der von den Interviewpartnern zuvor ausdrücklich angesprochenen Geschäftsverbindung.
14
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte zu 2) seine Äußerung wörtlich darauf beschränkt habe, was man alles habe lesen und hören können. Wenn der Beklagte zu 2) aus dem, was er gelesen haben wolle, den Schluss gezogen habe, dass der Finanzsektor nicht bereit sei, dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis, also ohne Umstrukturierung , zu helfen, sei das nicht nur die Wiedergabe von Äußerungen in Presseberichten, sondern eine Bekräftigung dieser Meldungen durch den Chef der größten deutschen Bank. Es sei nicht erforderlich, dass die Information dem Beklagten zu 2) aufgrund des mit der PrintBeteiligungs GmbH bestehenden Darlehensvertrages bekannt geworden sei. Entscheidend sei der innere Zusammenhang der Äußerung mit der Geschäftsverbindung.
15
Äußerung Die sei auch rechtswidrig und schuldhaft. Auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG könne die Beklagte zu 1) sich nicht berufen, da sie ihre Äußerungsfreiheit durch ihre eigenen Vertragsbestimmungen (Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken) eingeschränkt habe.
16
Auch die haftungsbegründende Kausalität sei gegeben. Diese müsse nur zwischen der Handlung und dem eingetretenen Erfolg bestehen , also zwischen der Äußerung und der Verletzung der vertraglichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Es bestehe im vorliegenden Fall bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Klägers kein Grund, mit dem Eintritt eines Schadens nicht wenigstens zu rechnen.
17
Aus alledem ergäben sich Ansprüche des Klägers sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht. Der Kreditvertrag der PrintBeteiligungs GmbH mit der Beklagten zu 1) entfalte Schutzwirkung für die TaurusHolding KG als konzernrechtlicher "Mutter" und auch für den Kläger selbst. Es habe eine konzernmäßige enge Verflechtung vorgelegen, die eine einheitliche Behandlung auch der Frage des Schutzbereichs bedinge. Die Interviewäußerung vom 3./4. Februar 2002 könne sowohl einen Anspruch der betroffenen Gesellschaft als auch einen solchen der Gesellschafter oder Aktionäre auslösen.
18
SchadensersatzansprüchedesKlä gers gegen den Beklagten zu 2) bestünden jedoch nicht. Ein Anspruch aus § 824 BGB stehe dem Kläger nicht zu. Die Äußerung des Beklagten zu 2) bestehe aus einem Gemisch von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen. Soweit es Meinungsäußerungen seien, scheide eine Anwendung von § 824 BGB aus. Soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handele, könne nicht von einer Unwahrheit der Äußerungen ausgegangen werden. Die Behauptung , dass der Finanzsektor nicht mehr bereit sei, dem Kläger oder seiner Unternehmensgruppe noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zu geben, habe der Beklagte zu 2) mit der Einschränkung auf "unveränderter Basis" versehen. Unter Berücksichtigung dessen sei die Äußerung als wahr anzusehen. Der Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 enthalte die Behauptung in dieser Form. Auch die Artikel im Managermagazin und im Handelsblatt vom 1. Februar 2002 hätten sich in die- ser Richtung geäußert. Unabhängig vom Inhalt der Zeitungsberichte seien auch die behaupteten Tatsachen im Kern wahr. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Finanzsektor auf unveränderter Basis noch bereit gewesen sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Äußerung des Beklagten zu 2) könne nicht darauf verkürzt werden, dass dem Kläger die Kreditwürdigkeit abgesprochen worden sei.
19
Schadensersatzansprüche aus § 14 UWG und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 15, 17 UWG setzten ebenfalls die Unwahrheit der Äußerungen des Beklagten zu 2) voraus. Diese seien jedoch nicht in einem eine Haftung begründenden Ausmaß verzerrt und deshalb unwahr. Entsprechendes gelte auch für Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 und § 187 StGB.
20
Der Beklagte zu 2) hafte auch nicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB persönlich auf Schadensersatz. Soweit es um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder um Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehe, sei eine Haftung nur zu bejahen, wenn die Rechtswidrigkeit der Äußerung positiv festgestellt werden könne. Dies sei nicht der Fall. Die Äußerung des Beklagten zu 2) sei nicht in einem haftungsrelevanten Umfang unwahr und die Tatsache, dass der Konzern des Klägers in ganz erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sei, sei schon länger vor dem 4. Februar 2002 der Öffentlichkeit bekannt und auch Gegenstand der öffentlichen Diskussion gewesen. In die zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH vereinbarte Verschwiegenheitspflicht sei der Beklagte zu 2) nicht selbst eingebunden gewesen. Schuldverhältnisse wirkten grundsätzlich nur zwischen den Parteien. Auch lägen die Voraussetzungen von § 311 Abs. 3 BGB im Verhältnis zum Beklagten zu 2) nicht vor. Der Beklagte zu
2) habe nicht in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Eine Verschwiegenheitspflicht habe den Beklagten zu 2) zwar aufgrund des mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Dienstvertrages getroffen. Dessen Schutzbereich habe aber nicht den Kläger und die Unternehmen der Kirch-Gruppe umfasst. Daran ändere auch § 17 UWG nichts. Ein Geheimnis der Beklagten zu 1) habe der Beklagte zu 2) nicht offenbart, weil das von ihm Geäußerte im Wesentlichen bereits in der Öffentlichkeit bekannt gewesen sei.
21
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze, die eine Diskussion der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen einschränkten, seien vorliegend nicht anwendbar. Es gehe nicht um die Erläuterung von Einzelheiten eines Jahresabschlusses durch einen Spezialisten im Rahmen eines Seminars, sondern um eine pauschale, undifferenzierte und die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens nicht anhand von Einzelheiten erläuternde Äußerung im Rahmen eines Interviews. Ein Zusammenhang der Informationen der Bundesbank gegenüber der Beklagten zu 1) mit der Äußerung des Beklagten zu 2) sei nicht zu erkennen.
22
Die Ausführungen zur Rechtswidrigkeit gälten für die weiter in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, insbesondere für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit Vorschriften des Kreditwesengesetzes, des Strafgesetzbuchs oder des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und für einen Anspruch aus § 826 BGB, entsprechend. Die vorgebrachten Tatsachen reichten im Übrigen für die Annahme einer vorsätzlichen Schädigungsabsicht nicht aus.

II.


23
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
24
A. Revision der Beklagten zu 1)
25
Die Feststellungsklage des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH begründet; die Beklagte zu 1) haftet aus dem mit ihr geschlossenen Darlehensvertrag gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Schutzpflicht durch den Beklagten zu 2). Im Übrigen stehen dem Kläger weder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding noch aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1) zu.
26
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch das für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bejaht.
27
Nicht a) zu folgen ist allerdings dem Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , für das Feststellungsinteresse genüge die Möglichkeit eines Schadenseintritts, eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit könne nicht verlangt werden. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn es hier um die Verletzung eines absoluten Rechts ginge. Bei reinen Vermögensschäden , die Gegenstand der Klage sind, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260, vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, WM 1996, 548, 549, vom 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, WM 2000, 199, 202, vom 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 742, vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98, WM 2002, 29, 32 und vom 6. Juli 2004 - XI ZR 250/02, BGHReport 2005, 78, 79).
28
b) Der fehlerhafte Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist aber folgenlos geblieben; denn das Berufungsgericht hat nicht nur die Möglichkeit eines Schadenseintritts bejaht, sondern in Würdigung der Aussagen der Zeugen L., Dr. H. und Prof. Dr. F. sowie der schriftlichen Aussage des Zeugen Dr. W. und des Scheiterns der Verhandlungen mit der Wa. Corporation die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts festgestellt. Diese tatrichterliche Würdigung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Mit der Rüge, die Aussage des Zeugen Dr. H. habe im Wesentlichen aus einer wörtlichen Verlesung eines vorbereiteten schriftlichen Textes bestanden, dessen Urheberschaft ungeklärt sei, kann die Beklagte zu 1) nicht gehört werden (§ 556 i.V. mit § 295 ZPO). Ihre Prozessbevollmächtigten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 5. November 2003 Beanstandungen insoweit nicht erhoben und ihre Sachanträge wiederholt. Damit ist ein etwa vorliegender Verstoß gegen § 396 ZPO durch rügelose Einlassung gemäß § 295 ZPO geheilt (vgl. MünchKomm/Damrau, ZPO 2. Aufl. § 396 Rdn. 2; Zöller/ Greger, ZPO 25. Aufl. § 396 Rdn. 1; Musielak/Huber, ZPO 4. Aufl. § 396 Rdn. 1).
29
Zu c) Unrecht beanstandet die Beklagte zu 1) auch, das Berufungsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen zur Verursachung eines Schadens durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) getroffen. Eine Feststellungsklage setzt nicht voraus, dass ein Schadenseintritt feststeht; es reicht vielmehr aus, dass die Entstehung eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens wahrscheinlich ist (BGHZ 120, 204, 212; BGH, Urteile vom 25. November 1977 - I ZR 30/76, WM 1978, 66, 67 und vom 26. September 1991 - VII ZR 245/90, WM 1992, 334).
30
Das ist hier nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Danach hat die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) das Klima in Kreditverhandlungen mit Banken erheblich verschlechtert, für die Ablehnung der Wiedereröffnung einer Kreditlinie durch die La.Bank eine Rolle gespielt und der durch das Interview verursachte Zeitdruck zum Scheitern der Verhandlungen mit der Wa. Corporation beigetragen. Dies reicht zum Nachweis einer Primärverletzung im Sinne einer Beeinträchtigung geschützter Vermögensinteressen durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) aus. Der Schadensursächlichkeit der Äußerung steht, anders als die Beklagte zu 1) meint, nicht entgegen, dass das Berufungsgericht an anderer Stelle festgestellt hat, es hätten schon vor dem Interview keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Finanzsektor auf unveränderter Basis noch bereit gewesen sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese Feststellung hindert die Annahme haftungsbegründender Kausalität der Interviewäußerung, etwa weil Banken danach zur Gewährung zusätzlicher Kredite auch auf veränderter Basis nicht mehr bereit waren, nicht.
31
2. Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1) aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH ist auch begründet.
32
Die a) Aktivlegitimation des Klägers steht entgegen der Ansicht von Bütter/Tonner (BKR 2005, 344, 347 f.) trotz Insolvenz der PrintBeteiligungs GmbH außer Frage. Die Abtretung ihres etwaigen Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte zu 1) an den Kläger ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Für eine Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO durch den Insolvenzverwalter ist nichts vorgetragen.
33
b) Dem Kläger steht gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch aus positiver Verletzung des zwischen der Zedentin und der Beklagten zu 1) geschlossenen Darlehensvertrages auf Ersatz der Schäden zu, die der Zedentin aus den Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
34
aa) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine schadensersatzpflichtige Verletzung des Bankgeheimnisses durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) bejaht hat, vermögen die angefochtene Entscheidung allerdings nicht zu tragen.
35
(1) Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur bezieht sich das Bankgeheimnis nur auf kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass bzw. im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind (BGHZ 27, 241, 246; OLG Karlsruhe WM 1971, 486, 487 f.; Bruchner , in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 39 Rdn. 1; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft 3. Aufl. S. 38; Nobbe WM 2005, 1537, 1538). Erforderlich hierfür ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung von dem Geheimnis durch das Kreditinstitut und dem Bestehen der Geschäftsverbindung gegeben ist (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 52; Heymann/Horn, HGB Anh. § 372 Rdn. 45; Musielak, in: Hadding /Schneider, Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Bundesrepublik Deutschland und in ausländischen Rechtsordnungen S. 14; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutsschutz S. 28; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, aaO S. 128; Weber, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 1/36; Wolff DB 1968, 695, 696; a.A. Schumann ZIP 2004, 2353, 2361).
36
(2) Dies hat das Berufungsgericht zwar ausweislich Seite 26 f. seines Urteils richtig erkannt. Auf Seite 29 Abs. 2 hat es sich aber mit der Feststellung begnügt, der erforderliche Zusammenhang bestehe zwischen der Geschäftsverbindung mit der PrintBeteiligungs GmbH und der Äußerung des Beklagten zu 2) am Ende des Interviews, was alles man darüber lesen und hören könne, sei ja, dass der Finanzsektor nicht bereit sei, auf unveränderter Basis der Kirch-Gruppe noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Diese Geschäftsverbindung sei "im Interview vom Fragenden ausdrücklich angesprochen worden und der Beklagte hatte sich auch hierzu geäußert". Und auf Seite 32 Abs. 2 führt es dann in offenkundigem Widerspruch zum eigenen Ansatz auf Seite 26 f. aus, "es ist nicht erforderlich, dass die Information den Beklagten aufgrund des mit der PrintBeteiligungs GmbH bestehenden Darlehensvertrages bekannt geworden ist". Diese der fast einhelligen Mei- nung widersprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts sind, wie die Beklagte zu 1) zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft.
37
Ob bb) sich die vom Berufungsgericht bejahte Verletzung des Bankgeheimnisses mit anderer Begründung, etwa mit der Erwägung, dass der Beklagte zu 2) insbesondere mit seiner Antwort auf die dritte Frage zu erkennen gegeben hat, dass auch die Beklagte zu 1) dem Kläger auf unveränderter Basis keine Kredite mehr zur Verfügung stellen wird, halten lässt, bedarf keiner Entscheidung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung jedenfalls deshalb zu, weil sie eine aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgende Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht verletzt hat.
38
(1) Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis seinem Inhalt nach jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Insbesondere hat sich jede Vertragspartei bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter - auch das Vermögen - des anderen Teils nicht verletzt werden (BGHZ 136, 295, 299; 157, 256, 269; BGH, Urteil vom 10. März 1983 - III ZR 169/81, WM 1983, 795, 796). Das Verhältnis von Kreditinstituten zu ihren Kunden ist durch eine besondere Vertrauensbeziehung geprägt, die Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten begründet. Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist lediglich eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen (MünchKomm/Roth, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 241 Rdn. 97; Grundmann, in: Eben- roth/Boujong/Joost, HGB, BankR I Rdn. I 156; Bruchner, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 39 Rdn. 7; Baumbach/ Hopt, HGB 32. Aufl. (8) AGB-Banken Nr. 2 Rdn. 1; H.P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser S. 787, 798).
39
(2) Die sich aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH ergebende Verpflichtung zur Interessenwahrung und Loyalität hat die Beklagte zu 1) durch das ihr zuzurechnende Verhalten (§ 31 BGB) des Beklagten zu 2) schuldhaft verletzt. Die Verpflichtung beinhaltet unter anderem, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen zu gefährden. Dieses hat der Beklagte zu 2) jedoch durch seine Antwort auf die letzte der gestellten Interviewfragen des Fernsehjournalisten, "ob man mehr ihm (Kirch) hilft, weiter zu machen", getan.
40
Der erste Satz der Antwort, "das halte ich für relativ fraglich", enthält eine skeptische Einschätzung des Beklagten zu 2), was die künftige Bewilligung zusätzlicher Mittel für Gesellschaften der Kirch-Gruppe angeht. Diese Einschätzung hatte schon aufgrund des Umstands, dass der Beklagte zu 2) als damaliger Vorstandssprecher der Beklagten zu 1) über die Bewilligung weiterer Kredite für Gesellschaften der KirchGruppe mitentscheiden konnte, besonderes Gewicht. Dieses wurde durch den zweiten Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", noch erheblich gesteigert. Zum Finanzsektor gehört als größte deutsche Bank auch die Beklagte zu 1). Ein verständi- ger Zuschauer oder Leser des Interviews, dem die damalige Stellung des Beklagten zu 2) als Vorstandssprecher auch aufgrund des Interviews bekannt war, musste dessen skeptische Einschätzung der Kreditbereitschaft des Finanzsektors deshalb, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahin verstehen, weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken würden dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis weitere Kredite zur Verfügung stellen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Beklagte zu 2) mit Hilfe des Wortes "man" und des Hinweises auf Medienberichte bemüht hat, seine Einschätzung als nicht auf seinem Sonderwissen als Vorstandssprecher beruhend erscheinen zu lassen. Der dritte Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren", enthält eine Bekräftigung des bereits Gesagten, indem eine Stützung des Klägers und seiner Gruppe, die sich nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag mit einem Volumen von 767 Millionen € wenige Tage vor dem Interview in einer öffentlich diskutierten schweren Finanzkrise befand, durch den Bankensektor ausgeschlossen wurde.
41
Diese Äußerungen des Beklagten zu 2) waren angesichts seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher der größten deutschen Bank und seines Ansehens gerade auch in der Kreditwirtschaft geeignet, die Aufnahme dringend benötigter zusätzlicher Kredite durch die PrintBeteiligungs GmbH, aber auch durch den Kläger, die TaurusHolding oder andere Gesellschaften der Kirch-Gruppe erheblich zu erschweren. Es bestand nämlich die auf der Hand liegende Gefahr, dass andere Kreditinstitute oder sonstige Geldgeber nach den Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) Kreditwünsche des Klägers oder von Gesellschaften sei- ner Gruppe ohne unvoreingenommene Prüfung ablehnten, weil die Beklagte zu 1) als besonders angesehene deutsche Bank trotz ihrer nach Einschätzung des Beklagten zu 2) guten Absicherung des ausgereichten Darlehens zur Vergabe weiterer Kredite auf unveränderter Basis nicht bereit war. Die genannten Äußerungen des Beklagten zu 2) stellen danach eine der Beklagten zu 1) nach § 31 BGB zuzurechnende Verletzung der aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgenden Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht dar. Auf die Wahrnehmung berechtigter Eigeninteressen kann sich die Beklagte zu 1) ebenso wenig berufen wie auf das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Dieses erlaubt nicht die Verletzung von Pflichten , die die Beklagte zu 1) vertraglich übernommen hat.
42
(3) Die Beklagte zu 1) ist dem Kläger als Zessionar danach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der der PrintBeteiligungs GmbH dadurch entstanden ist, dass sie, der Kläger oder eine andere Gesellschaft der Kirch-Gruppe infolge der Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) nicht mehr in der Lage war, Kreditmittel zu erlangen oder Verträge abzuschließen , die - wenn auch nur mittelbar - der PrintBeteiligungs GmbH zugute gekommen wären. Der Differenzschadensbetrag im Vergleich zu der finanziellen Lage der PrintBeteiligungs GmbH, die ohne die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) bestanden hätte, steht dem Kläger in voller Höhe zu. Substantiiertes Vorbringen der Beklagten zu 1), aus dem sich ein Mitverschulden der Zedentin ergeben könnte, fehlt.
43
(4) Ob die inkriminierten Äußerungen für die Insolvenz der PrintBeteiligungs GmbH und den Zusammenbruch der Kirch-Gruppe tatsächlich kausal geworden sind oder ob diese auch ohne sie eingetreten wären, etwa weil der Kläger den Kaufpreis von 767 Millionen € für die Beteiligung an der ProSiebenSat. 1 Media AG nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag nicht aufbringen konnte, ist entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Wagner ZInsO 2003, 485, 489; Bütter/ Tonner BKR 2005, 344, 351 f.) für die Begründetheit der Feststellungsklage nicht von Belang. Diesen Beweis hat der Kläger erst im Rahmen einer nachfolgenden Leistungsklage zu führen. Für die Begründetheit einer Feststellungsklage reicht es aus, dass die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens wahrscheinlich ist (BGHZ 120, 204, 212 m.w. Nachw.).
44
c) Darüber hinaus haftet die Beklagte zu 1) wegen der Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH auch aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (s. II. B. 2. c)).
45
3. Die Feststellungsklagen des Klägers aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht der TaurusHolding sind unbegründet.
46
Dem a) Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) weder aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) noch aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) ein Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding zu.
47
aa) Nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB entsteht ein Schuldverhältnis mit der Verpflichtung, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des ande- ren Teils Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), bereits mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Von Verhandlungen, aus denen sich für die Beklagte zu 1) im Februar 2002 gegenüber dem Kläger persönlich und/oder der TaurusHolding die vorvertragliche Verpflichtung ergab, deren Kreditwürdigkeit nicht zu gefährden, kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht ausgegangen werden.
48
Die Beklagte zu 1) hat Vertragsverhandlungen unter Beweisantritt in Abrede gestellt und behauptet, es habe im März 2001 ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) und im Frühsommer sowie im Herbst 2001 lediglich vereinzelte Kontakte mit Vertretern der Kirch-Gruppe über eine Zusammenarbeit im Bereich des Investment Banking gegeben. Vertrauliche Informationen über die künftige Strategie der Kirch-Gruppe habe sie dabei nicht erhalten. Die Kirch-Gruppe habe die Zusammenarbeit von der Gewährung eines weiteren Kredits in Höhe von einer Milliarde DM abhängig gemacht, darauf sei sie, die Beklagte zu 1), nicht eingegangen. Von einem (noch) im Februar 2002 bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis mit dem Kläger persönlich und/oder der TaurusHolding, das die Beklagte zu 1) durch die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) vom 3./4. Februar 2002 verletzt haben könnte, kann danach keine Rede sein.
49
Seinen weitergehenden, allgemein gehaltenen Vortrag, von Mai 2001 bis Januar 2002 hätten auf Initiative der Beklagten zu 1) konstruktive Gespräche über ihre Beteiligung als Investmentbank an allen Transaktionen der Kirch-Gruppe stattgefunden, hat der beweisbelastete Kläger ebenso wenig unter Beweis gestellt wie die Behauptung, der Beklagten zu 1) zahlreiche vertrauliche Informationen zur zukünftigen Strategie der Kirch-Gruppe übermittelt zu haben. Seinem Vorbringen lässt sich außerdem nicht entnehmen, wer Vertragspartner der Beklagten zu 1) habe werden sollen, der Kläger persönlich, die TaurusHolding, die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG oder eine andere Gesellschaft der KirchGruppe. Eine Verletzung einer vorvertraglichen Verpflichtung der Beklagten zu 1), die Kreditwürdigkeit des Klägers und/oder der TaurusHolding nicht zu gefährden, kann danach nicht als gegeben angesehen werden. Erst recht ist nicht dargetan, die Beklagte zu 1) habe unter Verstoß gegen das Bankgeheimnis vertrauliche Informationen offenbart.
50
bb) Ansprüche des Klägers aus einer positiven Verletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) eines mit ihm oder der TaurusHolding geschlossenen Vertrages scheiden schon deshalb aus, weil zwischen dem Kläger selbst sowie der TaurusHolding und der Beklagten zu 1) keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen bestanden. Ein Vertragsverhältnis hatte die Beklagte zu 1) vielmehr lediglich mit der PrintBeteiligungs GmbH, und zwar in Gestalt des mit dieser im Mai 1998 geschlossenen Darlehensvertrages.
51
cc) Der TaurusHolding und dem Kläger selbst stehen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der Rechtsprechung über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu.
52
(1) Danach wird ein Dritter nur dann in die aus einem Vertrag folgenden Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen, wenn er mit der Hauptleistung nach dem Inhalt des Vertrages bestimmungsgemäß in Berührung kommen soll und den Gefahren von (Schutz-)Pflichtverletzungen ebenso ausgesetzt ist wie der Gläubiger selbst oder die Umstände des Einzelfalles ansonsten konkrete Anhaltspunkte für den Parteiwillen ergeben , dem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis des Dritten Rechnung zu tragen (vgl. BGHZ 49, 278, 280; 61, 227, 233; 75, 321, 325; 127, 378, 380; 138, 257, 261; OLG Hamm MDR 1999, 556, 557; st.Rspr.).
53
Ein Darlehensvertrag zwischen einer Bank und einer GmbH ist in Bezug auf deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer nicht drittbezogen. Er entfaltet deshalb nach herrschender Meinung grundsätzlich keine Schutzwirkung zugunsten des Alleingesellschafters und Geschäftsführers. Dieser wird von der Darlehensgewährung nur mittelbar betroffen (OLG Hamm MDR 1999, 556, 557; MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rdn. 143; Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch 2. Aufl. § 79 Rdn. 70; Canaris ZIP 2004, 1781, 1788; Ehricke, Festschrift für Derleder S. 341, 353; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 346; Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04).
54
(2) Dem ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles, denen das Berufungsgericht nicht die gehörige Beachtung geschenkt hat, zuzustimmen.
55
(a) Die von der Beklagten zu 1) als Kreditgeberin verletzte Pflicht, die Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmerin, der PrintBeteiligungs GmbH, einer Enkelgesellschaft der TaurusHolding, nicht zu gefährden, besteht nur gegenüber der Darlehensnehmerin, nicht gegenüber deren Gesellschafterin, der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, und erst recht nicht gegenüber der Konzernholding, der TaurusHolding, oder gar gegenüber dem Kläger. Es fehlt insoweit am Erfordernis der Leistungsbzw. Einwirkungsnähe. Die Stellung eines Alleingesellschafters wird durch einen Kreditvertrag mit seiner Gesellschaft lediglich mittelbar berührt. Er kommt mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß nicht in gleicher Weise in Berührung und ist den Gefahren von (Schutz-)Pflichtverletzungen nicht ebenso ausgesetzt wie die Darlehensnehmerin selbst. Allein die gesellschaftsrechtliche Beteiligung kann die Leistungsnähe zu einem Vertrag der Gesellschaft mit einem Vertragspartner nicht begründen (Ehricke aaO S. 353). Dies gilt erst recht, wenn der Dritte - wie hier die TaurusHolding - nur mittelbar an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist, und naturgemäß auch für den Kläger als dem alleinigen Gesellschafter der TaurusHolding.
56
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die konzernmäßige enge Verflechtung der PrintBeteiligungs GmbH mit der TaurusHolding und dem Kläger sowie der Hinweis des Landgerichts auf § 19 Abs. 2 Satz 1 KWG, wonach die PrintBeteiligungs GmbH und ihre Obergesellschaften als ein Kreditnehmer im Sinne des § 18 KWG gelten, sind zur Begründung der Leistungsnähe von vornherein nicht geeignet. § 18 KWG, der auch die Obergesellschaften zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse verpflichtete, dient ebenso wie § 19 Abs. 2 KWG nicht dem Schutz der Kreditnehmerin oder der Obergesellschaften, sondern dem des Kreditinstituts und mittelbar der Einleger (Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04).
57
Hinzu kommt - vom Berufungsgericht außer Acht gelassen - wesentlich , dass das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das die vom Kläger bewusst ausgenutzte Möglichkeit bietet, die Haftung für Verbindlichkeiten aus einem letztlich dem Gesamtkonzern zugute kommenden Darlehensvertrag wirksam auf die vertragsschließende Konzerngesellschaft zu beschränken (§ 13 Abs. 2 GmbHG), konsequenterweise auch beachtet werden muss, wenn es um die Frage geht, wem aus einem mit einer Konzerngesellschaft geschlossenen Darlehensvertrag Rechte zustehen. Es geht aus Gründen einer gerechten Verteilung der Vor- und Nachteile aus dem geschlossenen Darlehensvertrag nicht an, die Ansprüche der Beklagten zu 1) daraus strikt auf die PrintBeteiligungs GmbH als Vertragspartnerin zu beschränken, gleichzeitig aber Rechte des Klägers und/oder der TaurusHolding als mittelbare Eigner der PrintBeteiligungs GmbH aus dem Darlehensvertrag herzuleiten, wenn es um die Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 1) geht (Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04; H.P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser S. 787, 806; s. auch Ehricke, Festschrift für Derleder S. 341, 353 f.).
58
(b) Die besonderen Umstände des Falles ergeben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien des Darlehensvertrages, d.h. die Beklagte zu 1) und die PrintBeteiligungs GmbH, einem Schutzbedürfnis der TaurusHolding und/oder des Klägers hätten Rechnung tragen wollen. Beide bedürfen, was das Berufungsgericht verkannt hat, keines besonderen Schutzes, weil ihnen ein Schadensersatzanspruch der PrintBeteiligungs GmbH mittelbar ebenso zugute kommt, wie sie von der Darlehensgewährung der Beklagten zu 1) mittelbar profitiert haben. Da die PrintBeteiligungs GmbH zu 100% eine Enkelgesellschaft der TaurusHolding ist und diese wiederum zu 100% dem Kläger gehört, profitieren sowohl die TaurusHolding als Konzernobergesellschaft als auch der Kläger mittelbar von einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1) gegenüber der PrintBeteiligungs GmbH.
59
Auch die Übernahme der Verpflichtung durch die TaurusHolding im 3. Nachtrag zum Kreditvertrag vom 20. Mai 1998, bei einem Absinken des Kurswerts der verpfändeten Aktien der Axel Springer AG unter 55 € je Aktie der Beklagten zu 1) weitere Sicherheiten zu stellen, hatte entgegen der Ansicht von Schumann (ZIP 2004, 2353, 2356 f.), auf den sich der Kläger beruft, nicht zur Folge, dass die TaurusHolding in den Schutzbereich des Darlehensvertrages der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH einbezogen wurde. Die TaurusHolding wurde dadurch entgegen Schumann (aaO S. 2361) nicht etwa Partei des Kreditvertrages ; auch von einem Schuldbeitritt kann insoweit keine Rede sein. Sie war nicht zur Rückzahlung des von der PrintBeteiligungs GmbH aufgenommenen Darlehens verpflichtet, sondern hatte lediglich unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Sicherheiten zu stellen. Als potentielle Sicherungsgeberin ist die TaurusHolding nicht anders zu behandeln als etwa ein Bürge, wenn der Darlehensgeber den Bürgschaftsfall durch eine Verletzung des Darlehensvertrages herbeiführt. Insoweit ist anerkannt, dass der Bürgschaftsgläubiger in einem solchen Fall lediglich seinen Anspruch gegen den Bürgen verwirkt (BGH, Urteile vom 6. Juli 2004 - XI ZR 254/02, WM 2004, 1676, 1678 und vom 14. September 2004 - XI ZR 184/03, WM 2004, 2200, 2202; jeweils m.w.Nachw.), nicht aber dem Bürgen auf Schadensersatz aus Verletzung eines Darlehensvertrages mit Schutzwirkung zugunsten des Bürgen haftet (vgl. MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rdn. 143).
60
b) Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1) weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding Schadensersatzansprüche aus deliktischem Handeln des Beklagten zu 2) zu, für das die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB haften müsste.

61
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang - zu Recht verneint.
62
§ 824 (1) BGB setzt die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache voraus, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz.
63
Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert, während für Werturteile und Meinungsäußerungen die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BVerfGE 90, 241, 247 m.w.Nachw.; BGHZ 132, 13, 21; 139, 95, 102). Bei Äußerungen , die sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen oder Werturteile enthalten, kommt es auf den Kern oder die Prägung der Aussage an, insbesondere ob die Äußerung insgesamt durch ein Werturteil geprägt ist und ihr Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt oder aber ob überwiegend, wenn auch vermischt mit Wertungen, über tatsächliche Vorgänge oder Zustände berich- tet wird (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15; BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, WM 2002, 937, 938).
64
Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussageinhalts. Dabei darf nicht isoliert auf einzelne aus dem Kontext gerissene Passagen des Interviews abgestellt werden; vielmehr sind die Aussagen des Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit dem gesamten Interview zu deuten. Da es insoweit auf die Erfassung des objektiven Sinns der Äußerung ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten zu 2) noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung betroffenen Klägers und seiner Gesellschaften, sondern das Verständnis, das ihr unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und der erkennbaren, den Sinn der Äußerung mitbestimmenden Begleitumstände ein unvoreingenommenes, verständiges, an wirtschaftlichen Fragen interessiertes Publikum zumisst (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; 107, 275, 281; BGHZ 132, 13, 20; 139, 95, 102).
65
(2) Gemessen hieran hat das Berufungsgericht in den vor allem bedeutsamen Antworten des Beklagten zu 2) auf die letzte Frage des Fernsehjournalisten, "ob man mehr ihm (Kirch) hilft, weiter zu machen" zutreffend ein Gemisch von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen gesehen.
66
(a) Der erste Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "das halte ich für relativ fraglich", enthält eine Einschätzung mit dem Inhalt, dass er, der Beklagte zu 2), die künftige Bewilligung zusätzlicher Mittel für Gesellschaften der Kirch-Gruppe für relativ unwahrscheinlich halte. Es handelt sich unter Berücksichtigung der gewählten Ich-Form und des Verbs "halte" um ein persönliches Dafürhalten, eine subjektive Einschätzung des Beklagten zu 2), nicht um eine Tatsachenbehauptung, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich wäre. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Beklagte zu 2) der damalige Vorstandssprecher der größten deutschen Bank war, als solcher interviewt wurde und über die Bewilligung etwaiger weiterer Kredite für Gesellschaften der Kirch-Gruppe mitentscheiden konnte.
67
(b) Der zweite Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", enthält formal gesehen eine Begründung der Einschätzung des Beklagten zu 2). Diese wird mit einem Hinweis auf die Einstellung des Finanzsektors und das, was darüber zu lesen und zu hören war, belegt. Zum Finanzsektor gehört als größte deutsche Bank auch die Beklagte zu 1). Ein verständiger Zuschauer oder Leser des Interviews musste die skeptische Einschätzung der Kreditbereitschaft des Finanzsektors deshalb, wie bereits dargelegt, dahin verstehen, weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken würden dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis weitere Kredite zur Verfügung stellen. Die damalige fehlende Bereitschaft der Beklagten zu 1) und anderer Kreditinstitute zu neuen Krediten für Gesellschaften der Kirch-Gruppe ohne deren Umstrukturierung und Berichte in den Medien darüber lassen sich mit Mitteln des Beweises überprüfen, sind also Tatsachen.
68
(c) Der dritte Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren", enthält eine Schlussfolgerung aus den vor- angegangenen Äußerungen und eine gewisse Bekräftigung des Gesagten. Sie ist einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit hin nur mit gedanklichen , nicht aber mit Mitteln des Beweises zugänglich, also ebenfalls keine Tatsachenbehauptung.
69
(3) Die Äußerungen des Beklagten zu 2) im ersten und dritten Satz können einen Schadensersatzanspruch aus § 824 Abs. 1 BGB danach schon deshalb nicht begründen, weil es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt.
70
zweite Der Antwortsatz wäre dazu nur geeignet, wenn die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen von den Einschätzungen und Meinungsäußerungen des Beklagten zu 2) ausreichend getrennt werden können. Andernfalls wäre die gesamte Aussage des Beklagten zu 2) als Meinungsäußerung zu behandeln (BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; 90, 241, 248; BGHZ 132, 13, 21; BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 282) und § 824 Abs. 1 BGB von vornherein nicht anwendbar. Die vorgenannte Zweifelsfrage bedarf hier keiner Entscheidung , da die Voraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB auch dann nicht vorliegen, wenn davon ausgegangen wird, der zweite Antwortsatz enthalte Tatsachenbehauptungen. Denn diese sind nach den widerspruchs - und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr.
71
(4) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 enthalte die vom Beklagten zu 2) im Interview vom 3. Februar 2002 aufgestellte Behauptung, die Banken seien nicht mehr bereit, dem Kläger und seiner Unternehmens- gruppe auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. In die gleiche Richtung hätten sich Artikel im Managermagazin und im Handelsblatt geäußert. Die Äußerung des Beklagten zu 2), nach Medienberichten sei der Finanzsektor zu zusätzlichen Krediten nicht bereit, sei also richtig. Diese Würdigung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
72
Gleiches gilt für die - vom Beklagten zu 2) angeblich Medienberichten entnommene - fehlende Bereitschaft des Finanzsektors, Gesellschaften der Kirch-Gruppe auf unveränderter Basis zusätzliche Kredite zu gewähren. Das Berufungsgericht ist nach der Vernehmung von Zeugen rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Kirch-Gruppe habe sich damals in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden. Der Finanzsektor sei auf unveränderter Basis nicht bereit gewesen, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Basis habe verändert werden müssen. Das habe auch ein Schreiben der La.Bank vom 6. Februar 2002 und die Aussage des Zeugen L. ergeben. Soweit sich der Kläger für seine gegenteilige Ansicht auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Aussagen der Zeugen Dr. W. und Dr. H. beruft, greift er revisionsrechtlich unbehelflich lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung an, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsurteils aufzeigen zu können. Dass Banken im Januar 2002 fällige Kredite für einige Monate verlängert hatten oder bereit waren, einem Sicherheitenpool beizutreten, ist entgegen der Ansicht des Klägers in diesem Zusammenhang irrelevant , zumal von der Axel Springer AG inzwischen die Put-Option mit einem Volumen von 767 Millionen € ausgeübt worden war, für deren Erfüllung der Kläger und seine Gruppe kurzfristig frisches Geld benötigten. Der Beklagte zu 2) hat sich nur zur fehlenden Bereitschaft des Finanz- sektors geäußert, "auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen". Nur darauf zielte auch die Frage des Journalisten, "ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen", ab.
73
Die von der Revision angegriffene Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2) habe damit dem Kläger und seiner Gruppe nicht insgesamt die Kreditwürdigkeit abgesprochen, ist zutreffend. Eine entsprechende Tatsachenbehauptung, nur eine solche ist im Rahmen des § 824 BGB von Bedeutung, hat der Beklagte zu 2) nicht aufgestellt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass seine Aussage die Einschränkung enthält, der Finanzsektor sei "auf unveränderter Basis" zur Bewilligung weiterer Mittel nicht bereit. Dieser Einschränkung kommt entgegen der Ansicht des Klägers wesentliche Bedeutung zu. Angesprochen war damit die Notwendigkeit einer Umstrukturierung der Gruppe, die nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts Gegenstand der öffentlichen Diskussion und nach den eigenen Angaben des Klägers Inhalt des Gesprächs zwischen ihm und dem Beklagten zu 2) am 9. Februar 2002 war. Die Gewährung neuer zusätzlicher Kredite nach Umstrukturierung der Gruppe, über die nach Angaben des Klägers damals intensive und Erfolg versprechende Verhandlungen stattfanden, wurde vom Beklagten zu 2) bei seiner Interviewäußerung nicht ausgeschlossen. Die Äußerung führte nur zu einer Gefährdung der Kreditwürdigkeit.
74
Die Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe Beweisantritte zu der Behauptung übergangen, die Äußerung des Beklagten zu 2) sei in den Medien und von Banken im Sinne einer Verneinung der Kreditwürdigkeit des Klägers und der Gesellschaften seiner Gruppe verstanden worden, ist unbegründet. Die Frage, ob die Aussage des Beklagten zu 2) eine entsprechende Tatsachenbehauptung enthielt, ist nicht durch eine Beweisaufnahme über das Verständnis einiger Adressaten, sondern durch Auslegung aus der Sicht eines unvoreingenommenen, an wirtschaftlichen Fragen interessierten, verständigen Zuschauers bzw. Lesers zu klären.
75
bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding gegen die Beklagte zu 1) aus § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 15 Abs. 1 UWG a.F., § 186 oder § 187 StGB ist nicht begründet. Diese Anspruchsgrundlagen knüpfen, teils mit anderer Beweislastverteilung als § 824 BGB, an die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache an. Eine solche Tatsache hat der Beklagte zu 2) nicht behauptet oder verbreitet. Die von ihm behaupteten Tatsachen waren nach den - wie dargelegt - rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr.
76
cc) Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 55a oder § 55b KWG kann der Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding von der Beklagten zu 1) Schadensersatz verlangen. Der Beklagte zu 2), für dessen Verhalten die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, hat Angaben über Millionenkredite, die die Deutsche Bundesbank der Beklagten zu 1) mitgeteilt hat, nicht entgegen § 14 Abs. 2 Satz 5 KWG in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) offenbart oder verwertet.
77
(1) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KWG a.F. hatte die Deutsche Bundesbank die anzeigenden Unternehmen zu benachrichtigen, wenn einem Kreditnehmer von mehreren Kreditinstituten so genannte Millionenkredite gewährt wurden. Die Benachrichtigung umfasste nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KWG a.F. nur Angaben über die Gesamtverschuldung des Kreditnehmers und über die Anzahl der beteiligten Unternehmen.
78
(2) Eine unbefugte Offenbarung von Angaben über Millionenkredite gemäß § 55b Abs. 1 KWG liegt vor, wenn eine in einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigte Person solche Angaben einem anderen in der Weise zugänglich macht, dass er die Möglichkeit hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen (Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55b Rdn. 3 m.w.Nachw.; Achenbach/Schröder ZBB 2005, 135, 140).
79
Daran fehlt es hier. Der Beklagte zu 2), dessen Kenntnis der Bundesbankmitteilungen über Millionenkredite im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, hat sich in dem Interview weder zur Gesamtverschuldung der Kirch-Gruppe oder einer ihr angehörenden Gesellschaft noch zur Anzahl der kreditgewährenden Unternehmen geäußert. Der Gesamtbetrag der gewährten Kredite und die Anzahl der beteiligten Unternehmen ließen sich aus seinen Interviewäußerungen auch nicht mittelbar entnehmen oder erschließen. Die Aussage, "der Kredit, den wir haben, ist ... zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich", erlaubt entgegen der von Professor Dr. T. in seinem vom Kläger vorgelegten Parteigutachten vertretenen Ansicht auch im Zusammenhang mit anderen Interviewäußerungen offensichtlich keinen Schluss auf die konkrete Gesamthöhe der der Kirch-Gruppe oder einer ihr angehörenden Gesellschaft gewährten Kredite oder gar auf die Anzahl der kreditgewährenden Unternehmen. Überdies hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 nur die Antwort des Beklagten zu 2) auf die letzte Interviewfrage für klagebegründend und allein maßgeblich erklärt und daran auch später festgehalten.
80
(3) Eine unbefugte Verwertung von Angaben über Millionenkredite gemäß § 55a Abs. 1 KWG liegt vor, wenn die von der Deutschen Bundesbank übermittelten Informationen in einer von § 14 KWG nicht gedeckten Weise für eigene oder für fremde wirtschaftliche Zwecke nutzbar gemacht werden (vgl. BayObLG NStZ 1984, 169; Lindemann, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55a Rdn. 5; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 355 Rdn. 15; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 204 Rdn. 3; Achenbach/Schröder ZBB 2005, 135, 140). Das ist der Fall, wenn ein Kreditinstitut eine Information, die es durch die Deutsche Bundesbank über Millionenkredite eines Kreditnehmers bei einer anderen Bank erhält, nicht ausschließlich zu bankinternen Zwecken der Kreditgewährung oder -verweigerung nutzt, sondern sonst wie eigennützig verwendet (Janssen, in: Park, Kapitalmarkt-Strafrecht § 55a KWG Rdn. 5). Erforderlich ist insoweit allerdings stets, dass der Täter ein gewinnorientiertes Ziel verfolgt (BayObLG NStZ 1984, 169; Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55a Rdn. 6).
81
Daran fehlt es hier. Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass der Beklagte zu 2) Mitteilungen der Deutschen Bundesbank über die Gesamtverschuldung und die Anzahl der beteiligten Unternehmen für eigene oder fremde wirtschaftliche Zwecke nutzbar gemacht hätte, geschweige denn, dass er mit seinen Äußerungen die Erzielung eines Ge- winns der Beklagten zu 1) oder eines anderen Unternehmens beabsichtigt habe. Es ist, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, nicht einmal ein Zusammenhang zwischen den Mitteilungen der Deutschen Bundesbank nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KWG a.F. und der Interviewäußerung des Beklagten zu 2) zu erkennen.
82
Ein dd) Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 17 Abs. 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) oder aus § 19 Satz 1 UWG a.F. ist ebenfalls nicht begründet. Der Beklagte zu 2) hat kein Geschäftsoder Betriebsgeheimnis des Klägers oder der TaurusHolding mitgeteilt.
83
Gemäß § 17 Abs. 1 UWG a.F. macht sich strafbar, wer als Angestellter eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, mitteilt. Die Vorschrift schützt damit das Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisträgers, also den Inhaber des Geschäftsbetriebes (Großkommentar/Otto, § 17 UWG Rdn. 4, 6; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 25. Aufl. § 17 Rdn. 2; Köhler/Piper, UWG 3. Aufl. § 17 Rdn. 2; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB § 823 Rdn. 199; s. auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 1965 - Ib ZR 93/63, GRUR 1966, 152, 153; OLG München NJW-RR 1996, 1134).
84
Das ist hier nicht der Kläger, die TaurusHolding oder eine der konzernangehörigen Gesellschaften, sondern ausschließlich die Beklagte zu 1). Dass sie der PrintBeteiligungs GmbH vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet war, führt entgegen der Ansicht von Tiedemann (ZIP 2004, 294, 296) nicht etwa dazu, dass §§ 17 Abs. 1 und 19 Satz 1 UWG a.F. für den Kläger oder die TaurusHolding Schutzgesetzcharakter erlangen. Abgesehen davon hat der Beklagte zu 2), wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kein Geheimnis offenbart. Das Kreditengagement der Beklagten zu 1) bei der PrintBeteiligungs GmbH sowie dessen Absicherung durch ein Pfandrecht an Aktien der Axel Springer AG waren der interessierten Öffentlichkeit, insbesondere der Kreditwirtschaft , durch Presseveröffentlichungen bereits bekannt.
85
ee)EinSchadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem Recht oder dem der Zedentin, der TaurusHolding, gegen die Beklagte zu 1) aus § 1 UWG a.F. besteht ebenfalls nicht. Nach § 1 UWG a.F. kann - unter anderem - auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt , die gegen die guten Sitten verstoßen. Inhaber eines solchen Anspruchs kann nur ein Mitbewerber sein, der in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu dem unlauter Handelnden oder zu dem von ihm geförderten Unternehmen steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen , d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urteile vom 23. April 1998 - I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 70 - Preisvergleichsliste II, vom 21. Februar 2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 903 - Vanity-Nummer und vom 24. Juni 2004 - I ZR 26/02, NJW 2004, 3032, 3033 - Werbeblocker). An einem solchen Wettbewerbsverhältnis fehlt es hier.
86
Der (1) Kläger selbst ist als Gesellschafter und Geschäftsführer der TaurusHolding und anderer konzernangehöriger Gesellschaften kein Mitbewerber der Beklagten zu 1) oder von Unternehmen, an denen sie beteiligt ist oder zu denen sie Kundenbeziehungen unterhält. Daran ändert auch der Besitz aller Anteile der TaurusHolding nichts. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist keine gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit, sondern Vermögensverwaltung (Senatsurteil vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, ZIP 2006, 68, 69, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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Auch (2) die TaurusHolding steht als Konzernobergesellschaft nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten zu 1) oder zu einem Unternehmen, dessen Wettbewerb durch die Äußerungen des Beklagten zu 2) angeblich gefördert werden sollte. Die TaurusHolding selbst war nicht operativ tätig, sondern nahm nach den Angaben des Klägers als Obergesellschaft Koordinations- und strategische Verwaltungsaufgaben der Kirch-Gruppe wahr. Ob konzernangehörige Gesellschaften der Gruppe wie etwa die KirchPayTV GmbH & Co. KGaA oder die PayTV Plattform Premiere Mitbewerber von Unternehmen waren, an denen die Beklagte zu 1) beteiligt ist oder die sie angeblich zu fördern trachtet, ist ohne Belang. Dadurch wird kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der TaurusHolding begründet, sondern nur zwischen Beteiligungsunternehmen der Beklagten zu 1) und einzelnen konzernangehörigen Unternehmen der Kirch-Gruppe. Das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das die vom Kläger bewusst ausge- nutzte Möglichkeit bietet, die Haftung für Verbindlichkeiten auf eine bestimmte Konzerngesellschaft zu beschränken (§ 13 Abs. 2 GmbHG), ist auch dann zu beachten, wenn es um die Aktivlegitimation von Ansprüchen aus § 1 UWG a.F. geht.
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ff) Das Berufungsgericht ist auch mit Recht zu dem Ergebnis gelangt , dass dem Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu 1) zusteht.
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Ein (1) Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers oder der TaurusHolding ist aufgrund der Antwort des Beklagten zu 2) auf die letzte Frage des Interviewpartners nicht begründet worden.
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Ein (a) solcher Anspruch des Klägers aus eigenem Recht setzt voraus, dass dieser selbst im Februar 2002 Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs war. Das ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
91
Gewerbebetriebeunterh ielten vielmehr lediglich die Gesellschaften der Kirch-Gruppe. Der Kläger war in seiner Eigenschaft als alleiniger Kommanditist und Alleingesellschafter der Komplementärin der TaurusHolding sowie als Geschäftsführer der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG und der PrintBeteiligungs GmbH nicht selbst Inhaber eines Gewerbebetriebs. Der Geschäftsführer einer werbenden GmbH ist weder Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB noch Unternehmer gemäß § 14 BGB (vgl. BGHZ 104, 95, 98; 121, 224, 228; 132, 119, 122; BGH, Urteil vom 15. Juli 2004 - III ZR 315/03, ZIP 2004, 1647, 1648). Nur die GmbH selbst ist nach § 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann. Daran ändert auch der Besitz aller Gesellschaftsanteile durch den Geschäftsführer nichts. Das Halten von GmbH-Anteilen ist keine gewerbliche Tätigkeit , sondern reine Vermögensverwaltung und die Geschäftsführung einer GmbH keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit (BGHZ 133, 71, 78; 133, 220, 223; Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - XI ZR 322/98, WM 2000, 1799 und vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, ZIP 2006, 68, 69, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ). Wird ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer GmbH, der die korporative Haftungsbeschränkung genießt, im Wirtschaftsleben danach rechtlich grundsätzlich nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, sondern als Privatperson behandelt, ist es nur konsequent, ihm den besonderen Vermögensschutz, den der Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach ständiger Rechtsprechung genießt , zu versagen. Die gegenteilige, in der Literatur (Spindler, in: Bamberger /Roth, BGB § 823 Rdn. 105 Fn. 527) als "sehr zweifelhaft" bezeichnete Ansicht des Oberlandesgerichts München (NJW-RR 1991, 928, 929) ist systemwidrig. Sie würde zu einer für den Schuldner unzumutbaren Doppelhaftung führen. Überdies trägt sie dem Umstand nicht Rechnung , dass das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung zur Füllung von Schutzlücken als sonstiges Recht im Sinne eines Auffangtatbestands entwickelt worden ist. Für einen eigenen Schutz des geschäftsführenden Alleingesellschafters nach § 823 Abs. 1 BGB besteht indes kein Bedürfnis, da er mittelbar von einem Anspruch profitiert, der der ihm gehörenden GmbH bei einem rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zusteht.
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(b) Der Kläger hat auch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding keinen Schadensersatzanspruch wegen eines Eingriffs der Beklagten zu 1) in deren Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
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(aa) Der Anspruch scheitert allerdings nicht schon daran, dass die Haftung für solche Eingriffe nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Auffangtatbestand lediglich den gesetzlichen Schutz ergänzen und bestehende Haftungslücken ausfüllen soll (BGHZ 43, 359, 361; 59, 30, 34; 65, 325, 328; 105, 346, 350; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2002 - VI ZR 171/02, NJW 2003, 1040, 1041). Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt deshalb nicht in Betracht, soweit § 824 BGB sowie gegebenenfalls § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 StGB den Schutz der wirtschaftlichen Wertschätzung von Unternehmen vor Beeinträchtigungen durch Verbreitung unwahrer Behauptungen gewährleisten (BGHZ 65, 320, 328; 138, 311, 315; BGH, Urteile vom 23. Oktober 1979 - VI ZR 230/77, NJW 1980, 881, 882 und vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, NJW 1992, 1312).
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Eine abschließende Haftungsregelung stellt § 824 BGB indes nur für die Verbreitung falscher Tatsachen dar, nicht für die wahrer Tatsachen (BGHZ 8, 142, 144; 90, 113, 121; 138, 311, 315; MünchKomm/ Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 188, 198; Spindler, in: Bamberger/ Roth, BGB § 823 Rdn. 116; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 350) und erst recht nicht für die Äußerung von Werturteilen und Meinungen, die die wirtschaftliche Wertschätzung, also Kredit, Erwerb und Fortkommen eines konkret Betroffenen beeinträchtigen (BGHZ 45, 296, 305 f.; 65, 325, 328).
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Die vom Kläger beanstandete Antwort des Beklagten zu 2) auf die dritte Frage des Interviewpartners enthält, wie bereits dargelegt, im ersten Satz ("Das halte ich für relativ fraglich") sowie im dritten Satz ("Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren") Meinungsäußerungen und im zweiten Satz ("Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen") nach den, wie dargelegt, rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts die Behauptung wahrer Tatsachen. § 824 BGB steht der Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB deshalb nicht entgegen.
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(bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der TaurusHolding scheitert aber an der fehlenden Rechtswidrigkeit eines Eingriffs.
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(aaa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen so genannten offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (BGHZ 45, 296, 307; 65, 325, 331; 138, 311, 318). Dabei sind vor allem grundrechtlich geschützte Positionen der Beteiligten zu berücksichtigen.
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Bei Informationen, die inhaltlich zutreffen und sachlich sind, und bei Werturteilen, die nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und nicht herabsetzend formuliert sind, gewährt das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) allerdings keinen Schutz, auch wenn die wirtschaftliche Position eines Unternehmens durch sie nachteilig beeinflusst wird (BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Als eigenständiges Schutzgut der Eigentumsgarantie ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bisher nicht anerkannt (vgl. BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1712).
99
Dagegen fallen die vom Kläger beanstandeten Äußerungen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, auf die sich auch eine juristische Person des Privatrechts wie die Beklagte zu 1) berufen kann (BVerfGE 21, 271, 277; 80, 124, 131; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet, ohne ausdrücklich zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung zu unterscheiden, jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Das Recht der freien Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG zwar seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch § 823 Abs. 1 BGB gehört. Dieser muss aber im Lichte der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gesehen und so interpretiert werden, dass der besondere Wertgehalt des Rechts der freien Meinungsäußerung auf jeden Fall gewahrt bleibt. Es findet also eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass § 823 Abs. 1 BGB zwar dem Grundrecht Schranken setzt, aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts ausgelegt und in seiner das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden muss (BVerfGE 7, 198, 208 f.; 68, 226, 231; 69, 257, 269 f.; 85, 1, 16; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; st.Rspr.).
100
Dies bedeutet, dass bei einer Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage eine Vermutung zugunsten der freien Rede spricht (BVerfGE 61, 1, 7; 82, 272, 281 f.; 90, 241, 249; 93, 266, 294 f.; BGHZ 45, 296, 308; 65, 325, 331 f.). Für Tatsachenbehauptungen gilt dies allerdings nicht in gleicher Weise. Im Gegensatz zur Äußerung einer Meinung ist für den verfassungsrechtlichen Schutz einer Tatsachenmitteilung deren Richtigkeit von Bedeutung (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 17; 97, 391, 403 f.). Enthält eine Äußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurück (BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.). Wahre Aussagen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, es sei denn, die Aussagen betreffen die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre und sind nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; BVerfG NJW 2003, 1109, 1110).
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(bbb) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt gegenüber der TaurusHolding ein rechtswidriger Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht vor.
102
Der Beklagte zu 2), für dessen Verhalten die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, hat, wie dargelegt, im ersten Satz seiner Antwort auf die letzte Interviewfrage die Bereitschaft der Kreditwirtschaft, dem Kläger oder Gesellschaften seiner Gruppe zusätzliche Kredite zur Verfügung zu stellen, skeptisch eingeschätzt und diese Beurteilung im letzten Satz seiner Antwort bekräftigt. Es handelt sich dabei um Äußerungen , die in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen. Sie betrafen die die Öffentlichkeit wesentlich berührende, in Zeitungen und Zeitschriften behandelte Finanzkrise der Kirch-Gruppe, die nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag mit einem Volumen von 767 Millionen € wenige Tage vor dem Interview dramatisch geworden war. Die Krise und das Schicksal der Kirch-Gruppe interessierte, auch wenn dies in dem Interview nicht besonders zum Ausdruck gekommen ist, nicht nur Wirtschaftskreise, sondern ein breites Publikum, da die Kirch-Gruppe wegen ihrer Beteiligung an Fernsehsendern und Verlagen ein wesentlicher Faktor in der deutschen Medienbranche und für die Meinungsbildung von Bedeutung war. Einschränkend ist insoweit allerdings zu berücksichtigen, dass die die Öffentlichkeit in besonderem Maße berührende Frage der Auswirkungen einer möglichen Insolvenz der Kirch- Gruppe auf die Medienlandschaft nicht Gegenstand des Interviews und insbesondere der Antworten des Beklagten zu 2) war. Vielmehr hat sich der Beklagte zu 2) als Organ der Beklagten zu 1) unter anderem über ein konkretes Kreditverhältnis der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH geäußert.
103
Ob auch für die mit den vorgenannten Äußerungen eng verbundenen , zur Begründung angeführten Tatsachenbehauptungen des Beklagten zu 2) im zweiten Antwortsatz auf die letzte Interviewfrage die Vermutung für das Recht der freien Rede gilt, bedarf keiner Entscheidung. Denn die darin enthaltene Behauptung, die Banken einschließlich der Beklagten zu 1) seien nicht mehr bereit, dem Kläger und seiner Unter- nehmensgruppe auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, war, wie bereits darlegt, nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Wahre Aussagen müssen aber, wenn sie - wie hier - nicht die Intim-, Privatoder Vertraulichkeitssphäre betreffen, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind.
104
Die zur Klärung der Reichweite des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gebotene Abwägung der kollidierenden Interessen und Güter führt hier nicht ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis. Die Finanzkrise der Kirch-Gruppe und die Zurückhaltung der Banken, auf unveränderter Basis, d.h. ohne Umstrukturierung der Gruppe , zusätzliche Kreditmittel zur Verfügung zu stellen, waren nicht nur der Kreditwirtschaft, sondern einer breiten Öffentlichkeit aufgrund von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften bekannt. Jedoch musste den Äußerungen des Beklagten zu 2), wie dargelegt, angesichts seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher der Beklagten zu 1) entnommen werden, dass auch die Beklagte zu 1) auf unveränderter Basis zu weiteren Krediten nicht bereit sei. Diese kreditgefährdenden Äußerungen erlangten besondere Bedeutung und Wirkung dadurch, dass es der Beklagte zu 2), Vorstandssprecher der größten deutschen Bank und Wirtschaftsführer mit hoher Sachkompetenz und großem Ansehen, war, der sie machte. Sie wurde verstärkt dadurch, dass er sie, für einen Bankier ungewöhnlich, in einem Fernsehinterview und zu einem Zeitpunkt tat, in dem die Finanzkrise der Kirch-Gruppe nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag dramatisch geworden war. Dies ist bei der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung zwar zu berücksichtigen, weil die Äußerungen des Beklagten zu 2) deswegen großer Aufmerksamkeit gewiss und geeignet waren, dem Kläger und seiner Gruppe die Aufnahme zusätzlicher dringend benötigter Kredite weiter zu erschweren. Die Rechtswidrigkeit der inhaltlich zutreffenden Äußerungen des Beklagten zu 2) im Verhältnis zur TaurusHolding kann damit unter Berücksichtigung der Vermutung zugunsten der freien Rede in allen die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen sowie des Rechts, wahre Tatsachen äußern zu dürfen, aber nicht begründet werden.
105
Die Beklagte zu 1) unterhielt, was von wesentlicher Bedeutung ist, ebenso wie der Beklagte zu 2) keinerlei rechtliche Beziehungen zur TaurusHolding. Auch Kreditvertragsverhandlungen hatte es mit ihr nicht gegeben. Die Beklagten traf deshalb insoweit anders als gegenüber der konzernangehörigen PrintBeteiligungs GmbH keine Pflicht zur Interessenwahrung , Rücksichtnahme und Loyalität. Dass die TaurusHolding Konzernobergesellschaft der Kirch-Gruppe war, ändert nichts. Das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das der Kläger zur Haftungsbeschränkung genutzt hat, ist auch hier uneingeschränkt zu beachten. Der TaurusHolding standen die Beklagten danach rechtlich als beliebige Dritte gegenüber, die von ihrem Recht, sich zu einer die Öffentlichkeit interessierenden Finanzkrise eines in der damaligen deutschen Medienlandschaft bedeutsamen Konzerns zu äußern, Gebrauch machten. Wollte man dies anders sehen, würde der Beklagten zu 1) wegen ihrer Bedeutung in der deutschen Kreditwirtschaft sowie dem Beklagten zu 2) wegen seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher und seines Ansehens insbesondere in Bank- und Wirtschaftskreisen das Recht abgesprochen, ihre Meinung zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage öffentlich zu äußern, ohne durch vertragliche Loyalitätspflichten gebun- den zu sein, und sie damit von der Teilnahme an der laufenden öffentlichen Diskussion ausschließen, obwohl für diese in einer Demokratie gerade Äußerungen sachkompetenter und im Licht der Öffentlichkeit stehender Persönlichkeiten und Entscheidungsträger wichtig sind. Dies ist mit der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht vereinbar.
106
(2) Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers oder der TaurusHolding, dieses in seiner Ausprägung als sozialer Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen (vgl. BGHZ 98, 94, 97; BGH, Urteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, WM 1994, 641, 643), besteht nicht.
107
Die (a) Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, eines Rahmenrechts, liegt nicht fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (vgl. BGHZ 73, 120, 124; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, NJW 1999, 2893, 2894 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, NJW 2004, 762, 764). Bei dieser Abwägung kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei der beanstandeten Äußerung um ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung handelt. Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Dabei müssen, wie bereits dargelegt, wahre Aussagen, soweit sie - wie hier - nicht die Intim-, Privat- und Vertraulichkeitssphäre betreffen , in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.; 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414 und NJW 2003, 1109, 1110; BGHZ 36, 77, 80 ff.; 138, 311, 320 f.).

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(b) Der zweite Antwortsatz des Beklagten zu 2) auf die letzte Interviewfrage , enthält, wie bereits ausgeführt, nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wahre Tatsachenbehauptungen. Der Kläger und die TaurusHolding haben sie deshalb unter dem Blickwinkel ihres Persönlichkeitsrechts hinzunehmen. Eine Fallgestaltung , bei der dies ausnahmsweise anders zu sehen wäre, liegt nicht vor. Insoweit kann auf die Ausführungen, mit denen ein rechtswidriger Eingriff der Beklagten in das Recht der TaurusHolding am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint worden ist (II. A. 3. b) ff) (1) (b) (bb) (bbb)), verwiesen werden.
109
Soweit die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) im ersten und dritten Antwortsatz auf die letzte Interviewfrage Meinungsäußerungen enthalten, sind sie, wie dargelegt, durch das Recht der Beklagten zur freien Meinungsäußerung gedeckt und deshalb nicht geeignet, das Persönlichkeitsrecht des Klägers oder der TaurusHolding zu verletzen.
110
(c) Mit dieser Beurteilung weicht der erkennende Senat, anders als der Kläger meint, nicht etwa von Grundsätzen ab, die der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 8. Februar 1994 (VI ZR 286/93, WM 1994, 641 ff.) aufgestellt hat. Nach dieser - nicht zweifelsfreien - Entscheidung des VI. Zivilsenats, die in der Literatur ganz überwiegend auf zum Teil massive Kritik gestoßen ist (Staudinger/Hager, Bearb. 1999 § 823 Rdn. C 32; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB § 823 Rdn. 131; Erman/Schiemann, BGB 11. Aufl. § 823 Rdn. 71; Siegmann ZIP 1994, 651, 653; Hager ZHR 158 (1994), 675, 684; Junker ZIP 1994, 1499; Leßmann DZWiR 1994, 331, 333; Lutter AG 1994, 347; Ehmann WuB IV A. § 823 BGB 2.94; Hirte EWiR 1994, 469, 470; Marly LM § 823 (Ah) BGB Nr. 110), ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens verletzt, wenn ein Wirtschaftswissenschaftler, der für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zahlreiche Fortbildungsseminare durchführt , den im Bundesanzeiger vollständig veröffentlichten Jahresabschluss eines mittelständischen, nicht im Licht der Öffentlichkeit stehenden Bauunternehmens in nicht anonymisierter Weise zum Gegenstand seiner Seminarveranstaltungen macht und dabei unter gezielter Hervorhebung kritischer Werte auf tatsächliche oder vermeintliche Schwachstellen der finanziellen Lage des Unternehmens hinweist, dieses den Seminarteilnehmern also in seiner finanziellen Situation gezielt vorführt.
111
Hiervon unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung grundlegend. Der Beklagte zu 2) hat sich mit seiner Antwort auf die letzte Frage des Interviews zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden wirtschaftlichen Frage geäußert und dabei unter Verzicht auf Details eine kurz begründete Einschätzung abgegeben. Die von ihm zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen wahren Tatsachen betrafen eine im Licht der Öffentlichkeit stehende bedeutende Gruppe der Medienbranche und waren überdies, anders als in dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall, aufgrund von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften einer breiten Öffentlichkeit im Wesentlichen bereits bekannt. Ein mit der gezielten Durchleuchtung der finanziellen Situation eines mittelständischen Bauunternehmens vergleichbarer Hinweiseffekt (Prangerwirkung), auf den der VI. Zivilsenat wesentlich abgestellt hat, kann der Äußerung des Beklagten zu 2) deshalb entgegen der Ansicht von Petersen (BKR 2004, 47, 48) nicht beigemessen werden.
112
gg) Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) auch keinen Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB fordern. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen nicht ausreichen, um eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers oder der TaurusHolding durch den Beklagten zu 2) anzunehmen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsurteil insoweit auf einem Rechtsfehler beruht. Sie versucht lediglich, die auf beweislosen Mutmaßungen beruhende Beurteilung des Klägers, dass die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) bewusst auf die Zerschlagung der Kirch-Gruppe ausgerichtet gewesen sei, an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts zu setzen. Damit kann der Kläger keinen Erfolg haben.
113
B. Revision des Klägers
114
Auch die Revision des Klägers hat nur zum Teil Erfolg. Seine Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2) ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH begründet; der Beklagte zu 2) haftet aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht der PrintBeteiligungs GmbH am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Im Übrigen stehen dem Kläger weder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding noch aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) zu.
115
1. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu
2) auf vertraglicher Grundlage bestehen nicht.
116
a) Ansprüche des Klägers aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) scheiden schon deshalb aus, weil zwischen dem Kläger selbst, der TaurusHolding sowie der PrintBeteiligungs GmbH und dem Beklagten zu 2) keine vertraglichen Beziehungen gegeben sind. Ein Vertragsverhältnis , und zwar einzig ein Darlehensvertrag, bestand lediglich zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH.
117
Auch b) ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) kommt entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Betracht. Der Beklagte zu 2) hat bei der Anbahnung des Darlehensvertrages der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH nicht, wie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich (BGHZ 56, 81, 84; 74, 103, 108; 129, 170; 159, 94, 102), in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sind die Darlehensvertragsverhandlungen nicht vom Beklagten zu 2), sondern vom damaligen Leiter der Niederlassung München der Beklagten zu 1) geführt worden. Ob und wie der Beklagte zu 2) bankintern oder im Vorfeld an der Kreditentscheidung beteiligt war, ist im Rahmen des § 311 Abs. 2 BGB ohne Belang.
118
Nach Abschluss des Darlehensvertrages kann, wie unter II. A. 3.
a) näher dargelegt, von neuen Vertragsverhandlungen in den Jahren 2001 und 2002, aus denen sich eine vorvertragliche Verpflichtung ergeben könnte, die Kreditwürdigkeit des Klägers, der TaurusHolding oder der PrintBeteiligungs GmbH nicht zu gefährden, entgegen der Ansicht des Klägers nicht einmal für die Beklagte zu 1) ausgegangen werden, geschweige denn für den Beklagten zu 2).
119
2. Aus deliktischem Handeln des Beklagten zu 2) steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nur aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu (§ 823 Abs. 1 BGB).
120
a) Ansprüche aus § 824 Abs. 1 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG a.F., § 15 Abs. 1 UWG a.F, § 17 UWG a.F., § 19 Satz 1 UWG a.F., § 186 StGB, § 187 StGB, § 55a KWG oder § 55b KWG, aus § 1 UWG a.F. und aus § 826 BGB bestehen gegen den Beklagten zu 2) nicht, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der genannten Anspruchsgrundlagen aus den unter II. A. 3. b) aa) - ee) und gg) dargelegten Gründen nicht gegeben sind.
121
b) Gleiches gilt aufgrund der Ausführungen unter II. A. 3. b) ff) (1) und (2) auch für Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs des Beklagten zu 2) in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers oder der TaurusHolding sowie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Kläger selbst war, wie dargelegt, im Februar 2002 nicht Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der TaurusHolding scheitert an der fehlenden Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Und eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist nicht gegeben, weil die Äußerungen des Beklagten zu 2) wahr und von seinem Recht zur freien Meinungsäußerung gedeckt sind.
122
c) Gegeben ist dagegen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten zu 2) aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht der PrintBeteiligungs GmbH an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb , der neben dem entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte zu 1) besteht (s. II. A. 2. c)).
123
Die aa) inkriminierten Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) stellen einen betriebsbezogenen Eingriff in deren Gewerbebetrieb dar. Sie gefährden, wie dargelegt, ihre Kreditwürdigkeit, beeinträchtigen unmittelbar die Geschäftsbeziehung zu Banken sowie anderen potentiellen Kreditgebern und damit die ungestörte Fortführung und Entfaltung der PrintBeteiligungs GmbH (vgl. BGHZ 8, 142, 144 f.; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 350).
124
bb) Anders als im Verhältnis zur TaurusHolding sind die Äußerungen auch rechtswidrig. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der Interessen der Parteien unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen nicht nur zivil -, sondern auch verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen kann sich der Beklagte zu 2) für seine Äußerungen nicht mit Erfolg auf das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen. Insoweit fällt neben der bereits erörterten (II. A. 3. b) ff) (1) (b) (bb) (bbb)) Schwere des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entscheidend ins Gewicht, dass in die Güter- und Interessenabwägung zusätzlich vertragliche Pflichten einzubeziehen sind.
125
Aufgrund des Darlehensvertrages mit der PrintBeteiligungs GmbH bestanden für die Beklagte zu 1) Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten. Diese beinhalten, ohne dass sich die Beklagte zu 1) auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen könnte, wie dargelegt, unter anderem die Verpflichtung, die Kreditwürdigkeit der PrintBeteiligungs GmbH nicht zu gefährden. Diese Verpflichtung ist durch das Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, verletzt worden. Zwar begründet der Darlehensvertrag für den Beklagten zu 2) unmittelbar keine Rechte und Pflichten. Den Beklagten zu 2) traf aber aufgrund seiner damaligen Stellung als Organ der Beklagten zu 2) die organschaftliche Verpflichtung, alles zu unterlassen, was die Beklagte zu 1) schädigen, insbesondere sie einem Schadensersatzanspruch der PrintBeteiligungs GmbH in Millionenhöhe aussetzen konnte. Das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) schützt den Beklagten zu 2) insoweit nicht, da es kein vertragswidriges Verhalten erlaubt. Insbesondere war er als Organ der Beklagten zu
1) in Bezug auf die PrintBeteiligungs GmbH zur Zurückhaltung im Umgang mit kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet. Umgekehrt durfte diese sich darauf verlassen, dass die Beklagte zu 1) und ihre Organe sich an diese Verpflichtung hielten.
126
Dies darf bei der gebotenen Abwägung der Interessen der PrintBeteiligungs GmbH einerseits und des Beklagten zu 2) andererseits trotz des Prinzips der Relativität von Schuldverhältnissen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unberücksichtigt bleiben. Es geht nicht an anzunehmen, Pflichten seien nur an den Unternehmensträger, nicht aber an das Organ adressiert, gleichzeitig aber die Möglichkeit einer eigenen deliktsrechtlichen Haftung des Organs mit dem Argument zu leugnen , dessen Verhalten sei Handeln der juristischen Person selbst, so dass das Organ seinem Unternehmen gar nicht selbstständig gegenübertrete (vgl. MünchKomm/Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 399). Ange- sichts der Einheit der Rechtsordnung erscheint es außerdem widersprüchlich , ein und dasselbe Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) haftet, im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH ebenso wie im Innenverhältnis zwischen den beiden Beklagten als pflichtwidrig anzusehen, im Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 2) und der PrintBeteiligungs GmbH dagegen als rechtmäßig.
127
Das Organ einer Gesellschaft darf deren Vertragspartner nicht in dessen absolut geschützten Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzen und ihm einen Schaden zufügen. Vielmehr muss es sich so verhalten, wie es eine natürliche Person tun würde. Andernfalls liefe der mit einer Kapitalgesellschaft kontrahierende Vertragsgegner Gefahr, eher geschädigt zu werden als in den Fällen, in denen eine natürliche Person sein Vertragspartner ist, der für sein schuldhaftes Handeln uneingeschränkt einstehen muss. Was der juristischen Person aufgrund der vertraglichen Treuepflicht untersagt ist, ist daher zwangsläufig auch dem oder den für sie handelnden Organen verboten.
128
Nach diesen Grundsätzen steht einer Haftung des Beklagten zu 2) wegen eines unerlaubten Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kein Hinderungsgrund entgegen. So wie die Beklagte zu 1) den Vertragsbruch gegenüber der PrintBeteiligungs GmbH nicht mit Hilfe des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) rechtfertigen kann, ist auch das Handeln des Beklagten zu 2) selbst nicht gerechtfertigt. Der Einwand, dass er keine Vertragspartei und einer solchen auch nicht gleichzusetzen sei, greift entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht. Vielmehr war es seine ureigene Aufgabe, als Organ der Beklagten zu 1) dafür zu sorgen, dass sie die darlehensvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten ordnungsgemäß erfüllt und dass die PrintBeteiligungs GmbH keinen Schaden erleidet. Dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen, sondern hat sich zumindest fahrlässig über sie hinweggesetzt. Dass ein solches Verhalten von vornherein keinen Schutz verdient, sondern grundsätzlich eine eigene deliktische Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB auslöst, liegt auf der Hand und ist auch in der gesellschaftsrechtlichen Literatur bislang nicht in Frage gestellt worden.
129
Dem kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht entgegengehalten werden, die PrintBeteiligungs GmbH sei durch ihren Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu
1) ausreichend geschützt, eines ergänzenden Anspruchs gegen den Beklagten zu 2) bedürfe es nicht. Die damit angesprochene Subsidiarität des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gilt nur gegenüber Ansprüchen gegen denselben Anspruchsgegner. Wollte man dies anders sehen, könnte der Inhaber eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB auch auf verjährte oder nicht werthaltige Ansprüche etwa gegen eine vermögenslose juristische Person verwiesen werden.

III.


