Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 2 Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 4 Fällen wurde der Bf. am 25.07.2013 zu eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Mit Beschluss vom 08.11.2017 hat das zuständige OLG u.a. die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt und angeordnet, dass mit der Maßregelerledigung keine Führungsaufsicht nach § 67d VI 4 StGB eintritt. Es hat ferner festgestellt, dass hiervon ein möglicher Eintritt der Führungsaufsicht gemäß § 68f I StGB unberührt bleibt. Mit Beschluss vom 07.12.2017 hat die zuständige StVK festgestellt, dass die Zeit der Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus vollständig auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe mit der Folge anzurechnen sei, dass die Gesamtfreiheitsstrafe vollständig verbüßt sei.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der StA hat der Senat als unbegründet verworfen (OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12.2017 - 1 Ws 735/17 [bei juris]).
Der Bf. wurde am 20.12.2017 aus der JVA entlassen.
Mit Beschluss vom 15.03.2018 bestimmte die StVK u.a., dass die mit der vollständigen Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe gem. § 68f I StGB eintretenden Führungsaufsicht nicht entfällt und setzte deren Dauer auf 4 Jahre fest.
Gegen diesen Beschluss hat der Verurteilte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 22.03.2018 sofortige Beschwerde eingelegt.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
1. Das Rechtsmittel […] richtet sich entsprechend seiner Bezeichnung als sofortige Beschwerde […] sowie seiner Begründung […] ausschließlich gegen die Feststellung, dass die gemäß § 68f I 1 StGB eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt. Insoweit ist es als sofortige Beschwerde gemäß § 454 III 1 StPO statthaft (vgl. Fischer StGB 65. Aufl. § 68f Rn. 10) und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 306 I, 311 II StPO).
2. Die […] sofortige Beschwerde hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.
a) Nach § 68f I 1 StGB tritt nach vollständiger Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten oder nach vollständiger Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr bei Straftaten der in § 181b StGB genannten Art mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein.
aa) Der Verurteilte hat hier nach Anrechnung der Zeiten des Maßregelvollzugs (mehr als) 3 Jahre und 9 Monate wegen Taten der in § 181b StGB genannten Art vollständig verbüßt. Zur vollstreckten Freiheitsstrafe in diesem Sinne zählt auch die nach § 51 I 1 StGB angerechnete Untersuchungshaft, die nach § 51 III und IV StGB angerechnete Freiheitsentziehung im Ausland, selbst wenn der Anrechnungsmaßstab zu einer kürzeren Verbüßungszeit führt, sowie die nach § 67 IV StGB anzurechnende Zeit des Maßregelvollzugs (Fischer § 68f Rn. 5; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig StGB 29. Aufl. § 68f Rn. 5). Auf die umstrittene (nach der überwiegenden Auffassung aber wohl zu bejahende) Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die verhängte Strafe sich durch Anrechnung vollständig erledigt hat, bevor sie angetreten wurde, kommt es hier letztlich nicht an, weil sich der Verurteilte zum Zeitpunkt der hier ausnahmsweise konstitutiv wirkenden, weil über die Grenzen des § 67 IV StGB hinausgehenden und vom Senat bestätigten (OLG Bamberg a.a.O.) Anrechnungsentscheidung der StVK in Strafhaft befand.
bb) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Verteidigung auch nicht daraus, dass die Maßregel wegen anfänglicher Fehldiagnose für erledigt erklärt wurde und mit der Erledigung keine Führungsaufsicht nach § 67d VI 4 StGB eintrat. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 20.12.2017 (OLG Bamberg a.a.O.) ausgeführt, dass entgegen der Ansicht des OLG Rostock (OLG Rostock, Beschluss vom 16.01.2017 - 20 Ws 173/16 = NStZ-RR 2017, 95) eine Führungsaufsicht grundsätzlich in Betracht kommt (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 18.07.2017 - 4 Ws 305/16 [bei juris]). Hieran hält der Senat […] fest. Das Vorliegen eines eklatanten Widerspruchs, wenn man den Verurteilten einerseits von der gesetzlichen Führungsaufsicht nach § 67d VI 4 StGB freistellt, ihn allerdings dann mit einer Führungsaufsicht nach § 68f I StGB überzieht, ist für den Senat entgegen der Ansicht des OLG Rostock nicht ersichtlich. Zutreffend und konsequent ist zwar die Auffassung, dass eine Führungsaufsicht nach § 67d VI 4 StGB dann nicht eintreten kann, wenn die Erledigung der Maßregel wegen einer anfänglichen Fehldiagnose erfolgt. Denn eine fehlerhafte Einweisung in den Maßregelvollzug kann nicht zu einer zusätzlichen Grundrechtsbeeinträchtigung des fehlerhaft Untergebrachten in der Gestalt der Führungsaufsicht aufgrund des fehlerhaften Vollzugs der Maßregel führen. Nach überwiegender Auffassung kommt allerdings eine Führungsaufsicht nach § 68f I StGB dann in Betracht, wenn ein Verurteilter nach einer Erledigterklärung die Voraussetzungen des § 68f I 1 StGB erfüllt (vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 07.12.2017 - 2 Ws 549/17 [unveröffentlicht]; Fischer § 67d Rn. 25). Insoweit tritt nach dem Sinn und Zweck der Regelung die Führungsaufsicht - vorbehaltlich einer