Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 03. Dez. 2014 - L 7 SB 69/09

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2014:1203.L7SB69.09.0A
bei uns veröffentlicht am03.12.2014

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 12. August 2009 sowie der Bescheid des Beklagten vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2008 werden abgeändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, bei der Klägerin einen GdB von 60 sowie das Merkzeichen "G" ab 5. November 2013 festzustellen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten noch über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) sowie über die Feststellung der Merkzeichen G (erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr) und aG (außergewöhnlich gehbehindert).

2

Am 6. Juli 2007 beantragte die Klägerin die Feststellung der Schwerbehinderung sowie diverse Merkzeichen wegen einer Rheumaerkrankung. Der Beklagte holte einen Befundbericht vom Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. ein, der unter dem 17. Juli 2007 enteropathetische Arthritiden bei chronischer Diarrhoe sowie eine Olioarthritis diagnostizierte. Seit Februar 2007 habe die Klägerin über Kniebeschwerden geklagt. Eine "rheumatologische" Diagnose sei ihm dagegen nicht bekannt. In einem beigefügten Arztbrief vom 27. Februar 2007 gab der Facharzt für Chirurgie Dr. B. unter dem 27. Februar 2007 als Diagnose eine retropatellare Chondropathie beidseits Grad II bis III an. Der Facharzt für Chirurgie S. berichtete in einem Arztbrief vom 7. Juni 2007 über einen akuten schmerzhaften Reizerguss am linken Knie und diagnostizierte am linken Knie eine Chondromalazie sowie eine Arthritis. Die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. W. berichte unter dem 15. August 2007 über Schwellneigungen beider Kniegelenke der Klägerin.

3

Der Versorgungsarzt des Beklagten schlug in Auswertung der Befunde wegen einer chronischen Gelenkerkrankung einen GdB von 20 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 8. November 2007 ab dem 6. Juli 2007 einen GdB von 20 fest. Die Feststellung von Merkzeichen lehnte er ab. Hiergegen legte die Klägerin am 5. Dezember 2007 Widerspruch ein und machte geltend: Sie sei nicht begutachtet worden und könne kaum noch allein tätig sein. Auch sei sie fast ständig auf fremde Hilfe angewiesen. Der bisher festgestellte GdB von 20 könne nach Bewertung ihrer Ärzte nicht richtig sein.

4

Der Beklagte holte einen Befundschein von Dr. W. ein, die angab: Die Klägerin wiege 74,4 kg bei einer Größe von 160 cm Der FFbH-Score am 15. November 2007 habe 47 % von 100 % ergeben. Nach Einleiten einer immunsuppressiven Therapie sei die Entzündungsaktivität zurückgegangen. Der Versorgungsarzt OMR Dr. S. hielt unter dem 30. Mai 2008 an der bisherigen GdB-Bewertung fest. Dem folgend wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2008 zurück.

5

Dagegen hat die Klägerin am 27. November 2008 Klage beim Sozialgericht Stendal (SG) erhoben, ihr Begehren weiterverfolgt und ergänzend ausgeführt: Sie sei in allen Tätigkeiten des täglichen Lebens eingeschränkt und könne nicht einmal mehr einen Stift zur Unterschrift halten.

6

Am 3. Dezember hat das SG der Klägerin einen Fragebogen übersandt und an die Rücksendung des Fragebogens am 18. März 2009 erinnert. Mit Gerichtsbescheid vom 12. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe die angeforderten Unterlagen nicht eingereicht, was gerichtliche Ermittlungen verhindert und eine Entscheidung nach Aktenlage erforderlich gemacht habe. Die vom Beklagten eingeholten Befundberichte bestätigten die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide.

7

Die Klägerin hat gegen den ihr am 14. August 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 9. September 2009 "Einspruch" eingelegt und einen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten zurückgewiesen, da sie überhaupt kein Formular vom Gericht erhalten habe.

8

Die Klägerin beantragt,

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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 12. August 2009 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei ihr einen GdB von 60 sowie die Merkzeichen "G", "aG" ab 6. Juli 2007 festzustellen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

12

Er hält seine Bescheide sowie die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

13

Der Senat hat Befundberichte von Dr. W. und Dr. K. eingeholt. Dr. K. hat am 11. Januar 2010 angegeben: Die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt. Während der Behandlung hätten sich wechselnde Lokalisierungen gezeigt. Die somatisch orientierte Therapie sei erfolglos geblieben. Es fehle am klinischen Nachweis von morphologischen Veränderungen. Die Schmerzen seien eher als Ausdruck einer Depression oder eines ungelösten Konflikts zu bewerten. In einem beigefügten Arztbrief berichtete Dr. W. unter dem 11. November 2008 über eine fehlende Entzündungsaktivität und äußerte den Verdacht auf eine Somatisierungsstörung. Dr. W. hat in einem Befundbericht unter dem 28. Januar 2010 angegeben: Diagnostisch bestünden eine undifferenzierte Spondarthritis/Oligoarthitis sowie ein chronifiziertes Schmerzsyndrom. Im Laufe von zwei Jahren sei nur zwei Mal eine Kniegelenksschwellung aufgetreten. Im Übrigen fehle es an synovitischen Schwellungen bei einer freier Wirbelsäulenbeweglichkeit und einem zügigen Bewegungsablauf. Die Schmerzangaben der Klägerin stünden im Widerspruch zu den klinischen Befunden. Das Schmerzerleben sei im Alltagserleben dominierend. Höhergradige Bewegungseinschränkungen bestünden dagegen nicht. Durch das Schmerzerleben sei die Gehfähigkeit der Klägerin eingeschränkt. Hilfsmittel benötige sie aber nicht.