130
Unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen war das angefochtene Urteil daher teilweise aufzuheben (§§ 561, 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 2) war darauf zu beschränken, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche lediglich aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH zustehen, nicht jedoch solche aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding.
Nobbe Müller Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.02.2003 - 33 O 8439/02 -
OLG München, Entscheidung vom 10.12.2003 - 21 U 2392/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 7/07
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Zulässigkeit der Bezeichnung von Milchprodukten als "Gen-Milch".
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Dezember 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, die Unterlassung, die von ihren Unternehmen vertriebenen Produkte ohne aufklärenden Zusatz als "Gen-Milch" zu bezeichnen.
2
Die Klägerin ist die Konzernobergesellschaft einer international tätigen Unternehmensgruppe für Milch- und Molkereiprodukte, die sie u.a. unter den Marken "Müller", "Weihenstephan", "Sachsenmilch" und "Loose" vertreibt. Die zum Konzernverband der Klägerin gehörenden Unternehmen verarbeiten in ihren Produkten Milch, die von Kühen stammt, die auch gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben.
3
Der Beklagte befasst sich mit Umwelt- und Tierschutz sowie der Verbraucheraufklärung , u.a. über Gefahren und Risiken des Einsatzes gentechni- scher Verfahren in der Lebensmittelproduktion. Er hält die Regelung der im Jahr 2004 in Kraft getretenen EG-Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln (VO [EG] Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003, ABl. L 268, S. 24 ff.) für unzureichend , weil sie nicht zur Kennzeichnung solcher tierischer Produkte wie Milch verpflichte, deren Erzeugertiere gentechnisch verändertes Futter erhalten haben. Darin sieht der Beklagte eine Verbraucherinformationslücke. Um diese auszugleichen, trat er u.a. an die Klägerin mit der Forderung heran, den Milchlieferanten zur Auflage zu machen, auf gentechnisch veränderte Futtermittel zu verzichten. Dieser Forderung kam die Klägerin nicht nach. Der Beklagte nahm dies zum Anlass, auf sein Anliegen in Publikationen sowie bei diversen öffentlichen Aktionen unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" als Überschrift bzw. Plakataufschrift aufmerksam zu machen.
4
Zwischen dem 28. April 2004 und dem 17. Mai 2004 stellte der Beklagte mehrere Beiträge auf seinen Internetseiten ein, die unter Überschriften wie "Gen-Milch, … oder was?", "Gen-Milch-Skandal bei der Müller-Partei?" oder "Bundesweiter Protest gegen Gen-Milch" Kritik an der Weigerung der Klägerin übten, auf die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel bei der Produktion der verarbeiteten Milch zu verzichten. Am 30. April 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten unter Verwendung von Schildern mit Parolen gegen "Gen-Milch" vor einem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Gebäude in A.. Am 3. Mai 2004 veranstaltete der Beklagte in M. unter dem Banner "Echt lecker - geht nur ohne Gen-Milch, Herr Müller" ein öffentliches Milchreiskochen. Am 10. Mai 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten vor dem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Werk in L. u.a. unter Verwendung von Plakaten mit der Aufschrift "Stoppt Gen-Milch von Müller". Am 27. No- vember 2004 räumten Aktivisten des Beklagten in mehr als 100 Supermärkten Produkte der Klägerin aus den Regalen und legten sie in Einkaufswagen, an denen sich Hinweisschilder mit der Aufschrift "Müller-Milch = Gen-Milch*" und dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" befanden. Ab Mitte Januar 2005 fuhren Mitarbeiter des Beklagten mit einer mobilen Milchbar durch Deutschland, an der sie Passanten Milch zum Verzehr anboten und Protestschilder mit Texten wie "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendeten. In einem auf seine Internetseiten eingestellten Aufruf "Müller gegen Müller" lud der Beklagte zum "Protest gegen die Gen-Milch" ein. Außerdem vertreibt er einen Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik", in dem er u.a. auflistet, ob die darin genannten Firmen garantieren, keine tierischen Rohstoffe zur Herstellung ihrer Produkte zu verwenden, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. In der - inzwischen überholten - 6. Auflage dieses Ratgebers hieß es dort u.a.: "Müller-Milch ist Gen-Milch".
5
Die Klägerin ist der Auffassung, in dem Begriff "Gen-Milch" liege die unwahre Tatsachenbehauptung, die von ihren Unternehmen verarbeitete Milch sei "genbehandelt". Dafür beruft sie sich u.a. auf Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen untersagt, die Produkte der Klägerin, gegebenenfalls unter Hinweis auf den Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel, als "Gen-Milch" zu bezeichnen, sofern nicht gleichzeitig darauf hingewiesen werde, dass die Produkte selbst nicht gentechnisch verändert seien bzw. dass sich nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand in den Produkten auch keine Komponenten aus der gentechnischen Veränderung der Futtermittel nachweisen ließen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in NJW-RR 2007, 698 abgedruckt ist, verneint Unterlassungsansprüche der Klägerin. In der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten liege eine von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung. Sie überschreite nicht die Grenze der Schmähkritik und sei unter Abwägung zwischen der Schwere der damit verbundenen Beeinträchtigung der Klägerin und dem Gewicht der Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten als rechtmäßig einzustufen. Der Begriff "Gen-Milch" sei isoliert betrachtet substanzarm und ohne Tatsachengehalt. Bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes, in dem der Beklagte diesen Begriff verwendet habe, lasse sich der beanstandeten Äußerung keine unwahre Tatsachenbehauptung entnehmen. Aus Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis ergebe sich nichts anderes, weil in diesen der relevante Kontext unberücksichtigt geblieben sei. Abgesehen davon erfasse ein unvoreingenommener und verständiger Bürger die Neuschaffung des Begriffs "Gen-Milch" und wisse, dass Aktionen des Beklagten von Informationen und Presseerklärungen begleitet würden, die vor Ort und im Internet zur Verfügung ständen.
7
Die Verwendung des beanstandeten Begriffs in Pressemitteilungen und Kampagnen des Beklagten entfalte trotz deren Intensität und Dauer keine unverhältnismäßige Prangerwirkung. Eine Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" ohne die von der Klägerin gewünschten erklärenden Zusätze komme auch deshalb nicht in Betracht, weil diese inhaltlich nicht gerechtfertigt seien. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verneinung der "Günstigkeitsregel" bei Unterlassungsansprüchen im Falle mehrdeutiger Äußerungen (BVerfGE 114, 339 = NJW 2006, 207; BVerfG, NJW 2006, 3769) gelte nur, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen sei, nicht aber bei einer Beeinträchtigung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts. Diesem komme in der Wechselwirkung gegenüber anderen Grundrechten wie dem der Meinungsäußerungsfreiheit ein geringeres Gewicht zu. Im Übrigen sei der Begriff "Gen-Milch" nicht mehrdeutig. Er enthalte auch unter Berücksichtigung des Kontextes, in dem der Beklagte ihn verwendet habe , keine Tatsachenbehauptung.

II.

8
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin stehen Unterlassungsansprüche entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB nicht zu.
9
1. Durch die Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" für Produkte der Unternehmen der Klägerin sind allerdings deren unternehmensbezogene Interessen betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt sind. Wie die Revision mit Recht geltend macht, ist die Verwendung des beanstandeten Begriffs geeignet, das unternehmerische wie das betriebliche Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen und ihr damit auch wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, denn mit der Bezeichnung "Gen-Milch" werden die so beschriebenen Produkte mit dem Einsatz gentechnischer Verfahren in Verbindung gebracht , die von Teilen der Bevölkerung als gesundheitlich bedenklich angesehen werden und deshalb teilweise auf Ablehnung stoßen. Die Bezeichnung von Produkten als "Gen-Milch" erweist sich deshalb zumindest für einen Teil der Verbraucher als abwertend. Die dadurch hervorgerufene Betroffenheit der unternehmensbezogenen Interessen der Klägerin besteht unabhängig davon, ob der beanstandete Begriff vorliegend als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung einzustufen ist.
10
2. Der Gebrauch des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten genießt jedoch den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts verwendete der Beklagte den Begriff "Gen-Milch" im Rahmen einer gegen die Unternehmen der Klägerin gerichteten Kampagne, die sich dagegen wandte, dass diese Unternehmen bei der Herstellung ihrer Produkte u.a. Milch von Kühen verwenden, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, was der Beklagte aus verschiedenen Gründen ablehnt. "Gen-Milch" bringt als Oberbegriff der Kampagne plakativ und schlagwortartig diese Ablehnung zum Ausdruck. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, inwieweit der Begriff zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; NJW 2004, 1942). Gleiches gilt, wenn es um eine Äußerung geht, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446 und vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 15 = NJW 1992, 1439, 1440; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Beides ist hier der Fall.
11
3. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet seine Grenze nach Art. 5 Abs. 2 GG an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 824, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören. Den durch diese Vorschriften geschützten unterneh- mensbezogenen Interessen der Klägerin kommt über Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 GG zugleich verfassungsrechtlicher Schutz zu (vgl. BVerfGE 105, 252, 272 = NJW 2002, 2621, 2622; BVerfG, NJW 1994, 1784; NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359).
12
a) Um die Zulässigkeit einer Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen einander in einer umfassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen sind (BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen - und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 318; BGH, BGHZ 166, 84, 109). Gleiches gilt für das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93 - VersR 1994, 570, 572; BGH, BGHZ 166, 84, 111). Bei dieser Abwägung sind die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208 m.w.N.).
13
b) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden , auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfGE 99, 185, 196 = NJW 1999, 1322, 1324; BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW-RR 2006, 1130, 1131). Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (BVerfGE 85, 1, 17, 20 f. = NJW 1992, 1439, 1440; 90, 241, 248 f. = NJW 1994, 1779; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, bei der Abwägung ins Gewicht (BVerfGE 94, 1, 8 = NJW 1996, 1529, 1530; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO).
14
c) Der von der Klägerin beanstandete Begriff ist demgemäß darauf zu überprüfen, ob mit ihm unwahre Tatsachen behauptet werden (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 345). Eine Äußerung , die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen , wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten , in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1316; vgl. auch Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 7 ff., juris). Auch die schlagwortartig verkürzte Wiedergabe eines Sachverhalts kann selbst dann, wenn sie sich wertender Schlagworte bedient, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung ganz zurücktritt (Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921 und vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905), insbesondere wenn eine unternehmensbezogene Kritik im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage enthält, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens (Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Mai 1969 - VI ZR 256/67 - GRUR 1969, 555, 557 f.). Ist eine Äußerung derart substanzarm, dass sich ihr eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (BVerfGE 61, 1, 9 f. = NJW 1983, 1415, 1416; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711).
15
4. Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme des Berufungsgerichts, in der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten im Zusammenhang mit Produkten der Klägerin liege keine unzulässige Tatsachenbehauptung , nicht zu beanstanden. Die Sinndeutung des Begriffs unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.), insbesondere darauf, ob der Tatrichter rechtlich einwandfrei zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen unterschieden hat (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Da es auf die Ermittlung des objektiven Sinns des Begriffs ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten noch das subjektive Verständnis der betroffenen Klägerin und ihrer Unternehmen, sondern das Verständnis, das ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum dem Begriff ausgehend von seinem Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und des sprachlichen Kontextes sowie der erkennbaren Begleitumstände , die den Sinn des Begriffs mitbestimmen, zumisst (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 f. m.w.N.; BGH, BGHZ 166, 84, 101; BVerfGE 93, 266, 295 = NJW 1995, 3303, 3305).
16
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Begriff "Gen-Milch" sei als solcher substanzarm und weise deshalb keinen greifbaren Bedeutungsgehalt auf, der über die Herstellung eines unbestimmten Zusammenhangs zwischen der so bezeichneten Milch und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich hinausgehe.
17
aa) Aus der Vorsilbe "Gen" und einem Hauptwort zusammengesetzte Begriffe wie etwa "Gen-Tomate", "Gen-Mais", "Gen-Soja", "Gen-Schaf" oder "Gen-Food" haben sich zwar als Bezeichnungen eines nicht weiter konkretisierten Zusammenhangs zwischen dem der Vorsilbe "Gen" angefügten Begriff und bestimmten Verfahren zur gentechnischen Veränderung von Organismen eingebürgert. Sie bezeichnen aber bereits diesen Zusammenhang insofern verkürzend und sachlich nicht treffend, als unter "Gen" lediglich der Träger der Erbinformation von Lebewesen zu verstehen ist. Schon deshalb liegt es fern, ihnen einen weitergehenden konkreten Bedeutungsgehalt beizumessen.
18
bb) Darüber hinaus verunklart der Begriff "Gen-Milch" insofern den damit möglicherweise bezeichneten Zusammenhang und deutet ihn somit allenfalls undifferenziert an, als eine gentechnische Veränderung allein an Lebewesen in Betracht kommt. "Gen-Milch" kann ebenso wie etwa "Gen-Food" eine mehr oder weniger große Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnen, in denen das Produkt mit einem genveränderten Organismus steht. Einen darüber hinausgehenden greifbaren Tatsachenkern weisen derartige Begriffe aus sich heraus nicht auf; anderes zeigt auch die Revision nicht auf. Mit Bezeichnungen wie "Gen-Mais", "Gen-Soja" oder "Gen-Schaf" ist "Gen-Milch" schon deswegen nicht auf eine Stufe zu stellen, weil Pflanzen und Tiere als Lebewesen im Unterschied zur Milch gentechnischer Veränderung ihres Erbguts zugänglich sind.
19
cc) Wenn der Beklagte mit dem Begriff "Gen-Milch" einen nicht weiter konkretisierten Zusammenhang herstellt zwischen den bezeichneten Produkten und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich , so liegt darin keine unwahre konkrete Tatsachenbehauptung. Dass Produkte der Unternehmen der Klägerin u.a. aus Milch von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren hergestellt werden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich die betroffene Milch in ihrer Beschaffenheit von Milch unterscheidet, bei deren Herstellungsprozess auf den Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung verzichtet wurde und ob genmanipulierte Desoxyribonukleinsäure (deoxyribonucleic acid, im Folgenden: DNA) aus Futtermitteln nach wissenschaftlicher Erkenntnis in die Milch übergehen kann. Denn selbst wenn ein Einfluss der angewandten Verfahren auf die Beschaffenheit von Milch und Milchprodukten nicht besteht oder nicht nachweisbar ist, weist der Begriff "Gen-Milch" aus sich heraus schon deshalb keinen unwahren konkreten Tatsachenkern auf, weil ein - allerdings weit verstandener - Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung und Produkt schon darin gesehen werden kann, dass ein solches Verfahren im Produktionsprozess zur Anwendung kommt. Ob diese Sicht angemessen oder gar überzeugend ist, berührt den Bereich der Meinungsäußerung, die vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet wird und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lässt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.).
20
b) Allerdings erschließt sich allein aus dieser Betrachtung des Begriffs "Gen-Milch" als solchem noch nicht abschließend der rechtlich relevante Bedeutungsgehalt. Denn eine Äußerung ist nicht isoliert zu würdigen, sondern in dem Gesamtzusammenhang, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 und vom 5. Dezem- ber 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251, jeweils m.w.N.). Daran ändert auch die Bedeutung des Begriffs als schlagwortartiger, kennzeichnender Oberbegriff der Kampagne des Beklagten nichts. Gerade schlagwortartige Begriffe sind in ihrem Kontext zu beurteilen (vgl. BVerfG, NJW 1992, 2013, 2014; Prinz/ Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 18; Seelmann-Eggebert, AfP 2007, 86, 90). Zwar mag im Ausnahmefall anderes gelten, etwa wenn nahe liegt, dass der Durchschnittsrezipient das herausgestellte Schlagwort isoliert wahrnimmt und es zu einer neuen eigenständigen Information verarbeitet (vgl. KG, AfP 1999, 369, 370; OLG Hamburg, AfP 1988, 247). Dies ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht. Insbesondere ist seine Auffassung zutreffend, es seien auch die Internetbeiträge des Beklagten in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten, weil eine Wahrnehmung nur der Schlagworte und Überschriften anders als beim "Kioskleser" (vgl. BVerfGE 97, 125, 152 = VersR 1998, 774, 777 = NJW 1998, 1381, 1384; OLG Hamburg, aaO) bei dem hier in Betracht kommenden Durchschnittsrezipienten, der die Internetbeiträge erst eigens aufrufen muss, ausscheide (vgl. BVerfGE 43, 130, 140 = NJW 1977, 799, 800; KG, aaO). Soweit, wie etwa bei der "Milchbaraktion" des Beklagten, bei der ein Protestschild mit dem Text "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendet wurde, die Möglichkeit bestanden haben mag, dass einzelne Empfänger von den Aktionen nur die Schlagworte wahrnahmen, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn insoweit handelte es sich erkennbar um den plakativen und für sich genommen substanzarmen Ausdruck von Protest, mit dem der Beklagte sein Anliegen öffentlichkeitswirksam zusammenfassen, Interesse daran wecken und Aufmerksamkeit erregen wollte. Die Schlagworte waren ersichtlich aus dem Kontext ergänzungsbedürftig, um überhaupt zu einer verwertbaren Information zu gelangen (vgl. OLG Köln, AfP 1985, 295, 296; KG, aaO, S. 371 f.).
21
c) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes der objektive Sinngehalt des Begriffs "GenMilch" bei allen zu beurteilenden Aktionen aus dem festgestellten Gesamtzusammenhang erschloss, in den ihn der Beklagte stellte, und dass der Begriff danach keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthielt.
22
aa) In den Beiträgen, die er auf seine Internetseiten eingestellt hatte und in deren Text bzw. Überschriften er den Begriff "Gen-Milch" verwendete, brachte der Beklagte erkennbar seine Ablehnung gegen die Verwendung von Futtermitteln aus genveränderten Pflanzen bei Kühen, deren Milch u.a. die Unternehmen der Klägerin verarbeiten, sowie seine Kritik daran zum Ausdruck, dass insofern eine Kennzeichnungspflicht nicht besteht. Bei den Demonstrationen am 30. April 2004 in A. sowie am 10. Mai 2004 in L. und bei der Veranstaltung am 3. Mai 2004 in M. ging nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus mitgeführten Plakaten und Fahrzeugen unzweideutig das Anliegen des Beklagten hervor, seine Ablehnung gegen die Verwendung von gentechnisch veränderten Futtermitteln bei der Milchproduktion u.a. der Klägerin zum Ausdruck zu bringen. Gleiches gilt für die Protestaktion "Müller gegen Müller" sowie den Gesamtzusammenhang des Textes in dem von dem Beklagten vertriebenen Einkaufsratgeber. Die mit ihm verbundenen textlichen und sonstigen Erläuterungen verleihen dem schlagwortartig in Bezug auf die Klägerin verwendeten Begriff "Gen-Milch" einen im jeweiligen Kontext ersichtlichen Bedeutungsgehalt als Oberbegriff der Kampagne und plakative Zusammenfassung der von dem Beklagten geübten Kritik. Einen unwahren Tatsachenkern enthält der Begriff jedenfalls bei Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs nicht.
23
bb) Gleiches gilt für die Verwendung des Begriffs unter unmittelbarem Hinweis auf den Einsatz von Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen , insbesondere mit dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter herge- stellt". Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass derartige Hinweise lediglich die von dem Beklagten geübte Kritik verdeutlichen. Dass sich diese Kritik nicht außerdem aus dem jeweiligen Gesamtzusammenhang ergeben hätte , hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und zeigt die Revision nicht auf. Eine Aussage darüber, ob sich genmanipulierte DNA aus Futtermitteln in der Milch befinde bzw. in die Milch übergehe, enthält die Begriffskombination gerade nicht. Der Hinweis auf "genmanipuliertes Tierfutter" erschöpft sich in der Konkretisierung, dass gentechnische Verfahren im Herstellungsprozess der Milchprodukte insofern zur Anwendung kommen, als die Tiere mit genveränderten Pflanzen gefüttert werden.
24
cc) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht deshalb begründet, weil der Beklagte in dem den Begriff "Gen-Milch" erläuternden Kontext zugleich auch unwahre Tatsachen behauptet hätte. Zwar kann selbst eine schlagwortartig verkürzte Wiedergabe oder Zusammenfassung eines Sachverhalts , die für sich betrachtet eine bloß subjektive Wertung darstellt, durch die Behauptung konkreter und einem Beweis zugänglicher Vorgänge im Kontext inhaltlich ausgefüllt werden und dadurch die Qualität einer - ggf. unrichtigen - Tatsachenbehauptung gewinnen (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365; vom 13. Januar 1987 - VI ZR 45/86 - NJW 1987, 1403; vom 11. Juli 1989 - VI ZR 255/88 - VersR 1989, 1048 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Doch lässt sich unabhängig davon, ob unter dieser Voraussetzung die Verwendung des Schlagworts selbst oder nur die Äußerung der im Kontext aufgestellten unzutreffenden Behauptungen zu untersagen wäre, solange das Schlagwort nicht jeder sachlichen Grundlage entbehrt (vgl. OLG Hamburg, NJW 1992, 2035), den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen, dass der Beklagte konkrete unrichtige Tatsachen behauptet hätte. Insbesondere findet sich nach diesen Feststellungen im entscheidenden Gesamtzusam- menhang nicht die Behauptung, die Milchprodukte enthielten Milch, die selbst gentechnisch verändert sei, oder DNA gentechnisch veränderter Organismen aus Futtermitteln. Auch in über Internet verbreiteten Äußerungen wie es werde versucht, den Verbrauchern "Gentechnik unterzuschieben", oder es habe "Gentechnik im Essen" nichts zu suchen, liegt eine solche Behauptung nicht. Diese Äußerungen sind für sich betrachtet schon wegen der Vielzahl an Sachverhalten , die der Begriff "Gentechnik" bezeichnen kann, wenig greifbar. Bei Würdigung des Gesamtzusammenhangs liegt ihr Bedeutungsgehalt erkennbar in der kritischen Einstufung des keiner Kennzeichnungspflicht unterliegenden Vertriebs von Produkten aus Milch, die von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren stammt, als "Unterschieben von Gentechnik"; sie bringen die Wertung zum Ausdruck, es befinde sich schon dadurch "Gentechnik im Essen". Einen unzutreffenden Tatsachenkern enthalten diese Meinungsäußerungen nicht. Eine Aussage zur Frage des Übergangs genmanipulierter Bestandteile von Futtermitteln in Milch ist ihnen nicht zu entnehmen, vielmehr enthält sich der Beklagte im relevanten Kontext erkennbar einer konkreten Stellungnahme dazu. Unerheblich ist, welche Auffassung der Beklagte hierzu andernorts vertritt oder vertreten hat und ob die im Zusammenhang mit den in der Presseerklärung vom 21. Juni 2004 berichteten Vorgängen über einen Fund von transgenen Bestandteilen von Futtermitteln in Milch geäußerten Einschätzungen des Beklagten zutrafen. Denn es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch macht die Revision geltend, dass diese Äußerungen in einer Beziehung zu der in Bezug auf die Klägerin gebrauchten Bezeichnung "Gen-Milch" standen und dadurch deren Bedeutungsgehalt beeinflussten.
25
dd) Auf die äußeren Umstände der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Zusammenhang mit dem Versehen von Produkten mit Banderolen und Aufklebern in diversen Geschäften am 15. Mai 2004, mit der Verfremdung der Zeichentrickfolge , mit der "Supermarkt-Absperrband-Aktion" vom 18. Dezember 2004 sowie mit der Diaprojektion in L. am 25. November 2004 kann die Klägerin Ansprüche nicht stützen. Zu entscheiden ist lediglich über die Zulässigkeit der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Rahmen der Kampagne, nicht über die Rechtmäßigkeit der Aktionen auf Grund der äußeren Umstände als solche (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2006, 765). Dass die äußeren Umstände, unter denen die Verwendung der beanstandeten Begriffe anlässlich der "SupermarktAbsperrband -Aktion" vom 18. Dezember 2004 erfolgte, diesen Begriffen einen rechtswidrigen Inhalt gaben, ist nicht ersichtlich und macht die Revision nicht geltend. Hinsichtlich der übrigen Aktionen hat das Berufungsgericht bereits die erforderliche (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB) Wiederholungsgefahr verneint, was die Revision nicht beanstandet und was Rechtsfehler nicht erkennen lässt.
26
d) Im Ergebnis zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass sich auch aus den Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis des Begriffs "GenMilch" nicht dessen Unzulässigkeit ergibt. Verbraucherbefragungen zum Verständnis des Durchschnittsrezipienten sind zwar grundsätzlich in die rechtliche Würdigung von Äußerungen einzubeziehen, doch kommt ihnen jedenfalls dann keine entscheidende Bedeutung zu, wenn es Gründe gibt, die gegen ihre Stichhaltigkeit oder Verwertung als Beweismittel sprechen (vgl. BVerfG, NJW 1993, 1461 f.). So liegt es hier, ohne dass es darauf ankommt, ob die durchgeführten Umfragen die von dem Beklagten behaupteten Mängel aufweisen. Die Befragten verbanden mit dem isoliert betrachteten Begriff "Gen-Milch" bzw. mit einem Plakat, als dessen Urheber der Beklagte ausgewiesen war und das den Text "Müller-Milch = Gen-Milch*, *Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" enthielt , sehr unterschiedliche Vorstellungen. Dies belegt lediglich die Substanzarmut des Begriffs als solchem, dass mit ihm eine Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnet sein kann, in denen das bezeichnete Produkt mit einem genveränderten Organismus steht, und dass die Bedeutung des Begriffs in der von dem Beklagten vertretenen Interpretation selbst bei ausschließlich isolierter Betrachtung nicht fern liegt. Darüber hinausgehende Bedeutung für die hier zu treffende Entscheidung kommt den Umfragen schon deshalb nicht zu, weil dort der für die Ermittlung des objektiven Sinngehalts entscheidende Gesamtzusammenhang keine Berücksichtigung gefunden hat.
27
e) Demnach kommt dem beanstandeten Begriff bei Anlegung der zur Sinnermittlung geltenden rechtlichen Maßstäbe, insbesondere bei Einbeziehung des vom Berufungsgericht unbeanstandet festgestellten Gesamtzusammenhangs und bei Ausscheidung von fern liegenden Deutungen (vgl. BVerfGE 93, 266, 296 = NJW 1995, 3303, 3305; 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3771; BVerfGK 7, 1, 9 f.), kein mehrdeutiger Inhalt zu. Die etwaige bloße Möglichkeit, dass einzelne Rezipienten den Begriff "GenMilch" missverstehen, weil sie in ihn von seinem objektiven Sinngehalt nicht gedeckte subjektive Vorstellungen "hineininterpretieren", könnte die geltend gemachten Ansprüche nicht begründen (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14 ff.; vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91 - VersR 1992, 363, 365 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1315; BVerfG, NJW 1993, 1463; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 94). Bei dieser Sachlage kommt es weder darauf an, dass bei der Entscheidung über die Pflicht zur Unterlassung künftiger Äußerungen mit mehrdeutigem Inhalt der Abwägung mit dem durch die Äußerung betroffenen Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen sind und kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund besteht, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen , weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen (BVerfGE 114, 339, 349 f. = NJW 2006, 207, 208 f.; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3773; AfP 2006, 550, 552), noch ist entscheidend, ob diese Grundsätze auch auf Äußerungen anzuwenden sind, die den Gewerbebetrieb und das Persönlichkeitsrecht von Unternehmen beeinträchtigen, und ob sie mit dieser Begründung auch vorliegend heranzuziehen wären.
28
5. Zu Recht gelangt das Berufungsgericht zu der Auffassung, die mit dem Begriff "Gen-Milch" verbundene Kritik greife auch im Übrigen nicht rechtswidrig in unternehmensbezogene Interessen der Klägerin ein. Ihr stehen die geltend gemachten Ansprüche deshalb unabhängig davon nicht zu, ob, wie das Berufungsgericht meint, eine Verurteilung entsprechend den Klaganträgen bereits deshalb ausscheidet, weil die aufklärenden Zusätze allgemein anerkannte Tatsachen zum Gegenstand haben oder inhaltlich unzutreffend sind.
29
a) Ein Gewerbetreibender muss eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinnehmen (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Sie ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf, überzogen oder gar ausfällig formuliert ist, und kann nur unter engen Voraussetzungen als unzulässige Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Einen solchen Charakter nimmt sie erst an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). Dies ist, was auch die Revision nicht bezweifelt, bei der unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" an der Klägerin geübten Kritik nicht der Fall.
30
b) Die erforderliche Abwägung (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; NJW 2008, 358, 359) fällt, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkennt , zugunsten des Beklagten aus.
31
aa) Handelt es sich wie hier um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; BGH, BGHZ 166, 84, 110; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). In der öffentlichen Diskussion von Themen wie der Anwendung gentechnischer Verfahren bei der Lebensmittelproduktion und der Reichweite der Kennzeichnungspflicht, die für breite Bevölkerungskreise von erheblicher Bedeutung sind, dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden, selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Die Abwertung der Produkte als "Gen-Milch" überschreitet diese Grenzen nicht, auch wenn der nicht generell einem Sachlichkeitsgebot unterliegende (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712) Beklagte seine Kritik hätte weniger scharf oder sachlicher formulieren können. Diese Kritik muss die Klägerin auch dann hinnehmen, wenn sie die gegen den Einsatz gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion vorgebrachten Einwände für haltlos, die behaupteten Risiken für nicht gegeben und die geübte Kritik deshalb für einseitig und tendenziell hält, denn Art. 5 Abs. 1 GG erlaubt dem Beklagten, seinen Standpunkt auch überpointiert zur Geltung zu bringen und beschränkt ihn nicht auf eine ausgewogene oder gar schonende Darstellung (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 121). Die Schranken, denen die Aufklä- rung der Verbraucher über die Güte von Konsumgütern insbesondere durch vergleichende Warentests (Senatsurteil BGHZ 65, 325, 333 f.) unterliegt, gelten für die hier streitigen Schlagworte nicht. Denn mit ihnen nimmt der Beklagte Stellung im politischen Meinungskampf; Neutralität nimmt er dabei ebenso wenig für sich in Anspruch wie er Vertrauen in die Objektivität seiner Bewertung schafft (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122).
32
bb) Obwohl dem Beklagten auch in der Darstellungsweise seiner Kritik ein breiter Gestaltungsraum eingeräumt werden, ihm vor allem erlaubt sein muss, seinen Standpunkt möglichst wirkungsvoll zu vertreten, indem er durch die Wahl der Ausdrucksform Aufmerksamkeit auslöst (vgl. BVerfGK 7, 1, 11), muss er seine Äußerungen auch in der Form noch in einem vertretbaren Verhältnis zu seinem sachlichen Anliegen und zu den belastenden Auswirkungen für die Klägerin halten (vgl. Senatsurteile BGHZ 91, 117, 122 und 161, 266, 269; Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 5 Rn. 150). Dass das Berufungsgericht diese Grenze trotz der Intensität und Dauer der Kampagne für nicht überschritten hält, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gewählte Kundgabeform war in besonderer Weise geeignet, das mit der Meinungsäußerung verbundene Anliegen zu erreichen (vgl. BVerfGK 7, 1, 11). Zwar weckt die Bezeichnung "GenMilch" negative Assoziationen gegen die Klägerin und ihre Produkte, die angesichts der Substanzarmut des Begriffs in der Lage sein mögen, bei die Kritik nur oberflächlich wahrnehmenden Teilen des Publikums unbestimmte subjektive Fehlvorstellungen über den Zusammenhang zwischen gentechnischen Verfahren und den Produkten der Klägerin hervorzurufen, ohne dass diese Vorstellungen vom objektiven Bedeutungsgehalt des Begriffs im Gesamtzusammenhang gedeckt sind. Indes ergibt sich das darin liegende Schädigungspotential der Kritik maßgeblich aus in der Bevölkerung bereits vorhandenen Befürchtungen und Vorbehalten gegen die Anwendung gentechnischer Verfahren im Lebens- mittelbereich. Wenn der Beklagte diese Grundeinstellung mit Hilfe von Schlagworten aufnimmt und zur Förderung seiner Ziele verstärkt, steht dies trotz der möglicherweise erheblichen Folgen für die Klägerin jedenfalls solange nicht außer Verhältnis zu dem sachlichen Anliegen, wie dieses aus dem Kontext ausreichend deutlich wird und sich daraus die Bedeutung des Schlagworts zutreffend erschließt, was hier der Fall war.
33
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in der Bezeichnung der Produkte als "Gen-Milch" auch keine unzulässige Anprangerung der Klägerin liegt. Anprangernde Wirkungen können von der Verbreitung zutreffender, aber allgemein als negativ bewerteter Tatsachen ausgehen, aber auch mit Werturteilen verbunden sein, wenn ein allgemeines Sachanliegen durch identifizierende Herausstellung einzelner Personen und damit durch Personalisierung eines als negativ bewerteten Geschehens verdeutlicht werden soll. Die damit verbundene Wirkungssteigerung der Meinungsäußerung muss der Betroffene nur hinnehmen, wenn eine Abwägung mit den Belangen der Meinungsfreiheit ergibt, dass der Schutz des beeinträchtigten Rechts zurückzutreten hat (vgl. BVerfG, AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202; Senatsurteile BGHZ 161, 266, 269; vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117 f.). Eine unzulässige Anprangerung wäre hier insbesondere anzunehmen, wenn der Beklagte die Produkte der Unternehmen der Klägerin ohne jeden sachlichen Anlass in der geschehenen Weise herausgestellt hätte (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185). Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht der Fall. Die Konzentration der Kampagne auf die Klägerin machte das Vorgehen nicht unzulässig, auch wenn sich das von dem Beklagten kritisierte Verhalten der Klägerin mit dem anderer Unternehmen der Branche deckte. Die Klägerin als einflussreiches und bekanntes Unternehmen herauszugreifen, diente der nicht generell unzulässigen Ver- deutlichung eines sachlichen Anliegens durch Personalisierung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 58 f.; vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1118; BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359; AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202) und beruhte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblich auf der vertretbaren Überlegung, durch eine Verhaltensänderung bei der Klägerin eine Sogwirkung in der Branche auszulösen und die Effektivität der Kampagne dadurch zu erhöhen. Dass der Beklagte seine Kritik, die sich nicht eigentlich gegen die Klägerin als solche, sondern gegen jegliche Verwendung gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion richtete, in unzulässiger Weise allein deshalb in der Klägerin "personalisierte", um deren Bekanntheitsgrad und Werbekraft auf seine Kosten für sich auszunutzen (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122), ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht und zeigt die Revision nicht auf, zumal der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht handelte. Aus der teilweisen Einbeziehung des Herrn Theo Müller in die Kampagne, auf die die Revision hinweist, ergibt sich nichts anderes. Unabhängig davon, ob sich die Klägerin selbst darauf berufen könnte, ist Herr Theo Müller als Verantwortungsträger der Unternehmen der Klägerin, nicht als Privatperson betroffen, was jedenfalls die Klägerin selbst im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 GG hinzunehmen hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59).
34
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 28 O 358/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.12.2006 - 15 U 110/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 384/03 Verkündet am:
24. Januar 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
KWG §§ 55a, 55b; UWG §§ 17, 19; AGB-Banken 1993 Nr. 2 Abs. 1

a) Bei reinen Vermögensschäden hängt bereits die Zulässigkeit einer Feststellungsklage
von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden
Schadenseintritts ab.

b) Das Bankgeheimnis gilt nur für kundenbezogene Tatsachen und Wertungen,
die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung
zum Kunden bekannt geworden sind.

c) Aus einem Darlehensvertrag ergibt sich für die kreditgebende Bank die Nebenpflicht
, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen
, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen
zu gefährden.

d) Ein Darlehensvertrag zwischen einer Bank und einer GmbH entfaltet grundsätzlich
keine Schutzwirkung zugunsten des Alleingesellschafters. Im Konzern steht
einer solchen Wirkung das konzernrechtliche Trennungsprinzip auch dann entgegen
, wenn die Konzernobergesellschaft Sicherheiten stellt.

e) Eine unbefugte Offenbarung von Angaben gemäß § 55b Abs. 1 KWG liegt vor,
wenn eine in einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigte Person solche
Angaben einem anderen in der Weise zugänglich macht, dass er die Möglichkeit
hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen.

f) Eine unbefugte Verwertung von Angaben gemäß § 55a Abs. 1 KWG liegt vor,
wenn die von der Deutschen Bundesbank übermittelten Informationen in einer
von § 14 KWG nicht gedeckten Weise für eigene oder für fremde wirtschaftliche
Zwecke nutzbar gemacht werden.

g) §§ 17 und 19 UWG a.F. haben nur für den Geschäftsinhaber als Geheimnisträger
Schutzgesetzcharakter (§ 823 Abs. 2 BGB), nicht auch für denjenigen, dem
der Geschäftsinhaber Verschwiegenheit schuldet.

h) Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Konzernobergesellschaft ist
als solcher nicht Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.

i) § 824 BGB enthält eine abschließende Haftungsregelung nur für die Verbreitung
unwahrer Tatsachen. Bei Verbreitung wahrer Tatsachen oder von Werturteilen
ist ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb) nicht subsidiär. Die Subsidiarität eines
solchen Anspruchs gilt außerdem nur gegenüber Forderungen gegen denselben
Anspruchsgegner.

j) Sachliche Meinungsäußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden
Frage sowie wahre Tatsachenbehauptungen stellen grundsätzlich weder
einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb noch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens
dar.

k) Bei der Güter- und Interessenabwägung zur Klärung der Rechtswidrigkeit eines
Eingriffs durch ein Organ einer juristischen Person in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb sind auch vertragliche Pflichten der juristischen
Person gegenüber dem Inhaber des Gewerbebetriebs zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Klägers und der Beklagten zu
1) wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Dezember 2003 im Kostenpunkt und insoweit teilweise aufgehoben, als die Klage aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen und die Berufung der Beklagten zu 1) zurückgewiesen worden ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu 1) aus eigenem Recht des Klägers und aus abgetretenem Recht der TaurusHolding GmbH & Co. KG richtet.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 18. Februar 2003 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner gegenüber dem Kläger aus abgetretenem Recht verpflichtet sind, die Ansprüche auf Ersatz der Schäden zu erfüllen, die der PrintBeteili- gungs GmbH aus den Äußerungen des Beklagten zu
2) in einem Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV am 3./4. Februar 2002 bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Rechtsmittel des Klägers und der Beklagten zu 1) und
2) zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 2/3 und die Beklagten zu 1) und 2) je 1/6. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) jeweils zu 2/3. Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu je 1/6. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger begehrt aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht der TaurusHolding GmbH & Co. KG (im folgenden: TaurusHolding) und der PrintBeteiligungs GmbH die Feststellung, dass die als Beklagte zu 1) verklagte Bank und ihr als Beklagter zu 2) in Anspruch genommener ehemaliger Vorstandssprecher verpflichtet sind, sämtliche Schäden zu ersetzen, die dem Kläger und den beiden genannten Gesellschaften aus den Äußerungen des Beklagten zu 2) in einem am 4. Februar 2002 ausgestrahlten Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Der Kläger ist Gründer und Namensgeber der seinerzeit im nationalen und internationalen Mediengeschäft tätigen Kirch-Gruppe. Darin waren unter dem Dach der TaurusHolding drei Obergesellschaften, die KirchMedia GmbH & Co. KGaA, die KirchPayTV GmbH & Co. KGaA und die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, darunter wiederum Gruppenunternehmen und Beteiligungen, organisiert. Die PrintBeteiligungs GmbH war zu 100% eine Tochter der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, diese wiederum zu 100% eine solche der TaurusHolding. Der Kläger war im Februar 2002 Vorsitzender der Geschäftsführung der TaurusHolding, deren alleiniger Kommanditist und Alleingesellschafter ihrer Komplementärin sowie Geschäftsführer der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG und der PrintBeteiligungs GmbH. Diese Gesellschaft hielt etwa 40% der Aktien der Axel Springer AG.
3
20. Mai Am 1998 schlossen die Beklagte zu 1) und die damals noch anders firmierende PrintBeteiligungs GmbH unter Vereinbarung der AGB-Banken einen Darlehensvertrag über 1,4 Milliarden DM. Zur Sicherheit verpfändete die PrintBeteiligungs GmbH der Beklagten zu 1), die weder zur TaurusHolding noch zum Kläger persönlich vertragliche Beziehungen unterhält, ihre Anteile an der Axel Springer AG.
4
Dezember Im 2001 wurde ein Kredit der Kirch-Gruppe bei der Dr. Bank AG über 900 Millionen DM fällig. Im Januar 2002 erreichte der Kläger eine Verlängerung dieses Kredits um drei Monate sowie weiterer fällig gewordener Darlehen bei anderen Banken. Ende Januar 2002 übte der Springer Verlag eine Put-Option auf eine Beteiligung von 11,48% an der zur Kirch-Gruppe gehörenden ProSiebenSat. 1 Media AG aus. Mit dieser Option hatte die KirchMedia GmbH & Co. KGaA dem Axel Springer Verlag das Recht eingeräumt, die Beteiligung zu einem Preis von 767 Millionen € an sie zu verkaufen. Am 27. Januar 2002 traf sich der damalige Bundeskanzler mit dem Beklagten zu 2) und Vertretern der Medienbranche.
5
Zusammenhang Im mit diesen Ereignissen berichteten Medien über die finanzielle Lage der Kirch-Gruppe. In der Ausgabe des Managermagazins vom 1. Februar 2002 hieß es unter der Überschrift "Jahrelange Schuldenwirtschaft brachte den ... Medienkonzern in eine fast ausweglose Lage": "Mit Kirchs Unternehmungen in ihrer jetzigen Form geht es zu Ende: ..., alte Kredite laufen aus, neue lassen sich kaum ergattern." In der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 war unter anderem zu lesen: "Die Banken weigern sich, die waghalsige Expansionspolitik beim Fernsehen, beim Fußball und zuletzt bei der Formel 1 weiter wie gehabt zu finanzieren. Es gibt einstweilen keine neuen Großkredite , die jetzt nötig wären." Im Handelsblatt vom 1. Februar 2002 hieß es: "Die einzige Lösung für die sich verschärfende Finanzkrise heißt frisches Geld. Aber die Banken halten sich mit neuen Darlehen zurück." Und im Spiegel vom 4. Februar 2002 war zu lesen: "Seit Kirch Geschäfte macht, riskiert er Kopf und Kragen. Doch mittlerweile hat sein Reich mehr Verbindlichkeiten, als es wert ist: rund sechs Milliarden Euro." Die- se wurden alsdann unter Benennung der größten inländischen Gläubigerbanken und Angabe der Höhe der von ihnen gewährten Kredite, darunter dem der Beklagten zu 1), aufgelistet. Die angegebene Gesamtverschuldung von 5,73 Milliarden €, in der die Verbindlichkeiten aus der vom Springer Verlag ausgeübten Put-Option über 767 Millionen € noch nicht enthalten sind, entspricht den Angaben des damaligen stellvertretenden Geschäftsführers der TaurusHolding Dr. H. gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dieser hatte die Schulden der gesamten Kirch-Gruppe im Dezember 2001 auf 11 bis 12 Milliarden DM beziffert.
6
Am 3. Februar 2002 gab der Beklagte zu 2), der zugleich Präsident des Bundesverbandes Deutscher Banken war, in New York während des Weltwirtschaftsforums dem - vornehmlich Nachrichten aus dem Bereich Wirtschaft und Finanzen verbreitenden - Fernsehsender Bloomberg TV ein etwa fünfminütiges Interview, das aufgezeichnet und über Satellit erstmals am folgenden Tage im Bloomberg TV Deutschland ausgestrahlt und als Textnachricht über Bloomberg Professional Services verbreitet wurde. Im dritten Teil des Interviews, das sich zunächst allgemein mit den wirtschaftlichen Aussichten und der aktuellen geschäftlichen Entwicklung der Beklagten zu 1) befasste, heißt es: Frage: "Sprechen wir was anderes. Großes Thema derzeit in Deutschland: Das ist der Kirch-Konzern und die Probleme mit der Verschuldung. Es gibt einen Zeitungsbericht in der Financial Times , dass Sie mit dem Bundeskanzler gesprochen hätten über Kirch. Stimmt das?" Beklagter zu 2): "Das kann ich nicht kommentieren, der Bundeskanzler muss sagen, ob er mit mir gesprochen hat oder nicht." Frage: "Fragen wir mal anders: Kirch hat sehr, sehr viele Schulden , sehr hohe Schulden. Wie exponiert ist die Deutsche Bank?" Beklagter zu 2): "Relativ komfortabel, würde ich mal sagen, denn - das ist bekannt und da begehe ich keine Indiskretion, wenn ich das erzähle - der Kredit, den wir haben, ist 1. zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich und 2. voll gesichert durch ein Pfandrecht auf Kirchs Aktien am Springer -Verlag. Uns kann also eigentlich nichts passieren, wir fühlen uns gut abgesichert. Es ist nie schön, wenn ein Schuldner in Schwierigkeiten kommt, und ich hoffe, das ist nicht der Fall. Aber wenn das so käme , wir bräuchten keine Sorgen zu haben." Frage: "Die Frage ist ja, ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen." Beklagter zu 2): "Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren."
7
Am 8. April 2002 stellte die KirchMedia GmbH & Co. KGaA Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 14. Juni 2002 eröffnet. Am 11. April 2002 kündigte die Beklagte zu 1) den Kreditvertrag vom 20. Mai 1998. Der offene Kreditbetrag belief sich am 10. Mai 2002 auf 718.247.869 €. Am 8. Oktober 2002 wurde das Pfandrecht der Beklagten zu 1) an dem Aktienpaket an der Springer AG in der Weise verwertet, dass die Beklagte zu 1) das Aktienpaket zu dem im freihändigen Verkauf festgesetzten Mindestgebot von rund 667,3 Millionen € erwarb, nachdem es weder dem Kläger im Vorfeld gelungen war, einen Käufer zu finden, noch im Verwertungsverfahren ein anderer Kaufinteressent vorhanden war. Auf den Differenzbetrag von ca. 50 Millionen € und auf Zinsen verzichtete die Beklagte zu 1).
8
Der Kläger macht geltend, die Äußerungen des Beklagten zu 2) in dem zitierten Interview hätten bei der PrintBeteiligungs GmbH, der TaurusHolding und ihm selbst noch nicht abschließend bezifferbare Vermögensschäden hervorgerufen. Dazu trägt er vor, in Folge des Interviews sei die Kirch-Gruppe nicht mehr in der Lage gewesen, zu den vorher existierenden Bedingungen weiteres Kapital aufzunehmen oder bestehende Kredite zu verlängern, obgleich diesen Krediten ausreichende Absicherungen durch ein profitables Kerngeschäft gegenübergestanden hätten. Der durch das Interview entstandene Zeitdruck habe den Zeitraum verkürzt, der für die Behebung der zur Insolvenz der KirchMedia GmbH & Co. KGaA führenden Liquiditätskrise erforderlich gewesen wäre , und unter anderem den Verkauf von 70 Millionen Stammaktien der ProSiebenSat. 1 Media AG an die Wa. Corporation verhindert, der einen Insolvenzantrag entbehrlich gemacht hätte.
9
Das Landgericht (WM 2003, 725) hat der Klage insgesamt stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) hat das Berufungsgericht (WM 2004, 74) die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen; die Berufung der Beklagten zu 1) hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren gegenüber dem Beklagten zu 2) weiter. Die Beklagte zu 1) erstrebt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision die Abweisung der gegen sie gerichteten Klage.

Entscheidungsgründe:


10
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten zu 1) sind teilweise begründet. Die Revision des Klägers führt zur Verurteilung des Beklagten zu 2), soweit der Kläger aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH klagt. Die Revision der Beklagten zu 1) führt zur Abweisung der gegen sie gerichteten Klage, soweit sich diese auf eigene Ansprüche des Klägers sowie auf abgetretene Ansprüche der TaurusHolding stützt. Im Übrigen haben die Revision des Klägers und der Beklagten zu 1) keinen Erfolg.

I.


11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben. Gehe es um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer eingetretenen Rechtsgutsverletzung, so setze das Feststellungsinteresse die Möglichkeit des Schadenseintritts voraus. Diese sei zu verneinen, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund bestehe, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen. Im Rahmen der Zulässigkeit könne darüber hinaus eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit nicht verlangt werden. Die Möglichkeit und auch die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt irgendeines Schadens sei vom Kläger substantiiert dargetan und von den Zeugen L., Dr. W., Dr. H. und Prof. Dr. F. bestätigt worden. Das Inter- view und der dadurch entstandene Zeitdruck hätten für das Scheitern der bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit der Wa. Corporation eine Rolle gespielt. Es bestehe auch die Möglichkeit, ja sogar die Wahrscheinlichkeit, dass der PrintBeteiligungs GmbH ein Schaden entstanden sei, da die von ihr gehaltenen Aktien an der Axel Springer AG zu dem festgesetzten Mindestpreis hätten veräußert werden müssen.
13
Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ergebe sich aus § 280 Abs. 1 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Der Beklagte zu 2) habe durch seine der Beklagten zu 1) gemäß § 31 BGB zurechenbare Äußerung gegen die von der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH durch Einbeziehung der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken vertraglich vereinbarte Verpflichtung zur Verschwiegenheit verstoßen. Die Verschwiegenheitspflicht beziehe sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Wertungen. Dabei sei unerheblich, ob wahre oder unwahre Tatsachen mitgeteilt würden. Es müsse sich allerdings um Informationen handeln, die dem Äußernden aufgrund der Geschäftsbeziehung bekannt geworden seien. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht lägen in der einschätzenden Antwort des Beklagten zu 2), er halte es für relativ fraglich, ob man dem Kläger helfe weiter zu machen, sowie in der Schlussfolgerung des Beklagten zu 2), es könnten nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine Stützung interessierten. Das sei die eindeutige Aussage, dass weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken dem Kläger auf der gegebenen Basis Kredite gewähren würden, und dahin zu verstehen, der Kläger habe mit seinen Gesellschaften vom Finanzsektor keine finanzielle Unterstützung durch Fremd- oder gar Eigenmittel zu erwarten , wenn er nicht zur grundsätzlichen Umstrukturierung seines Konzerns bereit sei. Dass dies vom Chef der größten deutschen Bank und Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken so geäußert worden sei, habe die Glaubwürdigkeit der Botschaft ganz erheblich unterstrichen. Der erforderliche Zusammenhang zwischen der Äußerung und der Geschäftsverbindung sei zu bejahen. Es bestehe ein innerer Zusammenhang der Äußerung zu der von den Interviewpartnern zuvor ausdrücklich angesprochenen Geschäftsverbindung.
14
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte zu 2) seine Äußerung wörtlich darauf beschränkt habe, was man alles habe lesen und hören können. Wenn der Beklagte zu 2) aus dem, was er gelesen haben wolle, den Schluss gezogen habe, dass der Finanzsektor nicht bereit sei, dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis, also ohne Umstrukturierung , zu helfen, sei das nicht nur die Wiedergabe von Äußerungen in Presseberichten, sondern eine Bekräftigung dieser Meldungen durch den Chef der größten deutschen Bank. Es sei nicht erforderlich, dass die Information dem Beklagten zu 2) aufgrund des mit der PrintBeteiligungs GmbH bestehenden Darlehensvertrages bekannt geworden sei. Entscheidend sei der innere Zusammenhang der Äußerung mit der Geschäftsverbindung.
15
Äußerung Die sei auch rechtswidrig und schuldhaft. Auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG könne die Beklagte zu 1) sich nicht berufen, da sie ihre Äußerungsfreiheit durch ihre eigenen Vertragsbestimmungen (Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken) eingeschränkt habe.
16
Auch die haftungsbegründende Kausalität sei gegeben. Diese müsse nur zwischen der Handlung und dem eingetretenen Erfolg bestehen , also zwischen der Äußerung und der Verletzung der vertraglichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Es bestehe im vorliegenden Fall bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Klägers kein Grund, mit dem Eintritt eines Schadens nicht wenigstens zu rechnen.
17
Aus alledem ergäben sich Ansprüche des Klägers sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht. Der Kreditvertrag der PrintBeteiligungs GmbH mit der Beklagten zu 1) entfalte Schutzwirkung für die TaurusHolding KG als konzernrechtlicher "Mutter" und auch für den Kläger selbst. Es habe eine konzernmäßige enge Verflechtung vorgelegen, die eine einheitliche Behandlung auch der Frage des Schutzbereichs bedinge. Die Interviewäußerung vom 3./4. Februar 2002 könne sowohl einen Anspruch der betroffenen Gesellschaft als auch einen solchen der Gesellschafter oder Aktionäre auslösen.
18
SchadensersatzansprüchedesKlä gers gegen den Beklagten zu 2) bestünden jedoch nicht. Ein Anspruch aus § 824 BGB stehe dem Kläger nicht zu. Die Äußerung des Beklagten zu 2) bestehe aus einem Gemisch von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen. Soweit es Meinungsäußerungen seien, scheide eine Anwendung von § 824 BGB aus. Soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handele, könne nicht von einer Unwahrheit der Äußerungen ausgegangen werden. Die Behauptung , dass der Finanzsektor nicht mehr bereit sei, dem Kläger oder seiner Unternehmensgruppe noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zu geben, habe der Beklagte zu 2) mit der Einschränkung auf "unveränderter Basis" versehen. Unter Berücksichtigung dessen sei die Äußerung als wahr anzusehen. Der Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 enthalte die Behauptung in dieser Form. Auch die Artikel im Managermagazin und im Handelsblatt vom 1. Februar 2002 hätten sich in die- ser Richtung geäußert. Unabhängig vom Inhalt der Zeitungsberichte seien auch die behaupteten Tatsachen im Kern wahr. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Finanzsektor auf unveränderter Basis noch bereit gewesen sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Äußerung des Beklagten zu 2) könne nicht darauf verkürzt werden, dass dem Kläger die Kreditwürdigkeit abgesprochen worden sei.
19
Schadensersatzansprüche aus § 14 UWG und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 15, 17 UWG setzten ebenfalls die Unwahrheit der Äußerungen des Beklagten zu 2) voraus. Diese seien jedoch nicht in einem eine Haftung begründenden Ausmaß verzerrt und deshalb unwahr. Entsprechendes gelte auch für Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 und § 187 StGB.
20
Der Beklagte zu 2) hafte auch nicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB persönlich auf Schadensersatz. Soweit es um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder um Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehe, sei eine Haftung nur zu bejahen, wenn die Rechtswidrigkeit der Äußerung positiv festgestellt werden könne. Dies sei nicht der Fall. Die Äußerung des Beklagten zu 2) sei nicht in einem haftungsrelevanten Umfang unwahr und die Tatsache, dass der Konzern des Klägers in ganz erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sei, sei schon länger vor dem 4. Februar 2002 der Öffentlichkeit bekannt und auch Gegenstand der öffentlichen Diskussion gewesen. In die zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH vereinbarte Verschwiegenheitspflicht sei der Beklagte zu 2) nicht selbst eingebunden gewesen. Schuldverhältnisse wirkten grundsätzlich nur zwischen den Parteien. Auch lägen die Voraussetzungen von § 311 Abs. 3 BGB im Verhältnis zum Beklagten zu 2) nicht vor. Der Beklagte zu
2) habe nicht in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Eine Verschwiegenheitspflicht habe den Beklagten zu 2) zwar aufgrund des mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Dienstvertrages getroffen. Dessen Schutzbereich habe aber nicht den Kläger und die Unternehmen der Kirch-Gruppe umfasst. Daran ändere auch § 17 UWG nichts. Ein Geheimnis der Beklagten zu 1) habe der Beklagte zu 2) nicht offenbart, weil das von ihm Geäußerte im Wesentlichen bereits in der Öffentlichkeit bekannt gewesen sei.
21
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze, die eine Diskussion der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen einschränkten, seien vorliegend nicht anwendbar. Es gehe nicht um die Erläuterung von Einzelheiten eines Jahresabschlusses durch einen Spezialisten im Rahmen eines Seminars, sondern um eine pauschale, undifferenzierte und die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens nicht anhand von Einzelheiten erläuternde Äußerung im Rahmen eines Interviews. Ein Zusammenhang der Informationen der Bundesbank gegenüber der Beklagten zu 1) mit der Äußerung des Beklagten zu 2) sei nicht zu erkennen.
22
Die Ausführungen zur Rechtswidrigkeit gälten für die weiter in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, insbesondere für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit Vorschriften des Kreditwesengesetzes, des Strafgesetzbuchs oder des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und für einen Anspruch aus § 826 BGB, entsprechend. Die vorgebrachten Tatsachen reichten im Übrigen für die Annahme einer vorsätzlichen Schädigungsabsicht nicht aus.

II.


23
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
24
A. Revision der Beklagten zu 1)
25
Die Feststellungsklage des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH begründet; die Beklagte zu 1) haftet aus dem mit ihr geschlossenen Darlehensvertrag gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Schutzpflicht durch den Beklagten zu 2). Im Übrigen stehen dem Kläger weder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding noch aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1) zu.
26
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch das für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bejaht.
27
Nicht a) zu folgen ist allerdings dem Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , für das Feststellungsinteresse genüge die Möglichkeit eines Schadenseintritts, eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit könne nicht verlangt werden. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn es hier um die Verletzung eines absoluten Rechts ginge. Bei reinen Vermögensschäden , die Gegenstand der Klage sind, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260, vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, WM 1996, 548, 549, vom 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, WM 2000, 199, 202, vom 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 742, vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98, WM 2002, 29, 32 und vom 6. Juli 2004 - XI ZR 250/02, BGHReport 2005, 78, 79).
28
b) Der fehlerhafte Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist aber folgenlos geblieben; denn das Berufungsgericht hat nicht nur die Möglichkeit eines Schadenseintritts bejaht, sondern in Würdigung der Aussagen der Zeugen L., Dr. H. und Prof. Dr. F. sowie der schriftlichen Aussage des Zeugen Dr. W. und des Scheiterns der Verhandlungen mit der Wa. Corporation die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts festgestellt. Diese tatrichterliche Würdigung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Mit der Rüge, die Aussage des Zeugen Dr. H. habe im Wesentlichen aus einer wörtlichen Verlesung eines vorbereiteten schriftlichen Textes bestanden, dessen Urheberschaft ungeklärt sei, kann die Beklagte zu 1) nicht gehört werden (§ 556 i.V. mit § 295 ZPO). Ihre Prozessbevollmächtigten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 5. November 2003 Beanstandungen insoweit nicht erhoben und ihre Sachanträge wiederholt. Damit ist ein etwa vorliegender Verstoß gegen § 396 ZPO durch rügelose Einlassung gemäß § 295 ZPO geheilt (vgl. MünchKomm/Damrau, ZPO 2. Aufl. § 396 Rdn. 2; Zöller/ Greger, ZPO 25. Aufl. § 396 Rdn. 1; Musielak/Huber, ZPO 4. Aufl. § 396 Rdn. 1).
29
Zu c) Unrecht beanstandet die Beklagte zu 1) auch, das Berufungsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen zur Verursachung eines Schadens durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) getroffen. Eine Feststellungsklage setzt nicht voraus, dass ein Schadenseintritt feststeht; es reicht vielmehr aus, dass die Entstehung eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens wahrscheinlich ist (BGHZ 120, 204, 212; BGH, Urteile vom 25. November 1977 - I ZR 30/76, WM 1978, 66, 67 und vom 26. September 1991 - VII ZR 245/90, WM 1992, 334).
30
Das ist hier nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Danach hat die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) das Klima in Kreditverhandlungen mit Banken erheblich verschlechtert, für die Ablehnung der Wiedereröffnung einer Kreditlinie durch die La.Bank eine Rolle gespielt und der durch das Interview verursachte Zeitdruck zum Scheitern der Verhandlungen mit der Wa. Corporation beigetragen. Dies reicht zum Nachweis einer Primärverletzung im Sinne einer Beeinträchtigung geschützter Vermögensinteressen durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) aus. Der Schadensursächlichkeit der Äußerung steht, anders als die Beklagte zu 1) meint, nicht entgegen, dass das Berufungsgericht an anderer Stelle festgestellt hat, es hätten schon vor dem Interview keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Finanzsektor auf unveränderter Basis noch bereit gewesen sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese Feststellung hindert die Annahme haftungsbegründender Kausalität der Interviewäußerung, etwa weil Banken danach zur Gewährung zusätzlicher Kredite auch auf veränderter Basis nicht mehr bereit waren, nicht.
31
2. Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1) aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH ist auch begründet.
32
Die a) Aktivlegitimation des Klägers steht entgegen der Ansicht von Bütter/Tonner (BKR 2005, 344, 347 f.) trotz Insolvenz der PrintBeteiligungs GmbH außer Frage. Die Abtretung ihres etwaigen Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte zu 1) an den Kläger ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Für eine Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO durch den Insolvenzverwalter ist nichts vorgetragen.
33
b) Dem Kläger steht gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch aus positiver Verletzung des zwischen der Zedentin und der Beklagten zu 1) geschlossenen Darlehensvertrages auf Ersatz der Schäden zu, die der Zedentin aus den Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden.
34
aa) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine schadensersatzpflichtige Verletzung des Bankgeheimnisses durch die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) bejaht hat, vermögen die angefochtene Entscheidung allerdings nicht zu tragen.
35
(1) Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur bezieht sich das Bankgeheimnis nur auf kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass bzw. im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind (BGHZ 27, 241, 246; OLG Karlsruhe WM 1971, 486, 487 f.; Bruchner , in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 39 Rdn. 1; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft 3. Aufl. S. 38; Nobbe WM 2005, 1537, 1538). Erforderlich hierfür ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung von dem Geheimnis durch das Kreditinstitut und dem Bestehen der Geschäftsverbindung gegeben ist (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 52; Heymann/Horn, HGB Anh. § 372 Rdn. 45; Musielak, in: Hadding /Schneider, Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Bundesrepublik Deutschland und in ausländischen Rechtsordnungen S. 14; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutsschutz S. 28; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, aaO S. 128; Weber, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 1/36; Wolff DB 1968, 695, 696; a.A. Schumann ZIP 2004, 2353, 2361).
36
(2) Dies hat das Berufungsgericht zwar ausweislich Seite 26 f. seines Urteils richtig erkannt. Auf Seite 29 Abs. 2 hat es sich aber mit der Feststellung begnügt, der erforderliche Zusammenhang bestehe zwischen der Geschäftsverbindung mit der PrintBeteiligungs GmbH und der Äußerung des Beklagten zu 2) am Ende des Interviews, was alles man darüber lesen und hören könne, sei ja, dass der Finanzsektor nicht bereit sei, auf unveränderter Basis der Kirch-Gruppe noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Diese Geschäftsverbindung sei "im Interview vom Fragenden ausdrücklich angesprochen worden und der Beklagte hatte sich auch hierzu geäußert". Und auf Seite 32 Abs. 2 führt es dann in offenkundigem Widerspruch zum eigenen Ansatz auf Seite 26 f. aus, "es ist nicht erforderlich, dass die Information den Beklagten aufgrund des mit der PrintBeteiligungs GmbH bestehenden Darlehensvertrages bekannt geworden ist". Diese der fast einhelligen Mei- nung widersprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts sind, wie die Beklagte zu 1) zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft.
37
Ob bb) sich die vom Berufungsgericht bejahte Verletzung des Bankgeheimnisses mit anderer Begründung, etwa mit der Erwägung, dass der Beklagte zu 2) insbesondere mit seiner Antwort auf die dritte Frage zu erkennen gegeben hat, dass auch die Beklagte zu 1) dem Kläger auf unveränderter Basis keine Kredite mehr zur Verfügung stellen wird, halten lässt, bedarf keiner Entscheidung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung jedenfalls deshalb zu, weil sie eine aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgende Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht verletzt hat.
38
(1) Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis seinem Inhalt nach jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Insbesondere hat sich jede Vertragspartei bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter - auch das Vermögen - des anderen Teils nicht verletzt werden (BGHZ 136, 295, 299; 157, 256, 269; BGH, Urteil vom 10. März 1983 - III ZR 169/81, WM 1983, 795, 796). Das Verhältnis von Kreditinstituten zu ihren Kunden ist durch eine besondere Vertrauensbeziehung geprägt, die Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten begründet. Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist lediglich eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen (MünchKomm/Roth, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 241 Rdn. 97; Grundmann, in: Eben- roth/Boujong/Joost, HGB, BankR I Rdn. I 156; Bruchner, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 39 Rdn. 7; Baumbach/ Hopt, HGB 32. Aufl. (8) AGB-Banken Nr. 2 Rdn. 1; H.P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser S. 787, 798).
39
(2) Die sich aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH ergebende Verpflichtung zur Interessenwahrung und Loyalität hat die Beklagte zu 1) durch das ihr zuzurechnende Verhalten (§ 31 BGB) des Beklagten zu 2) schuldhaft verletzt. Die Verpflichtung beinhaltet unter anderem, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen zu gefährden. Dieses hat der Beklagte zu 2) jedoch durch seine Antwort auf die letzte der gestellten Interviewfragen des Fernsehjournalisten, "ob man mehr ihm (Kirch) hilft, weiter zu machen", getan.
40
Der erste Satz der Antwort, "das halte ich für relativ fraglich", enthält eine skeptische Einschätzung des Beklagten zu 2), was die künftige Bewilligung zusätzlicher Mittel für Gesellschaften der Kirch-Gruppe angeht. Diese Einschätzung hatte schon aufgrund des Umstands, dass der Beklagte zu 2) als damaliger Vorstandssprecher der Beklagten zu 1) über die Bewilligung weiterer Kredite für Gesellschaften der KirchGruppe mitentscheiden konnte, besonderes Gewicht. Dieses wurde durch den zweiten Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", noch erheblich gesteigert. Zum Finanzsektor gehört als größte deutsche Bank auch die Beklagte zu 1). Ein verständi- ger Zuschauer oder Leser des Interviews, dem die damalige Stellung des Beklagten zu 2) als Vorstandssprecher auch aufgrund des Interviews bekannt war, musste dessen skeptische Einschätzung der Kreditbereitschaft des Finanzsektors deshalb, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahin verstehen, weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken würden dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis weitere Kredite zur Verfügung stellen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Beklagte zu 2) mit Hilfe des Wortes "man" und des Hinweises auf Medienberichte bemüht hat, seine Einschätzung als nicht auf seinem Sonderwissen als Vorstandssprecher beruhend erscheinen zu lassen. Der dritte Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren", enthält eine Bekräftigung des bereits Gesagten, indem eine Stützung des Klägers und seiner Gruppe, die sich nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag mit einem Volumen von 767 Millionen € wenige Tage vor dem Interview in einer öffentlich diskutierten schweren Finanzkrise befand, durch den Bankensektor ausgeschlossen wurde.
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Diese Äußerungen des Beklagten zu 2) waren angesichts seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher der größten deutschen Bank und seines Ansehens gerade auch in der Kreditwirtschaft geeignet, die Aufnahme dringend benötigter zusätzlicher Kredite durch die PrintBeteiligungs GmbH, aber auch durch den Kläger, die TaurusHolding oder andere Gesellschaften der Kirch-Gruppe erheblich zu erschweren. Es bestand nämlich die auf der Hand liegende Gefahr, dass andere Kreditinstitute oder sonstige Geldgeber nach den Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) Kreditwünsche des Klägers oder von Gesellschaften sei- ner Gruppe ohne unvoreingenommene Prüfung ablehnten, weil die Beklagte zu 1) als besonders angesehene deutsche Bank trotz ihrer nach Einschätzung des Beklagten zu 2) guten Absicherung des ausgereichten Darlehens zur Vergabe weiterer Kredite auf unveränderter Basis nicht bereit war. Die genannten Äußerungen des Beklagten zu 2) stellen danach eine der Beklagten zu 1) nach § 31 BGB zuzurechnende Verletzung der aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgenden Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht dar. Auf die Wahrnehmung berechtigter Eigeninteressen kann sich die Beklagte zu 1) ebenso wenig berufen wie auf das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Dieses erlaubt nicht die Verletzung von Pflichten , die die Beklagte zu 1) vertraglich übernommen hat.
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(3) Die Beklagte zu 1) ist dem Kläger als Zessionar danach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der der PrintBeteiligungs GmbH dadurch entstanden ist, dass sie, der Kläger oder eine andere Gesellschaft der Kirch-Gruppe infolge der Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) nicht mehr in der Lage war, Kreditmittel zu erlangen oder Verträge abzuschließen , die - wenn auch nur mittelbar - der PrintBeteiligungs GmbH zugute gekommen wären. Der Differenzschadensbetrag im Vergleich zu der finanziellen Lage der PrintBeteiligungs GmbH, die ohne die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) bestanden hätte, steht dem Kläger in voller Höhe zu. Substantiiertes Vorbringen der Beklagten zu 1), aus dem sich ein Mitverschulden der Zedentin ergeben könnte, fehlt.
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(4) Ob die inkriminierten Äußerungen für die Insolvenz der PrintBeteiligungs GmbH und den Zusammenbruch der Kirch-Gruppe tatsächlich kausal geworden sind oder ob diese auch ohne sie eingetreten wären, etwa weil der Kläger den Kaufpreis von 767 Millionen € für die Beteiligung an der ProSiebenSat. 1 Media AG nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag nicht aufbringen konnte, ist entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Wagner ZInsO 2003, 485, 489; Bütter/ Tonner BKR 2005, 344, 351 f.) für die Begründetheit der Feststellungsklage nicht von Belang. Diesen Beweis hat der Kläger erst im Rahmen einer nachfolgenden Leistungsklage zu führen. Für die Begründetheit einer Feststellungsklage reicht es aus, dass die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens wahrscheinlich ist (BGHZ 120, 204, 212 m.w. Nachw.).
44
c) Darüber hinaus haftet die Beklagte zu 1) wegen der Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH auch aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (s. II. B. 2. c)).
45
3. Die Feststellungsklagen des Klägers aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht der TaurusHolding sind unbegründet.
46
Dem a) Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) weder aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) noch aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) ein Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding zu.
47
aa) Nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB entsteht ein Schuldverhältnis mit der Verpflichtung, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des ande- ren Teils Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), bereits mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Von Verhandlungen, aus denen sich für die Beklagte zu 1) im Februar 2002 gegenüber dem Kläger persönlich und/oder der TaurusHolding die vorvertragliche Verpflichtung ergab, deren Kreditwürdigkeit nicht zu gefährden, kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht ausgegangen werden.
48
Die Beklagte zu 1) hat Vertragsverhandlungen unter Beweisantritt in Abrede gestellt und behauptet, es habe im März 2001 ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) und im Frühsommer sowie im Herbst 2001 lediglich vereinzelte Kontakte mit Vertretern der Kirch-Gruppe über eine Zusammenarbeit im Bereich des Investment Banking gegeben. Vertrauliche Informationen über die künftige Strategie der Kirch-Gruppe habe sie dabei nicht erhalten. Die Kirch-Gruppe habe die Zusammenarbeit von der Gewährung eines weiteren Kredits in Höhe von einer Milliarde DM abhängig gemacht, darauf sei sie, die Beklagte zu 1), nicht eingegangen. Von einem (noch) im Februar 2002 bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis mit dem Kläger persönlich und/oder der TaurusHolding, das die Beklagte zu 1) durch die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) vom 3./4. Februar 2002 verletzt haben könnte, kann danach keine Rede sein.
49
Seinen weitergehenden, allgemein gehaltenen Vortrag, von Mai 2001 bis Januar 2002 hätten auf Initiative der Beklagten zu 1) konstruktive Gespräche über ihre Beteiligung als Investmentbank an allen Transaktionen der Kirch-Gruppe stattgefunden, hat der beweisbelastete Kläger ebenso wenig unter Beweis gestellt wie die Behauptung, der Beklagten zu 1) zahlreiche vertrauliche Informationen zur zukünftigen Strategie der Kirch-Gruppe übermittelt zu haben. Seinem Vorbringen lässt sich außerdem nicht entnehmen, wer Vertragspartner der Beklagten zu 1) habe werden sollen, der Kläger persönlich, die TaurusHolding, die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG oder eine andere Gesellschaft der KirchGruppe. Eine Verletzung einer vorvertraglichen Verpflichtung der Beklagten zu 1), die Kreditwürdigkeit des Klägers und/oder der TaurusHolding nicht zu gefährden, kann danach nicht als gegeben angesehen werden. Erst recht ist nicht dargetan, die Beklagte zu 1) habe unter Verstoß gegen das Bankgeheimnis vertrauliche Informationen offenbart.
50
bb) Ansprüche des Klägers aus einer positiven Verletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) eines mit ihm oder der TaurusHolding geschlossenen Vertrages scheiden schon deshalb aus, weil zwischen dem Kläger selbst sowie der TaurusHolding und der Beklagten zu 1) keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen bestanden. Ein Vertragsverhältnis hatte die Beklagte zu 1) vielmehr lediglich mit der PrintBeteiligungs GmbH, und zwar in Gestalt des mit dieser im Mai 1998 geschlossenen Darlehensvertrages.
51
cc) Der TaurusHolding und dem Kläger selbst stehen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der Rechtsprechung über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu.
52
(1) Danach wird ein Dritter nur dann in die aus einem Vertrag folgenden Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen, wenn er mit der Hauptleistung nach dem Inhalt des Vertrages bestimmungsgemäß in Berührung kommen soll und den Gefahren von (Schutz-)Pflichtverletzungen ebenso ausgesetzt ist wie der Gläubiger selbst oder die Umstände des Einzelfalles ansonsten konkrete Anhaltspunkte für den Parteiwillen ergeben , dem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis des Dritten Rechnung zu tragen (vgl. BGHZ 49, 278, 280; 61, 227, 233; 75, 321, 325; 127, 378, 380; 138, 257, 261; OLG Hamm MDR 1999, 556, 557; st.Rspr.).
53
Ein Darlehensvertrag zwischen einer Bank und einer GmbH ist in Bezug auf deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer nicht drittbezogen. Er entfaltet deshalb nach herrschender Meinung grundsätzlich keine Schutzwirkung zugunsten des Alleingesellschafters und Geschäftsführers. Dieser wird von der Darlehensgewährung nur mittelbar betroffen (OLG Hamm MDR 1999, 556, 557; MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rdn. 143; Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch 2. Aufl. § 79 Rdn. 70; Canaris ZIP 2004, 1781, 1788; Ehricke, Festschrift für Derleder S. 341, 353; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 346; Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04).
54
(2) Dem ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles, denen das Berufungsgericht nicht die gehörige Beachtung geschenkt hat, zuzustimmen.
55
(a) Die von der Beklagten zu 1) als Kreditgeberin verletzte Pflicht, die Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmerin, der PrintBeteiligungs GmbH, einer Enkelgesellschaft der TaurusHolding, nicht zu gefährden, besteht nur gegenüber der Darlehensnehmerin, nicht gegenüber deren Gesellschafterin, der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG, und erst recht nicht gegenüber der Konzernholding, der TaurusHolding, oder gar gegenüber dem Kläger. Es fehlt insoweit am Erfordernis der Leistungsbzw. Einwirkungsnähe. Die Stellung eines Alleingesellschafters wird durch einen Kreditvertrag mit seiner Gesellschaft lediglich mittelbar berührt. Er kommt mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß nicht in gleicher Weise in Berührung und ist den Gefahren von (Schutz-)Pflichtverletzungen nicht ebenso ausgesetzt wie die Darlehensnehmerin selbst. Allein die gesellschaftsrechtliche Beteiligung kann die Leistungsnähe zu einem Vertrag der Gesellschaft mit einem Vertragspartner nicht begründen (Ehricke aaO S. 353). Dies gilt erst recht, wenn der Dritte - wie hier die TaurusHolding - nur mittelbar an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist, und naturgemäß auch für den Kläger als dem alleinigen Gesellschafter der TaurusHolding.
56
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die konzernmäßige enge Verflechtung der PrintBeteiligungs GmbH mit der TaurusHolding und dem Kläger sowie der Hinweis des Landgerichts auf § 19 Abs. 2 Satz 1 KWG, wonach die PrintBeteiligungs GmbH und ihre Obergesellschaften als ein Kreditnehmer im Sinne des § 18 KWG gelten, sind zur Begründung der Leistungsnähe von vornherein nicht geeignet. § 18 KWG, der auch die Obergesellschaften zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse verpflichtete, dient ebenso wie § 19 Abs. 2 KWG nicht dem Schutz der Kreditnehmerin oder der Obergesellschaften, sondern dem des Kreditinstituts und mittelbar der Einleger (Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04).
57
Hinzu kommt - vom Berufungsgericht außer Acht gelassen - wesentlich , dass das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das die vom Kläger bewusst ausgenutzte Möglichkeit bietet, die Haftung für Verbindlichkeiten aus einem letztlich dem Gesamtkonzern zugute kommenden Darlehensvertrag wirksam auf die vertragsschließende Konzerngesellschaft zu beschränken (§ 13 Abs. 2 GmbHG), konsequenterweise auch beachtet werden muss, wenn es um die Frage geht, wem aus einem mit einer Konzerngesellschaft geschlossenen Darlehensvertrag Rechte zustehen. Es geht aus Gründen einer gerechten Verteilung der Vor- und Nachteile aus dem geschlossenen Darlehensvertrag nicht an, die Ansprüche der Beklagten zu 1) daraus strikt auf die PrintBeteiligungs GmbH als Vertragspartnerin zu beschränken, gleichzeitig aber Rechte des Klägers und/oder der TaurusHolding als mittelbare Eigner der PrintBeteiligungs GmbH aus dem Darlehensvertrag herzuleiten, wenn es um die Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 1) geht (Hammen WuB IV A. § 328 BGB 1.04; H.P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser S. 787, 806; s. auch Ehricke, Festschrift für Derleder S. 341, 353 f.).
58
(b) Die besonderen Umstände des Falles ergeben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien des Darlehensvertrages, d.h. die Beklagte zu 1) und die PrintBeteiligungs GmbH, einem Schutzbedürfnis der TaurusHolding und/oder des Klägers hätten Rechnung tragen wollen. Beide bedürfen, was das Berufungsgericht verkannt hat, keines besonderen Schutzes, weil ihnen ein Schadensersatzanspruch der PrintBeteiligungs GmbH mittelbar ebenso zugute kommt, wie sie von der Darlehensgewährung der Beklagten zu 1) mittelbar profitiert haben. Da die PrintBeteiligungs GmbH zu 100% eine Enkelgesellschaft der TaurusHolding ist und diese wiederum zu 100% dem Kläger gehört, profitieren sowohl die TaurusHolding als Konzernobergesellschaft als auch der Kläger mittelbar von einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1) gegenüber der PrintBeteiligungs GmbH.
59
Auch die Übernahme der Verpflichtung durch die TaurusHolding im 3. Nachtrag zum Kreditvertrag vom 20. Mai 1998, bei einem Absinken des Kurswerts der verpfändeten Aktien der Axel Springer AG unter 55 € je Aktie der Beklagten zu 1) weitere Sicherheiten zu stellen, hatte entgegen der Ansicht von Schumann (ZIP 2004, 2353, 2356 f.), auf den sich der Kläger beruft, nicht zur Folge, dass die TaurusHolding in den Schutzbereich des Darlehensvertrages der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH einbezogen wurde. Die TaurusHolding wurde dadurch entgegen Schumann (aaO S. 2361) nicht etwa Partei des Kreditvertrages ; auch von einem Schuldbeitritt kann insoweit keine Rede sein. Sie war nicht zur Rückzahlung des von der PrintBeteiligungs GmbH aufgenommenen Darlehens verpflichtet, sondern hatte lediglich unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Sicherheiten zu stellen. Als potentielle Sicherungsgeberin ist die TaurusHolding nicht anders zu behandeln als etwa ein Bürge, wenn der Darlehensgeber den Bürgschaftsfall durch eine Verletzung des Darlehensvertrages herbeiführt. Insoweit ist anerkannt, dass der Bürgschaftsgläubiger in einem solchen Fall lediglich seinen Anspruch gegen den Bürgen verwirkt (BGH, Urteile vom 6. Juli 2004 - XI ZR 254/02, WM 2004, 1676, 1678 und vom 14. September 2004 - XI ZR 184/03, WM 2004, 2200, 2202; jeweils m.w.Nachw.), nicht aber dem Bürgen auf Schadensersatz aus Verletzung eines Darlehensvertrages mit Schutzwirkung zugunsten des Bürgen haftet (vgl. MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rdn. 143).
60
b) Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1) weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding Schadensersatzansprüche aus deliktischem Handeln des Beklagten zu 2) zu, für das die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB haften müsste.