Entscheidung nach § 68f II StGB - grundsätzlich auch dann ein, wenn die Erledigterklärung deshalb erfolgt, weil nach Beginn des Vollzugs festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr bestehen, also der Zustand oder die Gefährlichkeit durch die Behandlung im Maßregelvollzug gebessert oder gar beseitigt wurden. Auch in diesen Fällen bleibt grundsätzlich die Aufgabe der Führungsaufsicht erhalten, den Versuch zu unternehmen, zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilten Straftätern nach der Strafverbüßung eine Lebenshilfe für den Übergang in die Freiheit zu geben, aber auch zu überwachen. Die gleiche Situation würde eintreten, wenn man bei anfänglicher Fehldiagnose trotz Erledigterklärung lediglich eine Anrechnung der Zeiten des Maßregelvollzugs nur bis zum Zweidrittelzeitpunkt gemäß § 67 IV StGB zulässt (so z.B. nunmehr OLG Hamburg, Beschluss vom 05.02.2018 - 2 Ws 10/18 = StraFo 2018, 173 = BeckRS 2018, 1055), im vorliegenden Fall der Verurteilte also das letzte Drittel der Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten vollständig verbüßt hätte. Entgegen der Ansicht des OLG Hamburg (a.a.O.) hält der Senat auch weiterhin an seiner im Beschluss vom 20.12.2018 (OLG Bamberg a.a.O.) geäußerten Auffassung fest, dass eine Nichtanrechnung über den Zweidrittelzeitpunkt hinaus nicht mit dem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 GG zu vereinbaren wäre, wenn man nach der Einführung des § 67d VI StGB bei anfänglicher Fehleinweisung aufgrund einer tatsächlichen Fehldiagnose des Sachverständigen eine Erledigterklärung zulässt, aber den Verurteilten auf das Wiederaufnahmeverfahren verweisen würde, um erst nach dortiger Feststellung, dass die Maßregelanordnung zu Unrecht erfolgt ist, eine Entscheidung über eine vollständige Anrechnung zu ermöglichen. Wenn man allerdings - wie auch das OLG Rostock - eine ggf. auch vollständige Anrechnung zulässt, kommt dem Umstand, dass ein Betroffener, der nie an einer krankheitswertigen psychischen Störung i.S.d. §§ 20, 21 StGB gelitten hatte, von Beginn an zu Unrecht in den Maßregelvollzug eingewiesen worden war, - entgegen der Ansicht des OLG Rostock - keine entscheidende Bedeutung für die Frage zu, ob bei vollständiger Anrechnung eine Führungsaufsicht grundsätzlich kraft Gesetzes nach § 68f I StGB eintritt. Die Situation ist keine andere als in anderen Fällen der vollständigen Verbüßung der Freiheitsstrafe durch Anrechnung. Der Sicherungszweck der Führungsaufsicht spricht auch in diesen Fällen für den Eintritt (vgl. auch Fischer § 68f Rn. 5 a.E.). Die Argumentation des OLG Rostock, dass der Überwachungsaspekt auf einen Betroffenen, der nie an einer krankheitswertigen psychischen Störung i.S.d. §§ 20, 21 StGB gelitten hatte und daher von Beginn an zu Unrecht in den Maßregelvollzug eingewiesen worden war, nicht zutreffen soll, würde letztlich dazu führen, diesen bei allen Straftätern, bei denen keine Störung i.S.v. §§ 20, 21 StGB festgestellt wurde, in Frage zu stellen. Dies wäre mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 68f StGB nicht in Einklang zu bringen. Ein mangels Vorliegens einer krankheitswertigen psychischen Störung i.S.d. §§ 20, 21 StGB eventuelles Weniger an Gefährlichkeit lässt sich - ebenso wie die Erwägung des OLG Rostock dazu, dass es sich bei dem dort Verurteilten um einen Erstverbüßer gehandelt habe - nicht allgemein gegen die grundsätzlich gemäß § 68f I StGB kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht anführen, sondern kann allenfalls bei der Entscheidung nach § 68f II StGB zu berücksichtigen sein.
b) Eine Vorlage an den BGH ist nicht veranlasst. Denn im vorliegenden Beschwerdeverfahren war nicht mehr über die Erledigung einer Maßregel in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung zu befinden (vgl. § 121 II Nr. 3 i.V.m. I Nr. 2 GVG).
c) Die Entscheidung der StVK, dass eine Anordnung nach § 68f II StGB nicht in Betracht kommt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar kann gemäß § 68f II StGB angeordnet werden, dass die Maßregel entfällt, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird. Eine solche Anordnung hat jedoch Ausnahmecharakter. Zweifel gehen zu Lasten des Verurteilten. Die Anforderungen nach § 68f II StGB sind strenger als die nach § 57 I Nr. 2 StGB (vgl. Fischer § 68f Rn. 9). Der Senat teilt die Prognosebeurteilung der StVK und schließt sich dieser ausdrücklich an. Die Begründung wird durch das Beschwerdevorbringen […] nicht entkräftet. Entgegen der Auffassung der Verteidigung hat der Sachverständige gerade nicht positiv festgestellt, dass die Erwartung bestehe, der Verurteilte werde auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen. Dieser hat vielmehr […] im Ergebnis ausgeführt, dass das Kriminalitätsrisiko zwar gering sei, aber weiterhin die Diagnose einer Pädophilie des nicht-ausschließlichen Typs zu stellen sei. Hieraus schließt der Senat, dass durchaus die Wahrscheinlichkeit besteht, dass er - insbesondere bei wenig integrierter Lebensweise - erneut Straftaten in Form pädophiler Delinquenz begehen wird. Auch wenn der Sachverständige die Wahrscheinlichkeit als gering eingeschätzt hat, verbleiben Zweifel, die zu Lasten des Verurteilten wirken und einer positiven Prognose i.S.d. § 68f II StGB entgegen stehen. […]