Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Jan. 2016 - L 8 SO 38/12

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:0114.L8SO38.12.00
14.01.2016

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren u.a. die rückwirkende Bewilligung von Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

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Der am ... 1960 in B. geborene Kläger lebte nach der Auskunft aus dem Melderegister vom 17. Januar 2002 von 1996 bis zum 12. November 2001 im Ausland (USA, Norwegen, Dänemark) und seit dem 13. November 2001 in H ... Er stellte am 22. November 2001 bei der Beklagten den Antrag auf Sozialhilfe in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt (im Weiteren: HLU). Zur Begründung seiner Hilfebedürftigkeit gab er die "Vollstreckung in unpfändbare Anteile früheren Einkommens, Vollstreckungshandlung in Höhe von über 490 TDM (strittige Forderungen)" an. Spar- und Bankguthaben seien "gepfändet/negativ". In Bezug auf Forderungen, Wertpapiere, Aktien, Pfandbriefe u.a. werde auf eine - nicht beigefügte - Anlage verwiesen. Er sei am ... 2001 geschieden worden; eine Unterhaltsregelung sei nicht getroffen worden. Eine Abtretung seiner Ansprüche gegenüber unterhaltsverpflichteten Angehörigen erfolge erst, wenn diese festgestellt seien; gegenwärtig würden Unterhaltsansprüche nicht erfüllt. Er sei seit 2000 beim Arbeitsamt arbeitsuchend gemeldet; eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung sei bislang nicht erfolgt. Eine Bankverbindung für zu gewährende Leistungen werde nach Bescheidung mitgeteilt. Am 7. Dezember 2001 übersandte er u.a. Kopien von Kontoauszügen und teilte der Beklagten mit, dass, sofern Auskünfte von Dritten erwünscht würden, diese von ihm beigebracht würden. Von der Kontaktaufnahme mit Dritten sei abzusehen. Am 7. Januar 2002 übermittelte er Kopien der Seite 1 und des ersten Absatzes der Seite 2 des Tenors des Scheidungsurteils vom ... 2001. Am 16. Januar 2002 legte er Aufstellungen über Grundvermögen, sonstige Vermögenswerte und Zahlungsverpflichtungen sowie Bankkonten vor; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 40 bis 42 der Verwaltungsakte Bd. 1 Bezug genommen.

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Mit Bescheid vom 30. Januar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Sozialhilfe in Form eines Darlehens gemäß § 89 BSHG für den Zeitraum vom 22. November 2001 bis zum 31. Januar 2002 (für November 2001 135,74 EUR, für Dezember 2001 518,93 EUR und für Januar 2002 452,46 EUR). Das Darlehen werde zinslos gewährt. Die Rückzahlung werde durch einen gesonderten Rückzahlungsbescheid geregelt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe angegeben, Vermögen in Form von sieben Grundstücken und 20 vollstreckbaren Titeln mit Hauptforderungen in Höhe von 154.739,00 EUR zu besitzen, daraus aber derzeit keine verwertbaren Einnahmen erzielen zu können. Mit weiterem Bescheid vom 30. Januar 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger einen besonderen Mietzuschuss gemäß §§ 31 ff. Wohngeldgesetz (WoGG) in Höhe von 41,00 EUR pro Monat. Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 19. Februar 2002 Widerspruch ein und wandte sich insbesondere gegen die Gewährung der Sozialhilfe als Darlehen. Er sei zwar Eigentümer diverser Grundstücke; diese seien aber zumindest in absehbarer Zeit nicht veräußerbar. Teilweise sei der Verkauf infolge von Zwangsversteigerungsmaßnahmen und aus Sanierungsgründen untersagt. Die diversen vollstreckbaren Forderungen seien wegen Zahlungsunfähig- bzw. Zahlungsunwilligkeit der Schuldner in absehbarer Zeit nicht zu realisieren. Ob ein Erlösüberschuss bei Veräußerung von Grundstücken und Forderungen zu erzielen sei, könne nur durch einen Sachverständigen substantiiert dargelegt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Januar 2002 als unbegründet zurück. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass dem Kläger Sozialhilfe als Darlehen bewilligt worden sei. Da die sofortige Verwertung der vom Kläger angegebenen Grundstücke und Forderungen nicht möglich sei, seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 89 BSHG erfüllt. Hiergegen erhob der Kläger am 31. Mai 2002 Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Halle (4 A 302/02 HAL). Der Rechtsstreit wurde in der mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2004 in Bezug auf das später anhängig gewordene Verfahren 4 A 370/03 HAL, das den gleichen Streitgegenstand betraf, übereinstimmend für erledigt erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 46 bis 60 der Gerichtsakte 4 A 302/02 HAL Bezug genommen.

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Zum 1. April 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger eine einmalige Bekleidungshilfe in Höhe von 130,00 EUR (nachfolgender Bescheid vom 10. Oktober 2002).

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Mit Schreiben vom 5. Juli 2002 wies die Beklagte auf fehlende Unterlagen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der HLU hin und forderte den Kläger auf, u.a. Gewerbean- und -abmeldung, Steuerbescheide des Finanzamtes, den Nachweis über seine Meldung beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender, den Ablehnungsbescheid in Bezug auf eine Leistungsgewährung des Arbeitsamtes, Nachweise über Einkommen aus Vermietung und Verpachtung der vorhandenen Grundstücke bzw. Wohnungen sowie über die erfolglos gebliebene Vermarktung der Grundstücke und anhängige Zwangsversteigerungsmaßnahmen vorzulegen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung von Sozialleistungen seien bereits zweifelsfrei festgestellt. Soweit nunmehr weitere Auskünfte erwünscht würden, seien von der Beklagten die relevanten Sachverhalte zu benennen. Mit Bescheid vom 23. Juli 2002 versagte die Beklagte gemäß § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) die Leistung wegen fehlender Mitwirkung bis zu deren Nachholung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2002 als unbegründet zurück. Mit Beschluss des VG Halle vom 6. November 2002 in dem Verfahren 4 B 260/02 HAL wurde die Beklagte zur vorläufigen darlehensweisen Gewährung von HLU für den Zeitraum vom 17. Oktober bis zum 30. November 2002 verpflichtet. In Ausführung des Beschlusses bewilligte die Beklagte dem Kläger mit den Bescheiden vom 22. November 2002 einen besonderen Mietzuschuss für Oktober und November 2002 in Höhe von 128,00 EUR monatlich und für Oktober und November 2002 HLU als Darlehen in Höhe von 285,24 EUR und 589,48 EUR. Hiergegen legte der Kläger am 27. November 2002 Widerspruch ein.

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Bereits mit Schreiben vom 11. November 2002 hatte der Kläger darauf hingewiesen, weder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung noch sonstige Einnahmen zu erzielen. Er sei lediglich geringfügig selbstständig tätig gewesen und könne infolge der Vielzahl von Streit-verfahren, ausgebrachter Vollstreckungshandlungen und zeitlicher Überlastung keine Geschäftstätigkeit ausüben. Einkommensteuerbescheide für 2000 und 2001 lägen noch nicht vor und könnten auch nur ein negatives Einkommen ausweisen. Nähere Angaben über Einkünfte und Aufwendungen könne er nicht beibringen, da ihm keine konkreten Übersich-ten/Bilanzen vorlägen. Um seine einzelnen Aktivitäten zur Erzielung von Einkünften und zur Verwertung seines Vermögens sowie zur Realisierung von Forderungen substantiiert darlegen und unter Beweis stellen zu können, sei die Einsichtnahme in Unterlagen im Umfang von über 200 Ordnern erforderlich. Zudem befinde sich eine Vielzahl von Unterlagen bei von ihm beauftragten Vertretern. Insoweit sei ein geschätzter Zeitaufwand von mindestens 500 Stunden und mindestens 1000 Aktenkopien erforderlich. Ferner wären aktuelle Grundbuchauszüge abzufordern. Die damit verbundenen Kosten dürften sich mindestens auf 200,00 EUR belaufen. Sollten weitergehende Auskünfte erforderlich sein, werde bereits jetzt zur Erstellung eines entsprechenden Berichtes ein Auslagenvorschuss beantragt.