61
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang - zu Recht verneint.
62
§ 824 (1) BGB setzt die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache voraus, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz.
63
Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert, während für Werturteile und Meinungsäußerungen die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BVerfGE 90, 241, 247 m.w.Nachw.; BGHZ 132, 13, 21; 139, 95, 102). Bei Äußerungen , die sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen oder Werturteile enthalten, kommt es auf den Kern oder die Prägung der Aussage an, insbesondere ob die Äußerung insgesamt durch ein Werturteil geprägt ist und ihr Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt oder aber ob überwiegend, wenn auch vermischt mit Wertungen, über tatsächliche Vorgänge oder Zustände berich- tet wird (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15; BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, WM 2002, 937, 938).
64
Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussageinhalts. Dabei darf nicht isoliert auf einzelne aus dem Kontext gerissene Passagen des Interviews abgestellt werden; vielmehr sind die Aussagen des Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit dem gesamten Interview zu deuten. Da es insoweit auf die Erfassung des objektiven Sinns der Äußerung ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten zu 2) noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung betroffenen Klägers und seiner Gesellschaften, sondern das Verständnis, das ihr unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und der erkennbaren, den Sinn der Äußerung mitbestimmenden Begleitumstände ein unvoreingenommenes, verständiges, an wirtschaftlichen Fragen interessiertes Publikum zumisst (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; 107, 275, 281; BGHZ 132, 13, 20; 139, 95, 102).
65
(2) Gemessen hieran hat das Berufungsgericht in den vor allem bedeutsamen Antworten des Beklagten zu 2) auf die letzte Frage des Fernsehjournalisten, "ob man mehr ihm (Kirch) hilft, weiter zu machen" zutreffend ein Gemisch von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen gesehen.
66
(a) Der erste Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "das halte ich für relativ fraglich", enthält eine Einschätzung mit dem Inhalt, dass er, der Beklagte zu 2), die künftige Bewilligung zusätzlicher Mittel für Gesellschaften der Kirch-Gruppe für relativ unwahrscheinlich halte. Es handelt sich unter Berücksichtigung der gewählten Ich-Form und des Verbs "halte" um ein persönliches Dafürhalten, eine subjektive Einschätzung des Beklagten zu 2), nicht um eine Tatsachenbehauptung, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich wäre. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Beklagte zu 2) der damalige Vorstandssprecher der größten deutschen Bank war, als solcher interviewt wurde und über die Bewilligung etwaiger weiterer Kredite für Gesellschaften der Kirch-Gruppe mitentscheiden konnte.
67
(b) Der zweite Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", enthält formal gesehen eine Begründung der Einschätzung des Beklagten zu 2). Diese wird mit einem Hinweis auf die Einstellung des Finanzsektors und das, was darüber zu lesen und zu hören war, belegt. Zum Finanzsektor gehört als größte deutsche Bank auch die Beklagte zu 1). Ein verständiger Zuschauer oder Leser des Interviews musste die skeptische Einschätzung der Kreditbereitschaft des Finanzsektors deshalb, wie bereits dargelegt, dahin verstehen, weder die Beklagte zu 1) noch andere Banken würden dem Kläger und seiner Gruppe auf unveränderter Basis weitere Kredite zur Verfügung stellen. Die damalige fehlende Bereitschaft der Beklagten zu 1) und anderer Kreditinstitute zu neuen Krediten für Gesellschaften der Kirch-Gruppe ohne deren Umstrukturierung und Berichte in den Medien darüber lassen sich mit Mitteln des Beweises überprüfen, sind also Tatsachen.
68
(c) Der dritte Satz der Antwort des Beklagten zu 2), "es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren", enthält eine Schlussfolgerung aus den vor- angegangenen Äußerungen und eine gewisse Bekräftigung des Gesagten. Sie ist einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit hin nur mit gedanklichen , nicht aber mit Mitteln des Beweises zugänglich, also ebenfalls keine Tatsachenbehauptung.
69
(3) Die Äußerungen des Beklagten zu 2) im ersten und dritten Satz können einen Schadensersatzanspruch aus § 824 Abs. 1 BGB danach schon deshalb nicht begründen, weil es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt.
70
zweite Der Antwortsatz wäre dazu nur geeignet, wenn die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen von den Einschätzungen und Meinungsäußerungen des Beklagten zu 2) ausreichend getrennt werden können. Andernfalls wäre die gesamte Aussage des Beklagten zu 2) als Meinungsäußerung zu behandeln (BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; 90, 241, 248; BGHZ 132, 13, 21; BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 282) und § 824 Abs. 1 BGB von vornherein nicht anwendbar. Die vorgenannte Zweifelsfrage bedarf hier keiner Entscheidung , da die Voraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB auch dann nicht vorliegen, wenn davon ausgegangen wird, der zweite Antwortsatz enthalte Tatsachenbehauptungen. Denn diese sind nach den widerspruchs - und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr.
71
(4) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 1. Februar 2002 enthalte die vom Beklagten zu 2) im Interview vom 3. Februar 2002 aufgestellte Behauptung, die Banken seien nicht mehr bereit, dem Kläger und seiner Unternehmens- gruppe auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. In die gleiche Richtung hätten sich Artikel im Managermagazin und im Handelsblatt geäußert. Die Äußerung des Beklagten zu 2), nach Medienberichten sei der Finanzsektor zu zusätzlichen Krediten nicht bereit, sei also richtig. Diese Würdigung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
72
Gleiches gilt für die - vom Beklagten zu 2) angeblich Medienberichten entnommene - fehlende Bereitschaft des Finanzsektors, Gesellschaften der Kirch-Gruppe auf unveränderter Basis zusätzliche Kredite zu gewähren. Das Berufungsgericht ist nach der Vernehmung von Zeugen rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Kirch-Gruppe habe sich damals in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden. Der Finanzsektor sei auf unveränderter Basis nicht bereit gewesen, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Basis habe verändert werden müssen. Das habe auch ein Schreiben der La.Bank vom 6. Februar 2002 und die Aussage des Zeugen L. ergeben. Soweit sich der Kläger für seine gegenteilige Ansicht auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Aussagen der Zeugen Dr. W. und Dr. H. beruft, greift er revisionsrechtlich unbehelflich lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung an, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsurteils aufzeigen zu können. Dass Banken im Januar 2002 fällige Kredite für einige Monate verlängert hatten oder bereit waren, einem Sicherheitenpool beizutreten, ist entgegen der Ansicht des Klägers in diesem Zusammenhang irrelevant , zumal von der Axel Springer AG inzwischen die Put-Option mit einem Volumen von 767 Millionen € ausgeübt worden war, für deren Erfüllung der Kläger und seine Gruppe kurzfristig frisches Geld benötigten. Der Beklagte zu 2) hat sich nur zur fehlenden Bereitschaft des Finanz- sektors geäußert, "auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen". Nur darauf zielte auch die Frage des Journalisten, "ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen", ab.
73
Die von der Revision angegriffene Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2) habe damit dem Kläger und seiner Gruppe nicht insgesamt die Kreditwürdigkeit abgesprochen, ist zutreffend. Eine entsprechende Tatsachenbehauptung, nur eine solche ist im Rahmen des § 824 BGB von Bedeutung, hat der Beklagte zu 2) nicht aufgestellt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass seine Aussage die Einschränkung enthält, der Finanzsektor sei "auf unveränderter Basis" zur Bewilligung weiterer Mittel nicht bereit. Dieser Einschränkung kommt entgegen der Ansicht des Klägers wesentliche Bedeutung zu. Angesprochen war damit die Notwendigkeit einer Umstrukturierung der Gruppe, die nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts Gegenstand der öffentlichen Diskussion und nach den eigenen Angaben des Klägers Inhalt des Gesprächs zwischen ihm und dem Beklagten zu 2) am 9. Februar 2002 war. Die Gewährung neuer zusätzlicher Kredite nach Umstrukturierung der Gruppe, über die nach Angaben des Klägers damals intensive und Erfolg versprechende Verhandlungen stattfanden, wurde vom Beklagten zu 2) bei seiner Interviewäußerung nicht ausgeschlossen. Die Äußerung führte nur zu einer Gefährdung der Kreditwürdigkeit.
74
Die Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe Beweisantritte zu der Behauptung übergangen, die Äußerung des Beklagten zu 2) sei in den Medien und von Banken im Sinne einer Verneinung der Kreditwürdigkeit des Klägers und der Gesellschaften seiner Gruppe verstanden worden, ist unbegründet. Die Frage, ob die Aussage des Beklagten zu 2) eine entsprechende Tatsachenbehauptung enthielt, ist nicht durch eine Beweisaufnahme über das Verständnis einiger Adressaten, sondern durch Auslegung aus der Sicht eines unvoreingenommenen, an wirtschaftlichen Fragen interessierten, verständigen Zuschauers bzw. Lesers zu klären.
75
bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding gegen die Beklagte zu 1) aus § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 15 Abs. 1 UWG a.F., § 186 oder § 187 StGB ist nicht begründet. Diese Anspruchsgrundlagen knüpfen, teils mit anderer Beweislastverteilung als § 824 BGB, an die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache an. Eine solche Tatsache hat der Beklagte zu 2) nicht behauptet oder verbreitet. Die von ihm behaupteten Tatsachen waren nach den - wie dargelegt - rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr.
76
cc) Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 55a oder § 55b KWG kann der Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding von der Beklagten zu 1) Schadensersatz verlangen. Der Beklagte zu 2), für dessen Verhalten die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, hat Angaben über Millionenkredite, die die Deutsche Bundesbank der Beklagten zu 1) mitgeteilt hat, nicht entgegen § 14 Abs. 2 Satz 5 KWG in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) offenbart oder verwertet.
77
(1) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KWG a.F. hatte die Deutsche Bundesbank die anzeigenden Unternehmen zu benachrichtigen, wenn einem Kreditnehmer von mehreren Kreditinstituten so genannte Millionenkredite gewährt wurden. Die Benachrichtigung umfasste nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KWG a.F. nur Angaben über die Gesamtverschuldung des Kreditnehmers und über die Anzahl der beteiligten Unternehmen.
78
(2) Eine unbefugte Offenbarung von Angaben über Millionenkredite gemäß § 55b Abs. 1 KWG liegt vor, wenn eine in einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigte Person solche Angaben einem anderen in der Weise zugänglich macht, dass er die Möglichkeit hat, von ihnen Kenntnis zu nehmen (Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55b Rdn. 3 m.w.Nachw.; Achenbach/Schröder ZBB 2005, 135, 140).
79
Daran fehlt es hier. Der Beklagte zu 2), dessen Kenntnis der Bundesbankmitteilungen über Millionenkredite im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, hat sich in dem Interview weder zur Gesamtverschuldung der Kirch-Gruppe oder einer ihr angehörenden Gesellschaft noch zur Anzahl der kreditgewährenden Unternehmen geäußert. Der Gesamtbetrag der gewährten Kredite und die Anzahl der beteiligten Unternehmen ließen sich aus seinen Interviewäußerungen auch nicht mittelbar entnehmen oder erschließen. Die Aussage, "der Kredit, den wir haben, ist ... zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich", erlaubt entgegen der von Professor Dr. T. in seinem vom Kläger vorgelegten Parteigutachten vertretenen Ansicht auch im Zusammenhang mit anderen Interviewäußerungen offensichtlich keinen Schluss auf die konkrete Gesamthöhe der der Kirch-Gruppe oder einer ihr angehörenden Gesellschaft gewährten Kredite oder gar auf die Anzahl der kreditgewährenden Unternehmen. Überdies hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 nur die Antwort des Beklagten zu 2) auf die letzte Interviewfrage für klagebegründend und allein maßgeblich erklärt und daran auch später festgehalten.
80
(3) Eine unbefugte Verwertung von Angaben über Millionenkredite gemäß § 55a Abs. 1 KWG liegt vor, wenn die von der Deutschen Bundesbank übermittelten Informationen in einer von § 14 KWG nicht gedeckten Weise für eigene oder für fremde wirtschaftliche Zwecke nutzbar gemacht werden (vgl. BayObLG NStZ 1984, 169; Lindemann, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55a Rdn. 5; Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 355 Rdn. 15; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 204 Rdn. 3; Achenbach/Schröder ZBB 2005, 135, 140). Das ist der Fall, wenn ein Kreditinstitut eine Information, die es durch die Deutsche Bundesbank über Millionenkredite eines Kreditnehmers bei einer anderen Bank erhält, nicht ausschließlich zu bankinternen Zwecken der Kreditgewährung oder -verweigerung nutzt, sondern sonst wie eigennützig verwendet (Janssen, in: Park, Kapitalmarkt-Strafrecht § 55a KWG Rdn. 5). Erforderlich ist insoweit allerdings stets, dass der Täter ein gewinnorientiertes Ziel verfolgt (BayObLG NStZ 1984, 169; Lindemann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 2. Aufl. § 55a Rdn. 6).
81
Daran fehlt es hier. Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass der Beklagte zu 2) Mitteilungen der Deutschen Bundesbank über die Gesamtverschuldung und die Anzahl der beteiligten Unternehmen für eigene oder fremde wirtschaftliche Zwecke nutzbar gemacht hätte, geschweige denn, dass er mit seinen Äußerungen die Erzielung eines Ge- winns der Beklagten zu 1) oder eines anderen Unternehmens beabsichtigt habe. Es ist, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, nicht einmal ein Zusammenhang zwischen den Mitteilungen der Deutschen Bundesbank nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KWG a.F. und der Interviewäußerung des Beklagten zu 2) zu erkennen.
82
Ein dd) Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 17 Abs. 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) oder aus § 19 Satz 1 UWG a.F. ist ebenfalls nicht begründet. Der Beklagte zu 2) hat kein Geschäftsoder Betriebsgeheimnis des Klägers oder der TaurusHolding mitgeteilt.
83
Gemäß § 17 Abs. 1 UWG a.F. macht sich strafbar, wer als Angestellter eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, mitteilt. Die Vorschrift schützt damit das Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisträgers, also den Inhaber des Geschäftsbetriebes (Großkommentar/Otto, § 17 UWG Rdn. 4, 6; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 25. Aufl. § 17 Rdn. 2; Köhler/Piper, UWG 3. Aufl. § 17 Rdn. 2; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB § 823 Rdn. 199; s. auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 1965 - Ib ZR 93/63, GRUR 1966, 152, 153; OLG München NJW-RR 1996, 1134).
84
Das ist hier nicht der Kläger, die TaurusHolding oder eine der konzernangehörigen Gesellschaften, sondern ausschließlich die Beklagte zu 1). Dass sie der PrintBeteiligungs GmbH vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet war, führt entgegen der Ansicht von Tiedemann (ZIP 2004, 294, 296) nicht etwa dazu, dass §§ 17 Abs. 1 und 19 Satz 1 UWG a.F. für den Kläger oder die TaurusHolding Schutzgesetzcharakter erlangen. Abgesehen davon hat der Beklagte zu 2), wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kein Geheimnis offenbart. Das Kreditengagement der Beklagten zu 1) bei der PrintBeteiligungs GmbH sowie dessen Absicherung durch ein Pfandrecht an Aktien der Axel Springer AG waren der interessierten Öffentlichkeit, insbesondere der Kreditwirtschaft , durch Presseveröffentlichungen bereits bekannt.
85
ee)EinSchadensersatzanspruch des Klägers aus eigenem Recht oder dem der Zedentin, der TaurusHolding, gegen die Beklagte zu 1) aus § 1 UWG a.F. besteht ebenfalls nicht. Nach § 1 UWG a.F. kann - unter anderem - auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt , die gegen die guten Sitten verstoßen. Inhaber eines solchen Anspruchs kann nur ein Mitbewerber sein, der in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu dem unlauter Handelnden oder zu dem von ihm geförderten Unternehmen steht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen , d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urteile vom 23. April 1998 - I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 70 - Preisvergleichsliste II, vom 21. Februar 2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 903 - Vanity-Nummer und vom 24. Juni 2004 - I ZR 26/02, NJW 2004, 3032, 3033 - Werbeblocker). An einem solchen Wettbewerbsverhältnis fehlt es hier.
86
Der (1) Kläger selbst ist als Gesellschafter und Geschäftsführer der TaurusHolding und anderer konzernangehöriger Gesellschaften kein Mitbewerber der Beklagten zu 1) oder von Unternehmen, an denen sie beteiligt ist oder zu denen sie Kundenbeziehungen unterhält. Daran ändert auch der Besitz aller Anteile der TaurusHolding nichts. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist keine gewerbliche oder geschäftliche Tätigkeit, sondern Vermögensverwaltung (Senatsurteil vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, ZIP 2006, 68, 69, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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Auch (2) die TaurusHolding steht als Konzernobergesellschaft nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten zu 1) oder zu einem Unternehmen, dessen Wettbewerb durch die Äußerungen des Beklagten zu 2) angeblich gefördert werden sollte. Die TaurusHolding selbst war nicht operativ tätig, sondern nahm nach den Angaben des Klägers als Obergesellschaft Koordinations- und strategische Verwaltungsaufgaben der Kirch-Gruppe wahr. Ob konzernangehörige Gesellschaften der Gruppe wie etwa die KirchPayTV GmbH & Co. KGaA oder die PayTV Plattform Premiere Mitbewerber von Unternehmen waren, an denen die Beklagte zu 1) beteiligt ist oder die sie angeblich zu fördern trachtet, ist ohne Belang. Dadurch wird kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der TaurusHolding begründet, sondern nur zwischen Beteiligungsunternehmen der Beklagten zu 1) und einzelnen konzernangehörigen Unternehmen der Kirch-Gruppe. Das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das die vom Kläger bewusst ausge- nutzte Möglichkeit bietet, die Haftung für Verbindlichkeiten auf eine bestimmte Konzerngesellschaft zu beschränken (§ 13 Abs. 2 GmbHG), ist auch dann zu beachten, wenn es um die Aktivlegitimation von Ansprüchen aus § 1 UWG a.F. geht.
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ff) Das Berufungsgericht ist auch mit Recht zu dem Ergebnis gelangt , dass dem Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu 1) zusteht.
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Ein (1) Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers oder der TaurusHolding ist aufgrund der Antwort des Beklagten zu 2) auf die letzte Frage des Interviewpartners nicht begründet worden.
90
Ein (a) solcher Anspruch des Klägers aus eigenem Recht setzt voraus, dass dieser selbst im Februar 2002 Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs war. Das ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
91
Gewerbebetriebeunterh ielten vielmehr lediglich die Gesellschaften der Kirch-Gruppe. Der Kläger war in seiner Eigenschaft als alleiniger Kommanditist und Alleingesellschafter der Komplementärin der TaurusHolding sowie als Geschäftsführer der KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG und der PrintBeteiligungs GmbH nicht selbst Inhaber eines Gewerbebetriebs. Der Geschäftsführer einer werbenden GmbH ist weder Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB noch Unternehmer gemäß § 14 BGB (vgl. BGHZ 104, 95, 98; 121, 224, 228; 132, 119, 122; BGH, Urteil vom 15. Juli 2004 - III ZR 315/03, ZIP 2004, 1647, 1648). Nur die GmbH selbst ist nach § 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann. Daran ändert auch der Besitz aller Gesellschaftsanteile durch den Geschäftsführer nichts. Das Halten von GmbH-Anteilen ist keine gewerbliche Tätigkeit , sondern reine Vermögensverwaltung und die Geschäftsführung einer GmbH keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit (BGHZ 133, 71, 78; 133, 220, 223; Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - XI ZR 322/98, WM 2000, 1799 und vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, ZIP 2006, 68, 69, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ). Wird ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer GmbH, der die korporative Haftungsbeschränkung genießt, im Wirtschaftsleben danach rechtlich grundsätzlich nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, sondern als Privatperson behandelt, ist es nur konsequent, ihm den besonderen Vermögensschutz, den der Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach ständiger Rechtsprechung genießt , zu versagen. Die gegenteilige, in der Literatur (Spindler, in: Bamberger /Roth, BGB § 823 Rdn. 105 Fn. 527) als "sehr zweifelhaft" bezeichnete Ansicht des Oberlandesgerichts München (NJW-RR 1991, 928, 929) ist systemwidrig. Sie würde zu einer für den Schuldner unzumutbaren Doppelhaftung führen. Überdies trägt sie dem Umstand nicht Rechnung , dass das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung zur Füllung von Schutzlücken als sonstiges Recht im Sinne eines Auffangtatbestands entwickelt worden ist. Für einen eigenen Schutz des geschäftsführenden Alleingesellschafters nach § 823 Abs. 1 BGB besteht indes kein Bedürfnis, da er mittelbar von einem Anspruch profitiert, der der ihm gehörenden GmbH bei einem rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zusteht.
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(b) Der Kläger hat auch aus abgetretenem Recht der TaurusHolding keinen Schadensersatzanspruch wegen eines Eingriffs der Beklagten zu 1) in deren Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
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(aa) Der Anspruch scheitert allerdings nicht schon daran, dass die Haftung für solche Eingriffe nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Auffangtatbestand lediglich den gesetzlichen Schutz ergänzen und bestehende Haftungslücken ausfüllen soll (BGHZ 43, 359, 361; 59, 30, 34; 65, 325, 328; 105, 346, 350; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2002 - VI ZR 171/02, NJW 2003, 1040, 1041). Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt deshalb nicht in Betracht, soweit § 824 BGB sowie gegebenenfalls § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 186 StGB den Schutz der wirtschaftlichen Wertschätzung von Unternehmen vor Beeinträchtigungen durch Verbreitung unwahrer Behauptungen gewährleisten (BGHZ 65, 320, 328; 138, 311, 315; BGH, Urteile vom 23. Oktober 1979 - VI ZR 230/77, NJW 1980, 881, 882 und vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, NJW 1992, 1312).
94
Eine abschließende Haftungsregelung stellt § 824 BGB indes nur für die Verbreitung falscher Tatsachen dar, nicht für die wahrer Tatsachen (BGHZ 8, 142, 144; 90, 113, 121; 138, 311, 315; MünchKomm/ Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 188, 198; Spindler, in: Bamberger/ Roth, BGB § 823 Rdn. 116; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 350) und erst recht nicht für die Äußerung von Werturteilen und Meinungen, die die wirtschaftliche Wertschätzung, also Kredit, Erwerb und Fortkommen eines konkret Betroffenen beeinträchtigen (BGHZ 45, 296, 305 f.; 65, 325, 328).
95
Die vom Kläger beanstandete Antwort des Beklagten zu 2) auf die dritte Frage des Interviewpartners enthält, wie bereits dargelegt, im ersten Satz ("Das halte ich für relativ fraglich") sowie im dritten Satz ("Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine - wie Sie gesagt haben - Stützung interessieren") Meinungsäußerungen und im zweiten Satz ("Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen") nach den, wie dargelegt, rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts die Behauptung wahrer Tatsachen. § 824 BGB steht der Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB deshalb nicht entgegen.
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(bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der TaurusHolding scheitert aber an der fehlenden Rechtswidrigkeit eines Eingriffs.
97
(aaa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen so genannten offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (BGHZ 45, 296, 307; 65, 325, 331; 138, 311, 318). Dabei sind vor allem grundrechtlich geschützte Positionen der Beteiligten zu berücksichtigen.
98
Bei Informationen, die inhaltlich zutreffen und sachlich sind, und bei Werturteilen, die nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und nicht herabsetzend formuliert sind, gewährt das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) allerdings keinen Schutz, auch wenn die wirtschaftliche Position eines Unternehmens durch sie nachteilig beeinflusst wird (BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Als eigenständiges Schutzgut der Eigentumsgarantie ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bisher nicht anerkannt (vgl. BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1712).
99
Dagegen fallen die vom Kläger beanstandeten Äußerungen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, auf die sich auch eine juristische Person des Privatrechts wie die Beklagte zu 1) berufen kann (BVerfGE 21, 271, 277; 80, 124, 131; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet, ohne ausdrücklich zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung zu unterscheiden, jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Das Recht der freien Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG zwar seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch § 823 Abs. 1 BGB gehört. Dieser muss aber im Lichte der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gesehen und so interpretiert werden, dass der besondere Wertgehalt des Rechts der freien Meinungsäußerung auf jeden Fall gewahrt bleibt. Es findet also eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass § 823 Abs. 1 BGB zwar dem Grundrecht Schranken setzt, aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts ausgelegt und in seiner das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden muss (BVerfGE 7, 198, 208 f.; 68, 226, 231; 69, 257, 269 f.; 85, 1, 16; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; st.Rspr.).
100
Dies bedeutet, dass bei einer Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage eine Vermutung zugunsten der freien Rede spricht (BVerfGE 61, 1, 7; 82, 272, 281 f.; 90, 241, 249; 93, 266, 294 f.; BGHZ 45, 296, 308; 65, 325, 331 f.). Für Tatsachenbehauptungen gilt dies allerdings nicht in gleicher Weise. Im Gegensatz zur Äußerung einer Meinung ist für den verfassungsrechtlichen Schutz einer Tatsachenmitteilung deren Richtigkeit von Bedeutung (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 17; 97, 391, 403 f.). Enthält eine Äußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurück (BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.). Wahre Aussagen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, es sei denn, die Aussagen betreffen die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre und sind nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; BVerfG NJW 2003, 1109, 1110).
101
(bbb) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt gegenüber der TaurusHolding ein rechtswidriger Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht vor.
102
Der Beklagte zu 2), für dessen Verhalten die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, hat, wie dargelegt, im ersten Satz seiner Antwort auf die letzte Interviewfrage die Bereitschaft der Kreditwirtschaft, dem Kläger oder Gesellschaften seiner Gruppe zusätzliche Kredite zur Verfügung zu stellen, skeptisch eingeschätzt und diese Beurteilung im letzten Satz seiner Antwort bekräftigt. Es handelt sich dabei um Äußerungen , die in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen. Sie betrafen die die Öffentlichkeit wesentlich berührende, in Zeitungen und Zeitschriften behandelte Finanzkrise der Kirch-Gruppe, die nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag mit einem Volumen von 767 Millionen € wenige Tage vor dem Interview dramatisch geworden war. Die Krise und das Schicksal der Kirch-Gruppe interessierte, auch wenn dies in dem Interview nicht besonders zum Ausdruck gekommen ist, nicht nur Wirtschaftskreise, sondern ein breites Publikum, da die Kirch-Gruppe wegen ihrer Beteiligung an Fernsehsendern und Verlagen ein wesentlicher Faktor in der deutschen Medienbranche und für die Meinungsbildung von Bedeutung war. Einschränkend ist insoweit allerdings zu berücksichtigen, dass die die Öffentlichkeit in besonderem Maße berührende Frage der Auswirkungen einer möglichen Insolvenz der Kirch- Gruppe auf die Medienlandschaft nicht Gegenstand des Interviews und insbesondere der Antworten des Beklagten zu 2) war. Vielmehr hat sich der Beklagte zu 2) als Organ der Beklagten zu 1) unter anderem über ein konkretes Kreditverhältnis der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH geäußert.
103
Ob auch für die mit den vorgenannten Äußerungen eng verbundenen , zur Begründung angeführten Tatsachenbehauptungen des Beklagten zu 2) im zweiten Antwortsatz auf die letzte Interviewfrage die Vermutung für das Recht der freien Rede gilt, bedarf keiner Entscheidung. Denn die darin enthaltene Behauptung, die Banken einschließlich der Beklagten zu 1) seien nicht mehr bereit, dem Kläger und seiner Unter- nehmensgruppe auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, war, wie bereits darlegt, nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wahr. Wahre Aussagen müssen aber, wenn sie - wie hier - nicht die Intim-, Privatoder Vertraulichkeitssphäre betreffen, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind.
104
Die zur Klärung der Reichweite des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gebotene Abwägung der kollidierenden Interessen und Güter führt hier nicht ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis. Die Finanzkrise der Kirch-Gruppe und die Zurückhaltung der Banken, auf unveränderter Basis, d.h. ohne Umstrukturierung der Gruppe , zusätzliche Kreditmittel zur Verfügung zu stellen, waren nicht nur der Kreditwirtschaft, sondern einer breiten Öffentlichkeit aufgrund von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften bekannt. Jedoch musste den Äußerungen des Beklagten zu 2), wie dargelegt, angesichts seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher der Beklagten zu 1) entnommen werden, dass auch die Beklagte zu 1) auf unveränderter Basis zu weiteren Krediten nicht bereit sei. Diese kreditgefährdenden Äußerungen erlangten besondere Bedeutung und Wirkung dadurch, dass es der Beklagte zu 2), Vorstandssprecher der größten deutschen Bank und Wirtschaftsführer mit hoher Sachkompetenz und großem Ansehen, war, der sie machte. Sie wurde verstärkt dadurch, dass er sie, für einen Bankier ungewöhnlich, in einem Fernsehinterview und zu einem Zeitpunkt tat, in dem die Finanzkrise der Kirch-Gruppe nach Ausübung der Put-Option durch den Springer Verlag dramatisch geworden war. Dies ist bei der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung zwar zu berücksichtigen, weil die Äußerungen des Beklagten zu 2) deswegen großer Aufmerksamkeit gewiss und geeignet waren, dem Kläger und seiner Gruppe die Aufnahme zusätzlicher dringend benötigter Kredite weiter zu erschweren. Die Rechtswidrigkeit der inhaltlich zutreffenden Äußerungen des Beklagten zu 2) im Verhältnis zur TaurusHolding kann damit unter Berücksichtigung der Vermutung zugunsten der freien Rede in allen die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen sowie des Rechts, wahre Tatsachen äußern zu dürfen, aber nicht begründet werden.
105
Die Beklagte zu 1) unterhielt, was von wesentlicher Bedeutung ist, ebenso wie der Beklagte zu 2) keinerlei rechtliche Beziehungen zur TaurusHolding. Auch Kreditvertragsverhandlungen hatte es mit ihr nicht gegeben. Die Beklagten traf deshalb insoweit anders als gegenüber der konzernangehörigen PrintBeteiligungs GmbH keine Pflicht zur Interessenwahrung , Rücksichtnahme und Loyalität. Dass die TaurusHolding Konzernobergesellschaft der Kirch-Gruppe war, ändert nichts. Das konzernrechtliche Trennungsprinzip, das der Kläger zur Haftungsbeschränkung genutzt hat, ist auch hier uneingeschränkt zu beachten. Der TaurusHolding standen die Beklagten danach rechtlich als beliebige Dritte gegenüber, die von ihrem Recht, sich zu einer die Öffentlichkeit interessierenden Finanzkrise eines in der damaligen deutschen Medienlandschaft bedeutsamen Konzerns zu äußern, Gebrauch machten. Wollte man dies anders sehen, würde der Beklagten zu 1) wegen ihrer Bedeutung in der deutschen Kreditwirtschaft sowie dem Beklagten zu 2) wegen seiner damaligen Stellung als Vorstandssprecher und seines Ansehens insbesondere in Bank- und Wirtschaftskreisen das Recht abgesprochen, ihre Meinung zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage öffentlich zu äußern, ohne durch vertragliche Loyalitätspflichten gebun- den zu sein, und sie damit von der Teilnahme an der laufenden öffentlichen Diskussion ausschließen, obwohl für diese in einer Demokratie gerade Äußerungen sachkompetenter und im Licht der Öffentlichkeit stehender Persönlichkeiten und Entscheidungsträger wichtig sind. Dies ist mit der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht vereinbar.
106
(2) Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers oder der TaurusHolding, dieses in seiner Ausprägung als sozialer Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen (vgl. BGHZ 98, 94, 97; BGH, Urteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, WM 1994, 641, 643), besteht nicht.
107
Die (a) Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, eines Rahmenrechts, liegt nicht fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (vgl. BGHZ 73, 120, 124; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, NJW 1999, 2893, 2894 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, NJW 2004, 762, 764). Bei dieser Abwägung kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei der beanstandeten Äußerung um ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung handelt. Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Dabei müssen, wie bereits dargelegt, wahre Aussagen, soweit sie - wie hier - nicht die Intim-, Privat- und Vertraulichkeitssphäre betreffen , in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.; 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414 und NJW 2003, 1109, 1110; BGHZ 36, 77, 80 ff.; 138, 311, 320 f.).

108
(b) Der zweite Antwortsatz des Beklagten zu 2) auf die letzte Interviewfrage , enthält, wie bereits ausgeführt, nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wahre Tatsachenbehauptungen. Der Kläger und die TaurusHolding haben sie deshalb unter dem Blickwinkel ihres Persönlichkeitsrechts hinzunehmen. Eine Fallgestaltung , bei der dies ausnahmsweise anders zu sehen wäre, liegt nicht vor. Insoweit kann auf die Ausführungen, mit denen ein rechtswidriger Eingriff der Beklagten in das Recht der TaurusHolding am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint worden ist (II. A. 3. b) ff) (1) (b) (bb) (bbb)), verwiesen werden.
109
Soweit die Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) im ersten und dritten Antwortsatz auf die letzte Interviewfrage Meinungsäußerungen enthalten, sind sie, wie dargelegt, durch das Recht der Beklagten zur freien Meinungsäußerung gedeckt und deshalb nicht geeignet, das Persönlichkeitsrecht des Klägers oder der TaurusHolding zu verletzen.
110
(c) Mit dieser Beurteilung weicht der erkennende Senat, anders als der Kläger meint, nicht etwa von Grundsätzen ab, die der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 8. Februar 1994 (VI ZR 286/93, WM 1994, 641 ff.) aufgestellt hat. Nach dieser - nicht zweifelsfreien - Entscheidung des VI. Zivilsenats, die in der Literatur ganz überwiegend auf zum Teil massive Kritik gestoßen ist (Staudinger/Hager, Bearb. 1999 § 823 Rdn. C 32; Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB § 823 Rdn. 131; Erman/Schiemann, BGB 11. Aufl. § 823 Rdn. 71; Siegmann ZIP 1994, 651, 653; Hager ZHR 158 (1994), 675, 684; Junker ZIP 1994, 1499; Leßmann DZWiR 1994, 331, 333; Lutter AG 1994, 347; Ehmann WuB IV A. § 823 BGB 2.94; Hirte EWiR 1994, 469, 470; Marly LM § 823 (Ah) BGB Nr. 110), ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens verletzt, wenn ein Wirtschaftswissenschaftler, der für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zahlreiche Fortbildungsseminare durchführt , den im Bundesanzeiger vollständig veröffentlichten Jahresabschluss eines mittelständischen, nicht im Licht der Öffentlichkeit stehenden Bauunternehmens in nicht anonymisierter Weise zum Gegenstand seiner Seminarveranstaltungen macht und dabei unter gezielter Hervorhebung kritischer Werte auf tatsächliche oder vermeintliche Schwachstellen der finanziellen Lage des Unternehmens hinweist, dieses den Seminarteilnehmern also in seiner finanziellen Situation gezielt vorführt.
111
Hiervon unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung grundlegend. Der Beklagte zu 2) hat sich mit seiner Antwort auf die letzte Frage des Interviews zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden wirtschaftlichen Frage geäußert und dabei unter Verzicht auf Details eine kurz begründete Einschätzung abgegeben. Die von ihm zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen wahren Tatsachen betrafen eine im Licht der Öffentlichkeit stehende bedeutende Gruppe der Medienbranche und waren überdies, anders als in dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall, aufgrund von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften einer breiten Öffentlichkeit im Wesentlichen bereits bekannt. Ein mit der gezielten Durchleuchtung der finanziellen Situation eines mittelständischen Bauunternehmens vergleichbarer Hinweiseffekt (Prangerwirkung), auf den der VI. Zivilsenat wesentlich abgestellt hat, kann der Äußerung des Beklagten zu 2) deshalb entgegen der Ansicht von Petersen (BKR 2004, 47, 48) nicht beigemessen werden.
112
gg) Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) auch keinen Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB fordern. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen nicht ausreichen, um eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers oder der TaurusHolding durch den Beklagten zu 2) anzunehmen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsurteil insoweit auf einem Rechtsfehler beruht. Sie versucht lediglich, die auf beweislosen Mutmaßungen beruhende Beurteilung des Klägers, dass die Interviewäußerung des Beklagten zu 2) bewusst auf die Zerschlagung der Kirch-Gruppe ausgerichtet gewesen sei, an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts zu setzen. Damit kann der Kläger keinen Erfolg haben.
113
B. Revision des Klägers
114
Auch die Revision des Klägers hat nur zum Teil Erfolg. Seine Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2) ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH begründet; der Beklagte zu 2) haftet aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht der PrintBeteiligungs GmbH am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Im Übrigen stehen dem Kläger weder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding noch aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) zu.
115
1. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu
2) auf vertraglicher Grundlage bestehen nicht.
116
a) Ansprüche des Klägers aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) scheiden schon deshalb aus, weil zwischen dem Kläger selbst, der TaurusHolding sowie der PrintBeteiligungs GmbH und dem Beklagten zu 2) keine vertraglichen Beziehungen gegeben sind. Ein Vertragsverhältnis , und zwar einzig ein Darlehensvertrag, bestand lediglich zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH.
117
Auch b) ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) kommt entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Betracht. Der Beklagte zu 2) hat bei der Anbahnung des Darlehensvertrages der Beklagten zu 1) mit der PrintBeteiligungs GmbH nicht, wie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich (BGHZ 56, 81, 84; 74, 103, 108; 129, 170; 159, 94, 102), in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sind die Darlehensvertragsverhandlungen nicht vom Beklagten zu 2), sondern vom damaligen Leiter der Niederlassung München der Beklagten zu 1) geführt worden. Ob und wie der Beklagte zu 2) bankintern oder im Vorfeld an der Kreditentscheidung beteiligt war, ist im Rahmen des § 311 Abs. 2 BGB ohne Belang.
118
Nach Abschluss des Darlehensvertrages kann, wie unter II. A. 3.
a) näher dargelegt, von neuen Vertragsverhandlungen in den Jahren 2001 und 2002, aus denen sich eine vorvertragliche Verpflichtung ergeben könnte, die Kreditwürdigkeit des Klägers, der TaurusHolding oder der PrintBeteiligungs GmbH nicht zu gefährden, entgegen der Ansicht des Klägers nicht einmal für die Beklagte zu 1) ausgegangen werden, geschweige denn für den Beklagten zu 2).
119
2. Aus deliktischem Handeln des Beklagten zu 2) steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nur aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu (§ 823 Abs. 1 BGB).
120
a) Ansprüche aus § 824 Abs. 1 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG a.F., § 15 Abs. 1 UWG a.F, § 17 UWG a.F., § 19 Satz 1 UWG a.F., § 186 StGB, § 187 StGB, § 55a KWG oder § 55b KWG, aus § 1 UWG a.F. und aus § 826 BGB bestehen gegen den Beklagten zu 2) nicht, weil die Tatbestandsvoraussetzungen der genannten Anspruchsgrundlagen aus den unter II. A. 3. b) aa) - ee) und gg) dargelegten Gründen nicht gegeben sind.
121
b) Gleiches gilt aufgrund der Ausführungen unter II. A. 3. b) ff) (1) und (2) auch für Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs des Beklagten zu 2) in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers oder der TaurusHolding sowie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Kläger selbst war, wie dargelegt, im Februar 2002 nicht Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der TaurusHolding scheitert an der fehlenden Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Und eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist nicht gegeben, weil die Äußerungen des Beklagten zu 2) wahr und von seinem Recht zur freien Meinungsäußerung gedeckt sind.
122
c) Gegeben ist dagegen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten zu 2) aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Recht der PrintBeteiligungs GmbH an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb , der neben dem entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte zu 1) besteht (s. II. A. 2. c)).
123
Die aa) inkriminierten Interviewäußerungen des Beklagten zu 2) stellen einen betriebsbezogenen Eingriff in deren Gewerbebetrieb dar. Sie gefährden, wie dargelegt, ihre Kreditwürdigkeit, beeinträchtigen unmittelbar die Geschäftsbeziehung zu Banken sowie anderen potentiellen Kreditgebern und damit die ungestörte Fortführung und Entfaltung der PrintBeteiligungs GmbH (vgl. BGHZ 8, 142, 144 f.; Bütter/Tonner BKR 2005, 344, 350).
124
bb) Anders als im Verhältnis zur TaurusHolding sind die Äußerungen auch rechtswidrig. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der Interessen der Parteien unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen nicht nur zivil -, sondern auch verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen kann sich der Beklagte zu 2) für seine Äußerungen nicht mit Erfolg auf das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen. Insoweit fällt neben der bereits erörterten (II. A. 3. b) ff) (1) (b) (bb) (bbb)) Schwere des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entscheidend ins Gewicht, dass in die Güter- und Interessenabwägung zusätzlich vertragliche Pflichten einzubeziehen sind.
125
Aufgrund des Darlehensvertrages mit der PrintBeteiligungs GmbH bestanden für die Beklagte zu 1) Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten. Diese beinhalten, ohne dass sich die Beklagte zu 1) auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen könnte, wie dargelegt, unter anderem die Verpflichtung, die Kreditwürdigkeit der PrintBeteiligungs GmbH nicht zu gefährden. Diese Verpflichtung ist durch das Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB einzustehen hat, verletzt worden. Zwar begründet der Darlehensvertrag für den Beklagten zu 2) unmittelbar keine Rechte und Pflichten. Den Beklagten zu 2) traf aber aufgrund seiner damaligen Stellung als Organ der Beklagten zu 2) die organschaftliche Verpflichtung, alles zu unterlassen, was die Beklagte zu 1) schädigen, insbesondere sie einem Schadensersatzanspruch der PrintBeteiligungs GmbH in Millionenhöhe aussetzen konnte. Das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) schützt den Beklagten zu 2) insoweit nicht, da es kein vertragswidriges Verhalten erlaubt. Insbesondere war er als Organ der Beklagten zu
1) in Bezug auf die PrintBeteiligungs GmbH zur Zurückhaltung im Umgang mit kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet. Umgekehrt durfte diese sich darauf verlassen, dass die Beklagte zu 1) und ihre Organe sich an diese Verpflichtung hielten.
126
Dies darf bei der gebotenen Abwägung der Interessen der PrintBeteiligungs GmbH einerseits und des Beklagten zu 2) andererseits trotz des Prinzips der Relativität von Schuldverhältnissen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unberücksichtigt bleiben. Es geht nicht an anzunehmen, Pflichten seien nur an den Unternehmensträger, nicht aber an das Organ adressiert, gleichzeitig aber die Möglichkeit einer eigenen deliktsrechtlichen Haftung des Organs mit dem Argument zu leugnen , dessen Verhalten sei Handeln der juristischen Person selbst, so dass das Organ seinem Unternehmen gar nicht selbstständig gegenübertrete (vgl. MünchKomm/Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rdn. 399). Ange- sichts der Einheit der Rechtsordnung erscheint es außerdem widersprüchlich , ein und dasselbe Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) haftet, im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der PrintBeteiligungs GmbH ebenso wie im Innenverhältnis zwischen den beiden Beklagten als pflichtwidrig anzusehen, im Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 2) und der PrintBeteiligungs GmbH dagegen als rechtmäßig.
127
Das Organ einer Gesellschaft darf deren Vertragspartner nicht in dessen absolut geschützten Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzen und ihm einen Schaden zufügen. Vielmehr muss es sich so verhalten, wie es eine natürliche Person tun würde. Andernfalls liefe der mit einer Kapitalgesellschaft kontrahierende Vertragsgegner Gefahr, eher geschädigt zu werden als in den Fällen, in denen eine natürliche Person sein Vertragspartner ist, der für sein schuldhaftes Handeln uneingeschränkt einstehen muss. Was der juristischen Person aufgrund der vertraglichen Treuepflicht untersagt ist, ist daher zwangsläufig auch dem oder den für sie handelnden Organen verboten.
128
Nach diesen Grundsätzen steht einer Haftung des Beklagten zu 2) wegen eines unerlaubten Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kein Hinderungsgrund entgegen. So wie die Beklagte zu 1) den Vertragsbruch gegenüber der PrintBeteiligungs GmbH nicht mit Hilfe des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) rechtfertigen kann, ist auch das Handeln des Beklagten zu 2) selbst nicht gerechtfertigt. Der Einwand, dass er keine Vertragspartei und einer solchen auch nicht gleichzusetzen sei, greift entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht. Vielmehr war es seine ureigene Aufgabe, als Organ der Beklagten zu 1) dafür zu sorgen, dass sie die darlehensvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten ordnungsgemäß erfüllt und dass die PrintBeteiligungs GmbH keinen Schaden erleidet. Dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen, sondern hat sich zumindest fahrlässig über sie hinweggesetzt. Dass ein solches Verhalten von vornherein keinen Schutz verdient, sondern grundsätzlich eine eigene deliktische Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB auslöst, liegt auf der Hand und ist auch in der gesellschaftsrechtlichen Literatur bislang nicht in Frage gestellt worden.
129
Dem kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht entgegengehalten werden, die PrintBeteiligungs GmbH sei durch ihren Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu
1) ausreichend geschützt, eines ergänzenden Anspruchs gegen den Beklagten zu 2) bedürfe es nicht. Die damit angesprochene Subsidiarität des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gilt nur gegenüber Ansprüchen gegen denselben Anspruchsgegner. Wollte man dies anders sehen, könnte der Inhaber eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB auch auf verjährte oder nicht werthaltige Ansprüche etwa gegen eine vermögenslose juristische Person verwiesen werden.

III.


130
Unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen war das angefochtene Urteil daher teilweise aufzuheben (§§ 561, 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 2) war darauf zu beschränken, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche lediglich aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH zustehen, nicht jedoch solche aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht der TaurusHolding.
Nobbe Müller Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.02.2003 - 33 O 8439/02 -
OLG München, Entscheidung vom 10.12.2003 - 21 U 2392/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR490/12 Verkündet am:
30. September 2014
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Ah; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung der Vertraulichkeitssphäre
und des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung schützt
das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater
E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

b) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen ist
vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.

c) Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung
verwertet, kommt es bei der Abwägung des von der Presse verfolgten
Informationsinteresses der Öffentlichkeit und ihres Rechts auf Meinungsfreiheit
mit dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit
maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel
an, mit dem der Zweck verfolgt wird.
BGH, Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterinnen Diederichsen und von Pentz sowie den Richter
Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten zu 1 und 3 wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. November 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 1 und 3 erkannt worden ist. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 28. Juni 2011 wird zurückgewiesen. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 3 wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Berlin abgeändert, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 wird insgesamt abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der der Beklagten zu 2 in der Revisionsinstanz durch die Einlegung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde entstandenen außergerichtlichen Mehrkosten1. Diese trägt sie selbst.
Von Rechts wegen

1

Der Berichtigungsbeschluss vom 30. September 2014 ist bereits eingearbeitet.

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 3, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, auf Unterlassung angeblich persönlichkeitsrechtsverletzender Veröffentlichungen und auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch. Die Beklagte zu 1 ist die Verlegerin der BILD-Zeitung. Die frühere Beklagte zu 2 betreibt das Internet Portal www.bild.de. Die Beklagte zu 3 ist Verlegerin der "B.Z.".
2
Der Kläger war von 1994 bis 1999 Staatssekretär im Umweltministerium eines deutschen Bundeslandes. 1999 wurde er Chef der Staatskanzlei. Von Oktober 2004 bis November 2009 war er Finanzminister. Im November 2009 wurde er zum Innenminister ernannt. Zugleich war er Mitglied des Landtags. Mitte der 90er Jahre unterhielt er zu einer Mitarbeiterin, Frau G., eine außereheliche Beziehung, aus der im Jahre 1997 die gemeinsame Tochter E. hervorging. Bis auf geringfügige Zahlungen leistete der Kläger für diese keinen Unterhalt. Auf Antrag von Frau G. erhielt E. bis Oktober 2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Den Vater des Kindes benannte Frau G. der zuständigen Behörde nicht. Im Jahre 2009 kam der private Laptop des Klägers abhanden. Die darauf befindliche E-Mail-Korrespondenz zwischen ihm und Frau G. wurde der Beklagten zu 1 zugespielt. Am 31. August 2010 führten drei Redakteure der Beklagten zu 1 ein Interview mit dem Kläger. Sie hielten ihm vor, dass sich aus an ihn gerichteten E-Mails der Frau G. ergebe, dass er der Vater von E. sei und für sie keinen regelmäßigen Unterhalt gezahlt habe. Es bestehe der Verdacht des Sozialbetrugs. Außerdem teilten sie dem Kläger mit, dass sie mit der Veröffentlichung einer Berichterstattung über diesen Sachverhalt zwei Tage warten würden; in der Zwischenzeit könne der Kläger seine Verhältnisse ordnen. Der Kläger erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, durch die der Beklagten zu 1 untersagt wurde, vier E-Mails wörtlich oder sinngemäß publizis- tisch zu nutzen, und die Fragen, ob der Kläger private oder intime Kontakte mit Frau G. hatte und ob er sich an einem Sozialleistungsbetrug beteiligt hatte, öffentlich zu erörtern. Am 20. September 2010 veröffentlichte die Beklagte zu 2 unter voller Namensnennung des Klägers auf ihrem Internetauftritt "bild.de" unter der Überschrift "Innenminister unter Druck/Sozialbetrug? Minister S. wehrt sich gegen Vorwürfe" einen Beitrag, der sich mit der Beziehung des Klägers mit Frau G., der Geburt der Tochter sowie der möglichen Erschleichung von Sozialleistungen befasst. In der Zeit zwischen dem 21. und dem 25. September 2010 erschienen in den Printmedien der Beklagten zu 1 und 3 sowie in dem Internetportal der Beklagten zu 2 ähnliche Berichte über den Vorgang. Am 23. September 2010 trat der Kläger von seinem Ministeramt zurück. Er gab in einem Zeitungsinterview bekannt, dass er der Vater von E. sei und die Unterhaltszahlungen für sie nachgeholt habe.
3
Der Kläger hält die Verwertung der privaten E-Mails zum Zwecke der Berichterstattung für rechtswidrig. Er macht geltend, dass die E-Mails von seinem Laptop stammten, der ihm gestohlen worden sei. Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 verurteilt, es zu unterlassen, den Inhalt folgender E-Mails in direkter oder indirekter Rede zu verbreiten oder verbreiten zu lassen (Klageantrag zu 13): - E-Mail vom 28. Oktober 1997 des Klägers an Frau G.: "Ich stehe als Vater nicht zur Verfügung". - E-Mail vom 29. November 2002 von Frau G. an den Kläger: "Ich habe totalen Horror was werden soll, ab dem nächsten Jahr, da geht das zu Ende mit dem Betrug mit dem Vorschuss (nicht die Strafrelevanz dessen für mich). Einerseits bin ich froh, andererseits hab ich dann gar nichts mehr, mit dem ich mich mit meinem Gewissen vor E. rausreden kann. Diese Bettelhaltung ist jedenfalls auch ein zusätzlicher absolut unhaltbarer Zustand (die 100 €, ab Oktober nächstes Jahr 150 €, sind Peanuts für Dich, ich brauche das inzwischen wirklich, symbolisch und auch materiell)". - E-Mail vom 25. Juni 2008 von Frau G. an den Kläger: "War gerade bei der Bank, sieht ganz und gar nicht gut aus und ich brauch jetzt zumindest eine Teilsumme, die du mir schuldest. Offen war der Stand Ende 2005, du wolltest mal meine Mails checken, ansonsten legen wir mal was fest gelegentlich. 2006 ist komplett offen, 2007 hast du mir 800 gegeben, 2008 auch offen. Ich glaub nicht, dass ich zu viel verlange, so eher im Gegenteil. Wie wollen wir das zukünftig handeln ? Will nicht mehr betteln müssen". - E-Mail vom 21. April 2004 von Frau G. an den Kläger: "Hallo R., bitte teile mir mit, wann ich den besprochenen Unterhaltbeitrag für E. bekomme. Mit Stand April sind es im Moment 1.850 €, die du schuldest, du Finanzminister".
4
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 weiter zur Freistellung des Klägers von einer Forderung seines Rechtsanwalts in Höhe von 1.376,83 € verurteilt und festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu 4 in der Hauptsache erledigt ist. Mit dem am 9. September 2010 eingereichten Klageantrag zu 4 hatte der Kläger beantragt, die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, die Frage der Vaterschaft des Klägers hinsichtlich des Kindes E., die Frage privater oder intimer Kontakte des Klägers zu Frau G., die Frage, ob diese zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch genommen hat und/oder "Sozialleistungsbetrug" begangen hat, sowie die Frage von Unterhaltsleistungen für das Kind E. im Zusammenhang mit dem Kläger öffentlich zu erörtern.
5
Das Landgericht hat die Beklagte zu 3 verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß über den Kläger zu äußern oder zu verbreiten (Klageantrag zu 12): aa. "Du hast wieder den Geburtstag vergessen ... Du schuldest uns 1.150 Euro ... Es ist ein Bruchteil dessen, was ihr zustehen würde von Dir, bitte verweigere ihr das nicht und bring mich nicht weiterhin in die Situation, betteln zu müssen, bitte". (22. Oktober 2003) "Bitte tue mir das nicht weiterhin an, lass mich nicht soo unglaublich hängen". (24. November 2003); bb. "Ich habe das ganze Jahr 2003 über keinen Pfennig von dir gesehen , Du weißt, dass ich seit geraumer Zeit keinerlei staatlichen Unterhalt mehr für sie bekomme". (25. November 2003); cc. Der Kläger soll darauf geantwortet haben: "Ich bring auch ein paar Euro vorbei" (2. Dezember 2003); dd. "Da ist das Geld von dir fest eingeplant und entspricht dem was ihr von einem an unterster Einkommensstufe befindlichen bzw. arbeitslosen Mann an Mindestunterhalt zustände". (16. Dezember 2003); ee. "Ist jetzt ziemlich genau 8 Jahre her, als Du aus meiner Wohnung gegangen, bist ... Im Juni wären es 2.700 Euro, im Juli 2.900 Euro, steck es einfach in den Briefkasten ..." (19. Mai 2005), wie in der "B.Z." vom 23.09.2010 "Wollte also nur mal an Deinen Schuldenstand erinnern, Herr Finanzminister: 2.100 Euro" geschehen; ff. "Wollte also nur mal an Deinen Schuldenstand erinnern, Herr Finanzminister : 2.100 Euro" (6. März 2005); wie in der "B.Z." vom 23.09.2010 "Wollte also nur mal an Deinen Schuldenstand erinnern, Herr Finanzminister: 2.100 Euro" und/oder wie in "http://www.bz- berlin.de/archiv/um-15-01-uhr-zog-s.-sich-aus-seiner-affaerearticle986907.html" geschehen.
6
Das Landgericht hat die Beklagte zu 3 außerdem zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.999,32 € verurteilt. Im Übrigen hat es die - unter anderem auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 150.000 € - gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungen der Beklagten zu 1 und 3 blieben ohne Erfolg. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht die Beklagte zu 1 zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.633,87 € und die Beklagte zu 3 zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.419,19 € verurteilt. Die weiterge- hende Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten zu 1 und 3 ihre Anträge auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich der Klageantrag zu 4 durch den Rücktritt des Klägers vom Amt des Innenministers am 23. September 2010 erledigt habe. Der Unterlassungsantrag sei ursprünglich begründet gewesen und erst durch den nach Rechtshängigkeit erfolgten Rücktritt des Klägers von seinem Ministeramt unbegründet geworden. Erst der Rücktritt habe ein die Belange des Klägers überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit begründet. Bis zum Rücktritt komme dagegen dem Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit der Vorrang gegenüber dem Interesse der Beklagten zu 1 an einer Information der Öffentlichkeit zu. Die Berichterstattung stütze sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails. Die in den E-Mails erörterten Angelegenheiten beträfen die Privatsphäre des Klägers. Thematisch gehe es um seine Vaterschaft zu dem Kind E., um Unterhaltsforderungen und darauf erfolgte Zahlungen. Dies sei ein Bereich, zu dem andere nur Zugang hätten, soweit er ihnen gestattet würde. Verstärkt werde der Schutz der Privatsphäre durch den Umstand, dass die E-Mails erkennbar hätten geheim bleiben sollen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen seien. Zu berücksichtigen sei weiter die rechtswidrige Informationsbeschaffung. Die E-Mails seien auf der Festplatte des im Oktober 2009 gestohlenen Laptops des Klägers gespeichert gewesen. Die vom Kläger gestellte Strafanzeige spreche dafür, dass der Laptop tatsächlich gestohlen worden sei. Aber auch wenn der Kläger das Gerät verloren habe, ändere sich an der Beurteilung nichts. Denn dann hätten Dritte den Datenträger unterschlagen. Auch wenn der Zugriff auf die Daten über ein "gehacktes" Passwort erfolgt sei, liege ein Vergehen des Ausspähens von Daten vor. Es seien zwar keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Mitarbeiter der Antragsgegnerin an diesen Straftaten beteiligt gewesen seien oder im Zusammenhang mit der Beschaffung der Daten eine rechtswidrige Handlung begangen hätten. Die Redakteure der Beklagten zu 1 hätten aber aufgrund der Umstände erkannt, dass der Zugriff auf die Mails durch eine Straftat erfolgt sein müsse. Zwar falle auch die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Die widerrechtliche Beschaffung einer Information indiziere aber einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich eines anderen, besonders dann, wenn dieser Bereich wegen seiner Vertraulichkeit geschützt sei. In einer solchen Situation habe die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme komme nur dann in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiege, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die tat- sächliche Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehe. Dies sei in der Regel dann nicht der Fall, wenn die widerrechtlich beschaffte Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbare, die ihrerseits nicht rechtswidrig seien.
8
Nach diesen Grundsätzen liege ein überwiegendes Publikationsinteresse nicht vor. Allerdings ergebe sich aus den E-Mails, dass Frau G. den Kläger für den Vater ihrer Tochter gehalten und Unterhaltszahlungen gefordert habe. Ersichtlich sei auch, dass Frau G. angenommen habe, durch die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz einen Betrug zu begehen. Auch habe der Kläger spätestens im November 2002 angenommen, Vater des Kindes zu sein. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts stehe aber weder fest, dass der Kläger eine Straftat begangen habe, noch liege ein Mindestbestand an Beweistatsachen vor, der Voraussetzung für eine zulässige Verdachtsberichterstattung sei. Die Beweistatsachen sprächen nur dafür, dass Frau G. einen Betrug begangen habe. Denn sie habe trotz ihrer sich aus dem Unterhaltsvorschussgesetz ergebenden Verpflichtung den Kläger nicht als Vater benannt. Hinreichende Beweistatsachen, die auf eine Täterschaft oder Teilnahme des Klägers schließen ließen, lägen hingegen nicht vor. Auch wenn an dem Vorgang ein öffentliches Informationsinteresse bestehe, weil der Kläger jedenfalls ab November 2002 die Begehung eines Betrugs zum Nachteil der öffentlichen Hand geduldet habe, gebühre dem Schutzinteresse des Klägers der Vorrang. Er habe lediglich einen Rechtsverstoß geduldet, selbst aber keine Rechtsvorschriften verletzt. In besonderem Maße zu berücksichtigen sei auch, dass die E-Mails durch eine Straftat beschafft worden seien und der Eingriff wegen des erkennbaren Geheimhaltungsinteresses an der privaten Korrespondenz besonders intensiv sei.
9
Mit dem Rücktritt des Klägers vom Amt des Innenministers sei die Berichterstattung jedoch zulässig geworden. Denn bei dem Rücktritt handle es sich um ein Ereignis, an dem ein hohes öffentliches Informationsinteresse bestehe. Das Informationsinteresse erstrecke sich dabei auch auf die Frage, welche Gründe zu dem Rücktritt geführt hätten und welche Vorwürfe gegen den Kläger erhoben worden seien. Ohne die Mitteilung der aus den E-Mails zu entnehmenden Informationen bliebe eine Berichterstattung über die Gründe des Rücktritts unvollständig und nicht verständlich.
10
Die Beklagte zu 1 wende sich auch ohne Erfolg gegen ihre Verurteilung, die Wiedergabe von Zitaten aus den zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails gemäß Klageantrag zu 13 zu unterlassen. Die sprachliche Fassung eines bestimmten Gedankeninhalts sei Ausdruck der Persönlichkeit des Verfassers. Soweit die E-Mails von Frau G. verfasst worden seien, ließen sie Rückschlüsse auf die persönliche Beziehung zum Kläger zu, weshalb auch sein Persönlichkeitsrecht betroffen sei. Den E-Mails sei ein rechtswidriges Verhalten des Klägers nicht zu entnehmen. Dies deute darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handle, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse bestehe. Aus diesen Gründen wende sich auch die Beklagte zu 3 ohne Erfolg gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung der Wiedergabe von Zitaten aus den zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails gemäß Klageantrag zu 12. Aufgrund der erlittenen Persönlichkeitsrechtsverletzung stehe dem Kläger gegen die Beklagten zu 1 und 3 weiterhin ein Anspruch auf Freistellung von den Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte zu.

B.

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klageantrag zu 4 hat sich nicht in der Hauptsache erledigt; der den Gegenstand dieses Antrags bildende vorbeugende Unterlassungsantrag war zu keinem Zeitpunkt begründet. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Unterlassung der mit den Anträgen zu 12 und 13 angegriffenen Äußerungen gegen die Beklagten zu 1 und 3 zu. Aus diesem Grund kann er nicht die Freistellung von den Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte verlangen. I. Revision der Beklagten zu 1 1. Ursprünglicher Klageantrag zu 4
12
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die auf Feststellung der Erledigung des Klageantrags zu 4 gerichtete Klage unbegründet. Die Feststellung der Erledigung der Hauptsache setzt voraus, dass eine ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Januar 1982 - V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 13; vom 8. März 1990 - I ZR 116/88, NJW 1990, 3147, 3148). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Die Revision macht mit Erfolg geltend, dass dem Kläger zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1 zustand, es zu unterlassen, die Frage seiner Vaterschaft hinsichtlich E., die Frage privater oder intimer Kontakte zu Frau G., die Frage, ob diese zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch genommen und/oder "Sozialleistungsbetrug" begangen hat, oder die Frage von Unterhaltsleistungen für das Kind E. im Zusammenhang mit ihm öffentlich zu erörtern.
13
a) Allerdings greift eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails stützt und die vorbezeichneten Fragen thematisiert, in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein.
14
aa) Betroffen sind zum einen die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger für seine nichteheliche Tochter nur geringfügige Zahlungen erbracht hat, ist geeignet, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken.
15
bb) Betroffen sind zum anderen die Vertraulichkeitssphäre und das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung. Beide genannten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützen auch das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt (vgl. zur Vertraulichkeits- bzw. Geheimsphäre : Senatsurteile vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73,120, 121, 124 f.; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 509 f.; BVerfGE 54, 148, 153 f. mwN - Eppler-Zitat; zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung: BVerfGE 115, 166, 83 f., 187 ff.; EGMR, EuGRZ 2007, 415 Rn. 41, 43 f.). So umfasst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden , ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 6; vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12, BGHZ 198, 346 Rn. 11 = AfP 2014, 58; BVerfGE 84, 192, 194; BVerfG, VersR 2006, 1669 Rn. 31 f.; BVerfG, VersR 2013, 1425, 1427, jeweils mwN). Vielmehr erstreckt sich der Schutzbereich dieses Rechts auch auf Telekommunikationsverbindungsdaten einschließlich der jeweiligen Kommunikationsinhalte, soweit sie nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeichert werden. Insoweit ergänzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung den Schutz des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 115, 166, 183 f., 187 ff.). Damit wird der besonderen Schutzwürdigkeit der Telekommunikationsumstände Rechnung getragen und die Vertraulichkeit räumlich distanzierter Kommunikation auch nach Beendigung des Übertragungsvorgangs gewahrt. Vom Schutz umfasst ist dabei zum einen das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt der Kommunikation nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Geschützt wird aber auch sein Interesse daran, dass die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden und damit über den Kommunikationsinhalt hinaus auch die persönliche Ausdrucksweise des Kommunikationsteilnehmers nach außen dringt (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 121 ff.). Denn jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts lässt Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Verfassers zu (BGH, Urteil vom 25. Mai 1954 - I ZR 211/53, BGHZ 13, 334, 338).
16
Weder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch die Vertraulichkeitssphäre gewähren aber einen absoluten Schutz; sie finden ihre Grenze vielmehr in den Rechten Dritter - beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 6 mwN; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 510; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 124).
17
cc) Die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers ist dagegen nicht betroffen (vgl. zur Intimsphäre: Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, AfP 2012, 47 Rn. 11; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Die bloße Bekanntgabe der wahren Tatsache, dass der Kläger eine intime Beziehung mit Frau G. hatte, aus der ein Kind hervorgegangen ist, tangiert den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung nicht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn im Zeitpunkt der Einreichung des auf eine Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Klageantrags zu 4 zu befürchten gewesen wäre, dass diesbezügliche Einzelheiten preisgegeben werden (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 66 = AfP 2014, 135; vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, AfP 1999, 350, 351; vom 5. Mai 1964 - VI ZR 64/63, NJW 1964, 1471, 1472; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wortund Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 49). Dies ist weder ersichtlich noch dargetan.
18
b) Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist aber nicht rechtswidrig. Das von der Beklagten zu 1 verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegen das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit.
19
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135).
20
bb) Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten zu 1 auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Dabei ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass die Informationen, deren Veröffentlichung er mit dem vorbeugenden Unterlassungsantrag verhindern wollte, von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind. Zwar wird auch die Ver- öffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen vom Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) umfasst. Andernfalls wäre die Funktion der Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit" beeinträchtigt, zu der es gehört, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 510; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 124 ff.; BVerfGE 66, 116, 137 f.). Um der besonderen Schutzwürdigkeit der im Endgerät des Betroffenen gespeicherten Kommunikationsdaten und des insoweit bestehenden Ergänzungsverhältnisses von Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ausreichend Rechnung zu tragen, kommt es in diesen Fällen bei der Abwägung maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel an, mit dem der Zweck verfolgt wird. Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt. Der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 GG kommt dagegen umso geringeres Gewicht zu, je mehr sich die Äußerung unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut richtet und im privaten Verkehr in Verfolgung eigennütziger Ziele abgegeben wird (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 127 ff.; BVerfGE 66, 116, 138 f.).
21
Bei der Bewertung des Mittels, mit dem der Äußerungszweck verfolgt wird, ist zu berücksichtigen, dass es im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information verschiedene Stufungen geben kann, einerseits etwa den vorsätzlichen Rechtsbruch, um die auf diese Weise verschaffte Information zu publizieren oder gegen hohes Entgelt weiterzugeben, andererseits die bloße Kenntniserlangung von einer rechtswidrig beschafften Information, bei der die Rechtswidrigkeit der Beschaffung möglicherweise auch bei Wahrung der publizistischen Sorgfaltspflicht nicht einmal erkennbar ist. In Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Ab- sicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (BVerfGE 66, 116, 139).
22
cc) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit gegenüber dem Recht der Beklagten zu 1 auf Meinungsund Medienfreiheit zurückzutreten.
23
(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist keine Fallgestaltung gegeben, in der bereits im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information von der grundsätzlichen Unzulässigkeit ihrer publizistischen Verwertung auszugehen wäre. Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Beklagten zu 1 und 3 die E-Mails nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Sie haben sich an dem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers nicht beteiligt, auch wenn ihnen die Rechtswidrigkeit der Informationsbeschaffung nicht verborgen geblieben ist. Es begründet aber einen nicht unerheblichen Unterschied im Unrechtsgehalt, ob der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich in der Absicht verschafft, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, oder ob er, wie im Streitfall, aus dem erkannten Bruch der Vertraulichkeit lediglich Nutzen zieht. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands , dass die grundsätzliche Bereitschaft der Presse, rechtswidrig erlangte Informationen zu verwerten, Dritte zu Einbrüchen in die Vertraulichkeitssphäre ermuntern kann (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 127).
24
(2) Abgesehen davon haben die Informationen, deren Verbreitung der Kläger mit seinem vorbeugenden Unterlassungsantrag verhindern wollte und deren Wahrheit er nicht in Frage stellt, einen hohen "Öffentlichkeitswert". Sie offenbaren einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Die der Beklagten zu 1 zugespielte E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Kläger und Frau G. belegt, dass sich der Kläger, der von 1994 bis zu seinem Rücktritt im Jahre 2010 herausgehobene öffentliche Ämter bekleidete, über viele Jahre der wirtschaftlichen Verantwortung für seine Tochter E. entzogen hat. Er hat seine ehemalige Geliebte dadurch in die Situation gebracht, für die gemeinsame Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Anspruch zu nehmen, und es im eigenen persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Interesse hingenommen, dass sie Leistungen bezog, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren.
25
Gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (nachfolgend: Unterhaltsvorschussgesetz) besteht ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz u.a. dann nicht, wenn sich der Elternteil , bei dem das Kind lebt, weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. Zur Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils gehören grundsätzlich auch Angaben zur Bestimmung der Person des Vaters. Denn sie sind erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche gegen den Vater nach § 7 UhVorschG auf sich überleiten und auf diesem Wege die Erstattung der vorgeleisteten Gelder von ihm verlangen kann (vgl. BVerwGE 89, 192, 195; BVerwG, NJW 2013, 2775 Rn. 11). Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz soll "ausbleibende Zahlungen" der Unterhaltsverpflichteten aus öffentlichen Mitteln übernehmen, um sie sodann von Amts wegen beim säumigen zahlungsverpflichteten Elternteil wieder einzuziehen. Die Gewährung von Unterhalt als Ausfallleistung für den Fall, dass ein Rückgriff auf den anderen Elternteil nicht möglich oder erfolgreich ist, soll die Ausnahme bleiben. Dies ergibt sich auch aus dem in § 7 UhVorschG normierten gesetzlichen Forderungsübergang, der den Nachrang der Unterhaltsleistung dadurch sichern soll, dass Unterhaltsansprüche des berechtigten Kindes "für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird", auf das Land übergehen (BVerwG, NJW 2013, 2775 Rn. 22).
26
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat Frau G. ihren danach bestehenden Mitwirkungspflichten nicht genügt. Sie hat der für die Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zuständigen Behörde den Kläger nicht als Vater von E. benannt, obwohl sie dessen Vaterschaft für gegeben hielt. Ihr war auch bekannt, dass deshalb die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht vorlagen. Wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, ergibt sich aus der an den Kläger gerichteten E-Mail der Frau G. vom 29. November 2002, dass sie ihre unvollständigen Angaben gegenüber der Behörde als Betrug wertete, deren Strafrelevanz nach Ablauf der maximalen Bezugsdauer von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz - anders als die Leistungen - nicht "zuende" gehe.
27
Die Informationen, deren Verbreitung der Kläger mit seinem vorbeugenden Unterlassungsantrag verhindern wollte, offenbaren damit, dass der Kläger aus Eigeninteresse die wirtschaftliche Verantwortung für sein nichteheliches Kind auf den Steuerzahler abgewälzt hat. Ein derartiges Verhalten ist für die Beurteilung der persönlichen Eignung des Klägers als Finanz- und Innenminister und Landtagsabgeordneter von maßgeblicher Bedeutung. Als Minister und als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht. Sein Verhalten ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht seiner Privatsphäre zuzurechnen, zu der "Andere nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird". Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob dem Kläger selbst ein Strafvorwurf gemacht werden kann. Die Kontroll- und Überwachungsfunktion der Presse ist nicht auf die Aufdeckung von Straftaten beschränkt. 2. Klageantrag zu 13:
28
Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte zu 1 sei verpflichtet, es zu unterlassen, den Inhalt der vier im Tatbestand dieses Urteils im Einzelnen aufgeführten E-Mails in direkter oder indirekter Rede zu verbreiten.
29
a) Durch die Veröffentlichung der vier E-Mails in direkter oder indirekter Rede werden der soziale Geltungsanspruch des Klägers und sein Interesse daran beeinträchtigt, den Inhalt seiner privaten Kommunikation mit Frau G. nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Durch die Veröffentlichung der E-Mail des Klägers vom 28. Oktober 1997, wonach er als Vater nicht zur Verfügung stehe, ist darüber hinaus sein Interesse betroffen, dass die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden und damit über den Kommunikationsinhalt hinaus auch seine persönliche Ausdrucksweise nach außen dringt (vgl. die Ausführungen unter Ziffer 1. a) bb)).
30
b) Die darin liegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Art und Weise der Informationserlangung nicht rechtswidrig. An der Wiedergabe der vier E-Mails, insbesondere der des Klägers vom 28. Oktober 1997, in direkter oder indirekter Rede besteht ein hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, hinter dem das Schutzinteresse des Klägers zurückzutreten hat. Auch wörtliche Zitate, die - wie im Streitfall - geeignet sind, zu einer Bewertung des Zitierten beizutragen, fallen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 21). Dem wörtlichen Zitat kommt wegen seiner Belegfunktion ein besonderer Dokumentationswert im Rahmen einer Berichterstattung zu. Es dient als Tatsachenbehauptung dem Beleg und der Verstärkung des Aussagegehalts (vgl. BVerfG, AfP 2001, 295, 298) und hat deshalb eine besondere Überzeugungskraft (vgl. BVerfGE 54, 208, 217 f.). Aus diesem Grund kommt ihm eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zu.
31
Dies gilt vorliegend in besonderem Maße. Der Kläger stand aufgrund der von ihm im maßgeblichen Zeitraum ausgeübten öffentlichen Ämter in sozialer Verantwortung für das Gemeinwesen. Die Aussage in seiner E-Mail vom 28. Oktober 1997 "Ich stehe als Vater nicht zur Verfügung" dokumentiert mit besonderer Klarheit, wie er mit der Verantwortung gegenüber seiner nichtehelichen Tochter und der Mutter seines Kindes - und damit mittelbar gegenüber der Allgemeinheit, die jedenfalls bis zur Veröffentlichung der streitgegenständlichen Informationen die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen tragen musste - umgegangen ist. Durch die Wiedergabe dieser E-Mail in direkter oder indirekter Rede wird die zulässige Berichterstattung über das Verhalten des Klägers unterstrichen , ohne dass seine Persönlichkeit durch die Bekanntgabe seiner persönlichen Ausdrucksweise in unzulässiger Weise "preisgegeben" würde.
32
Die wörtlichen Zitate aus den drei E-Mails der Kindesmutter sind ebenfalls vom überwiegenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedeckt. Das Zitat der E-Mail vom 29. November 2002 beweist, dass der Kläger von der Inanspruchnahme der Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz durch die Kindesmutter und dem Umstand wusste, dass diese ihr Verhalten für strafrechtlich relevant hielt. Die E-Mails vom 21. April 2004 und 25. Juni 2008 dokumentieren eindrucksvoll, mit welcher Intensität und Nachhaltigkeit der Kläger an seiner Haltung festgehalten hat. 3. Rechtsanwaltskosten
33
Da die Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1 unbegründet sind, stehen dem Kläger auch keine Ansprüche auf Freistellung von Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte zu. II. Revision der Beklagten zu 3 1. Klageantrag zu 12
34
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte zu 3 sei verpflichtet, es zu unterlassen, die im Tatbestand dieses Urteils im Einzelnen aufgeführten Zitate aus den zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails wörtlich oder sinngemäß zu verbreiten. Die in der publizistischen Verwertung der E-Mails liegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist nicht rechtswidrig, da das von der Beklagten zu 1 verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit überwiegen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer I. 1. und 2. verwiesen. Das Interesse des Klägers, dass die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden und über den Kommunikationsinhalt hinaus auch seine persönliche Ausdrucksweise nach außen dringt, ist nur durch Wiedergabe seines wörtlichen Zitats vom 2. Dezember 2003 betroffen, wonach er auch ein paar Euro vorbeibringen werde. Im Übrigen handelt es sich um wörtliche Zitate der Kindesmutter. Sämtliche Zitate dienen als eindrucksvoller Beleg für die nachhaltige Weigerung des Klägers , die wirtschaftliche Verantwortung für sein nichteheliches Kind zu übernehmen und die Kosten stattdessen der Allgemeinheit aufzubürden. 2. Rechtsanwaltskosten
35
Da der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 3 unbegründet ist, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Freistellung von Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte zu.

