Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 19. Okt. 2015 - I-13 VA 2/15
Tenor
Der Antrag des Antragstellers, die Entscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.02.2015 aufzuheben und festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der beim Scheidungsnotariat in T, J, am 13.04.2012 unter Nr. 0000 registrierten Ehescheidung vorliegen, soweit die Ehe zwischen den Beteiligten geschieden worden ist, wird zurückgewiesen.
Es verbleibt bei der von der Justizverwaltung getroffenen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der vorgenannten Entscheidung nicht erfüllt sind.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
1
G r ü n d e :
2A.
3Mit Bescheid vom 05.02.2015 hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf den Antrag des Antragstellers, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der beim Scheidungsnotariat in T, J, am 13.04.2012 unter Nr. 0000 registrierten Ehescheidung vorliegen, soweit die Ehe zwischen den Beteiligten geschieden worden ist, zurückgewiesen.
4Die Gründe dieses Bescheids führen aus:
5„I.Der Antragsteller schloss am 19.09.2004 in S/I die Ehe mit Frau Q B. Der Antragsteller besitzt und besaß neben der iranischen die deutsche Staatsangehörigkeit während die frühere Ehefrau ausschließlich iranische Staatsangehörige ist und war. Die frühere Ehefrau des Antragstellers reiste am 24.01.2005 zum Zwecke der Familienzusammenführung in das Bundesgebiet ein, wo sie sich auch bis zum 09.09.2007 aufhielt.
6Der Antragsteller beantragt nunmehr zum Zwecke einer neuen Eheschließung die Anerkennung der am 13.04.2012 im J erfolgten und registrierten Ehescheidung.
7II.Der Antrag ist zulässig aber unbegründet.
81.der Antragsteller hat ein rechtliches Interesse an der Klärung seines Personenstandes für den deutschen Rechtsbereich.
92.Der Antrag auf Anerkennung der iranischen Scheidung ist jedoch unbegründet.
10Die Scheidung der Ehe des Antragstellers erfolgte nach gescheitertem Versöhnungsversuch des Familiengerichts durch Ausspruch der Scheidungsformel durch den Bevollmächtigten des Ehemannes gegen Verzicht der Ehefrau auf die Morgengabe. Zwischen den Ehegatten fand eine sogenannte Scheidung durch Selbstloskauf der Ehefrau (Khol-Scheidung) statt. Nach iranischem Recht sind weder die Beteiligung des Gerichts, also die Durchführung der Versöhnungsverhandlung, noch die Registrierung der Scheidung durch das Scheidungsnotariat Wirksamkeitsvoraussetzungen der Ehescheidung. Die Ehe zwischen Ehegatten ist nach § 1134 des iranischen ZGB wirksam gelöst, wenn der Ehemann oder ein Bevollmächtigter (§ 1138 ZGB) die Scheidungsformel in Anwesenheit mindestens zweier Gläubiger ausspricht (vgl. Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, III A 6 Seite 63, Safaii/Emami I S. 279; Katouzian, Familienrecht I S 331; Beschluss OLG Düsseldorf v. 25.09.2008, Az. 13 VA 3/08). Weder in der Versöhnungsverhandlung noch in der erfolgten Registrierung der Scheidung beim Scheidungsnotariat Nr. 91 in Shahrkord/Iran liegt hier also der konstitutive, die Ehe auflösende Scheidungsakt. Bei der vorliegenden ausländischen Ehescheidung handelt es sich um eine Privatscheidung im Sinne der deutschen Terminologie. Die Auflösung einer Ehe durch eine Privatscheidung ist grundsätzlich nur dann anerkennungsfähig, wenn die Voraussetzungen des deutschen internationalen Privatrechts hierfür gegeben sind, insbesondere Art. 17 Abs. 1 S. 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) in der zum Scheidungszeitpunkt gültigen Fassung i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB. Hiernach findet deutsches Scheidungsstatut Anwendung, Art. 17 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB.
11Eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, die das Scheidungsstatut vermittelt, liegt nicht vor. Der Antragsteller besaß und besitzt neben der iranischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit, die frühere Ehefrau besaß und besitzt die iranische Staatsangehörigkeit. Die iranische Staatsangehörigkeit des Antragstellers ist im Anerkennungsverfahren jedoch nicht maßgeblich, Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Auch das Deutsch-iranische Niederlassungsabkommen vom 17.02.1929 ist nichts zu beachten, da dies nur auf Personen, die ausschließlich die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, Anwendung findet.
12Das Scheidungsstatut wird daher über den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten vermittelt, Art. 17 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB.