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Mit Bescheid vom 14. November 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger geänderte HLU vom 22. November 2001 bis zum 31. Juli 2002 in Höhe von 172,97 EUR für November 2001, 576,58 EUR für die Monate Dezember 2001 bis Juni 2002 und 582,48 EUR für Juli 2002. Dabei berücksichtigte sie monatlich einen Regelsatz in Höhe von 276,10 EUR (ab 1. Juli 2002 282,00 EUR), einen Beitrag zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 110,20 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 325,28 EUR abzüglich eines besonderen Mietzuschusses in Höhe von 135,00 EUR. Für Dezember 2001 bewilligte sie zusätzlich eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 66,47 EUR. Der Bescheid sei als Änderungsbescheid zum Bescheid vom 30. Januar 2002 anzusehen, d.h. auch diese Hilfe werde als Darlehen nach § 89 BSHG gewährt und unterliege der Rückforderung. Mit weiterem Bescheid vom 14. November 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen besonderen Mietzuschusses in Höhe von 135,00 EUR. Ebenfalls unter dem 14. November 2002 stellte die Beklagte die Gewährung des besonderen Mietzuschusses mit Ablauf des 31. Juli 2002 ein. Der Kläger legte gegen alle Bescheide vom 14. November 2002 am 18. November 2002 Widerspruch ein.

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Mit Schreiben vom 22. November 2002 gab die Beklagte dem Kläger u.a. auf, bis zum 29. November 2002 seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse detailliert und lückenlos offen zu legen, insbesondere, lückenlose aktuelle Kontoauszüge des letzten Vierteljahres für alle vier Konten, die Einkommensteuererklärungen und -bescheide ab dem Jahr 2000 sowie Nachweise, ob und wenn ja, in welcher Höhe Einkommen aus Vermietung und Verpachtung bzw. aus dem Gewerbebetrieb seit Januar 2000 erzielt worden sei. Der Kläger wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen könne, wenn die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen seien. Diese Aufforderung stelle keinen widerspruchsfähigen Bescheid dar, sondern diene der Bescheidvorbereitung. Hiergegen legte der Kläger am 27. November 2002 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf sein Schreiben vom 11. November 2002.

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Mit Bescheid vom 2. Dezember 2002 versagte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. Dezember 2002 die Gewährung von HLU. Mit Schreiben vom 22. November 2002 in Verbindung mit dem Beschluss des VG Halle vom 6. November 2002 (4 B 260/02 HAL) sei der Kläger beauflagt worden, leistungsrelevante Nachweisunterlagen zur Prüfung der Bedürftigkeit bis zum 29. November 2001 einzureichen. Gleichzeitig sei er auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung hingewiesen worden. In Ausübung ihres Ermessens werde die Leistung vollständig versagt. Eine teilweise Versagung sei nicht angebracht, da der Kläger nicht bereit sei, in irgendeiner Art und Weise mitzuwirken. Hiergegen legte der Kläger am 5. Dezember 2002 Widerspruch ein.

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Am 13. Dezember 2002 legte er der Beklagten Kopien von drei Kontoauszügen für zwei Konten bei der D. B. (Kontonummern ... und ...) und ein Konto bei der S. D. (Kontonummer ...) vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 233 bis 235 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

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Im Hinblick auf die Ausführungen in dem Beschluss des VG Halle vom November 2002 in dem Verfahren 4 B 260/02 HAL hob die Beklagte unter dem 14. Januar 2003 ihren Bescheid vom 23. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2002 auf. Ebenfalls unter dem 14. Januar 2003 forderte sie den Kläger auf, bis zum 29. Januar 2003 seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse detailliert und lückenlos offen zu legen und wiederholte im Wesentlichen die Ausführungen im Schreiben vom 5. Juli 2002; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 244 bis 246 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Hiergegen legte der Kläger am 20. Januar 2003 Widerspruch ein mit der Begründung, die Auflagen seien unerfüllbar und die genannte Frist unangemessen. Er erschien am 3. Februar 2003 bei der Beklagten und legte zahlreiche Kontoauszüge vor, die er jedoch weder im Original noch in Fotokopie überlassen wollte.

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Mit Bescheid vom 10. Februar 2003 versagte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. August 2002 die Gewährung von HLU. Mit Schreiben vom 14. Januar 2003 sei der Kläger beauflagt worden, leistungsrelevante Nachweisunterlagen zur Prüfung der Bedürftigkeit bis zum 29. Januar 2003 einzureichen. Gleichzeitig sei er auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung hingewiesen worden. In Ausübung ihres Ermessens werde die Leistung vollständig versagt. Eine teilweise Versagung sei nicht angebracht, da der Kläger nicht bereit sei, mitzuwirken. Bei seiner Vorsprache am 3. Februar 2003 habe er zwar eine Aufstellung von Kontoauszügen vorgelegt, sei jedoch nicht bereit gewesen, diese Kontoauszüge zur Prüfung zu überlassen. Nach wie vor seien nicht die Kontoauszüge aller Banken vorgelegt worden. Auch den übrigen Auflagen sei er nicht nachgekommen. Hiergegen legte der Kläger am 21. Februar 2003 Widerspruch ein.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2003 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 14. November 2002 als unbegründet zurück. Dagegen erhob der Kläger am 26. März 2003 Klage beim VG Halle (4 A 370/03 HAL). Dort fand am 29. Oktober 2004 die mündliche Verhandlung statt, in der der Kläger Angaben u.a. zu von ihm verrichteten unselbstständigen Tätigkeiten für die A. GmbH in B. und D. L., Mieteinnahmen aus seinen Eigentumswohnungen in "S." und "A.", zur Übernahme seiner Mietzinsverpflichtungen und Krankenversicherungsbeiträge sowie Zurverfügungstellung eines Pkw durch D. K., zu Einkommenssteuerbescheiden ab 2000, Zahlungen auf eine Darlehensforderung der B. G. und zu den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken - insbesondere in der L. in H. - machte; wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Das VG wies die Klage als unbegründet ab. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die HLU als Darlehen gewährt habe. Der Kläger habe im Bewilligungszeitraum, d.h. vom 22. November 2001 bis zum 20. Juli 2002 über verwertbares Vermögen verfügt. Hierbei handele es sich in erster Linie um das Grundstück L. in H ... Zwar sei dieses Grundstück seit dem 2. August 2000 mit Grundschulden über 593.100,00 DM (303.247,21 EUR) und 996.300,00 DM (509.400,10 EUR) belastet. Gleichwohl handele es sich um verwertbares Vermögen im Sinne des § 88 BSHG, bei dessen Veräußerung ein Überschuss zu Gunsten des Klägers zu erwarten gewesen sei. Bei der auf dem Grundstück lastenden erstrangigen Grundschuld zu 303.247,21 EUR handele es sich nämlich bis zum 28. Mai 2002 um eine Eigentümergrundschuld, die einen Veräußerungserlös zu Gunsten des Klägers nicht hätte verhindern können. Diese Grundschuld sei Anfang 2002 an F. abgetreten worden. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei jedoch von F. bislang nur ein sehr geringer Betrag von etwa 5.000 EUR gezahlt worden, so dass es an einer zu sichernden Forderung in Höhe des Grundschuldbetrages fehle. Damit sei das Grundstück L. in H. praktisch unbelastet, denn auch das mit der zweitrangigen Grundschuld zu 509.400,10 EUR zu sichernde Darlehen aus den Mitteln der Wohnungsbauförderung sei an den Kläger nicht ausgezahlt worden. Vor diesem Hintergrund habe es keiner Vertiefung bedurft, ob es sich bei den anderen Grundstücken des Klägers um verwertbares Vermögen handele. Auch könne offen bleiben, ob die angegebenen Forderungen des Klägers gegen Dritte tatsächlich nicht realisierbar gewesen seien. Ein besonderer Mietzuschuss sei nur zu leisten, wenn der Betreffende laufende Leistungen der HLU nach dem BSHG tatsächlich erhalte. Dies sei beim Kläger ab dem 1. August 2002 nicht mehr der Fall. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht (OVG) mit Beschluss vom 22. Februar 2006 ab (3 L 26/05).

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Ebenfalls unter dem 24. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2002 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 26. März 2003 Klage beim VG H. (4 A 371/03 HAL). Auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2004 wies das VG die Klage ab. Die Versagung von Leistungen ab dem 1. Dezember 2002 sei rechtmäßig. Der Kläger habe die von der Beklagten geforderte Mitwirkung unterlassen, wodurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert worden sei. Der Kläger sei von der Beklagten auf die Folgen fehlender Mitwirkung schriftlich hingewiesen worden. Die Einkommensverhältnisse des Klägers seien im Zeitpunkt der Versagung unklar gewesen, da er bis zum 2. Dezember 2002 noch keine Kontoauszüge und für die Jahre ab 2000 weder Einkommensteuerbescheide noch -erklärungen vorgelegt habe. Bis zum 2. Dezember 2002 habe es insgesamt an näheren überprüfbaren Darlegungen der Einnahmen und Ausgaben des Klägers gefehlt. Anhaltspunkte für eigenes Einkommen des Klägers hätten sich aus dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes H. vom 5. März 2001 ergeben, wonach der Kläger im Jahre 1999 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 30.580,00 DM gehabt habe. Auch stünden Vollstreckungshandlungen keiner gewerblichen Tätigkeit entgegen. Insgesamt sei nach den Angaben des Klägers für die Beklagte völlig unklar, welchen Beschäftigungen dieser eigentlich nachgehe. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG mit Beschluss vom 8. März 2006 ab (3 L 27/05).