III.

36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1, § 565 Satz 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Galke Wellner Diederichsen von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.06.2011 - 27 O 719/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 05.11.2012 - 10 U 118/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 211/12 Verkündet am:
17. Dezember 2013
Holmes
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 823 Abs. 2 Bd;

a) Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
durch eine Internetveröffentlichung ist nicht generell höher oder niedriger
zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den PrintMedien.

b) Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann demjenigen, der
persönlichkeitsrechtsverletzende eigene Inhalte im Internet zum Abruf bereit
hält, auch insoweit zuzurechnen sein, als sie erst durch die Weiterverbreitung
des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner und Stöhr, die Richterin von Pentz und den Richter Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Mai 2012 aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung zurückgewiesen worden ist. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben , soweit das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 11. November 2011 auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 abgeändert und die Klage auf Zahlung einer Geldent- schädigung gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 25.000 € abgewiesen worden ist. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil ferner aufgehoben, soweit seine Anschlussberufung gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung einer Geldentschädigung gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von weiteren 25.000 € zurückgewiesen worden ist. Die Revision der Beklagten zu 3 gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Freistellung des Klägers von Rechtsanwaltskosten richtet. Die weitergehenden Revisionen der Beklagten werden zurückgewiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen ihn betreffender Äußerungen in einem Beitrag in Anspruch, der von dem Beklagten zu 1 verfasst wurde, sich maßgeblich auf die Aussagen der Beklagten zu 3 stützt und in der Zeit vom 22. Juni 2007 bis jedenfalls 5. Juli 2007 auf dem von der Beklagten zu 2 betriebenen Internetportal www.stern.de abrufbar war.
2
Der Kläger war in der Zeit von Juni 1994 bis 31. Oktober 2009 Leiter der Rechtsabteilung der L. W. Am 17. Oktober 1994 wurde auf ihn ein Attentat verübt , wodurch er lebensgefährlich verletzt wurde. Die Attentäter hatten im Auftrag von Hintermännern gehandelt, die mit Immobiliengeschäften im Zusammenhang standen. Das Attentat und seine Hintergründe waren in den neunziger Jahren Gegenstand umfangreicher Berichterstattungen in der Presse. Ab Mai 2007 wurde aufgrund öffentlich gewordener Beobachtungen des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz unter dem Titel "Sächsische Korruptionsaffäre" deutschlandweit über den Verdacht berichtet, dass namhafte Personen aus Sachsen mit dem Rotlichtmilieu verquickt seien, ein Kinderbordell besucht und auf Immobilientransaktionen, Justiz und Verwaltung unzulässig Einfluss genommen hätten. Am 11. Juni 2007 strahlte der Mitteldeutsche Rundfunk die Sendung "FAKT" aus, in der sich die Beklagte zu 3, die ehemalige Sekretärin des Klägers zu diesem wie folgt äußerte: "Im Dezember des Jahres 2004 kam ein ca. 14-jähriges Mädchen in mein Büro und wollte Herrn X (Anmerkung des Senats: Kläger) sprechen. Sie nannte ihn dann sofort beim Vornamen und vermittelte mir, sie sei sehr verliebt. Er sei ihr Freund und sie hätte ihn über eine Woche nicht erreicht und mache sich Sorgen, weil er ihr sagte, er würde gern mit ihr auswandern. Meine Gedanken waren sofort: Und das mit einem 14jährigen Mädchen". Weiter heißt es in diesem Fernsehbericht: "Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 3) wurde aus dem Unternehmen herausgemobbt und danach noch verschiedentlich per Telefon und SMS terrorisiert und wollte sich gegenüber der Polizei offenbaren. O-Ton Y: "Ich bin Anfang diesen Jahres zur Polizei zur Zeugenvernehmung in Sachen X geladen worden, habe aber in der Nacht vor der Zeugenvernehmung meine Katze auf dem Grundstück misshandelt vorgefunden, indem sie gefesselt worden ist, und war über diese Tatsache dermaßen erschüttert und ängstlich, so dass ich die Aussage bei der Polizei nicht gemacht habe.""Am 13. Juni 2007 erschienen sowohl in der Lokalausgabe der Bildzeitung unter der Überschrift "Wie halten Sie das aus Herr X? Kindersexvorwurf gegen L. W. Manager" als auch in der Leipziger Volkszeitung unter der Überschrift "Ehemalige Sekretärin erhebt schwere Vorwürfe gegen L. W. - Abteilungsleiter, der weist alle Anschuldigungen zurück" Artikel, die sich u.a. mit den von der Beklagten zu 3 gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen befassten. In einem Beitrag der Tagesschau vom 15. Juni 2007 wurde berichtet, dass die Beklagte zu 3 den Kläger öffentlich der Pädophilie verdächtige.
3
Mit E-Mail vom 3. Juni 2007 an den Pressesprecher der L. W. und vom 10. Juni 2007 an den Kläger persönlich bat der Beklagte zu 1 um ein Interview mit dem Kläger, um ihm die Gelegenheit zu geben, "sich zu alten und neuen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem sog. "Sächsischen und Leipziger Sumpf" zu äußern", die laut Veröffentlichungen in der Presse ihn beträfen. Mit E-Mail vom 11. Juni 2007 teilte der Kläger dem Beklagten zu 1 mit, kein Gespräch mit ihm führen zu wollen. Die Tatsache, dass er Opfer eines Überfalls gewesen sei, befähige ihn nicht, sich qualifiziert zu einer angeblichen Affärein Justiz- oder Politikerkreisen zu äußern. In der Presse hätten so gut wie keine Tatsachen benannt werden können, die strafbar seien. Er kenne keine Tatsachen , die den Beklagten zu 1 bei seinen Recherchen weiterbringen könnten und er wolle sich auch nicht an dem Verbreiten von Gerüchten beteiligen. Der Beklagte zu 1 teilte daraufhin mit, dass er seine Aufgabe nicht in erster Linie darin sehe, strafbare Tatsachen zu benennen. Die Rolle des Klägers habe aber immer wieder Anlass zu Spekulationen und Beschuldigungen gegeben, weshalb er gern in einem persönlichen Gespräch noch einige Punkte klären wolle. Er wolle dem Kläger außerdem Gelegenheit geben, sich zu Vorwürfen seiner ehemaligen Sekretärin zu äußern, die nicht nur arbeitsrechtlicher Natur seien.
4
Am 22. Juni 2007 veröffentlichte die Beklagte zu 2 in ihrem Internetportal einen vom Beklagten zu 1 verfassten und sich maßgeblich auf die Angaben der Beklagten zu 3 stützenden Beitrag mit dem Titel "Sächsische Korruptionsaffäre Ein Krimi aus dem Leipziger Sumpf". Darin heißt es unter voller Namensnennung der Betroffenen u.a.: "Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 3) ahnte lange nicht, warum sie 2005 aus ihrem Job gemobbt und bedroht wurde. Erst als Einzelheiten der Sächsischen Korruptionsaffäre ans Licht kamen, wurde der Sekretärin klar: Sie wusste zu viel - ohne es zu wissen. ... Y wollte nie Kronzeugin sein, Interviews geben oder den Dreck zurückwerfen, mit dem man sie selbst beinahe zur Verzweiflung trieb. Aus lauter Loyalität hat sie sich nicht einmal vor Gericht gegen ihre abgekartete Kündigung gewehrt. ... Y hielt die Rechtsabteilung zusammen. Ihr Chef konnte all die Jahre gar nicht oft genug sagen, was er ohne sie machen sollte; sie war engste Vertraute, Ratgeberin in allen Lebenslagen und verteidigte ihn "wie eine Löwenmutter" gegen alle Anfeindungen aus dem Unternehmen. "Egal was die Kollegen hinter seinem Rücken sagten, ob sie X (Anmerkung des Senats: Kläger) als Faulpelz verleumdeten oder als einen, der sowieso die Hand aufhält" - sie hat ihm immer alles gesteckt , auch als ihn seine eigenen Juristenkollegen "als pädophilen Arsch" bezeichnen. Damals fand sie das unglaublich. ... Es ist ihr unangenehm, als er sie bittet, kindische Vergleichslisten zwischen seiner Ehefrau und einer Geliebten zu beurteilen,… Und als sei dies selbstverständlich, bewahrt sie sogar Diskreti- on, als einmal ein Mädchen, "vielleicht 14 Jahre alt", im Büro auftaucht und "nach X" fragt, der ihr angeblich versprochen hätte, mit ihr nach Sardinien abzuhauen. "Das Mädchen nannte sich Lissy, hat geweint und gebettelt, ich möge X nichts von dem Besuch sagen, denn das hätte er ihr verboten." Und tatsächlich sagt Y ihrem Chef diesmal nichts. Ein paar Wochen später schlägt die Stimmung plötzlich um. "Er redete kein Wort mehr mit mir, ließ meine Urlaubsscheine verschwinden, und an einem Tag im März bekam ich auf einmal zwei völlig konstruierte Abmahnungen". ... Nach der Kündigung zum 30.9.2005 geht sie zu Hause durch die Hölle: "Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen und zermarterte mir mein Hirn, was ich falsch gemacht habe." … Wie zum Hohn treffen regelmäßig schmähende SMS bei ihr ein. "Bin ich froh, dass ich Sie los bin." Sie weiß nicht, warum das jetzt auch noch sein muss, hebt alles auf, frisst es in sich hinein, bis sie plötzlich von drei Motorradfahrern im Straßenverkehr brutal abgedrängt wird. Sie erinnert sich zwar, dass X mal von solchen Spielchen mit Motorradkumpels geschwärmt hat, ihre Anzeige aber stellt sie gegen Unbekannt. … Bei Weihnachtseinkäufen im Dezember trifft sie zufäl- lig Lissy wieder. Das Mädchen teilte freudig mit, es sei alles wieder gut: Sie hätte X den Bürobesuch gebeichtet, er sei nicht weiter sauer gewesen. Plötzlich wird Y alles klar - das war es also: "Weil ich ihm nichts davon erzählt hatte", schließt sie, "muss er angenommen haben, ich würde ihn hintergehen und wusste womöglich noch mehr". ... Vier Monate später kommt die Korruptionsaffäre ins Rollen. In geheimen Akten des Verfassungsschutzes füllt der Name ihres Chefs mehrere Seiten: Als Opfer eines Anschlages, dessen wahre Hintergründe offenbar nie richtig aufgeklärt werden sollten; als Verdächtiger im Zusammenhang mit Kinderprostitution; als eine zentrale Figur im Leipziger Sumpf. Erst jetzt fügen sich für Y immer mehr Puzzleteile zusammen. Das Mädchen, die Andeutungen der Kollegen, "seine Empörung im Büro, nachdem ihm sein Schwager angeblich mit einer Anzeige droht, weil X dessen Tochter im Urlaub zu nahe gekommen sei." Y überwindet ihre Scham, auch diese Dinge zu benennen und geht an die Öffentlichkeit. Ihre Anwälte haben ihr das auch als Schutz empfohlen. Niemand weiß besser als sie, wozu die Leipziger Immobilienmafia fähig ist. ... "Alles, was seine Neigungen betrifft, ist mir dagegen erst im Nachhinein klar geworden". Das ist ihr wichtig: "Denn wer denkt denn an so was?!"
5
Die Behauptung der Beklagten zu 3, ein 14-jähriges Mädchen namens "Lissy" habe nach dem Kläger im Büro gefragt und angegeben, mit diesem befreundet zu sein, führte zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs einer nicht bekannten weiblichen Jugendlichen. Die Staatsanwaltschaft Dresden stellte dieses Verfahren mit Verfügung vom 7. April 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Ein weiteres, im Zusammenhang mit der sog. "Sächsischen Korruptionsaffäre" gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern wurde mit Verfügung vom 28. April 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Kläger erwirkte gegen die Beklagten einstweilige Verfügungen des Landgerichts Hamburg vom 4. September 2007 und 1. August 2007, mit welchen den Beklagten die Verbreitung der im angegriffenen Beitrag mitgeteilten Äußerungen verboten wurde. Die Beklagten akzeptierten diese Unterlassungsverfügungen als endgültige Regelungen und verzichteten auf die Rechtsbehelfe der §§ 924, 926, 927 ZPO.
6
Mit der Behauptung, durch die im angegriffenen Beitrag enthaltenen unwahren Tatsachenbehauptungen sei er sowohl sozial als auch wirtschaftlich vernichtet worden, begehrt der Kläger die Zahlung einer Geldentschädigung wegen schwerwiegender Persönlichkeitsrechtsverletzung sowie den Ersatz von Anwaltskosten. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten in Bezug auf alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden.
7
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 25.000 € und die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zur Zahlung einer weiteren Geldentschädigung in Höhe von 50.000 € verurteilt. Darüber hinaus hat es dem Feststellungsbegehren gegen die Beklagten zu 1 und 2 entsprochen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht die von ihnen zu zahlende Geldentschädigung auf insgesamt 50.000 € reduziert. Die weitergehenden Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht ebenso wie die Berufung der Beklagten zu 3 und die auf Erhöhung der Geldentschädigung gerichtete Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zu 3 verurteilt, den Kläger von einer Gebührenforderung der Rechtsanwälte H & M in Höhe von 1.195,95 € freizustellen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger von den Beklagten zu 1 und 2 eine weitere Geldentschädigung in Höhe von 50.000 €. Die Beklagten verfolgen mit ihren Revisionen ihre Klageabweisungsanträge weiter. Mit der gegen die Beklagte zu 3 gerichteten Anschlussrevision begehrt der Kläger die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Anwälte in Höhe von weiteren 3.712,90 €.

Entscheidungsgründe:

A.

8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat ausgeführt , dass der Kläger von den Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die Zahlung einer Geldentschädigung verlangen könne. Die Beklagten hätten das Persönlichkeitsrecht des Klägers in schwerwiegender Weise dadurch verletzt, dass sie - teils offen, teils verdeckt - die Behauptungen aufgestellt hätten, der Kläger sei pädophil veranlagt, er habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen namens Lissy gehabt, er sei korrupt, Teil eines kriminellen Leipziger Netzwerkes (sog. Sächsische Korruptionsaffäre), habe seine Dienstpflichten nicht erfüllt und die Beklagte zu 3 bedroht, in dem er ihr SMS geschrieben habe, ihre Katze habe strangulieren lassen und sie von drei ihm bekannten Motorradfahrern im Straßenverkehr habe abdrängen lassen. Die Wiedergabe von angeblichen Kollegenäußerungen, wonach der Kläger als "pädophiler Arsch" bezeichnet worden sei, lasse in Verbindung mit seiner Benennung als "Verdächtiger im Zusammenhang mit Kinderprostitution" und dem Bericht der Beklagten zu 3 über den Besuch des Mädchens Lissy für den verständigen Durchschnittsleser nur die Schlussfolgerung zu, der Kläger habe auch zu diesem eine pädophile Beziehung unterhalten. Diese unabweisliche Schlussfolgerung werde dem Leser insbesondere durch die Passage nahegelegt, in der es heißt: "Erst jetzt fügen sich für Y immer mehr Puzzleteile zusammen. Das Mädchen, die Andeutungen der Kollegen, "seine Empörung im Büro, nachdem ihm sein Schwager angeblich mit einer Anzeige droht, weil X dessen Tochter im Urlaub zu nahe gekommen sei.""Diese Schlussfolgerung werde durch die Aussage bestärkt: "Alles, was seine Neigungen betrifft, ist mir dagegen erst im Nachhinein klar geworden" …"Denn wer denkt denn an so was?!". Auch wenn der streitgegenständliche Beitrag überwiegend Bezug auf Äußerungen der Beklagten zu 3 nehme, hätten die Beklagten zu 1 und 2 sich diese Äußerungen zu Eigen gemacht. Durch deren nahtlose Einbindung in den Text, die nahezu bruchlose Verschmelzung von Interviewabschnitten mit Passagen in indirekter Rede, die hergestellte Verbindung zur sog. Sächsischen Korruptionsaffäre bereits im Einleitungstext sowie durch zustimmende und bewertende Kommentierungen bringe der Beklagte zu 1 deutlich zum Ausdruck, dass er die Auffassung der Beklagten zu 3 teile. Die Beklagten hätten nicht den Beweis erbracht, dass die erhobenen Vorwürfe wahr seien. Die Beklagten könnten sich auch nicht auf die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung stützen. Die übernommenen Behauptungen beschränkten sich an keiner Stelle auf die Äußerung eines bloßen Verdachts, sondern würden als unumstößliche Tatsachen dargestellt. In dem Beitrag würden auch keine den Kläger entlastenden Umstände wiedergegeben. Darüber hinaus fehle es an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der berichteten Informationen sprächen. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten dem Kläger auch nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die bloße Kontaktaufnahme per E-Mail ohne eine konkrete Darlegung des Gegenstandes, zu dem eine Stellungnahme erbeten werde, reiche hierfür nicht aus.
9
Die durch die Berichterstattung hervorgerufene schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers könne auch nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden. Die vom Kläger gegen die Beklagten erwirkten Unterlassungsverfügungen bewirkten keinen anderweitigen Ausgleich der Rechtsverletzung. Denn gegenüber Veröffentlichungen im Internet sei die Gel- tendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Ergebnis faktisch wirkungslos, weil die Primärmitteilung durch Dritte im Rahmen von Kopien, Blogs oder Verlinkungen weiter verbreitet werde. Der Kläger könne auch nicht auf die Geltendmachung eines Widerrufsanspruchs verwiesen werden, da ihn die Beweislast für die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen treffe. Eine Gegendarstellung bewirke keine Genugtuung. Bei der Bemessung der Höhe des Geldentschädigungsanspruchs sei zu berücksichtigen, dass die verdeckte Behauptung, der Kläger habe eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen unterhalten und sei pädophil veranlagt, nicht allein in dem streitgegenständlichen Artikel enthalten, sondern bereits am 13. Juni 2007 in der Bildzeitung veröffentlicht worden sei. In gleicher Weise habe sich die Beklagte zu 3 zuvor im MDRMagazin FAKT am 11. Juni 2007 geäußert. Es könne nicht außer Betracht bleiben , dass eine Tatsache bereits einer größeren Öffentlichkeit bekannt sei und deren Sicht auf die betroffene Person schon wesentlich mitpräge. Auf der anderen Seite sei die erhebliche Rufschädigung zu berücksichtigen, die der Vorwurf der Pädophilie nach sich ziehe. Es sei auch davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Berichterstattung zumindest mitursächlich für die durch Vorlage diverser Befundberichte belegte depressive Störung des Klägers sei. Sowohl der streitgegenständliche Beitrag als auch die parallel erfolgten Pädophilievorwürfe in anderen Medien seien für sich genommen geeignet, schwerwiegende psychische Folgeschäden, zumindest aber eine längerfristige depressive Verstimmung hervorzurufen. Es liege damit eine Doppelkausalität vor, die für eine Haftungsbegründung ausreiche. Der Entschädigungsanspruch sei auch nicht im Hinblick auf sämtliche, im Zeitraum ab Mai 2007 erschienenen Veröffentlichungen über den Kläger zu mindern. Denn nur die Beiträge im MDR-Magazin FAKT und in der Bildzeitung befassten sich mit der Behauptung, der Kläger unterhalte eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen. Es sei auch kein Grundsatz anzuerkennen, wonach die Geldentschädigung bei einer Internetveröffentli- chung stets höher anzusetzen sei als bei einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Veröffentlichung in den Printmedien. Eine solche Betrachtung lasse außer Acht, dass die Verlinkung auf den angegriffenen Beitrag im Internet und die sonstige Weiterverbreitung in anderen Portalen nicht vom Willen des Verletzers abhängig sei und diesem nicht zugerechnet werden könne. Auch bei einer gedruckten Zeitung sei für die Höhe der Geldentschädigung nicht maßgeblich, ob die belastende Darstellung von anderen Zeitungen, etwa im Rahmen eines Pressespiegels, übernommen werde. Auf der anderen Seite sei die Geldentschädigung bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine Internetveröffentlichung auch nicht generell niedriger anzusetzen als bei einer solchen durch eine Printveröffentlichung. In Fällen, in denen der Schädiger - wie im Streitfall - die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen als Mittel zur Reichweitensteigerung eingesetzt habe, sei die Erzielung von Gewinnen als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. Nach einer Pressemitteilung der Beklagten zu 2 habe das von ihr betriebene Portal im August 2007 durchschnittlich 2,58 Millionen Nutzer gehabt, was in der Gesamtabwägung die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 50.000 € rechtfertige. Der gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Feststellungsantrag sei zulässig und begründet. Die Beklagten zu 1 und 2 stellten ihre Schadensersatzpflicht in Abrede, die Höhe des Schadens stehe derzeit noch nicht fest und es drohe eine Verjährung des Anspruchs.
10
Die Beklagte zu 3 sei zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 25.000 € verpflichtet. Sie müsse sich den streitgegenständlichen Beitrag als Informantin zurechnen lassen. Sie habe gewusst, welche Schlussfolgerungen der Beklagte zu 1 aus ihren Informationen ziehen würde. Ihre Behauptungen ließen im Gesamtzusammenhang die alleinige Schlussfolgerung zu, der Kläger sei pädophil und habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen. Die Beklagte zu 3 habe die Wirkungen ihrer Behauptungen aus Rache gegenüber dem Kläger, dem sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zugeschrieben habe, in Kauf genommen.
11
Die Anschlussberufung des Klägers sei unbegründet, soweit er die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 zu einer höheren Geldentschädigung begehre. Er könne indes von der Beklagten zu 3 aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186, 187 StGB die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Anwälte in Höhe von 1.195,95 € verlangen, die durch seine Verteidigung in dem auf Initiative der Beklagten zu 3 eingeleiteten Ermittlungsverfahren entstanden sei.

B.

I. Revisionen der Beklagten zu 1 und 2
12
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revisionen der Beklagten zu 1 und 2 nicht in jeder Hinsicht stand.
13
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB gegen die Beklagten zu 1 und 2 zusteht.
14
a) Die Revisionen wenden sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die angegriffenen Äußerungen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzen.
15
aa) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht dem beanstandeten Beitrag die - teils offenen, teils verdeckten - Aussagen entnommen, der Kläger sei pädophil veranlagt, er habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen namens Lissy gehabt, er sei kor- rupt, Teil eines kriminellen Leipziger Netzwerkes (sog. Sächsische Korruptionsaffäre ), habe seine Dienstpflichten nicht erfüllt und die Beklagte zu 3 bedroht, indem er ihr SMS geschrieben habe, ihre Katze habe strangulieren lassen und sie von drei ihm bekannten Motorradfahrern im Straßenverkehr habe abdrängen lassen (vgl. zur Ermittlung verdeckter Aussagen: Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02, AfP 2004, 56, 57 f.). Das Berufungsgericht hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision nicht.
16
bb) Die vorbezeichneten Aussagen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Sie beeinträchtigen ihn in erheblichem Maße in seiner Ehre und sozialen Anerkennung. Die Äußerungen sind geeignet, sich abträglich auf sein Ansehen, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wird der Kläger in dem Beitrag als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt, der weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt.
17
Anders als das Berufungsgericht beiläufig meint, ist die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers dagegen nicht betroffen (vgl. zur Intimsphäre: Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, AfP 2012, 47 Rn. 11; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Denn sexuelle Verhältnisse mit Kindern oder Jugendlichen sind in § 182 StGB unter Strafe gestellt. Die Begehung von Sexualstraftaten fällt aber nicht in den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Mit ihnen geht ein Übergriff in die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers einher, so dass ihre Begehung nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters ange- sehen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, AfP 2013, 250 Rn. 24; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 26).
18
cc) Die Beklagten zu 1 und 2 sind für die beanstandeten Aussagen uneingeschränkt verantwortlich. Entgegen der Auffassung der Revisionen haben die Beklagten zu 1 und 2 insoweit nicht lediglich fremde Äußerungen - solche der Beklagten zu 3 - verbreitet (vgl. zur Verbreiterhaftung: Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 13; BVerfG AfP 2009, 480 Rn. 69, jeweils mwN). Sie sind nicht als bloße Vermittler der Äußerungen der Beklagten zu 3 aufgetreten, sondern haben sich diese zu Eigen gemacht und damit eigene Behauptungen aufgestellt.
19
(1) Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung regelmäßig dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen (Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11). So genügt es für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht, dass ein Presseorgan die ehrenrührige Äußerung eines Dritten in einem Interview verbreitet, ohne sich ausdrücklich von ihr zu distanzieren (Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11 mwN; BVerfGK 10, 485, 492; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 69; EGMR, Urteile vom 29. März 2001 - 38432/97 Rn. 64 - Thoma/Luxemburg; vom 30. März 2004 - 53984/00 Rn. 37 ff. - Radio France/Frankreich; vom 14. Dezember 2006 - 76918/01 Rn. 33 ff. - Verlagsgruppe News GmbH/Österreich). Auch kann sich schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; AfP 2009, 480 Rn. 67; Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN).
20
(2) Nach diesen Grundsätzen haben sich die Beklagten zu 1 und 2 die Aussagen der Beklagten zu 3 zu Eigen gemacht. Zwar wird in dem angegriffenen Beitrag ausdrücklich Bezug auf Äußerungen der Beklagten zu 3 in einem zwischen ihr und dem Beklagten zu 1 geführten Gespräch genommen. Auch werden verschiedene ihrer Aussagen als wörtliche Zitate wiedergegeben und als solche kenntlich gemacht. Entgegen der Auffassung der Revisionen wird in dem Beitrag aber nicht lediglich ein Sachverhalt referiert, ohne dessen Richtigkeit zu unterstellen; es werden nicht nur die Äußerungen eines Dritten berichtet. Vielmehr nimmt der Beklagte zu 1 in dem Beitrag eine eigene Bewertung der Vorgänge vor und identifiziert sich mit der Darstellung der Beklagten zu 3. Er unterstreicht die von ihr erhobenen Vorwürfe, stellt sie als Opfer dar und ergreift zu ihren Gunsten Partei. Dies kommt beispielsweise durch die Bewertung des Verhaltens des Klägers als "Mobbing", der von ihm ausgehenden Anzüglichkeiten als "armselig" und der Kündigung der Beklagten zu 3 als "abgekartet" zum Ausdruck ebenso wie durch die wertende Zusammenfassung "Y wurde ihre eigene Diskretion zum Verhängnis" und die Aussage, sie "wollte nie … den Dreck zurückwerfen, mit dem man sie selbst beinahe zur Verzweiflung trieb".
21
dd) Die Revisionen wenden sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sei rechtswidrig.
22
(1) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 10; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 11, jeweils mwN).
23
Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten zu 1 und 2 auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
24
(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die angegriffenen Behauptungen nicht (erweislich) wahr. Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB wäre es Sache der auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden gewesen, die Wahrheit der Behauptung nachzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; Katzenmeier in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 823 Abs. 2 Rn. 9 mwN). Diesen Beweis haben sie nicht geführt.
25
(3) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind die angegriffenen Äußerungen auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
26
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen , dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl.
Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 26, 28 mwN; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62; EGMR, Entscheidung vom 4. Mai 2010 - 38059/07, Effectenspiegel AG gegen Deutschland, juris Rn. 42). Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
27
(b) Nach diesen Grundsätzen war die angegriffene Berichterstattung unzulässig. Die Beklagten zu 1 und 2 sind ihren publizistischen Sorgfaltspflichten nicht im gebotenen Umfang nachgekommen.
28
(aa) Es fehlt bereits an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt es einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Ehre des Klägers dar, wenn er als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt wird, der ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen hatte und weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt. Dieser Vorwurf trifft den Kläger im Kern seiner Persönlichkeit. Angesichts der Schwere dieses Vorwurfs waren die Beklagten zu 1 und 2 in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 24).
29
Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht unter zutreffender Würdigung aller Indizien zu Recht angenommen, dass weder die Angaben der Beklagten zu 3 noch die den Beklagten zu 1 und 2 vorliegenden Unterlagen eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Verbreitung der den Kläger schwer belastenden Vorwürfe abzugeben vermochten. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gab es für die (verdeckte) Aussage, der Kläger habe ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen namens "Lissy" gehabt, nur einen Anhaltspunkt, nämlich die Angaben der Beklagten zu 3. Diese verfügte insoweit aber weder über eigene Erkenntnisse noch über in tatsächlicher Hinsicht konkrete anderweitige Hinweise. Vielmehr konnte sie lediglich aus ihrer Sicht auffällige Begebenheiten schildern, aus denen sie auf entsprechende sexuelle Kontakte schloss. Eine derartige bloße Schlussfolgerung ohne hinreichende Tatsachengrundlage rechtfertigt es aber nicht, den Betroffenen mit einem derart schweren, ihn im Kern seiner Persönlichkeit treffenden Vorwurf zu überziehen. Unabhängig von der unzureichenden Tatsachengrundlage hätten sich die Beklagten zu 1 und 2 die Schlussfolgerungen der Beklagten zu 3 aber auch deshalb nicht ohne weiteres zu eigen machen dürfen, weil sich die Beklagte zu 3 ausweislich des von den Beklagten zu 1 und 2 vorgelegten Aktenvermerks der Polizeidirektion Leipzig vom 12. Dezember 2006 in psychologischer Behandlung befand, sich vom Kläger gemobbt fühlte und bei ihren Schilderungen "kein gutes Haar an diesem ließ". Bei dieser Sachlage hätten die Beklagten zu 1 und 2 in Rechnung stellen müssen, dass die Angaben der Beklagten zu 3 von einem übermäßigen Belastungseifer getragen sein könnten.
30
Dem als "geheim" gekennzeichneten Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 14. Juli 2006 ist hinsichtlich eines Verhältnisses des Klägers zu einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen namens "Lissy" nichts zu entnehmen. Er beschränkt sich auch im Übrigen auf vage, nicht konkretisierte Mutmaßungen und beruht überwiegend auf anonymen Quellen. Entgegen der Auffassung der Revisionen stellt dieser Bericht auch keine privilegierte Quelle dar, auf deren Richtigkeit der Beklagte zu 1 hätte vertrauen dürfen. Zwar ist es in der Rechtsprechung und im Schrifttum anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 29 ff.; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35 jeweils mwN; Hoene in Soehring /Hoene, Presserrecht, 5. Aufl., § 2 Rn. 21c). Dies beruht auf der Erwägung, dass Behörden in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind und Amtsträger, wenn sie vor der Frage stehen, ob die Presse über amtliche Vorgänge informiert werden soll, die erforderliche Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vorzunehmen haben (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 30; BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 169 ff. [Stand: 1. November 2013]). Verletzen sie ihre Amtspflichten, kann ein Schadensersatzanspruch des Betroffenen wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die zuständige Gebietskörperschaft als Träger der Behörde gegeben sein (vgl. BGH, Urteile vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, aaO S. 1951 f.; vom 23. Oktober 2003 - III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697; OLG Hamburg, Ufita 70 (1974), 305, 309 ff.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 19 Rn. 38). Um eine derartige für die Öffentlichkeit bestimmte Verlautbarung han- delt es sich bei dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz aber gerade nicht. Er war ausdrücklich als "geheim" gekennzeichnet.
31
Gleiches gilt für die Protokolle über die polizeiliche Vernehmung verschiedener Zeugen aus den Jahren 1999 und 2000. Auch sie sind in tatsächlicher Hinsicht unergiebig. Ausweislich des Protokolls über die Vernehmung der Zeugin I. vom 7. Juni 2000 hat diese eine nicht näher identifizierte Person auf einem ihr vorgelegten Lichtbild als Freier des Kinderbordells Jasmin erkannt. Die übrigen Protokolle enthalten bloße Gerüchte oder Vermutungen ohne belastbare tatsächliche Grundlage. Derartige Gerüchte können aber nicht die Basis für eine den Betroffenen im Kern seiner Persönlichkeit treffenden Berichterstattung in der Presse abgeben (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405). Abgesehen davon lagen die Zeugenaussagen im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels bereits sechseinhalb Jahre zurück , ohne dass die Strafverfolgungsbehörden zu Lasten des Klägers hieraus Konsequenzen gezogen hatten.
32
Auch das an die Geschäftsführung der L.W. gerichtete anonyme Schreiben des angeblichen L.W.-Kollegiums vom 14. Mai 2007 vermag die angegriffene Berichterstattung nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass es allein als Beleg für die Behauptung dienen könnte, der Kläger sei korrupt, kommt ihm aufgrund seines vage gehaltenen Inhalts und seiner Diktion nur ein sehr geringer Beweiswert zu. Hinzu kommt, dass sich der Beklagte zu 1 ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, vor der Veröffentlichung des Beitrags nicht in der erforderlichen Weise vergewissert hat, ob das Schreiben der Geschäftsführung überhaupt zugegangen ist.
33
Beruht eine mit einer so erheblichen Ehrenkränkung verbundene Behauptung auf einer derart dürftigen Tatsachen- und Recherchegrundlage, wie dies vorliegend der Fall ist, gebietet eine an den verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern beider Seiten ausgerichtete Abwägung der Interessen, die betroffene Person, hier den Kläger, nicht unter voller Namensnennung "an den Pranger zu stellen".
34
(bb) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der angegriffene Beitrag unausgewogen und ihm nicht hinreichend zu entnehmen ist, dass lediglich über einen nicht bewiesenen Verdacht gegen den Kläger berichtet werden sollte. Wie bereits ausgeführt identifiziert sich der Beklagte zu 1 in dem Beitrag mit der Darstellung der Beklagten zu 3. Er unterstreicht die von ihr erhobenen Vorwürfe, stellt sie als Opfer dar und ergreift zu ihren Gunsten Partei. Die Berichterstattung ist nicht nur bewusst einseitig, sondern erweckt in unzulässiger Weise den Eindruck, die aufgestellten Behauptungen seien inhaltlich zutreffend und der Kläger sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt.
35
(cc) Die Revisionen wenden sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 1 habe dem Kläger vor der Veröffentlichung nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Entgegen der Auffassung der Revisionen durfte sich der Beklagte zu 1 unter den Umständen des Streitfalles nicht darauf beschränken, den Kläger um ein Interview zu bitten und in den "zunächst nur einleitenden Bitten um ein Gespräch" lediglich den groben Kontext und die Zielrichtung seiner Recherchen zu bezeichnen. Angesichts der besonderen Tragweite, die die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen für den Kläger erkennbar haben konnte, war der Beklagte zu 1 vielmehr gehalten, dem Kläger die Vorwürfe, die Gegenstand des Beitrags werden sollten, konkret zur Kenntnis zu bringen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme auf ihm beliebige Weise zu geben, ohne ihn auf die Möglichkeit der Erörterung der Vorwürfe in einem persönlichen Gespräch zu beschränken (vgl. zur Anhörung des Betroffenen vor der Berichterstattung: Senatsurteile vom 25. Mai 1965 - VI ZR 19/64, VersR 1965, 879, 881; vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 25 f.). Das Interesse der Medien, den Betroffenen erstmals in einem Interview mit den konkreten Vorwürfen zu konfrontieren, um eine spontane Reaktion des Betroffenen zu erfahren, ist in diesem Zusammenhang nicht schutzwürdig. Es muss vielmehr grundsätzlich dem Betroffenen überlassen bleiben, wie er sich äußern will. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich , dass der Kläger ein persönliches Gespräch mit dem Beklagten zu 1 abgelehnt hat. Hierin liegt insbesondere kein Verzicht auf die Möglichkeit der Stellungnahme. Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, kommt die Annahme eines Verzichts nur dann in Betracht, wenn der Betroffene weiß, was ihm konkret vorgeworfen wird.
36
Die Revisionen rügen in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der E-Mail des Beklagten zu 1 vom 10. Juni 2007 ein Telefonat mit der Schwester des Klägers vorangegangen sei, das offensichtlich die streitgegenständlichen Äußerungen zum Gegenstand gehabt habe. Dies ergibt sich aus der E-Mail gerade nicht. Danach hat es der Beklagte zu 1 vielmehr abgelehnt, der Schwester des Klägers Fragen zukommen zu lassen , da sie "erklärtermaßen" nicht mandatierte Vertreterin des Klägers sei und er nicht wisse, ob sie tatsächlich seine Schwester sei.
37
b) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Kläger wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die beanstandete Berichterstattung von den Beklagten zu 1 und 2 die Zahlung einer Geldentschädigung verlangen kann.
38
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 591, 592). Die Zubilligung einer Geldentschädigung kommt auch in Betracht, wenn das Persönlichkeitsrecht, wie im Streitfall, durch eine nicht erweislich wahre rufschädigende Tatsachenbehauptung verletzt wird. In diesem Fall ist aber bei der Gewichtung der Schwere des Eingriffs die offen bleibende Möglichkeit mit zu berücksichtigen, dass die inkriminierte Behauptung wahr sein kann (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27). Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215). Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302 mwN). In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285).
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bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht einen hinreichend schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu Recht bejaht. Der angegriffene Beitrag, in dem der Kläger als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt wird, der ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen hatte und weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt, ist in einem außerordentlich erheblichen Maße herabsetzend und mindert das Ansehen des Klägers besonders nachhaltig. Die darin enthaltenen Vorwürfe treffen den Kläger in den Grundlagen seiner Persönlichkeit und sind geeignet, ihn gesellschaftlich zu vernichten. Die Beklagten zu 1 und 2 handelten auch in erheblichem Maße schuldhaft. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre publizistischen Sorgfaltspflichten in hohem Maße verletzt haben. Wie unter Ziffer a) dd) (3) (b) ausgeführt, haben sie die den Kläger schwer belastenden Aussagen der Beklagten zu 3, die sich ausweislich des von den Beklagten vorgelegten Aktenvermerks der Polizeidirektion Leipzig vom 12. Dezember 2006 in psychologischer Behandlung befand und einen arbeitsrechtlichen Konflikt mit dem Kläger austrug, kritiklos übernommen und den Kläger in einem äußerst einseitigen und präjudizierenden Beitrag unter voller Namensnennung "an den Pranger" gestellt, ohne diesem zuvor in dem gebotenen Maß Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
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Die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Einwendungen der Revisionen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Zubilligung einer Geldentschädigung setzt insbesondere nicht voraus, dass der Kläger - wie von ihm behauptet - aufgrund der streitgegenständlichen Berichterstattung eine schwere Depression erlitten hat. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Er findet seine sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302; vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 204 f.; BVerfGE 34, 269, 282, 292; BVerfG NJW 2000, 2187 f.; Müller, VersR 2008, 1141, 1150).
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Entgegen der Auffassung der Revisionen wirkt sich auch nicht der Umstand mindernd auf das Gewicht der durch die angegriffenen Äußerungen bewirkten Persönlichkeitsrechtsverletzung aus, dass bereits vor dem angegriffenen Beitrag in verschiedenen Veröffentlichungen über den Kläger berichtet wurde. Denn weder werden unbewiesene Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters deswegen zulässig, weil sie auch von anderen aufgestellt worden sind (vgl. BVerfGE 85, 1, 22; BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; AfP 2009, 480 Rn. 64), noch verliert der Betroffene durch die erste belastende Berichterstattung seine Ehre und soziale Anerkennung in dem Sinne, dass diese Schutzgüter nicht erneut oder nur mit geringerer Intensität verletzt werden könnten. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, stellen die Veröffentlichungen durch andere Verlage jeweils eigenständige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, die einer selbständigen Beurteilung unterliegen. Eine andere Betrachtung würde weder dem Wesen der genannten Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch der Funktion der Entschädigung als Rechtsbehelf zu ihrem Schutz gerecht (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307 f.; aA OLG Stuttgart, AfP 1981, 362). Die Vorveröffentlichungen könnten sich allenfalls mindernd auf die Höhe der zuzubilligenden Geldentschädigung auswirken, wenn und soweit das Interesse der von dem streitgegenständlichen Beitrag angesprochenen Personen durch sie bereits verringert war (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 536; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 32 Rn. 37).
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Aus den von den Revisionen herangezogenen Entscheidungen des Senats vom 29. Juni 1999 (VI ZR 264/98, AfP 1999, 350) und vom 5. November 2013 (VI ZR 304/12, juris), des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33) sowie des EGMR (NJW 1999, 1315) folgt nichts anderes. Sie betrafen andere Fallkonstellationen, weshalb die dort maßgebenden Erwägungen vorliegend nicht herangezogen werden können. In den genannten Entscheidungen ging es jeweils um die dem Willen des Betroffenen widersprechende Offenbarung wahrer Tatsachen, die vor der jeweils angegriffenen Veröffentlichung bereits von anderen Medien mitgeteilt worden und damit schon einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden waren mit der Folge, dass der Betroffene bereits zuvor seine Anonymität verloren hatte bzw. seine persönlichen Daten nicht mehr geheim waren. So wandte sich die Klägerin im Verfahren VI ZR 304/12 gegen die unter Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erfolgte Preisgabe des Abstammungsverhältnisses zu ihrem Vater. Der Kläger im Verfahren VI ZR 264/98 beanstandete als Eingriff in seine Privatsphäre, dass der Grund für die Scheidung von seiner Ehefrau - Ehe- bruch - bekanntgeben worden war. Der Streitfall dagegen ist anders gelagert. Hier steht der Schutz vor unbewiesenen Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters in Rede. Es kann dahingestellt bleiben, ob Vorveröffentlichungen angesichts des Umstands, dass es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht um eine statische, für alle Zeiten feststehende Größe handelt, sondern sein Bestand in gewissem Umfang auch von der tatsächlichen Anerkennung durch die Öffentlichkeit abhängt (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33), nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einem "Negativ-Image" des Betroffenen führen können (so OLG Stuttgart, AfP 1981, 362). Dies kommt jedenfalls nicht in Betracht, wenn die angegriffene Berichterstattung und die Vorveröffentlichungen - wie im Streitfall - in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen.
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cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beeinträchtigung des Klägers nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Die gegen die Beklagten erwirkten Unterlassungstitel schließen den Geldentschädigungsanspruch unter den Umständen des Streitfalls nicht aus. Auch unter Berücksichtigung der mit ihnen zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen können sie die weitere Abrufbarkeit des angegriffenen Beitrags oder Teilen desselben nicht zuverlässig verhindern. Es ist allgemein bekannt, dass eine in das Internet gestellte Meldung, auch wenn sie von ihrem Urheber gelöscht wurde, jedenfalls für gewisse Zeit weiter zugänglich bleiben kann, weil sie in der Zwischenzeit von Dritten kopiert und auf einer neuen Webseite eingestellt oder von Bloggern zum Gegenstand eines eigenen Beitrags gemacht wurde. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass zahlreiche Nutzer im Internet die Löschung von Inhalten infolge von Unterlassungsansprüchen als Zensur interpretieren und für die Verbreitung "AusweichRouten" finden. Abgesehen davon vermag ein Unterlassungstitel in Fällen derart schwerer Angriffe, die sich gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richten, die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht hinreichend auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 13 f.).
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Die Zubilligung einer Geldentschädigung ist im Streitfall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger keinen Widerrufsanspruch geltend gemacht hat. Zum einen sind die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht erfüllt, weil der Kläger nicht beweisen kann, kein Verhältnis mit einem 14 Jahre alten Mädchen (gehabt) zu haben. Zum anderen ist auch ein Widerruf nicht geeignet, die erlittene Beeinträchtigung hinreichend auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 13 f.).
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2. Die Revisionen wenden sich aber mit Erfolg gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der dem Kläger zustehenden Geldentschädigung.
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a) Allerdings ist die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung in erster Linie Sache des Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar , ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Bemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 29; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307).
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b) Vor diesem Hintergrund ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Verringerung des Interesses der angesprochenen Leser an der streitgegenständlichen Berichterstattung nur die Vorveröffentlichungen im MDR-Magazin "FAKT", in der Bildzeitung und in der Online-Ausgabe der Leipziger Volkszeitung mindernd berücksichtigt, den anderen Beiträgen hingegen keine Bedeutung beigemessen hat (vgl. zur Minderung des Informationsinteresses durch Vorveröffentlichungen: Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 536; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht , 5. Aufl., § 32 Rn. 37). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts befassten sich die übrigen Vorveröffentlichungen weder mit der Behauptung, der Kläger unterhalte eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen , noch mit den weiteren von der Beklagten zu 3 erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit der Arbeitseinstellung des Klägers, seinem Verhalten am Arbeitsplatz, den Umständen ihrer Kündigung und der angeblichen Bedrohung.
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c) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, wonach der Anzahl der Aufrufe des angegriffenen Beitrags für die Bemessung der Höhe der Entschädigung keine Bedeutung zukomme. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung als Bemessungsfaktor zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 51 Rn. 23, 30). Aus diesem Grund kann die Anzahl der Personen, die die beanstandeten Äußerungen zur Kenntnis genommen haben, nicht unbeachtet bleiben.
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d) Wie die Revisionen zu Recht rügen, tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Annahme, die Beklagten zu 1 und 2 hätten die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers als Mittel zur Reichweitensteigerung und zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt, weshalb von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen müsse. Die vom Berufungsgericht für einschlägig gehaltene Fallgruppe der rücksichtslosen Zwangskommerzialisierung einer Persönlichkeit, in der die Präventionsfunktion der Geldentschädigung im Vordergrund steht, ist dadurch gekennzeichnet, dass der Einbruch in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorsätzlich zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94, AfP 1996, 138, 139; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 306 f.; BVerfG, VersR 2000, 897 898; Müller, aaO, § 51 Rn. 10, jeweils mwN). Feststellungen zu einem entsprechenden Vorsatz des Beklagten hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
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e) Die Revisionen beanstanden auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die angegriffenen Äußerungen als (mit)ursächlich für die beim Kläger aufgetretene depressive Störung angesehen hat, ohne über die umstrittene Frage Beweis zu erheben, ob diese Störung nicht bereits durch die Berichterstattung in der BILD-Zeitung vom 13. Juni 2007 und im MDR-Magazin "FAKT" vom 11. Juni 2007 ausgelöst worden ist. Der Ursachenzusammenhang lässt sich insbesondere nicht mit Hilfe der vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsätze der Doppelkausalität bejahen. Doppelkausalität liegt vor, wenn ein bestimmter Schaden durch verschiedene gleichzeitig oder nebeneinander wirkende Umstände verursacht worden ist, aber jede dieser Ursachen allein ausgereicht hätte, um den ganzen Schaden herbeizuführen. In einem solchen Fall sind sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich für den Schadenseintritt zu behandeln, obwohl keiner der Umstände als "conditio sine qua non" für den Schadenseintritt beurteilt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn. 25; vom 20. Februar 2013 - VIII ZR 339/11, NJW 2013, 2018 Rn. 27). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Es steht gerade nicht fest, dass die Veröffentlichungen in der BILDZeitung und im MDR-Magazin "FAKT" einerseits und die streitgegenständliche Berichterstattung andererseits gleichzeitig oder nebeneinander gewirkt und die depressive Störung des Klägers verursacht haben.
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Für eine Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ebenfalls kein Raum. Die Vorschrift setzt voraus, dass eine Ungewissheit hinsichtlich des Verursachers besteht, d.h. nicht feststellbar ist, welcher der Beteiligten den Schaden verursacht hat (vgl. Senatsurteil vom 23. März 1999 - VI ZR 53/98, VersR 1999, 1375). Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten wurde die depressive Störung des Klägers aber bereits durch die Vorveröffentlichungen bewirkt.
II. Revision des Klägers
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Die gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Revision des Klägersist zulässig und begründet. Sie beanstandet zu Recht die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der dem Kläger zuzubilligenden Geldentschädigung.
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1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Internetveröffentlichung sei wegen der Besonderheiten des Internets generell höher zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den PrintMedien. Sowohl die Frage, ob die Verletzung des Persönlichkeitsrechts so schwerwiegend ist, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, als auch deren Höhe können nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Ein rufschädigender Artikel - beispielsweise auf der Titelseite - einer weit verbreiteten Tageszeitung mit hoher Auflage kann das Ansehen des Betroffenen wesentlich nachhaltiger schädigen als eine Internetmeldung in einem wenig bekannten Portal, das nur begrenzte Nutzerkreise anspricht. Auch der Umstand, dass die üblicherweise erfolgende Verlinkung der in Rede stehenden Meldung in Suchmaschinen die Einholung von Informationen über den Betroffenen ermöglicht, rechtfertigt keine generelle Anhebung der Geldentschädigung. Denn eine solche Informationsbeschaffung setzt die aktive Suche des bereits an dem Betroffenen interessierten Nutzers voraus. Demgegenüber werden durch einen Artikel einer weit verbreiteten Tageszeitung oder durch die Bekanntgabe der Nachricht zu einer beliebten Tageszeit im Fernsehen u.U. Millionen von Personen von dem (angeblichen) Fehlverhalten des Betroffenen in Kenntnis gesetzt.
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2. Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht den - durch Vorlage des Berichts der auf "Online Reputation Management" spezialisierten R. GmbH konkretisierten - Vortrag des Klägers nicht für erheblich gehalten hat, wonach der angegriffene Bericht im Internet zahlreich verlinkt, kopiert und - auch noch nach der Löschung des Ursprungsbeitrags - umfangreich abgerufen worden sei. Wie bereits ausgeführt, ist das Ausmaß der Verbreitung der angegriffenen Veröffentlichung als Bemessungsfaktor bei der Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist den Beklagten zu 1 und 2 die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers auch insoweit zuzurechnen, als sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist.
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a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Verletzungshandlung noch weitere Ursachen zur Rechtsgutsverletzung beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsgutsverletzung erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen allerdings, wenn die zweite Ursache - das Eingreifen des Dritten - den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken in der Rechtsgutsverletzung dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. April 1955 - III ZR 161/53, BGHZ 17, 153, 159; vom 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 11 ff.; vgl. auch MünchKomm/BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 141 ff., 157 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn. 35, 58 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, Vorb. v. § 249 Rn. 33 ff.).
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b) So verhält es sich im Streitfall. Durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags auf dem von der Beklagten zu 2 betriebenen Internet-Portal ist die internettypische besondere Gefahr geschaffen worden, dass an einer umfassenden Kommunikation und Diskussion im Internet interessierte Nutzer den Beitrag verlinken oder kopieren und auf anderen Webseiten zum Abruf bereit halten. Die auf die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte zurückzuführende Ehrkränkung des Klägers steht in einem inneren Zusammenhang zu der durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffenen Gefahrenlage. Erst hierdurch hat sich die spezifische Gelegenheit zum Tätigwerden der Dritten ergeben. Ihr Einschreiten ist nicht als bloß "zufällig" zu qualifizieren.
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c) Die von der Revision darüber hinaus als übergangen gerügten, angeblich noch im Jahr 2012 gegebenen "Hinweise auf die Veröffentlichung im Internet" sind nur dann erhöhend bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen , wenn auch sie die im angegriffenen Beitrag aufgestellten (verdeckten ) Sachaussagen enthalten.
III. Revision der Beklagten zu 3
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1. Die Revision der Beklagten zu 3 ist zulässig, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung richtet. Im Übrigen ist sie nicht statthaft und damit unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob dem Kläger wegen der streitgegenständlichen Berichterstattung Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung zustehen. Die Beschränkung der Revisionszulassung hat zur Folge, dass der Streitstoff, soweit er von der Zulassung nicht erfasst wird, nicht der Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 2).
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 7; Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 3; BGH, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 6, jeweils mwN).
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b) Von einer derartigen beschränkten Revisionszulassung ist vorliegend auszugehen. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen der Beschränkung klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 8; Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 4; BGH, Urteile vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 7; vom 21. Januar 2010 - I ZR 215/07, NJW-RR 2010, 909 Rn. 13 f., jeweils mwN).
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Dies ist hier der Fall. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage nur darin gesehen hat, ob und wie sich eine ausschließlich auf einer Internetseite erfolgte Veröffentlichung auf Grund und Höhe eines Geldentschädigungsanspruchs auswirkt. Diese Rechtsfrage ist aber nur für die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche von Bedeutung. Sie berührt hingegen nicht den davon zu trennenden - und einen selbständigen Streitgegenstand begründenden - Anspruch des Klägers auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm durch Beauftragung eines Anwalts zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen entstanden sind.
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2. Soweit die Revision der Beklagten zu 3 zulässig ist, hat sie in der Sache Erfolg.
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a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger auch gegen die Beklagte zu 3 dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB zusteht. Denn sie hat die in schwerwiegendem Maße persönlichkeitsrechtsverletzende Berichterstattung der Beklagten zu 1 und 2 durch ihre nicht erweislich wahren Informationen veranlasst (vgl. zur Haftung des Informanten: BGH, Urteile vom 11. Mai 1973 - I ZR 123/71, VersR 1973, 764 - Kollo-Schlager; vom 18. Februar 1993 - I ZR 14/91, AfP 1993, 566, 567 - Produktinformation I; vom 19. September 1996 - I ZR 130/94, AfP 1997, 524, 525 - Orangenhaut mwN; Löffler/Steffen, Presserecht , 5. Aufl., § 6 LPG Rn. 229; Soehring in Soehring/Hoene, aaO, § 7 Rn. 32 ff.; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 381 ff.)
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aa) Die Revision beanstandet in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, welche Informationen die Beklagte zu 3 dem Beklagten zu 1 genau erteilt habe. Ausweislich der Feststellungen im Berufungsurteil stützt sich der streitgegenständliche Beitrag maßgeblich auf die Aussagen der Beklagten zu 3 und gibt ihren Bericht über den Besuch des Mädchens "Lissy" sowie ihre Aussagen in Interviewabschnitten und Zitaten wieder. In seinem Beschluss vom 5. April 2012, auf den es in seinem Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, hat das Berufungsgericht darüber hinaus festgestellt , dass die angebliche Verleumdung des Klägers durch seine Arbeitskollegen von der Beklagten zu 3 "kolportiert" worden sei und insbesondere die Passagen, wonach sich für die Beklagte zu 3 immer mehr "Puzzleteile" zusammenfügten , sie ihre "Scham" überwinde und ihr die "Neigungen" des Klägers erst im Nachhinein klar geworden seien, unmittelbar auf ihren Erklärungen beruhten. Die Beklagte zu 3 habe auch gewusst, welche Schlussfolgerungen der Beklagte zu 1 aus ihren Informationen ziehen würde. Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision nicht. Sie macht insbesondere nicht geltend, die Beklagte zu 3 sei in dem angegriffenen Beitrag - beispielsweise bei der Beschreibung von "Lissy" mit den Worten "vielleicht 14 Jahre alt" - falsch zitiert worden. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass bereits die Äußerungen der Beklagten zu 3 gegenüber dem Beklagten zu 1 die - teils offenen, teils verdeckten - Sachaussagen enthalten, welche der angegriffenen Berichterstattung zu entnehmen sind. Auf die Frage, welche Angaben die Beklagte zu 3 gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gemacht hat, kommt es bei dieser Sachlage entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
65
bb) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auch eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bejaht, die nicht in anderer Weise als durch Zahlung einer Geldentschädigung befriedigend aufgefangen werden kann.
66
(1) Zwar kann insoweit nicht darauf abgestellt werden, dass durch den angegriffenen Beitrag die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers verletzt wurde. Denn wie unter I. 1. a) bb) ausgeführt, fällt die Begehung von Sexualstraftaten nicht in den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Auch durch die Bekanntgabe der wahren Tatsachen, dass der Kläger eine Geliebte hatte und eine Vergleichsliste über seine Ehefrau und seine Geliebte erstellt hat, haben die Beklagten nicht in diesen Kernbereich eingegriffen. Die bloße Mitteilung ehebrecherischer Beziehungen ohne die Bekanntgabe diesbezüglicher Einzelheiten tangiert die Intimsphäre nicht (vgl. Senatsurteile vom 5. Mai 1964 - VI ZR 64/63, NJW 1964, 1471, 1472; vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, AfP 1999, 350, 351; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 49). Ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Inhalt der Vergleichsliste zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht worden wäre, kann offen bleiben, da eine derartige Fallkonstellation nicht vorliegt.
67
(2) Die durch die Äußerungen der Beklagten zu 3 bewirkte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers wiegt aber besonders schwer. Die Berichterstattung ist in einem außerordentlich erheblichen Maße herabsetzend und mindert das Ansehen des Klägers besonders nachhaltig. Die darin enthaltenen Vorwürfe treffen den Kläger im Kern seiner Persönlichkeit und sind geeignet, ihn gesellschaftlich zu vernichten. Hinzu kommt, dass die Beklagte zu 3 vorsätzlich handelte. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen war der Beklagten zu 3 bei der Informationserteilung in vollem Umfang bewusst, wie ihre Äußerungen im Gesamtkontext des von dem Beklagten zu 1 beabsichtigten Beitrags wirken würden; sie nahm dies aus Rache ge- genüber dem Kläger, dem sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zuschrieb, billigend in Kauf.
68
b) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Bemessung der Höhe der dem Kläger zustehenden Geldentschädigung.
69
aa) Das Berufungsgericht hat in seine Erwägungen zur Höhe der Entschädigung allerdings zu Recht mit einfließen lassen, dass die Beklagte zu 3 - wie oben ausgeführt - vorsätzlich handelte.
70
bb) Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, die gegen die Beklagte zu 3 festgesetzte Geldentschädigung müsse bereits deshalb reduziert werden , weil Veröffentlichungen in elektronischen Medien wegen ihrer "Flüchtigkeit" generell mit geringeren Beeinträchtigungen verbunden seien als solche in den Printmedien. Soweit die Revision darauf abhebt, dass ein Beitrag im Internet nach seiner Löschung - anders als ein Zeitungsartikel - nicht mehr "stofflich" existent und reproduzierbar sei, übersieht sie, dass der Beitrag vor der Löschung von Nutzern kopiert und auf anderen Webseiten abgelegt oder ausgedruckt worden sein kann. Wie bereits unter Ziffer II. 1. ausgeführt, kann die Frage , wie hoch die Geldentschädigung sein muss, um ihrer spezifischen Zweckbestimmung gerecht zu werden, vielmehr nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30).
71
cc) Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht der Anzahl der Aufrufe des angegriffenen Beitrags für die Bemessung der Höhe der Entschädigung keine Bedeutung beigemessen hat. Wie bereits unter Ziffer I. 2.
c) ausgeführt, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung als Bemessungsfaktor zu berück- sichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Aus diesem Grund kann die Anzahl der Personen, die die beanstandeten Äußerungen zur Kenntnis genommen haben, nicht unbeachtet bleiben.
72
dd) Da der angegriffene Beitrag nicht in die Intimsphäre des Klägers eingreift , kann sich dieser Gesichtspunkt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht erhöhend bei der Bemessung der Geldentschädigung auswirken.
IV. Anschlussrevision des Klägers
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Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte zwar grundsätzlich der Revision anschließen. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an den Voraussetzungen für eine wirksame Anschließung.
74
1. Zwar setzt die Statthaftigkeit der Anschließung gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) abweichend von dem bis dahin geltenden Recht nicht mehr voraus, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision zugelassen worden ist. Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176; vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 39).
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2. Auch nach neuem Recht erfordert die Statthaftigkeit der Anschließung allerdings, dass zwischen dem Streitgegenstand der Anschlussrevision und dem der - statthaften - Revision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Denn die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, aaO Rn. 40). Hinzu kommt, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision - wie im Streitfall - zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Der Revisionskläger müsste die Entscheidung des Berufungsgerichts im Umfang der Nichtzulassung hinnehmen , während der Revisionsbeklagte das Urteil in vollem Umfang seines Unterliegens anfechten könnte (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 41; Saenger/Kayser/Koch, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 554 Rn. 5; MünchKomm/ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 554 Rn. 6; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 554 Rn.  7 a; Prütting/Gehrlein/Ackermann, ZPO, 5. Aufl., § 554 Rn. 4; Gehrlein, NJW 2008, 896 ff.; aA Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 554 Rn. 4).
76
3. Im Streitfall fehlt es an dem erforderlichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Anschlussrevision und dem der statthaften Revision. Während sich die Revision, soweit sie zugelassen wurde, gegen die Verurteilung der Beklagten zu 3 zur Zahlung einer Geldentschädigung richtet, betrifft die Anschlussrevision einen Anspruch des Klägers auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm durch Beauftra- gung eines Anwalts zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren entstanden sind.
77
V. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben, soweit die Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung verurteilt worden sind und die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von weiteren 50.000 € abgewiesen worden ist. Insoweit war die Sache zur neu- en Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien in den Rechtsmittelschriften zu befassen. Bei der Bemessung der Geldentschädigung wird es zu berücksichtigen haben, dass die Entschädigung nicht eine Höhe er- reichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285). Galke Wellner Stöhr von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 11.11.2011 - 8 O 4330/08 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.05.2012 - 4 U 1883/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 7/07
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Zulässigkeit der Bezeichnung von Milchprodukten als "Gen-Milch".
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Dezember 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, die Unterlassung, die von ihren Unternehmen vertriebenen Produkte ohne aufklärenden Zusatz als "Gen-Milch" zu bezeichnen.
2
Die Klägerin ist die Konzernobergesellschaft einer international tätigen Unternehmensgruppe für Milch- und Molkereiprodukte, die sie u.a. unter den Marken "Müller", "Weihenstephan", "Sachsenmilch" und "Loose" vertreibt. Die zum Konzernverband der Klägerin gehörenden Unternehmen verarbeiten in ihren Produkten Milch, die von Kühen stammt, die auch gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben.
3
Der Beklagte befasst sich mit Umwelt- und Tierschutz sowie der Verbraucheraufklärung , u.a. über Gefahren und Risiken des Einsatzes gentechni- scher Verfahren in der Lebensmittelproduktion. Er hält die Regelung der im Jahr 2004 in Kraft getretenen EG-Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln (VO [EG] Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003, ABl. L 268, S. 24 ff.) für unzureichend , weil sie nicht zur Kennzeichnung solcher tierischer Produkte wie Milch verpflichte, deren Erzeugertiere gentechnisch verändertes Futter erhalten haben. Darin sieht der Beklagte eine Verbraucherinformationslücke. Um diese auszugleichen, trat er u.a. an die Klägerin mit der Forderung heran, den Milchlieferanten zur Auflage zu machen, auf gentechnisch veränderte Futtermittel zu verzichten. Dieser Forderung kam die Klägerin nicht nach. Der Beklagte nahm dies zum Anlass, auf sein Anliegen in Publikationen sowie bei diversen öffentlichen Aktionen unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" als Überschrift bzw. Plakataufschrift aufmerksam zu machen.
4
Zwischen dem 28. April 2004 und dem 17. Mai 2004 stellte der Beklagte mehrere Beiträge auf seinen Internetseiten ein, die unter Überschriften wie "Gen-Milch, … oder was?", "Gen-Milch-Skandal bei der Müller-Partei?" oder "Bundesweiter Protest gegen Gen-Milch" Kritik an der Weigerung der Klägerin übten, auf die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel bei der Produktion der verarbeiteten Milch zu verzichten. Am 30. April 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten unter Verwendung von Schildern mit Parolen gegen "Gen-Milch" vor einem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Gebäude in A.. Am 3. Mai 2004 veranstaltete der Beklagte in M. unter dem Banner "Echt lecker - geht nur ohne Gen-Milch, Herr Müller" ein öffentliches Milchreiskochen. Am 10. Mai 2004 demonstrierten Anhänger des Beklagten vor dem zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Werk in L. u.a. unter Verwendung von Plakaten mit der Aufschrift "Stoppt Gen-Milch von Müller". Am 27. No- vember 2004 räumten Aktivisten des Beklagten in mehr als 100 Supermärkten Produkte der Klägerin aus den Regalen und legten sie in Einkaufswagen, an denen sich Hinweisschilder mit der Aufschrift "Müller-Milch = Gen-Milch*" und dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" befanden. Ab Mitte Januar 2005 fuhren Mitarbeiter des Beklagten mit einer mobilen Milchbar durch Deutschland, an der sie Passanten Milch zum Verzehr anboten und Protestschilder mit Texten wie "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendeten. In einem auf seine Internetseiten eingestellten Aufruf "Müller gegen Müller" lud der Beklagte zum "Protest gegen die Gen-Milch" ein. Außerdem vertreibt er einen Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik", in dem er u.a. auflistet, ob die darin genannten Firmen garantieren, keine tierischen Rohstoffe zur Herstellung ihrer Produkte zu verwenden, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. In der - inzwischen überholten - 6. Auflage dieses Ratgebers hieß es dort u.a.: "Müller-Milch ist Gen-Milch".
5
Die Klägerin ist der Auffassung, in dem Begriff "Gen-Milch" liege die unwahre Tatsachenbehauptung, die von ihren Unternehmen verarbeitete Milch sei "genbehandelt". Dafür beruft sie sich u.a. auf Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen untersagt, die Produkte der Klägerin, gegebenenfalls unter Hinweis auf den Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel, als "Gen-Milch" zu bezeichnen, sofern nicht gleichzeitig darauf hingewiesen werde, dass die Produkte selbst nicht gentechnisch verändert seien bzw. dass sich nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand in den Produkten auch keine Komponenten aus der gentechnischen Veränderung der Futtermittel nachweisen ließen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in NJW-RR 2007, 698 abgedruckt ist, verneint Unterlassungsansprüche der Klägerin. In der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten liege eine von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung. Sie überschreite nicht die Grenze der Schmähkritik und sei unter Abwägung zwischen der Schwere der damit verbundenen Beeinträchtigung der Klägerin und dem Gewicht der Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten als rechtmäßig einzustufen. Der Begriff "Gen-Milch" sei isoliert betrachtet substanzarm und ohne Tatsachengehalt. Bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes, in dem der Beklagte diesen Begriff verwendet habe, lasse sich der beanstandeten Äußerung keine unwahre Tatsachenbehauptung entnehmen. Aus Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis ergebe sich nichts anderes, weil in diesen der relevante Kontext unberücksichtigt geblieben sei. Abgesehen davon erfasse ein unvoreingenommener und verständiger Bürger die Neuschaffung des Begriffs "Gen-Milch" und wisse, dass Aktionen des Beklagten von Informationen und Presseerklärungen begleitet würden, die vor Ort und im Internet zur Verfügung ständen.
7
Die Verwendung des beanstandeten Begriffs in Pressemitteilungen und Kampagnen des Beklagten entfalte trotz deren Intensität und Dauer keine unverhältnismäßige Prangerwirkung. Eine Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" ohne die von der Klägerin gewünschten erklärenden Zusätze komme auch deshalb nicht in Betracht, weil diese inhaltlich nicht gerechtfertigt seien. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verneinung der "Günstigkeitsregel" bei Unterlassungsansprüchen im Falle mehrdeutiger Äußerungen (BVerfGE 114, 339 = NJW 2006, 207; BVerfG, NJW 2006, 3769) gelte nur, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen sei, nicht aber bei einer Beeinträchtigung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts. Diesem komme in der Wechselwirkung gegenüber anderen Grundrechten wie dem der Meinungsäußerungsfreiheit ein geringeres Gewicht zu. Im Übrigen sei der Begriff "Gen-Milch" nicht mehrdeutig. Er enthalte auch unter Berücksichtigung des Kontextes, in dem der Beklagte ihn verwendet habe , keine Tatsachenbehauptung.

II.