14

Nach Ermittlung des neuen Wohnsitzes der Klägerin hat der Senat weitere Befundberichte vom Facharzt für Orthopädie S., der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. L. und dem Chirurgen Dr. B. sowie dem Facharzt für Chirurgie B. eingeholt. Der Arzt S. hat am 17. Juni 2013 als Diagnosen angegeben:

15

Leistenhernie rechts;

16

Chronisches Lymphödem am rechten Bein nach Riesenzelltumor;

17

Blockierung ISG/BW;

18

Fibuläre Bandruptur am linken oberen Sprunggelenk;

19

Epicondylitis humeri ulnaris (Tennisarm).

20

Durch die Schmerzen beim Gehen sowie die Schwellung im rechten Bein bestehe eine Einschränkung der Gehfähigkeit. Dipl.-Med. L. hat am 14. Juni 2013 angegeben: Diagnostisch sei von einer Adipositas, Hypertonie, einem allergischen Asthma, Allergien und einem Zustand nach Riesenzelltumor im linken Knie auszugehen. Die Beschwerden seien mehr oder weniger gleich geblieben. In einem beigefügten Arztbrief hatte Chefarzt K. unter dem 17. Juni 2011 über einen nicht malignen Riesenzelltumor der Synovialmembran (linkes Knie) berichtet. Eine Arthroskopie vom 13. Mai 2011 habe diesen Befund ergeben, nachdem die Klägerin seit Jahren über wechselnde heftige Schmerzen im linken Kniegelenk geklagte habe, was teilweise auf psychische Erkrankungen zurückgeführt worden sei. Die Beweglichkeit des linken Knies habe 0/0/110 Grad betragen. Der Chefarzt der Radiologie Dr. L. ( ... Klinikum) führte in einem beigefügten Befund unter 14. November 2011 aus: Nach einem MRT des linken Kniegelenks sei neben dem Zustand nach OP eine höhergradige Chondromalazie im medialen Gelenkspalt und vermutlich von einem intrameniskal gelegenen Riss in der Pars intermedia des Innenmeniskus auszugehen. Unter dem 8. Dezember 2011 berichtete Chefarzt K. über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. November bis 8. Dezember 2011. Am 30. November 2011 sei eine totale Synovialektomie am linken Kniegelenk vorgenommen worden. Nach intensiver Krankengymnastik sei die Klägerin in deutlich gebessertem Zustand entlassen worden. Die Klägerin habe nach einer hypertensiven Krise über Sehstörungen (rechts) sowie über Gesichtsfeldeinschränkungen geklagt. Dr. L. ( ... Klinikum) hat am 2. Mai 2012 über einen zunehmenden Gelenkerguss berichtet. Die Chirurgie des ...klinikums berichtete unter dem 29. April 2013 über eine endoskopische total extraperitoneale Hernioplastik rechts am 26. April 2013 (stationäre Aufenthalt vom 26. bis 28. April 2013). Nach einem Kurzbericht der Kurklinik ... berichtete Dr. S. unter dem 6. November 2012 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 19. September bis 10. Oktober 2012. Die Klägerin habe als Beschwerden eine Erschöpfung und Knieprobleme angegeben. Der BMI habe 31,5 kg/m² (80,6 kg Gewicht bei 160 cm Größe) betragen. Dr. B. hat einen freien Gelenkkörper im linken Knie diagnostiziert. Dr. B. hat am 22. August 2012 angegeben: Die Klägerin habe über starke Schmerzen im linken Knie berichtet. Das Gangbild sei nicht wesentlich eingeschränkt.

21

Der Beklagte hat diese Befunde durch die ärztliche Gutachterin Dr. W. am 26. August 2013 auswerten lassen. Diese hielt einen Gesamt-GdB von 20 für angemessen (Chronische Gelenkbeschwerden (Einzel-GdB 20); Kniegelenksoperation (Einzel-GdB 10)).

22

Die Klägerin hat am 14. August 2013 beim Beklagten einen Neufeststellungsantrag gestellt und weitere Befunde vorgelegt. Nach einem Arztbrief der Gefäßpraxis B. berichtete Dr. G. am 29. Mai 2013 über die Diagnose eines Lipödems beidseits vom Hüft- und Oberschenkeltyp Stadium II. Die Klägerin habe über eine Ödemneigung sowie ein Schweregefühl in den Beinen berichtet. Seit Monaten trage sie unregelmäßig Kompressionsstrümpfe und lasse eine manuelle Lymphdrainage durchführen. In einem weiteren Brief vom 2. Juli 2013 gab Dr. G. an: Die regelmäßigen Lymphdrainagen (1x pro Woche) sollten mit einer regelmäßigen Kompressionsstrumpftherapie fortgesetzt werden. Am 5. November 2013 berichtete er über eine ambulante Untersuchung vom selben Tage: Nach Angaben der Klägerin habe der Umfang besonders an den Oberschenkeln und dem Gesäß stark zugenommen. Sie fühle sich zunehmend immobil und aufgebläht und könne sich weniger bewegen. Die Füße seien dicker geworden und die Schuhe passten schlechter. Auch an den Oberarmen bestünden ebenfalls Veränderungen, ein Spannungsgefühl und eine Überwärmung.

23

Die Versorgungsärztin Dr. W. wertete diese Befunde am 10. Januar 2014 aus und hielt einen Gesamt-GdB von 20 für gerechtfertigt. Den Befunden fehlten klare Bewegungsmaße nach der Neutral-Null-Methode. Die Umfangmaße der Beine seien noch im Normalbereich und wiesen zwischen den beiden Beinen keine Differenz aus. Wegen der Kompressionstherapie und der wöchentlichen Lymphdrainagen sei ein Einzel-GdB von 10 für das Lymphödem zu bilden. Hinzu kämen chronische Gelenkbeschwerden (Einzel-GdB 20) und eine Belastungsminderung des rechten Kniegelenks nach Operation (Einzel-GdB 10).