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Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 24. März 2003 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 22. November 2002 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger ebenfalls am 26. März 2003 Klage beim VG Halle (4 A 374/03). Auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2004 wies das VG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Bewilligung der ihm gewährten HLU als Beihilfe. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen gewährt habe. Zur Begründung wiederholte das VG im Wesentlichen die Gründe im Urteil vom 29. Oktober 2004 in dem Verfahren 4 A 370/03. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG mit Beschluss vom 22. Februar 2006 ab (3 L 28/05).

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Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Februar 2003 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 27. April 2003 Klage beim VG Halle (4 A 524/03 HAL). Auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2004 wies das VG die Klage ab. Die Versagung von Leistungen ab dem 1. August 2002 sei rechtmäßig. Die Einkommensverhältnisse des Klägers seien im Zeitpunkt der Versagung unklar gewesen, da er bis zum 29. Januar 2003 noch keine Kontoauszüge und weder Einkommensteuerbescheide noch -erklärungen vorgelegt habe. Im Übrigen werden im Wesentlichen die Ausführungen im Urteil vom 29. Oktober 2004 in dem Verfahren 4 A 371/03 HAL wiederholt. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG mit Beschluss vom 22. Februar 2006 ab (3 L 29/05).

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Am 9. Juni 2003 erhob der Kläger Klage beim VG Halle mit dem Ziel der Bescheidung seiner Widersprüche gegen die Schreiben der Beklagten vom 5. Juli und 22. November 2002 und 14. Januar 2003 (4 A 678/03 HAL, 4 A 677/03 HAL und 4 A 675/03 HAL). Das VG wies die Klagen jeweils als unzulässig ab. Die Anträge auf Zulassung der Berufung wurden mit Beschlüssen des OVG vom 1., 2. und 3. März 2005 abgelehnt (3 L 32/05, 3 L 31/05 und 3 L 30/05).

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Mit Bescheid vom 8. März 2004 forderte die Beklagte vom Kläger die Rückzahlung der im Zeitraum vom 22. November 2001 bis zum 30. November 2002 erhaltenen Sozialhilfe - abzüglich des besonderen Mietzuschusses - in Höhe von insgesamt 5.852,70 EUR. Nachdem der Kläger hiergegen am 23. März 2004 Widerspruch eingelegt hatte, forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 22. März 2004 auf, eine konkrete Aufstellung der gegenwärtigen gesamten Einkommens- und Vermögenssituation inklusive Mieteinnahmen für die Eigentumswohnungen vorzulegen, damit über den Widerspruch entschieden werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2004 wies die Beklagte den Wider-spruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei nach dem dortigen Kenntnisstand nach wie vor im Besitz von verwertbarem Vermögen. Über den Stand der Verwertung der nach dem Stand 2001 unbebauten drei Grundstücke in D., K. und N. sowie Nachweise, ob aus den 20 Vollstreckungstiteln Geld zugeflossen sei, lägen weiterhin nicht vor. Ein Antrag auf Stundung der Rückzahlung sei nicht gestellt worden, so dass von einer möglichen Rückzahlung in einer Summe ausgegangen werden müsse. Im Rahmen der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen, dass zwischen der letzten Hilfegewährung und dem Erlass des Rückforde-rungsbescheides 16 Monate vergangen seien, in denen keinerlei Leistungen nach dem BSHG beantragt worden seien. Die am 15. Oktober 2004 erhobene Klage (4 A 822/04 HAL) wies das VG Halle mit Urteil vom 27. März 2007 ab. Die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der ihm darlehensweise gewährten Sozialleistungen ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 30. Januar 2002. Der angefochtene Bescheid stelle den Rückzahlungsbescheid dar. Dieser sei nicht zu beanstanden, insbesondere nicht ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe sich davon leiten lassen, dass der Kläger über einen Zeitraum von 16 Monaten keine Sozialhilfeleistungen beantragt habe. Bereits dieser Umstand spreche dafür, dass er über Einkünfte verfügt haben müsse, aus denen er seinen Unterhalt habe bestreiten können. Soweit der Kläger vorgetragen habe, sein gesamtes Vermögen sei mit Grundschulden und Hypotheken belastet und damit nicht verwertbar, habe er nicht nachgewiesen, in welcher Höhe Belastungen tatsächlich noch vorhanden seien. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, welche seiner Forderungen in welcher Höhe zwischenzeitlich von Schuldnern ausgeglichen worden seien. Insgesamt bestünden Zweifel an den Angaben des Klägers. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG mit Beschluss vom 27. April 2009 ab (3 L 180/07).

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Am 15. März 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm 5.180,36 EUR Sozialleis-tungen zu erbringen. Ihm seien sämtliche Bankverbindungen gekündigt und daraus resultie-rende Forderungen in Höhe von ca. 5000,00 EUR fällig gestellt worden. Darüber hinaus sei er Forderungen für Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 5.180,36 EUR ausgesetzt. Er verfüge lediglich über Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit in Höhe von 100,00 EUR im Monat und ab März 2004 aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 116,00 EUR im Monat. Unter dem 16. März 2004 wies die Beklagte darauf hin, dass die Einstellung der HLU vor 15 Monaten erfolgt sei. Zur Prüfung des neuen Antrags seien Unterlagen erforderlich, u.a. Miet- oder Nutzungsvertrag für die Wohnung mit der derzeit aktuellen Kaltmiete und den aktuellen Betriebs- und Heizkosten, Mieteinzahlungsbelege der letzten drei Monate oder Nachweis über die aktuelle Höhe von Mietschulden, lückenlose Kontoauszüge aller vorhandenen Konten ab Dezember 2003 und Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheide von 2000 bis 2002. Hiergegen legte der Kläger am 23. März 2004 Widerspruch ein mit der Begründung, er habe bereits sämtliche erforderliche Unterlagen eingereicht. Mit Bescheid vom 15. April 2004 lehnte die Beklagte die weitere Bearbeitung des Antrages ab. Er habe keine der angeforderten Unterlagen beigebracht. Die beantragte HLU werde bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Bezogen auf die erneute Antragstellung seien das Beibringen von leistungsrelevantem Belegmaterial und ein ausgefüllter Sozialhilfeantrag erforderlich. Auch die Angaben über Einkünfte aus unselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit seien zu belegen bzw. nachzuweisen. Die hiergegen am 3. Juli 2004 beim VG Halle erhobene Klage (4 A 576/04 HAL) wurde mit Urteil vom 29. Oktober 2004 abgewiesen. Die Voraussetzungen der Versagung der Leistung wegen fehlender Mitwirkung lägen vor. Der Kläger habe die in § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I vorgesehene und von der Beklagten geforderte Mitwirkung unterlassen. Hierdurch sei die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert worden. Genauere Kenntnisse über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers seien ohne dessen Mitwirkung nicht zu erlangen gewesen. Die Einkommensverhältnisse seien zunächst deswegen unklar gewesen, da er bis zum 15. April 2004 noch keine Kontoauszüge für die Zeit ab Dezember 2003 vorgelegt habe. Ferner habe er keine Angaben über weitere Zahlungen an ihn auf das Konto Nr ... bei der B. gemacht. Auch habe er für die Jahre ab 2000 weder Einkommensteuerbescheide noch -erklärungen vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 147 bis 153 der Gerichtsakte des VG Bezug genommen. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des OVG vom 19. Mai 2006 abgelehnt (3 L 37/05).

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Seit dem 1. Januar 2005 bezieht der Kläger nach seinen Angaben Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II).

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Am 3. Juli 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten, sämtliche ihn nicht begünstigende Verwaltungsakte zurückzunehmen und Sozialleistungen für den Zeitraum ab dem 22. November 2001 nach den gesetzlichen Regelungen zu gewähren. Bislang seien ihm die beantragten Sozialleistungen verwehrt geblieben. Zwischenzeitlich hätten seine Vermögens-verhältnisse vollumfänglich aufklärt worden und es habe festgestellt werden können, dass einsetzbares Vermögen nicht vorliege. Er hat eine Bescheinigung von D. L. vom 2. Juli 2004 vorgelegt, wonach er - der Kläger - ab März 2004 für eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit netto 100,00 EUR in bar monatlich erhalte. Darüber hinausgehende Zahlungen für die selbstständigen gewerblichen Tätigkeiten würden nicht geleistet. Beigefügt waren Verdienstbescheinigungen für Dezember 2003 und Dezember 2004. Der Kläger legte zudem Bodenrichtwertauskünfte nach § 196 Baugesetzbuch (BauGB) zum Flurstück... der Gemar-kung K. und zweier Eigentumswohnungen in W. vom 27. September 2005 vor. Danach überschritten die Abrisskosten des Gebäudes Flurstück ... den Bodenwert des Grundstückes um ein Vielfaches. Hinsichtlich der Eigentumswohnungen, die 31,15 m² und 46,45 m² groß seien, sei jeweils ein Preis von ca. 500,00 EUR/m² anzusetzen. Der Kläger übersandte ferner die Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte vom 18. April 2006 über die Grundstücke L. in H. (Marktwert zum 10. April 2006 20.000,00 EUR), des Grundstücks T. in N. (Marktwert zum 6. Dezember 2005 282,00 EUR) und des Grundstücks R. in D. (Marktwert zum 6. Dezember 2005 1,00 EUR).