13Den letzten gewöhnlichen Aufenthalt (Daseinsmittelpunkt) hatten die früheren Ehegatten nicht im Iran, sondern in Deutschland. Der Antragsteller ist seit 2006 ununterbrochen in Siegen gemeldet. Seine frühere Ehefrau reiste am 24.01.2005 zu ihrem Ehemann, dem Antragsteller, in das Bundesgebiet ein. Am 09.09.2007 reisten die früheren Ehegatten in den Iran, wo der Antragsteller am 06.10.2007 ein Ausreiseverbot für seine frühere Ehefrau registrieren ließ. Der früheren Ehefrau des Antragstellers war damit eine Rückkehr nach Deutschland nicht mehr möglich. Sie hat den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland jedoch nicht aufgegeben, da ihr Verbleib im Iran nicht freiwillig gewählt war. Vielmehr wurde ihr eine erneute Einreise in das Bundesgebiet seitens des Antragstellers untersagt. Infolgedessen lief am 15.07.2008 der Aufenthaltstitel aus und konnte nicht verlängert werden. Während die frühere Ehefrau des Antragstellers zumindest bis zum Herbst 2007 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet hatte, hat der Antragsteller bis zum Trennungszeitpunkt der Ehegatten im Jahre 2011 zu keiner Zeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Iran begründet. Seit April 2006 geht der Antragsteller einer ungekündigten Tätigkeit im St. Marien-Krankenhaus in Siegen nach, wo er auch seit Oktober 2006 dauerhaft gemeldet ist. Nach der (Aus-)Reise seiner Ehefrau im September 2007 in den Iran hat sich der Antragsteller selbst dort nur kurzzeitig – laut Visavermerke vom 09.09.2007 bis zum 17.09.2007 und vom 29.09.2007 bis zum 07.10.2007 – aufgehalten. Ein gewöhnlicher Aufenthalt wird durch kurzzeitige Reiseaufenthalte aber nicht begründet. Zum Zeitpunkt der Ehescheidung hatte der Antragsteller auch weiterhin seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Demnach ist für die Scheidung der Ehe das deutsche Recht maßgebend.
14Nach der BGH-Entscheidung vom 21.02.1990 (XII ZB 203/87; BGHZ 110. Band S. 267 ff.) ist eine im Ausland vollzogene Privatscheidung nicht anerkennungsfähig, wenn für die Scheidung der Ehe (auch) deutsches Recht anzuwenden ist.
15Der Feststellungsantrag des Antragstellers ist daher zurückzuweisen.“
16Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seinem am 11.03.2015 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Rechtsbehelf. Er macht geltend, die angefochtene Entscheidung verneine zu Unrecht die konstitutive, weil zwingende Mitwirkung des iranischen Gerichts und gelange deshalb ebenfalls zu Unrecht zu dem Ergebnis, dass es sich um eine Privatscheidung handele. Maßgeblich seien neben dem iranischen ZGB das Gesetz über die Eheschließung von 1931 und das Gesetz zur Reformierung der Scheidungsgesetzes vom 19.11.1992. Letzteres bekräftige die ausschließliche gerichtliche Scheidung. Aufgrund der zwingenden gerichtlichen Mitwirkung stelle sich diese als konstitutives Merkmal dar. Überdies gehe der angefochtene Bescheid unzutreffend von einem letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute in Deutschland aus. Denn die Eheleute seien aufgrund gemeinsamen Entschlusses am 09.09.2007 in den Iran gereist, um dort zu leben. Es habe sich um keinen Ferienaufenthalt gehandelt, sondern um die geplante Begründung eines neuen Lebensmittelpunkt, wie sich aus dem Vortrag des Antragstellers ergebe, wonach dieser eine Wohnung im Iran angemietet habe. Aufgrund des Trennungsentschlusses der Ehefrau bei der Antragsteller wieder nach Deutschland zurückgekehrt und habe die bereits von ihm vollzogenen finalen Schritte zur Begründung eines neuen Lebensmittelpunkt im Iran rückgängig gemacht (Kündigung der Wohnung mit dreimonatiger Frist zum 30.11.2007 und Kündigung der Arbeitsstelle mit sechswöchiger Frist zum Quartalsende). Die vom Antragsteller ausgesprochenen Kündigungen von Wohnung und Arbeitsstelle seien als Beleg dafür anzusehen, dass die Eheleute mit der Absicht der dauerhaften Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts in den Iran gereist seien.
17Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhaltverwiesen.
19B.
201.
21Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 107 Abs. 5 FamFG ist zulässig. Insbesondere ist der Rechtsbehelf innerhalb der Monatsfrist des § 107 Abs. 7 S. 3 FamFG i.V.m. § 63 Abs. 1 und 3 FamFG eingelegt worden.
222.
23Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat indes in der Sache keinen Erfolg. Mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts den Antrag des Antragstellers auf Anerkennung der beim Scheidungsnotariat Nr. 91 in Shahrkord, Iran, am 13.04.2012 unter Nr. 6116 registrierten Ehescheidung zurückgewiesen.
24Die Begründung des Rechtsbehelfs rechtfertigt keine für den Antragsteller günstigere Entscheidung:
25a)
26Die Ehescheidung, deren Anerkennung der Antragsteller begehrt, wurde im Iran vorgenommen. Da der Antragsteller nach Einbürgerung am 02.12.2002 neben der iranischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, liegt keine Heimatstaatscheidung im Sinn des § 107 Abs. 1 S. 2 FamFG vor, so dass es eines förmlichen Feststellungsverfahrens für die Anerkennung der Ehescheidung bedarf. Denn der nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB angeordnete Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit bewirkt, dass die Heimatstaatsklausel nicht eingreift
27§ 107 FamFG findet auch bei einer Privatscheidung Anwendung, wenn sie unter Mitwirkung einer ausländischen Behörde zustande gekommen ist. Eine bloß deklaratorische Registrierung oder gerichtliche Beurkundung genügt (BGHZ 82, 34, 41; 110, 267, 270; BayObLGZ 1981, 353, 355; BayObLG NJW-RR 1994, 771). Um eine solche Scheidung handelt es sich hier:
28Die am 13.04.2012 beim Scheidungsnotariat Nr. 91 in Shahrkord, Iran, erfolgte Scheidung ist nicht durch Gerichtsurteil erfolgt; die Versöhnungsverhandlung und das hierauf ergangene Beschluss des Familiengerichts hatten – worauf die angefochtene Entscheidung mit Recht abgestellt hat – nur vorbereitenden Charakter. Nach § 10 des iranischen FamSchG obliegt es dem Familiengericht lediglich, eine Versöhnung zwischen den Eheleuten herbeizuführen. Scheitert die Versöhnung, so trifft das Familiengericht die Feststellung dieses Scheiterns. Der Ausspruch der Scheidungsformel, der die Ehe auflöst (§ 1134 iran. ZGB), obliegt indes allein dem Ehemann (§ 1133 iran. ZGB) bzw. seinem Bevollmächtigten. Die Ehe ist geschieden, wenn und sobald der Ehemann die Scheidungsformel in Anwesenheit zweier „gerechter“ Männer ausspricht. Einer Beteiligung des Gerichts oder der Eintragung der Scheidung bedarf es zu deren Wirksamkeit nicht (vgl. Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Iran, S. 61,63; vgl. ferner KG IPRax 2000, 126 sowie die in BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 04.12.2006 – 2 BvR 1216/06 zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt). Selbst wenn die Ehefrau nach Anrufung des Gerichts das Recht zugesprochen bekommen hat, sich von ihrem Ehemann scheiden lassen zu dürfen, hat die Scheidung nach iranischem Recht allein dadurch zu erfolgen, dass der Ehemann durch seine Erklärung die Ehe scheidet. Die Scheidung ist immer eine Willenserklärung des Ehemannes, wobei der Ehemann allerdings seiner Frau das Recht einräumen kann, ihn bei der Scheidung zu vertreten (Bergmann/Ferid/Henrich a.a.O.).
29Die Scheidungsurkunde vom 13.04.2012 belegt, dass die Scheidung nach diesen Grundsätzen vollzogen worden ist.
30b)
31Die Ehescheidung kann nicht anerkannt werden, weil deutsches Recht ihr entgegensteht und iranisches Recht nicht anzuwenden ist.
32Die Wirksamkeit einer im Ausland ausgesprochenen Privatscheidung richtet sich grundsätzlich nur nach den Normen des Internationalen Privatrechts (Art. 17 EGBGB in der Fassung vor Inkrafttreten der Rom-III-Verordnung). Kommt deutsches Recht zur Anwendung, so steht der Anerkennung einer privat im Ausland durchgeführten Scheidung § 1564 Satz 1 BGB entgegen. Das deutsche Recht kennt nur eine gerichtliche Ehescheidung (BGHZ 110, 267, 272). An dieser Rechtslage hat sich durch eine Entscheidung des Gesetzgebers bisher nichts geändert; eine Privatscheidung hat er nicht eingeführt.