24

Der Senat hat den Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Facharzt für Allgemein- und Arbeits- und Sozialmedizin Dr. L. ein Sachverständigengutachten vom 22. August 2014 erstatten lassen (Untersuchung vom 21. März 2014). Zur Untersuchung hat die Klägerin einen Arztbrief vom 19. September 2013 ( ... Klinikum) vorgelegt. Danach habe sie sich in der Zeit vom 16. bis 20. September 2013 in stationärer Behandlung befunden und sei wegen der Diagnosen Ringbandstenose Mittel- und Ringfinger, Karpaltunnelsyndrom rechts und Epicondylitits ulnaris humeri rechts behandelt worden. Am 17. September 2013 sei eine offene Spaltung des Retinaculumflexorum sowie die Neurolyse Pronator und Supinator sowie Ringbandspaltung Mittel- und Ringfinger rechts vorgenommen worden. Der Facharzt für Orthopädie S. berichtete unter dem 14. Februar 2014: Die Klägerin sei vor vier Wochen auf das Gesicht gestürzt und sei seit dieser Zeit arbeitsunfähig. Diagnostisch bestehe u.a. der Verdacht auf eine Fibromyalgie sowie ein chronisches Schmerz sowie ein Lip- und Lymphödem. Nach der Untersuchung des Sachverständigen Dr. L. habe sich die Klägerin in einem adipösen sowie reduziertem Kräftezustand befunden. Dabei sei der voluminöse Oberschenkel- und Hüftbereich aufgefallen. Primär liege daher keine Adipositas, sondern ein Lipödem vor. Die aktive und passive Kniebeweglichkeit sei in beiden Kniegelenken schmerzhaft eingeschränkt. Dies gelte auch für die beiden Schultergelenke, das rechte Ellenbogengelenk sowie beide Handgelenke (rechts ) links). Beide Oberschenkel seien teigig aufgeblasen. 16 cm oberhalb der Kniescheibenmitte betrage der Oberschenkelumfang 48 cm (rechts) und 46 cm (links). Diese Schwellung zeige sich auch beim Umfang der Oberarme 10 cm oberhalb der Ellenbogenbeuge (30 cm (rechts); 32 cm (links)). Das unproportionierte Volumen der Oberschenkel sei mit der Bezeichnung "Elefantiasis" zu versehen. Das Gangbild ohne Hilfsmittel sei breitbeinig, langsam, schwerfällig und wirke insgesamt sehr unbeholfen. Diese Gangschwierigkeiten seien auch nach der Verabschiedung der Klägerin beim Weggehen von ihm beobachtet worden. Eine Venenpunktion sei ohne unzumutbare Venenfreilegung unmöglich gewesen. Der Klägerin bereite es große Schwierigkeiten, ihre Beschwerden strukturiert vorzutragen. Sie wirke ohne Krankheitswert traurig, niedergeschlagen und verzweifelt. Erst im Jahr 2013 sei zutreffend die relativ seltene Diagnose eine Lipödems gestellt worden. Psychologische Tests hätten keinen Hinweis auf eine psychische Erkrankung gezeigt.

25

Wesentlich für die Bewertung sei das Lipödem mit sekundärem Lymphödem. Hierbei handele es sich um eine chronische, meist progrediente Erkrankung bei Frauen, die mit einer Fettverteilungsstörung überwiegend in den unteren Extremitäten verbunden sei. Im fortgeschrittenen Stadium könne sich ein lymphostatisches Ödem ausbilden. Das Lipödem sei in den ICD 10 nicht genannt und werde fälschlicherweise häufig unter die R 60.9 "Ödem nicht näher bezeichnet" gefasst. Dies sei falsch, da es sich beim Lipödem nicht um ein Ödem (Flüssigkeitsansammlung) handele, sondern um eine Fettgewebsvermehrung. In den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) in Teil B 15 werde die Erkrankung nicht genannt, obwohl sie an sich dort aufgeführt sein müsste. Für die GdB-Wertung sei eine Kombination von Teil B 15 sowie Teil B 9 der VMG herzustellen und die Wertungsskala für das Lymphödem heranzuziehen. Bei der Klägerin sei wegen dieses Erkrankungsbildes von einer stark eingeschränkten Lebensqualität auszugehen. Bei ihr lägen alle in der Leitlinie für das Lipödem genannten Symptome vor. Für das Erleben einer starken Einschränkung der Lebensqualität seien nach der Leitlinie das Aussehen, die Volumenzunahme, die Disproportion sowie die funktionalen Einschränkungen zu bewerten. Die Schmerzen würden überwiegend als dumpf, drückend und schwer beschrieben. Bei der Klägerin sei der Rahmen von 50 bis 70 heranzuziehen und der GdB-Mittelwert von 60 für das Lipödem mit sekundärem Lymphödem zu bilden.

26

Bei der Klägerin ergäben sich folgende Diagnosen und Einzel-GdB`s:

27

Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (Einzel-GdB 20)

28

Gonarthrose links bei retropatellarer Chondropathie, rezidivierendem Kniegelenkserguss, Synovialis und Oligoarthrose der Kniegelenke, Schultergelenke und Handgelenke sowie des Ellenbogengelenks rechts (Einzel-GdB 20)

29

Hypertrophe Narbe (Einzel-GdB 0)

30

Lipödem vom Oberschenkel- und Hüfttyp Stadium II (beidseits) und sekundäres Lymphödem (Einzel-GdB 60)

31

Arterielle Hypertonie (Einzel-GdB 0)

32

Adipositas 1. Grades (Einzel-GdB 0)