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Mit Bescheid vom 1. November 2006 lehnte die Beklagte den Antrag, sämtliche den Kläger nicht begünstigende Verwaltungsakte zurückzunehmen und Sozialleistungen nach den gesetzlichen Regelungen zu gewähren, gemäß § 44 Abs. 1 und 3 Zehntes Buch Sozialge-setzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) ab. HLU habe grundsätzlich die Funktion, eine gegenwärtige Notlage zu sichern. Hilfe für die Vergangenheit sei unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ausgeschlossen. Hiergegen legte der Kläger am 13. November 2006 Widerspruch ein und machte geltend, dass der Antrag vom 30. Juni 2006 hilfsweise als Kostenerstattungsantrag auszulegen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und wiederholte zur Begründung ihre Ausführungen im Ausgangsbescheid.

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Mit der am 11. Mai 2007 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger die Rücknahme der in der Vergangenheit ergangenen belastenden Verwaltungsakte und die Gewährung von Sozialleistungen für den Zeitraum ab dem 22. November 2001 weiterverfolgt. Er sei zwischenzeitlich seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen, so dass der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zum Erfolg führen müsse. Er habe von November 2001 bis März 2003 keine Einnahmen gehabt und sei in dieser Zeit durch einen Bekannten unterstützt worden, der unter anderem auch seine Krankenversicherung bezahlt habe. Von April bis zum 31. Dezember 2003 habe er im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma A. GmbH insgesamt 1.100,00 EUR erhalten. Seit Januar 2004 beziehe er aus dieser geringfügigen Beschäftigung weiterhin 100,00 EUR pro Monat. Daneben sei er seit März 2004 geringfügig bei der Firma G. e.K. auf selbstständiger Basis für ebenfalls 100,00 EUR im Monat beschäftigt. Soweit ihn sein Bekannter unterstützt habe, sei er ihm zur Rückzahlung der von diesem ausgelegten Beträge verpflichtet. Er hat eine Aufstellung von "Privatauslagen zu Lebenshaltungskosten im Zeitraum Dezember 2001 bis Dezember 2004" der Firma G. e.K., Inhaber D. L., vom August 2008 vorgelegt, wonach zum 30. September 2008 ein Gesamtforderungsbetrag von 26.627,95 EUR gegenüber ihm - dem Kläger - bestehe. Eine Verjährungseinrede habe er - der Kläger - nicht erhoben. Er hat ferner Kopien eines Grundbuchauszuges hinsichtlich des Grundstückes L. in H. vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 88 a bis l der Gerichtsakte Bezug genommen.

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Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 21. November 2012 hat der Kläger beantragt,

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den Bescheid vom 1. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

26

die Bescheide vom 30. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002 und die Bescheide vom 14. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 zurückzunehmen und ihm ab dem 22. November 2001 bis zum 31. Juli 2002 Sozialhilfe als Beihilfe zu gewähren,

27

die Bescheide vom 22. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 zurückzunehmen und ihm ab dem 17. Oktober 2002 bis zum 30. November 2002 Sozialhilfe als Beihilfe zu gewähren,

28

den Bescheid vom 8. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2004 zurückzunehmen,

29

die Schreiben vom 5. Juli 2002, 22. November 2002 und 14. Januar 2003, soweit es sich hierbei um Verwaltungsakte handelt, zurückzunehmen,

30

den Bescheid vom 10. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2003 zurückzunehmen und ihm ab dem 1. August 2002 Sozialhilfe als Beihilfe zu gewähren,

31

den Bescheid vom 2. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 zurückzunehmen und dem Kläger ab dem 1. Dezember 2002 Sozialhilfe als Beihilfe zu gewähren,

32

den Bescheid vom 15. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2004 zurückzunehmen und ihm ab dem 14. März 2004 Sozialhilfe als Beihilfe zu gewähren.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21. November 2012 - Blatt 124 bis127 der Gerichtsakte - Bezug genommen.

36

Auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Rücknahme der zur Überprüfung gestellten Bescheide bestehe nicht. Eine rückwirkende Korrektur bestandskräftiger rechtswidriger Leistungsablehnungen im Recht des BSHG über § 44 SGB X sei grundsätzlich möglich (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, juris). Die Rechtsprechung des BVerwG zur Nichtanwendung des §§ 44 SGB X habe das BSG ausdrücklich weder für das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) noch für das BSHG aufrechterhalten. Soweit der Kläger die Rücknahme der Darlehensbescheide vom 30. Januar und 14. November 2002 sowie die Bewilligung von Sozialhilfe als nicht rückzahlbare Beihilfe für den Zeitraum vom 22. November bis zum 31. Dezember 2001 begehre, scheitere der Anspruch bereits an der Ausschlussfrist des §§ 44 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB X. Im vorliegenden Fall habe die Frist gemäß § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X aufgrund des am 30. Juni 2006 gestellten Antrages am 1. Januar 2002 geendet. Damit sei die Erbringung von Leistungen für den vorangegangenen Zeitraum ausgeschlossen. Auch für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2002 bestehe kein Anspruch auf Rücknahme der Darlehensbescheide vom 30. Januar und 14. November 2002 dahingehend, dass dem Kläger die darlehensweise gewährte Sozialhilfe als Zuschuss zu gewähren gewesen wäre. Denn der Kläger habe im maßgeblichen Bewilligungszeitraum über im Sinne von § 88 BSHG verwertbares Vermögen in Form von Grundbesitz verfügt. Er sei Eigentümer des Grundstücks L. in H., das nach dem im Verwaltungsverfahren eingereichten Verkehrswertgutachten vom 18. April 2006 einen Verkehrswert von 20.000,00 EUR gehabt habe. Dem stünden die eingetragenen Grundschulden nicht entgegen, da bei der Veräußerung gleichwohl ein Überschuss zu erwarten gewesen wäre. Die Verwertung hätte für den Kläger auch keine unbillige Härte bedeutet. Aus den vorgenannten Gründen habe die Beklagte auch zu Recht für den Zeitraum vom 17. Oktober bis zum 30. November 2002 dem Kläger HLU lediglich als Darlehen gewährt. Zudem sei die Rückforderung des gewährten Darlehens in Höhe von 5. 852,70 EUR rechtmäßig gewesen. Rechtsgrundlage seien die Bescheide der Beklagten vom 31. Januar, 14. November und 22. November 2002, mit denen sie die HLU für den Zeitraum vom 22. November 2001 bis zum 31. Juli 2002 und vom 17. Oktober bis zum 30. November 2002 als Darlehen bewilligt habe. Insoweit habe die Beklagte das ihr eröffnete Ermessen pflichtmäßig ausgeübt. Sie habe den Umstand, dass der Kläger seit 16 Monaten keine Sozialhilfeleistungen beantragt habe, so ausgelegt, dass eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wieder vorliege. Der Kläger habe seine mangelnde Leistungsfähigkeit bzw. Notlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides nicht ausreichend belegt und auch die von der Beklagten aufgeworfenen Zweifel an seinen Angaben zu seinen Einkommens und Vermögensverhältnissen nicht ausgeräumt. Schließlich sei die Versagung der Leistungen zur HLU jeweils ab dem 1. August bzw. 1. Dezember 2002 wegen fehlender Mitwirkung rechtmäßig. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, die mit den Schreiben der Beklagten vom 14. Januar 2003 und 16. März 2004 geforderten Unterlagen, insbesondere die Kontoauszüge für alle seine vorhandenen Konten, Nachweise für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkommensteuerbescheide sowie die Informationen zur Verwertung seiner Grundstücke und Forderungen vorzulegen bzw. beizubringen. Die Beklagte habe auch jeweils das ihr bei der Versagung der Leistung zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Schließlich habe der Kläger die verlangten Unterlagen bis heute nicht vollständig nachgereicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 156 bis 172 der Gerichtsakte Bezug genommen.