8
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin stehen Unterlassungsansprüche entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB nicht zu.
9
1. Durch die Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" für Produkte der Unternehmen der Klägerin sind allerdings deren unternehmensbezogene Interessen betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt sind. Wie die Revision mit Recht geltend macht, ist die Verwendung des beanstandeten Begriffs geeignet, das unternehmerische wie das betriebliche Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen und ihr damit auch wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, denn mit der Bezeichnung "Gen-Milch" werden die so beschriebenen Produkte mit dem Einsatz gentechnischer Verfahren in Verbindung gebracht , die von Teilen der Bevölkerung als gesundheitlich bedenklich angesehen werden und deshalb teilweise auf Ablehnung stoßen. Die Bezeichnung von Produkten als "Gen-Milch" erweist sich deshalb zumindest für einen Teil der Verbraucher als abwertend. Die dadurch hervorgerufene Betroffenheit der unternehmensbezogenen Interessen der Klägerin besteht unabhängig davon, ob der beanstandete Begriff vorliegend als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung einzustufen ist.
10
2. Der Gebrauch des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten genießt jedoch den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts verwendete der Beklagte den Begriff "Gen-Milch" im Rahmen einer gegen die Unternehmen der Klägerin gerichteten Kampagne, die sich dagegen wandte, dass diese Unternehmen bei der Herstellung ihrer Produkte u.a. Milch von Kühen verwenden, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, was der Beklagte aus verschiedenen Gründen ablehnt. "Gen-Milch" bringt als Oberbegriff der Kampagne plakativ und schlagwortartig diese Ablehnung zum Ausdruck. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, inwieweit der Begriff zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; NJW 2004, 1942). Gleiches gilt, wenn es um eine Äußerung geht, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446 und vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 15 = NJW 1992, 1439, 1440; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Beides ist hier der Fall.
11
3. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet seine Grenze nach Art. 5 Abs. 2 GG an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 824, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören. Den durch diese Vorschriften geschützten unterneh- mensbezogenen Interessen der Klägerin kommt über Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 GG zugleich verfassungsrechtlicher Schutz zu (vgl. BVerfGE 105, 252, 272 = NJW 2002, 2621, 2622; BVerfG, NJW 1994, 1784; NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359).
12
a) Um die Zulässigkeit einer Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen einander in einer umfassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen sind (BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen - und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 318; BGH, BGHZ 166, 84, 109). Gleiches gilt für das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93 - VersR 1994, 570, 572; BGH, BGHZ 166, 84, 111). Bei dieser Abwägung sind die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208 m.w.N.).
13
b) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden , auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfGE 99, 185, 196 = NJW 1999, 1322, 1324; BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW-RR 2006, 1130, 1131). Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen der Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (BVerfGE 85, 1, 17, 20 f. = NJW 1992, 1439, 1440; 90, 241, 248 f. = NJW 1994, 1779; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, bei der Abwägung ins Gewicht (BVerfGE 94, 1, 8 = NJW 1996, 1529, 1530; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO).
14
c) Der von der Klägerin beanstandete Begriff ist demgemäß darauf zu überprüfen, ob mit ihm unwahre Tatsachen behauptet werden (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 345). Eine Äußerung , die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen , wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten , in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1316; vgl. auch Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 7 ff., juris). Auch die schlagwortartig verkürzte Wiedergabe eines Sachverhalts kann selbst dann, wenn sie sich wertender Schlagworte bedient, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung ganz zurücktritt (Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921 und vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905), insbesondere wenn eine unternehmensbezogene Kritik im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage enthält, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens (Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Mai 1969 - VI ZR 256/67 - GRUR 1969, 555, 557 f.). Ist eine Äußerung derart substanzarm, dass sich ihr eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (BVerfGE 61, 1, 9 f. = NJW 1983, 1415, 1416; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711).
15
4. Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme des Berufungsgerichts, in der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" durch den Beklagten im Zusammenhang mit Produkten der Klägerin liege keine unzulässige Tatsachenbehauptung , nicht zu beanstanden. Die Sinndeutung des Begriffs unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.), insbesondere darauf, ob der Tatrichter rechtlich einwandfrei zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen unterschieden hat (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Da es auf die Ermittlung des objektiven Sinns des Begriffs ankommt, ist entscheidend weder die subjektive Absicht des Beklagten noch das subjektive Verständnis der betroffenen Klägerin und ihrer Unternehmen, sondern das Verständnis, das ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum dem Begriff ausgehend von seinem Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs und des sprachlichen Kontextes sowie der erkennbaren Begleitumstände , die den Sinn des Begriffs mitbestimmen, zumisst (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 f. m.w.N.; BGH, BGHZ 166, 84, 101; BVerfGE 93, 266, 295 = NJW 1995, 3303, 3305).
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a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Begriff "Gen-Milch" sei als solcher substanzarm und weise deshalb keinen greifbaren Bedeutungsgehalt auf, der über die Herstellung eines unbestimmten Zusammenhangs zwischen der so bezeichneten Milch und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich hinausgehe.
17
aa) Aus der Vorsilbe "Gen" und einem Hauptwort zusammengesetzte Begriffe wie etwa "Gen-Tomate", "Gen-Mais", "Gen-Soja", "Gen-Schaf" oder "Gen-Food" haben sich zwar als Bezeichnungen eines nicht weiter konkretisierten Zusammenhangs zwischen dem der Vorsilbe "Gen" angefügten Begriff und bestimmten Verfahren zur gentechnischen Veränderung von Organismen eingebürgert. Sie bezeichnen aber bereits diesen Zusammenhang insofern verkürzend und sachlich nicht treffend, als unter "Gen" lediglich der Träger der Erbinformation von Lebewesen zu verstehen ist. Schon deshalb liegt es fern, ihnen einen weitergehenden konkreten Bedeutungsgehalt beizumessen.
18
bb) Darüber hinaus verunklart der Begriff "Gen-Milch" insofern den damit möglicherweise bezeichneten Zusammenhang und deutet ihn somit allenfalls undifferenziert an, als eine gentechnische Veränderung allein an Lebewesen in Betracht kommt. "Gen-Milch" kann ebenso wie etwa "Gen-Food" eine mehr oder weniger große Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnen, in denen das Produkt mit einem genveränderten Organismus steht. Einen darüber hinausgehenden greifbaren Tatsachenkern weisen derartige Begriffe aus sich heraus nicht auf; anderes zeigt auch die Revision nicht auf. Mit Bezeichnungen wie "Gen-Mais", "Gen-Soja" oder "Gen-Schaf" ist "Gen-Milch" schon deswegen nicht auf eine Stufe zu stellen, weil Pflanzen und Tiere als Lebewesen im Unterschied zur Milch gentechnischer Veränderung ihres Erbguts zugänglich sind.
19
cc) Wenn der Beklagte mit dem Begriff "Gen-Milch" einen nicht weiter konkretisierten Zusammenhang herstellt zwischen den bezeichneten Produkten und der Anwendung eines Verfahrens zur gentechnischen Veränderung im Lebensmittelbereich , so liegt darin keine unwahre konkrete Tatsachenbehauptung. Dass Produkte der Unternehmen der Klägerin u.a. aus Milch von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren hergestellt werden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich die betroffene Milch in ihrer Beschaffenheit von Milch unterscheidet, bei deren Herstellungsprozess auf den Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung verzichtet wurde und ob genmanipulierte Desoxyribonukleinsäure (deoxyribonucleic acid, im Folgenden: DNA) aus Futtermitteln nach wissenschaftlicher Erkenntnis in die Milch übergehen kann. Denn selbst wenn ein Einfluss der angewandten Verfahren auf die Beschaffenheit von Milch und Milchprodukten nicht besteht oder nicht nachweisbar ist, weist der Begriff "Gen-Milch" aus sich heraus schon deshalb keinen unwahren konkreten Tatsachenkern auf, weil ein - allerdings weit verstandener - Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Verfahren zur gentechnischen Veränderung und Produkt schon darin gesehen werden kann, dass ein solches Verfahren im Produktionsprozess zur Anwendung kommt. Ob diese Sicht angemessen oder gar überzeugend ist, berührt den Bereich der Meinungsäußerung, die vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet wird und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lässt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.).
20
b) Allerdings erschließt sich allein aus dieser Betrachtung des Begriffs "Gen-Milch" als solchem noch nicht abschließend der rechtlich relevante Bedeutungsgehalt. Denn eine Äußerung ist nicht isoliert zu würdigen, sondern in dem Gesamtzusammenhang, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 und vom 5. Dezem- ber 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251, jeweils m.w.N.). Daran ändert auch die Bedeutung des Begriffs als schlagwortartiger, kennzeichnender Oberbegriff der Kampagne des Beklagten nichts. Gerade schlagwortartige Begriffe sind in ihrem Kontext zu beurteilen (vgl. BVerfG, NJW 1992, 2013, 2014; Prinz/ Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 18; Seelmann-Eggebert, AfP 2007, 86, 90). Zwar mag im Ausnahmefall anderes gelten, etwa wenn nahe liegt, dass der Durchschnittsrezipient das herausgestellte Schlagwort isoliert wahrnimmt und es zu einer neuen eigenständigen Information verarbeitet (vgl. KG, AfP 1999, 369, 370; OLG Hamburg, AfP 1988, 247). Dies ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht. Insbesondere ist seine Auffassung zutreffend, es seien auch die Internetbeiträge des Beklagten in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten, weil eine Wahrnehmung nur der Schlagworte und Überschriften anders als beim "Kioskleser" (vgl. BVerfGE 97, 125, 152 = VersR 1998, 774, 777 = NJW 1998, 1381, 1384; OLG Hamburg, aaO) bei dem hier in Betracht kommenden Durchschnittsrezipienten, der die Internetbeiträge erst eigens aufrufen muss, ausscheide (vgl. BVerfGE 43, 130, 140 = NJW 1977, 799, 800; KG, aaO). Soweit, wie etwa bei der "Milchbaraktion" des Beklagten, bei der ein Protestschild mit dem Text "Ich will keine Gen-Milch von Müller" verwendet wurde, die Möglichkeit bestanden haben mag, dass einzelne Empfänger von den Aktionen nur die Schlagworte wahrnahmen, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn insoweit handelte es sich erkennbar um den plakativen und für sich genommen substanzarmen Ausdruck von Protest, mit dem der Beklagte sein Anliegen öffentlichkeitswirksam zusammenfassen, Interesse daran wecken und Aufmerksamkeit erregen wollte. Die Schlagworte waren ersichtlich aus dem Kontext ergänzungsbedürftig, um überhaupt zu einer verwertbaren Information zu gelangen (vgl. OLG Köln, AfP 1985, 295, 296; KG, aaO, S. 371 f.).
21
c) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich bei der gebotenen Einbeziehung des Kontextes der objektive Sinngehalt des Begriffs "GenMilch" bei allen zu beurteilenden Aktionen aus dem festgestellten Gesamtzusammenhang erschloss, in den ihn der Beklagte stellte, und dass der Begriff danach keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthielt.
22
aa) In den Beiträgen, die er auf seine Internetseiten eingestellt hatte und in deren Text bzw. Überschriften er den Begriff "Gen-Milch" verwendete, brachte der Beklagte erkennbar seine Ablehnung gegen die Verwendung von Futtermitteln aus genveränderten Pflanzen bei Kühen, deren Milch u.a. die Unternehmen der Klägerin verarbeiten, sowie seine Kritik daran zum Ausdruck, dass insofern eine Kennzeichnungspflicht nicht besteht. Bei den Demonstrationen am 30. April 2004 in A. sowie am 10. Mai 2004 in L. und bei der Veranstaltung am 3. Mai 2004 in M. ging nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus mitgeführten Plakaten und Fahrzeugen unzweideutig das Anliegen des Beklagten hervor, seine Ablehnung gegen die Verwendung von gentechnisch veränderten Futtermitteln bei der Milchproduktion u.a. der Klägerin zum Ausdruck zu bringen. Gleiches gilt für die Protestaktion "Müller gegen Müller" sowie den Gesamtzusammenhang des Textes in dem von dem Beklagten vertriebenen Einkaufsratgeber. Die mit ihm verbundenen textlichen und sonstigen Erläuterungen verleihen dem schlagwortartig in Bezug auf die Klägerin verwendeten Begriff "Gen-Milch" einen im jeweiligen Kontext ersichtlichen Bedeutungsgehalt als Oberbegriff der Kampagne und plakative Zusammenfassung der von dem Beklagten geübten Kritik. Einen unwahren Tatsachenkern enthält der Begriff jedenfalls bei Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs nicht.
23
bb) Gleiches gilt für die Verwendung des Begriffs unter unmittelbarem Hinweis auf den Einsatz von Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen , insbesondere mit dem Zusatz "*Mit genmanipuliertem Tierfutter herge- stellt". Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass derartige Hinweise lediglich die von dem Beklagten geübte Kritik verdeutlichen. Dass sich diese Kritik nicht außerdem aus dem jeweiligen Gesamtzusammenhang ergeben hätte , hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und zeigt die Revision nicht auf. Eine Aussage darüber, ob sich genmanipulierte DNA aus Futtermitteln in der Milch befinde bzw. in die Milch übergehe, enthält die Begriffskombination gerade nicht. Der Hinweis auf "genmanipuliertes Tierfutter" erschöpft sich in der Konkretisierung, dass gentechnische Verfahren im Herstellungsprozess der Milchprodukte insofern zur Anwendung kommen, als die Tiere mit genveränderten Pflanzen gefüttert werden.
24
cc) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht deshalb begründet, weil der Beklagte in dem den Begriff "Gen-Milch" erläuternden Kontext zugleich auch unwahre Tatsachen behauptet hätte. Zwar kann selbst eine schlagwortartig verkürzte Wiedergabe oder Zusammenfassung eines Sachverhalts , die für sich betrachtet eine bloß subjektive Wertung darstellt, durch die Behauptung konkreter und einem Beweis zugänglicher Vorgänge im Kontext inhaltlich ausgefüllt werden und dadurch die Qualität einer - ggf. unrichtigen - Tatsachenbehauptung gewinnen (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1992 - VI ZR 352/91 - VersR 1993, 364, 365; vom 13. Januar 1987 - VI ZR 45/86 - NJW 1987, 1403; vom 11. Juli 1989 - VI ZR 255/88 - VersR 1989, 1048 und vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193, 194). Doch lässt sich unabhängig davon, ob unter dieser Voraussetzung die Verwendung des Schlagworts selbst oder nur die Äußerung der im Kontext aufgestellten unzutreffenden Behauptungen zu untersagen wäre, solange das Schlagwort nicht jeder sachlichen Grundlage entbehrt (vgl. OLG Hamburg, NJW 1992, 2035), den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen, dass der Beklagte konkrete unrichtige Tatsachen behauptet hätte. Insbesondere findet sich nach diesen Feststellungen im entscheidenden Gesamtzusam- menhang nicht die Behauptung, die Milchprodukte enthielten Milch, die selbst gentechnisch verändert sei, oder DNA gentechnisch veränderter Organismen aus Futtermitteln. Auch in über Internet verbreiteten Äußerungen wie es werde versucht, den Verbrauchern "Gentechnik unterzuschieben", oder es habe "Gentechnik im Essen" nichts zu suchen, liegt eine solche Behauptung nicht. Diese Äußerungen sind für sich betrachtet schon wegen der Vielzahl an Sachverhalten , die der Begriff "Gentechnik" bezeichnen kann, wenig greifbar. Bei Würdigung des Gesamtzusammenhangs liegt ihr Bedeutungsgehalt erkennbar in der kritischen Einstufung des keiner Kennzeichnungspflicht unterliegenden Vertriebs von Produkten aus Milch, die von mit genmanipulierten Pflanzen gefütterten Tieren stammt, als "Unterschieben von Gentechnik"; sie bringen die Wertung zum Ausdruck, es befinde sich schon dadurch "Gentechnik im Essen". Einen unzutreffenden Tatsachenkern enthalten diese Meinungsäußerungen nicht. Eine Aussage zur Frage des Übergangs genmanipulierter Bestandteile von Futtermitteln in Milch ist ihnen nicht zu entnehmen, vielmehr enthält sich der Beklagte im relevanten Kontext erkennbar einer konkreten Stellungnahme dazu. Unerheblich ist, welche Auffassung der Beklagte hierzu andernorts vertritt oder vertreten hat und ob die im Zusammenhang mit den in der Presseerklärung vom 21. Juni 2004 berichteten Vorgängen über einen Fund von transgenen Bestandteilen von Futtermitteln in Milch geäußerten Einschätzungen des Beklagten zutrafen. Denn es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch macht die Revision geltend, dass diese Äußerungen in einer Beziehung zu der in Bezug auf die Klägerin gebrauchten Bezeichnung "Gen-Milch" standen und dadurch deren Bedeutungsgehalt beeinflussten.
25
dd) Auf die äußeren Umstände der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Zusammenhang mit dem Versehen von Produkten mit Banderolen und Aufklebern in diversen Geschäften am 15. Mai 2004, mit der Verfremdung der Zeichentrickfolge , mit der "Supermarkt-Absperrband-Aktion" vom 18. Dezember 2004 sowie mit der Diaprojektion in L. am 25. November 2004 kann die Klägerin Ansprüche nicht stützen. Zu entscheiden ist lediglich über die Zulässigkeit der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Rahmen der Kampagne, nicht über die Rechtmäßigkeit der Aktionen auf Grund der äußeren Umstände als solche (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2006, 765). Dass die äußeren Umstände, unter denen die Verwendung der beanstandeten Begriffe anlässlich der "SupermarktAbsperrband -Aktion" vom 18. Dezember 2004 erfolgte, diesen Begriffen einen rechtswidrigen Inhalt gaben, ist nicht ersichtlich und macht die Revision nicht geltend. Hinsichtlich der übrigen Aktionen hat das Berufungsgericht bereits die erforderliche (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB) Wiederholungsgefahr verneint, was die Revision nicht beanstandet und was Rechtsfehler nicht erkennen lässt.
26
d) Im Ergebnis zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass sich auch aus den Meinungsumfragen zum Verbraucherverständnis des Begriffs "GenMilch" nicht dessen Unzulässigkeit ergibt. Verbraucherbefragungen zum Verständnis des Durchschnittsrezipienten sind zwar grundsätzlich in die rechtliche Würdigung von Äußerungen einzubeziehen, doch kommt ihnen jedenfalls dann keine entscheidende Bedeutung zu, wenn es Gründe gibt, die gegen ihre Stichhaltigkeit oder Verwertung als Beweismittel sprechen (vgl. BVerfG, NJW 1993, 1461 f.). So liegt es hier, ohne dass es darauf ankommt, ob die durchgeführten Umfragen die von dem Beklagten behaupteten Mängel aufweisen. Die Befragten verbanden mit dem isoliert betrachteten Begriff "Gen-Milch" bzw. mit einem Plakat, als dessen Urheber der Beklagte ausgewiesen war und das den Text "Müller-Milch = Gen-Milch*, *Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt" enthielt , sehr unterschiedliche Vorstellungen. Dies belegt lediglich die Substanzarmut des Begriffs als solchem, dass mit ihm eine Vielfalt von Zusammenhängen bezeichnet sein kann, in denen das bezeichnete Produkt mit einem genveränderten Organismus steht, und dass die Bedeutung des Begriffs in der von dem Beklagten vertretenen Interpretation selbst bei ausschließlich isolierter Betrachtung nicht fern liegt. Darüber hinausgehende Bedeutung für die hier zu treffende Entscheidung kommt den Umfragen schon deshalb nicht zu, weil dort der für die Ermittlung des objektiven Sinngehalts entscheidende Gesamtzusammenhang keine Berücksichtigung gefunden hat.
27
e) Demnach kommt dem beanstandeten Begriff bei Anlegung der zur Sinnermittlung geltenden rechtlichen Maßstäbe, insbesondere bei Einbeziehung des vom Berufungsgericht unbeanstandet festgestellten Gesamtzusammenhangs und bei Ausscheidung von fern liegenden Deutungen (vgl. BVerfGE 93, 266, 296 = NJW 1995, 3303, 3305; 114, 339, 348 = NJW 2006, 207, 208; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3771; BVerfGK 7, 1, 9 f.), kein mehrdeutiger Inhalt zu. Die etwaige bloße Möglichkeit, dass einzelne Rezipienten den Begriff "GenMilch" missverstehen, weil sie in ihn von seinem objektiven Sinngehalt nicht gedeckte subjektive Vorstellungen "hineininterpretieren", könnte die geltend gemachten Ansprüche nicht begründen (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14 ff.; vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91 - VersR 1992, 363, 365 und vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1315; BVerfG, NJW 1993, 1463; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 94). Bei dieser Sachlage kommt es weder darauf an, dass bei der Entscheidung über die Pflicht zur Unterlassung künftiger Äußerungen mit mehrdeutigem Inhalt der Abwägung mit dem durch die Äußerung betroffenen Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen sind und kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund besteht, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen , weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen (BVerfGE 114, 339, 349 f. = NJW 2006, 207, 208 f.; BVerfG, NJW 2006, 3769, 3773; AfP 2006, 550, 552), noch ist entscheidend, ob diese Grundsätze auch auf Äußerungen anzuwenden sind, die den Gewerbebetrieb und das Persönlichkeitsrecht von Unternehmen beeinträchtigen, und ob sie mit dieser Begründung auch vorliegend heranzuziehen wären.
28
5. Zu Recht gelangt das Berufungsgericht zu der Auffassung, die mit dem Begriff "Gen-Milch" verbundene Kritik greife auch im Übrigen nicht rechtswidrig in unternehmensbezogene Interessen der Klägerin ein. Ihr stehen die geltend gemachten Ansprüche deshalb unabhängig davon nicht zu, ob, wie das Berufungsgericht meint, eine Verurteilung entsprechend den Klaganträgen bereits deshalb ausscheidet, weil die aufklärenden Zusätze allgemein anerkannte Tatsachen zum Gegenstand haben oder inhaltlich unzutreffend sind.
29
a) Ein Gewerbetreibender muss eine der Wahrheit entsprechende Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinnehmen (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Sie ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf, überzogen oder gar ausfällig formuliert ist, und kann nur unter engen Voraussetzungen als unzulässige Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Einen solchen Charakter nimmt sie erst an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209 und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). Dies ist, was auch die Revision nicht bezweifelt, bei der unter Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" an der Klägerin geübten Kritik nicht der Fall.
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b) Die erforderliche Abwägung (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; NJW 2008, 358, 359) fällt, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkennt , zugunsten des Beklagten aus.
31
aa) Handelt es sich wie hier um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; BGH, BGHZ 166, 84, 110; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303, 3304). In der öffentlichen Diskussion von Themen wie der Anwendung gentechnischer Verfahren bei der Lebensmittelproduktion und der Reichweite der Kennzeichnungspflicht, die für breite Bevölkerungskreise von erheblicher Bedeutung sind, dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden, selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Die Abwertung der Produkte als "Gen-Milch" überschreitet diese Grenzen nicht, auch wenn der nicht generell einem Sachlichkeitsgebot unterliegende (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712) Beklagte seine Kritik hätte weniger scharf oder sachlicher formulieren können. Diese Kritik muss die Klägerin auch dann hinnehmen, wenn sie die gegen den Einsatz gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion vorgebrachten Einwände für haltlos, die behaupteten Risiken für nicht gegeben und die geübte Kritik deshalb für einseitig und tendenziell hält, denn Art. 5 Abs. 1 GG erlaubt dem Beklagten, seinen Standpunkt auch überpointiert zur Geltung zu bringen und beschränkt ihn nicht auf eine ausgewogene oder gar schonende Darstellung (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 121). Die Schranken, denen die Aufklä- rung der Verbraucher über die Güte von Konsumgütern insbesondere durch vergleichende Warentests (Senatsurteil BGHZ 65, 325, 333 f.) unterliegt, gelten für die hier streitigen Schlagworte nicht. Denn mit ihnen nimmt der Beklagte Stellung im politischen Meinungskampf; Neutralität nimmt er dabei ebenso wenig für sich in Anspruch wie er Vertrauen in die Objektivität seiner Bewertung schafft (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122).
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bb) Obwohl dem Beklagten auch in der Darstellungsweise seiner Kritik ein breiter Gestaltungsraum eingeräumt werden, ihm vor allem erlaubt sein muss, seinen Standpunkt möglichst wirkungsvoll zu vertreten, indem er durch die Wahl der Ausdrucksform Aufmerksamkeit auslöst (vgl. BVerfGK 7, 1, 11), muss er seine Äußerungen auch in der Form noch in einem vertretbaren Verhältnis zu seinem sachlichen Anliegen und zu den belastenden Auswirkungen für die Klägerin halten (vgl. Senatsurteile BGHZ 91, 117, 122 und 161, 266, 269; Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 5 Rn. 150). Dass das Berufungsgericht diese Grenze trotz der Intensität und Dauer der Kampagne für nicht überschritten hält, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gewählte Kundgabeform war in besonderer Weise geeignet, das mit der Meinungsäußerung verbundene Anliegen zu erreichen (vgl. BVerfGK 7, 1, 11). Zwar weckt die Bezeichnung "GenMilch" negative Assoziationen gegen die Klägerin und ihre Produkte, die angesichts der Substanzarmut des Begriffs in der Lage sein mögen, bei die Kritik nur oberflächlich wahrnehmenden Teilen des Publikums unbestimmte subjektive Fehlvorstellungen über den Zusammenhang zwischen gentechnischen Verfahren und den Produkten der Klägerin hervorzurufen, ohne dass diese Vorstellungen vom objektiven Bedeutungsgehalt des Begriffs im Gesamtzusammenhang gedeckt sind. Indes ergibt sich das darin liegende Schädigungspotential der Kritik maßgeblich aus in der Bevölkerung bereits vorhandenen Befürchtungen und Vorbehalten gegen die Anwendung gentechnischer Verfahren im Lebens- mittelbereich. Wenn der Beklagte diese Grundeinstellung mit Hilfe von Schlagworten aufnimmt und zur Förderung seiner Ziele verstärkt, steht dies trotz der möglicherweise erheblichen Folgen für die Klägerin jedenfalls solange nicht außer Verhältnis zu dem sachlichen Anliegen, wie dieses aus dem Kontext ausreichend deutlich wird und sich daraus die Bedeutung des Schlagworts zutreffend erschließt, was hier der Fall war.
33
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in der Bezeichnung der Produkte als "Gen-Milch" auch keine unzulässige Anprangerung der Klägerin liegt. Anprangernde Wirkungen können von der Verbreitung zutreffender, aber allgemein als negativ bewerteter Tatsachen ausgehen, aber auch mit Werturteilen verbunden sein, wenn ein allgemeines Sachanliegen durch identifizierende Herausstellung einzelner Personen und damit durch Personalisierung eines als negativ bewerteten Geschehens verdeutlicht werden soll. Die damit verbundene Wirkungssteigerung der Meinungsäußerung muss der Betroffene nur hinnehmen, wenn eine Abwägung mit den Belangen der Meinungsfreiheit ergibt, dass der Schutz des beeinträchtigten Rechts zurückzutreten hat (vgl. BVerfG, AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202; Senatsurteile BGHZ 161, 266, 269; vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117 f.). Eine unzulässige Anprangerung wäre hier insbesondere anzunehmen, wenn der Beklagte die Produkte der Unternehmen der Klägerin ohne jeden sachlichen Anlass in der geschehenen Weise herausgestellt hätte (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185). Das war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht der Fall. Die Konzentration der Kampagne auf die Klägerin machte das Vorgehen nicht unzulässig, auch wenn sich das von dem Beklagten kritisierte Verhalten der Klägerin mit dem anderer Unternehmen der Branche deckte. Die Klägerin als einflussreiches und bekanntes Unternehmen herauszugreifen, diente der nicht generell unzulässigen Ver- deutlichung eines sachlichen Anliegens durch Personalisierung (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 58 f.; vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1118; BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359; AfP 2006, 550, 552; NJW-RR 2008, 200, 202) und beruhte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblich auf der vertretbaren Überlegung, durch eine Verhaltensänderung bei der Klägerin eine Sogwirkung in der Branche auszulösen und die Effektivität der Kampagne dadurch zu erhöhen. Dass der Beklagte seine Kritik, die sich nicht eigentlich gegen die Klägerin als solche, sondern gegen jegliche Verwendung gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion richtete, in unzulässiger Weise allein deshalb in der Klägerin "personalisierte", um deren Bekanntheitsgrad und Werbekraft auf seine Kosten für sich auszunutzen (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 117, 122), ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht und zeigt die Revision nicht auf, zumal der Beklagte nicht in Wettbewerbsabsicht handelte. Aus der teilweisen Einbeziehung des Herrn Theo Müller in die Kampagne, auf die die Revision hinweist, ergibt sich nichts anderes. Unabhängig davon, ob sich die Klägerin selbst darauf berufen könnte, ist Herr Theo Müller als Verantwortungsträger der Unternehmen der Klägerin, nicht als Privatperson betroffen, was jedenfalls die Klägerin selbst im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 GG hinzunehmen hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59).
34
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 28 O 358/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.12.2006 - 15 U 110/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR490/12 Verkündet am:
30. September 2014
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Ah; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung der Vertraulichkeitssphäre
und des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung schützt
das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater
E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

b) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen ist
vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.

c) Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung
verwertet, kommt es bei der Abwägung des von der Presse verfolgten
Informationsinteresses der Öffentlichkeit und ihres Rechts auf Meinungsfreiheit
mit dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit
maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel
an, mit dem der Zweck verfolgt wird.
BGH, Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterinnen Diederichsen und von Pentz sowie den Richter
Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten zu 1 und 3 wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. November 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 1 und 3 erkannt worden ist. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 28. Juni 2011 wird zurückgewiesen. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 3 wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Berlin abgeändert, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 wird insgesamt abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der der Beklagten zu 2 in der Revisionsinstanz durch die Einlegung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde entstandenen außergerichtlichen Mehrkosten1. Diese trägt sie selbst.
Von Rechts wegen

1

Der Berichtigungsbeschluss vom 30. September 2014 ist bereits eingearbeitet.

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 3, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, auf Unterlassung angeblich persönlichkeitsrechtsverletzender Veröffentlichungen und auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch. Die Beklagte zu 1 ist die Verlegerin der BILD-Zeitung. Die frühere Beklagte zu 2 betreibt das Internet Portal www.bild.de. Die Beklagte zu 3 ist Verlegerin der "B.Z.".
2
Der Kläger war von 1994 bis 1999 Staatssekretär im Umweltministerium eines deutschen Bundeslandes. 1999 wurde er Chef der Staatskanzlei. Von Oktober 2004 bis November 2009 war er Finanzminister. Im November 2009 wurde er zum Innenminister ernannt. Zugleich war er Mitglied des Landtags. Mitte der 90er Jahre unterhielt er zu einer Mitarbeiterin, Frau G., eine außereheliche Beziehung, aus der im Jahre 1997 die gemeinsame Tochter E. hervorging. Bis auf geringfügige Zahlungen leistete der Kläger für diese keinen Unterhalt. Auf Antrag von Frau G. erhielt E. bis Oktober 2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Den Vater des Kindes benannte Frau G. der zuständigen Behörde nicht. Im Jahre 2009 kam der private Laptop des Klägers abhanden. Die darauf befindliche E-Mail-Korrespondenz zwischen ihm und Frau G. wurde der Beklagten zu 1 zugespielt. Am 31. August 2010 führten drei Redakteure der Beklagten zu 1 ein Interview mit dem Kläger. Sie hielten ihm vor, dass sich aus an ihn gerichteten E-Mails der Frau G. ergebe, dass er der Vater von E. sei und für sie keinen regelmäßigen Unterhalt gezahlt habe. Es bestehe der Verdacht des Sozialbetrugs. Außerdem teilten sie dem Kläger mit, dass sie mit der Veröffentlichung einer Berichterstattung über diesen Sachverhalt zwei Tage warten würden; in der Zwischenzeit könne der Kläger seine Verhältnisse ordnen. Der Kläger erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, durch die der Beklagten zu 1 untersagt wurde, vier E-Mails wörtlich oder sinngemäß publizis- tisch zu nutzen, und die Fragen, ob der Kläger private oder intime Kontakte mit Frau G. hatte und ob er sich an einem Sozialleistungsbetrug beteiligt hatte, öffentlich zu erörtern. Am 20. September 2010 veröffentlichte die Beklagte zu 2 unter voller Namensnennung des Klägers auf ihrem Internetauftritt "bild.de" unter der Überschrift "Innenminister unter Druck/Sozialbetrug? Minister S. wehrt sich gegen Vorwürfe" einen Beitrag, der sich mit der Beziehung des Klägers mit Frau G., der Geburt der Tochter sowie der möglichen Erschleichung von Sozialleistungen befasst. In der Zeit zwischen dem 21. und dem 25. September 2010 erschienen in den Printmedien der Beklagten zu 1 und 3 sowie in dem Internetportal der Beklagten zu 2 ähnliche Berichte über den Vorgang. Am 23. September 2010 trat der Kläger von seinem Ministeramt zurück. Er gab in einem Zeitungsinterview bekannt, dass er der Vater von E. sei und die Unterhaltszahlungen für sie nachgeholt habe.
3
Der Kläger hält die Verwertung der privaten E-Mails zum Zwecke der Berichterstattung für rechtswidrig. Er macht geltend, dass die E-Mails von seinem Laptop stammten, der ihm gestohlen worden sei. Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 verurteilt, es zu unterlassen, den Inhalt folgender E-Mails in direkter oder indirekter Rede zu verbreiten oder verbreiten zu lassen (Klageantrag zu 13): - E-Mail vom 28. Oktober 1997 des Klägers an Frau G.: "Ich stehe als Vater nicht zur Verfügung". - E-Mail vom 29. November 2002 von Frau G. an den Kläger: "Ich habe totalen Horror was werden soll, ab dem nächsten Jahr, da geht das zu Ende mit dem Betrug mit dem Vorschuss (nicht die Strafrelevanz dessen für mich). Einerseits bin ich froh, andererseits hab ich dann gar nichts mehr, mit dem ich mich mit meinem Gewissen vor E. rausreden kann. Diese Bettelhaltung ist jedenfalls auch ein zusätzlicher absolut unhaltbarer Zustand (die 100 €, ab Oktober nächstes Jahr 150 €, sind Peanuts für Dich, ich brauche das inzwischen wirklich, symbolisch und auch materiell)". - E-Mail vom 25. Juni 2008 von Frau G. an den Kläger: "War gerade bei der Bank, sieht ganz und gar nicht gut aus und ich brauch jetzt zumindest eine Teilsumme, die du mir schuldest. Offen war der Stand Ende 2005, du wolltest mal meine Mails checken, ansonsten legen wir mal was fest gelegentlich. 2006 ist komplett offen, 2007 hast du mir 800 gegeben, 2008 auch offen. Ich glaub nicht, dass ich zu viel verlange, so eher im Gegenteil. Wie wollen wir das zukünftig handeln ? Will nicht mehr betteln müssen". - E-Mail vom 21. April 2004 von Frau G. an den Kläger: "Hallo R., bitte teile mir mit, wann ich den besprochenen Unterhaltbeitrag für E. bekomme. Mit Stand April sind es im Moment 1.850 €, die du schuldest, du Finanzminister".
4
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 weiter zur Freistellung des Klägers von einer Forderung seines Rechtsanwalts in Höhe von 1.376,83 € verurteilt und festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu 4 in der Hauptsache erledigt ist. Mit dem am 9. September 2010 eingereichten Klageantrag zu 4 hatte der Kläger beantragt, die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, die Frage der Vaterschaft des Klägers hinsichtlich des Kindes E., die Frage privater oder intimer Kontakte des Klägers zu Frau G., die Frage, ob diese zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch genommen hat und/oder "Sozialleistungsbetrug" begangen hat, sowie die Frage von Unterhaltsleistungen für das Kind E. im Zusammenhang mit dem Kläger öffentlich zu erörtern.
5
Das Landgericht hat die Beklagte zu 3 verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß über den Kläger zu äußern oder zu verbreiten (Klageantrag zu 12): aa. "Du hast wieder den Geburtstag vergessen ... Du schuldest uns 1.150 Euro ... Es ist ein Bruchteil dessen, was ihr zustehen würde von Dir, bitte verweigere ihr das nicht und bring mich nicht weiterhin in die Situation, betteln zu müssen, bitte". (22. Oktober 2003) "Bitte tue mir das nicht weiterhin an, lass mich nicht soo unglaublich hängen". (24. November 2003); bb. "Ich habe das ganze Jahr 2003 über keinen Pfennig von dir gesehen , Du weißt, dass ich seit geraumer Zeit keinerlei staatlichen Unterhalt mehr für sie bekomme". (25. November 2003); cc. Der Kläger soll darauf geantwortet haben: "Ich bring auch ein paar Euro vorbei" (2. Dezember 2003); dd. "Da ist das Geld von dir fest eingeplant und entspricht dem was ihr von einem an unterster Einkommensstufe befindlichen bzw. arbeitslosen Mann an Mindestunterhalt zustände". (16. Dezember 2003); ee. "Ist jetzt ziemlich genau 8 Jahre her, als Du aus meiner Wohnung gegangen, bist ... Im Juni wären es 2.700 Euro, im Juli 2.900 Euro, steck es einfach in den Briefkasten ..." (19. Mai 2005), wie in der "B.Z." vom 23.09.2010 "Wollte also nur mal an Deinen Schuldenstand erinnern, Herr Finanzminister: 2.100 Euro" geschehen; ff. "Wollte also nur mal an Deinen Schuldenstand erinnern, Herr Finanzminister : 2.100 Euro" (6. März 2005); wie in der "B.Z." vom 23.09.2010 "Wollte also nur mal an Deinen Schuldenstand erinnern, Herr Finanzminister: 2.100 Euro" und/oder wie in "http://www.bz- berlin.de/archiv/um-15-01-uhr-zog-s.-sich-aus-seiner-affaerearticle986907.html" geschehen.
6
Das Landgericht hat die Beklagte zu 3 außerdem zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.999,32 € verurteilt. Im Übrigen hat es die - unter anderem auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 150.000 € - gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungen der Beklagten zu 1 und 3 blieben ohne Erfolg. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht die Beklagte zu 1 zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.633,87 € und die Beklagte zu 3 zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.419,19 € verurteilt. Die weiterge- hende Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten zu 1 und 3 ihre Anträge auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich der Klageantrag zu 4 durch den Rücktritt des Klägers vom Amt des Innenministers am 23. September 2010 erledigt habe. Der Unterlassungsantrag sei ursprünglich begründet gewesen und erst durch den nach Rechtshängigkeit erfolgten Rücktritt des Klägers von seinem Ministeramt unbegründet geworden. Erst der Rücktritt habe ein die Belange des Klägers überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit begründet. Bis zum Rücktritt komme dagegen dem Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit der Vorrang gegenüber dem Interesse der Beklagten zu 1 an einer Information der Öffentlichkeit zu. Die Berichterstattung stütze sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails. Die in den E-Mails erörterten Angelegenheiten beträfen die Privatsphäre des Klägers. Thematisch gehe es um seine Vaterschaft zu dem Kind E., um Unterhaltsforderungen und darauf erfolgte Zahlungen. Dies sei ein Bereich, zu dem andere nur Zugang hätten, soweit er ihnen gestattet würde. Verstärkt werde der Schutz der Privatsphäre durch den Umstand, dass die E-Mails erkennbar hätten geheim bleiben sollen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen seien. Zu berücksichtigen sei weiter die rechtswidrige Informationsbeschaffung. Die E-Mails seien auf der Festplatte des im Oktober 2009 gestohlenen Laptops des Klägers gespeichert gewesen. Die vom Kläger gestellte Strafanzeige spreche dafür, dass der Laptop tatsächlich gestohlen worden sei. Aber auch wenn der Kläger das Gerät verloren habe, ändere sich an der Beurteilung nichts. Denn dann hätten Dritte den Datenträger unterschlagen. Auch wenn der Zugriff auf die Daten über ein "gehacktes" Passwort erfolgt sei, liege ein Vergehen des Ausspähens von Daten vor. Es seien zwar keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Mitarbeiter der Antragsgegnerin an diesen Straftaten beteiligt gewesen seien oder im Zusammenhang mit der Beschaffung der Daten eine rechtswidrige Handlung begangen hätten. Die Redakteure der Beklagten zu 1 hätten aber aufgrund der Umstände erkannt, dass der Zugriff auf die Mails durch eine Straftat erfolgt sein müsse. Zwar falle auch die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Die widerrechtliche Beschaffung einer Information indiziere aber einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich eines anderen, besonders dann, wenn dieser Bereich wegen seiner Vertraulichkeit geschützt sei. In einer solchen Situation habe die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme komme nur dann in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiege, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die tat- sächliche Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehe. Dies sei in der Regel dann nicht der Fall, wenn die widerrechtlich beschaffte Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbare, die ihrerseits nicht rechtswidrig seien.
8
Nach diesen Grundsätzen liege ein überwiegendes Publikationsinteresse nicht vor. Allerdings ergebe sich aus den E-Mails, dass Frau G. den Kläger für den Vater ihrer Tochter gehalten und Unterhaltszahlungen gefordert habe. Ersichtlich sei auch, dass Frau G. angenommen habe, durch die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz einen Betrug zu begehen. Auch habe der Kläger spätestens im November 2002 angenommen, Vater des Kindes zu sein. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts stehe aber weder fest, dass der Kläger eine Straftat begangen habe, noch liege ein Mindestbestand an Beweistatsachen vor, der Voraussetzung für eine zulässige Verdachtsberichterstattung sei. Die Beweistatsachen sprächen nur dafür, dass Frau G. einen Betrug begangen habe. Denn sie habe trotz ihrer sich aus dem Unterhaltsvorschussgesetz ergebenden Verpflichtung den Kläger nicht als Vater benannt. Hinreichende Beweistatsachen, die auf eine Täterschaft oder Teilnahme des Klägers schließen ließen, lägen hingegen nicht vor. Auch wenn an dem Vorgang ein öffentliches Informationsinteresse bestehe, weil der Kläger jedenfalls ab November 2002 die Begehung eines Betrugs zum Nachteil der öffentlichen Hand geduldet habe, gebühre dem Schutzinteresse des Klägers der Vorrang. Er habe lediglich einen Rechtsverstoß geduldet, selbst aber keine Rechtsvorschriften verletzt. In besonderem Maße zu berücksichtigen sei auch, dass die E-Mails durch eine Straftat beschafft worden seien und der Eingriff wegen des erkennbaren Geheimhaltungsinteresses an der privaten Korrespondenz besonders intensiv sei.
9
Mit dem Rücktritt des Klägers vom Amt des Innenministers sei die Berichterstattung jedoch zulässig geworden. Denn bei dem Rücktritt handle es sich um ein Ereignis, an dem ein hohes öffentliches Informationsinteresse bestehe. Das Informationsinteresse erstrecke sich dabei auch auf die Frage, welche Gründe zu dem Rücktritt geführt hätten und welche Vorwürfe gegen den Kläger erhoben worden seien. Ohne die Mitteilung der aus den E-Mails zu entnehmenden Informationen bliebe eine Berichterstattung über die Gründe des Rücktritts unvollständig und nicht verständlich.
10
Die Beklagte zu 1 wende sich auch ohne Erfolg gegen ihre Verurteilung, die Wiedergabe von Zitaten aus den zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails gemäß Klageantrag zu 13 zu unterlassen. Die sprachliche Fassung eines bestimmten Gedankeninhalts sei Ausdruck der Persönlichkeit des Verfassers. Soweit die E-Mails von Frau G. verfasst worden seien, ließen sie Rückschlüsse auf die persönliche Beziehung zum Kläger zu, weshalb auch sein Persönlichkeitsrecht betroffen sei. Den E-Mails sei ein rechtswidriges Verhalten des Klägers nicht zu entnehmen. Dies deute darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handle, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse bestehe. Aus diesen Gründen wende sich auch die Beklagte zu 3 ohne Erfolg gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung der Wiedergabe von Zitaten aus den zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails gemäß Klageantrag zu 12. Aufgrund der erlittenen Persönlichkeitsrechtsverletzung stehe dem Kläger gegen die Beklagten zu 1 und 3 weiterhin ein Anspruch auf Freistellung von den Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte zu.

B.

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klageantrag zu 4 hat sich nicht in der Hauptsache erledigt; der den Gegenstand dieses Antrags bildende vorbeugende Unterlassungsantrag war zu keinem Zeitpunkt begründet. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Unterlassung der mit den Anträgen zu 12 und 13 angegriffenen Äußerungen gegen die Beklagten zu 1 und 3 zu. Aus diesem Grund kann er nicht die Freistellung von den Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte verlangen. I. Revision der Beklagten zu 1 1. Ursprünglicher Klageantrag zu 4
12
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die auf Feststellung der Erledigung des Klageantrags zu 4 gerichtete Klage unbegründet. Die Feststellung der Erledigung der Hauptsache setzt voraus, dass eine ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Januar 1982 - V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 13; vom 8. März 1990 - I ZR 116/88, NJW 1990, 3147, 3148). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Die Revision macht mit Erfolg geltend, dass dem Kläger zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1 zustand, es zu unterlassen, die Frage seiner Vaterschaft hinsichtlich E., die Frage privater oder intimer Kontakte zu Frau G., die Frage, ob diese zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch genommen und/oder "Sozialleistungsbetrug" begangen hat, oder die Frage von Unterhaltsleistungen für das Kind E. im Zusammenhang mit ihm öffentlich zu erörtern.
13
a) Allerdings greift eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails stützt und die vorbezeichneten Fragen thematisiert, in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein.
14
aa) Betroffen sind zum einen die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bekanntgabe des Umstands, dass der Kläger für seine nichteheliche Tochter nur geringfügige Zahlungen erbracht hat, ist geeignet, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken.
15
bb) Betroffen sind zum anderen die Vertraulichkeitssphäre und das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung. Beide genannten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützen auch das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt (vgl. zur Vertraulichkeits- bzw. Geheimsphäre : Senatsurteile vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73,120, 121, 124 f.; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 509 f.; BVerfGE 54, 148, 153 f. mwN - Eppler-Zitat; zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung: BVerfGE 115, 166, 83 f., 187 ff.; EGMR, EuGRZ 2007, 415 Rn. 41, 43 f.). So umfasst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden , ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 6; vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12, BGHZ 198, 346 Rn. 11 = AfP 2014, 58; BVerfGE 84, 192, 194; BVerfG, VersR 2006, 1669 Rn. 31 f.; BVerfG, VersR 2013, 1425, 1427, jeweils mwN). Vielmehr erstreckt sich der Schutzbereich dieses Rechts auch auf Telekommunikationsverbindungsdaten einschließlich der jeweiligen Kommunikationsinhalte, soweit sie nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeichert werden. Insoweit ergänzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung den Schutz des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 115, 166, 183 f., 187 ff.). Damit wird der besonderen Schutzwürdigkeit der Telekommunikationsumstände Rechnung getragen und die Vertraulichkeit räumlich distanzierter Kommunikation auch nach Beendigung des Übertragungsvorgangs gewahrt. Vom Schutz umfasst ist dabei zum einen das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt der Kommunikation nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Geschützt wird aber auch sein Interesse daran, dass die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden und damit über den Kommunikationsinhalt hinaus auch die persönliche Ausdrucksweise des Kommunikationsteilnehmers nach außen dringt (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 121 ff.). Denn jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts lässt Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Verfassers zu (BGH, Urteil vom 25. Mai 1954 - I ZR 211/53, BGHZ 13, 334, 338).
16
Weder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch die Vertraulichkeitssphäre gewähren aber einen absoluten Schutz; sie finden ihre Grenze vielmehr in den Rechten Dritter - beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 6 mwN; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 510; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 124).
17
cc) Die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers ist dagegen nicht betroffen (vgl. zur Intimsphäre: Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, AfP 2012, 47 Rn. 11; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Die bloße Bekanntgabe der wahren Tatsache, dass der Kläger eine intime Beziehung mit Frau G. hatte, aus der ein Kind hervorgegangen ist, tangiert den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung nicht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn im Zeitpunkt der Einreichung des auf eine Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Klageantrags zu 4 zu befürchten gewesen wäre, dass diesbezügliche Einzelheiten preisgegeben werden (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 66 = AfP 2014, 135; vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, AfP 1999, 350, 351; vom 5. Mai 1964 - VI ZR 64/63, NJW 1964, 1471, 1472; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wortund Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 49). Dies ist weder ersichtlich noch dargetan.
18
b) Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist aber nicht rechtswidrig. Das von der Beklagten zu 1 verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiegen das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit.
19
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135).
20
bb) Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten zu 1 auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Dabei ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass die Informationen, deren Veröffentlichung er mit dem vorbeugenden Unterlassungsantrag verhindern wollte, von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind. Zwar wird auch die Ver- öffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen vom Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) umfasst. Andernfalls wäre die Funktion der Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit" beeinträchtigt, zu der es gehört, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, AfP 1987, 508, 510; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 124 ff.; BVerfGE 66, 116, 137 f.). Um der besonderen Schutzwürdigkeit der im Endgerät des Betroffenen gespeicherten Kommunikationsdaten und des insoweit bestehenden Ergänzungsverhältnisses von Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ausreichend Rechnung zu tragen, kommt es in diesen Fällen bei der Abwägung maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel an, mit dem der Zweck verfolgt wird. Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt. Der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 GG kommt dagegen umso geringeres Gewicht zu, je mehr sich die Äußerung unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut richtet und im privaten Verkehr in Verfolgung eigennütziger Ziele abgegeben wird (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 127 ff.; BVerfGE 66, 116, 138 f.).
21
Bei der Bewertung des Mittels, mit dem der Äußerungszweck verfolgt wird, ist zu berücksichtigen, dass es im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information verschiedene Stufungen geben kann, einerseits etwa den vorsätzlichen Rechtsbruch, um die auf diese Weise verschaffte Information zu publizieren oder gegen hohes Entgelt weiterzugeben, andererseits die bloße Kenntniserlangung von einer rechtswidrig beschafften Information, bei der die Rechtswidrigkeit der Beschaffung möglicherweise auch bei Wahrung der publizistischen Sorgfaltspflicht nicht einmal erkennbar ist. In Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Ab- sicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (BVerfGE 66, 116, 139).
22
cc) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit gegenüber dem Recht der Beklagten zu 1 auf Meinungsund Medienfreiheit zurückzutreten.
23
(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist keine Fallgestaltung gegeben, in der bereits im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information von der grundsätzlichen Unzulässigkeit ihrer publizistischen Verwertung auszugehen wäre. Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Beklagten zu 1 und 3 die E-Mails nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Sie haben sich an dem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers nicht beteiligt, auch wenn ihnen die Rechtswidrigkeit der Informationsbeschaffung nicht verborgen geblieben ist. Es begründet aber einen nicht unerheblichen Unterschied im Unrechtsgehalt, ob der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich in der Absicht verschafft, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, oder ob er, wie im Streitfall, aus dem erkannten Bruch der Vertraulichkeit lediglich Nutzen zieht. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands , dass die grundsätzliche Bereitschaft der Presse, rechtswidrig erlangte Informationen zu verwerten, Dritte zu Einbrüchen in die Vertraulichkeitssphäre ermuntern kann (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 127).
24
(2) Abgesehen davon haben die Informationen, deren Verbreitung der Kläger mit seinem vorbeugenden Unterlassungsantrag verhindern wollte und deren Wahrheit er nicht in Frage stellt, einen hohen "Öffentlichkeitswert". Sie offenbaren einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Die der Beklagten zu 1 zugespielte E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Kläger und Frau G. belegt, dass sich der Kläger, der von 1994 bis zu seinem Rücktritt im Jahre 2010 herausgehobene öffentliche Ämter bekleidete, über viele Jahre der wirtschaftlichen Verantwortung für seine Tochter E. entzogen hat. Er hat seine ehemalige Geliebte dadurch in die Situation gebracht, für die gemeinsame Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Anspruch zu nehmen, und es im eigenen persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Interesse hingenommen, dass sie Leistungen bezog, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren.
25
Gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (nachfolgend: Unterhaltsvorschussgesetz) besteht ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz u.a. dann nicht, wenn sich der Elternteil , bei dem das Kind lebt, weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. Zur Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils gehören grundsätzlich auch Angaben zur Bestimmung der Person des Vaters. Denn sie sind erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche gegen den Vater nach § 7 UhVorschG auf sich überleiten und auf diesem Wege die Erstattung der vorgeleisteten Gelder von ihm verlangen kann (vgl. BVerwGE 89, 192, 195; BVerwG, NJW 2013, 2775 Rn. 11). Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz soll "ausbleibende Zahlungen" der Unterhaltsverpflichteten aus öffentlichen Mitteln übernehmen, um sie sodann von Amts wegen beim säumigen zahlungsverpflichteten Elternteil wieder einzuziehen. Die Gewährung von Unterhalt als Ausfallleistung für den Fall, dass ein Rückgriff auf den anderen Elternteil nicht möglich oder erfolgreich ist, soll die Ausnahme bleiben. Dies ergibt sich auch aus dem in § 7 UhVorschG normierten gesetzlichen Forderungsübergang, der den Nachrang der Unterhaltsleistung dadurch sichern soll, dass Unterhaltsansprüche des berechtigten Kindes "für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird", auf das Land übergehen (BVerwG, NJW 2013, 2775 Rn. 22).
26
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat Frau G. ihren danach bestehenden Mitwirkungspflichten nicht genügt. Sie hat der für die Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zuständigen Behörde den Kläger nicht als Vater von E. benannt, obwohl sie dessen Vaterschaft für gegeben hielt. Ihr war auch bekannt, dass deshalb die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht vorlagen. Wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, ergibt sich aus der an den Kläger gerichteten E-Mail der Frau G. vom 29. November 2002, dass sie ihre unvollständigen Angaben gegenüber der Behörde als Betrug wertete, deren Strafrelevanz nach Ablauf der maximalen Bezugsdauer von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz - anders als die Leistungen - nicht "zuende" gehe.
27
Die Informationen, deren Verbreitung der Kläger mit seinem vorbeugenden Unterlassungsantrag verhindern wollte, offenbaren damit, dass der Kläger aus Eigeninteresse die wirtschaftliche Verantwortung für sein nichteheliches Kind auf den Steuerzahler abgewälzt hat. Ein derartiges Verhalten ist für die Beurteilung der persönlichen Eignung des Klägers als Finanz- und Innenminister und Landtagsabgeordneter von maßgeblicher Bedeutung. Als Minister und als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht. Sein Verhalten ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht seiner Privatsphäre zuzurechnen, zu der "Andere nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird". Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob dem Kläger selbst ein Strafvorwurf gemacht werden kann. Die Kontroll- und Überwachungsfunktion der Presse ist nicht auf die Aufdeckung von Straftaten beschränkt. 2. Klageantrag zu 13:
28
Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte zu 1 sei verpflichtet, es zu unterlassen, den Inhalt der vier im Tatbestand dieses Urteils im Einzelnen aufgeführten E-Mails in direkter oder indirekter Rede zu verbreiten.
29
a) Durch die Veröffentlichung der vier E-Mails in direkter oder indirekter Rede werden der soziale Geltungsanspruch des Klägers und sein Interesse daran beeinträchtigt, den Inhalt seiner privaten Kommunikation mit Frau G. nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Durch die Veröffentlichung der E-Mail des Klägers vom 28. Oktober 1997, wonach er als Vater nicht zur Verfügung stehe, ist darüber hinaus sein Interesse betroffen, dass die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden und damit über den Kommunikationsinhalt hinaus auch seine persönliche Ausdrucksweise nach außen dringt (vgl. die Ausführungen unter Ziffer 1. a) bb)).
30
b) Die darin liegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Art und Weise der Informationserlangung nicht rechtswidrig. An der Wiedergabe der vier E-Mails, insbesondere der des Klägers vom 28. Oktober 1997, in direkter oder indirekter Rede besteht ein hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, hinter dem das Schutzinteresse des Klägers zurückzutreten hat. Auch wörtliche Zitate, die - wie im Streitfall - geeignet sind, zu einer Bewertung des Zitierten beizutragen, fallen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, AfP 2010, 145 Rn. 21). Dem wörtlichen Zitat kommt wegen seiner Belegfunktion ein besonderer Dokumentationswert im Rahmen einer Berichterstattung zu. Es dient als Tatsachenbehauptung dem Beleg und der Verstärkung des Aussagegehalts (vgl. BVerfG, AfP 2001, 295, 298) und hat deshalb eine besondere Überzeugungskraft (vgl. BVerfGE 54, 208, 217 f.). Aus diesem Grund kommt ihm eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zu.
31
Dies gilt vorliegend in besonderem Maße. Der Kläger stand aufgrund der von ihm im maßgeblichen Zeitraum ausgeübten öffentlichen Ämter in sozialer Verantwortung für das Gemeinwesen. Die Aussage in seiner E-Mail vom 28. Oktober 1997 "Ich stehe als Vater nicht zur Verfügung" dokumentiert mit besonderer Klarheit, wie er mit der Verantwortung gegenüber seiner nichtehelichen Tochter und der Mutter seines Kindes - und damit mittelbar gegenüber der Allgemeinheit, die jedenfalls bis zur Veröffentlichung der streitgegenständlichen Informationen die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen tragen musste - umgegangen ist. Durch die Wiedergabe dieser E-Mail in direkter oder indirekter Rede wird die zulässige Berichterstattung über das Verhalten des Klägers unterstrichen , ohne dass seine Persönlichkeit durch die Bekanntgabe seiner persönlichen Ausdrucksweise in unzulässiger Weise "preisgegeben" würde.
32
Die wörtlichen Zitate aus den drei E-Mails der Kindesmutter sind ebenfalls vom überwiegenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedeckt. Das Zitat der E-Mail vom 29. November 2002 beweist, dass der Kläger von der Inanspruchnahme der Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz durch die Kindesmutter und dem Umstand wusste, dass diese ihr Verhalten für strafrechtlich relevant hielt. Die E-Mails vom 21. April 2004 und 25. Juni 2008 dokumentieren eindrucksvoll, mit welcher Intensität und Nachhaltigkeit der Kläger an seiner Haltung festgehalten hat. 3. Rechtsanwaltskosten
33
Da die Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1 unbegründet sind, stehen dem Kläger auch keine Ansprüche auf Freistellung von Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte zu. II. Revision der Beklagten zu 3 1. Klageantrag zu 12
34
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte zu 3 sei verpflichtet, es zu unterlassen, die im Tatbestand dieses Urteils im Einzelnen aufgeführten Zitate aus den zwischen dem Kläger und Frau G. gewechselten E-Mails wörtlich oder sinngemäß zu verbreiten. Die in der publizistischen Verwertung der E-Mails liegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist nicht rechtswidrig, da das von der Beklagten zu 1 verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit überwiegen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer I. 1. und 2. verwiesen. Das Interesse des Klägers, dass die Kommunikationsinhalte nicht in verkörperter Form für die Öffentlichkeit verfügbar werden und über den Kommunikationsinhalt hinaus auch seine persönliche Ausdrucksweise nach außen dringt, ist nur durch Wiedergabe seines wörtlichen Zitats vom 2. Dezember 2003 betroffen, wonach er auch ein paar Euro vorbeibringen werde. Im Übrigen handelt es sich um wörtliche Zitate der Kindesmutter. Sämtliche Zitate dienen als eindrucksvoller Beleg für die nachhaltige Weigerung des Klägers , die wirtschaftliche Verantwortung für sein nichteheliches Kind zu übernehmen und die Kosten stattdessen der Allgemeinheit aufzubürden. 2. Rechtsanwaltskosten
35
Da der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 3 unbegründet ist, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Freistellung von Gebührenforderungen seiner Rechtsanwälte zu.

III.

36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1, § 565 Satz 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Galke Wellner Diederichsen von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.06.2011 - 27 O 719/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 05.11.2012 - 10 U 118/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 211/12 Verkündet am:
17. Dezember 2013
Holmes
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 823 Abs. 2 Bd;

a) Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
durch eine Internetveröffentlichung ist nicht generell höher oder niedriger
zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den PrintMedien.

b) Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann demjenigen, der
persönlichkeitsrechtsverletzende eigene Inhalte im Internet zum Abruf bereit
hält, auch insoweit zuzurechnen sein, als sie erst durch die Weiterverbreitung
des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner und Stöhr, die Richterin von Pentz und den Richter Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Mai 2012 aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung zurückgewiesen worden ist. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben , soweit das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 11. November 2011 auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 abgeändert und die Klage auf Zahlung einer Geldent- schädigung gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 25.000 € abgewiesen worden ist. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil ferner aufgehoben, soweit seine Anschlussberufung gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung einer Geldentschädigung gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von weiteren 25.000 € zurückgewiesen worden ist. Die Revision der Beklagten zu 3 gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Freistellung des Klägers von Rechtsanwaltskosten richtet. Die weitergehenden Revisionen der Beklagten werden zurückgewiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen ihn betreffender Äußerungen in einem Beitrag in Anspruch, der von dem Beklagten zu 1 verfasst wurde, sich maßgeblich auf die Aussagen der Beklagten zu 3 stützt und in der Zeit vom 22. Juni 2007 bis jedenfalls 5. Juli 2007 auf dem von der Beklagten zu 2 betriebenen Internetportal www.stern.de abrufbar war.
2
Der Kläger war in der Zeit von Juni 1994 bis 31. Oktober 2009 Leiter der Rechtsabteilung der L. W. Am 17. Oktober 1994 wurde auf ihn ein Attentat verübt , wodurch er lebensgefährlich verletzt wurde. Die Attentäter hatten im Auftrag von Hintermännern gehandelt, die mit Immobiliengeschäften im Zusammenhang standen. Das Attentat und seine Hintergründe waren in den neunziger Jahren Gegenstand umfangreicher Berichterstattungen in der Presse. Ab Mai 2007 wurde aufgrund öffentlich gewordener Beobachtungen des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz unter dem Titel "Sächsische Korruptionsaffäre" deutschlandweit über den Verdacht berichtet, dass namhafte Personen aus Sachsen mit dem Rotlichtmilieu verquickt seien, ein Kinderbordell besucht und auf Immobilientransaktionen, Justiz und Verwaltung unzulässig Einfluss genommen hätten. Am 11. Juni 2007 strahlte der Mitteldeutsche Rundfunk die Sendung "FAKT" aus, in der sich die Beklagte zu 3, die ehemalige Sekretärin des Klägers zu diesem wie folgt äußerte: "Im Dezember des Jahres 2004 kam ein ca. 14-jähriges Mädchen in mein Büro und wollte Herrn X (Anmerkung des Senats: Kläger) sprechen. Sie nannte ihn dann sofort beim Vornamen und vermittelte mir, sie sei sehr verliebt. Er sei ihr Freund und sie hätte ihn über eine Woche nicht erreicht und mache sich Sorgen, weil er ihr sagte, er würde gern mit ihr auswandern. Meine Gedanken waren sofort: Und das mit einem 14jährigen Mädchen". Weiter heißt es in diesem Fernsehbericht: "Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 3) wurde aus dem Unternehmen herausgemobbt und danach noch verschiedentlich per Telefon und SMS terrorisiert und wollte sich gegenüber der Polizei offenbaren. O-Ton Y: "Ich bin Anfang diesen Jahres zur Polizei zur Zeugenvernehmung in Sachen X geladen worden, habe aber in der Nacht vor der Zeugenvernehmung meine Katze auf dem Grundstück misshandelt vorgefunden, indem sie gefesselt worden ist, und war über diese Tatsache dermaßen erschüttert und ängstlich, so dass ich die Aussage bei der Polizei nicht gemacht habe.""Am 13. Juni 2007 erschienen sowohl in der Lokalausgabe der Bildzeitung unter der Überschrift "Wie halten Sie das aus Herr X? Kindersexvorwurf gegen L. W. Manager" als auch in der Leipziger Volkszeitung unter der Überschrift "Ehemalige Sekretärin erhebt schwere Vorwürfe gegen L. W. - Abteilungsleiter, der weist alle Anschuldigungen zurück" Artikel, die sich u.a. mit den von der Beklagten zu 3 gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen befassten. In einem Beitrag der Tagesschau vom 15. Juni 2007 wurde berichtet, dass die Beklagte zu 3 den Kläger öffentlich der Pädophilie verdächtige.
3
Mit E-Mail vom 3. Juni 2007 an den Pressesprecher der L. W. und vom 10. Juni 2007 an den Kläger persönlich bat der Beklagte zu 1 um ein Interview mit dem Kläger, um ihm die Gelegenheit zu geben, "sich zu alten und neuen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem sog. "Sächsischen und Leipziger Sumpf" zu äußern", die laut Veröffentlichungen in der Presse ihn beträfen. Mit E-Mail vom 11. Juni 2007 teilte der Kläger dem Beklagten zu 1 mit, kein Gespräch mit ihm führen zu wollen. Die Tatsache, dass er Opfer eines Überfalls gewesen sei, befähige ihn nicht, sich qualifiziert zu einer angeblichen Affärein Justiz- oder Politikerkreisen zu äußern. In der Presse hätten so gut wie keine Tatsachen benannt werden können, die strafbar seien. Er kenne keine Tatsachen , die den Beklagten zu 1 bei seinen Recherchen weiterbringen könnten und er wolle sich auch nicht an dem Verbreiten von Gerüchten beteiligen. Der Beklagte zu 1 teilte daraufhin mit, dass er seine Aufgabe nicht in erster Linie darin sehe, strafbare Tatsachen zu benennen. Die Rolle des Klägers habe aber immer wieder Anlass zu Spekulationen und Beschuldigungen gegeben, weshalb er gern in einem persönlichen Gespräch noch einige Punkte klären wolle. Er wolle dem Kläger außerdem Gelegenheit geben, sich zu Vorwürfen seiner ehemaligen Sekretärin zu äußern, die nicht nur arbeitsrechtlicher Natur seien.
4
Am 22. Juni 2007 veröffentlichte die Beklagte zu 2 in ihrem Internetportal einen vom Beklagten zu 1 verfassten und sich maßgeblich auf die Angaben der Beklagten zu 3 stützenden Beitrag mit dem Titel "Sächsische Korruptionsaffäre Ein Krimi aus dem Leipziger Sumpf". Darin heißt es unter voller Namensnennung der Betroffenen u.a.: "Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 3) ahnte lange nicht, warum sie 2005 aus ihrem Job gemobbt und bedroht wurde. Erst als Einzelheiten der Sächsischen Korruptionsaffäre ans Licht kamen, wurde der Sekretärin klar: Sie wusste zu viel - ohne es zu wissen. ... Y wollte nie Kronzeugin sein, Interviews geben oder den Dreck zurückwerfen, mit dem man sie selbst beinahe zur Verzweiflung trieb. Aus lauter Loyalität hat sie sich nicht einmal vor Gericht gegen ihre abgekartete Kündigung gewehrt. ... Y hielt die Rechtsabteilung zusammen. Ihr Chef konnte all die Jahre gar nicht oft genug sagen, was er ohne sie machen sollte; sie war engste Vertraute, Ratgeberin in allen Lebenslagen und verteidigte ihn "wie eine Löwenmutter" gegen alle Anfeindungen aus dem Unternehmen. "Egal was die Kollegen hinter seinem Rücken sagten, ob sie X (Anmerkung des Senats: Kläger) als Faulpelz verleumdeten oder als einen, der sowieso die Hand aufhält" - sie hat ihm immer alles gesteckt , auch als ihn seine eigenen Juristenkollegen "als pädophilen Arsch" bezeichnen. Damals fand sie das unglaublich. ... Es ist ihr unangenehm, als er sie bittet, kindische Vergleichslisten zwischen seiner Ehefrau und einer Geliebten zu beurteilen,… Und als sei dies selbstverständlich, bewahrt sie sogar Diskreti- on, als einmal ein Mädchen, "vielleicht 14 Jahre alt", im Büro auftaucht und "nach X" fragt, der ihr angeblich versprochen hätte, mit ihr nach Sardinien abzuhauen. "Das Mädchen nannte sich Lissy, hat geweint und gebettelt, ich möge X nichts von dem Besuch sagen, denn das hätte er ihr verboten." Und tatsächlich sagt Y ihrem Chef diesmal nichts. Ein paar Wochen später schlägt die Stimmung plötzlich um. "Er redete kein Wort mehr mit mir, ließ meine Urlaubsscheine verschwinden, und an einem Tag im März bekam ich auf einmal zwei völlig konstruierte Abmahnungen". ... Nach der Kündigung zum 30.9.2005 geht sie zu Hause durch die Hölle: "Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen und zermarterte mir mein Hirn, was ich falsch gemacht habe." … Wie zum Hohn treffen regelmäßig schmähende SMS bei ihr ein. "Bin ich froh, dass ich Sie los bin." Sie weiß nicht, warum das jetzt auch noch sein muss, hebt alles auf, frisst es in sich hinein, bis sie plötzlich von drei Motorradfahrern im Straßenverkehr brutal abgedrängt wird. Sie erinnert sich zwar, dass X mal von solchen Spielchen mit Motorradkumpels geschwärmt hat, ihre Anzeige aber stellt sie gegen Unbekannt. … Bei Weihnachtseinkäufen im Dezember trifft sie zufäl- lig Lissy wieder. Das Mädchen teilte freudig mit, es sei alles wieder gut: Sie hätte X den Bürobesuch gebeichtet, er sei nicht weiter sauer gewesen. Plötzlich wird Y alles klar - das war es also: "Weil ich ihm nichts davon erzählt hatte", schließt sie, "muss er angenommen haben, ich würde ihn hintergehen und wusste womöglich noch mehr". ... Vier Monate später kommt die Korruptionsaffäre ins Rollen. In geheimen Akten des Verfassungsschutzes füllt der Name ihres Chefs mehrere Seiten: Als Opfer eines Anschlages, dessen wahre Hintergründe offenbar nie richtig aufgeklärt werden sollten; als Verdächtiger im Zusammenhang mit Kinderprostitution; als eine zentrale Figur im Leipziger Sumpf. Erst jetzt fügen sich für Y immer mehr Puzzleteile zusammen. Das Mädchen, die Andeutungen der Kollegen, "seine Empörung im Büro, nachdem ihm sein Schwager angeblich mit einer Anzeige droht, weil X dessen Tochter im Urlaub zu nahe gekommen sei." Y überwindet ihre Scham, auch diese Dinge zu benennen und geht an die Öffentlichkeit. Ihre Anwälte haben ihr das auch als Schutz empfohlen. Niemand weiß besser als sie, wozu die Leipziger Immobilienmafia fähig ist. ... "Alles, was seine Neigungen betrifft, ist mir dagegen erst im Nachhinein klar geworden". Das ist ihr wichtig: "Denn wer denkt denn an so was?!"
5
Die Behauptung der Beklagten zu 3, ein 14-jähriges Mädchen namens "Lissy" habe nach dem Kläger im Büro gefragt und angegeben, mit diesem befreundet zu sein, führte zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs einer nicht bekannten weiblichen Jugendlichen. Die Staatsanwaltschaft Dresden stellte dieses Verfahren mit Verfügung vom 7. April 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Ein weiteres, im Zusammenhang mit der sog. "Sächsischen Korruptionsaffäre" gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern wurde mit Verfügung vom 28. April 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Kläger erwirkte gegen die Beklagten einstweilige Verfügungen des Landgerichts Hamburg vom 4. September 2007 und 1. August 2007, mit welchen den Beklagten die Verbreitung der im angegriffenen Beitrag mitgeteilten Äußerungen verboten wurde. Die Beklagten akzeptierten diese Unterlassungsverfügungen als endgültige Regelungen und verzichteten auf die Rechtsbehelfe der §§ 924, 926, 927 ZPO.
6
Mit der Behauptung, durch die im angegriffenen Beitrag enthaltenen unwahren Tatsachenbehauptungen sei er sowohl sozial als auch wirtschaftlich vernichtet worden, begehrt der Kläger die Zahlung einer Geldentschädigung wegen schwerwiegender Persönlichkeitsrechtsverletzung sowie den Ersatz von Anwaltskosten. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten in Bezug auf alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden.
7
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 25.000 € und die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zur Zahlung einer weiteren Geldentschädigung in Höhe von 50.000 € verurteilt. Darüber hinaus hat es dem Feststellungsbegehren gegen die Beklagten zu 1 und 2 entsprochen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht die von ihnen zu zahlende Geldentschädigung auf insgesamt 50.000 € reduziert. Die weitergehenden Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht ebenso wie die Berufung der Beklagten zu 3 und die auf Erhöhung der Geldentschädigung gerichtete Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zu 3 verurteilt, den Kläger von einer Gebührenforderung der Rechtsanwälte H & M in Höhe von 1.195,95 € freizustellen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger von den Beklagten zu 1 und 2 eine weitere Geldentschädigung in Höhe von 50.000 €. Die Beklagten verfolgen mit ihren Revisionen ihre Klageabweisungsanträge weiter. Mit der gegen die Beklagte zu 3 gerichteten Anschlussrevision begehrt der Kläger die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Anwälte in Höhe von weiteren 3.712,90 €.

Entscheidungsgründe:

A.

8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat ausgeführt , dass der Kläger von den Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die Zahlung einer Geldentschädigung verlangen könne. Die Beklagten hätten das Persönlichkeitsrecht des Klägers in schwerwiegender Weise dadurch verletzt, dass sie - teils offen, teils verdeckt - die Behauptungen aufgestellt hätten, der Kläger sei pädophil veranlagt, er habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen namens Lissy gehabt, er sei korrupt, Teil eines kriminellen Leipziger Netzwerkes (sog. Sächsische Korruptionsaffäre), habe seine Dienstpflichten nicht erfüllt und die Beklagte zu 3 bedroht, in dem er ihr SMS geschrieben habe, ihre Katze habe strangulieren lassen und sie von drei ihm bekannten Motorradfahrern im Straßenverkehr habe abdrängen lassen. Die Wiedergabe von angeblichen Kollegenäußerungen, wonach der Kläger als "pädophiler Arsch" bezeichnet worden sei, lasse in Verbindung mit seiner Benennung als "Verdächtiger im Zusammenhang mit Kinderprostitution" und dem Bericht der Beklagten zu 3 über den Besuch des Mädchens Lissy für den verständigen Durchschnittsleser nur die Schlussfolgerung zu, der Kläger habe auch zu diesem eine pädophile Beziehung unterhalten. Diese unabweisliche Schlussfolgerung werde dem Leser insbesondere durch die Passage nahegelegt, in der es heißt: "Erst jetzt fügen sich für Y immer mehr Puzzleteile zusammen. Das Mädchen, die Andeutungen der Kollegen, "seine Empörung im Büro, nachdem ihm sein Schwager angeblich mit einer Anzeige droht, weil X dessen Tochter im Urlaub zu nahe gekommen sei.""Diese Schlussfolgerung werde durch die Aussage bestärkt: "Alles, was seine Neigungen betrifft, ist mir dagegen erst im Nachhinein klar geworden" …"Denn wer denkt denn an so was?!". Auch wenn der streitgegenständliche Beitrag überwiegend Bezug auf Äußerungen der Beklagten zu 3 nehme, hätten die Beklagten zu 1 und 2 sich diese Äußerungen zu Eigen gemacht. Durch deren nahtlose Einbindung in den Text, die nahezu bruchlose Verschmelzung von Interviewabschnitten mit Passagen in indirekter Rede, die hergestellte Verbindung zur sog. Sächsischen Korruptionsaffäre bereits im Einleitungstext sowie durch zustimmende und bewertende Kommentierungen bringe der Beklagte zu 1 deutlich zum Ausdruck, dass er die Auffassung der Beklagten zu 3 teile. Die Beklagten hätten nicht den Beweis erbracht, dass die erhobenen Vorwürfe wahr seien. Die Beklagten könnten sich auch nicht auf die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung stützen. Die übernommenen Behauptungen beschränkten sich an keiner Stelle auf die Äußerung eines bloßen Verdachts, sondern würden als unumstößliche Tatsachen dargestellt. In dem Beitrag würden auch keine den Kläger entlastenden Umstände wiedergegeben. Darüber hinaus fehle es an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der berichteten Informationen sprächen. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten dem Kläger auch nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die bloße Kontaktaufnahme per E-Mail ohne eine konkrete Darlegung des Gegenstandes, zu dem eine Stellungnahme erbeten werde, reiche hierfür nicht aus.
9
Die durch die Berichterstattung hervorgerufene schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers könne auch nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden. Die vom Kläger gegen die Beklagten erwirkten Unterlassungsverfügungen bewirkten keinen anderweitigen Ausgleich der Rechtsverletzung. Denn gegenüber Veröffentlichungen im Internet sei die Gel- tendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Ergebnis faktisch wirkungslos, weil die Primärmitteilung durch Dritte im Rahmen von Kopien, Blogs oder Verlinkungen weiter verbreitet werde. Der Kläger könne auch nicht auf die Geltendmachung eines Widerrufsanspruchs verwiesen werden, da ihn die Beweislast für die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen treffe. Eine Gegendarstellung bewirke keine Genugtuung. Bei der Bemessung der Höhe des Geldentschädigungsanspruchs sei zu berücksichtigen, dass die verdeckte Behauptung, der Kläger habe eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen unterhalten und sei pädophil veranlagt, nicht allein in dem streitgegenständlichen Artikel enthalten, sondern bereits am 13. Juni 2007 in der Bildzeitung veröffentlicht worden sei. In gleicher Weise habe sich die Beklagte zu 3 zuvor im MDRMagazin FAKT am 11. Juni 2007 geäußert. Es könne nicht außer Betracht bleiben , dass eine Tatsache bereits einer größeren Öffentlichkeit bekannt sei und deren Sicht auf die betroffene Person schon wesentlich mitpräge. Auf der anderen Seite sei die erhebliche Rufschädigung zu berücksichtigen, die der Vorwurf der Pädophilie nach sich ziehe. Es sei auch davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Berichterstattung zumindest mitursächlich für die durch Vorlage diverser Befundberichte belegte depressive Störung des Klägers sei. Sowohl der streitgegenständliche Beitrag als auch die parallel erfolgten Pädophilievorwürfe in anderen Medien seien für sich genommen geeignet, schwerwiegende psychische Folgeschäden, zumindest aber eine längerfristige depressive Verstimmung hervorzurufen. Es liege damit eine Doppelkausalität vor, die für eine Haftungsbegründung ausreiche. Der Entschädigungsanspruch sei auch nicht im Hinblick auf sämtliche, im Zeitraum ab Mai 2007 erschienenen Veröffentlichungen über den Kläger zu mindern. Denn nur die Beiträge im MDR-Magazin FAKT und in der Bildzeitung befassten sich mit der Behauptung, der Kläger unterhalte eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen. Es sei auch kein Grundsatz anzuerkennen, wonach die Geldentschädigung bei einer Internetveröffentli- chung stets höher anzusetzen sei als bei einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Veröffentlichung in den Printmedien. Eine solche Betrachtung lasse außer Acht, dass die Verlinkung auf den angegriffenen Beitrag im Internet und die sonstige Weiterverbreitung in anderen Portalen nicht vom Willen des Verletzers abhängig sei und diesem nicht zugerechnet werden könne. Auch bei einer gedruckten Zeitung sei für die Höhe der Geldentschädigung nicht maßgeblich, ob die belastende Darstellung von anderen Zeitungen, etwa im Rahmen eines Pressespiegels, übernommen werde. Auf der anderen Seite sei die Geldentschädigung bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine Internetveröffentlichung auch nicht generell niedriger anzusetzen als bei einer solchen durch eine Printveröffentlichung. In Fällen, in denen der Schädiger - wie im Streitfall - die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen als Mittel zur Reichweitensteigerung eingesetzt habe, sei die Erzielung von Gewinnen als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. Nach einer Pressemitteilung der Beklagten zu 2 habe das von ihr betriebene Portal im August 2007 durchschnittlich 2,58 Millionen Nutzer gehabt, was in der Gesamtabwägung die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 50.000 € rechtfertige. Der gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Feststellungsantrag sei zulässig und begründet. Die Beklagten zu 1 und 2 stellten ihre Schadensersatzpflicht in Abrede, die Höhe des Schadens stehe derzeit noch nicht fest und es drohe eine Verjährung des Anspruchs.
10
Die Beklagte zu 3 sei zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 25.000 € verpflichtet. Sie müsse sich den streitgegenständlichen Beitrag als Informantin zurechnen lassen. Sie habe gewusst, welche Schlussfolgerungen der Beklagte zu 1 aus ihren Informationen ziehen würde. Ihre Behauptungen ließen im Gesamtzusammenhang die alleinige Schlussfolgerung zu, der Kläger sei pädophil und habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen. Die Beklagte zu 3 habe die Wirkungen ihrer Behauptungen aus Rache gegenüber dem Kläger, dem sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zugeschrieben habe, in Kauf genommen.
11
Die Anschlussberufung des Klägers sei unbegründet, soweit er die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 zu einer höheren Geldentschädigung begehre. Er könne indes von der Beklagten zu 3 aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186, 187 StGB die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Anwälte in Höhe von 1.195,95 € verlangen, die durch seine Verteidigung in dem auf Initiative der Beklagten zu 3 eingeleiteten Ermittlungsverfahren entstanden sei.