33

Für das Funktionssystem Nervensystem und Psyche und für das Funktionssystem Haltungs- und Bewegungsapparat sei ein GdB von je 20 zu vergeben. Hinzu komme für das Funktionssystem Stoffwechsel und innere Sekretion ein GdB von 60, was einen Gesamt-GdB von 60 rechtfertige. Erst ab dem 29. Mai 2013 sei das führende Lipödem mit sekundärem Lymphödem diagnostiziert worden. Die Klägerin sei seit dem 17. Juni 2009 arbeitsunfähig erkrankt, was dafür spreche, dass das Erkrankungsbild seit dieser Zeit vorgelegen hat. Für die Zeit von Juli 2007 bis Mai 2009 sei der Gesamt-GdB auf 20 einzuschätzen. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei erheblich eingeschränkt. Der Sachverständige habe die Klägerin im Freien auf einem Weg zu einem anderen Krankenhausgebäude begleitet, der eine Länge von ca. 100 Meter aufgewiesen habe. Hierfür habe die Klägerin ca. 84 Sekunden benötigt, wobei erkennbar gewesen sei, dass diese Wegstrecke für sie bereits sehr mühsam war. Nach eigener Anschauung erscheine die Einlassung der Klägerin, nicht mehr als 200 Meter laufen zu können, nachvollziehbar. Bereits die durchgeführte Wegestrecke von ca. 100 Metern habe der Klägerin erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Die Klägerin, die persönlichkeitsbedingt nur ungern Schwächen eingestehe, habe auf Nachfrage hierzu angegeben, "zu Hause gehe ich nicht so weit." Das noch im Juli 2012 als nicht wesentlich eingeschränkt beschriebene Gangbild, sei möglicherweise darauf zurückzuführen, dass der Orthopäde das internistisch-angiologisch zu beurteilende Lipödem nicht erkannt hat. Die Voraussetzungen des Merkzeichens G seien gegeben. Der Anstrengungsgrad der Klägerin für eigenständige Bewegungen außerhalb des Kraftfahrzeuges sei als hoch einzuschätzen. Die Behinderung sei ähnlich einem rollstuhlabhängigen Oberschenkelamputierten einzuschätzen und auch das Merkzeichen aG zu vergeben.

34

Der Beklagte hat sich mit Schreiben vom 23. September 2014 bereit erklärt, ab dem 21. März 2014 einen GdB von 50 sowie das Merkzeichen G festzustellen. In einer beigefügten prüfärztlichen Stellungnahme vom 19. September 2014 hat seine Gutachterin Dr. W. das vorgelegte Sachverständigengutachten als wenig aussagefähig kritisiert. Es fehle an Bewegungsmaßen, um die funktionale Beeinträchtigung im Einzelnen nachvollziehen zu können. Die Schmerzstörung sei allenfalls eine Verdachtsdiagnose und aus den testpsychologischen Untersuchungen nicht ableitbar. Die Umfangsmesswerte der Oberschenkel sowie der Oberarme seien nicht übermäßig voluminös. Da die Klägerin ca. 100 Meter in 84 Sekunden habe bewältigen können, sei die Vergabe der Merkzeichen G sowie aG ausgeschlossen.

35

Hierzu hat der Sachverständige unter dem 13. Oktober 2014 ausgeführt: Die Angabe von Bewegungsmaßen bedeute bei dieser Erkrankung keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn und müsse von einem Chirurgen erfolgen. Dr. W. verkenne seine Darlegungen zum Lipödem. Die somatischen Folgen der Schmerzstörung seien hinreichend dargestellt und gewürdigt worden. Beim Ein- und Aussteigen sei die Klägerin auf das vollständige Öffnen der Türen und auf Parkmöglichkeiten besonderer Breite angewiesen.

36

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgemäß eingelegte und gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auch statthafte Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten und der Gerichtsbescheid des SG Stendal vom 12. August 2009 sind abzuändern und bei der Klägerin ab dem 5. November 2013 ein GdB von 60 sowie das Merkzeichen G festzustellen. Ein weitergehender Anspruch steht der Klägerin jedoch nicht zu.

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Die Klage gegen den Bescheid vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2008 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2000, B 9 SB 3/99 R, juris).

39

Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Rechtsgrundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

40

Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den GdB die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des ""Grades der Schädigungsfolgen"" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch § 30 Abs. 16 BVG ermächtigt ist.

41

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage ""Versorgungsmedizinische Grundsätze"" (VMG) (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. GdS und GdB werden dabei nach gleichen Grundsätzen bemessen. Die Begriffe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass sich der GdS kausal auf Schädigungsfolgen und der GdB final auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von deren Ursachen auswirkt (vgl. VMG, Teil A: Allgemeine Grundsätze 2 a).

42

Der hier streitigen Bemessung des GdB ist die GdS-Tabelle der VMG zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Teil A, Nr. 2 e genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a).

43

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen der Klägerin kein höherer GdB als 60 ab dem 5. November 2013 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf das Sachverständigengutachten von Dr. L. vom 22. August 2014, soweit der Senat diesem folgt, den Befundberichte der behandelnden Ärzte nebst Anlagen und den Stellungnahmen der Versorgungsärzte des Beklagten.

44

a) Das Hauptleiden der Klägerin betrifft das Funktionssystem Stoffwechsel und innere Sekretion und wird durch das Lipödem vom Oberschenkel- und Hüfttyp Stadium II (beidseits) und sekundärem Lymphödem wesentlich geprägt. Hierfür hält der Senat ab dem 5. November 2013 einen Einzel-GdB von 60 für leidensgerecht und folgt insoweit der Bewertung des Sachverständigen Dr. L. Dabei verlangt die Einordnung des Lipödems in den Katalog der VMG analoge Bewertungen, da für das Funktionssystem Stoffwechsel und innere Sekretion im Teil B 15 keine klaren Vorgaben für diese Erkrankung existieren. In den VMG für Fettstoffwechselerkrankungen findet sich lediglich die Formulierung:

45

Fettstoffwechselkrankheit

46

Der GdB/MdE-Grad ist grundsätzlich abhängig von dem Ausmaß der Folgekrankheiten.

47

Bei Notwendigkeit einer LDL-Apherese ...30

48

Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für nachvollziehbar, dass der Sachverständige Wertungskriterien für das in seinen Auswirkungen mit dem Lipödem vergleichbare Lympödem aus dem Funktionssystem Herz und Kreislauf ergänzend heranzieht, um dem Leidensbild dieser Erkrankung überhaupt gerecht werden zu können.