33aa) Auf die Scheidung, deren Anerkennung beantragt wurde, kommt nach den Anknüpfungsregelungen des Art. 17 Abs. 1 a.F. i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB deutsches Recht zur Anwendung. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit der Scheidung ist der Zeitpunkt der Scheidungserklärung. Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. unterliegt die Scheidung dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Weil die Privatscheidung eine "Rechtshängigkeit" nicht kennt, ist bei ihr stattdessen auf den Zeitpunkt der Scheidungserklärung abzustellen (BayObLG NJW-RR 1994, 771, 772 m.w.N.).
34bb) Im Zeitpunkt der Ehescheidung am 13.04.2012 war für die allgemeinen Wirkungen der Ehe bei Anwendung von Art. 14 Abs. 1 EGBGB deutsches Recht maßgebend.
35Die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 EGBGB für eine Anknüpfung an die gemeinsame iranische Staatsangehörigkeit der Eheleute lagen nicht vor. Da der Antragsteller zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit besaß und noch besitzt, geht diese gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vor. Der Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit gilt nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung auch für den Regelungsbereich des Art. 14 EGBGB (BayObLG NJW-RR 1994, 771; NJW-RR 1998, 1538; OLG Hamm, FamRZ 1990, 54, 55).
36Nach Art. 17 a.F., 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB unterliegt das Scheidungsstatut dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. So ist es hier: Die Eheleute hatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland; der Antragsteller lebt auch heute noch im Bundesgebiet.
37Der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ einer Person bezeichnet denjenigen Ort, an dem sie sozial integriert ist, wo mithin der Schwerpunkt ihrer Bindungen in familiärer oder beruflicher Hinsicht, ihr Daseinsmittelpunkt, liegt; wo sie mithin sozial integriert ist und den Schwerpunkt ihrer Bindungen in familiärer oder beruflicher Hinsicht hat. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse. Allerdings bedeutet dies nicht, dass im Falle eines Wechsels des Aufenthaltsorts ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt immer erst nach Ablauf einer entsprechenden Zeitspanne begründet werden könnte oder bis dahin der frühere gewöhnliche Aufenthalt fortbestehen würde. Der gewöhnliche Aufenthalt an einem Ort wird vielmehr grundsätzlich schon dann begründet, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Aufenthalt an diesem Ort auf längere Zeit angelegt ist und der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll (vgl. BGH NJW 1981, 520; NJW 1993, 2047).
38Mit Recht stellt die angefochtene Entscheidung auf den letzten gemeinsamen Aufenthalt der Eheleute in Siegen ab. Dort waren beide Eheleute bis zum 08.09.2007 wohnhaft. Der Antragsteller war (und ist) seit dem 01.04.2006 ohne Unterbrechung als Arzt am St. Marien-Krankenhaus in Siegen berufstätig. Die beiden – jeweils nur wenige Tage dauernden – Flugreisen des Antragstellers in den Iran vom 09.09. – 17.09.2007 und vom 29.09. – 07.10.2007 sind nicht einmal entfernt geeignet, die Feststellung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers im Iran zu rechtfertigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller, wie er unbelegt behauptet, vor Antritt dieser Reisen seinen Arbeitsvertrag und die Ehewohnung gekündigt hat, diese Kündigungen aber alsbald nach dem 07.10.2007 rückgängig gemacht hat. Gleiches gilt für die behauptete Anmietung einer Wohnung in Shahrkord. Denn weitere Maßnahmen und Umstände, aus denen sich die Begründung eines neuen Lebensmittelpunktes im Iran ergäben, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Weder hat der Antragsteller vorgetragen und belegt, seine damalige Wohnung geräumt und für beide Eheleute tatsächlich einen gemeinsamen neuen Wohnsitz unter Mitnahme von Möbeln im Iran begründet zu haben. Noch gar lässt sich irgendetwas zur Begründung einer neuen beruflichen Existenz des Antragstellers im Iran ersehen. Der Senat hält – schon zur Verhinderung manipulativer Bestrebungen im Sinne eines „forum-shopping“ - die Feststellung einer Änderung des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts nur bei Vorliegen belastbarer äußerer Umstände für vertretbar, wozu umgehend „zurückgenommene“ Willenserklärungen regelmäßig nicht genügen.
39C.
40Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 81 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 FamFG.
41Die Gebühr für das gerichtliche Verfahren selbst ist aus Nr. 1714 KV FamGKG zu entnehmen. Sie ist von dem Antragsteller als Veranlassers des gerichtlichen Verfahrens zu entrichten, ohne dass dies gesondert ausgesprochen werden müsste.
42Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor.