37

Der Kläger hat nach Zustellung der Sitzungsniederschrift am 28. November 2012 am 17. Dezember 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Das am 19. April 2013 zur Geschäftsstelle gelangte Urteil ist dem Kläger am 27. April 2013 zugestellt worden. Zur Begründung hat der Kläger geltend gemacht, die Vierjahresfrist des § 44 SGB X könne nicht zur Anwendung kommen, da das Verfahren zur Überprüfung der Bescheide vom 30. Januar und 24. November 2002 erst mit dem Beschluss des OVG vom 22. Februar 2006 beendet gewesen sei. Bereits vier Monate später habe er den Überprüfungsantrag gestellt. In Bezug auf seine Vermögensverhältnisse habe sich das Sozialgericht auf Teilbetrachtungen beschränkt. Bei dem Grundstück L. in H. handele es sich um ein zur Einkommenserzielung notwendiges Objekt. Er habe dieses zum Zwecke der Vermietung angeschafft und in diesem Rahmen den Ausbau geförderten Wohnraums bis Anfang 2006 (Abschluss des Verwaltungsgerichtsverfahrens 1 A 293/01 HAL) mit verschiedenen Fördermitteln verfolgt. Zu einer Freigabe der dem Landesförderinstitut gewährten Grundschuld sei es bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraumes durch die Gläubigerin nicht gekommen. Eine Verwertung des Grundbesitzes habe von ihm nicht gefordert werden können, da dies die geplante Sanierung und Einkommenserzielung gefährdet hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 203 bis 205 der Gerichtsakte Bezug genommen.

38

Mit dem ihm am 13. August 2013 zugestellten gerichtlichem Schreiben vom 1. August 2013 hat der Senat den Kläger unter Hinweis auf § 106a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Einreichung bis zum 30. September 2013 bezüglich im Einzelnen aufgeführter Unterlagen aufgefordert; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 212 und 213 der Gerichtsakte Bezug genommen. Am 30. September 2013 hat der Kläger Originalunterlagen in der Geschäftsstelle des Senats vorgelegt, die kopiert worden sind und als Beiakte Blatt 229 der Gerichtsakte geführt werden. Mit gerichtlichem Schreiben vom 1. Oktober 2013 ist der Kläger dann auf seine Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben hingewiesen worden sowie darauf, welche Unterlagen im Einzelnen fehlten; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 226 und 227 der Gerichtsakte Bezug genommen. Daraufhin hat der Kläger am 2. und 8. Oktober 2013 weitere Unterlagen vorgelegt, die zum Teil versiegelt gewesen sind. Die Versiegelung hat er dann aufgehoben und die Unterlagen erneut am 26. November 2013 vorgelegt. Sie sind als Beiakte Blatt 236 zur Gerichtsakte genommen worden. Unter dem 7. Mai 2015 hat der Kläger darauf hingewiesen, dass sich seine wirtschaftliche und gesundheitliche Situation weitgehend verschlechtert habe. Hierdurch sei er erheblich eingeschränkt und gegenwärtig nur beschränkt zum Vortrag in der Lage.

39

Der Kläger beantragt,

40

das Verfahren im Hinblick auf seinen Schriftsatz vom 7. Mai 2015 auszusetzen und ein Gutachten über seinen Gesundheitszustand einzuholen, hilfsweise,

41

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 21. November 2012 aufzuheben und seiner Klage entsprechend dem beim Sozialgericht gestellten Antrag vollumfänglich stattzugeben.

42

Die Beklagte beantragt,

43

die Berufung zurückzuweisen.

44

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig. Der Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 4 SGB X sei im Jahr 2006 gestellt worden. Alle Vorgänge und mögliche Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 seien von der Überprüfung ausgeschlossen gewesen.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten der Verfahren L 8 SO 38/12 und L 8 SO 39/12, der Verwaltungsakten der Beklagten und der Streitakten der erledigten Verfahren beim VG Halle 4 A 675/03 HAL, 4 A 372/04 HAL, 4 A 678/03 HAL, 4 A 677/03 HAL, 4 A 676/03 Hal, 4 A 679/03 HAL, 4 A 705/03 HAL, 4 B 148/04 HAL, 4 A 576/04 HAL, 4 A 822/04 HAL, 4 A 524/03 HAL, 4 A 374/03 HAL, 4 A 371/03 HAL, 4 A 370/03 HAL, 4 A 302/02 HAL Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

46

Der Senat konnte den Rechtsstreit verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Verlaufe der mündlichen Verhandlung angegeben hat, sich nicht verhandlungsfähig zu fühlen und beantragt hat, ein Gutachten über seinen Gesundheitszustand einzuholen. Nach dem Eindruck des Senats war der Kläger uneingeschränkt in der Lage, der mündlichen Verhandlung zu folgen und sachgerecht vorzutragen. Zur Überzeugung aller Senatsmitglieder diente die Behauptung der Verhandlungsunfähigkeit, die er nach dem ausführlichen Sachbericht und der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den entsprechenden Hinweisen zu den Erfolgsaussichten der Berufung angebracht hat, allein dem Ziel, die sich für ihn abzeichnende seinem Berufungsbegehren voraussichtlich nicht entsprechende Entscheidung des Senats zu verhindern.

47

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem innerhalb der Fünfmonatsfrist vollständig abgefassten und zur Geschäftsstelle übermittelten Urteil die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß §§ 153 Abs. 2 Satz 1, 54 Abs. 2 SGG.

48

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 1. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2007, mit dem die Beklagte die Korrektur der die Zeit vom 22. November 2001 bis zum 31. Dezember 2004 betreffenden bestandskräftigen Bescheide abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m Abs. 4, § 56 SGG.

49

Soweit der Kläger die Rücknahme des Bescheides vom 10. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2003, des Bescheides vom 2. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 und des Bescheides vom 15. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2004 verfolgt mit dem Ziel, ihm ab dem 1. August 2002 bzw. ab dem 1. Dezember 2002 bzw. ab dem 14. März 2004 Sozialhilfe als Beihilfe zu gewähren, sind die Klagen jeweils nur als Anfechtungsklage zulässig gewesen. Denn die Beklagte hat die Gewährung der Sozialhilfe als Beihilfe wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt. Gegen einen solchen Versagungsbescheid ist grundsätzlich nur die Anfechtungsklage eröffnet (BSG, Urteil vom 1. Juli 2007 - B 4 AS 78/08 R -, juris). Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Grundsatz (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2007 - B 4 AS 78/08 R -, juris) liegen hier nicht vor. Eine zusätzliche Klage auf Leistungsgewährung ist danach zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder vom Kläger behauptet wird (BSG, Urteil vom 1. Juli 2007 - B 4 AS 78/08 R -, juris). Hier ist zwischen den Beteiligten nicht unstreitig gewesen, dass die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialhilfe als Beihilfe vorliegen und der Kläger hatte die Entscheidungserheblichkeit der von der Beklagten begehrten Informationen bestritten. Anhaltspunkte für eine Begründetheit der Anfechtungsklagen bestehen nicht. Die mit dem Überprüfungsantrag vorgelegten Unterlagen stellen keine Nachholung der von der Beklagten vor Erlass der o.g. angefochtenen Bescheide geforderten Mitwirkung dar. Insbesondere die geforderte Vorlage von Einkommensteuerbescheiden ab dem Jahr 2000, mit denen die tatsächlichen Einkünfte des Klägers vollumfänglich hätten aufgeklärt werden können, ist nicht erfolgt.

50

Die Begründetheit der Klage, soweit sie zulässig ist, misst sich an § 44 SGB X. Nach dessen Absatz 1 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

51

Danach ist der Antrag des Klägers, die Schreiben vom 3. Juli und 22. November 2002 sowie vom 14. Januar 2003 zurückzunehmen, unbegründet. Die vorgenannten Schreiben stellen keine Verwaltungsakte dar. Zudem würde die Rücknahme dieser Bescheide nicht dazu führen, dass dem Kläger zu Unrecht nicht erbrachte Sozialleistungen nunmehr zu leisten wären.

52

Eine rückwirkende Korrektur bestandskräftiger rechtswidriger Leistungsablehnungen im Recht des BSHG über § 44 SGB X ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, juris), der sich der Senat anschließt, grundsätzlich möglich.

53

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 30. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002, der Bescheide vom 14. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 und der Bescheide vom 22. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 und auf Gewährung von Sozialhilfe vom 22. November 2001 bis zum 31. Juli 2002 und vom 17. Oktober bis zum 30. November 2002 als Beihilfe anstatt als Darlehen.