B.

I. Revisionen der Beklagten zu 1 und 2
12
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revisionen der Beklagten zu 1 und 2 nicht in jeder Hinsicht stand.
13
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB gegen die Beklagten zu 1 und 2 zusteht.
14
a) Die Revisionen wenden sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die angegriffenen Äußerungen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzen.
15
aa) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht dem beanstandeten Beitrag die - teils offenen, teils verdeckten - Aussagen entnommen, der Kläger sei pädophil veranlagt, er habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen namens Lissy gehabt, er sei kor- rupt, Teil eines kriminellen Leipziger Netzwerkes (sog. Sächsische Korruptionsaffäre ), habe seine Dienstpflichten nicht erfüllt und die Beklagte zu 3 bedroht, indem er ihr SMS geschrieben habe, ihre Katze habe strangulieren lassen und sie von drei ihm bekannten Motorradfahrern im Straßenverkehr habe abdrängen lassen (vgl. zur Ermittlung verdeckter Aussagen: Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02, AfP 2004, 56, 57 f.). Das Berufungsgericht hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision nicht.
16
bb) Die vorbezeichneten Aussagen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Sie beeinträchtigen ihn in erheblichem Maße in seiner Ehre und sozialen Anerkennung. Die Äußerungen sind geeignet, sich abträglich auf sein Ansehen, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wird der Kläger in dem Beitrag als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt, der weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt.
17
Anders als das Berufungsgericht beiläufig meint, ist die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers dagegen nicht betroffen (vgl. zur Intimsphäre: Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, AfP 2012, 47 Rn. 11; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Denn sexuelle Verhältnisse mit Kindern oder Jugendlichen sind in § 182 StGB unter Strafe gestellt. Die Begehung von Sexualstraftaten fällt aber nicht in den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Mit ihnen geht ein Übergriff in die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers einher, so dass ihre Begehung nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters ange- sehen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, AfP 2013, 250 Rn. 24; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 26).
18
cc) Die Beklagten zu 1 und 2 sind für die beanstandeten Aussagen uneingeschränkt verantwortlich. Entgegen der Auffassung der Revisionen haben die Beklagten zu 1 und 2 insoweit nicht lediglich fremde Äußerungen - solche der Beklagten zu 3 - verbreitet (vgl. zur Verbreiterhaftung: Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 13; BVerfG AfP 2009, 480 Rn. 69, jeweils mwN). Sie sind nicht als bloße Vermittler der Äußerungen der Beklagten zu 3 aufgetreten, sondern haben sich diese zu Eigen gemacht und damit eigene Behauptungen aufgestellt.
19
(1) Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung regelmäßig dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen (Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11). So genügt es für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht, dass ein Presseorgan die ehrenrührige Äußerung eines Dritten in einem Interview verbreitet, ohne sich ausdrücklich von ihr zu distanzieren (Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11 mwN; BVerfGK 10, 485, 492; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 69; EGMR, Urteile vom 29. März 2001 - 38432/97 Rn. 64 - Thoma/Luxemburg; vom 30. März 2004 - 53984/00 Rn. 37 ff. - Radio France/Frankreich; vom 14. Dezember 2006 - 76918/01 Rn. 33 ff. - Verlagsgruppe News GmbH/Österreich). Auch kann sich schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; AfP 2009, 480 Rn. 67; Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN).
20
(2) Nach diesen Grundsätzen haben sich die Beklagten zu 1 und 2 die Aussagen der Beklagten zu 3 zu Eigen gemacht. Zwar wird in dem angegriffenen Beitrag ausdrücklich Bezug auf Äußerungen der Beklagten zu 3 in einem zwischen ihr und dem Beklagten zu 1 geführten Gespräch genommen. Auch werden verschiedene ihrer Aussagen als wörtliche Zitate wiedergegeben und als solche kenntlich gemacht. Entgegen der Auffassung der Revisionen wird in dem Beitrag aber nicht lediglich ein Sachverhalt referiert, ohne dessen Richtigkeit zu unterstellen; es werden nicht nur die Äußerungen eines Dritten berichtet. Vielmehr nimmt der Beklagte zu 1 in dem Beitrag eine eigene Bewertung der Vorgänge vor und identifiziert sich mit der Darstellung der Beklagten zu 3. Er unterstreicht die von ihr erhobenen Vorwürfe, stellt sie als Opfer dar und ergreift zu ihren Gunsten Partei. Dies kommt beispielsweise durch die Bewertung des Verhaltens des Klägers als "Mobbing", der von ihm ausgehenden Anzüglichkeiten als "armselig" und der Kündigung der Beklagten zu 3 als "abgekartet" zum Ausdruck ebenso wie durch die wertende Zusammenfassung "Y wurde ihre eigene Diskretion zum Verhängnis" und die Aussage, sie "wollte nie … den Dreck zurückwerfen, mit dem man sie selbst beinahe zur Verzweiflung trieb".
21
dd) Die Revisionen wenden sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sei rechtswidrig.
22
(1) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 10; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 11, jeweils mwN).
23
Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten zu 1 und 2 auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
24
(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die angegriffenen Behauptungen nicht (erweislich) wahr. Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB wäre es Sache der auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden gewesen, die Wahrheit der Behauptung nachzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; Katzenmeier in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 823 Abs. 2 Rn. 9 mwN). Diesen Beweis haben sie nicht geführt.
25
(3) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind die angegriffenen Äußerungen auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
26
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen , dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl.
Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 26, 28 mwN; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62; EGMR, Entscheidung vom 4. Mai 2010 - 38059/07, Effectenspiegel AG gegen Deutschland, juris Rn. 42). Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
27
(b) Nach diesen Grundsätzen war die angegriffene Berichterstattung unzulässig. Die Beklagten zu 1 und 2 sind ihren publizistischen Sorgfaltspflichten nicht im gebotenen Umfang nachgekommen.
28
(aa) Es fehlt bereits an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt es einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Ehre des Klägers dar, wenn er als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt wird, der ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen hatte und weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt. Dieser Vorwurf trifft den Kläger im Kern seiner Persönlichkeit. Angesichts der Schwere dieses Vorwurfs waren die Beklagten zu 1 und 2 in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 24).
29
Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht unter zutreffender Würdigung aller Indizien zu Recht angenommen, dass weder die Angaben der Beklagten zu 3 noch die den Beklagten zu 1 und 2 vorliegenden Unterlagen eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Verbreitung der den Kläger schwer belastenden Vorwürfe abzugeben vermochten. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gab es für die (verdeckte) Aussage, der Kläger habe ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen namens "Lissy" gehabt, nur einen Anhaltspunkt, nämlich die Angaben der Beklagten zu 3. Diese verfügte insoweit aber weder über eigene Erkenntnisse noch über in tatsächlicher Hinsicht konkrete anderweitige Hinweise. Vielmehr konnte sie lediglich aus ihrer Sicht auffällige Begebenheiten schildern, aus denen sie auf entsprechende sexuelle Kontakte schloss. Eine derartige bloße Schlussfolgerung ohne hinreichende Tatsachengrundlage rechtfertigt es aber nicht, den Betroffenen mit einem derart schweren, ihn im Kern seiner Persönlichkeit treffenden Vorwurf zu überziehen. Unabhängig von der unzureichenden Tatsachengrundlage hätten sich die Beklagten zu 1 und 2 die Schlussfolgerungen der Beklagten zu 3 aber auch deshalb nicht ohne weiteres zu eigen machen dürfen, weil sich die Beklagte zu 3 ausweislich des von den Beklagten zu 1 und 2 vorgelegten Aktenvermerks der Polizeidirektion Leipzig vom 12. Dezember 2006 in psychologischer Behandlung befand, sich vom Kläger gemobbt fühlte und bei ihren Schilderungen "kein gutes Haar an diesem ließ". Bei dieser Sachlage hätten die Beklagten zu 1 und 2 in Rechnung stellen müssen, dass die Angaben der Beklagten zu 3 von einem übermäßigen Belastungseifer getragen sein könnten.
30
Dem als "geheim" gekennzeichneten Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 14. Juli 2006 ist hinsichtlich eines Verhältnisses des Klägers zu einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen namens "Lissy" nichts zu entnehmen. Er beschränkt sich auch im Übrigen auf vage, nicht konkretisierte Mutmaßungen und beruht überwiegend auf anonymen Quellen. Entgegen der Auffassung der Revisionen stellt dieser Bericht auch keine privilegierte Quelle dar, auf deren Richtigkeit der Beklagte zu 1 hätte vertrauen dürfen. Zwar ist es in der Rechtsprechung und im Schrifttum anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 29 ff.; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35 jeweils mwN; Hoene in Soehring /Hoene, Presserrecht, 5. Aufl., § 2 Rn. 21c). Dies beruht auf der Erwägung, dass Behörden in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind und Amtsträger, wenn sie vor der Frage stehen, ob die Presse über amtliche Vorgänge informiert werden soll, die erforderliche Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vorzunehmen haben (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 30; BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 169 ff. [Stand: 1. November 2013]). Verletzen sie ihre Amtspflichten, kann ein Schadensersatzanspruch des Betroffenen wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die zuständige Gebietskörperschaft als Träger der Behörde gegeben sein (vgl. BGH, Urteile vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, aaO S. 1951 f.; vom 23. Oktober 2003 - III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697; OLG Hamburg, Ufita 70 (1974), 305, 309 ff.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 19 Rn. 38). Um eine derartige für die Öffentlichkeit bestimmte Verlautbarung han- delt es sich bei dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz aber gerade nicht. Er war ausdrücklich als "geheim" gekennzeichnet.
31
Gleiches gilt für die Protokolle über die polizeiliche Vernehmung verschiedener Zeugen aus den Jahren 1999 und 2000. Auch sie sind in tatsächlicher Hinsicht unergiebig. Ausweislich des Protokolls über die Vernehmung der Zeugin I. vom 7. Juni 2000 hat diese eine nicht näher identifizierte Person auf einem ihr vorgelegten Lichtbild als Freier des Kinderbordells Jasmin erkannt. Die übrigen Protokolle enthalten bloße Gerüchte oder Vermutungen ohne belastbare tatsächliche Grundlage. Derartige Gerüchte können aber nicht die Basis für eine den Betroffenen im Kern seiner Persönlichkeit treffenden Berichterstattung in der Presse abgeben (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405). Abgesehen davon lagen die Zeugenaussagen im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels bereits sechseinhalb Jahre zurück , ohne dass die Strafverfolgungsbehörden zu Lasten des Klägers hieraus Konsequenzen gezogen hatten.
32
Auch das an die Geschäftsführung der L.W. gerichtete anonyme Schreiben des angeblichen L.W.-Kollegiums vom 14. Mai 2007 vermag die angegriffene Berichterstattung nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass es allein als Beleg für die Behauptung dienen könnte, der Kläger sei korrupt, kommt ihm aufgrund seines vage gehaltenen Inhalts und seiner Diktion nur ein sehr geringer Beweiswert zu. Hinzu kommt, dass sich der Beklagte zu 1 ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, vor der Veröffentlichung des Beitrags nicht in der erforderlichen Weise vergewissert hat, ob das Schreiben der Geschäftsführung überhaupt zugegangen ist.
33
Beruht eine mit einer so erheblichen Ehrenkränkung verbundene Behauptung auf einer derart dürftigen Tatsachen- und Recherchegrundlage, wie dies vorliegend der Fall ist, gebietet eine an den verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern beider Seiten ausgerichtete Abwägung der Interessen, die betroffene Person, hier den Kläger, nicht unter voller Namensnennung "an den Pranger zu stellen".
34
(bb) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der angegriffene Beitrag unausgewogen und ihm nicht hinreichend zu entnehmen ist, dass lediglich über einen nicht bewiesenen Verdacht gegen den Kläger berichtet werden sollte. Wie bereits ausgeführt identifiziert sich der Beklagte zu 1 in dem Beitrag mit der Darstellung der Beklagten zu 3. Er unterstreicht die von ihr erhobenen Vorwürfe, stellt sie als Opfer dar und ergreift zu ihren Gunsten Partei. Die Berichterstattung ist nicht nur bewusst einseitig, sondern erweckt in unzulässiger Weise den Eindruck, die aufgestellten Behauptungen seien inhaltlich zutreffend und der Kläger sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt.
35
(cc) Die Revisionen wenden sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 1 habe dem Kläger vor der Veröffentlichung nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Entgegen der Auffassung der Revisionen durfte sich der Beklagte zu 1 unter den Umständen des Streitfalles nicht darauf beschränken, den Kläger um ein Interview zu bitten und in den "zunächst nur einleitenden Bitten um ein Gespräch" lediglich den groben Kontext und die Zielrichtung seiner Recherchen zu bezeichnen. Angesichts der besonderen Tragweite, die die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen für den Kläger erkennbar haben konnte, war der Beklagte zu 1 vielmehr gehalten, dem Kläger die Vorwürfe, die Gegenstand des Beitrags werden sollten, konkret zur Kenntnis zu bringen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme auf ihm beliebige Weise zu geben, ohne ihn auf die Möglichkeit der Erörterung der Vorwürfe in einem persönlichen Gespräch zu beschränken (vgl. zur Anhörung des Betroffenen vor der Berichterstattung: Senatsurteile vom 25. Mai 1965 - VI ZR 19/64, VersR 1965, 879, 881; vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 25 f.). Das Interesse der Medien, den Betroffenen erstmals in einem Interview mit den konkreten Vorwürfen zu konfrontieren, um eine spontane Reaktion des Betroffenen zu erfahren, ist in diesem Zusammenhang nicht schutzwürdig. Es muss vielmehr grundsätzlich dem Betroffenen überlassen bleiben, wie er sich äußern will. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich , dass der Kläger ein persönliches Gespräch mit dem Beklagten zu 1 abgelehnt hat. Hierin liegt insbesondere kein Verzicht auf die Möglichkeit der Stellungnahme. Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, kommt die Annahme eines Verzichts nur dann in Betracht, wenn der Betroffene weiß, was ihm konkret vorgeworfen wird.
36
Die Revisionen rügen in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der E-Mail des Beklagten zu 1 vom 10. Juni 2007 ein Telefonat mit der Schwester des Klägers vorangegangen sei, das offensichtlich die streitgegenständlichen Äußerungen zum Gegenstand gehabt habe. Dies ergibt sich aus der E-Mail gerade nicht. Danach hat es der Beklagte zu 1 vielmehr abgelehnt, der Schwester des Klägers Fragen zukommen zu lassen , da sie "erklärtermaßen" nicht mandatierte Vertreterin des Klägers sei und er nicht wisse, ob sie tatsächlich seine Schwester sei.
37
b) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Kläger wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die beanstandete Berichterstattung von den Beklagten zu 1 und 2 die Zahlung einer Geldentschädigung verlangen kann.
38
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 591, 592). Die Zubilligung einer Geldentschädigung kommt auch in Betracht, wenn das Persönlichkeitsrecht, wie im Streitfall, durch eine nicht erweislich wahre rufschädigende Tatsachenbehauptung verletzt wird. In diesem Fall ist aber bei der Gewichtung der Schwere des Eingriffs die offen bleibende Möglichkeit mit zu berücksichtigen, dass die inkriminierte Behauptung wahr sein kann (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27). Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215). Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302 mwN). In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285).
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bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht einen hinreichend schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu Recht bejaht. Der angegriffene Beitrag, in dem der Kläger als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt wird, der ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen hatte und weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt, ist in einem außerordentlich erheblichen Maße herabsetzend und mindert das Ansehen des Klägers besonders nachhaltig. Die darin enthaltenen Vorwürfe treffen den Kläger in den Grundlagen seiner Persönlichkeit und sind geeignet, ihn gesellschaftlich zu vernichten. Die Beklagten zu 1 und 2 handelten auch in erheblichem Maße schuldhaft. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre publizistischen Sorgfaltspflichten in hohem Maße verletzt haben. Wie unter Ziffer a) dd) (3) (b) ausgeführt, haben sie die den Kläger schwer belastenden Aussagen der Beklagten zu 3, die sich ausweislich des von den Beklagten vorgelegten Aktenvermerks der Polizeidirektion Leipzig vom 12. Dezember 2006 in psychologischer Behandlung befand und einen arbeitsrechtlichen Konflikt mit dem Kläger austrug, kritiklos übernommen und den Kläger in einem äußerst einseitigen und präjudizierenden Beitrag unter voller Namensnennung "an den Pranger" gestellt, ohne diesem zuvor in dem gebotenen Maß Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
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Die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Einwendungen der Revisionen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Zubilligung einer Geldentschädigung setzt insbesondere nicht voraus, dass der Kläger - wie von ihm behauptet - aufgrund der streitgegenständlichen Berichterstattung eine schwere Depression erlitten hat. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Er findet seine sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302; vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 204 f.; BVerfGE 34, 269, 282, 292; BVerfG NJW 2000, 2187 f.; Müller, VersR 2008, 1141, 1150).
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Entgegen der Auffassung der Revisionen wirkt sich auch nicht der Umstand mindernd auf das Gewicht der durch die angegriffenen Äußerungen bewirkten Persönlichkeitsrechtsverletzung aus, dass bereits vor dem angegriffenen Beitrag in verschiedenen Veröffentlichungen über den Kläger berichtet wurde. Denn weder werden unbewiesene Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters deswegen zulässig, weil sie auch von anderen aufgestellt worden sind (vgl. BVerfGE 85, 1, 22; BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; AfP 2009, 480 Rn. 64), noch verliert der Betroffene durch die erste belastende Berichterstattung seine Ehre und soziale Anerkennung in dem Sinne, dass diese Schutzgüter nicht erneut oder nur mit geringerer Intensität verletzt werden könnten. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, stellen die Veröffentlichungen durch andere Verlage jeweils eigenständige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, die einer selbständigen Beurteilung unterliegen. Eine andere Betrachtung würde weder dem Wesen der genannten Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch der Funktion der Entschädigung als Rechtsbehelf zu ihrem Schutz gerecht (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307 f.; aA OLG Stuttgart, AfP 1981, 362). Die Vorveröffentlichungen könnten sich allenfalls mindernd auf die Höhe der zuzubilligenden Geldentschädigung auswirken, wenn und soweit das Interesse der von dem streitgegenständlichen Beitrag angesprochenen Personen durch sie bereits verringert war (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 536; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 32 Rn. 37).
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Aus den von den Revisionen herangezogenen Entscheidungen des Senats vom 29. Juni 1999 (VI ZR 264/98, AfP 1999, 350) und vom 5. November 2013 (VI ZR 304/12, juris), des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33) sowie des EGMR (NJW 1999, 1315) folgt nichts anderes. Sie betrafen andere Fallkonstellationen, weshalb die dort maßgebenden Erwägungen vorliegend nicht herangezogen werden können. In den genannten Entscheidungen ging es jeweils um die dem Willen des Betroffenen widersprechende Offenbarung wahrer Tatsachen, die vor der jeweils angegriffenen Veröffentlichung bereits von anderen Medien mitgeteilt worden und damit schon einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden waren mit der Folge, dass der Betroffene bereits zuvor seine Anonymität verloren hatte bzw. seine persönlichen Daten nicht mehr geheim waren. So wandte sich die Klägerin im Verfahren VI ZR 304/12 gegen die unter Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erfolgte Preisgabe des Abstammungsverhältnisses zu ihrem Vater. Der Kläger im Verfahren VI ZR 264/98 beanstandete als Eingriff in seine Privatsphäre, dass der Grund für die Scheidung von seiner Ehefrau - Ehe- bruch - bekanntgeben worden war. Der Streitfall dagegen ist anders gelagert. Hier steht der Schutz vor unbewiesenen Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters in Rede. Es kann dahingestellt bleiben, ob Vorveröffentlichungen angesichts des Umstands, dass es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht um eine statische, für alle Zeiten feststehende Größe handelt, sondern sein Bestand in gewissem Umfang auch von der tatsächlichen Anerkennung durch die Öffentlichkeit abhängt (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33), nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einem "Negativ-Image" des Betroffenen führen können (so OLG Stuttgart, AfP 1981, 362). Dies kommt jedenfalls nicht in Betracht, wenn die angegriffene Berichterstattung und die Vorveröffentlichungen - wie im Streitfall - in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen.
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cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beeinträchtigung des Klägers nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Die gegen die Beklagten erwirkten Unterlassungstitel schließen den Geldentschädigungsanspruch unter den Umständen des Streitfalls nicht aus. Auch unter Berücksichtigung der mit ihnen zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen können sie die weitere Abrufbarkeit des angegriffenen Beitrags oder Teilen desselben nicht zuverlässig verhindern. Es ist allgemein bekannt, dass eine in das Internet gestellte Meldung, auch wenn sie von ihrem Urheber gelöscht wurde, jedenfalls für gewisse Zeit weiter zugänglich bleiben kann, weil sie in der Zwischenzeit von Dritten kopiert und auf einer neuen Webseite eingestellt oder von Bloggern zum Gegenstand eines eigenen Beitrags gemacht wurde. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass zahlreiche Nutzer im Internet die Löschung von Inhalten infolge von Unterlassungsansprüchen als Zensur interpretieren und für die Verbreitung "AusweichRouten" finden. Abgesehen davon vermag ein Unterlassungstitel in Fällen derart schwerer Angriffe, die sich gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richten, die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht hinreichend auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 13 f.).
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Die Zubilligung einer Geldentschädigung ist im Streitfall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger keinen Widerrufsanspruch geltend gemacht hat. Zum einen sind die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht erfüllt, weil der Kläger nicht beweisen kann, kein Verhältnis mit einem 14 Jahre alten Mädchen (gehabt) zu haben. Zum anderen ist auch ein Widerruf nicht geeignet, die erlittene Beeinträchtigung hinreichend auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 13 f.).
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2. Die Revisionen wenden sich aber mit Erfolg gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der dem Kläger zustehenden Geldentschädigung.
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a) Allerdings ist die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung in erster Linie Sache des Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar , ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Bemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 29; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307).
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b) Vor diesem Hintergrund ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Verringerung des Interesses der angesprochenen Leser an der streitgegenständlichen Berichterstattung nur die Vorveröffentlichungen im MDR-Magazin "FAKT", in der Bildzeitung und in der Online-Ausgabe der Leipziger Volkszeitung mindernd berücksichtigt, den anderen Beiträgen hingegen keine Bedeutung beigemessen hat (vgl. zur Minderung des Informationsinteresses durch Vorveröffentlichungen: Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 536; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht , 5. Aufl., § 32 Rn. 37). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts befassten sich die übrigen Vorveröffentlichungen weder mit der Behauptung, der Kläger unterhalte eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen , noch mit den weiteren von der Beklagten zu 3 erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit der Arbeitseinstellung des Klägers, seinem Verhalten am Arbeitsplatz, den Umständen ihrer Kündigung und der angeblichen Bedrohung.
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c) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, wonach der Anzahl der Aufrufe des angegriffenen Beitrags für die Bemessung der Höhe der Entschädigung keine Bedeutung zukomme. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung als Bemessungsfaktor zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 51 Rn. 23, 30). Aus diesem Grund kann die Anzahl der Personen, die die beanstandeten Äußerungen zur Kenntnis genommen haben, nicht unbeachtet bleiben.
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d) Wie die Revisionen zu Recht rügen, tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Annahme, die Beklagten zu 1 und 2 hätten die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers als Mittel zur Reichweitensteigerung und zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt, weshalb von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen müsse. Die vom Berufungsgericht für einschlägig gehaltene Fallgruppe der rücksichtslosen Zwangskommerzialisierung einer Persönlichkeit, in der die Präventionsfunktion der Geldentschädigung im Vordergrund steht, ist dadurch gekennzeichnet, dass der Einbruch in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorsätzlich zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94, AfP 1996, 138, 139; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 306 f.; BVerfG, VersR 2000, 897 898; Müller, aaO, § 51 Rn. 10, jeweils mwN). Feststellungen zu einem entsprechenden Vorsatz des Beklagten hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
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e) Die Revisionen beanstanden auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die angegriffenen Äußerungen als (mit)ursächlich für die beim Kläger aufgetretene depressive Störung angesehen hat, ohne über die umstrittene Frage Beweis zu erheben, ob diese Störung nicht bereits durch die Berichterstattung in der BILD-Zeitung vom 13. Juni 2007 und im MDR-Magazin "FAKT" vom 11. Juni 2007 ausgelöst worden ist. Der Ursachenzusammenhang lässt sich insbesondere nicht mit Hilfe der vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsätze der Doppelkausalität bejahen. Doppelkausalität liegt vor, wenn ein bestimmter Schaden durch verschiedene gleichzeitig oder nebeneinander wirkende Umstände verursacht worden ist, aber jede dieser Ursachen allein ausgereicht hätte, um den ganzen Schaden herbeizuführen. In einem solchen Fall sind sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich für den Schadenseintritt zu behandeln, obwohl keiner der Umstände als "conditio sine qua non" für den Schadenseintritt beurteilt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn. 25; vom 20. Februar 2013 - VIII ZR 339/11, NJW 2013, 2018 Rn. 27). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Es steht gerade nicht fest, dass die Veröffentlichungen in der BILDZeitung und im MDR-Magazin "FAKT" einerseits und die streitgegenständliche Berichterstattung andererseits gleichzeitig oder nebeneinander gewirkt und die depressive Störung des Klägers verursacht haben.
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Für eine Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ebenfalls kein Raum. Die Vorschrift setzt voraus, dass eine Ungewissheit hinsichtlich des Verursachers besteht, d.h. nicht feststellbar ist, welcher der Beteiligten den Schaden verursacht hat (vgl. Senatsurteil vom 23. März 1999 - VI ZR 53/98, VersR 1999, 1375). Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten wurde die depressive Störung des Klägers aber bereits durch die Vorveröffentlichungen bewirkt.
II. Revision des Klägers
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Die gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Revision des Klägersist zulässig und begründet. Sie beanstandet zu Recht die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der dem Kläger zuzubilligenden Geldentschädigung.
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1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Internetveröffentlichung sei wegen der Besonderheiten des Internets generell höher zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den PrintMedien. Sowohl die Frage, ob die Verletzung des Persönlichkeitsrechts so schwerwiegend ist, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, als auch deren Höhe können nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Ein rufschädigender Artikel - beispielsweise auf der Titelseite - einer weit verbreiteten Tageszeitung mit hoher Auflage kann das Ansehen des Betroffenen wesentlich nachhaltiger schädigen als eine Internetmeldung in einem wenig bekannten Portal, das nur begrenzte Nutzerkreise anspricht. Auch der Umstand, dass die üblicherweise erfolgende Verlinkung der in Rede stehenden Meldung in Suchmaschinen die Einholung von Informationen über den Betroffenen ermöglicht, rechtfertigt keine generelle Anhebung der Geldentschädigung. Denn eine solche Informationsbeschaffung setzt die aktive Suche des bereits an dem Betroffenen interessierten Nutzers voraus. Demgegenüber werden durch einen Artikel einer weit verbreiteten Tageszeitung oder durch die Bekanntgabe der Nachricht zu einer beliebten Tageszeit im Fernsehen u.U. Millionen von Personen von dem (angeblichen) Fehlverhalten des Betroffenen in Kenntnis gesetzt.
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2. Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht den - durch Vorlage des Berichts der auf "Online Reputation Management" spezialisierten R. GmbH konkretisierten - Vortrag des Klägers nicht für erheblich gehalten hat, wonach der angegriffene Bericht im Internet zahlreich verlinkt, kopiert und - auch noch nach der Löschung des Ursprungsbeitrags - umfangreich abgerufen worden sei. Wie bereits ausgeführt, ist das Ausmaß der Verbreitung der angegriffenen Veröffentlichung als Bemessungsfaktor bei der Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist den Beklagten zu 1 und 2 die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers auch insoweit zuzurechnen, als sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist.
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a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Verletzungshandlung noch weitere Ursachen zur Rechtsgutsverletzung beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsgutsverletzung erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen allerdings, wenn die zweite Ursache - das Eingreifen des Dritten - den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken in der Rechtsgutsverletzung dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. April 1955 - III ZR 161/53, BGHZ 17, 153, 159; vom 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 11 ff.; vgl. auch MünchKomm/BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 141 ff., 157 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn. 35, 58 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, Vorb. v. § 249 Rn. 33 ff.).
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b) So verhält es sich im Streitfall. Durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags auf dem von der Beklagten zu 2 betriebenen Internet-Portal ist die internettypische besondere Gefahr geschaffen worden, dass an einer umfassenden Kommunikation und Diskussion im Internet interessierte Nutzer den Beitrag verlinken oder kopieren und auf anderen Webseiten zum Abruf bereit halten. Die auf die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte zurückzuführende Ehrkränkung des Klägers steht in einem inneren Zusammenhang zu der durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffenen Gefahrenlage. Erst hierdurch hat sich die spezifische Gelegenheit zum Tätigwerden der Dritten ergeben. Ihr Einschreiten ist nicht als bloß "zufällig" zu qualifizieren.
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c) Die von der Revision darüber hinaus als übergangen gerügten, angeblich noch im Jahr 2012 gegebenen "Hinweise auf die Veröffentlichung im Internet" sind nur dann erhöhend bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen , wenn auch sie die im angegriffenen Beitrag aufgestellten (verdeckten ) Sachaussagen enthalten.
III. Revision der Beklagten zu 3
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1. Die Revision der Beklagten zu 3 ist zulässig, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung richtet. Im Übrigen ist sie nicht statthaft und damit unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob dem Kläger wegen der streitgegenständlichen Berichterstattung Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung zustehen. Die Beschränkung der Revisionszulassung hat zur Folge, dass der Streitstoff, soweit er von der Zulassung nicht erfasst wird, nicht der Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 2).
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 7; Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 3; BGH, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 6, jeweils mwN).
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b) Von einer derartigen beschränkten Revisionszulassung ist vorliegend auszugehen. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen der Beschränkung klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 8; Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 4; BGH, Urteile vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 7; vom 21. Januar 2010 - I ZR 215/07, NJW-RR 2010, 909 Rn. 13 f., jeweils mwN).
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Dies ist hier der Fall. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage nur darin gesehen hat, ob und wie sich eine ausschließlich auf einer Internetseite erfolgte Veröffentlichung auf Grund und Höhe eines Geldentschädigungsanspruchs auswirkt. Diese Rechtsfrage ist aber nur für die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche von Bedeutung. Sie berührt hingegen nicht den davon zu trennenden - und einen selbständigen Streitgegenstand begründenden - Anspruch des Klägers auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm durch Beauftragung eines Anwalts zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen entstanden sind.
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2. Soweit die Revision der Beklagten zu 3 zulässig ist, hat sie in der Sache Erfolg.
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a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger auch gegen die Beklagte zu 3 dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB zusteht. Denn sie hat die in schwerwiegendem Maße persönlichkeitsrechtsverletzende Berichterstattung der Beklagten zu 1 und 2 durch ihre nicht erweislich wahren Informationen veranlasst (vgl. zur Haftung des Informanten: BGH, Urteile vom 11. Mai 1973 - I ZR 123/71, VersR 1973, 764 - Kollo-Schlager; vom 18. Februar 1993 - I ZR 14/91, AfP 1993, 566, 567 - Produktinformation I; vom 19. September 1996 - I ZR 130/94, AfP 1997, 524, 525 - Orangenhaut mwN; Löffler/Steffen, Presserecht , 5. Aufl., § 6 LPG Rn. 229; Soehring in Soehring/Hoene, aaO, § 7 Rn. 32 ff.; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 381 ff.)
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aa) Die Revision beanstandet in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, welche Informationen die Beklagte zu 3 dem Beklagten zu 1 genau erteilt habe. Ausweislich der Feststellungen im Berufungsurteil stützt sich der streitgegenständliche Beitrag maßgeblich auf die Aussagen der Beklagten zu 3 und gibt ihren Bericht über den Besuch des Mädchens "Lissy" sowie ihre Aussagen in Interviewabschnitten und Zitaten wieder. In seinem Beschluss vom 5. April 2012, auf den es in seinem Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, hat das Berufungsgericht darüber hinaus festgestellt , dass die angebliche Verleumdung des Klägers durch seine Arbeitskollegen von der Beklagten zu 3 "kolportiert" worden sei und insbesondere die Passagen, wonach sich für die Beklagte zu 3 immer mehr "Puzzleteile" zusammenfügten , sie ihre "Scham" überwinde und ihr die "Neigungen" des Klägers erst im Nachhinein klar geworden seien, unmittelbar auf ihren Erklärungen beruhten. Die Beklagte zu 3 habe auch gewusst, welche Schlussfolgerungen der Beklagte zu 1 aus ihren Informationen ziehen würde. Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision nicht. Sie macht insbesondere nicht geltend, die Beklagte zu 3 sei in dem angegriffenen Beitrag - beispielsweise bei der Beschreibung von "Lissy" mit den Worten "vielleicht 14 Jahre alt" - falsch zitiert worden. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass bereits die Äußerungen der Beklagten zu 3 gegenüber dem Beklagten zu 1 die - teils offenen, teils verdeckten - Sachaussagen enthalten, welche der angegriffenen Berichterstattung zu entnehmen sind. Auf die Frage, welche Angaben die Beklagte zu 3 gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gemacht hat, kommt es bei dieser Sachlage entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
65
bb) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auch eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bejaht, die nicht in anderer Weise als durch Zahlung einer Geldentschädigung befriedigend aufgefangen werden kann.
66
(1) Zwar kann insoweit nicht darauf abgestellt werden, dass durch den angegriffenen Beitrag die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers verletzt wurde. Denn wie unter I. 1. a) bb) ausgeführt, fällt die Begehung von Sexualstraftaten nicht in den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Auch durch die Bekanntgabe der wahren Tatsachen, dass der Kläger eine Geliebte hatte und eine Vergleichsliste über seine Ehefrau und seine Geliebte erstellt hat, haben die Beklagten nicht in diesen Kernbereich eingegriffen. Die bloße Mitteilung ehebrecherischer Beziehungen ohne die Bekanntgabe diesbezüglicher Einzelheiten tangiert die Intimsphäre nicht (vgl. Senatsurteile vom 5. Mai 1964 - VI ZR 64/63, NJW 1964, 1471, 1472; vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, AfP 1999, 350, 351; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 49). Ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Inhalt der Vergleichsliste zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht worden wäre, kann offen bleiben, da eine derartige Fallkonstellation nicht vorliegt.
67
(2) Die durch die Äußerungen der Beklagten zu 3 bewirkte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers wiegt aber besonders schwer. Die Berichterstattung ist in einem außerordentlich erheblichen Maße herabsetzend und mindert das Ansehen des Klägers besonders nachhaltig. Die darin enthaltenen Vorwürfe treffen den Kläger im Kern seiner Persönlichkeit und sind geeignet, ihn gesellschaftlich zu vernichten. Hinzu kommt, dass die Beklagte zu 3 vorsätzlich handelte. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen war der Beklagten zu 3 bei der Informationserteilung in vollem Umfang bewusst, wie ihre Äußerungen im Gesamtkontext des von dem Beklagten zu 1 beabsichtigten Beitrags wirken würden; sie nahm dies aus Rache ge- genüber dem Kläger, dem sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zuschrieb, billigend in Kauf.
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b) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Bemessung der Höhe der dem Kläger zustehenden Geldentschädigung.
69
aa) Das Berufungsgericht hat in seine Erwägungen zur Höhe der Entschädigung allerdings zu Recht mit einfließen lassen, dass die Beklagte zu 3 - wie oben ausgeführt - vorsätzlich handelte.
70
bb) Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, die gegen die Beklagte zu 3 festgesetzte Geldentschädigung müsse bereits deshalb reduziert werden , weil Veröffentlichungen in elektronischen Medien wegen ihrer "Flüchtigkeit" generell mit geringeren Beeinträchtigungen verbunden seien als solche in den Printmedien. Soweit die Revision darauf abhebt, dass ein Beitrag im Internet nach seiner Löschung - anders als ein Zeitungsartikel - nicht mehr "stofflich" existent und reproduzierbar sei, übersieht sie, dass der Beitrag vor der Löschung von Nutzern kopiert und auf anderen Webseiten abgelegt oder ausgedruckt worden sein kann. Wie bereits unter Ziffer II. 1. ausgeführt, kann die Frage , wie hoch die Geldentschädigung sein muss, um ihrer spezifischen Zweckbestimmung gerecht zu werden, vielmehr nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30).
71
cc) Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht der Anzahl der Aufrufe des angegriffenen Beitrags für die Bemessung der Höhe der Entschädigung keine Bedeutung beigemessen hat. Wie bereits unter Ziffer I. 2.
c) ausgeführt, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung als Bemessungsfaktor zu berück- sichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Aus diesem Grund kann die Anzahl der Personen, die die beanstandeten Äußerungen zur Kenntnis genommen haben, nicht unbeachtet bleiben.
72
dd) Da der angegriffene Beitrag nicht in die Intimsphäre des Klägers eingreift , kann sich dieser Gesichtspunkt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht erhöhend bei der Bemessung der Geldentschädigung auswirken.
IV. Anschlussrevision des Klägers
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Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte zwar grundsätzlich der Revision anschließen. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an den Voraussetzungen für eine wirksame Anschließung.
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1. Zwar setzt die Statthaftigkeit der Anschließung gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) abweichend von dem bis dahin geltenden Recht nicht mehr voraus, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision zugelassen worden ist. Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176; vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 39).
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2. Auch nach neuem Recht erfordert die Statthaftigkeit der Anschließung allerdings, dass zwischen dem Streitgegenstand der Anschlussrevision und dem der - statthaften - Revision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Denn die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, aaO Rn. 40). Hinzu kommt, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision - wie im Streitfall - zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Der Revisionskläger müsste die Entscheidung des Berufungsgerichts im Umfang der Nichtzulassung hinnehmen , während der Revisionsbeklagte das Urteil in vollem Umfang seines Unterliegens anfechten könnte (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 41; Saenger/Kayser/Koch, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 554 Rn. 5; MünchKomm/ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 554 Rn. 6; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 554 Rn.  7 a; Prütting/Gehrlein/Ackermann, ZPO, 5. Aufl., § 554 Rn. 4; Gehrlein, NJW 2008, 896 ff.; aA Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 554 Rn. 4).
76
3. Im Streitfall fehlt es an dem erforderlichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Anschlussrevision und dem der statthaften Revision. Während sich die Revision, soweit sie zugelassen wurde, gegen die Verurteilung der Beklagten zu 3 zur Zahlung einer Geldentschädigung richtet, betrifft die Anschlussrevision einen Anspruch des Klägers auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm durch Beauftra- gung eines Anwalts zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren entstanden sind.
77
V. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben, soweit die Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung verurteilt worden sind und die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von weiteren 50.000 € abgewiesen worden ist. Insoweit war die Sache zur neu- en Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien in den Rechtsmittelschriften zu befassen. Bei der Bemessung der Geldentschädigung wird es zu berücksichtigen haben, dass die Entschädigung nicht eine Höhe er- reichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285). Galke Wellner Stöhr von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 11.11.2011 - 8 O 4330/08 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.05.2012 - 4 U 1883/11 -

Gründe

1

Die Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts im Beschluss vom 2. Juli 2013 ist zurückzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung darüber bedarf, ob diese statthaft ist (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Oktober 2011 - 2 BvR 2674/10 -, juris, Rn. 17). Sie ist jedenfalls unbegründet. Die Festsetzung des Gegenstandswerts auf 25.000 € ist angesichts der hohen Anforderungen an die Substantiierung einer Verfassungsbeschwerde nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG und auch angesichts der objektiven Bedeutung, die einem stattgebenden Beschluss im Regelfall zukommt, nicht zu beanstanden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 20/01 Verkündet am:
29. Januar 2002
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wertende, nicht mit unwahren konkreten Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik
an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch
dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt
, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen
als unzulässige Schmähkritik angesehen werden.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter
Dr. Dressler, Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1999 wird in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz wegen herabsetzender Äußerungen in Anspruch, durch die sie sich in ihren Rechten verletzt sieht.
Die Klägerin betreibt - als Rechtsnachfolgerin des früheren Klägers, ihres jetzigen gesetzlichen Vertreters - den F.-Literaturverlag, der u.a. als "Zuschußverlag" tätig ist; hierbei beteiligen sich Autoren an den Kosten der Publikation in der Regel solcher Manuskripte, deren Veröffentlichung im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht zu erreichen war. Die Beklagte zu 1), eine Gewerkschaft, ist Herausgeberin der Fachzeitschrift für Autoren "Kunst und Kultur", deren verantwortlicher Redakteur der Beklagte zu 2) ist. In Heft 1/99 dieser Zeitschrift erschien ein vom Beklagten zu 3), der als Autor in verlagsvertragliche Beziehungen zum F.-Verlag getreten war, verfaßter Artikel mit der Überschrift "Dem Autor in die Tasche gefaßt" und dem Untertitel "Die Praktiken des F.-Verlags"; darin findet sich eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zuschußverlagswesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die geschäftliche Tätigkeit des F.-Verlags sei in einer Reihe von Passagen dieses Zeitschriftenartikels in rechtlich unzulässiger Weise angegriffen worden, insbesondere durch herabsetzende unwahre Tatsachenbehauptungen. Für den hierin liegenden rechtswidrigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin hätten alle drei Beklagten haftungsrechtlich einzustehen. Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im übrigen - der Klage stattgegeben, soweit sie gegen folgende Behauptungen gerichtet war: Es werde in Telefonaten mit Mitarbeitern des Klägers zugesichert, daß der Kläger grundsätzlich kostenlos publiziere ... Die Antworten der Mitarbeiter des Klägers bei telefonischen Anfragen entsprächen selten der Wahrheit ... Das Verlagslektorat des Klägers fordere für seine Dienste 4,00 - 8,00 DM/Seite ...
Beim Kläger sei die Werbung für den Autor kostenpflichtig ... Es vergingen Wochen, Monate, der Druck des Buches werde dem Autor immer wieder angekündigt, lasse aber auf sich warten, weil technische Probleme zu lösen seien, weil die Seiten überarbeitet werden müûten, weil es ein langer Weg vom Verlag zur Druckerei, zur Buchbinderei, zurück zum Verlag und dann zur Auslieferung sei ... Gezahlt werde vom Autor eigentlich nur für Druckerei, Buchbinderei und Logistik. Die Beklagten haben diese Entscheidung nicht angegriffen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels - die Verurteilung der Beklagten darüber hinaus auf folgende Äuûerungen erstreckt: Die Klägerin verhalte sich gegenüber den bei ihr publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler, bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug ... Die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere ... Der F.-Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagten hätten auch durch die ihnen im Berufungsurteil zusätzlich untersagten Äuûerungen, die im beanstandeten Zeitschriftenartikel enthalten seien, unzulässig in die Rechte des Rechtsvorgängers der Klägerin eingegriffen. Der sogenannte "Käse-Vergleich" sei zwar nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil anzusehen; das gelte auch, soweit hier von einem "Betrug" die Rede sei. Es handele sich jedoch um eine rechtswidrige Schmähkritik , die von der Klägerin nicht hingenommen werden müsse. Die Klägerin könne auch die Unterlassung der Äuûerung verlangen, sie verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Dies sei eine unwahre Tatsachenbehauptung, da die Klägerin nur mit kostenlosen Veröffentlichungen in der "Edition Neue Autoren" geworben habe. Die weitere Äuûerung, die Klägerin gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein, sei, obwohl sie sehr pauschal gehalten sei, nicht als Werturteil, sondern als Tatsachenbehauptung anzusehen. Die Richtigkeit dieser "inneren Tatsache" hätten die Beklagten nicht nachgewiesen. Hinsichtlich aller genannter Äuûerungen sei nicht nur der Unterlassungsantrag der Klägerin, sondern auch ihr Begehren begründet, den Beklagten zu 1) und 2) die Veröffentlichung des Verbotstenors aufzugeben; es rechtfertige sich ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

II.


Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch die Veröffentlichung der Äuûerungen, die Gegenstand ihrer Verurteilung im Berufungsrechtszug waren, keine geschützten Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin unzulässig verletzt. 1. Der Senat folgt der Auffassung der Revision, daû die Klägerin die - auf die Geschäftspraxis des F.-Verlages abzielende - Äuûerung hinnehmen muû, sie verhalte sich gegenüber den publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler , bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht hinreichend die Rechtspositionen der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG.
a) Zutreffend wird dieser sogenannte "Käse-Vergleich" im Berufungsurteil als Werturteil, nicht als Tatsachenbehauptung angesehen. Das gilt - entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht - auch insoweit , als dem F.-Verlag der Vorwurf des "Betruges" gemacht wird. Jede beanstandete Äuûerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen , in dem sie gefallen ist. Dabei ist für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äuûerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Sofern eine Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht
des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20 f.; 139, 95, 101 f., jeweils m.w.N.). Nach diesen rechtlichen Grundsätzen enthält der im Zeitschriftenartikel angestellte Vergleich des Vorgehens des F.-Verlages gegenüber den Autoren mit demjenigen eines Lebensmittelhändlers, der beim Verkauf von Käse seine Kunden übervorteilt, im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens. Auch die Verwendung des Begriffs "Betrug" deutet für den Durchschnittsadressaten der Äuûerung nicht in entscheidender Weise auf einen ausreichend konkreten Sachverhalt hin, der die Tatbestandsmerkmale des in § 263 StGB geregelten strafrechtlichen Vermögensdelikts erfüllen würde. Die Vokabel "Betrug" wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu BVerfG, NJW 1992, 1439, 1441). Vertritt bei dieser Sachlage der Verfasser des Artikels für den Leser ersichtlich in pauschaler Weise die Meinung, es bestehe ein als anstöûig zu bewertendes Miûverhältnis zwischen den Leistungen des F.-Verlages und dem seitens der publizierenden Autoren zu bezahlenden Preis, so kann dies rechtlich nicht als Tatsachenbehauptung behandelt werden.
b) Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daû das in diesem "KäseVergleich" liegende Werturteil - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht als rechtlich unzulässige Schmähkritik angesehen werden darf. Allerdings muû auch eine Meinungsäuûerung und eine wertende Kritik am Verhalten anderer ihre Grenze dort finden, wo es sich um reine Schmähkritik oder eine Formalbeleidigung handelt oder wo die Äuûerung die Menschen-
würde antastet (vgl. z.B. BVerfGE 86, 1, 13; 82, 272, 283 f.). Die hier zu beurteilende Äuûerung der Beklagten überschreitet diese Grenze nicht. aa) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äuûerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äuûerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163, jeweils m.w.N.). bb) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt der hier in Rede stehende "Käse-Vergleich" nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens des F.-Verlages kann nicht als bloûe Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einer für den Leser der Zeitschrift, in welcher der betreffende Artikel erschienen ist, wesentlichen Thematik. Die Beklagten setzen sich - wenn auch in teilweise recht scharfer Form - mit dem Geschäftsgebaren der "Zuschuûverlage" auseinander, zu denen der F.-Verlag gehört. Die Beschäftigung mit den hiermit in Zusammenhang stehenden Fragen kann die Beklagte zu 1) zu Recht als ihre Aufgabe betrachten. Als auch die Interessen publizierender Autoren vertretende Gewerkschaft steht es ihr zu, sich für deren berufliche und wirtschaftliche Belange (gerade auch im Verhältnis zu den Verlagen) einzusetzen; sie kann sich insoweit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auch auf die grundrechtlich geschützte Position
in Art. 9 Abs. 3 GG berufen. In den Rahmen dieses Aufgabenbereichs der Beklagten fällt es durchaus, Risiken zu erörtern, die sich für die Gruppe der - für Gefahren wirtschaftlicher Art möglicherweise besonders anfälligen - Autoren ergeben können, deren intensiver Publikationswunsch im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht erfüllt wird und die geneigt sind, unter Übernahme teilweise erheblicher eigener Kosten die Dienste der "Zuschuûverlage" in Anspruch zu nehmen. cc) Im Rahmen einer derartigen, wirtschaftliche Belange eines nicht unerheblichen Teils der Leser der von der Beklagten zu 1) herausgegebenen Zeitschrift betreffenden Auseinandersetzung dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden , selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. z.B. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO m.w.N.). Der hier angestellte Vergleich des Verhaltens des F.-Verlages mit demjenigen eines "betrügerischen" Käse -Händlers ist als eine solche zwar scharf, möglicherweise überzogen formulierte , aber nach den dargelegten Grundsätzen dennoch rechtlich zulässige Kritik anzusehen. Dabei darf auch nicht auûer acht gelassen werden, daû sich ein Gewerbetreibender kritische Einschätzungen seiner Leistungen in aller Regel gefallen lassen muû (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320); etwas anderes gilt nur dann, wenn konkret unwahre Tatsachen behauptet werden. Der vorliegend zu beurteilende "Käse-Vergleich" enthält aber gerade keine hinreichend substantiierten Tatsachenbehauptungen, hinsichtlich deren sich die Frage ihrer Richtigkeit stellen könnte; das gilt, wie bereits oben dargelegt worden ist, auch insoweit, als es den (im alltagssprachlichen Sinne verwendeten) Begriff des
"Betruges" angeht. Die dieser Äuûerung zu entnehmende Bewertung, der im F.-Verlag gegen Kostenbeteiligung publizierende Autor könne sich ähnlich übervorteilt fühlen wie der Kunde, der beim beschriebenen Lebensmittelhändler Käse eingekauft hat, ist vielmehr unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäuûerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. 2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg dagegen, daû das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten auf die Äuûerung erstreckt hat, die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daû der Aussagegehalt der insoweit im beanstandeten Zeitungsartikel enthaltenen Passagen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten eine derartig weitgehende Behauptung aufgestellt, rechtlich nicht zu tragen vermag. Soweit dem Artikel die Behauptung zu entnehmen ist, es werde in Telefonaten von Mitarbeitern des F.-Verlages zugesichert, daû er grundsätzlich kostenlos publiziere, ist diese Äuûerung den Beklagten bereits im landgerichtlichen Urteil, das seitens der Beklagten nicht angefochten worden ist, untersagt worden. Diese Passagen des Artikels sind daher nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine darüber hinausgehende generelle Behauptung , um die es nunmehr noch geht, sind dem Zeitschriftenartikel hingegen keine ausreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Die Beklagten knüpfen bei der Erörterung der Frage, inwieweit der F.-Verlag den Autoren eine kostenlose Publikation in Aussicht stellt, an Zeitungsanzeigen an, wie sie seitens des Rechtsvorgängers der Klägerin veröffentlicht worden sind, etwa in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Anl. K 5 zur Kla-
geschrift). Dort heiût es blickfangmäûig "Publizieren ohne Kosten" und - in kleinerer Schrift - "in der Edition Neue Autoren". Wenn die Beklagten in ihrem Artikel unter Bezugnahme auf so gestaltete Anzeigen von "Verheiûungen à la Publizieren kostenlos" und dergleichen sprechen, kann dies zwar vom Leser dahin verstanden werden, daû der F.-Verlag Möglichkeiten zur kostenfreien Publikation in Aussicht stelle. Indessen kann der angesprochene Leserkreis der veröffentlichungswilligen Autoren der beanstandeten Äuûerung nicht entnehmen , daû damit zum Ausdruck gebracht werden solle, es werde "grundsätzlich" und damit nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in aller Regel eine kostenlose Publikation verheiûen. Deshalb muû der beanstandete Artikel nicht dahin verstanden werden, die Klägerin verbreite allgemein, sie veröffentliche über die in den Zeitungsanzeigen beschriebenen Konditionen hinaus in aller Regel kostenlos. Ist aber eine solche, dem auf Unterlassung in Anspruch Genommenen (hier den Beklagten) günstigere einschränkende Deutung des Inhalts einer beanstandeten Äuûerung möglich, so ist sie der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. Senatsurteil BGHZ 139, 95, 104). 3. Schlieûlich greift die Revision auch mit Erfolg die Verurteilung der Beklagten im Berufungsurteil an, soweit sie die Äuûerung betrifft, der F.Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Die Revision rügt zu Recht als fehlerhaft, daû das Berufungsgericht diese Aussage als Tatsachenbehauptung, nicht als Werturteil behandelt hat. Zwar ist ihr auch ein tatsächliches Element zu entnehmen, nämlich hinsichtlich der "inneren" Tatsache, die Klägerin sage nach auûen hin etwas zu, was sie in Wirklichkeit nicht zu tun beabsichtige. Indessen ist dieses Tatsachenelement, das nicht auf etwas konkret Nachprüfbares bezogen ist, sondern - wie auch im Berufungsurteil dargelegt wird - nur sehr pauschal gehalten ist, eng verwoben
mit stark wertenden Gesichtspunkten: Es wird zum Ausdruck gebracht, wie der Beklagte zu 3) als Verfasser des Zeitschriftenartikels den Umgang des F.-Verlages mit den Autoren und seine Bereitschaft, ihnen entgegenzukommen , aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in den geschäftlichen Beziehungen der Beteiligten einschätzt. Ob ein Verlag "auf Autorenwünsche" eingeht, ist in diesem Sinne letztlich eine weitgehend subjektiver Beurteilung unterfallende Frage. Der Beklagte zu 3) zieht hier aus der Sicht der Dinge, wie er sie als beim F.-Verlag veröffentlichender Autor erlebt hat, ein Resümee und äuûert die Meinung, hier werde nur die Bereitschaft vorgetäuscht, sich mit den Autorenwünschen zu arrangieren. Eine derartige Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen , die jedoch in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme , des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird - wie bereits dargelegt - als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 13, 21 m.w.N.). Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äuûerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.

III.

Da sich die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in vollem Umfang als unbegründet erweist, war sie unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils insgesamt zurückzuweisen. Hieraus folgt die Pflicht der Klägerin, die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen. Dr. Müller Dr. Dressler Dr. Greiner
Diederichsen Pauge

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 20/01 Verkündet am:
29. Januar 2002
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wertende, nicht mit unwahren konkreten Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik
an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch
dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt
, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen
als unzulässige Schmähkritik angesehen werden.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter
Dr. Dressler, Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1999 wird in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz wegen herabsetzender Äußerungen in Anspruch, durch die sie sich in ihren Rechten verletzt sieht.
Die Klägerin betreibt - als Rechtsnachfolgerin des früheren Klägers, ihres jetzigen gesetzlichen Vertreters - den F.-Literaturverlag, der u.a. als "Zuschußverlag" tätig ist; hierbei beteiligen sich Autoren an den Kosten der Publikation in der Regel solcher Manuskripte, deren Veröffentlichung im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht zu erreichen war. Die Beklagte zu 1), eine Gewerkschaft, ist Herausgeberin der Fachzeitschrift für Autoren "Kunst und Kultur", deren verantwortlicher Redakteur der Beklagte zu 2) ist. In Heft 1/99 dieser Zeitschrift erschien ein vom Beklagten zu 3), der als Autor in verlagsvertragliche Beziehungen zum F.-Verlag getreten war, verfaßter Artikel mit der Überschrift "Dem Autor in die Tasche gefaßt" und dem Untertitel "Die Praktiken des F.-Verlags"; darin findet sich eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zuschußverlagswesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die geschäftliche Tätigkeit des F.-Verlags sei in einer Reihe von Passagen dieses Zeitschriftenartikels in rechtlich unzulässiger Weise angegriffen worden, insbesondere durch herabsetzende unwahre Tatsachenbehauptungen. Für den hierin liegenden rechtswidrigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin hätten alle drei Beklagten haftungsrechtlich einzustehen. Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im übrigen - der Klage stattgegeben, soweit sie gegen folgende Behauptungen gerichtet war: Es werde in Telefonaten mit Mitarbeitern des Klägers zugesichert, daß der Kläger grundsätzlich kostenlos publiziere ... Die Antworten der Mitarbeiter des Klägers bei telefonischen Anfragen entsprächen selten der Wahrheit ... Das Verlagslektorat des Klägers fordere für seine Dienste 4,00 - 8,00 DM/Seite ...
Beim Kläger sei die Werbung für den Autor kostenpflichtig ... Es vergingen Wochen, Monate, der Druck des Buches werde dem Autor immer wieder angekündigt, lasse aber auf sich warten, weil technische Probleme zu lösen seien, weil die Seiten überarbeitet werden müûten, weil es ein langer Weg vom Verlag zur Druckerei, zur Buchbinderei, zurück zum Verlag und dann zur Auslieferung sei ... Gezahlt werde vom Autor eigentlich nur für Druckerei, Buchbinderei und Logistik. Die Beklagten haben diese Entscheidung nicht angegriffen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels - die Verurteilung der Beklagten darüber hinaus auf folgende Äuûerungen erstreckt: Die Klägerin verhalte sich gegenüber den bei ihr publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler, bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug ... Die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere ... Der F.-Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagten hätten auch durch die ihnen im Berufungsurteil zusätzlich untersagten Äuûerungen, die im beanstandeten Zeitschriftenartikel enthalten seien, unzulässig in die Rechte des Rechtsvorgängers der Klägerin eingegriffen. Der sogenannte "Käse-Vergleich" sei zwar nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil anzusehen; das gelte auch, soweit hier von einem "Betrug" die Rede sei. Es handele sich jedoch um eine rechtswidrige Schmähkritik , die von der Klägerin nicht hingenommen werden müsse. Die Klägerin könne auch die Unterlassung der Äuûerung verlangen, sie verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Dies sei eine unwahre Tatsachenbehauptung, da die Klägerin nur mit kostenlosen Veröffentlichungen in der "Edition Neue Autoren" geworben habe. Die weitere Äuûerung, die Klägerin gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein, sei, obwohl sie sehr pauschal gehalten sei, nicht als Werturteil, sondern als Tatsachenbehauptung anzusehen. Die Richtigkeit dieser "inneren Tatsache" hätten die Beklagten nicht nachgewiesen. Hinsichtlich aller genannter Äuûerungen sei nicht nur der Unterlassungsantrag der Klägerin, sondern auch ihr Begehren begründet, den Beklagten zu 1) und 2) die Veröffentlichung des Verbotstenors aufzugeben; es rechtfertige sich ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

II.


Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch die Veröffentlichung der Äuûerungen, die Gegenstand ihrer Verurteilung im Berufungsrechtszug waren, keine geschützten Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin unzulässig verletzt. 1. Der Senat folgt der Auffassung der Revision, daû die Klägerin die - auf die Geschäftspraxis des F.-Verlages abzielende - Äuûerung hinnehmen muû, sie verhalte sich gegenüber den publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler , bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht hinreichend die Rechtspositionen der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG.
a) Zutreffend wird dieser sogenannte "Käse-Vergleich" im Berufungsurteil als Werturteil, nicht als Tatsachenbehauptung angesehen. Das gilt - entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht - auch insoweit , als dem F.-Verlag der Vorwurf des "Betruges" gemacht wird. Jede beanstandete Äuûerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen , in dem sie gefallen ist. Dabei ist für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äuûerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Sofern eine Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht
des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20 f.; 139, 95, 101 f., jeweils m.w.N.). Nach diesen rechtlichen Grundsätzen enthält der im Zeitschriftenartikel angestellte Vergleich des Vorgehens des F.-Verlages gegenüber den Autoren mit demjenigen eines Lebensmittelhändlers, der beim Verkauf von Käse seine Kunden übervorteilt, im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens. Auch die Verwendung des Begriffs "Betrug" deutet für den Durchschnittsadressaten der Äuûerung nicht in entscheidender Weise auf einen ausreichend konkreten Sachverhalt hin, der die Tatbestandsmerkmale des in § 263 StGB geregelten strafrechtlichen Vermögensdelikts erfüllen würde. Die Vokabel "Betrug" wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu BVerfG, NJW 1992, 1439, 1441). Vertritt bei dieser Sachlage der Verfasser des Artikels für den Leser ersichtlich in pauschaler Weise die Meinung, es bestehe ein als anstöûig zu bewertendes Miûverhältnis zwischen den Leistungen des F.-Verlages und dem seitens der publizierenden Autoren zu bezahlenden Preis, so kann dies rechtlich nicht als Tatsachenbehauptung behandelt werden.
b) Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daû das in diesem "KäseVergleich" liegende Werturteil - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht als rechtlich unzulässige Schmähkritik angesehen werden darf. Allerdings muû auch eine Meinungsäuûerung und eine wertende Kritik am Verhalten anderer ihre Grenze dort finden, wo es sich um reine Schmähkritik oder eine Formalbeleidigung handelt oder wo die Äuûerung die Menschen-
würde antastet (vgl. z.B. BVerfGE 86, 1, 13; 82, 272, 283 f.). Die hier zu beurteilende Äuûerung der Beklagten überschreitet diese Grenze nicht. aa) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äuûerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äuûerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163, jeweils m.w.N.). bb) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt der hier in Rede stehende "Käse-Vergleich" nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens des F.-Verlages kann nicht als bloûe Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einer für den Leser der Zeitschrift, in welcher der betreffende Artikel erschienen ist, wesentlichen Thematik. Die Beklagten setzen sich - wenn auch in teilweise recht scharfer Form - mit dem Geschäftsgebaren der "Zuschuûverlage" auseinander, zu denen der F.-Verlag gehört. Die Beschäftigung mit den hiermit in Zusammenhang stehenden Fragen kann die Beklagte zu 1) zu Recht als ihre Aufgabe betrachten. Als auch die Interessen publizierender Autoren vertretende Gewerkschaft steht es ihr zu, sich für deren berufliche und wirtschaftliche Belange (gerade auch im Verhältnis zu den Verlagen) einzusetzen; sie kann sich insoweit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auch auf die grundrechtlich geschützte Position
in Art. 9 Abs. 3 GG berufen. In den Rahmen dieses Aufgabenbereichs der Beklagten fällt es durchaus, Risiken zu erörtern, die sich für die Gruppe der - für Gefahren wirtschaftlicher Art möglicherweise besonders anfälligen - Autoren ergeben können, deren intensiver Publikationswunsch im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht erfüllt wird und die geneigt sind, unter Übernahme teilweise erheblicher eigener Kosten die Dienste der "Zuschuûverlage" in Anspruch zu nehmen. cc) Im Rahmen einer derartigen, wirtschaftliche Belange eines nicht unerheblichen Teils der Leser der von der Beklagten zu 1) herausgegebenen Zeitschrift betreffenden Auseinandersetzung dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden , selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. z.B. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO m.w.N.). Der hier angestellte Vergleich des Verhaltens des F.-Verlages mit demjenigen eines "betrügerischen" Käse -Händlers ist als eine solche zwar scharf, möglicherweise überzogen formulierte , aber nach den dargelegten Grundsätzen dennoch rechtlich zulässige Kritik anzusehen. Dabei darf auch nicht auûer acht gelassen werden, daû sich ein Gewerbetreibender kritische Einschätzungen seiner Leistungen in aller Regel gefallen lassen muû (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320); etwas anderes gilt nur dann, wenn konkret unwahre Tatsachen behauptet werden. Der vorliegend zu beurteilende "Käse-Vergleich" enthält aber gerade keine hinreichend substantiierten Tatsachenbehauptungen, hinsichtlich deren sich die Frage ihrer Richtigkeit stellen könnte; das gilt, wie bereits oben dargelegt worden ist, auch insoweit, als es den (im alltagssprachlichen Sinne verwendeten) Begriff des
"Betruges" angeht. Die dieser Äuûerung zu entnehmende Bewertung, der im F.-Verlag gegen Kostenbeteiligung publizierende Autor könne sich ähnlich übervorteilt fühlen wie der Kunde, der beim beschriebenen Lebensmittelhändler Käse eingekauft hat, ist vielmehr unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäuûerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. 2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg dagegen, daû das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten auf die Äuûerung erstreckt hat, die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daû der Aussagegehalt der insoweit im beanstandeten Zeitungsartikel enthaltenen Passagen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten eine derartig weitgehende Behauptung aufgestellt, rechtlich nicht zu tragen vermag. Soweit dem Artikel die Behauptung zu entnehmen ist, es werde in Telefonaten von Mitarbeitern des F.-Verlages zugesichert, daû er grundsätzlich kostenlos publiziere, ist diese Äuûerung den Beklagten bereits im landgerichtlichen Urteil, das seitens der Beklagten nicht angefochten worden ist, untersagt worden. Diese Passagen des Artikels sind daher nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine darüber hinausgehende generelle Behauptung , um die es nunmehr noch geht, sind dem Zeitschriftenartikel hingegen keine ausreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Die Beklagten knüpfen bei der Erörterung der Frage, inwieweit der F.-Verlag den Autoren eine kostenlose Publikation in Aussicht stellt, an Zeitungsanzeigen an, wie sie seitens des Rechtsvorgängers der Klägerin veröffentlicht worden sind, etwa in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Anl. K 5 zur Kla-
geschrift). Dort heiût es blickfangmäûig "Publizieren ohne Kosten" und - in kleinerer Schrift - "in der Edition Neue Autoren". Wenn die Beklagten in ihrem Artikel unter Bezugnahme auf so gestaltete Anzeigen von "Verheiûungen à la Publizieren kostenlos" und dergleichen sprechen, kann dies zwar vom Leser dahin verstanden werden, daû der F.-Verlag Möglichkeiten zur kostenfreien Publikation in Aussicht stelle. Indessen kann der angesprochene Leserkreis der veröffentlichungswilligen Autoren der beanstandeten Äuûerung nicht entnehmen , daû damit zum Ausdruck gebracht werden solle, es werde "grundsätzlich" und damit nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in aller Regel eine kostenlose Publikation verheiûen. Deshalb muû der beanstandete Artikel nicht dahin verstanden werden, die Klägerin verbreite allgemein, sie veröffentliche über die in den Zeitungsanzeigen beschriebenen Konditionen hinaus in aller Regel kostenlos. Ist aber eine solche, dem auf Unterlassung in Anspruch Genommenen (hier den Beklagten) günstigere einschränkende Deutung des Inhalts einer beanstandeten Äuûerung möglich, so ist sie der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. Senatsurteil BGHZ 139, 95, 104). 3. Schlieûlich greift die Revision auch mit Erfolg die Verurteilung der Beklagten im Berufungsurteil an, soweit sie die Äuûerung betrifft, der F.Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Die Revision rügt zu Recht als fehlerhaft, daû das Berufungsgericht diese Aussage als Tatsachenbehauptung, nicht als Werturteil behandelt hat. Zwar ist ihr auch ein tatsächliches Element zu entnehmen, nämlich hinsichtlich der "inneren" Tatsache, die Klägerin sage nach auûen hin etwas zu, was sie in Wirklichkeit nicht zu tun beabsichtige. Indessen ist dieses Tatsachenelement, das nicht auf etwas konkret Nachprüfbares bezogen ist, sondern - wie auch im Berufungsurteil dargelegt wird - nur sehr pauschal gehalten ist, eng verwoben
mit stark wertenden Gesichtspunkten: Es wird zum Ausdruck gebracht, wie der Beklagte zu 3) als Verfasser des Zeitschriftenartikels den Umgang des F.-Verlages mit den Autoren und seine Bereitschaft, ihnen entgegenzukommen , aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in den geschäftlichen Beziehungen der Beteiligten einschätzt. Ob ein Verlag "auf Autorenwünsche" eingeht, ist in diesem Sinne letztlich eine weitgehend subjektiver Beurteilung unterfallende Frage. Der Beklagte zu 3) zieht hier aus der Sicht der Dinge, wie er sie als beim F.-Verlag veröffentlichender Autor erlebt hat, ein Resümee und äuûert die Meinung, hier werde nur die Bereitschaft vorgetäuscht, sich mit den Autorenwünschen zu arrangieren. Eine derartige Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen , die jedoch in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme , des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird - wie bereits dargelegt - als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 13, 21 m.w.N.). Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äuûerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.

III.

Da sich die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in vollem Umfang als unbegründet erweist, war sie unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils insgesamt zurückzuweisen. Hieraus folgt die Pflicht der Klägerin, die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen. Dr. Müller Dr. Dressler Dr. Greiner
Diederichsen Pauge

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 298/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann
in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung
des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in i hrer Gesamtheit betrachtet
als Meinungsäußerung darstellt.
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen
durch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier
ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.

II.



Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

III.

Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/06
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit der Bezeichnung eines Gutachters als "namenlos"
in einem Presseartikel, der sich mit einer als zweifelhaft erachteten Bewertung
einer in eine Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung befasst.
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 1. August 2006 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Unternehmer und Fotokunst-Sammler verlangt die Unterlassung zweier Äußerungen in einem von dem Beklagten zu 2 verfassten Artikel in der im Verlag der Beklagten zu 1 erscheinenden Zeitung "Handelsblatt" vom 6. Oktober 2004 unter der Überschrift "Der Fotosammler im Tabakmantel" und der Nebenüberschrift "CameraWork AG - Die neue Spielwiese ... (des Klägers) ...".
2
In dem Artikel wird darüber berichtet, der Kläger habe der "CameraWork AG" (früher: "N. Tabakfabriken AG"), deren Mehrheitsaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender er sei, im Jahre 2003 für 100.000 € seine Fotosammlung "ver- macht", deren Wert hernach ein "unabhängiger, allerdings auch namenloser Gutachter" auf 60 Mio. € beziffert habe. Dadurch sei - nach einer entsprechenden bilanziellen Bewertung - der Buchwert der Gesellschaft und damit auch der Wert der Aktie von 400 € im Sommer 2003 auf fast 3.000 € im September 2004 gestiegen. Weil allerdings der Kläger selbst 52 % der Aktien halte und weitere Pakete ihm nahe stehenden juristischen oder privaten Personen gehörten, sollten sich die Anleger nicht wundern, wenn es mit der CameraWork-Aktie recht bald wieder nach unten gehe, in den vergangenen Tagen z.B. um 25 %. Schließlich sei die Aktie ein sehr marktenges Papier - im Grunde genommen wie eine wertvolle Fotosammlung. Denn einen Käufer zu finden, der mehr bezahle , sei gar nicht so einfach.
3
In dem Artikel wird weiterhin erwähnt, der Kläger habe für die CameraWork AG auf einer Vernissage "bei Jil Sander" in Hamburg mit Lindbergh-Aufnahmen von den Rolling-Stones Werbung gemacht.
4
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt, es bei Vermeidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, die folgenden Äußerungen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:
5
a) Die private Fotosammlung, die der Kläger 2003 für 100.000 € "seinem Tabakmantel" (d.h. der CameraWork AG) vermacht habe, sei von einem namenlosen Gutachter auf 60 Mio. € beziffert worden;
6
b) der Kläger habe für die CameraWork AG "auf einer Vernissage bei Jil Sander" in Hamburg mit Lindbergh-Aufnahmen von den Rolling-Stones Werbung gemacht.
7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hält die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" für eine rechtswidrige Schmähkritik, weil es an sachlichen Anknüpfungstatsachen dafür fehle. Sie sei dahin zu verstehen, dass es sich um einen unbedeutenden Sachverständigen handele. Das entspreche nicht einmal dem eigenen Vorbringen der Beklagten und sei jedenfalls geeignet, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Die Behauptung, der Kläger habe mit einer Vernissage "bei Jil Sander" Werbung gemacht, sei unwahr und verletze dessen Persönlichkeitsrecht, weil sie zu Spekulationen darüber führe, warum die Werbeveranstaltung nicht in Räumen des Klägers oder gerade bei Jil Sander durchgeführt worden sei.

II.