49

Nach B 9.2.3 der VMG ist für das Lymphödem geregelt:

50

Lymphödem an einer Gliedmaße ohne wesentliche Funktionsbehinderung, Erfordernis einer Kompressionsbandage ... 0 – 10

51

mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkung ... 20 – 40

52

mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß ... 50 – 70

53

bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße ... 80

54

Entstellungen bei sehr ausgeprägten Formen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

55

Nach der überzeugenden Bewertung des Sachverständigen Dr. L. sind vom Lipödem insbesondere die Oberschenkel der Klägerin betroffen, was ihre Gehfähigkeit erheblich eingeschränkt. Hierfür hält der Senat den Bewertungsrahmen von 50 bis 70 für eröffnet. Der dabei vom Sachverständigen herangezogene Mittelwert von einem Einzel-GdB von 60 für das Lipödem ist sachgerecht, da bei der Klägerin das Vollbild der Erkrankung vorliegt und gerade im Bereich der Oberschenkel ein völlig unproportioniertes Volumen entstanden ist, der die Bezeichnung "Elefantiasis" rechtfertigt und zudem eine gravierende Gehstörung zur Folge hat. Die Klägerin kann nach der Einschätzung des Sachverständigen und den insoweit glaubhaften Behauptungen der Klägerin selbst unter Aufbietung aller Kräfte nur noch eine Höchstgehleistung von ca. 200 Metern bewältigen. Dies stellt eine erhebliche Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Beine dar, die für sich genommen bereits die Zuerkennung der Schwerbehinderung mit einem Einzel-GdB von mindestens 50 rechtfertigen. Dieser Einzel-GdB von 60 kann jedoch nicht, wie der Sachverständige meint, zeitlich bis auf den Mai 2009 zurückbezogen werden, sondern beschränkt sich frühestens auf die Zeit ab dem 5. November 2013. Die vom Sachverständigen geäußerte Vermutung, das Lipödem hätte in der von ihm festgestellten Ausprägung bereits seit Mai 2009 vorgelegen, lässt sich anhand der in den Akten enthaltenen Befunde nicht rechtfertigen. Gegen diese Annahme spricht bereits die Tatsache, dass das Lipödem erst im Mai 2013 diagnostiziert worden ist. Für die vom Sachverständigen vertretene zeitliche Rückbeziehung bis ins Jahr 2009 fehlen darüber hinaus die erforderlichen medizinischen Feststellungen bzw. Anknüpfungstatsachen. Noch in einer Untersuchung im Jahr 2012 war die Gangprüfung der Klägerin als relativ unauffällig bewertet worden. Derartige Gangprüfungen sind rein funktionale Bewertungen, die ein Arzt unabhängig von einer ihm ggf. noch unbekannten Diagnose abgeben kann. Die Vermutung von Dr. L., die von einem Orthopäden vorgenommene Gangeinschätzung im Jahr 2012 sei irrelevant, da die zentrale Diagnose des Lipödems verkannt worden sei, vermag nicht zu überzeugen. Gerade Orthopäden sind mit den funktionalen Bewegungsmessungen nach der Neutral-Null-Methode bestens vertraut und können eventuelle Gangprüfungen vornehmen und dabei eventuelle Gangstörungen erkennen und auch sicher bewerten. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die noch unbekannte Diagnose zu einer Falschbewertung des Gangvermögens der Klägerin geführt haben kann. Die Vermutung des Sachverständigen bleibt daher eine bloße Mutmaßung und genügt nicht, um die ärztliche Feststellung von unbeeinträchtigten Gangleistungen im Jahr 2012 wieder zu relativieren.

56

Gegen ein seit Juni 2009 fortbestehendes Lipödem mit erheblichen Gangstörungen sprechen im Übrigen auch die von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Neufeststellungsantrag vorgelegten Befunde von Dr. G. Hiernach berichtete sie selbst erst am 5. November 2013 über eine starke Zunahme des Volumens an Oberschenkel und Gesäß, was bei ihr zu einer Bewegungseinschränkung geführt habe. Schwere Gangstörungen, die die tatsächlichen Laufleistungen auf höchstens 200 Meter beschränkt haben, finden sich in keinem der vom Senat eingeholten Befundberichte vor dem 5. November 2013 und auch in keiner anamnestischen Angabe der Klägerin vor diesem Zeitpunkt. Der Senat hält daher unter wohlwollender Betrachtung den 5. November 2013 für den frühestmöglichen Zeitpunkt, ab dem ein Einzel-GdB von 60 für das Lipödem vergeben werden kann. Selbst wenn das Lipödem zu einem früheren Zeitpunkt bereits vorgelegen haben sollte, kommt es für die Einschätzung des hohen Einzel-GdB von 60 – unabhängig von der jeweiligen Diagnose – entscheidend auf die funktionalen Auswirkungen der Erkrankung an. Die dafür wertungsrelevanten schweren Gangstörungen werden nach kritischer Durchsicht aller beigezogenen Befunde von keinem der die Klägerin zuvor behandelnden Ärzte mitgeteilt. Dr. W. hat noch am 28. Januar 2010 angegeben, bei der Klägerin hätten seit 2008 nur zwei Mal Kniegelenksschwellungen vorgelegen. Ihren Bewegungsablauf schilderte sie als "zügig" und damit als völlig unbeeinträchtigt. Erkrankungsdominierend war zu dieser Zeit ein Schmerzerleben der Klägerin, deren klinische Ursache unklar blieb und ärztlicherseits auf eine Somatisierungsstörung zurückgeführt worden war. Hinweise auf starke Schwellungen im Bein mit gravierenden Bewegungseinschränkungen finden sich erst in den im Jahr 2013 eingeholten Befundberichten, die jedoch wiederum keinen Hinweis auf gravierende Gehstörungen enthalten. Noch in der Stellungnahme von Dr. B. vom 22. August 2013 (Untersuchung vom 12. Juli 2012) wird eine normale Kniegelenksbeweglichkeit links bei freien Gelenkkörpern geschildert (0/0/120 Grad). Hinweise für eine wesentliche Gangstörung finden sich nicht. Die von Dr. L. geschilderte "Elefantiasis" wird erstmals in seiner Untersuchung geschildert. Mangels objektivierbarer Befundgrundlagen fehlen damit belegbare Hinweise für ein stark bewegungseinschränkendes Bewegungsbild vor dem 5. November 2013. Dieser fehlende Nachweis wirkt sich zu Lasten der Klägerin aus, die mit der sog. objektiven Beweislast für die Feststellung eines höheren GdB belastet ist. Entgegen der Ansicht des Sachverständigen kann auch aus der bloßen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seit 2009 kein sicherer Rückschluss für gravierende funktionale Einschränkungen aus dem Lipödem gezogen werden. Auch hierfür fehlt es an einer objektivierbaren ärztlichen Befundgrundlage. Diese Annahme des Sachverständigen bleibt eine schlichte Vermutung ohne Tatsachengrundlage, die für die Feststellung eines GdB nicht genügt.