54

In Bezug auf den Zeitraum vom 22. November bis zum 31. Dezember 2001 ist eine Rück-nahme, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, durch die im vorliegenden Fall zwingend und uneingeschränkt anwendbare Regelung des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2013 - B 8 SO 4/12 R -, juris Rn. 12). Danach werden Sozialleistungen, falls ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Der Zeitraum der Rücknahme wird von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (Abs. 4 Satz 2). Für die Berechnung tritt nach Satz 3 an die Stelle der Rücknahme der Antrag, wenn dieser zur Rücknahme führt.

55

Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2004, d.h. bis zum Beginn des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II, setzt ein Anspruch auf eine rückwirkende Erbringung von Sozialhilfeleistungen voraus, dass die Notlage im Zeitpunkt der beanspruchten Hilfeleistung noch besteht, sie also den Bedarf des Hilfebedürftigen noch decken kann. Dies setzt nicht nur einen punktuellen Bedarf, sondern auch aktuelle Bedürftigkeit des Hilfesuchenden voraus (vgl. Urteil des BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, juris Rn. 14). Besteht Bedürftigkeit i.S. des SGB XII oder (inzwischen) des SGB II ununterbrochen fort, sind Sozialhilfeleistungen im Wege des § 44 Abs. 4 SGB X (nachträglich) zu erbringen, weil der Sozialhilfeträger bei rechtswidriger Leistungsablehnung nicht dadurch entlastet werden darf, dass der Bedarf anderweitig gedeckt wurde. Die Sozialhilfe kann ihren Zweck noch erfüllen, weil an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten ist (vgl. Urteil des BSG vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, juris Rn. 19).

56

Hier ist bereits ein vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestehender Bedarf des Klägers nicht nachgewiesen.

57

Der Kläger ist in dem insoweit maßgeblichen Zeitraum Eigentümer von fünf Grundstücken, zwei Eigentumswohnungen und 20 vollstreckbaren Titeln mit Hauptforderungen in Höhe von 154.739,00 EUR gewesen. Welchen Nutzen er hieraus im o.g. Zeitraum gezogen hat bzw. welche Lasten verblieben sind, ist nicht abschließend feststellbar gewesen. Insbesondere hat er keine Einkommenssteuerbescheide bezogen auf die Jahre seit 2000 vorgelegt, mit denen er seine Behauptung, negative Einkünfte erzielt zu haben, hätte belegen können. Im Verhandlungstermin beim VG Halle am 19. Oktober 2004 hat er insoweit angegeben, für die Jahre ab 2000 noch keine Einkommensteuererklärung abgegeben und auch nicht angefertigt zu haben. Er habe jeweils Fristverlängerung beantragt. Er könne auch nicht ausschließen, dass für die Jahre ab 2000 Steuerbescheide öffentlich zugestellt worden seien und er hiervon nichts bemerkt habe. Im Verhandlungstermin beim Senat hat er erstmals angegeben, wohl doch nach 2005 Einkommenssteuererklärungen abgegeben zu haben. Da gemäß § 149 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) Steuererklärungen spätestens fünf Monate nach Ablauf des jeweils abgelaufenen Kalenderjahres abzugeben sind und der Kläger aufgrund von Einkünften aus Vermietung bezüglich der zwei Eigentumswohnungen und des Bezugs von (zumindest ab Februar 2003) einkommensteuerpflichtigen Einkünften (vgl. § 46 AO) zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet war, sind Steuerbescheide bzw. Schätzungsbescheide gemäß § 162 AO jedenfalls ergangen, die der Kläger hätte vorlegen können. Gleichwohl hat der Kläger in dem gesamten hier maßgeblichen Zeitraum von der naheliegendsten Möglichkeit, seine anrechenbaren Einkünfte glaubhaft zu machen, keinen Gebrauch gemacht. Eine Beiziehung der Steuerakten durch die Beklagte und das Gericht war ausgeschlossen, da der Kläger die Kontaktaufnahme mit "Dritten" untersagt hat.

58

Auch der Umfang seiner (un-)selbstständigen Tätigkeiten sowie die hieraus erzielten Einkünfte sind nicht feststellbar gewesen. Der Kläger hat der Beklagten am 24. August 2006 eine Bescheinigung des D. L. vom 2. Juni 2004 vorgelegt, in der dieser bestätigt, der Kläger erhalte ab März 2004 für eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit 100,00 EUR netto in bar. Die Versteuerung von gewerblichen Einkünften obliege ausschließlich dem Verantwortungsbereich des Klägers. Weiter heißt es: "Darüber hinausgehende Zahlungen für Ihre selbstständigen gewerblichen Tätigkeiten werden an Ihre Person nicht geleistet". Diese Formulierung deutet auf weitere selbstständige Tätigkeiten hin, deren Umfang vom Kläger nicht dargelegt worden ist. Bestätigt wird dies durch das vom Kläger übergebene Schreiben der A. vom 9. Februar 2004. Danach habe der Kläger eine "Bescheinigung für eine selbstständige Tätigkeit im Ausland" angefordert. Im Verhandlungstermin am 29. Oktober 2004 beim VG Halle (u.a. 4 A 578/04 HAL) gab der Kläger an, seine Tätigkeiten bestünden in Beratungsleistungen u.a. für D. L ... D. L. bezahle seine Miete sowie seine Krankenversicherungsbeiträge und stelle ihm einen Pkw zur Verfügung. Ausweislich der Aufstellung der "Privatauslagen zu Lebenshaltungskosten im Zeitraum Dezember 2001 bis Dezember 2004" der Firma G. e.K., Inhaber D. L., vom 4. August 2008, steht D. L. zum 30. September 2008 ein Gesamtforderungsbetrag von 26.627,95 EUR gegenüber dem Kläger zu. Der Senat ist aufgrund dieses Sachverhalts und des Umstandes, dass der Kläger die Einrede der Verjährung gegenüber den Forderungen des D. L. nicht erhebt, davon überzeugt, dass der Kläger in erheblich größerem Umfang Beraterleitungen für D. L. erbringt und hierfür als Gegenleistung Zahlungen zum Lebensunterhalt erhält, die seiner Bedürftigkeit entgegenstehen. Ferner hat der Kläger es im Verhandlungstermin am 29. Oktober 2004 beim VG Halle (u.a. 4 A 578/04 HAL) abgelehnt, genauere Angaben zu der Tätigkeit für die A. GmbH in B. zu machen. Dies begründet in Bezug auf die o.g. Erklärung des D. L. vom 2. Juni 2004 Zweifel an der Richtigkeit der Angabe, über keine weiteren Erwerbseinkünfte zu verfügen. Zudem ist das Vorbringen zur Realisierung der Forderungen in Höhe von insgesamt 154.739,00 EUR unvollständig. Die im Berufungsverfahren übersandten Unterlagen enden im Dezember 1998 und geben keinen Aufschluss über Realisierungsversuche im hier streitigen Zeitraum. Nach den Angaben des Klägers im Verhandlungstermin beim VG Halle am 29. Oktober 2004 (u.a. 4 A 578/04 HAL) erhielt er monatlich Zahlungen von G. aus einer Darlehensforderung aus seinem Gewerbebetrieb. Da diese Forderung in keiner seiner Forderungsaufstellungen enthalten ist, sind diese offenkundig nicht vollständig gewesen.

59

Soweit der Kläger behauptet, keine weiteren Tätigkeiten verrichtet und keine weiteren Einkünfte erzielt zu haben, legt der Senat seine Angaben nicht zugrunde, da der Kläger nicht glaubwürdig ist. Es hat sich im Laufe des Verfahrens immer wieder herausgestellt, dass er seine Angaben bewusst unvollständig und unrichtig gemacht hat. So ist u.a. das von der Beklagten angeforderte Scheidungsurteil unvollständig in Kopie übergeben worden. Einerseits hat er im Antragsvordruck angegeben, es sei keine Unterhaltsregelung getroffen worden. Andererseits hat er gegen die Abtretung von Ansprüchen gegen unterhaltspflichtige Angehörige eingewendet, diese erfüllten gegenwärtig ihre Unterhaltsansprüche nicht. Ob und inwieweit anlässlich der Scheidung tatsächlich keine Unterhaltsregelungen getroffen worden sind und der Kläger keinen Unterhalt von seiner geschiedenen Ehefrau erhält, ist offen geblieben. Zudem hat der Kläger u.a. gegenüber dem VG Halle im Verhandlungstermin am 29. Oktober 2004 (u.a. 4 A 578/04 HAL) angegeben, keine Mietzahlungen aus der Vermietung der Eigentumswohnung in "Siedlung Forst" zu erhalten. Im Vermögensverzeichnis zur eidesstattlichen Versicherung vom 14. Januar 2009 sind Einnahmen aus der Vermietung dieser Wohnung in Höhe von 330,00 EUR monatlich angegeben. Auch aus den vom Kläger im Berufungsverfahren übergebenen Unterlagen (Beiakte Blatt 236 der Gerichtsakten) ist ersichtlich, dass diese Wohnung zumindest vom 9. März 2001 bis zum 31. März 2006 zum Gesamtmietzins von 340,00 EUR monatlich an H. vermietet war. Im Verhandlungstermin beim VG Halle am 29. Oktober 2004 (u.a. 4 A 578/04 HAL) hat der Kläger zudem - wie oben dargelegt - eingeräumt, monatlich Zahlungen von G. aus einer Darlehensforderung aus seinem Gewerbebetrieb zu erhalten, obwohl diese Forderung in keiner seiner - angeblich vollständigen - Forderungsaufstellungen enthalten war.