9
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. Der gegen die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" gerichtete Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf das Verbot unzulässiger Schmähkritik gestützt werden.
11
a) Das Berufungsgericht ist zwar im Rahmen seiner - revisionsrechtlich in vollem Umfange nachprüfbaren (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.) - Auslegung der Äußerung zutreffend davon ausgegangen, dass diese angesichts des Kontextes, insbesondere der Formulierung "ein unabhängiger, allerdings auch namenloser Gutachter" von einem durchschnittlichen Leser des "Handelsblattes" dahin verstanden wird, dass es sich um einen in Fachkreisen weitgehend unbekannten und damit unbedeutenden Sachverständigen handele.
12
b) Richtig ist auch, dass die Bezeichnung des Sachverständigen als "namenlos" Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens enthält und damit grundsätzlich dem Schutz der Meinungsfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, ob diese Einstufung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; BVerfGE 2, 325, 328), sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senat, BGHZ 132, 13, 21; Urteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; BVerfG NJW 2008, 358, 359).
13
c) Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Grenze an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören (vgl. BVerfGK 3, 337, 345). Das durch diese Vorschriften geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, dem nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ebenfalls verfassungsrechtlicher Schutz zukommt, gewährleistet u.a. den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfGE 99, 185, 193; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2003, 1856; NJW 2008, 39, 41). Dies ist bei der angegriffenen Berichterstattung der Fall, weil der Gutachter, der die Fotosammlung mit 60 Mio. € bewertet hat, als namenlos und damit nach dem von der Revision nicht beanstandeten Textverständnis des Berufungsgerichts als unbedeutend dargestellt wird. Denn dadurch werden dem Leser Zweifel an der Seriosität der Bewertung der Fotosammlung und dem dadurch verursachten enormen Kursanstieg der Aktien der CameraWork AG vermittelt, was nach dem Gesamtgehalt des Artikels geeignet ist, sich negativ auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken, weil dieser als Verantwortlicher einer möglicherweise anlegerschädlichen Transaktion dargestellt wird. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerung zu beurteilen , sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, NJW 2008, 358, 359; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.).
14
d) Eine solche Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es in der beanstandeten Äußerung eine unzulässige Schmähkritik am Kläger gesehen hat. Dabei hat es jedoch die rechtliche Bedeutung dieses Begriffs in schwerwiegender Weise verkannt (vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 f. m.w.N.; BVerfGK 3, 337, 345).
15
aa) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässi- ger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - aaO; BGHZ 143, 199, 209; BVerfGE 93, 266, 294; BVerfG, NJW-RR 2000, 1712). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251 und vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - WRP 2008, 359, 362 m.w.N.; BVerfGE 82, 272, 284; 93, 266, 294; BVerfG, NJW 2004, 590, 591).
16
bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die beanstandete Äußerung schon deshalb keine Schmähung des Klägers dar, weil sich die möglicherweise herabsetzende Bezeichnung als "namenlos" nicht auf ihn selbst, sondern auf einen unbekannten Sachverständigen bezieht. Auch nach dem Kontext der Äußerung steht nicht eine Herabsetzung der Person des Klägers im Vordergrund, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung in der Sache. Bei dem fraglichen Artikel geht es im Kern um die Frage, ob der Kläger im Wege einer zweifelhaften Bewertung seiner in die Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung durch einen "namenlosen" Gutachter den Buchwert der CameraWork AG und den Aktienkurs künstlich in eine unrealistische Höhe getrieben hat. Diese Erörterung berührt ersichtlich die Interessen von Geldanlegern und damit eine Frage von wesentlichem Interesse für die Öffentlichkeit. Auch wenn aus dem Kontext des Artikels eine Kritik am Kläger hervorgeht, kann diese nicht allein wegen der Bezeichnung des bewertenden Sachverständigen als namenlos als eine unzulässige Schmähung des Klägers angesehen werden, zumal dieser insoweit nur mittelbar betroffen ist und nicht etwa persönlich diffamiert wird. Soweit Kritik an seiner geschäftlichen Tätigkeit geübt wird, müsste diese ohnehin nach den Grund- sätzen beurteilt werden, die von der Rechtsprechung für die grundsätzlich zulässige Kritik an gewerblichen bzw. geschäftlichen Leistungen aufgestellt worden sind (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002, - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch BVerfGE 99, 185, 196 f. = NJW 1999, 1322, 1324).
17
e) Ist mithin die Einstufung der beanstandeten Äußerung als schlechthin unzulässige Schmähkritik verfehlt, so bedarf es einer umfassenden Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit, bei der auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen ist. Nach Lage des Falles kann der erkennende Senat diese Abwägung selbst vornehmen, weil hierfür keine weiteren tatsächlichen Feststellungen erforderlich sind.
18
aa) Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen dieser Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (vgl. BVerfGE 85, 1, 17, 20 f.; 90, 241, 248 f.; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zu Grunde liegt, regelmäßig bei der Abwägung ins Gewicht (vgl. BVerfGE 94, 1, 8; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wer- tung in den Hintergrund tritt (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921). Wenn sich einer Äußerung die Behauptung einer konkret greifbaren Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (vgl. BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfGK 3, 337, 344; BVerfG, NJW-RR 2001, 411).
19
bb) So liegt es hier: Die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" ist entscheidend von dem Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt, insbesondere soweit damit der Sachverständige als unbedeutend bezeichnet wird (vgl. auch Senatsurteil vom 11. Mai 1965 - VI ZR 16/64 - NJW 1965, 1476 zur Bezeichnung eines Verlegers als "glanzlose Existenz"). Auch soweit diese Bezeichnung zugleich die Behauptung enthält, es handle sich bei dem vom Kläger herangezogenen um einen auf dem betroffenen Gebiet der Fotokunst und auch in Fachkreisen nicht oder kaum bekannten Gutachter, stuft sie in erster Linie diesen und nicht den Kläger negativ ein. Die beanstandete Äußerung als solche ist mithin - bezogen auf den Kläger - substanzarm und kann, was die Beurteilung ihrer Zulässigkeit anbelangt, nur im Gesamtkontext des Artikels betrachtet werden. Gerade zur Ermittlung des Gewichts des tatsächlichen Gehalts, den sie aufweist, darf sie nicht aus dem Text des Artikels herausgegriffen und einer isolierten Betrachtung unterstellt werden (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842 f.). In dem beanstandeten Artikel steht aber nicht die Person des Sachverständigen im Vordergrund, sondern die in einem Wirtschaftsblatt geäußerte Kritik an einer vom Kläger initiierten bilanziellen Transaktion, bei der aus einer ursprünglich für 100.000 € eingebrachten Fotosammlung nach einer - seitens der Beklagten als zweifelhaft erachteten - gutachterlichen Bewertung plötzlich ein Buchwert von 60 Mio. € entstanden ist, verbunden mit einer enormen Steigerung des Aktienkurses. Diese Kritik wird in der Folge - unabhängig von der Person des Gutachters - sachlich erläutert durch die bestehende Enge des für die Fotosammlung in Betracht kommenden Käuferkreises und die Tatsache, dass der Aktienkurs in den zurückliegenden Tagen um 25 % wieder nach unten gegangen sei. In diesem Gesamtzusammenhang stellt die Abwertung des Gutachters als "namenlos" ganz überwiegend lediglich eine zusätzliche Kritik einer aus Sicht des Verfassers fragwürdigen und zweifelhaften Transaktion dar, für die der Kläger die Verantwortung trug. Jedenfalls hinsichtlich ihrer das Persönlichkeitsrecht des Klägers betreffenden Wirkung fällt sie im Rahmen der Abwägung gegenüber dem Grundrecht der Meinungsfreiheit der Beklagten nicht entscheidend ins Gewicht. Das in der Äußerung enthaltene Element einer sachlichen Kritik mit anlegerschützender Zielrichtung überwiegt den tatsächlichen Gehalt der Äußerung hinsichtlich der Person des Gutachters so weitgehend, dass letzterer zurücktritt, zumal nach dem eigenen Vorbringen des Klägers letztlich unklar bleibt, wer in welchem Umfang gutachterlich tätig geworden ist.
20
Eine solche Kritik ist vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äußerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.
21
2. Ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG des Klägers wegen der Behauptung , er habe für die CameraWork AG auf einer Vernissage "bei Jil Sander in Hamburg" Werbung gemacht, steht dem Kläger unter Zugrundelegung seines eigenen Sachvortrags bereits aus Rechtsgründen nicht zu.
22
a) Nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach mit der Äußerung behauptet werde, es habe die beschriebene Vernissage in Räumen stattgefunden , die zu dieser Zeit im Eigentum oder im Besitz von Jil Sander oder einem ihr gehörenden Unternehmen standen. Diese einem Beweis zugängliche und deshalb als Tatsachenbehauptung einzustufende Aussage ist unwahr, weil die Vernissage unstreitig in Räumen stattfand, die zu dieser Zeit bereits in Eigentum und Besitz der CameraWork AG standen und lediglich früher einmal (bis 1998) Jil Sander gehört hatten.
23
b) Die beanstandete Äußerung verletzt den Kläger jedoch nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
24
aa) Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für einen Unterlassungsanspruch darauf an, ob in der Äußerung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers liegt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - VersR 2006, 273). Maßgeblich ist dabei, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem - von ihm selbst definierten (vgl. BVerfGE 54, 148, 155 f.) - sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - aaO). Zur Abwehr von Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen einer Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken, schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (vgl. BVerfGE 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185, 193 f.; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2008, 39, 41; OLG Köln, NJW-RR 2006, 126).
25
bb) Eine solche Bedeutung kommt der angegriffenen Äußerung jedoch nicht zu. Die Behauptung, eine Vernissage habe "bei Jil Sander" stattgefunden, betrifft weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie eine erkennbare Ehrenkränkung oder Herabsetzung des Klägers. Auch dessen Verfügungsrecht über die eigene Person ist nicht betroffen (hierzu BVerfG NJW 1973, 1226). Die Auffassung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des im gewerblichen Bereich tätigen Klägers liege schon darin, dass die Behauptung zu Assoziationen oder Spekulationen der Leser führe, weswegen die Werbeveranstaltung nicht in eigenen Räumen des Klägers oder gerade bei Jil Sander durchgeführt worden sei, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere erschließt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von selbst, weshalb der Hinweis auf Jil Sander als Veranstalter oder Schauplatz einer Vernissage geeignet sein könnte, das persönliche oder geschäftliche Ansehen des Klägers zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Landgerichts.
26
Da bei dieser Sachlage auch zu diesem Punkt keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, konnte der Senat selbst entscheiden und die Klage insgesamt auf die Rechtsmittel der Beklagten abweisen.

III.

27
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 28.04.2006 - 324 O 442/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.08.2006 - 7 U 66/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 45/05 Verkündet am:
5. Dezember 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Bezeichnung "Terroristentochter" kann im konkreten Kontext eines Presseartikels
zulässig sein.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2005 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30. Juni 2004 in der Fassung des Beschlusses vom 4. August 2004 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist als freie Journalistin für verschiedene Zeitschriften tätig. Die Beklagte veranstaltet das Internet-Angebot zur Print-Ausgabe der "F. Zeitung".
2
Die Beklagte veröffentlichte am 4. September 2003 einen Artikel unter der Überschrift "Enthüllungen - Die Terroristin und der Figaro". Dieser beschäf- tigte sich mit dem Berliner Frisör U.W. und dessen Kundschaft, zu der auch bekannte Politiker gehören. In ihm wird ausgeführt, der Frisör habe auch die RAFTerroristin Ulrike Meinhof zu einem Zeitpunkt frisiert, als diese bereits wegen Mordes gesucht worden sei. Dies sei in einem Artikel der Tageszeitung "Die Welt" enthüllt worden, den die Klägerin verfasst habe.
3
Der Beitrag weist darauf hin, dass die Klägerin die Tochter Ulrike Meinhofs sei und sich vor einigen Jahren mit der Rolle des früheren Außenministers Fischer im Rahmen der Unruhen in Frankfurt befasst habe. Weiter heißt es: "Auf dem Höhepunkt der Debatte um Fischers Vergangenheit war die Berichterstattung gekippt. Die Kollegen wandten sich nun der Jägerin zu, die in den Portraits alles andere als schmeichelhaft wegkam: Als fanatische , verbitterte Verschwörungstheoretikerin erschien R., die die "Achtundsechziger" abgrundtief hasste und sie, wie die "Welt" einmal schrieb, "auch mit sonderbaren Methoden" bekämpfte. Statt Respekt brachte man ihr allenfalls Mitleid entgegen, der offenbar traumatisierten Terroristentochter , die als Siebenjährige in ein jordanisches Palästinensercamp verfrachtet werden sollte, bevor sie der heutige "Spiegel" - Chefredakteur S. A. aus den Händen der RAF befreite."
4
Die Klägerin hat u.a. 1995 in einer Titelgeschichte des "Spiegel" "über ihre Kindheit im Schatten des Terrorismus" als Ulrike Meinhofs Tochter berichtet. Im "Stern" veröffentlichte sie 1998 unter dem Titel "Mythos Ulrike Meinhof" einen persönlichen Nachruf. Auf ihrer Homepage findet sich ein "Button", der neben dem Namen der Klägerin auf "Ulrike Meinhof" hinweist. Ein weiterer "Button" verweist auf den "Mythos RAF". Außerdem findet sich eine Seite, die neben einem Foto der Klägerin auf ein neues Hörbuch über Ulrike Meinhof hinweist sowie eine fotographische Gegenüberstellung eines Fahndungsfotos von Ulrike Meinhof und eines Fotos der Klägerin sowie einen "RAF-Song" enthält.
5
Nachdem sich die Beklagte in einer Unterlassungserklärung vom 2. Oktober 2003 verpflichtet hatte, den Zusatz "offenbar traumatisiert" zu unter- lassen, wendet sich die Klägerin mit der Klage gegen ihre Bezeichnung als Terroristentochter.
6
Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Beklagten verboten, die Klägerin als "Terroristentochter" zu bezeichnen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin den Antrag auf Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin einen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Bezeichnung der Klägerin als "Terroristentochter" unterlässt (§ 823 Abs. 1, § 1004 BGB analog). Die Bezeichnung verletze die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
8
Die Äußerung "Terroristentochter" stelle eine Tatsachenbehauptung dar. Ein durchschnittlicher Leser verstehe den abstrakten Aussagegehalt der Bezeichnung dahin, dass jemand die Tochter von Terroristen oder eines Terroristen sei. Durch den Bezug zu Ulrike Meinhof sei für den durchschnittlichen Leser klargestellt, dass die Bezeichnung im Sinn von "Terroristin-Tochter" gemeint sei.
9
Es könne dahingestellt bleiben, inwieweit die Klägerin grundsätzlich dulden müsse, dass auf ihre Abstammung von Ulrike Meinhof hingewiesen werde. Selbst wenn sie dies hinnehmen müsse, dürfe ihre familiäre Abstammung von Ulrike Meinhof nicht durch das eindringliche Schlagwort "Terroristentochter" zum Ausdruck gebracht werden. Zu familiären Beziehungen als Teil der Privat- sphäre hätten andere grundsätzlich nur Zugang, soweit er ihnen gestattet werde. Die Klägerin habe keine Einwilligung erteilt, die familiäre Beziehung zu ihrer Mutter und ihre Abstammung darauf zu reduzieren, dass sie eine "Terroristentochter" sei. Sie müsse die Bezeichnung daher nicht dulden.
10
Etwas anderes gelte auch nicht deswegen, weil die Klägerin mehrfach über Ulrike Meinhof und den RAF-Terrorismus veröffentlicht und dabei auch offen gelegt habe, dass sie die Tochter von Ulrike Meinhof sei. Die Klägerin sei als freie Journalistin tätig. Im Rahmen der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Pressefreiheit habe sie das Recht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form ihrer Veröffentlichungen selbst zu bestimmen. Der Ton, in dem sie ihre Artikel verfasse, sei Teil der Meinungsfreiheit. Dass sie die Grenze zur Schmähung überschritten habe, werde nicht vorgetragen.
11
Die Bezeichnung "Terroristen-Tochter" sei rechtswidrig. Zwar habe niemand einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie er sich selbst sehe, wohl aber darauf, zutreffend und nicht verfälscht dargestellt zu werden.

II.

12
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
Das Berufungsgericht hat die erforderliche Abwägung zwischen dem durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin und dem Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vorgenommen. Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG hat es nur im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin als freie Journalistin und dem sich daraus für sie ergebenden Grund- rechtsschutz angesprochen. Darauf kommt es aber nach Lage des Falles nicht an. Es geht hier vielmehr um die Frage, ob die Beklagte die Klägerin im konkreten Kontext als Terroristentochter bezeichnen durfte. Für die Entscheidung dieser Frage hätte es einer Abwägung zwischen den widerstreitenden Grundrechten der Parteien bedurft.
14
1. Welche Maßstäbe für diese Abwägung gelten, hängt grundsätzlich vom Aussagegehalt der Äußerung ab, also von deren Einstufung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung. Diese Unterscheidung ist deshalb grundsätzlich geboten, weil der Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG bei Meinungsäußerungen regelmäßig stärker ausgeprägt ist als bei Tatsachenbehauptungen. Vorliegend hat das Berufungsgericht die beanstandete Äußerung als Tatsachenbehauptung eingestuft. Das ist insofern richtig, als die Äußerung einen tatsächlichen Gehalt hat, nämlich dahin, dass durch den Bezug zu Ulrike Meinhof für den durchschnittlichen Leser klargestellt wird, dass die Bezeichnung in dem Sinne "Tochter einer Terroristin" gemeint ist. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung lässt sich der Aussage nicht entnehmen, dass sich die Klägerin etwa mit den Zielen von Terroristen, insbesondere der RAF identifiziert habe. Ein solches Verständnis kann nach dem Inhalt des gesamten Artikels ausgeschlossen werden und das Berufungsgericht hat die Aussage auch nicht in diesem Sinn verstanden.
15
Durch die Einstufung als Tatsachenbehauptung wird der Aussagegehalt der Äußerung jedoch nicht vollständig erfasst, zumal die Wahrheit des tatsächlichen Kerns nicht im Streit steht. Vielmehr geht es darum, ob die gewählte Formulierung als solche zulässig war. Soweit es um den Tatsachenkern geht, ist zu beachten, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG sich auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, indem sie etwa darauf gerichtet sind, dem Leser ein eigenes Urteil über ein geschildertes Verhalten zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 90, 241, 247 f.; BVerfG NJW 2003, 1109; NJW 2003, 3760; Senatsurteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 326). Gleiches gilt, wenn es um eine Äußerung geht, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20 f.; 139, 95, 101 f.; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Beides ist hier der Fall, so dass es vom Aussagegehalt her einer Abwägung zwischen den widerstreitenden Grundrechten bedarf.
16
2. a) Das Berufungsgericht hat nicht begründet, warum es die nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzlich gebotene Abwägung nicht vorgenommen hat. Es hat lediglich ausgeführt, die familiäre Abstammung der Klägerin von Ulrike Meinhof dürfe nicht durch das eindringliche Schlagwort "Terroristentochter" zum Ausdruck gebracht werden. Die Klägerin habe keine Einwilligung erteilt, die familiäre Beziehung zu ihrer Mutter und ihre Abstammung darauf zu reduzieren, dass sie eine "Terroristentochter" sei. Sie müsse die Bezeichnung daher nicht dulden. Wenn das Berufungsgericht damit die Äußerung als unzulässige Schmähung oder Formalbeleidigung bewerten wollte und eine solche vorläge, wäre in der Tat unabhängig von der Einstufung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung keine Abwägung erforderlich gewesen, weil derartige Äußerungen grundsätzlich unzulässig sind und deshalb in solchen Fällen die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten muss (vgl. z.B. BVerfGE 93, 266, 293 f.; 61, 1, 12; BVerfG NJW 1999, 2358, 2359; Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446). Aus diesem Grund sind an die Bewertung einer Äußerung als Schmähung strenge Maßstäbe anzulegen , weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. BVerfG NJW 1995, 1475, 1477; Senatsurteil BGHZ 143, 199, 208 ff. m. w. N.).
17
Nach den vom Bundesverfassungsgericht und dem Bundesgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen entwickelten Grundsätzen für die Beurteilung einer Konfrontation zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Freiheit der Meinungsäußerung stellt die beanstandete Äußerung in ihrem konkreten Kontext keine Schmähung oder Formalbeleidigung dar.
18
b) Da es der Sinn jeder zur Meinungsbildung beitragenden öffentlichen Äußerung ist, Aufmerksamkeit zu erregen, sind angesichts der heutigen Reizüberflutung einprägsame, auch starke Formulierungen hinzunehmen (BVerfGE 24, 278, 286). Das gilt auch für Äußerungen, die in scharfer und abwertender Kritik bestehen, mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden oder in ironischer Weise formuliert sind (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59; vom 20. Mai 1986 - VI ZR 242/85 - VersR 1986, 992). Der Kritiker darf seine Meinung grundsätzlich auch dann äußern, wenn sie andere für "falsch" oder für "ungerecht" halten (Senatsurteile vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163; vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - aaO; vom 30. Mai 1978 - VI ZR 117/76 - NJW 1978, 1797, 1798). Auch die Form der Meinungsäußerung unterliegt der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmung des Äußernden (BVerfGE 60, 234, 241). Verfolgt der Äußernde nicht eigennützige Ziele, sondern dient sein Beitrag dem geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, dann spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der Äußerung; eine Auslegung der die Meinungsfreiheit beschränkenden Gesetze, die an die Zulässigkeit öffentlicher Kritik überhöhte Anforderungen stellt, ist mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht vereinbar (BVerfGE 42, 163, 170; 66, 116, 139; 68, 226, 232). Für die Beurteilung der Reichweite des Grundrechtsschutzes aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG kommt es ferner maßgeblich darauf an, ob und in welchem Ausmaß der von den Äußerungen Betroffene seinerseits an dem von Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Prozess öffentlicher Meinungsbildung teilgenommen, sich damit aus eigenem Entschluss den Bedingungen des Meinungskampfes unterworfen und sich durch dieses Verhalten eines Teils seiner schützenswerten Privatsphäre begeben hat (BVerfGE 54, 129, 138). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, hat die Äußerung - auch wenn sie eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage betrifft - regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten (vgl. BVerfGE 82, 272, 283 f.; 85, 1, 16; Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - aaO).
19
c) Eine solche auf die Person der Klägerin abzielende, den Sachbezug verdrängende Schmähungsabsicht oder eine Formalbeleidigung kann der beanstandeten Äußerung nicht entnommen werden. Hierbei ist zu beachten, dass eine Äußerung nach ständiger Rechtsprechung nicht isoliert zu würdigen ist, sondern in dem Gesamtzusammenhang, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20; vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121). Insoweit ist von Bedeutung, dass der Artikel an Vorwürfe anknüpft, welche die Klägerin gegen den Berliner Frisör U. W. und gegen den früheren Außenminister Fischer erhoben hat. In beiden Fällen bezogen sich die Vorwürfe auf deren Verhalten in der "68er" - bzw. "RAF" - Zeit. Hintergrund des von der Beklagten veröffentlichten Artikels sind also eigene Veröffentlichungen der Klägerin über diese Zeit, in denen sich die Klägerin in einer die Öffentlichkeit unmittelbar berührenden Wei- se mit dem Phänomen des RAF-Terrorismus und dem Verhalten anderer, der Öffentlichkeit bekannter Personen in dieser Zeit auseinandergesetzt hat, und hinsichtlich derer der Artikel einen Bezug zur damaligen Lebensgeschichte der Klägerin als Tochter der Terroristin Ulrike Meinhof hergestellt hat. Unter diesen Umständen handelt es sich bei dem Artikel der Beklagten um eine grundsätzlich zulässige Berichterstattung im Rahmen eines öffentlich ausgetragenen Meinungskampfes , bei der nicht die Diffamierung der Betroffenen, sondern die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund steht. Wenn im Rahmen einer solchen Auseinandersetzung die Klägerin als Terroristentochter bezeichnet wird, kann dies - zumal im Hinblick auf den von der Klägerin selbst bei ihren einschlägigen Veröffentlichungen angeschlagenen Ton, den auch das Berufungsgericht einer kritischen Würdigung unterzogen hat - jedenfalls im konkreten Kontext des Artikels nicht als unzulässige Schmähung angesehen werden, so dass die Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten nicht von vornherein hinter das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückzutreten hat.
20
3. Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zugunsten des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ins Gewicht, dass die beanstandete Äußerung scharf und polemisch formuliert ist und zweifellos die Persönlichkeit der Klägerin nicht umfassend beschreibt, zumal diese nur die ersten sieben Jahre ihres Lebens mit ihrer Mutter zusammenlebte und weder zu ihrer Mutter noch zu anderen RAF-Mitgliedern Kontakt hatte, nachdem ihre Mutter in den Untergrund gegangen war. Deshalb bedeutet diese Äußerung sowohl nach ihrem tatsächlichen Gehalt als auch in der konkreten Formulierung für die Klägerin eine gravierende persönliche Belastung.
21
Andererseits ist auf Seiten der Meinungsfreiheit zu beachten, dass es sich seitens der Beklagten um einen Beitrag von öffentlichem Interesse handelt, der zur Meinungsbildung bei der Bewertung von Fragen beitragen sollte, die die Klägerin selbst durch ihre Äußerungen über U. W., den früheren Außenminister Fischer und durch andere Veröffentlichungen in die Öffentlichkeit getragen hat, und für deren Beurteilung auch der persönliche Lebenshintergrund der Verfasserin von Bedeutung war. Auch hat die Klägerin ihre Abstammung nicht geheim gehalten, sondern in zahlreichen Veröffentlichungen dargestellt. Nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des erkennenden Senats kann sich jedoch niemand auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfGE 101, 361, 385; Senatsurteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Deshalb kann der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BVerfGE 101, 361, 385; BVerfG NJW 2006, 3406, 3408; Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO, 85 f. m. w. N.). Daran fehlt es hier.
22
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin seinerzeit durch Art und Gegenstand ihrer Veröffentlichungen selbst eine Diskussion über ihre publizistische Tätigkeit herausgefordert hat und die Beklagte auch in diesem Zusammenhang zur Meinungsbildung Dritter beitragen durfte. Bei der gebotenen Gesamtabwägung all dieser Umstände stellt sich die von der Beklagten gewählte Formulierung im konkreten Kontext als noch zulässig und damit nicht als rechtswidrig dar. Die berufliche Stellung der Klägerin als Journalistin ist insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von Bedeutung, weil es hier nicht um eine Beschränkung der journalistischen Tätigkeit der Klägerin geht, sondern darum, ob das Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit durch einen Unterlassungsausspruch eingeschränkt werden darf.
23
4. Nach alldem kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Da die zu beurteilenden Tatsachen feststehen und somit eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat aufgrund seiner eigenen Abwägung abschließend entscheiden. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 30.06.2004 - 9 O 1730/04 -
OLG München, Entscheidung vom 25.01.2005 - 18 U 4588/04 -

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 4/12 Verkündet am:
30. Oktober 2012
Böhringer-Mangold
Justizhauptinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens eines Beitrags in dem für Altmeldungen vorgesehenen
Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in dem über die Einleitung
eines Ermittlungsverfahrens gegen einen - namentlich benannten - Manager
eines bedeutenden Energieversorgers wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen
Versicherung berichtet wird.
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll,
die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. November 2011 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 12. August 2011 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden Berichterstattung über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in Anspruch.
2
Der Kläger ist "Direktor Finanzen und Controlling" der Gazprom Germania GmbH, der deutschen Tochter des russischen Gazprom-Konzerns. Das Unternehmen beschäftigt 520 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2009 einen Umsatz von 8 Milliarden Euro. In einer Präsentation zur Bilanzpressekonferenz 2008 wurde der Kläger auf der ersten Seite als "Direktor Finanzen" aufgeführt. Er ist auch im Internetauftritt der Gazprom Germania GmbH mit Foto und Lebenslauf vertreten. In dem Internetportal "XING" wird er als CFO der Gazprom Germania GmbH geführt.
3
Im September 1985 verpflichtete sich der Kläger in einer eigenhändig verfassten Erklärung, "im Ministerium für Staatssicherheit Dienst im militärischen Beruf zu leisten", alle seine "Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen, um die ehrenvollen Pflichten und Aufgaben eines Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit zu erfüllen" und "die dienstlichen Bestimmungen und Befehle des Ministers für Staatssicherheit und der anderen zuständigen Vorgesetzten einzuhalten und mit schöpferischer Initiative durchzuführen". Aufgrund dieser Verpflichtungserklärung war der Kläger von Ende 1985 bis Ende 1989 als "Offizier im besonderen Einsatz" für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, wofür er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen zu sein. In einer weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 4. Dezember 2007 schilderte er die Umstände der Kontaktaufnahme durch die Stasibehörde mit ihm sowie seine Tätigkeit für diese und erklärte erneut, zu keinem Zeitpunkt "hauptamtlich - also als angestellter Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" tätig gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Hierüber wurde in verschiedenen überregionalen Medien unter namentlicher Bezeichnung des Klägers berichtet. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren unter der Auflage, einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, gemäß § 153a StPO eingestellt. Der Kläger kam der Auflage nach.
4
Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort hält sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6. Mai 2008 datierten Artikel mit dem Titel "Gazprom-Manager im Visier der deutschen Justiz" zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Klägers über dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enthält einen "Nachtrag", in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2. Oktober 2008 gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt wurde.
5
Der Kläger sieht in dem weiteren Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen , über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG zustehe, weil das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Meldung im Zeitpunkt der Veröffentlichung rechtmäßig gewesen sei. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt berühre die Öffentlichkeit nur gering und sei der weniger schweren Kriminalität zuzurechnen. Individuelle Rechtsgüter anderer Personen seien durch die dem Kläger zur Last gelegte Tat nicht betroffen. Der Kläger, der in einem bedeutenden Unternehmen mit erheblichem Umsatz als Finanzmanager eine hohe Position einnehme, sei jenseits dieser beruflichen Tätigkeit in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Das vom Kläger begehrte Verbot betreffe auch nicht unmittelbar die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit , sondern wende sich ausschließlich gegen die Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung.
7
Diese Frage könne allerdings offenbleiben. Denn die Beklagte habe den Beitrag jedenfalls dann entfernen müssen, als ihr bekannt geworden sei, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Denn zu diesem Zeitpunkt habe die beanstandete Meldung ihre Aktualität verloren. Es habe festgestanden, dass nicht geklärt werden würde, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben worden sei. Die Einstellung des Verfahrens zeige, dass die Staatsanwaltschaft der Tat kein besonderes öffentliches Verfolgungsinteresse beigemessen habe. Damit habe sich auch das Berichterstattungsinteresse verringert. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Beklagte in einem Nachtrag über die Einstellung des Verfahrens berichtet habe. Zwar könne im Bereich der Berichterstattung in Printmedien ein Anspruch auf ergänzende Berichterstattung den Unterlassungsanspruch ausschließen. Dies gelte aber nicht, wenn im Internet Meldungen dauerhaft zum Abruf bereitgehalten würden. Die angegriffene Veröffentlichung stelle trotz des Nachtrags eine perpetuierende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in dem Sinne dar, dass dem Leser der Seite bekannt werde, dass das bezeichnete Ermittlungsverfahren gelaufen und gemäß § 153a StPO eingestellt worden sei. Jedenfalls nach der Abmah- nung durch den Kläger vom 7. Februar 2011 sei die Beklagte gehalten gewesen , den Beitrag zu löschen, soweit der Kläger als Person darin identifizierbar genannt werde. Zu diesem Zeitpunkt habe das dem Kläger zur Last gelegte mutmaßliche Delikt bereits mehr als drei Jahre zurückgelegen, das Ermittlungsverfahren sei bereits seit mehr als zwei Jahren eingestellt gewesen und einen aktuellen Anlass für eine Aufrechterhaltung der Berichterstattung habe es nicht gegeben. Das berechtigte Interesse des Klägers, mit der ihm zur Last gelegten Tat nicht weiter konfrontiert zu werden, überwiege das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Zwar sei die Mitteilung eines Verdachts für den Betroffenen weniger belastend als die Bekanntgabe einer strafrechtlichen Verurteilung. Auf der anderen Seite lege der Bericht dem Leser nahe, dass der Kläger die Tat begangen habe. Auch wenn es sich nur um eine abrufbar im Netz stehende Meldung handele, deren mangelnde Aktualität aus dem Erscheinungsdatum ersichtlich sei, stelle sie eine erhebliche Belastung dar, weil sie nicht nur weltweit dauerhaft abrufbar sei, sondern insbesondere mittels Suchmaschine von jedem, der sich für die Person des Klägers interessiere, ohne Umstände leicht aufgefunden werden könne. Nach der Abmahnung durch den Kläger sei es für die Beklagte zumutbar gewesen, die gesamte Veröffentlichung oder zumindest den Namen des Klägers und weitere diesen identifizierende Merkmale aus der Veröffentlichung zu entfernen.

II.

8
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
9
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass das Bereithalten der angegriffenen Meldung zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 202 f.; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 34; BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 36; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, K & R 2012, 187 Rn. 83, 96 - Axel Springer AG gegen Deutschland, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Beschuldigten identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO).
10
2. Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Men- schenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 35; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 89 ff., jeweils mwN).
11
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise verletzt wird. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
12
a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 37; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f.; AfP 2010, 365 Rn. 27 ff.; AfP 2012, 143 Rn. 36, 39, jeweils mwN). Danach darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 12; AfP 2012, 143 Rn. 39). Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien (BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 39; Wenzel /Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 10 Rn. 154). Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17).
13
Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen , dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft begründen ein anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VersR 2006, 274 Rn. 14; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 38; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 18; AfP 2010, 365 Rn. 32; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 96). Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss aber im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen. Danach ist die Identifizierung des Täters nicht immer zulässig; insbesondere in Fällen der Kleinkriminalität oder bei Jugendlichen wird dies regelmäßig nicht der Fall sein. Ein an sich geringeres Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über leichte Verfehlungen kann im Einzelfall aber aufgrund von Besonderheiten - etwa in der Person des Täters oder den Umständen der Tatbegehung - in einem Maße gesteigert sein, dass das Interesse des Täters an einem Schutz seiner Persönlichkeit dahinter zurückzutreten hat (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326; vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, aaO S. 207; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, aaO Rn. 13 ff.; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 20). Für die Abwägung bedeutsam ist auch, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als "Wachhund der Öffentlichkeit" wahrnimmt (vgl. BVerfGK 1, 285, 288; AfP 2006, 354, 356; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 79, 90).
14
Handelt es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese Vermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f.). Dementsprechend ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen auch die Gefahr in Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf "etwas hängenbleibt" (vgl. BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 46 Rn. 15; AfP 2009, 365 Rn. 20; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 96).
15
Mit zeitlicher Distanz zum Strafverfahren und nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gewinnt das Interesse des Betroffenen , von einer Reaktualisierung seiner (möglichen) Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 40; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters bzw. Beschuldigten. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit dem Abschluss des Strafverfahrens die gebotene Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen mit Blick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Eine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse ist damit jedoch nicht gemeint (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt dem Betroffenen keinen uneingeschränkten Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit seiner (möglichen) Verfehlung konfrontiert zu werden (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO, mwN).
16
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs vorliegend hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
17
aa) Die namentliche Bezeichnung des Klägers in dem streitgegenständlichen Beitrag war entgegen der vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig. In dem Beitrag, den der Kläger nur hinsichtlich der ihn identifizierenden Angaben, nicht aber im Übrigen angreift, wird wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Sowohl die frühere Tätigkeit des Klägers für das Ministerium für Staatssicherheit als auch Anlass und Inhalt der von ihm gegenüber dem Landgericht Köln abgegebenen eidesstattlichen Versicherung als auch die von dem Landgericht veranlasste Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft werden zutreffend dargestellt.
18
Zwar stand im Zeitpunkt der Berichterstattung nicht fest, ob der Kläger den Straftatbestand einer (vorsätzlichen oder fahrlässigen) falschen Versicherung an Eides Statt (§§ 156, 161 StGB) verwirklicht hatte. Ob seine Versicherung , er sei "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen, inhaltlich unrichtig war, hing von der Wertung ab, ob der Kläger aufgrund seiner Funktion als "Offizier im besonderen Einsatz" bzw. "Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit" als "hauptamtlicher Mitarbeiter" oder "Angestellter des Ministeriums für Staatssicherheit" zu qualifizieren war. Der Bericht über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt war jedenfalls nicht geeignet, den Kläger an den Pranger zu stellen, ihn zu stigmatisieren oder ihm in sonstiger Weise Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen (vgl. BVerfGE 82, 106, 114 f.; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 14).
19
Die durch die Berichterstattung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers stand auch im Übrigen nicht außer Verhältnis zur Bedeutung seines Verhaltens für die Öffentlichkeit. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, begründeten die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit , hinter dem das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten hat. Zwar kann der Straftatbestand der falschen Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB) nur dem Bereich der mittleren Kriminalität zugeordnet werden. Abgesehen davon, dass dieser Umstand nicht nur für das öffentliche Informationsinteresse von Relevanz ist, sondern zugleich die Bedeutung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung mindert (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; AfP 2012, 143 Rn. 41), darf bei der Gewichtung des Informationsinteresses entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht allein auf die Schwere der dem Kläger vorgeworfenen Straftat abgestellt werden (vgl. Se- natsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 30). Vielmehr sind auch die Besonderheiten des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts, insbesondere die Vorgeschichte des Ermittlungsverfahrens , die nunmehrige Funktion des Klägers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet.
20
Der Kläger bekleidet eine herausgehobene, mit erheblichem Einfluss verbundene Stellung in der Gazprom Germania GmbH - einem großen Wirtschaftsunternehmen , das aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland und der Diskussion um die Stasi-Vergangenheit seines deutschen Spitzenpersonals im Blickpunkt des öffentlichen Interesses steht. Anlass für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger war eine Berichterstattung im August 2007 über die Verbindungen der Führungskräfte der Gazprom Germania GmbH zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, begründet der Versuch des Finanzchefs eines im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Unternehmens, mit Hilfe einer möglicherweise falschen eidesstattlichen Versicherung gegenüber den Justizbehörden eine Berichterstattung über Art und Umfang seiner früheren Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit zu unterbinden und die Intensität seiner Einbindung in das Ministerium zu vertuschen , im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das sich auch auf das aus diesem Grund eingeleitete Ermittlungsverfahren erstreckt (vgl. BVerfGE 94, 351, 368; BVerfG, AfP 2000, 445, 448; Soehring, Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 21 ff.).
21
Für das Bestehen eines erheblichen öffentlichen Interesses an einer Information über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger spricht auch der Umstand, dass hierüber nicht nur in der von der Beklagten verlegten Tageszeitung und dem von ihr betriebenen Internetportal, sondern auch in anderen überregionalen Medien berichtet wurde (vgl. BVerfG AfP 2010, 365 Rn. 30 mwN).
22
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf nicht durch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO am 2. Oktober 2008 rechtswidrig geworden.
23
(1) Die Meldung entspricht nach wie vor der Wahrheit. Insbesondere hat sich die Darstellung der tatsächlichen Vorgänge, die zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens geführt hatten, nicht nachträglich als unrichtig erwiesen. Dem Umstand, dass die Veröffentlichung aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO unvollständig und deshalb unzutreffend erscheinen könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; OLG Düsseldorf, NJW 2011, 788, 789 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620), hat die Beklagte durch Beifügen eines Nachtrags Rechnung getragen, in dem auf die Einstellung des Verfahrens hingewiesen wird.
24
(2) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem weiteren Bereithalten der Meldung auch nicht die Unschuldsvermutung entgegen. Zwar wird diese Vermutung durch eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO nicht widerlegt. Mit der Einstellung wird keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm durch die Anklage vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht; das Gesetz verlangt lediglich das hypothetische Urteil, dass die Schuld des Täters nicht als zu schwer anzusehen wäre (BVerfGE 82, 106, 116 ff.; BVerfG, NJW 1991, 1530, 1531; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 153a Rn. 2, 7, jeweils mwN). Die Unschuldsvermutung schützt den Betroffenen aber nur vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, ohne dass ihm in dem gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahren strafrechtliche Schuld nachgewiesen worden ist (vgl. BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f., 117, 119 f.). Sie schließt dagegen nicht aus, dass eine Verdachtslage beschrieben und bewertet wird (vgl. BVerfGE 82, 106, 117; BVerfG, NJW 1991, 1530, 1532; StV 2008, 368, 369). Die Mitteilung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt war, wie bereits ausgeführt, nicht geeignet, dem Kläger Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen.
25
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Kläger auch nicht wie ein Freigesprochener zu behandeln. Der Beschuldigte wird durch eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO zwar nicht für schuldig befunden; er wird aber auch nicht in einer dem Freispruch vergleichbaren Weise rehabilitiert (vgl. BVerfGE 82, 106, 118; Meyer-Goßner, aaO Rn. 2, 7). Vielmehr setzt die Anwendung dieser Bestimmung einen hinreichenden Tatverdacht voraus (vgl. BVerfGE 82, 106, 118; Meyer-Goßner, aaO Rn. 7; Scheinfeld in FS Herzberg 2008, S. 843, 845, jeweils mwN). Vor diesem Hintergrund ist die untechnische Formulierung in dem Nachtrag, bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO sehe die Staatsanwaltschaft "trotz vermuteter Schuld" von der Erhebung der öffentlichen Klage ab, nicht zu beanstanden.
26
(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Meldung vom 6. Mai 2008 durch die Einstellung des Strafverfahrens am 2. Oktober 2008 auch nicht ihre Aktualität verloren. Die Revision wendet sich in diesem Zusammenhang mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft zeige, dass diese der Tat kein besonderes öffentliches Verfolgungsinteresse beigemessen habe, wodurch sich auch das Berichterstattungsinteresse verringert habe. Wie die Revision mit Recht beanstandet , wurde das Verfahren ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und von den Parteien inhaltlich nicht in Frage gestellten Meldung der Beklagten und dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift nicht durch die Staatsanwaltschaft, sondern erst - nach Erhebung der öffentlichen Klage - gemäß § 153a Abs. 2 StPO durch das Amtsgericht eingestellt (Az. 536 Ds 308/08). Das Berufungsgericht berücksichtigt auch nicht hinreichend, dass das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, sondern zu unterscheiden sind (vgl. Meyer-Goßner, aaO Rn. 13; Scheinfeld in FS Herzberg 2008, S. 843, 866). Die Beseitigung des Strafverfolgungsinteresses durch die Anordnung von Auflagen oder Weisungen gemäß § 153a StPO führt nicht automatisch dazu, dass ein bis zu diesem Zeitpunkt bestehendes gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an einer Information über den Strafvorwurf so weit herabgesetzt wird, dass es nunmehr hinter dem Interesse des Betroffenen an einem Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs zurückzutreten hätte.
27
cc) Eine Verpflichtung der Beklagten zur Entfernung der den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung vom 6. Mai 2008 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch weder durch das Abmahnschreiben des Klägers vom 7. Februar 2011 noch durch die gerichtliche Geltendmachung seines vermeintlichen Unterlassungsanspruchs begründet worden. Zwar lag das dem Kläger zur Last gelegte Delikt zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre zurück; das Ermittlungsverfahren war seit mehr als zwei Jahren abgeschlossen. Andererseits ist die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, nicht schwerwiegend; sie ist nicht geeignet, dem Kläger einen erheblichen Persönlichkeitsschaden zuzufügen. Denn sie entfaltet eine nur geringe Breitenwirkung. Eine Kenntnisnahme von ihrem Inhalt setzt eine gezielte Suche voraus. Die Meldung wird nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website zum Abruf bereitgehalten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 43, mwN; BVerfG AfP 2000, 445, 448; NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298 Rn. 20). Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist sie nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich und als Altmeldung erkennbar.
28
Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren; dieses Informationsinteresse erstreckt sich auch auf das gemäß § 153a StPO eingestellte Strafverfahren gegen den Kläger. Der Streitfall ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet , dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht allein durch die dem Kläger vorgeworfene Straftat, sondern durch den Zusammenhang, in dem sein Verhalten steht, und durch das Zusammenwirken verschiedener - unter aa) im Einzelnen aufgezeigter - Umstände begründet wird, die für die öffentliche Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft bis heute von wesentlicher Bedeutung sind. Die Meldung setzt sich kritisch mit der Reaktion des in herausgehobener Funktion für die Gazprom Germania GmbH tätigen Klägers auf die Aufdeckung seiner Stasi-Vergangenheit auseinander; sie leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit und damit zu einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage (vgl. BVerfG, AfP 2000, 445, 448). Die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ist noch nicht abgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Gazprom Germania GmbH und ihre russische Mutter aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland nach wie vor im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen.
29
Bei dieser Sachlage hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
30
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.08.2011 - 324 O 203/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.11.2011 - 7 U 80/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/06
Verkündet am:
11. März 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit der Bezeichnung eines Gutachters als "namenlos"
in einem Presseartikel, der sich mit einer als zweifelhaft erachteten Bewertung
einer in eine Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung befasst.
BGH, Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 1. August 2006 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Unternehmer und Fotokunst-Sammler verlangt die Unterlassung zweier Äußerungen in einem von dem Beklagten zu 2 verfassten Artikel in der im Verlag der Beklagten zu 1 erscheinenden Zeitung "Handelsblatt" vom 6. Oktober 2004 unter der Überschrift "Der Fotosammler im Tabakmantel" und der Nebenüberschrift "CameraWork AG - Die neue Spielwiese ... (des Klägers) ...".
2
In dem Artikel wird darüber berichtet, der Kläger habe der "CameraWork AG" (früher: "N. Tabakfabriken AG"), deren Mehrheitsaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender er sei, im Jahre 2003 für 100.000 € seine Fotosammlung "ver- macht", deren Wert hernach ein "unabhängiger, allerdings auch namenloser Gutachter" auf 60 Mio. € beziffert habe. Dadurch sei - nach einer entsprechenden bilanziellen Bewertung - der Buchwert der Gesellschaft und damit auch der Wert der Aktie von 400 € im Sommer 2003 auf fast 3.000 € im September 2004 gestiegen. Weil allerdings der Kläger selbst 52 % der Aktien halte und weitere Pakete ihm nahe stehenden juristischen oder privaten Personen gehörten, sollten sich die Anleger nicht wundern, wenn es mit der CameraWork-Aktie recht bald wieder nach unten gehe, in den vergangenen Tagen z.B. um 25 %. Schließlich sei die Aktie ein sehr marktenges Papier - im Grunde genommen wie eine wertvolle Fotosammlung. Denn einen Käufer zu finden, der mehr bezahle , sei gar nicht so einfach.
3
In dem Artikel wird weiterhin erwähnt, der Kläger habe für die CameraWork AG auf einer Vernissage "bei Jil Sander" in Hamburg mit Lindbergh-Aufnahmen von den Rolling-Stones Werbung gemacht.
4
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt, es bei Vermeidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, die folgenden Äußerungen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:
5
a) Die private Fotosammlung, die der Kläger 2003 für 100.000 € "seinem Tabakmantel" (d.h. der CameraWork AG) vermacht habe, sei von einem namenlosen Gutachter auf 60 Mio. € beziffert worden;
6
b) der Kläger habe für die CameraWork AG "auf einer Vernissage bei Jil Sander" in Hamburg mit Lindbergh-Aufnahmen von den Rolling-Stones Werbung gemacht.
7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hält die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" für eine rechtswidrige Schmähkritik, weil es an sachlichen Anknüpfungstatsachen dafür fehle. Sie sei dahin zu verstehen, dass es sich um einen unbedeutenden Sachverständigen handele. Das entspreche nicht einmal dem eigenen Vorbringen der Beklagten und sei jedenfalls geeignet, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Die Behauptung, der Kläger habe mit einer Vernissage "bei Jil Sander" Werbung gemacht, sei unwahr und verletze dessen Persönlichkeitsrecht, weil sie zu Spekulationen darüber führe, warum die Werbeveranstaltung nicht in Räumen des Klägers oder gerade bei Jil Sander durchgeführt worden sei.

II.

9
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. Der gegen die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" gerichtete Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf das Verbot unzulässiger Schmähkritik gestützt werden.
11
a) Das Berufungsgericht ist zwar im Rahmen seiner - revisionsrechtlich in vollem Umfange nachprüfbaren (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.) - Auslegung der Äußerung zutreffend davon ausgegangen, dass diese angesichts des Kontextes, insbesondere der Formulierung "ein unabhängiger, allerdings auch namenloser Gutachter" von einem durchschnittlichen Leser des "Handelsblattes" dahin verstanden wird, dass es sich um einen in Fachkreisen weitgehend unbekannten und damit unbedeutenden Sachverständigen handele.
12
b) Richtig ist auch, dass die Bezeichnung des Sachverständigen als "namenlos" Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens enthält und damit grundsätzlich dem Schutz der Meinungsfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, ob diese Einstufung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist. Denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 m.w.N.; BVerfG, NJW 2003, 1109; BVerfGE 2, 325, 328), sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senat, BGHZ 132, 13, 21; Urteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; BVerfG NJW 2008, 358, 359).
13
c) Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Grenze an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören (vgl. BVerfGK 3, 337, 345). Das durch diese Vorschriften geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, dem nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ebenfalls verfassungsrechtlicher Schutz zukommt, gewährleistet u.a. den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfGE 99, 185, 193; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2003, 1856; NJW 2008, 39, 41). Dies ist bei der angegriffenen Berichterstattung der Fall, weil der Gutachter, der die Fotosammlung mit 60 Mio. € bewertet hat, als namenlos und damit nach dem von der Revision nicht beanstandeten Textverständnis des Berufungsgerichts als unbedeutend dargestellt wird. Denn dadurch werden dem Leser Zweifel an der Seriosität der Bewertung der Fotosammlung und dem dadurch verursachten enormen Kursanstieg der Aktien der CameraWork AG vermittelt, was nach dem Gesamtgehalt des Artikels geeignet ist, sich negativ auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken, weil dieser als Verantwortlicher einer möglicherweise anlegerschädlichen Transaktion dargestellt wird. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerung zu beurteilen , sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, NJW 2008, 358, 359; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.).
14
d) Eine solche Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es in der beanstandeten Äußerung eine unzulässige Schmähkritik am Kläger gesehen hat. Dabei hat es jedoch die rechtliche Bedeutung dieses Begriffs in schwerwiegender Weise verkannt (vgl. hierzu etwa Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 f. m.w.N.; BVerfGK 3, 337, 345).
15
aa) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässi- ger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - aaO; BGHZ 143, 199, 209; BVerfGE 93, 266, 294; BVerfG, NJW-RR 2000, 1712). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251 und vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - WRP 2008, 359, 362 m.w.N.; BVerfGE 82, 272, 284; 93, 266, 294; BVerfG, NJW 2004, 590, 591).
16
bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die beanstandete Äußerung schon deshalb keine Schmähung des Klägers dar, weil sich die möglicherweise herabsetzende Bezeichnung als "namenlos" nicht auf ihn selbst, sondern auf einen unbekannten Sachverständigen bezieht. Auch nach dem Kontext der Äußerung steht nicht eine Herabsetzung der Person des Klägers im Vordergrund, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung in der Sache. Bei dem fraglichen Artikel geht es im Kern um die Frage, ob der Kläger im Wege einer zweifelhaften Bewertung seiner in die Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung durch einen "namenlosen" Gutachter den Buchwert der CameraWork AG und den Aktienkurs künstlich in eine unrealistische Höhe getrieben hat. Diese Erörterung berührt ersichtlich die Interessen von Geldanlegern und damit eine Frage von wesentlichem Interesse für die Öffentlichkeit. Auch wenn aus dem Kontext des Artikels eine Kritik am Kläger hervorgeht, kann diese nicht allein wegen der Bezeichnung des bewertenden Sachverständigen als namenlos als eine unzulässige Schmähung des Klägers angesehen werden, zumal dieser insoweit nur mittelbar betroffen ist und nicht etwa persönlich diffamiert wird. Soweit Kritik an seiner geschäftlichen Tätigkeit geübt wird, müsste diese ohnehin nach den Grund- sätzen beurteilt werden, die von der Rechtsprechung für die grundsätzlich zulässige Kritik an gewerblichen bzw. geschäftlichen Leistungen aufgestellt worden sind (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 25. November 1986 - VI ZR 269/85 - VersR 1987, 184, 185 und vom 29. Januar 2002, - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vgl. auch BVerfGE 99, 185, 196 f. = NJW 1999, 1322, 1324).
17
e) Ist mithin die Einstufung der beanstandeten Äußerung als schlechthin unzulässige Schmähkritik verfehlt, so bedarf es einer umfassenden Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit, bei der auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen ist. Nach Lage des Falles kann der erkennende Senat diese Abwägung selbst vornehmen, weil hierfür keine weiteren tatsächlichen Feststellungen erforderlich sind.
18
aa) Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen dieser Abwägung eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (vgl. BVerfGE 85, 1, 17, 20 f.; 90, 241, 248 f.; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - Rn. 12, juris). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zu Grunde liegt, regelmäßig bei der Abwägung ins Gewicht (vgl. BVerfGE 94, 1, 8; BVerfG, NJW 2008, 358, 359; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 1856, 1857; NJW 2004, 277, 278; NJW-RR 2006, 1130, 1131; Senatsurteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - aaO). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wer- tung in den Hintergrund tritt (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 45, 296, 304; 139, 95, 103; vom 30. Mai 1974 - VI ZR 174/72 - MDR 1974, 921). Wenn sich einer Äußerung die Behauptung einer konkret greifbaren Tatsache nicht entnehmen lässt und sie ein bloß pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (vgl. BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfGK 3, 337, 344; BVerfG, NJW-RR 2001, 411).
19
bb) So liegt es hier: Die Bezeichnung des Gutachters als "namenlos" ist entscheidend von dem Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt, insbesondere soweit damit der Sachverständige als unbedeutend bezeichnet wird (vgl. auch Senatsurteil vom 11. Mai 1965 - VI ZR 16/64 - NJW 1965, 1476 zur Bezeichnung eines Verlegers als "glanzlose Existenz"). Auch soweit diese Bezeichnung zugleich die Behauptung enthält, es handle sich bei dem vom Kläger herangezogenen um einen auf dem betroffenen Gebiet der Fotokunst und auch in Fachkreisen nicht oder kaum bekannten Gutachter, stuft sie in erster Linie diesen und nicht den Kläger negativ ein. Die beanstandete Äußerung als solche ist mithin - bezogen auf den Kläger - substanzarm und kann, was die Beurteilung ihrer Zulässigkeit anbelangt, nur im Gesamtkontext des Artikels betrachtet werden. Gerade zur Ermittlung des Gewichts des tatsächlichen Gehalts, den sie aufweist, darf sie nicht aus dem Text des Artikels herausgegriffen und einer isolierten Betrachtung unterstellt werden (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842 f.). In dem beanstandeten Artikel steht aber nicht die Person des Sachverständigen im Vordergrund, sondern die in einem Wirtschaftsblatt geäußerte Kritik an einer vom Kläger initiierten bilanziellen Transaktion, bei der aus einer ursprünglich für 100.000 € eingebrachten Fotosammlung nach einer - seitens der Beklagten als zweifelhaft erachteten - gutachterlichen Bewertung plötzlich ein Buchwert von 60 Mio. € entstanden ist, verbunden mit einer enormen Steigerung des Aktienkurses. Diese Kritik wird in der Folge - unabhängig von der Person des Gutachters - sachlich erläutert durch die bestehende Enge des für die Fotosammlung in Betracht kommenden Käuferkreises und die Tatsache, dass der Aktienkurs in den zurückliegenden Tagen um 25 % wieder nach unten gegangen sei. In diesem Gesamtzusammenhang stellt die Abwertung des Gutachters als "namenlos" ganz überwiegend lediglich eine zusätzliche Kritik einer aus Sicht des Verfassers fragwürdigen und zweifelhaften Transaktion dar, für die der Kläger die Verantwortung trug. Jedenfalls hinsichtlich ihrer das Persönlichkeitsrecht des Klägers betreffenden Wirkung fällt sie im Rahmen der Abwägung gegenüber dem Grundrecht der Meinungsfreiheit der Beklagten nicht entscheidend ins Gewicht. Das in der Äußerung enthaltene Element einer sachlichen Kritik mit anlegerschützender Zielrichtung überwiegt den tatsächlichen Gehalt der Äußerung hinsichtlich der Person des Gutachters so weitgehend, dass letzterer zurücktritt, zumal nach dem eigenen Vorbringen des Klägers letztlich unklar bleibt, wer in welchem Umfang gutachterlich tätig geworden ist.
20
Eine solche Kritik ist vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äußerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.
21
2. Ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG des Klägers wegen der Behauptung , er habe für die CameraWork AG auf einer Vernissage "bei Jil Sander in Hamburg" Werbung gemacht, steht dem Kläger unter Zugrundelegung seines eigenen Sachvortrags bereits aus Rechtsgründen nicht zu.
22
a) Nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach mit der Äußerung behauptet werde, es habe die beschriebene Vernissage in Räumen stattgefunden , die zu dieser Zeit im Eigentum oder im Besitz von Jil Sander oder einem ihr gehörenden Unternehmen standen. Diese einem Beweis zugängliche und deshalb als Tatsachenbehauptung einzustufende Aussage ist unwahr, weil die Vernissage unstreitig in Räumen stattfand, die zu dieser Zeit bereits in Eigentum und Besitz der CameraWork AG standen und lediglich früher einmal (bis 1998) Jil Sander gehört hatten.
23
b) Die beanstandete Äußerung verletzt den Kläger jedoch nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
24
aa) Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für einen Unterlassungsanspruch darauf an, ob in der Äußerung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers liegt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - VersR 2006, 273). Maßgeblich ist dabei, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem - von ihm selbst definierten (vgl. BVerfGE 54, 148, 155 f.) - sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - aaO). Zur Abwehr von Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen einer Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken, schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (vgl. BVerfGE 97, 125, 149; 97, 391, 403; 99, 185, 193 f.; 114, 339, 346; BVerfG, NJW 2008, 39, 41; OLG Köln, NJW-RR 2006, 126).
25
bb) Eine solche Bedeutung kommt der angegriffenen Äußerung jedoch nicht zu. Die Behauptung, eine Vernissage habe "bei Jil Sander" stattgefunden, betrifft weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie eine erkennbare Ehrenkränkung oder Herabsetzung des Klägers. Auch dessen Verfügungsrecht über die eigene Person ist nicht betroffen (hierzu BVerfG NJW 1973, 1226). Die Auffassung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des im gewerblichen Bereich tätigen Klägers liege schon darin, dass die Behauptung zu Assoziationen oder Spekulationen der Leser führe, weswegen die Werbeveranstaltung nicht in eigenen Räumen des Klägers oder gerade bei Jil Sander durchgeführt worden sei, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere erschließt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von selbst, weshalb der Hinweis auf Jil Sander als Veranstalter oder Schauplatz einer Vernissage geeignet sein könnte, das persönliche oder geschäftliche Ansehen des Klägers zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Landgerichts.
26
Da bei dieser Sachlage auch zu diesem Punkt keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, konnte der Senat selbst entscheiden und die Klage insgesamt auf die Rechtsmittel der Beklagten abweisen.

III.

27
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 28.04.2006 - 324 O 442/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.08.2006 - 7 U 66/06 -

Tenor

Die Urteile des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 25. August 2010 - 5 U 241/10-44 und 5 U 251/10-45 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit das Oberlandesgericht die Klage der Beschwerdeführer auf Unterlassung folgender Äußerungen ab- und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückwies:

- Die Beschwerdeführer gehörten einer Seilschaft für Fördermittelveruntreuung an,

- die Beschwerdeführer beabsichtigten, in Ü. ein neues El Dorado für Geldwäsche entstehen zu lassen,

- das A., deren Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin zu 1) sei, diene vor allem "der Propaganda und der Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern",

- die B. in Ü., deren Geschäftsführerin ebenfalls die Beschwerdeführerin zu 1) sei, sei "wichtig zur Wäsche von Steuergeldern in einem unübersichtlichen Gewirr von Firmen".

Die Entscheidungen werden insoweit aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zivilgerichtliche Urteile, die den Beschwerdeführern einen Anspruch auf Unterlassung bestimmter Äußerungen versagen. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).

2

1. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: der Beklagte) erstellte eine Broschüre mit dem Titel "Organisierte Unverantwortlichkeit - Reader zum Filz zwischen Konzernen, staatlicher Kontrolle, Wirtschaftsförderung und Lobbying deutscher Gentechnik". In ihr wendet er sich gegen gentechnisch veränderte Agrarprodukte und berichtet über enge personelle Verflechtungen zwischen staatlichen Aufsichtsbehörden, Agrarindustrie und landwirtschaftlicher Forschung. Die Broschüre ist auch im Internet abrufbar.

3

Die Beschwerdeführerin zu 1) ist Geschäftsführerin zweier Unternehmen, die sich der Erforschung und Nutzung sogenannter "Grüner Gentechnik" verschrieben haben. Das eine, die Firma "A.", führt in G. (M.) Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen durch. Das andere, die Firma "B.", betreibt in Ü. (S.) weitere Versuchsflächen und einen Schaugarten, in dem neu entwickelte Pflanzen vorgeführt werden.

4

Der Beschwerdeführer zu 2) war von 2002 bis 2006 und von 2008 bis zur Landtagswahl 2011 Abgeordneter im Landtag von S. Er engagiert sich als Vorsitzender des I. e.V. G. für die Verbreitung der "Grünen Gentechnik". Zu den Mitgliedern dieses Vereins zählen auch Wissenschaftler des L.

5

Die Broschüre des Beklagten nennt die Beschwerdeführer im Fließtext an mehreren Stellen namentlich und an zwei Stellen unter Beifügung von Fotos als Teil des von ihm beschriebenen "Filzes". In Bezug auf diese Broschüre begehrten die Beschwerdeführer die Unterlassung folgender oder sinngemäßer zehn Äußerungen:

6

a. Die Beschwerdeführer beabsichtigten "Steuermittel in eine Zentrale für Gentechnikpropaganda und undurchsichtige Firmengeflechte zu verschieben",

7

b. die Beschwerdeführer gehörten einer Seilschaft für Fördermittelveruntreuung an,

8

c. die Beschwerdeführer beabsichtigten, in Ü. ein neues El Dorado für Geldwäsche entstehen zu lassen,

9

d. die Beschwerdeführer seien rücksichtslos und profitorientiert,

10

e. die Beschwerdeführer sackten für ihre dubiosen Firmenkonstrukte umfangreiche Firmen- und Steuergelder ein,

11

f. die Beschwerdeführer seien Angehörige einer Gentechnikmafia,

12

g. das A., deren Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin zu 1) sei, diene vor allem "der Propaganda und der Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern",

13

h. die B. in Ü., deren Geschäftsführerin ebenfalls die Beschwerdeführerin zu 1) sei, sei "wichtig zur Wäsche von Steuergeldern in einem unübersichtlichen Gewirr von Firmen",

14

i. der Beschwerdeführer zu 2) sei der "Macher aus dem I.-Filz in G.",

15

j. der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten "gekauft".

16

2. Das Landgericht Saarbrücken untersagte dem Beklagten, die genannten oder sinngemäße Äußerungen aufzustellen und zu verbreiten. Es führte jeweils zur Begründung an, dass die fraglichen Äußerungen teils Tatsachenbehauptungen beinhalteten, deren Wahrheit vom Beklagten nicht nachgewiesen worden sei, und teils die Grenze zur Schmähkritik überschritten.

17

3. Auf Berufung des Beklagten änderte das Oberlandesgericht mit den angegriffenen Entscheidungen die Urteile des Landgerichts und wies die Klage ab.

18

Die Bezeichnung des Beschwerdeführers zu 2) als "Macher" sei nicht herabwürdigend. Folglich läge diesbezüglich bereits kein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor. Hinsichtlich der übrigen Äußerungen genieße die Meinungsfreiheit Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer. Einzig der Vorwurf, der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten gekauft, sei als Tatsachenbehauptung zu qualifizieren. Die übrigen Aussagen stellten sich schwerpunktmäßig als Meinungsäußerungen dar, die aufgrund ihres wertenden Charakters einer Prüfung auf Richtigkeit oder Wahrheit nicht unmittelbar zugänglich seien. Zwar beinhalteten die fraglichen Äußerungen auch tatsächliche Elemente. Diese seien jedoch derart eng mit den wertenden Aussagen verbunden, dass sie nicht aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet werden dürften. Andernfalls würde das Grundrecht auf Meinungsfreiheit unzulässig verkürzt. Im Übrigen sei die Richtigkeit einer Reihe solcher verbundener Tatsachenbehauptungen gar nicht in Zweifel gezogen worden. Insbesondere hätten die Beschwerdeführer weder ihr verantwortliches Mit- und Zusammenwirken bei mehreren Projekten des Einsatzes von Gentechnik in der Agrarwirtschaft noch die vom Beklagten geschilderten Einzelheiten bezüglich Förder- und Forschungsmitteln, die im Zusammenhang mit diesen Projekten geflossen seien, bestritten. Soweit der Beklagte den Beschwerdeführern eine "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern", eine "Verschiebung von Steuermitteln in undurchsichtige Firmengeflechte" und "Geldwäsche" vorwerfe, sei dies eine Schlussfolgerung aus der Schilderung der unternehmerischen Tätigkeit der Beschwerdeführer und der Praxis bei der Vergabe von Förder- und Forschungsmitteln. Diese qualifiziere er als Verdachtsmomente für eine sachlich nicht gerechtfertigte Inanspruchnahme von Steuergeldern. Der juristisch nicht versierte Beklagte habe indes erkennbar nicht die Absicht gehabt, den Beschwerdeführern die Verwirklichung der Straftatbestände der §§ 261, 266 StGB zu unterstellen.

19

Die genannten Meinungsäußerungen seien zwar fraglos geeignet, die Beschwerdeführer in ihrer beruflichen Ehre zu beeinträchtigen. Sie überschritten indes noch nicht die Grenze zur Schmähkritik. Auch handele es sich weder um Formalbeleidigungen noch um einen Angriff auf die Menschenwürde der Beschwerdeführer.

20

In der Abwägung der Meinungsfreiheit mit den Persönlichkeitsrechten der Beschwerdeführer genieße erstere hier den Vorrang. Insbesondere Formulierungen wie "Gentechnikmafia" und "Seilschaften bei Fördermittelveruntreuung" seien zwar massive Beeinträchtigungen der persönlichen Ehre. Die Beschwerdeführer seien jedoch nicht in erster Linie als Privatpersonen sondern als Unternehmer, die in dieser Eigenschaft auch öffentliche Gelder in Anspruch nähmen, betroffen. Deshalb - aber auch weil der Einsatz von Gentechnik in der Agrarwirtschaft von besonderem öffentlichen und gesellschaftspolitischen Interesse sei - müssten die Beschwerdeführer in einer öffentlichen Auseinandersetzung scharfe Kritik hinnehmen. Selbst drastische Vergleiche ("Gentechnikmafia") oder ironisch-sarkastische Formulierungen ("El Dorado für Geldwäsche") seien hier zulässig, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Der Beklagte hätte auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit weniger scharfe oder sachlichere Formulierungen wählen müssen. In der Diskussion um ein Thema von öffentlichem Interesse müsse es erlaubt sein, sich derart Gehör zu verschaffen, dass der eigene Standpunkt möglichst wirksam vertreten würde.

21

Die Äußerung, der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten "gekauft", sei hingegen eine Tatsachenbehauptung, die dieser nicht bewiesen habe. Der Beweis obliege hier entgegen der generellen Beweislastregel des § 186 StGB ausnahmsweise dem Beschwerdeführer zu 2). Denn der Beklagte nehme berechtigte Interessen des Umwelt- und Verbraucherschutzes wahr. Hierbei sei er auch mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen. Er habe sich nicht nur auf seine eigene unbestrittene Wahrnehmung gestützt, sondern eidesstattliche Versicherungen Dritter vorgelegt, die eine Bezahlung von Demonstranten durch den Beschwerdeführer zu 2) bestätigten.

22

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

23

a) Bei den Behauptungen des Beklagten, das "A." diene der "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern" und die Beschwerdeführer beabsichtigten, "weiter Steuermittel in eine Zentrale für Gentechnikpropaganda und undurchsichtige Firmengeflechte zu verschieben" handele es sich um Tatsachenbehauptungen, zumindest aber um Äußerungen mit einem tatsächlichen Kern, die unwahr seien und somit den Tatbestand des § 186 StGB erfüllten. Auch die Behauptung, die Beschwerdeführer sackten als Beteiligte der "B." "für ihre dubiosen Firmenkonstrukte umfangreiche Firmen- und Steuergelder ein", enthalte eine Tatsachenbehauptung, die unzutreffend sei.

24

b) Bei den übrigen Äußerungen handele es sich um unzulässige Schmähkritik. Im Vordergrund stehe nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Beschwerdeführer. Die Begriffe "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern", "Fördermittelveruntreuung", "Wäsche von Steuergeldern", "neues El Dorado für Gentechnik und Geldwäsche", "rücksichtslos und profitorientiert", "Einsacken umfangreicher Firmen- und Steuergelder für dubiose Firmenkonstrukte" sowie "Machtübernahme der Gentechnikmafia" richteten sich nicht gegen die Gentechnik als solche, sondern gegen die Personen der Beschwerdeführer.

25

c) Mit Blick auf den Vorwurf, der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten "gekauft", läge der vom Oberlandesgericht vorgenommenen Beweislastumkehr bei § 186 StGB eine unhaltbare Auslegung des Art. 5 Abs. 1 GG zugrunde.

26

5. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens hat sich zu der Verfassungsbeschwerde geäußert. Die Justizbehörde der Regierung des Saarlandes hat keine Stellungnahme abgegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

27

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG teilweise zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

28

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG teilweise offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit sie Äußerungen zulassen, in denen gegen die Beschwerdeführer der Vorwurf der Geldwäsche und der Veruntreuung von Fördermitteln und Steuergeldern erhoben wird.

29

1. Die Entscheidungen berühren den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführer.

30

Das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die im Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen (vgl. BVerfGE 54, 148 <153>). Hierzu gehört der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339 <346> m.w.N.). Soweit gerichtliche Entscheidungen persönlichkeitsrelevante Aussagen zulassen, gegen die sich der Betroffene mit der Begründung wehrt, sie seien falsch, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht berührt (vgl. BVerfGE 114, 339 <346 f.>). Die vier Äußerungen b, c, g, h, die Beschwerdeführer würden Gelder "waschen", Steuer- und Fördergelder veruntreuen und seien Teil eines "El Dorados für Geldwäsche" sind geeignet, das soziale und politische Ansehen der Beschwerdeführer zu schmälern, wie das Oberlandesgericht selbst zutreffend herausstellt. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts berühren daher deren allgemeines Persönlichkeitsrecht.

31

2. Durch die Urteile des Oberlandesgerichts wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer teilweise verletzt. Soweit das Oberlandesgericht die gegenüber den Beschwerdeführern nachteiligen vier Äußerungen b, c, g, h nicht beanstandet, hält sich dies nicht mehr im fachgerichtlichen Wertungsrahmen.

32

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann zivilrechtlich grundsätzlich durch einen Anspruch auf Unterlassung beeinträchtigender Äußerungen gemäß § 1004 Abs. 1 und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 186 StGB durchgesetzt werden. Die Belange der Meinungsfreiheit finden hierbei vor allem in § 193 StGB Ausdruck, der bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Verurteilung wegen ehrverletzender Äußerungen ausschließt und - vermittelt über § 823 Abs. 2 BGB, sonst seinem Rechtsgedanken nach - auch im Zivilrecht zur Anwendung kommt (vgl. BVerfGE 114, 339 <347>). Diese Vorschriften tragen dem Umstand Rechnung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht vorbehaltlos gewährleistet ist. Nach Art. 2 Abs. 1 GG wird es durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechten gehört auch die Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Auch diese ist nicht vorbehaltlos garantiert. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und in dem Recht der persönlichen Ehre.

33

Bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften müssen die zuständigen Gerichte die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 ff.>; 85, 1 <13>; stRspr). In Fällen der vorliegenden Art ist eine Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits vorzunehmen. Das Ergebnis dieser Abwägung lässt sich wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls nicht generell und abstrakt vorausbestimmen. Doch hat das Bundesverfassungsgericht eine Reihe von Kriterien entwickelt, die bei der Abwägung maßgeblich sind. Dabei spielt auch der Unterschied zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen eine Rolle. Insbesondere fällt bei Tatsachenbehauptungen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht, der für reine Werturteile irrelevant ist. An der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 94, 1 <8>). Wahre Aussagen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. BVerfGE 99, 185 <196>).

34

Anders als Werturteile sind Tatsachenbehauptungen grundsätzlich dem Beweis zugänglich (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>; 94, 1 <8>). Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfGE 90, 241 <248 f.>; 94, 1 <8>).

35

Die Einstufung einer Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung durch die Fachgerichte wird wegen ihrer Bedeutung für den Schutzumfang des Grundrechts sowie für die Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern vom Bundesverfassungsgericht nachgeprüft (vgl. BVerfGE 82, 272 <281>; 94, 1 <8 f.>). Es hat dabei allerdings nur die Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen zu gewährleisten. Dagegen ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den jeweiligen Rechtsstreit, der trotz des grundrechtlichen Einflusses seine Eigenart als Zivil- oder Strafverfahren nicht verliert, selbst zu entscheiden (vgl. BVerfGE 94, 1 <9 f.>).

36

b) Die angegriffenen Urteile werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vollumfänglich gerecht. Das Oberlandesgericht geht zwar von den verfassungsrechtlichen Maßstäben aus und legt sie zugrunde. Es setzt sich differenziert mit den zehn angegriffenen Äußerungen auseinander und analysiert sie in Bezug auf ihre Qualifizierung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung, ordnet sie überwiegend als Meinungsäußerungen ein, verneint das Vorliegen von Schmähkritik und wägt schließlich die Meinungsfreiheit des Beklagten gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer ab.

37

aa) Hinsichtlich der Äußerungen a, d, e, f, i und j hält sich diese Abwägung im fachgerichtlichen Wertungsrahmen und wird die Verfassungsbeschwerde nicht angenommen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

38

bb) Zu beanstanden ist demgegenüber die Abwägung hinsichtlich der Äußerungen b, c, g und h.

39

(1) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dabei allerdings, dass das Oberlandesgericht die vier Äußerungen insgesamt als Meinungsäußerungen einordnet. Zutreffend erkennt das Oberlandesgericht, dass die Äußerungen zwar auch tatsächliche Elemente beinhalten, diese jedoch derart eng mit den wertenden Aussagen verbunden sind, dass sie nicht aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet werden dürfen.

40

(2) Zutreffend wertet das Oberlandesgericht die beanstandeten Äußerungen auch nicht als Schmähkritik. Zwar mögen die Äußerungen wegen ihrer groben Polemik in einem umgangssprachlichen Sinne als Schmähungen bezeichnet werden. Verfassungsrechtlich jedoch ist die Schmähung eng definiert. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>). Eine Schmähkritik ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 <284>). Dies ist hier nicht ersichtlich. Dem Beklagten geht es um die Auseinandersetzung in Bezug auf ein Sachthema. Ihm geht es darum, auf die aus seiner Sicht bestehenden Gefahren der Gentechnik in der Agrarwirtschaft aufmerksam zu machen. Der Beklagte kritisiert die Beschwerdeführer in ihrer Eigenschaft als Unternehmer, die öffentliche Gelder zur Erforschung und Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen empfangen oder empfangen haben und sich für eine Verbreitung der "Grünen Gentechnik" einsetzen. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführer im Fließtext der 31-seitigen Broschüre neben anderen erwähnt werden, zwar an mehreren Stellen und mit Fotos, jedoch nicht derart, dass eine Diffamierung ihrer Personen im Vordergrund stünde.

41

(3) Das Oberlandesgericht überschreitet jedoch den fachgerichtlichen Wertungsrahmen, indem es hinsichtlich dieser vier Äußerungen die Meinungsfreiheit überwiegen lässt. Es übersieht dabei, dass die Äußerungen insoweit einen Tatsachenkern haben, auf dessen Erweislichkeit seitens des Äußernden es maßgeblich ankommt.

42

Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266 <295>). Zwar legt das Oberlandesgericht in nicht zu beanstandender Weise dar, dass von einem durchschnittlichen Leser unter "Geldwäsche" und "Veruntreuung" nicht die Verwirkung rechtlich präzise bestimmter Straftatbestände verstanden werden muss. Jedoch entnimmt der Durchschnittsleser diesen Äußerungen zumindest, dass die Mittelverwendung in irgendeiner Weise rechtswidrig, wenn nicht sogar strafbar ist.