57

b) Als weitere Erkrankung liegt bei der Klägerin eine Gonarthrose links bei retropatellarer Chondropathie mit rezidivierendem Kniegelenkserguss, Synovialis und Oligoarthrose der Kniegelenke vor. Hierfür hält der Senat, wie auch vom Sachverständigen Dr. L. vertreten, einen Einzel-GdB von 20 für angemessen. Dies entspricht den in Teil 18.18 VMG dokumentieren Einzel-GdS für Kniegelenksschäden. Erheblichere Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk mittleren Grades von 0/10/90 Grad sind den beigezogenen Befundunterlagen nicht zu entnehmen. Wiederholt wurden dagegen Reizzustände und Schwellungen sowie über einen Riesenzelltumor am linken Knie berichtet. Geht man dabei insbesondere auf der linken Seite von einem ausgeprägten Knorpelschaden (freie Gelenkkörper) ohne Bewegungseinschränkung aus, wäre der Bewertungsrahmen von 10 bis 30 eröffnet. Der vom Sachverständigen herangezogene Mittelwert von 20 wird dem Erkrankungsbild der Klägerin in diesem Funktionssystem gerecht und vom Senat als zutreffend angesehen. Die Kniegelenkserkrankung findet sich bereits in den ersten vom Beklagten eingeholten Befunden, so dass dieser Einzel-GdB von 20 auch für die Zeit seit Juni 2007 festzustellen ist. Dies entspricht auch den Bewertungen des Sachverständigen Dr. L. sowie der Versorgungsärzte des Beklagten, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.

58

c) Darüber hinaus leidet die Klägerin im Funktionssystem der Arme an einer Synovialis und Oligoarthrose der Schultergelenke und Handgelenke sowie des Ellenbogengelenks rechts. Hierfür hält der Senat einen Einzel-GdB von 10 für angemessen. Der Schwerpunkt des Leidensbildes konzentriert in seinen funktionellen Auswirkungen nicht auf den Arm, sondern zentral auf den Beinbereich. Konkret gemessene Bewegungseinschränkungen im Bereich der Arme sind nicht aktenkundig geworden. Auch die Klägerin hat ihre Haupteinschränkungen an keiner Stelle auf das Funktionssystem der Arme bezogen, so dass diese Erkrankungen als allenfalls geringgradig angesehen werden können. Ein höherer Einzel-GdB als 10 ist bei dieser Befundgrundlage nicht zu rechtfertigen.

59

d) Im Funktionssystem Nervensystem und Psyche liegt bei der Klägerin nach der zutreffenden Diagnose des Sachverständigen Dr. L. eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren vor. Der Senat folgt der Einschätzung des Sachverständigen Dr. L., wonach hierfür ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Weitergehende psychiatrische Befunde mit funktionalen Einschränkungen der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit lassen sich weder aus den vom Senat eingeholten Befunden noch aus den diversen Testverfahren des Sachverständigen erkennen. Dr. L. bezeichnet die psychologischen Testuntersuchungen selbst als weitestgehend unauffällig.

60

e) Die hypertrophe Narbe nach der operativen Behandlung von Ringbandstenosen, die arterielle Hypertonie ohne Leistungsbeeinträchtigung sowie die Adipositas 1. Grades haben nach der überzeugenden Auffassung des Sachverständigen keine funktionale Bedeutung und rechtfertigen nicht die Vergabe eines Einzel-GdB.

61

f) Weitere Funktionseinschränkungen, die mit einem GdB von mindestens 10 zu bewerten wären, sind nicht erkennbar. Prägend für die Höhe des Gesamt-GdB ist das Lipödem ab dem 5. November 2013 mit einem Einzel-GdB von 60. Vor diesem Zeitpunkt kann der Erkrankung demgegenüber keine Bedeutung zuerkannt werden. Die geringfügigen gesundheitlichen Einschränkungen, die lediglich mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet werden können, haben keinen Einfluss auf die Bildung des Gesamt-GdB. Schließlich ist zu beachten, dass nach den VMG (Teil A, Nr. 3 ee) von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen. Die Synovialis und Oligoarthrose der Schultergelenke und Handgelenke sowie des Ellenbogengelenks rechts sind daher nicht wertungserheblich. Auch bei den leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt (Teil A, Nr. 3 ee), die Erhöhung des Gesamt-GdB vorzunehmen. Die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren spielt für die Bildung eines höheren Gesamt-GdB keine Rolle, da sie ein anderes Funktionssystem betrifft. Die Gonarthrose links bei retropatellarer Chondropathie mit rezidivierendem Kniegelenkserguss, Synovialis und Oligoarthrose der Kniegelenke wirkt sich – wie das Lipödem – auf das Funktionssystem Bein aus. Eine Verstärkungswirkung beider Erkrankungen hat der Sachverständige dabei nicht angenommen. Hierbei darf auch nicht übersehen werden, dass für das Lipödem bereits der Mittelrahmen von 60 ausgeschöpft worden ist und der obere Bewertungsrahmen von 70 im Hinblick auf die der Klägerin verbliebenen funktionalen Fähigkeiten nicht angemessen ist.