60

Anhaltspunkte für die Annahme, dass die o.g. bestandskräftig gewordenen Bescheide rechtswidrig gewesen sind, sind auch im Übrigen nicht gegeben.

61

Das Bestehen eines Anspruchs auf Gewährung der Sozialhilfe als Beihilfe, deren Gewährung als Aliud mit den angefochtenen Bescheiden vom 30. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002, vom 14. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 und des Bescheides vom 22. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2003 konkludent abgelehnt worden ist (vgl. Urteil des BSG vom 28. Februar 2013 - B 8 SO 4/12 -, juris), ist nicht erkennbar. Der Kläger hat seinen Überprüfungsantrag auf die Erklärung des D. L. vom 2. Juni 2004, auf Bodenrichtwertauskünfte nach § 196 BauGB zum Flurstück... der Gemarkung K. und zweier Eigentumswohnungen in W. vom 27. September 2005 sowie die Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte vom 18. April 2006 über die Grundstücke L. in H. (Marktwert zum 10. April 2006 20.000,00 EUR), des Grundstücks T. in N. (Marktwert zum 6. Dezember 2005 282,00 EUR) und des Grundstücks R. in D. (Marktwert zum 6. Dezember 2005 1,00 EUR) gestützt. Diese Unterlagen sind nicht geeignet, eine Änderung der Beurteilung seiner Bedürftigkeit nachzuweisen und die oben aufgeführten und nach gerichtlicher Überprüfung jeweils bestandskräftig gewordenen Bescheide unrichtig werden zu lassen. Der Nachweis der Bedürftigkeit des Klägers ist - wie oben dargelegt - zur Überzeugung des Senats nicht erbracht.

62

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

63

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Jan. 2016 - L 8 SO 38/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Jan. 2016 - L 8 SO 38/12

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren u.a. die rückwirkende Bewilligung von Sozialhilfe nach dem Bundessozialh

Bundessozialgericht Urteil, 28. Feb. 2013 - B 8 SO 4/12 R

bei uns veröffentlicht am 28.02.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Jan. 2016 - L 8 SO 38/12.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Aug. 2017 - L 8 SO 22/17

bei uns veröffentlicht am 16.08.2017

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Jan. 2016 - L 8 SO 38/12

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren u.a. die rückwirkende Bewilligung von Sozialhilfe nach dem Bundessozialh

Referenzen

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Es sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinflussenden Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind darzustellen. Die Bodenrichtwerte sind jeweils zu Beginn jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufigere Ermittlung bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder sonstigen Feststellungszeitpunkt zu ermitteln. Auf Antrag der für den Vollzug dieses Gesetzbuchs zuständigen Behörden sind Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete bezogen auf einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln.

(2) Hat sich in einem Gebiet die Qualität des Bodens durch einen Bebauungsplan oder andere Maßnahmen geändert, sind bei der nächsten Fortschreibung der Bodenrichtwerte auf der Grundlage der geänderten Qualität auch Bodenrichtwerte bezogen auf die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung oder dem letzten sonstigen Feststellungszeitpunkt für steuerliche Zwecke zu ermitteln. Die Ermittlung kann unterbleiben, wenn das zuständige Finanzamt darauf verzichtet.

(3) Die Bodenrichtwerte sind zu veröffentlichen und dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Jedermann kann von der Geschäftsstelle Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Gewährung von Sozialhilfe für die Zeit von Februar 1992 bis Juni 1995 als Zuschuss statt als Darlehen.

2

Die Klägerin bezog vom 24.2.1992 bis 30.9.2004 - davon bis 30.6.1995 darlehensweise (bestandskräftiger Bescheid vom 29.6.1992) - Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz. Sie war im Februar 1992 Eigentümerin einer Wohnung, deren Wert nach Auffassung des Beklagten die maßgebliche Angemessenheitsgrenze um 33 100 DM überstieg. Deshalb bewilligte der Beklagte zunächst Sozialhilfe nur darlehensweise bis zum fiktiven Verbrauch dieser Summe. Für den Beklagten war zur Sicherung des Darlehens samt darauf zu zahlender Zinsen eine Sicherungsgrundschuld im Grundbuch eingetragen worden. Seit August 2004 erhält die Klägerin Altersrente. Im Februar 2007 beglich sie das Darlehen samt Zinsen (insgesamt 42 194,37 Euro; davon 16 923,76 Euro Darlehenssumme und 25 270,61 Euro Zinsen), nachdem sie die Wohnung verkauft hatte. Der Beklagte hat jedoch aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Freiburg die auf die Zinsforderung geleisteten Zahlungen wieder an die Klägerin zurückbezahlt.

3

Im Juli 2008 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 29.6.1992, weil ihr zu Unrecht Hilfe zum Lebensunterhalt nur als Darlehen gewährt worden sei. Die Rücknahme des Bescheids lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 13.10.2008; Widerspruchsbescheid vom 29.1.2009). Das SG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, bereits die Frist von vier Jahren zur rückwirkenden Leistungserbringung nach § 44 Abs 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) stehe dem geltend gemachten Begehren entgegen(Urteil vom 21.9.2010). Die dagegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29.6.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, § 44 SGB X finde nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorliegend wegen des sog Gegenwärtigkeitsprinzips der Sozialhilfe keine Anwendung, weil die Bedürftigkeit der Klägerin durch den Bezug bedarfsdeckender Altersrente entfallen sei. Ob Hilfe zum Lebensunterhalt zu Unrecht darlehensweise gewährt worden sei, könne deshalb offen bleiben.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 44 SGB X. Sie ist der Ansicht, die vom LSG herangezogene Rechtsprechung des BSG finde vorliegend keine Anwendung.

5

Sie beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 13.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.1.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheids vom 29.6.1992, soweit darin die Gewährung eines nichtrückzahlbaren Zuschusses abgelehnt worden ist, Sozialhilfe für die Zeit vom 24.2.1992 bis 30.6.1995 als Zuschuss zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat die Berufung der Klägerin im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen; die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf "Umwandlung" der darlehensweisen Bewilligung von Sozialhilfe in einen Zuschuss und (erneuter) Zahlung der Leistung, nachdem das Darlehen bereits beglichen ist.

9

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 13.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.1.2009 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - iVm § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534) und mit dem der Beklagte es abgelehnt hat, den Bescheid vom 29.6.1992 insoweit aufzuheben, als darin die nicht rückzahlbare zuschussweise Gewährung von Sozialhilfe (konkludent) abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4, § 56 SGG, auf die auch bei Anwendung des § 44 SGB X ein Grundurteil(§ 130 Abs 1 SGG) ergehen kann (BSGE 88, 299, 300 = SozR 3-4300 § 137 Nr 1 S 2; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 8 RdNr 9). Mit dem Überprüfungsantrag kann - neben der Anfechtung - nicht die bloße Verpflichtung des Beklagten zur "Umwandlung" der darlehensweise gewährten Leistung in eine solche als Zuschuss begehrt werden; dem steht die Rechtsprechung zur Korrektur einer darlehensweisen Bewilligung außerhalb des Verfahrens nach § 44 SGB X nicht entgegen(siehe zu dieser Rechtsprechung: BSGE 102, 68 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1; BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 13; SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 16; SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 10; BSG, Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R -, juris RdNr 10). Denn das Klageziel kann auch im Rahmen des § 44 SGB X mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage allein jedenfalls dann nicht erreicht werden, wenn - wie vorliegend - die darlehensweise gewährte Leistung bereits zurückgezahlt worden ist(Becker in juris PraxisKommentar SGB XII, § 37 SGB XII RdNr 72.6; zur Korrektur im Rahmen einer Klage gegen den noch nicht bestandskräftigen Darlehensbescheid BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 10).

10

Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids und eine nachträgliche Zahlung von Sozialhilfe liegen nicht vor. Nach § 44 Abs 1 SGB X, der auch im Sozialhilferecht Anwendung findet(vgl nur BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 19), ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht sind. Die Rücknahme steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass Leistungen nach § 44 Abs 4 SGB X noch zu erbringen sind.