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Referenzen - Gesetze
(1) Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Ehebande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Beteiligten festgestellt worden ist, werden nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Hat ein Gericht oder eine Behörde des Staates entschieden, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben, hängt die Anerkennung nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab.
(2) Zuständig ist die Justizverwaltung des Landes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist die Justizverwaltung des Landes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet werden soll; die Landesjustizverwaltung kann den Nachweis verlangen, dass die Eheschließung oder die Begründung der Lebenspartnerschaft angemeldet ist. Wenn eine andere Zuständigkeit nicht gegeben ist, ist die Justizverwaltung des Landes Berlin zuständig.
(3) Die Landesregierungen können die den Landesjustizverwaltungen nach dieser Vorschrift zustehenden Befugnisse durch Rechtsverordnung auf einen oder mehrere Präsidenten der Oberlandesgerichte übertragen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(4) Die Entscheidung ergeht auf Antrag. Den Antrag kann stellen, wer ein rechtliches Interesse an der Anerkennung glaubhaft macht.
(5) Lehnt die Landesjustizverwaltung den Antrag ab, kann der Antragsteller beim Oberlandesgericht die Entscheidung beantragen.
(6) Stellt die Landesjustizverwaltung fest, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, kann ein Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, beim Oberlandesgericht die Entscheidung beantragen. Die Entscheidung der Landesjustizverwaltung wird mit der Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam. Die Landesjustizverwaltung kann jedoch in ihrer Entscheidung bestimmen, dass die Entscheidung erst nach Ablauf einer von ihr bestimmten Frist wirksam wird.
(7) Zuständig ist ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Landesjustizverwaltung ihren Sitz hat. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. Für das Verfahren gelten die Abschnitte 4 und 5 sowie § 14 Abs. 1 und 2 und § 48 Abs. 2 entsprechend.
(8) Die vorstehenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn die Feststellung begehrt wird, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Entscheidung nicht vorliegen.
(9) Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen oder nicht vorliegen, ist für Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend.
(10) War am 1. November 1941 in einem deutschen Familienbuch (Heiratsregister) auf Grund einer ausländischen Entscheidung die Nichtigerklärung, Aufhebung, Scheidung oder Trennung oder das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe vermerkt, steht der Vermerk einer Anerkennung nach dieser Vorschrift gleich.
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
- 1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder - 2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Ehebande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Beteiligten festgestellt worden ist, werden nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Hat ein Gericht oder eine Behörde des Staates entschieden, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben, hängt die Anerkennung nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab.
(2) Zuständig ist die Justizverwaltung des Landes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist die Justizverwaltung des Landes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet werden soll; die Landesjustizverwaltung kann den Nachweis verlangen, dass die Eheschließung oder die Begründung der Lebenspartnerschaft angemeldet ist. Wenn eine andere Zuständigkeit nicht gegeben ist, ist die Justizverwaltung des Landes Berlin zuständig.
(3) Die Landesregierungen können die den Landesjustizverwaltungen nach dieser Vorschrift zustehenden Befugnisse durch Rechtsverordnung auf einen oder mehrere Präsidenten der Oberlandesgerichte übertragen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(4) Die Entscheidung ergeht auf Antrag. Den Antrag kann stellen, wer ein rechtliches Interesse an der Anerkennung glaubhaft macht.
(5) Lehnt die Landesjustizverwaltung den Antrag ab, kann der Antragsteller beim Oberlandesgericht die Entscheidung beantragen.
(6) Stellt die Landesjustizverwaltung fest, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, kann ein Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, beim Oberlandesgericht die Entscheidung beantragen. Die Entscheidung der Landesjustizverwaltung wird mit der Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam. Die Landesjustizverwaltung kann jedoch in ihrer Entscheidung bestimmen, dass die Entscheidung erst nach Ablauf einer von ihr bestimmten Frist wirksam wird.
(7) Zuständig ist ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Landesjustizverwaltung ihren Sitz hat. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. Für das Verfahren gelten die Abschnitte 4 und 5 sowie § 14 Abs. 1 und 2 und § 48 Abs. 2 entsprechend.
(8) Die vorstehenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn die Feststellung begehrt wird, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Entscheidung nicht vorliegen.
(9) Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen oder nicht vorliegen, ist für Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend.
(10) War am 1. November 1941 in einem deutschen Familienbuch (Heiratsregister) auf Grund einer ausländischen Entscheidung die Nichtigerklärung, Aufhebung, Scheidung oder Trennung oder das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe vermerkt, steht der Vermerk einer Anerkennung nach dieser Vorschrift gleich.
Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Scheidung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.
Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. § 91 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.