62

g) Die Voraussetzungen des Merkzeichens aG sind nicht gegeben. Anspruchsgrundlage für die begehrte Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG ist § 69 Abs. 4 SGB IX. Danach stellen die zuständigen Behörden die gesundheitlichen Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört auch die außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen aG einzutragen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SchwBAwV). Diese Feststellung zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen im Sinne von § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO nach sich, wobei Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung die in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) enthaltenen Regelungen sind. Nach Abschnitt II Nr. 1 VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Dazu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehenden Personenkreis gleichzustellen sind. Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 erster Halbsatz VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2007, B 9 a SB 5/05 R, juris). Entscheidend ist dabei nicht, über welche Gehstrecken ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzungen - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, B 9 SB 7/01 R, juris sowie ständige Rechtsprechung des Senates, vgl. zuletzt Urteil vom 23. April 2014, L 7 SB 97/13, juris).

63

Ob bei der Prüfung des Vorliegens einer außergewöhnlichen Gehbehinderung ergänzend die im Wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmungen in Teil D, Nr. 3 der Anlage zu § 2 der seit dem 1. Januar 2009 geltende Versorgungsmedizinverordnung vom 10. Dezember 2008 in ihrer jeweils geltenden Fassung heranzuziehen sind, kann dahinstehen. Denn ungeachtet der Frage, ob die Regelungen der VersMedV zum Merkzeichen aG rechtswirksam erlassen worden sind (verneinend: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Juli 2010, L 8 SB 3119/08, juris), liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für den von der Klägerin begehrten Nachteilsausgleich unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Regelungen nicht vor.

64

Die Klägerin gehört nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten. Auch eine Gleichstellung der Klägerin mit dem vorgenannten Personenkreis ist nicht möglich. Zwar hielt der Sachverständige Dr. L. die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG für gegeben und einen Vergleich zu rollstuhlabhängig Doppeloberschenkelamputierter für sachgerecht. Diese Einschätzung steht jedoch im Widerspruch zu seinen eigenen Feststellungen zum Gangvermögen der Klägerin. Hiernach war das Gangbild der Klägerin ohne Hilfsmittel als breitbeinig, langsam, schwerfällig zu bewerten. Die Klägerin konnte in einem Test eine Gehstrecke von 100 Metern, wenn auch sehr mühsam, bewältigen. Ein in außergewöhnlichem Maße eingeschränktes Gehvermögen steht damit jedoch nicht fest. Dies würde eine außergewöhnliche Gehbelastung schon bei den ersten Schritten voraussetzen und damit ein fast quälend schmerzhaftes Gangbild erwarten lassen. Hierfür fehlen klare Feststellungen des Sachverständigen. So kann die Klägerin nach ihren eigenen Einlassungen vor dem Sachverständigen eine höchstmögliche Gehstrecke von 200 Metern bewältigen, was eher gegen eine außergewöhnliche Gehbehinderung spricht. Gegen eine außergewöhnliche Gehbehinderung spricht auch die relativ kurze Zeit, in der die Klägerin die ca. 100 Meter beim Sachverständigen zurücklegen konnte. Die vom Gutachter gemessenen 84 Sekunden wären bei einem quälend langsamen und schmerzhaften Gangbild schon bei den ersten Schritten kaum zu erwarten. Hierauf hat auch die Versorgungsärztin Dr. W. in ihrer Stellungnahme vom 19. September 2014 zutreffend hingewiesen und die Voraussetzungen des Merkzeichens aG verneint. Von einer Einschränkung der Gehfähigkeit praktisch von den ersten Schritten außerhalb eines Kraftfahrzeuges kann somit nicht ausgegangen werden. Insgesamt sind die vorliegenden Gehbehinderungen der Klägerin in ihren Auswirkungen nicht mit denen vergleichbar, für die nach Abschnitt II Nr. 1 VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO eine außergewöhnliche Gehbehinderung anzunehmen ist.

65

h) Demgegenüber hat die Klägerin Anspruch auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G seit dem 5. November 2013. Durch die Auswirkungen des Lipödems gerade im Bereich der unteren Gliedmaßen ist sie in ihrem Gangbild erheblich eingeschränkt. So hielt es der Sachverständige Dr. L. für nachvollziehbar, dass die Klägerin höchstmöglich noch 200 Meter laufen könne, was klar unterhalb einer ortüblichen Gehstrecke von bis zu zwei Kilometern liegt. Dieser Einschätzung folgt auch der Beklagte in seinem von der Klägerin nicht angenommenen Vergleichsvorschlag vom 23. September 2014. Als Beginn für die Feststellung des Merkzeichens G kann frühestens der 5. November 2013 angenommen werden, da die Klägerin erst ab diesem Zeitpunkt einen Gesamt-GdB von 60 erreicht und damit die für das Merkzeichen notwendigen Voraussetzungen der Schwerbehinderung erfüllt.

66

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

67

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 SGG nicht gegeben sind.


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bei uns veröffentlicht am 23.07.2010

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(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Aufklärung, Beratung, Auskunft und Ausführung von Leistungen im Sinne des Ersten Buches sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern nach § 167 darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 und ihre Verbände wirken bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie nach den Bestimmungen der §§ 20d bis 20g des Fünften Buches mit, insbesondere mit der Zielsetzung der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen für Personen, deren berufliche Eingliederung auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen besonders erschwert ist, arbeiten die Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und mit den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 20a des Fünften Buches eng zusammen.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Sind mehrere Behörden örtlich zuständig, entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist, es sei denn, die gemeinsame Aufsichtsbehörde bestimmt, dass eine andere örtlich zuständige Behörde zu entscheiden hat. Diese Aufsichtsbehörde entscheidet ferner über die örtliche Zuständigkeit, wenn sich mehrere Behörden für zuständig oder für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, treffen die Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.