11

Der Klägerin sind für die streitbefangene Zeit zwar Sozialleistungen iS des § 44 Abs 1 SGB X "nicht erbracht" worden. Denn Maßstab dafür ist, welche Sozialleistung (§ 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -) tatsächlich gewollt war, hier also Sozialhilfe als Zuschuss. Diese Leistung ist im Verhältnis zur darlehensweisen gewährten Sozialhilfe ein Aliud (vgl: BVerwG Buchholz 436.36 § 17 BAföG Nr 15; BSGE 68, 180, 183 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1 S 4) und vom Beklagten im Bescheid vom 29.6.1992 konkludent neben der die Klägerin begünstigenden, hier nicht im Streit stehenden Darlehensbewilligung abgelehnt worden (vgl BSGE 68, 180, 181 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1 S 2; siehe zur Rückabwicklung insgesamt Becker in jurisPK-SGB XII, § 37 SGB XII RdNr 72.1 ff).

12

Ob die Entscheidung des Beklagten, Sozialhilfe nicht als Zuschuss zu erbringen, rechtswidrig war, kann jedoch dahinstehen. Eine Rücknahme ist jedenfalls, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, durch die im vorliegenden Fall zwingend (vgl BSGE 60, 158, 160 f = SozR 1300 § 44 Nr 23 S 53) und uneingeschränkt anwendbare (vgl: BSGE 68, 180, 181 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 31.3.1992 - 9b RAr 17/90; BVerwG, Beschluss vom 1.2.1993 - 11 B 91/92 -, juris RdNr 9) Regelung des § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Danach werden Sozialleistungen, falls ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Der Zeitraum der Rücknahme wird von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (Abs 4 Satz 2). Für die Berechnung tritt nach Satz 3 an die Stelle der Rücknahme der Antrag, wenn dieser zur Rücknahme führt. Dass die Klägerin das Darlehen erst im Jahr 2007 zurückbezahlt hat, ist deshalb ohne Belang (BSG aaO; BVerwG aaO).

13

Da § 44 Abs 1 SGB X im Ergebnis auf die Ersetzung eines rechtswidrigen ablehnenden Verwaltungsakts durch einen die Leistung gewährenden Verwaltungsakt abzielt, kann die Klägerin, die Leistungen für den weit außerhalb der Vierjahresfrist des § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X liegenden Zeitraum (Februar 1992 bis Juni 1995) begehrt, keine Leistungen mehr für die Vergangenheit beanspruchen; Folge davon ist, dass sie auch kein rechtliches Interesse mehr an der Rücknahme iS des § 44 Abs 1 SGB X geltend machen kann(vgl dazu BSGE 104, 213 ff RdNr 22 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20) und kein Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids besteht. Auf die Frage der fortbestehenden Bedürftigkeit der Klägerin (vgl dazu: BSGE 99, 137 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15), auf die das LSG seine Entscheidung vorrangig und die Klägerin ihre Revision gestützt hat, kommt es damit nicht an.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Steuergesetze bestimmen, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt auch dann bestehen, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 geschätzt hat.

(2) Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens sieben Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder sieben Monate nach dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des siebten Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahres folgt.

(3) Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes beauftragt sind mit der Erstellung von

1.
Einkommensteuererklärungen nach § 25 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes mit Ausnahme der Einkommensteuererklärungen im Sinne des § 46 Absatz 2 Nummer 8 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Körperschaftsteuererklärungen nach § 31 Absatz 1 und 1a des Körperschaftsteuergesetzes, Feststellungserklärungen im Sinne des § 14 Absatz 5, § 27 Absatz 2 Satz 4, § 28 Absatz 1 Satz 4 oder § 38 Absatz 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes oder Erklärungen zur Zerlegung der Körperschaftsteuer nach § 6 Absatz 7 des Zerlegungsgesetzes,
3.
Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags oder Zerlegungserklärungen nach § 14a des Gewerbesteuergesetzes,
4.
Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr nach § 18 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes,
5.
Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 181 Absatz 1 und 2,
6.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung oder
7.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 18 des Außensteuergesetzes,
so sind diese Erklärungen vorbehaltlich des Absatzes 4 spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar und in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 bis zum 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben.

(4) Das Finanzamt kann anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben sind, wenn

1.
für den betroffenen Steuerpflichtigen
a)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum Erklärungen nicht oder verspätet abgegeben wurden,
b)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum innerhalb von drei Monaten vor Abgabe der Steuererklärung oder innerhalb von drei Monaten vor dem Beginn des Zinslaufs im Sinne des § 233a Absatz 2 Satz 1 und 2 nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
c)
Vorauszahlungen für den Besteuerungszeitraum außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt wurden,
d)
die Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 Prozent der festgesetzten Steuer oder mehr als 10 000 Euro geführt hat,
e)
die Steuerfestsetzung auf Grund einer Steuererklärung im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1, 2 oder 4 voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10 000 Euro führen wird oder
f)
eine Außenprüfung vorgesehen ist,
2.
der betroffene Steuerpflichtige im Besteuerungszeitraum einen Betrieb eröffnet oder eingestellt hat oder
3.
für Beteiligte an Gesellschaften oder Gemeinschaften Verluste festzustellen sind.
Für das Befolgen der Anordnung ist eine Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung zu setzen. Ferner dürfen die Finanzämter nach dem Ergebnis einer automationsgestützten Zufallsauswahl anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres mit einer Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung abzugeben sind. In der Aufforderung nach Satz 3 ist darauf hinzuweisen, dass sie auf einer automationsgestützten Zufallsauswahl beruht; eine weitere Begründung ist nicht erforderlich. In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 tritt an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar der 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres. Eine Anordnung nach Satz 1 oder Satz 3 darf für die Abgabe der Erklärung keine kürzere als die in Absatz 2 bestimmte Frist setzen. In den Fällen der Sätze 1 und 3 erstreckt sich eine Anordnung auf alle Erklärungen im Sinne des Absatzes 3, die vom betroffenen Steuerpflichtigen für den gleichen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt abzugeben sind.

(5) Absatz 3 gilt nicht für Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor oder mit dem Ablauf des Besteuerungszeitraums endete.

(6) Die oberste Landesfinanzbehörde oder eine von ihr bestimmte Landesfinanzbehörde kann zulassen, dass Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden und Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes bis zu bestimmten Stichtagen einen bestimmten prozentualen Anteil der Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 einreichen. Soweit Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 in ein Verfahren nach Satz 1 einbezogen werden, ist Absatz 4 Satz 3 nicht anzuwenden. Die Einrichtung eines Verfahrens nach Satz 1 steht im Ermessen der obersten Landesfinanzbehörden und ist nicht einklagbar.

(1) Ansprüche auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen können abgetreten, verpfändet und gepfändet werden.

(2) Die Abtretung wird jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Absatz 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt.

(3) Die Abtretung ist der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben.

(4) Der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen zum Zweck der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung ist nicht zulässig. Dies gilt nicht für die Fälle der Sicherungsabtretung. Zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche sind nur Unternehmen befugt, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist.

(5) Wird der Finanzbehörde die Abtretung angezeigt, so müssen Abtretender und Abtretungsempfänger der Finanzbehörde gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam oder wegen Verstoßes gegen Absatz 4 nichtig ist.

(6) Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss oder eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung dürfen nicht erlassen werden, bevor der Anspruch entstanden ist. Ein entgegen diesem Verbot erwirkter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss oder erwirkte Pfändungs- und Einziehungsverfügung sind nichtig. Die Vorschriften der Absätze 2 bis 5 sind auf die Verpfändung sinngemäß anzuwenden.

(7) Bei Pfändung eines Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs gilt die Finanzbehörde, die über den Anspruch entschieden oder zu entscheiden hat, als Drittschuldner im Sinne der §§ 829, 845 der Zivilprozessordnung.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Es sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinflussenden Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind darzustellen. Die Bodenrichtwerte sind jeweils zu Beginn jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufigere Ermittlung bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder sonstigen Feststellungszeitpunkt zu ermitteln. Auf Antrag der für den Vollzug dieses Gesetzbuchs zuständigen Behörden sind Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete bezogen auf einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln.

(2) Hat sich in einem Gebiet die Qualität des Bodens durch einen Bebauungsplan oder andere Maßnahmen geändert, sind bei der nächsten Fortschreibung der Bodenrichtwerte auf der Grundlage der geänderten Qualität auch Bodenrichtwerte bezogen auf die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung oder dem letzten sonstigen Feststellungszeitpunkt für steuerliche Zwecke zu ermitteln. Die Ermittlung kann unterbleiben, wenn das zuständige Finanzamt darauf verzichtet.

(3) Die Bodenrichtwerte sind zu veröffentlichen und dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Jedermann kann von der Geschäftsstelle Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.