43

Indem das Oberlandesgericht der Frage der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts der vier Äußerungen nicht hinreichend nachgegangen ist, hat es verkannt, dass die Beantwortung dieser Frage Einfluss auf den Abwägungsvorgang hat und kam deshalb zu einem fehlerhaften Abwägungsergebnis.

44

3. Die Entscheidungen beruhen auf dem aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehler und sind insoweit aufzuheben. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird.

45

4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer beruht auf § 34a Abs. 2, 3 BVerfGG.

46

5. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

Tenor

Das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 1. März 2011 - 18 U 2992/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.

...

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen ein zivilgerichtliches Urteil, durch das dem Beschwerdeführer eine Äußerung untersagt wird. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seines Grundrechts auf Meinungsfreiheit.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer und Beklagte des Ausgangsverfahrens besteht aus etwa 40 Mitgliedern und verteilt in unregelmäßigen Abständen per E-mail, auch an ca. 40 Nicht-Mitglieder, das Mitgliedermagazin "Tacheles". Das Magazin ist überschrieben mit den Worten: "Tacheles reden: Direkt die unverblümte Wahrheit sagen, jemandem ohne Zurückhaltung ungeschminkt die Meinung sagen."

3

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Focus Magazin Verlag GmbH, veröffentlichte in der Ausgabe 22/2009 vom 25. Mai 2009 des von ihr verlegten Magazins "Focus" eine Titelgeschichte zum Thema Implantologie. Auf dem Titelblatt hieß es: "Große Focus-Ärzteliste - 115 empfohlene Spezialisten". In dem Artikel war diese Liste abgedruckt, die unter anderem den Zahnarzt B. aus K. enthielt, der auch Vizepräsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer ist. Die Liste war Ergebnis einer Recherche, bei der unter anderem ein an Zahnärzte verschickter Fragebogen verwandt wurde. In dem Fragebogen wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass im Rahmen einer neuen Firmenkooperation mit dem Gesundheitsportal www.jameda.de auch angeboten werden könne, die Leistungen der Zahnärzte auf Wunsch patientengerecht im Internet zu präsentieren.

4

In dem Focus-Artikel heißt es auf Seite 66:

5

Rund 7000 Implantologen hat Focus in Zusammenarbeit mit der deutschen Gesellschaft für Implantologie, der deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Implantologie, der deutschen Gesellschaft für orale Implantologie, dem Berufsverband deutscher Oralchirurgen, dem Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa, sowie der Bundeszahnärztekammer angeschrieben. Redakteure ermittelten aus den über 6400 Empfehlungen anhand von Interviews und der Angaben aus den wissenschaftlichen Fragebögen die bundesweiten Top-Ärzte für Implantologie unter den Zahnärzten, Oralchirurgen und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen.

6

Die Ausgabe 3/09 vom 24. Juni 2009 des Mitgliedermagazins "Tacheles" beschäftigt sich mit dieser Focus-Ärzteliste. Unter anderem heißt es dort:

7

BLZK-Vize [Bayerische Landeszahnärztekammer] in Werbeaffäre verstrickt

8

Der Vizepräsident der BLZK, seines Zeichens auch Vorsitzender eines Implantologen-Verbandes, steht auf einer Focus-Liste der 115 angeblich besten Implantologen Deutschlands. Die Redaktion rief wohl im Vorfeld bei vielen Zahnärzten an und bot einen Platz auf dieser Liste - unter welchen Voraussetzungen auch immer - an. Der BLZK-Vize behauptet, dass seine Teilnahme an der ganzen Aktion im Vorfeld mit der BZÄK  [Bundeszahnärztekammer] abgesprochen gewesen sei. Dem widerspricht nun der Präsident der BLZK: "…die BZÄK hat damit nichts zu tun, außer, dass sie dem Focus bestimmte "Berufsbezeichnungen" und Begriffe erklärt hat, bzw. auf einschlägige Internetseiten verwiesen hat. Dabei war der BZÄK nicht bekannt, dass der Focus den jetzt veröffentlichten Artikel plant". … Wir meinen: ein hochrangiger Standesvertreter, der seine eigenen wirtschaftlichen Interessen und die Interessen seines Fachverbandes vor das Wohl der von ihm vertretenen bayerischen Zahnärzte stellt, sollte zum Rücktritt aufgefordert werden.

9

Die Klägerin ist der Auffassung, dieser Artikel behaupte, dass Voraussetzung für die Aufnahme in die Ärzteliste eine entgeltliche Leistung gewesen sei. Eine derartige Behauptung verletze sie in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht. Sie begehrt Unterlassung der Äußerung:

10

Die Redaktion rief wohl im Vorfeld bei vielen Zahnärzten an und bot einen Platz auf dieser Liste - unter welchen Voraussetzungen auch immer - an.

11

2. Das Landgericht Passau wies die Klage ab. Es qualifiziert die Äußerung im Gesamtzusammenhang als Meinungsäußerung. Eine konkrete Aussage, dass die Aufnahme in die Ärzteliste nur entgeltlich erfolge, lasse sich aus der angegriffenen Passage nicht herauslesen. Durch die sich aus dem Fragebogen ergebende Verquickung von redaktioneller Arbeit mit mittelbar verfolgtem wirtschaftlichem Interesse einer Beteiligungsgesellschaft sei die Äußerung des Beklagten von der Meinungsfreiheit gedeckt.

12

3. Auf die Berufung der Klägerin hob das Oberlandesgericht das Urteil mit angegriffenem Urteil auf und verurteilte den Beschwerdeführer zur Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung. Es qualifiziert die Äußerung als Tatsachenbehauptung, deren Wahrheit der beweisbelastete Beschwerdeführer nicht bewiesen habe. Die Äußerung verunglimpfe die Klägerin, so dass sie in ihrem "allgemeinen Persönlichkeitsrecht" verletzt sei. Die Äußerung sei "ins Blaue hinein" getätigt. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB berufen, weil er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht habe davon ausgehen können, dass die Behauptung richtig gewesen sei. Denn nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers hätten seine Recherchen ergeben, dass die telefonischen Angebote nicht von der Klägerin ausgegangen seien, sondern von einer beauftragten Vermittlungsagentur.

13

Das Oberlandesgericht ließ die Revision nicht zu und setzte den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.000 € fest.

14

4. In seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts auf Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Das Oberlandesgericht habe die Textpassage zu Unrecht als Tatsachenbehauptung eingeordnet. Dass es sich vielmehr um eine Meinungsäußerung handele, ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang. Das Oberlandesgericht interpretiere hier eine völlig harmlose Textpassage in einem Mitgliederforum, das gerade einmal an 40 bis 80 Personen versandt werde, und in dem es üblich sei, Meinungen auszutauschen beziehungsweise Kritik zu üben, als "Angriff auf die Integrität" der Klägerin.

15

5. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat sich zu der Verfassungsbeschwerde geäußert und hält sie für unbegründet. Die Bayerische Staatsregierung hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

16

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

17

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

18

1. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, ohne ausdrücklich zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung zu unterscheiden (vgl. BVerfGE 85, 23 <31>). Tatsachenbehauptungen werden durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit charakterisiert (vgl. BVerfGE 94, 1 <8>) und sind der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich. Meinungen sind im Unterschied zu Tatsachenbehauptungen durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt (vgl. BVerfGE 85, 1 <14>).

19

Die Behauptung einer Tatsache fällt in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen ist (vgl. BVerfGE 94, 1 <7>). Daher endet der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Das Bundesverfassungsgericht geht deswegen davon aus, dass die erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptung nicht vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst wird. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfGE 94, 1 <8>). Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft wird mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind (vgl. BVerfGE 85, 1 <14>).

20

Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat (vgl. BVerfGE 93, 266 <295 f.>). Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt. Die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine tragfähige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BVerfGE 54, 129 <137>; 93, 266 <295>; 94, 1 <9>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Mai 2009 - 1 BvR 2272/04 -, NJW 2009, S. 3016 - "durchgeknallter Staatsanwalt").

21

Die Einstufung einer Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung durch die Fachgerichte wird wegen ihrer Bedeutung für den Schutzumfang des Grundrechts sowie für die Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern vom Bundesverfassungsgericht nachgeprüft (vgl. BVerfGE 94, 1 <8 f.>).

22

2. Gemessen hieran begegnet es durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Oberlandesgericht die streitgegenständliche Textpassage aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausfallen lassen hat.

23

Das Oberlandesgericht verengt seine Urteilsbegründung auf die Frage des Wahrheitsgehalts der Aussage, ob die Redaktion des "Focus" selbst oder aber eine Vermittlungsagentur bei Zahnärzten angerufen habe. Dies betrifft zwar isoliert eine Tatsachenfrage, die dem Beweis zugänglich ist. Jedoch wird diese Fokussierung auf die Frage, wer genau angerufen hat, dem Rechtstreit nicht gerecht. Denn Gegenstand des von der Klägerin geführten Verfahrens ist nach ihrem den Streitgegenstand bestimmenden Antrag die Frage, ob sie dadurch in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt wird, dass der Beschwerdeführer behauptet, sie habe die Listenplätze entgeltlich angeboten. Insoweit aber hätte es ausgehend von der in Streit stehenden Äußerung einer genaueren Deutungsanalyse bedurft, deren Anforderungen die angegriffene Entscheidung nicht erfüllt. Das Oberlandesgericht hätte prüfen müssen, ob eine solche Aussage dem Text überhaupt zu entnehmen ist, und, falls dies der Fall ist, ob dem eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil zugrunde liegt. Es hätte sich auch mit der Gesamtaussage des Artikels (Kritik am Vizepräsidenten der Bayerischen Landeszahnärztekammer) beschäftigen und dabei das Anliegen des Magazins "Tacheles" (Bewertung von Sachverhalten mit Bezug zur Berufstätigkeit der Zahnärzteschaft) und die Intention der beanstandeten Äußerung (Kritik an der Zusammensetzung der Ärzteliste) berücksichtigen müssen. Es ist jedenfalls nicht aus sich heraus erkennbar, dass es für die Deutung der streitgegenständlichen Äußerung bei gebotener Gesamtsicht entscheidend auf den konkret Anrufenden ankommt. Sofern das Oberlandesgericht die Frage als maßgeblich ansieht, ob die Redaktion selbst oder aber eine Agentur die Anrufe getätigt hat, müsste es folglich darlegen, warum hieraus die von der Klägerin gerügte Aussage folgt und dies eine Verletzung deren Persönlichkeitsrechts begründet. Hierbei kommt ohnehin allenfalls eine Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts in Betracht. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist zu alledem jedoch nichts zu entnehmen.

24

3. Das besondere Gewicht der Grundrechtsverletzung ist durch die Verkennung des durch die Meinungsfreiheit gewährten Schutzes indiziert (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>).

25

4. Die angegriffene Entscheidung beruht auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird.

26

5. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

27

6. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit für die Verfassungsbeschwerdeverfahren beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 4/12 Verkündet am:
30. Oktober 2012
Böhringer-Mangold
Justizhauptinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens eines Beitrags in dem für Altmeldungen vorgesehenen
Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in dem über die Einleitung
eines Ermittlungsverfahrens gegen einen - namentlich benannten - Manager
eines bedeutenden Energieversorgers wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen
Versicherung berichtet wird.
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll,
die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 29. November 2011 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 12. August 2011 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden Berichterstattung über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in Anspruch.
2
Der Kläger ist "Direktor Finanzen und Controlling" der Gazprom Germania GmbH, der deutschen Tochter des russischen Gazprom-Konzerns. Das Unternehmen beschäftigt 520 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2009 einen Umsatz von 8 Milliarden Euro. In einer Präsentation zur Bilanzpressekonferenz 2008 wurde der Kläger auf der ersten Seite als "Direktor Finanzen" aufgeführt. Er ist auch im Internetauftritt der Gazprom Germania GmbH mit Foto und Lebenslauf vertreten. In dem Internetportal "XING" wird er als CFO der Gazprom Germania GmbH geführt.
3
Im September 1985 verpflichtete sich der Kläger in einer eigenhändig verfassten Erklärung, "im Ministerium für Staatssicherheit Dienst im militärischen Beruf zu leisten", alle seine "Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen, um die ehrenvollen Pflichten und Aufgaben eines Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit zu erfüllen" und "die dienstlichen Bestimmungen und Befehle des Ministers für Staatssicherheit und der anderen zuständigen Vorgesetzten einzuhalten und mit schöpferischer Initiative durchzuführen". Aufgrund dieser Verpflichtungserklärung war der Kläger von Ende 1985 bis Ende 1989 als "Offizier im besonderen Einsatz" für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, wofür er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Köln eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erklärte, "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen zu sein. In einer weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 4. Dezember 2007 schilderte er die Umstände der Kontaktaufnahme durch die Stasibehörde mit ihm sowie seine Tätigkeit für diese und erklärte erneut, zu keinem Zeitpunkt "hauptamtlich - also als angestellter Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" tätig gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Hierüber wurde in verschiedenen überregionalen Medien unter namentlicher Bezeichnung des Klägers berichtet. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren unter der Auflage, einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, gemäß § 153a StPO eingestellt. Der Kläger kam der Auflage nach.
4
Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort hält sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6. Mai 2008 datierten Artikel mit dem Titel "Gazprom-Manager im Visier der deutschen Justiz" zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Klägers über dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enthält einen "Nachtrag", in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2. Oktober 2008 gegen Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt wurde.
5
Der Kläger sieht in dem weiteren Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen , über das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG zustehe, weil das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Meldung im Zeitpunkt der Veröffentlichung rechtmäßig gewesen sei. Das dem Kläger zur Last gelegte Delikt berühre die Öffentlichkeit nur gering und sei der weniger schweren Kriminalität zuzurechnen. Individuelle Rechtsgüter anderer Personen seien durch die dem Kläger zur Last gelegte Tat nicht betroffen. Der Kläger, der in einem bedeutenden Unternehmen mit erheblichem Umsatz als Finanzmanager eine hohe Position einnehme, sei jenseits dieser beruflichen Tätigkeit in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Das vom Kläger begehrte Verbot betreffe auch nicht unmittelbar die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit , sondern wende sich ausschließlich gegen die Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung.
7
Diese Frage könne allerdings offenbleiben. Denn die Beklagte habe den Beitrag jedenfalls dann entfernen müssen, als ihr bekannt geworden sei, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Denn zu diesem Zeitpunkt habe die beanstandete Meldung ihre Aktualität verloren. Es habe festgestanden, dass nicht geklärt werden würde, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben worden sei. Die Einstellung des Verfahrens zeige, dass die Staatsanwaltschaft der Tat kein besonderes öffentliches Verfolgungsinteresse beigemessen habe. Damit habe sich auch das Berichterstattungsinteresse verringert. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Beklagte in einem Nachtrag über die Einstellung des Verfahrens berichtet habe. Zwar könne im Bereich der Berichterstattung in Printmedien ein Anspruch auf ergänzende Berichterstattung den Unterlassungsanspruch ausschließen. Dies gelte aber nicht, wenn im Internet Meldungen dauerhaft zum Abruf bereitgehalten würden. Die angegriffene Veröffentlichung stelle trotz des Nachtrags eine perpetuierende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in dem Sinne dar, dass dem Leser der Seite bekannt werde, dass das bezeichnete Ermittlungsverfahren gelaufen und gemäß § 153a StPO eingestellt worden sei. Jedenfalls nach der Abmah- nung durch den Kläger vom 7. Februar 2011 sei die Beklagte gehalten gewesen , den Beitrag zu löschen, soweit der Kläger als Person darin identifizierbar genannt werde. Zu diesem Zeitpunkt habe das dem Kläger zur Last gelegte mutmaßliche Delikt bereits mehr als drei Jahre zurückgelegen, das Ermittlungsverfahren sei bereits seit mehr als zwei Jahren eingestellt gewesen und einen aktuellen Anlass für eine Aufrechterhaltung der Berichterstattung habe es nicht gegeben. Das berechtigte Interesse des Klägers, mit der ihm zur Last gelegten Tat nicht weiter konfrontiert zu werden, überwiege das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Zwar sei die Mitteilung eines Verdachts für den Betroffenen weniger belastend als die Bekanntgabe einer strafrechtlichen Verurteilung. Auf der anderen Seite lege der Bericht dem Leser nahe, dass der Kläger die Tat begangen habe. Auch wenn es sich nur um eine abrufbar im Netz stehende Meldung handele, deren mangelnde Aktualität aus dem Erscheinungsdatum ersichtlich sei, stelle sie eine erhebliche Belastung dar, weil sie nicht nur weltweit dauerhaft abrufbar sei, sondern insbesondere mittels Suchmaschine von jedem, der sich für die Person des Klägers interessiere, ohne Umstände leicht aufgefunden werden könne. Nach der Abmahnung durch den Kläger sei es für die Beklagte zumutbar gewesen, die gesamte Veröffentlichung oder zumindest den Namen des Klägers und weitere diesen identifizierende Merkmale aus der Veröffentlichung zu entfernen.

II.

8
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
9
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass das Bereithalten der angegriffenen Meldung zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 202 f.; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 34; BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 36; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, K & R 2012, 187 Rn. 83, 96 - Axel Springer AG gegen Deutschland, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Beschuldigten identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO).
10
2. Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Men- schenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 35; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 89 ff., jeweils mwN).
11
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise verletzt wird. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
12
a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 37; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f.; AfP 2010, 365 Rn. 27 ff.; AfP 2012, 143 Rn. 36, 39, jeweils mwN). Danach darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 12; AfP 2012, 143 Rn. 39). Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien (BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 39; Wenzel /Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 10 Rn. 154). Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17).
13
Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen , dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft begründen ein anzuerkennendes Interesse an näherer Information über Tat und Täter (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VersR 2006, 274 Rn. 14; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 38; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 18; AfP 2010, 365 Rn. 32; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 96). Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss aber im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen. Danach ist die Identifizierung des Täters nicht immer zulässig; insbesondere in Fällen der Kleinkriminalität oder bei Jugendlichen wird dies regelmäßig nicht der Fall sein. Ein an sich geringeres Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über leichte Verfehlungen kann im Einzelfall aber aufgrund von Besonderheiten - etwa in der Person des Täters oder den Umständen der Tatbegehung - in einem Maße gesteigert sein, dass das Interesse des Täters an einem Schutz seiner Persönlichkeit dahinter zurückzutreten hat (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326; vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, aaO S. 207; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, aaO Rn. 13 ff.; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 20). Für die Abwägung bedeutsam ist auch, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als "Wachhund der Öffentlichkeit" wahrnimmt (vgl. BVerfGK 1, 285, 288; AfP 2006, 354, 356; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 79, 90).
14
Handelt es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese Vermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f.). Dementsprechend ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen auch die Gefahr in Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf "etwas hängenbleibt" (vgl. BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 46 Rn. 15; AfP 2009, 365 Rn. 20; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, aaO Rn. 96).
15
Mit zeitlicher Distanz zum Strafverfahren und nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gewinnt das Interesse des Betroffenen , von einer Reaktualisierung seiner (möglichen) Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 40; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters bzw. Beschuldigten. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit dem Abschluss des Strafverfahrens die gebotene Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen mit Blick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Eine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse ist damit jedoch nicht gemeint (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt dem Betroffenen keinen uneingeschränkten Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit seiner (möglichen) Verfehlung konfrontiert zu werden (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO, mwN).
16
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs vorliegend hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
17
aa) Die namentliche Bezeichnung des Klägers in dem streitgegenständlichen Beitrag war entgegen der vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung im Mai 2008 rechtmäßig. In dem Beitrag, den der Kläger nur hinsichtlich der ihn identifizierenden Angaben, nicht aber im Übrigen angreift, wird wahrheitsgemäß und sachlich ausgewogen über die Einleitung und die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger berichtet. Sowohl die frühere Tätigkeit des Klägers für das Ministerium für Staatssicherheit als auch Anlass und Inhalt der von ihm gegenüber dem Landgericht Köln abgegebenen eidesstattlichen Versicherung als auch die von dem Landgericht veranlasste Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft werden zutreffend dargestellt.
18
Zwar stand im Zeitpunkt der Berichterstattung nicht fest, ob der Kläger den Straftatbestand einer (vorsätzlichen oder fahrlässigen) falschen Versicherung an Eides Statt (§§ 156, 161 StGB) verwirklicht hatte. Ob seine Versicherung , er sei "niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit" gewesen, inhaltlich unrichtig war, hing von der Wertung ab, ob der Kläger aufgrund seiner Funktion als "Offizier im besonderen Einsatz" bzw. "Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit" als "hauptamtlicher Mitarbeiter" oder "Angestellter des Ministeriums für Staatssicherheit" zu qualifizieren war. Der Bericht über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt war jedenfalls nicht geeignet, den Kläger an den Pranger zu stellen, ihn zu stigmatisieren oder ihm in sonstiger Weise Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen (vgl. BVerfGE 82, 106, 114 f.; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 14).
19
Die durch die Berichterstattung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers stand auch im Übrigen nicht außer Verhältnis zur Bedeutung seines Verhaltens für die Öffentlichkeit. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, begründeten die besonderen Umstände der dem Kläger vorgeworfenen Straftat ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit , hinter dem das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten hat. Zwar kann der Straftatbestand der falschen Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB) nur dem Bereich der mittleren Kriminalität zugeordnet werden. Abgesehen davon, dass dieser Umstand nicht nur für das öffentliche Informationsinteresse von Relevanz ist, sondern zugleich die Bedeutung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung mindert (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; AfP 2012, 143 Rn. 41), darf bei der Gewichtung des Informationsinteresses entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht allein auf die Schwere der dem Kläger vorgeworfenen Straftat abgestellt werden (vgl. Se- natsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 30). Vielmehr sind auch die Besonderheiten des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts, insbesondere die Vorgeschichte des Ermittlungsverfahrens , die nunmehrige Funktion des Klägers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kläger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet.
20
Der Kläger bekleidet eine herausgehobene, mit erheblichem Einfluss verbundene Stellung in der Gazprom Germania GmbH - einem großen Wirtschaftsunternehmen , das aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland und der Diskussion um die Stasi-Vergangenheit seines deutschen Spitzenpersonals im Blickpunkt des öffentlichen Interesses steht. Anlass für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger war eine Berichterstattung im August 2007 über die Verbindungen der Führungskräfte der Gazprom Germania GmbH zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, begründet der Versuch des Finanzchefs eines im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Unternehmens, mit Hilfe einer möglicherweise falschen eidesstattlichen Versicherung gegenüber den Justizbehörden eine Berichterstattung über Art und Umfang seiner früheren Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit zu unterbinden und die Intensität seiner Einbindung in das Ministerium zu vertuschen , im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das sich auch auf das aus diesem Grund eingeleitete Ermittlungsverfahren erstreckt (vgl. BVerfGE 94, 351, 368; BVerfG, AfP 2000, 445, 448; Soehring, Presserecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 21 ff.).
21
Für das Bestehen eines erheblichen öffentlichen Interesses an einer Information über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger spricht auch der Umstand, dass hierüber nicht nur in der von der Beklagten verlegten Tageszeitung und dem von ihr betriebenen Internetportal, sondern auch in anderen überregionalen Medien berichtet wurde (vgl. BVerfG AfP 2010, 365 Rn. 30 mwN).
22
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das weitere Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf nicht durch die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO am 2. Oktober 2008 rechtswidrig geworden.
23
(1) Die Meldung entspricht nach wie vor der Wahrheit. Insbesondere hat sich die Darstellung der tatsächlichen Vorgänge, die zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens geführt hatten, nicht nachträglich als unrichtig erwiesen. Dem Umstand, dass die Veröffentlichung aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO unvollständig und deshalb unzutreffend erscheinen könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; OLG Düsseldorf, NJW 2011, 788, 789 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620), hat die Beklagte durch Beifügen eines Nachtrags Rechnung getragen, in dem auf die Einstellung des Verfahrens hingewiesen wird.
24
(2) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem weiteren Bereithalten der Meldung auch nicht die Unschuldsvermutung entgegen. Zwar wird diese Vermutung durch eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO nicht widerlegt. Mit der Einstellung wird keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm durch die Anklage vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht; das Gesetz verlangt lediglich das hypothetische Urteil, dass die Schuld des Täters nicht als zu schwer anzusehen wäre (BVerfGE 82, 106, 116 ff.; BVerfG, NJW 1991, 1530, 1531; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 153a Rn. 2, 7, jeweils mwN). Die Unschuldsvermutung schützt den Betroffenen aber nur vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, ohne dass ihm in dem gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahren strafrechtliche Schuld nachgewiesen worden ist (vgl. BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f., 117, 119 f.). Sie schließt dagegen nicht aus, dass eine Verdachtslage beschrieben und bewertet wird (vgl. BVerfGE 82, 106, 117; BVerfG, NJW 1991, 1530, 1532; StV 2008, 368, 369). Die Mitteilung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt war, wie bereits ausgeführt, nicht geeignet, dem Kläger Nachteile zuzufügen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkommen.
25
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Kläger auch nicht wie ein Freigesprochener zu behandeln. Der Beschuldigte wird durch eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO zwar nicht für schuldig befunden; er wird aber auch nicht in einer dem Freispruch vergleichbaren Weise rehabilitiert (vgl. BVerfGE 82, 106, 118; Meyer-Goßner, aaO Rn. 2, 7). Vielmehr setzt die Anwendung dieser Bestimmung einen hinreichenden Tatverdacht voraus (vgl. BVerfGE 82, 106, 118; Meyer-Goßner, aaO Rn. 7; Scheinfeld in FS Herzberg 2008, S. 843, 845, jeweils mwN). Vor diesem Hintergrund ist die untechnische Formulierung in dem Nachtrag, bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO sehe die Staatsanwaltschaft "trotz vermuteter Schuld" von der Erhebung der öffentlichen Klage ab, nicht zu beanstanden.
26
(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Meldung vom 6. Mai 2008 durch die Einstellung des Strafverfahrens am 2. Oktober 2008 auch nicht ihre Aktualität verloren. Die Revision wendet sich in diesem Zusammenhang mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft zeige, dass diese der Tat kein besonderes öffentliches Verfolgungsinteresse beigemessen habe, wodurch sich auch das Berichterstattungsinteresse verringert habe. Wie die Revision mit Recht beanstandet , wurde das Verfahren ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und von den Parteien inhaltlich nicht in Frage gestellten Meldung der Beklagten und dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift nicht durch die Staatsanwaltschaft, sondern erst - nach Erhebung der öffentlichen Klage - gemäß § 153a Abs. 2 StPO durch das Amtsgericht eingestellt (Az. 536 Ds 308/08). Das Berufungsgericht berücksichtigt auch nicht hinreichend, dass das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, sondern zu unterscheiden sind (vgl. Meyer-Goßner, aaO Rn. 13; Scheinfeld in FS Herzberg 2008, S. 843, 866). Die Beseitigung des Strafverfolgungsinteresses durch die Anordnung von Auflagen oder Weisungen gemäß § 153a StPO führt nicht automatisch dazu, dass ein bis zu diesem Zeitpunkt bestehendes gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an einer Information über den Strafvorwurf so weit herabgesetzt wird, dass es nunmehr hinter dem Interesse des Betroffenen an einem Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs zurückzutreten hätte.
27
cc) Eine Verpflichtung der Beklagten zur Entfernung der den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung vom 6. Mai 2008 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch weder durch das Abmahnschreiben des Klägers vom 7. Februar 2011 noch durch die gerichtliche Geltendmachung seines vermeintlichen Unterlassungsanspruchs begründet worden. Zwar lag das dem Kläger zur Last gelegte Delikt zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre zurück; das Ermittlungsverfahren war seit mehr als zwei Jahren abgeschlossen. Andererseits ist die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, nicht schwerwiegend; sie ist nicht geeignet, dem Kläger einen erheblichen Persönlichkeitsschaden zuzufügen. Denn sie entfaltet eine nur geringe Breitenwirkung. Eine Kenntnisnahme von ihrem Inhalt setzt eine gezielte Suche voraus. Die Meldung wird nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website zum Abruf bereitgehalten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 43, mwN; BVerfG AfP 2000, 445, 448; NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298 Rn. 20). Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist sie nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich und als Altmeldung erkennbar.
28
Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren; dieses Informationsinteresse erstreckt sich auch auf das gemäß § 153a StPO eingestellte Strafverfahren gegen den Kläger. Der Streitfall ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet , dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht allein durch die dem Kläger vorgeworfene Straftat, sondern durch den Zusammenhang, in dem sein Verhalten steht, und durch das Zusammenwirken verschiedener - unter aa) im Einzelnen aufgezeigter - Umstände begründet wird, die für die öffentliche Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft bis heute von wesentlicher Bedeutung sind. Die Meldung setzt sich kritisch mit der Reaktion des in herausgehobener Funktion für die Gazprom Germania GmbH tätigen Klägers auf die Aufdeckung seiner Stasi-Vergangenheit auseinander; sie leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit und damit zu einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage (vgl. BVerfG, AfP 2000, 445, 448). Die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ist noch nicht abgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Gazprom Germania GmbH und ihre russische Mutter aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland nach wie vor im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen.
29
Bei dieser Sachlage hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.08.2011 - 324 O 203/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.11.2011 - 7 U 80/11 -

Tenor

Die Urteile des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 25. August 2010 - 5 U 241/10-44 und 5 U 251/10-45 - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit das Oberlandesgericht die Klage der Beschwerdeführer auf Unterlassung folgender Äußerungen ab- und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückwies:

- Die Beschwerdeführer gehörten einer Seilschaft für Fördermittelveruntreuung an,

- die Beschwerdeführer beabsichtigten, in Ü. ein neues El Dorado für Geldwäsche entstehen zu lassen,

- das A., deren Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin zu 1) sei, diene vor allem "der Propaganda und der Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern",

- die B. in Ü., deren Geschäftsführerin ebenfalls die Beschwerdeführerin zu 1) sei, sei "wichtig zur Wäsche von Steuergeldern in einem unübersichtlichen Gewirr von Firmen".

Die Entscheidungen werden insoweit aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zivilgerichtliche Urteile, die den Beschwerdeführern einen Anspruch auf Unterlassung bestimmter Äußerungen versagen. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).

2

1. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: der Beklagte) erstellte eine Broschüre mit dem Titel "Organisierte Unverantwortlichkeit - Reader zum Filz zwischen Konzernen, staatlicher Kontrolle, Wirtschaftsförderung und Lobbying deutscher Gentechnik". In ihr wendet er sich gegen gentechnisch veränderte Agrarprodukte und berichtet über enge personelle Verflechtungen zwischen staatlichen Aufsichtsbehörden, Agrarindustrie und landwirtschaftlicher Forschung. Die Broschüre ist auch im Internet abrufbar.

3

Die Beschwerdeführerin zu 1) ist Geschäftsführerin zweier Unternehmen, die sich der Erforschung und Nutzung sogenannter "Grüner Gentechnik" verschrieben haben. Das eine, die Firma "A.", führt in G. (M.) Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen durch. Das andere, die Firma "B.", betreibt in Ü. (S.) weitere Versuchsflächen und einen Schaugarten, in dem neu entwickelte Pflanzen vorgeführt werden.

4

Der Beschwerdeführer zu 2) war von 2002 bis 2006 und von 2008 bis zur Landtagswahl 2011 Abgeordneter im Landtag von S. Er engagiert sich als Vorsitzender des I. e.V. G. für die Verbreitung der "Grünen Gentechnik". Zu den Mitgliedern dieses Vereins zählen auch Wissenschaftler des L.

5

Die Broschüre des Beklagten nennt die Beschwerdeführer im Fließtext an mehreren Stellen namentlich und an zwei Stellen unter Beifügung von Fotos als Teil des von ihm beschriebenen "Filzes". In Bezug auf diese Broschüre begehrten die Beschwerdeführer die Unterlassung folgender oder sinngemäßer zehn Äußerungen:

6

a. Die Beschwerdeführer beabsichtigten "Steuermittel in eine Zentrale für Gentechnikpropaganda und undurchsichtige Firmengeflechte zu verschieben",

7

b. die Beschwerdeführer gehörten einer Seilschaft für Fördermittelveruntreuung an,

8

c. die Beschwerdeführer beabsichtigten, in Ü. ein neues El Dorado für Geldwäsche entstehen zu lassen,

9

d. die Beschwerdeführer seien rücksichtslos und profitorientiert,

10

e. die Beschwerdeführer sackten für ihre dubiosen Firmenkonstrukte umfangreiche Firmen- und Steuergelder ein,

11

f. die Beschwerdeführer seien Angehörige einer Gentechnikmafia,

12

g. das A., deren Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin zu 1) sei, diene vor allem "der Propaganda und der Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern",

13

h. die B. in Ü., deren Geschäftsführerin ebenfalls die Beschwerdeführerin zu 1) sei, sei "wichtig zur Wäsche von Steuergeldern in einem unübersichtlichen Gewirr von Firmen",

14

i. der Beschwerdeführer zu 2) sei der "Macher aus dem I.-Filz in G.",

15

j. der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten "gekauft".

16

2. Das Landgericht Saarbrücken untersagte dem Beklagten, die genannten oder sinngemäße Äußerungen aufzustellen und zu verbreiten. Es führte jeweils zur Begründung an, dass die fraglichen Äußerungen teils Tatsachenbehauptungen beinhalteten, deren Wahrheit vom Beklagten nicht nachgewiesen worden sei, und teils die Grenze zur Schmähkritik überschritten.

17

3. Auf Berufung des Beklagten änderte das Oberlandesgericht mit den angegriffenen Entscheidungen die Urteile des Landgerichts und wies die Klage ab.

18

Die Bezeichnung des Beschwerdeführers zu 2) als "Macher" sei nicht herabwürdigend. Folglich läge diesbezüglich bereits kein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vor. Hinsichtlich der übrigen Äußerungen genieße die Meinungsfreiheit Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer. Einzig der Vorwurf, der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten gekauft, sei als Tatsachenbehauptung zu qualifizieren. Die übrigen Aussagen stellten sich schwerpunktmäßig als Meinungsäußerungen dar, die aufgrund ihres wertenden Charakters einer Prüfung auf Richtigkeit oder Wahrheit nicht unmittelbar zugänglich seien. Zwar beinhalteten die fraglichen Äußerungen auch tatsächliche Elemente. Diese seien jedoch derart eng mit den wertenden Aussagen verbunden, dass sie nicht aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet werden dürften. Andernfalls würde das Grundrecht auf Meinungsfreiheit unzulässig verkürzt. Im Übrigen sei die Richtigkeit einer Reihe solcher verbundener Tatsachenbehauptungen gar nicht in Zweifel gezogen worden. Insbesondere hätten die Beschwerdeführer weder ihr verantwortliches Mit- und Zusammenwirken bei mehreren Projekten des Einsatzes von Gentechnik in der Agrarwirtschaft noch die vom Beklagten geschilderten Einzelheiten bezüglich Förder- und Forschungsmitteln, die im Zusammenhang mit diesen Projekten geflossen seien, bestritten. Soweit der Beklagte den Beschwerdeführern eine "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern", eine "Verschiebung von Steuermitteln in undurchsichtige Firmengeflechte" und "Geldwäsche" vorwerfe, sei dies eine Schlussfolgerung aus der Schilderung der unternehmerischen Tätigkeit der Beschwerdeführer und der Praxis bei der Vergabe von Förder- und Forschungsmitteln. Diese qualifiziere er als Verdachtsmomente für eine sachlich nicht gerechtfertigte Inanspruchnahme von Steuergeldern. Der juristisch nicht versierte Beklagte habe indes erkennbar nicht die Absicht gehabt, den Beschwerdeführern die Verwirklichung der Straftatbestände der §§ 261, 266 StGB zu unterstellen.

19

Die genannten Meinungsäußerungen seien zwar fraglos geeignet, die Beschwerdeführer in ihrer beruflichen Ehre zu beeinträchtigen. Sie überschritten indes noch nicht die Grenze zur Schmähkritik. Auch handele es sich weder um Formalbeleidigungen noch um einen Angriff auf die Menschenwürde der Beschwerdeführer.

20

In der Abwägung der Meinungsfreiheit mit den Persönlichkeitsrechten der Beschwerdeführer genieße erstere hier den Vorrang. Insbesondere Formulierungen wie "Gentechnikmafia" und "Seilschaften bei Fördermittelveruntreuung" seien zwar massive Beeinträchtigungen der persönlichen Ehre. Die Beschwerdeführer seien jedoch nicht in erster Linie als Privatpersonen sondern als Unternehmer, die in dieser Eigenschaft auch öffentliche Gelder in Anspruch nähmen, betroffen. Deshalb - aber auch weil der Einsatz von Gentechnik in der Agrarwirtschaft von besonderem öffentlichen und gesellschaftspolitischen Interesse sei - müssten die Beschwerdeführer in einer öffentlichen Auseinandersetzung scharfe Kritik hinnehmen. Selbst drastische Vergleiche ("Gentechnikmafia") oder ironisch-sarkastische Formulierungen ("El Dorado für Geldwäsche") seien hier zulässig, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Der Beklagte hätte auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit weniger scharfe oder sachlichere Formulierungen wählen müssen. In der Diskussion um ein Thema von öffentlichem Interesse müsse es erlaubt sein, sich derart Gehör zu verschaffen, dass der eigene Standpunkt möglichst wirksam vertreten würde.

21

Die Äußerung, der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten "gekauft", sei hingegen eine Tatsachenbehauptung, die dieser nicht bewiesen habe. Der Beweis obliege hier entgegen der generellen Beweislastregel des § 186 StGB ausnahmsweise dem Beschwerdeführer zu 2). Denn der Beklagte nehme berechtigte Interessen des Umwelt- und Verbraucherschutzes wahr. Hierbei sei er auch mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen. Er habe sich nicht nur auf seine eigene unbestrittene Wahrnehmung gestützt, sondern eidesstattliche Versicherungen Dritter vorgelegt, die eine Bezahlung von Demonstranten durch den Beschwerdeführer zu 2) bestätigten.

22

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

23

a) Bei den Behauptungen des Beklagten, das "A." diene der "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern" und die Beschwerdeführer beabsichtigten, "weiter Steuermittel in eine Zentrale für Gentechnikpropaganda und undurchsichtige Firmengeflechte zu verschieben" handele es sich um Tatsachenbehauptungen, zumindest aber um Äußerungen mit einem tatsächlichen Kern, die unwahr seien und somit den Tatbestand des § 186 StGB erfüllten. Auch die Behauptung, die Beschwerdeführer sackten als Beteiligte der "B." "für ihre dubiosen Firmenkonstrukte umfangreiche Firmen- und Steuergelder ein", enthalte eine Tatsachenbehauptung, die unzutreffend sei.

24

b) Bei den übrigen Äußerungen handele es sich um unzulässige Schmähkritik. Im Vordergrund stehe nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Beschwerdeführer. Die Begriffe "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern", "Fördermittelveruntreuung", "Wäsche von Steuergeldern", "neues El Dorado für Gentechnik und Geldwäsche", "rücksichtslos und profitorientiert", "Einsacken umfangreicher Firmen- und Steuergelder für dubiose Firmenkonstrukte" sowie "Machtübernahme der Gentechnikmafia" richteten sich nicht gegen die Gentechnik als solche, sondern gegen die Personen der Beschwerdeführer.

25

c) Mit Blick auf den Vorwurf, der Beschwerdeführer zu 2) habe Demonstranten "gekauft", läge der vom Oberlandesgericht vorgenommenen Beweislastumkehr bei § 186 StGB eine unhaltbare Auslegung des Art. 5 Abs. 1 GG zugrunde.

26

5. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens hat sich zu der Verfassungsbeschwerde geäußert. Die Justizbehörde der Regierung des Saarlandes hat keine Stellungnahme abgegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

27

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG teilweise zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

28

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG teilweise offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit sie Äußerungen zulassen, in denen gegen die Beschwerdeführer der Vorwurf der Geldwäsche und der Veruntreuung von Fördermitteln und Steuergeldern erhoben wird.

29

1. Die Entscheidungen berühren den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführer.

30

Das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die im Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen (vgl. BVerfGE 54, 148 <153>). Hierzu gehört der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339 <346> m.w.N.). Soweit gerichtliche Entscheidungen persönlichkeitsrelevante Aussagen zulassen, gegen die sich der Betroffene mit der Begründung wehrt, sie seien falsch, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht berührt (vgl. BVerfGE 114, 339 <346 f.>). Die vier Äußerungen b, c, g, h, die Beschwerdeführer würden Gelder "waschen", Steuer- und Fördergelder veruntreuen und seien Teil eines "El Dorados für Geldwäsche" sind geeignet, das soziale und politische Ansehen der Beschwerdeführer zu schmälern, wie das Oberlandesgericht selbst zutreffend herausstellt. Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts berühren daher deren allgemeines Persönlichkeitsrecht.

31

2. Durch die Urteile des Oberlandesgerichts wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer teilweise verletzt. Soweit das Oberlandesgericht die gegenüber den Beschwerdeführern nachteiligen vier Äußerungen b, c, g, h nicht beanstandet, hält sich dies nicht mehr im fachgerichtlichen Wertungsrahmen.

32

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann zivilrechtlich grundsätzlich durch einen Anspruch auf Unterlassung beeinträchtigender Äußerungen gemäß § 1004 Abs. 1 und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 186 StGB durchgesetzt werden. Die Belange der Meinungsfreiheit finden hierbei vor allem in § 193 StGB Ausdruck, der bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Verurteilung wegen ehrverletzender Äußerungen ausschließt und - vermittelt über § 823 Abs. 2 BGB, sonst seinem Rechtsgedanken nach - auch im Zivilrecht zur Anwendung kommt (vgl. BVerfGE 114, 339 <347>). Diese Vorschriften tragen dem Umstand Rechnung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht vorbehaltlos gewährleistet ist. Nach Art. 2 Abs. 1 GG wird es durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechten gehört auch die Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Auch diese ist nicht vorbehaltlos garantiert. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und in dem Recht der persönlichen Ehre.

33

Bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften müssen die zuständigen Gerichte die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 ff.>; 85, 1 <13>; stRspr). In Fällen der vorliegenden Art ist eine Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung andererseits vorzunehmen. Das Ergebnis dieser Abwägung lässt sich wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls nicht generell und abstrakt vorausbestimmen. Doch hat das Bundesverfassungsgericht eine Reihe von Kriterien entwickelt, die bei der Abwägung maßgeblich sind. Dabei spielt auch der Unterschied zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen eine Rolle. Insbesondere fällt bei Tatsachenbehauptungen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht, der für reine Werturteile irrelevant ist. An der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 94, 1 <8>). Wahre Aussagen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. BVerfGE 99, 185 <196>).

34

Anders als Werturteile sind Tatsachenbehauptungen grundsätzlich dem Beweis zugänglich (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>; 94, 1 <8>). Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfGE 90, 241 <248 f.>; 94, 1 <8>).

35

Die Einstufung einer Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung durch die Fachgerichte wird wegen ihrer Bedeutung für den Schutzumfang des Grundrechts sowie für die Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern vom Bundesverfassungsgericht nachgeprüft (vgl. BVerfGE 82, 272 <281>; 94, 1 <8 f.>). Es hat dabei allerdings nur die Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen zu gewährleisten. Dagegen ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den jeweiligen Rechtsstreit, der trotz des grundrechtlichen Einflusses seine Eigenart als Zivil- oder Strafverfahren nicht verliert, selbst zu entscheiden (vgl. BVerfGE 94, 1 <9 f.>).

36

b) Die angegriffenen Urteile werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vollumfänglich gerecht. Das Oberlandesgericht geht zwar von den verfassungsrechtlichen Maßstäben aus und legt sie zugrunde. Es setzt sich differenziert mit den zehn angegriffenen Äußerungen auseinander und analysiert sie in Bezug auf ihre Qualifizierung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung, ordnet sie überwiegend als Meinungsäußerungen ein, verneint das Vorliegen von Schmähkritik und wägt schließlich die Meinungsfreiheit des Beklagten gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer ab.

37

aa) Hinsichtlich der Äußerungen a, d, e, f, i und j hält sich diese Abwägung im fachgerichtlichen Wertungsrahmen und wird die Verfassungsbeschwerde nicht angenommen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

38

bb) Zu beanstanden ist demgegenüber die Abwägung hinsichtlich der Äußerungen b, c, g und h.

39

(1) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dabei allerdings, dass das Oberlandesgericht die vier Äußerungen insgesamt als Meinungsäußerungen einordnet. Zutreffend erkennt das Oberlandesgericht, dass die Äußerungen zwar auch tatsächliche Elemente beinhalten, diese jedoch derart eng mit den wertenden Aussagen verbunden sind, dass sie nicht aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet werden dürfen.

40

(2) Zutreffend wertet das Oberlandesgericht die beanstandeten Äußerungen auch nicht als Schmähkritik. Zwar mögen die Äußerungen wegen ihrer groben Polemik in einem umgangssprachlichen Sinne als Schmähungen bezeichnet werden. Verfassungsrechtlich jedoch ist die Schmähung eng definiert. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>). Eine Schmähkritik ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 <284>). Dies ist hier nicht ersichtlich. Dem Beklagten geht es um die Auseinandersetzung in Bezug auf ein Sachthema. Ihm geht es darum, auf die aus seiner Sicht bestehenden Gefahren der Gentechnik in der Agrarwirtschaft aufmerksam zu machen. Der Beklagte kritisiert die Beschwerdeführer in ihrer Eigenschaft als Unternehmer, die öffentliche Gelder zur Erforschung und Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen empfangen oder empfangen haben und sich für eine Verbreitung der "Grünen Gentechnik" einsetzen. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführer im Fließtext der 31-seitigen Broschüre neben anderen erwähnt werden, zwar an mehreren Stellen und mit Fotos, jedoch nicht derart, dass eine Diffamierung ihrer Personen im Vordergrund stünde.

41

(3) Das Oberlandesgericht überschreitet jedoch den fachgerichtlichen Wertungsrahmen, indem es hinsichtlich dieser vier Äußerungen die Meinungsfreiheit überwiegen lässt. Es übersieht dabei, dass die Äußerungen insoweit einen Tatsachenkern haben, auf dessen Erweislichkeit seitens des Äußernden es maßgeblich ankommt.

42

Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266 <295>). Zwar legt das Oberlandesgericht in nicht zu beanstandender Weise dar, dass von einem durchschnittlichen Leser unter "Geldwäsche" und "Veruntreuung" nicht die Verwirkung rechtlich präzise bestimmter Straftatbestände verstanden werden muss. Jedoch entnimmt der Durchschnittsleser diesen Äußerungen zumindest, dass die Mittelverwendung in irgendeiner Weise rechtswidrig, wenn nicht sogar strafbar ist.

43

Indem das Oberlandesgericht der Frage der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts der vier Äußerungen nicht hinreichend nachgegangen ist, hat es verkannt, dass die Beantwortung dieser Frage Einfluss auf den Abwägungsvorgang hat und kam deshalb zu einem fehlerhaften Abwägungsergebnis.

44

3. Die Entscheidungen beruhen auf dem aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehler und sind insoweit aufzuheben. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht bei erneuter Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird.

45

4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer beruht auf § 34a Abs. 2, 3 BVerfGG.

46

5. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 20/01 Verkündet am:
29. Januar 2002
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wertende, nicht mit unwahren konkreten Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik
an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch
dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt
, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen
als unzulässige Schmähkritik angesehen werden.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter
Dr. Dressler, Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Dezember 1999 wird in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz wegen herabsetzender Äußerungen in Anspruch, durch die sie sich in ihren Rechten verletzt sieht.
Die Klägerin betreibt - als Rechtsnachfolgerin des früheren Klägers, ihres jetzigen gesetzlichen Vertreters - den F.-Literaturverlag, der u.a. als "Zuschußverlag" tätig ist; hierbei beteiligen sich Autoren an den Kosten der Publikation in der Regel solcher Manuskripte, deren Veröffentlichung im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht zu erreichen war. Die Beklagte zu 1), eine Gewerkschaft, ist Herausgeberin der Fachzeitschrift für Autoren "Kunst und Kultur", deren verantwortlicher Redakteur der Beklagte zu 2) ist. In Heft 1/99 dieser Zeitschrift erschien ein vom Beklagten zu 3), der als Autor in verlagsvertragliche Beziehungen zum F.-Verlag getreten war, verfaßter Artikel mit der Überschrift "Dem Autor in die Tasche gefaßt" und dem Untertitel "Die Praktiken des F.-Verlags"; darin findet sich eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zuschußverlagswesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die geschäftliche Tätigkeit des F.-Verlags sei in einer Reihe von Passagen dieses Zeitschriftenartikels in rechtlich unzulässiger Weise angegriffen worden, insbesondere durch herabsetzende unwahre Tatsachenbehauptungen. Für den hierin liegenden rechtswidrigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin hätten alle drei Beklagten haftungsrechtlich einzustehen. Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im übrigen - der Klage stattgegeben, soweit sie gegen folgende Behauptungen gerichtet war: Es werde in Telefonaten mit Mitarbeitern des Klägers zugesichert, daß der Kläger grundsätzlich kostenlos publiziere ... Die Antworten der Mitarbeiter des Klägers bei telefonischen Anfragen entsprächen selten der Wahrheit ... Das Verlagslektorat des Klägers fordere für seine Dienste 4,00 - 8,00 DM/Seite ...
Beim Kläger sei die Werbung für den Autor kostenpflichtig ... Es vergingen Wochen, Monate, der Druck des Buches werde dem Autor immer wieder angekündigt, lasse aber auf sich warten, weil technische Probleme zu lösen seien, weil die Seiten überarbeitet werden müûten, weil es ein langer Weg vom Verlag zur Druckerei, zur Buchbinderei, zurück zum Verlag und dann zur Auslieferung sei ... Gezahlt werde vom Autor eigentlich nur für Druckerei, Buchbinderei und Logistik. Die Beklagten haben diese Entscheidung nicht angegriffen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels - die Verurteilung der Beklagten darüber hinaus auf folgende Äuûerungen erstreckt: Die Klägerin verhalte sich gegenüber den bei ihr publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler, bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug ... Die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere ... Der F.-Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagten hätten auch durch die ihnen im Berufungsurteil zusätzlich untersagten Äuûerungen, die im beanstandeten Zeitschriftenartikel enthalten seien, unzulässig in die Rechte des Rechtsvorgängers der Klägerin eingegriffen. Der sogenannte "Käse-Vergleich" sei zwar nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil anzusehen; das gelte auch, soweit hier von einem "Betrug" die Rede sei. Es handele sich jedoch um eine rechtswidrige Schmähkritik , die von der Klägerin nicht hingenommen werden müsse. Die Klägerin könne auch die Unterlassung der Äuûerung verlangen, sie verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Dies sei eine unwahre Tatsachenbehauptung, da die Klägerin nur mit kostenlosen Veröffentlichungen in der "Edition Neue Autoren" geworben habe. Die weitere Äuûerung, die Klägerin gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein, sei, obwohl sie sehr pauschal gehalten sei, nicht als Werturteil, sondern als Tatsachenbehauptung anzusehen. Die Richtigkeit dieser "inneren Tatsache" hätten die Beklagten nicht nachgewiesen. Hinsichtlich aller genannter Äuûerungen sei nicht nur der Unterlassungsantrag der Klägerin, sondern auch ihr Begehren begründet, den Beklagten zu 1) und 2) die Veröffentlichung des Verbotstenors aufzugeben; es rechtfertige sich ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

II.


Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch die Veröffentlichung der Äuûerungen, die Gegenstand ihrer Verurteilung im Berufungsrechtszug waren, keine geschützten Rechtspositionen des Rechtsvorgängers der Klägerin unzulässig verletzt. 1. Der Senat folgt der Auffassung der Revision, daû die Klägerin die - auf die Geschäftspraxis des F.-Verlages abzielende - Äuûerung hinnehmen muû, sie verhalte sich gegenüber den publizierenden Autoren wie ein Lebensmittelhändler , bei dem man ein Pfund Käse verlange, es bezahle, dann aber zuhause feststelle, daû man nur 100 Gramm bekommen habe und dies sei ja Betrug. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht hinreichend die Rechtspositionen der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG.
a) Zutreffend wird dieser sogenannte "Käse-Vergleich" im Berufungsurteil als Werturteil, nicht als Tatsachenbehauptung angesehen. Das gilt - entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht - auch insoweit , als dem F.-Verlag der Vorwurf des "Betruges" gemacht wird. Jede beanstandete Äuûerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen , in dem sie gefallen ist. Dabei ist für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äuûerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Sofern eine Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht
des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 20 f.; 139, 95, 101 f., jeweils m.w.N.). Nach diesen rechtlichen Grundsätzen enthält der im Zeitschriftenartikel angestellte Vergleich des Vorgehens des F.-Verlages gegenüber den Autoren mit demjenigen eines Lebensmittelhändlers, der beim Verkauf von Käse seine Kunden übervorteilt, im wesentlichen Kern keine auf ihre Richtigkeit überprüfbare substantiierte Aussage, sondern lediglich eine pauschale subjektive Bewertung des geschäftlichen Verhaltens. Auch die Verwendung des Begriffs "Betrug" deutet für den Durchschnittsadressaten der Äuûerung nicht in entscheidender Weise auf einen ausreichend konkreten Sachverhalt hin, der die Tatbestandsmerkmale des in § 263 StGB geregelten strafrechtlichen Vermögensdelikts erfüllen würde. Die Vokabel "Betrug" wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu BVerfG, NJW 1992, 1439, 1441). Vertritt bei dieser Sachlage der Verfasser des Artikels für den Leser ersichtlich in pauschaler Weise die Meinung, es bestehe ein als anstöûig zu bewertendes Miûverhältnis zwischen den Leistungen des F.-Verlages und dem seitens der publizierenden Autoren zu bezahlenden Preis, so kann dies rechtlich nicht als Tatsachenbehauptung behandelt werden.
b) Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daû das in diesem "KäseVergleich" liegende Werturteil - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht als rechtlich unzulässige Schmähkritik angesehen werden darf. Allerdings muû auch eine Meinungsäuûerung und eine wertende Kritik am Verhalten anderer ihre Grenze dort finden, wo es sich um reine Schmähkritik oder eine Formalbeleidigung handelt oder wo die Äuûerung die Menschen-
würde antastet (vgl. z.B. BVerfGE 86, 1, 13; 82, 272, 283 f.). Die hier zu beurteilende Äuûerung der Beklagten überschreitet diese Grenze nicht. aa) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äuûerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äuûerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163, jeweils m.w.N.). bb) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt der hier in Rede stehende "Käse-Vergleich" nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens des F.-Verlages kann nicht als bloûe Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einer für den Leser der Zeitschrift, in welcher der betreffende Artikel erschienen ist, wesentlichen Thematik. Die Beklagten setzen sich - wenn auch in teilweise recht scharfer Form - mit dem Geschäftsgebaren der "Zuschuûverlage" auseinander, zu denen der F.-Verlag gehört. Die Beschäftigung mit den hiermit in Zusammenhang stehenden Fragen kann die Beklagte zu 1) zu Recht als ihre Aufgabe betrachten. Als auch die Interessen publizierender Autoren vertretende Gewerkschaft steht es ihr zu, sich für deren berufliche und wirtschaftliche Belange (gerade auch im Verhältnis zu den Verlagen) einzusetzen; sie kann sich insoweit - worauf die Revision zutreffend hinweist - auch auf die grundrechtlich geschützte Position
in Art. 9 Abs. 3 GG berufen. In den Rahmen dieses Aufgabenbereichs der Beklagten fällt es durchaus, Risiken zu erörtern, die sich für die Gruppe der - für Gefahren wirtschaftlicher Art möglicherweise besonders anfälligen - Autoren ergeben können, deren intensiver Publikationswunsch im allgemeinen Verlagsgeschäft nicht erfüllt wird und die geneigt sind, unter Übernahme teilweise erheblicher eigener Kosten die Dienste der "Zuschuûverlage" in Anspruch zu nehmen. cc) Im Rahmen einer derartigen, wirtschaftliche Belange eines nicht unerheblichen Teils der Leser der von der Beklagten zu 1) herausgegebenen Zeitschrift betreffenden Auseinandersetzung dürfen - angesichts der heutigen Reizüberflutung - auch einprägsame, starke Formulierungen verwendet werden , selbst wenn sie eine scharfe und abwertende Kritik zum Inhalt haben und mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden; ob andere diese Kritik für "falsch" oder "ungerecht" halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. z.B. Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 59 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO m.w.N.). Der hier angestellte Vergleich des Verhaltens des F.-Verlages mit demjenigen eines "betrügerischen" Käse -Händlers ist als eine solche zwar scharf, möglicherweise überzogen formulierte , aber nach den dargelegten Grundsätzen dennoch rechtlich zulässige Kritik anzusehen. Dabei darf auch nicht auûer acht gelassen werden, daû sich ein Gewerbetreibender kritische Einschätzungen seiner Leistungen in aller Regel gefallen lassen muû (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320); etwas anderes gilt nur dann, wenn konkret unwahre Tatsachen behauptet werden. Der vorliegend zu beurteilende "Käse-Vergleich" enthält aber gerade keine hinreichend substantiierten Tatsachenbehauptungen, hinsichtlich deren sich die Frage ihrer Richtigkeit stellen könnte; das gilt, wie bereits oben dargelegt worden ist, auch insoweit, als es den (im alltagssprachlichen Sinne verwendeten) Begriff des
"Betruges" angeht. Die dieser Äuûerung zu entnehmende Bewertung, der im F.-Verlag gegen Kostenbeteiligung publizierende Autor könne sich ähnlich übervorteilt fühlen wie der Kunde, der beim beschriebenen Lebensmittelhändler Käse eingekauft hat, ist vielmehr unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht der Beklagten auf freie Meinungsäuûerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. 2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg dagegen, daû das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten auf die Äuûerung erstreckt hat, die Klägerin verbreite, daû sie grundsätzlich kostenlos publiziere. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daû der Aussagegehalt der insoweit im beanstandeten Zeitungsartikel enthaltenen Passagen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten eine derartig weitgehende Behauptung aufgestellt, rechtlich nicht zu tragen vermag. Soweit dem Artikel die Behauptung zu entnehmen ist, es werde in Telefonaten von Mitarbeitern des F.-Verlages zugesichert, daû er grundsätzlich kostenlos publiziere, ist diese Äuûerung den Beklagten bereits im landgerichtlichen Urteil, das seitens der Beklagten nicht angefochten worden ist, untersagt worden. Diese Passagen des Artikels sind daher nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für eine darüber hinausgehende generelle Behauptung , um die es nunmehr noch geht, sind dem Zeitschriftenartikel hingegen keine ausreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Die Beklagten knüpfen bei der Erörterung der Frage, inwieweit der F.-Verlag den Autoren eine kostenlose Publikation in Aussicht stellt, an Zeitungsanzeigen an, wie sie seitens des Rechtsvorgängers der Klägerin veröffentlicht worden sind, etwa in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Anl. K 5 zur Kla-
geschrift). Dort heiût es blickfangmäûig "Publizieren ohne Kosten" und - in kleinerer Schrift - "in der Edition Neue Autoren". Wenn die Beklagten in ihrem Artikel unter Bezugnahme auf so gestaltete Anzeigen von "Verheiûungen à la Publizieren kostenlos" und dergleichen sprechen, kann dies zwar vom Leser dahin verstanden werden, daû der F.-Verlag Möglichkeiten zur kostenfreien Publikation in Aussicht stelle. Indessen kann der angesprochene Leserkreis der veröffentlichungswilligen Autoren der beanstandeten Äuûerung nicht entnehmen , daû damit zum Ausdruck gebracht werden solle, es werde "grundsätzlich" und damit nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in aller Regel eine kostenlose Publikation verheiûen. Deshalb muû der beanstandete Artikel nicht dahin verstanden werden, die Klägerin verbreite allgemein, sie veröffentliche über die in den Zeitungsanzeigen beschriebenen Konditionen hinaus in aller Regel kostenlos. Ist aber eine solche, dem auf Unterlassung in Anspruch Genommenen (hier den Beklagten) günstigere einschränkende Deutung des Inhalts einer beanstandeten Äuûerung möglich, so ist sie der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. Senatsurteil BGHZ 139, 95, 104). 3. Schlieûlich greift die Revision auch mit Erfolg die Verurteilung der Beklagten im Berufungsurteil an, soweit sie die Äuûerung betrifft, der F.Literaturverlag gehe nur zum Schein auf Autorenwünsche ein. Die Revision rügt zu Recht als fehlerhaft, daû das Berufungsgericht diese Aussage als Tatsachenbehauptung, nicht als Werturteil behandelt hat. Zwar ist ihr auch ein tatsächliches Element zu entnehmen, nämlich hinsichtlich der "inneren" Tatsache, die Klägerin sage nach auûen hin etwas zu, was sie in Wirklichkeit nicht zu tun beabsichtige. Indessen ist dieses Tatsachenelement, das nicht auf etwas konkret Nachprüfbares bezogen ist, sondern - wie auch im Berufungsurteil dargelegt wird - nur sehr pauschal gehalten ist, eng verwoben
mit stark wertenden Gesichtspunkten: Es wird zum Ausdruck gebracht, wie der Beklagte zu 3) als Verfasser des Zeitschriftenartikels den Umgang des F.-Verlages mit den Autoren und seine Bereitschaft, ihnen entgegenzukommen , aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in den geschäftlichen Beziehungen der Beteiligten einschätzt. Ob ein Verlag "auf Autorenwünsche" eingeht, ist in diesem Sinne letztlich eine weitgehend subjektiver Beurteilung unterfallende Frage. Der Beklagte zu 3) zieht hier aus der Sicht der Dinge, wie er sie als beim F.-Verlag veröffentlichender Autor erlebt hat, ein Resümee und äuûert die Meinung, hier werde nur die Bereitschaft vorgetäuscht, sich mit den Autorenwünschen zu arrangieren. Eine derartige Äuûerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen , die jedoch in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme , des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird - wie bereits dargelegt - als Werturteil und Meinungsäuûerung in vollem Umfang vom Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 13, 21 m.w.N.). Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen den Beklagten eine solche Äuûerung als Werturteil untersagt werden könnte, sind nicht ersichtlich.

III.

Da sich die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in vollem Umfang als unbegründet erweist, war sie unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils insgesamt zurückzuweisen. Hieraus folgt die Pflicht der Klägerin, die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen. Dr. Müller Dr. Dressler Dr. Greiner
Diederichsen Pauge

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 19/08 Verkündet am:
22. September 2009
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen
und dessen Vorstandsvorsitzenden.
BGH, Urteil vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2007 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 19. Januar 2007 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin zu 1 ist ein Großunternehmen. Der Kläger zu 2 war bis Ende 2005 Vorsitzender ihres Vorstands. Der Beklagte ist Aktionär der Klägerin zu 1 und Sprecher eines Aktionärsverbandes. Er hat sich wiederholt als Buchautor kritisch zu den Klägern geäußert.
2
Am 28. Juli 2005 meldete die Klägerin zu 1, ihr Aufsichtsrat habe beschlossen , dass der Kläger zu 2 zum 31. Dezember 2005 aus dem Unternehmen ausscheide. Am gleichen Tag wurde in der - auch in Hamburg zu empfan- genden - Fernsehsendung "SWR-Landesschau" ein mit dem Beklagten geführtes Interview ausgestrahlt, in dem dieser unter anderem folgende Äußerungen machte: "Frage: Was für viele ja den Rücktritt hier fast schon sympathisch macht, ist die Tatsache, dass er überhaupt keine Abfindungen annimmt, da er kein Geld möchte, obwohl er ja eigentlich vertraglich den Anspruch hätte. Gibt es da eine Erklärung? Antwort des Beklagten: Jetzt muss man mutmaßen, aber wenn Sie Herrn S. [den Kläger zu 2] kennen, da gibt es nun Fälle, wo ich denke, jemand will Millionen, man schätzt er hat zwischen 5 und 7 Millionen Euro pro Jahr verdient, er nun durchaus darauf Wert gelegt hat, dass man ja auch die Kleinigkeiten im Leben gezahlt hat, dann kann man nicht sagen, dass der S. unbedingt so orientiert ist, dass er gerne auf das Geld verzichtet. Es gibt meines Erachtens andere Dinge, die im Raume stehen und die jetzt geklärt werden müssen in den nächsten Monaten. Ich glaube nicht, dass der Rücktritt freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde. Aufsichtsratsbörse, Aktionäre, alle wichtigen Partner hat er nun verloren, die Rückendeckung verloren, und das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
3
Das Landgericht hat dem Antrag der Kläger stattgegeben, folgende Äußerungen zu untersagen: "a) Ich glaube nicht, dass der Rücktritt (des Klägers zu 2 als Vorsitzender des Vorstands der Klägerin zu 1) freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde.
b) … und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
4
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zurückgewiesen worden. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen den Klägern die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu, weil die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen den Kläger zu 2 in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und die Klägerin zu 1 in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletze.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Äußerungsteile "Ich glaube nicht, dass der Rücktritt … freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde." als Tatsachenbehauptungen einzuordnen. Die einleitenden Worte "Ich glaube nicht, …" und "Ich glaube, …" verliehen der Äußerung nicht den Charakter einer Bewertung. In Betracht käme deshalb allenfalls eine Einordnung der Äußerungen als - zulässige - Verdachtsäußerungen. Jedoch seien die insoweit zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass die beanstandeten Behauptungen unwahr seien, weil der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder dargetan noch Beweis dafür angetreten habe, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig den Rücktritt erklärt habe und dass er dazu gedrängt oder genötigt worden sei.
7
Die Äußerung "… und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat." habe das Landgericht zu Recht als Meinungsäußerung eingestuft, aber als unzulässige Schmähkritik untersagt. Der Beklagte habe für seine Kritik keine Anknüpfungspunkte dargelegt. In einem solchen Fall müsse, da die Aussage - weil jeder tatsächlichen Grundlage entbehrend - nur der Kränkung und Demütigung der Kläger zu dienen bestimmt gewesen sei, die Meinungsfreiheit hinter dem Schutz der Persönlichkeit der Kläger zurücktreten.
8
Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung seiner Äußerungen auch nicht darauf berufen, dass er Presseberichte guten Glaubens aufgegriffen habe. Hinsichtlich seiner Behauptung, er glaube, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig zurückgetreten sei, fehle es an Presseberichten zum Zeitpunkt seiner Äußerungen , weil solche erst an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht worden seien. Zudem habe der Beklagte eine Biografie über den Kläger zu 2 verfasst und sei deshalb keine unkundige Person gewesen. Hinsichtlich seiner Kritik, die Geschäfte des Klägers zu 2 seien "nicht immer so sauber" gewesen, enthielten die vorgelegten Presseberichte keine Fakten.

II.

9
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
10
Diese rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu Unrecht teilweise als Tatsachenbehauptungen eingestuft sowie die Anforderungen an das Vorliegen einer Schmähkritik verkannt hat. Deshalb hat es die gebotene Abwägung zwischen dem Recht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen der Kläger, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 m.w.N.; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 10), nicht vorgenommen.
11
1. a) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 11). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06 - VersR 2009, 365 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO). Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt , soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen , in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 16; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
12
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht beachtet, was revisionsrechtlich in vollem Umfang zur Überprüfung steht (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 11; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 12). Entgegen seiner Auffassung sind auch die von ihm als Tatsachenbehauptungen eingestuften Äußerungsteile dem Schutz des Art. 5 GG zu unterstellen, weil es sich bei Berücksichtigung des Gesamtkontextes um Äußerungen handelt, die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden.
13
aa) Es ist zwar richtig, dass sich alleine aus den einleitenden Worten "Ich glaube nicht, …" bzw. "Ich glaube, …" nicht der Charakter einer Bewertung ergibt , die dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegt. Solche Formulierungen stehen ebenso wie die Formulierungen "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" , "sollen angeblich", "ich meine, dass" oder "offenbar" der Qualifizierung als Tatsachenbehauptungen nicht prinzipiell entgegen. Der Ansehensschutz würde leerlaufen, wenn es der Äußernde in der Hand hätte, allein durch solche Einschübe aus seinen Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich weniger angreifbare Meinungsäußerungen zu machen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 18 m.w.N.).
14
bb) Aus dem Gesamtzusammenhang des Interviews, in dem die streitigen Äußerungen gefallen sind, ergibt sich aber, dass es sich insgesamt um Äußerungen handelt, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG zu unterstellen sind. In dem Interview hat der Beklagte nicht nur durch die Worte "ich glaube" deutlich gemacht, dass er auf die Frage des Reporters nur seine Meinung zu dem Vorfall kundgeben wolle. Vielmehr hat er bereits am Anfang seiner Antwort klargestellt, dass er "mutmaßen" müsse. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass Dinge im Raum stünden, die "in den nächsten Monaten" geklärt werden müssten. Er hat die Entwicklung des Unternehmens während der Vorstandstätigkeit des Klägers zu 2 als Grundlage genommen, diesen zu charakterisieren.
Hierzu zieht er auch dessen Visionen und die Art und Weise heran, wie dieser sich an die Spitze des Konzerns gekämpft und dort gehalten habe. Auf die Frage des Journalisten, ob er eine Erklärung dafür habe, dass der Kläger zu 2 ohne Abfindung aus dem Unternehmen ausgeschieden sei, folgt dann die Antwort, von der die Instanzgerichte Äußerungsteile untersagt haben und die das Berufungsgericht teilweise als Tatsachenbehauptung eingestuft hat. Aufgrund dieses Gesamtzusammenhangs wird seine Äußerung jedoch insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt und ist mithin insgesamt grundsätzlich dem Schutz des Grundrechts aus Art. 5 GG zu unterstellen.
15
2. Dies gilt - wie von den Instanzgerichten zutreffend angenommen - auch hinsichtlich des im Tenor unter b) untersagten Äußerungsteils, "… dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren". Die Beurteilung eines Vorgangs anhand rechtlicher oder sittlicher Maßstäbe wird nicht anders als die Äußerung von Rechtsmeinungen grundsätzlich als eine ganz überwiegend auf Wertung beruhende subjektive Beurteilung des Äußernden angesehen. Dies gilt in der Regel selbst für Fallgestaltungen, in denen ein Vorgang als strafrechtlich relevanter Tatbestand eingestuft wird (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 15). Der hier verwendete wertende Begriff "sauber" ist derart substanzarm, dass sich ihm eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008 Rn. 14).
16
3. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerungen zu beurteilen, sind mithin hinsichtlich der beiden untersagten Äußerungsteile grundsätzlich die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichti- gen sind (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Diese Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es den unter a) untersagten Äußerungsteil als Tatsachenbehauptung eingestuft und deshalb dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Wahrheit seiner Aussage auferlegt und in dem unter b) untersagten Äußerungsteil eine unzulässige Schmähkritik gesehen hat. Entgegen dieser Auffassung ist jedoch eine Abwägung erforderlich, weil beide Äußerungsteile vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst werden und keine unzulässige Schmähkritik vorliegt.
17
a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 15; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 18 m.w.N.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - VersR 2008, 357 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/96 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
18
b) Im Streitfall ist hinsichtlich beider Äußerungsteile ein sachlicher Bezug anzunehmen.
19
Der Rücktritt des Klägers zu 2 und die Frage, ob dieser freiwillig zurückgetreten ist, waren von großem öffentlichem Interesse. Dies zeigt nicht nur der Umstand, dass sich die SWR-Landesschau am Tag des Rücktritts mit dieser Frage beschäftigte, sondern ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Presseberichten, die an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht wurden. Der Beklagte hat sich mithin zu einem Sachthema von erheblichem öffentlichem Interesse geäußert, wobei nicht die Herabsetzung der Person des Klägers zu 2 im Vordergrund stand.
20
Eine Herabsetzung des Klägers zu 2, in einer Weise, dass dieser gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, ergibt sich auch nicht aus dem zweiten angegriffenen Äußerungsteil. Die Formulierung "das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat" stellt keine Formalbeleidigung dar. Die Formulierung ist nicht mit dem Vorwurf illegaler Geschäfte gleichzusetzen, sondern als weiter gefasster Vorwurf missbilligenswerter Geschäftspraktiken zu verstehen, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat. Diese Bewertung hat der Beklagte nicht isoliert vorgenommen, sondern im Zusammenhang mit dem Umstand , dass der Kläger zu 2 vorzeitig ohne eine Abfindung zurückgetreten ist. Da dies aus Sicht des Beklagten mit der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu 2 nicht in Einklang zu bringen ist, zog er die angegriffenen Schlussfolgerungen. Vor diesem Hintergrund kann der Äußerung des Beklagten ein Sachbezug nicht abgesprochen werden.
21
4. Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zugunsten der Kläger ins Gewicht, dass die beanstandeten Äußerungen geeignet sind, sie in ihrem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen und möglicherweise auch ihre geschäftliche Tätigkeit zu erschweren. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der verwendete Begriff "sauber" ein bloß pauschales Urteil enthält, bei dem der tat- sächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurücktritt und die Abwägung nicht beeinflusst (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - aaO; BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Zudem ist zugunsten der Meinungsfreiheit des Beklagten zu beachten, dass an der Bewertung der Geschäftstätigkeit des Vorstandsvorsitzenden eines deutschen Großunternehmens und dessen vorzeitigem Rücktritt ein großes öffentliches Interesse besteht und es sich um eine Berichterstattung über die berufliche Sphäre bzw. einen Vorgang im Wirtschaftsleben handelt. Dabei muss ein solches Unternehmen eine genaue Beobachtung seiner Handlungsweise in der Öffentlichkeit hinnehmen. Deshalb sind die Grenzen zulässiger Kritik ihm gegenüber ebenso wie gegenüber ihren Führungskräften weiter gezogen (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - VersR 2007, 511, 512; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/ Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 - Fayed/ Vereinigtes Königreich).
22
Es ist allgemein bekannt und lässt sich den vorgelegten Presseberichten entnehmen, dass der Kläger zu 2 aufgrund seiner Geschäftstätigkeit in der Öffentlichkeit sehr kritisiert worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass während der Leitung des Unternehmens durch den Kläger zu 2 ein Börsenwertverlust in Höhe von 35 Mrd. € sowie eine Drittelung des Aktienkurses eingetreten und zahlreiche Mitarbeiter entlassen worden seien. Da die Kläger keine Begründung für das Ausscheiden gegeben haben und der Kläger zu 2 auch keine Abfindung erhalten hat, war der Weg für Spekulationen über die Gründe des Rücktritts eröffnet. Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände stellen sich die Äußerungen des Beklagten in einem Interview am Tage des Rücktritts - auch unter Berücksichtigung seiner Vorkenntnisse über das Unternehmen und einen möglicherweise bevorstehenden Rücktritt des Klägers zu 2 - mithin als noch zulässig und damit nicht als rechtswidrig dar. Wollte man in einem solchen Fall eine Äußerung der vorliegenden Art unterbinden , wäre eine spontane öffentliche Diskussion aktueller Ereignisse von besonderem Öffentlichkeitsinteresse - auch unter Würdigung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen - in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise erschwert.
23
5. Da die zu beurteilenden Tatsachen feststehen und somit eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat aufgrund seiner eigenen Abwägung abschließend entscheiden. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge der §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO abzuweisen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 19.01.2007 - 324 O 283/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.12.2007 - 7 U 18/07 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)