(2) Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.

(3) Hat die örtliche Zuständigkeit gewechselt, muss die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch solange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. Diese hat der bisher zuständigen Behörde die nach dem Zuständigkeitswechsel noch erbrachten Leistungen auf Anforderung zu erstatten. § 102 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Die nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

1.
die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr, insbesondere über
a)
den Inhalt und die Gültigkeitsdauer von Fahrerlaubnissen, insbesondere unterschieden nach Fahrerlaubnisklassen, über die Probezeit sowie über Auflagen und Beschränkungen zu Fahrerlaubnissen,
b)
die erforderliche Befähigung und Eignung von Personen für ihre Teilnahme am Straßenverkehr, das Mindestalter und die sonstigen Anforderungen und Voraussetzungen zur Teilnahme am Straßenverkehr,
c)
die Ausbildung und die Fortbildung von Personen zur Herstellung und zum Erhalt der Voraussetzungen nach Buchstabe b und die sonstigen Maßnahmen, um die sichere Teilnahme von Personen am Straßenverkehr zu gewährleisten, insbesondere hinsichtlich Personen, die nur bedingt geeignet oder ungeeignet oder nicht befähigt zur Teilnahme am Straßenverkehr sind,
d)
die Prüfung und Beurteilung des Erfüllens der Voraussetzungen nach den Buchstaben b und c,
e)
Ausnahmen von einzelnen Anforderungen und Inhalten der Zulassung von Personen, insbesondere von der Fahrerlaubnispflicht und von einzelnen Erteilungsvoraussetzungen,
2.
das Verhalten im Verkehr, auch im ruhenden Verkehr,
3.
das Verhalten der Beteiligten nach einem Verkehrsunfall, das geboten ist, um
a)
den Verkehr zu sichern und Verletzten zu helfen,
b)
Feststellungen zu ermöglichen, die zur Geltendmachung oder Abwehr von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen erforderlich sind, insbesondere Feststellungen zur Person der Beteiligten, zur Art ihrer Beteiligung, zum Unfallhergang und zum Versicherer der unfallbeteiligten Fahrzeuge,
4.
die Bezeichnung von im Fahreignungsregister zu speichernden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
a)
für die Maßnahmen nach den Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe nebst der Bewertung dieser Straftaten und Ordnungswidrigkeiten als schwerwiegend oder weniger schwerwiegend,
b)
für die Maßnahmen des Fahreignungsbewertungssystems, wobei
aa)
bei der Bezeichnung von Straftaten deren Bedeutung für die Sicherheit im Straßenverkehr zugrunde zu legen ist,
bb)
Ordnungswidrigkeiten mit Punkten bewertet werden und bei der Bezeichnung und Bewertung von Ordnungswidrigkeiten deren jeweilige Bedeutung für die Sicherheit des Straßenverkehrs und die Höhe des angedrohten Regelsatzes der Geldbuße oder eines Regelfahrverbotes zugrunde zu legen sind,
5.
die Anforderungen an
a)
Bau, Einrichtung, Ausrüstung, Beschaffenheit, Prüfung und Betrieb von Fahrzeugen,
b)
die in oder auf Fahrzeugen einzubauenden oder zu verwendenden Fahrzeugteile, insbesondere Anlagen, Bauteile, Instrumente, Geräte und sonstige Ausrüstungsgegenstände, einschließlich deren Prüfung,
6.
die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr, insbesondere über
a)
die Voraussetzungen für die Zulassung, die Vorgaben für das Inbetriebsetzen zulassungspflichtiger und zulassungsfreier Fahrzeuge, die regelmäßige Untersuchung der Fahrzeuge sowie über die Verantwortung, die Pflichten und die Rechte der Halter,
b)
Ausnahmen von der Pflicht zur Zulassung sowie Ausnahmen von einzelnen Anforderungen nach Buchstabe a,
7.
die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Erarbeitung und Evaluierung von verbindlichen Prüfvorgaben bei regelmäßigen Fahrzeuguntersuchungen,
8.
die zur Verhütung von Belästigungen anderer, zur Verhütung von schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erforderlichen Maßnahmen,
9.
die Maßnahmen
a)
über den Straßenverkehr, die zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit oder zu Verteidigungszwecken erforderlich sind,
b)
zur Durchführung von Großraum- und Schwertransporten,
c)
im Übrigen, die zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen oder zur Verhütung einer über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen erforderlich sind, insbesondere bei Großveranstaltungen,
10.
das Anbieten zum Verkauf, das Veräußern, das Verwenden, das Erwerben oder das sonstige Inverkehrbringen von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen,
11.
die Kennzeichnung und die Anforderungen an die Kennzeichnung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen,
12.
den Nachweis über die Entsorgung oder den sonstigen Verbleib von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, auch nach ihrer Außerbetriebsetzung,
13.
die Ermittlung, das Auffinden und die Sicherstellung von gestohlenen, verlorengegangenen oder sonst abhanden gekommenen Fahrzeugen, Fahrzeugkennzeichen sowie Führerscheinen und Fahrzeugpapieren einschließlich ihrer Vordrucke, soweit nicht die Strafverfolgungsbehörden hierfür zuständig sind,
14.
die Überwachung der gewerbsmäßigen Vermietung von Kraftfahrzeugen und Anhängern an Selbstfahrer,
15.
die Beschränkung des Straßenverkehrs einschließlich des ruhenden Verkehrs
a)
zugunsten schwerbehinderter Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie zugunsten blinder Menschen,
b)
zugunsten der Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel,
c)
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe oder zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen,
16.
die Einrichtung von Sonderfahrspuren für Linienomnibusse und Taxen,
17.
die Einrichtung und Nutzung von fahrzeugführerlosen Parksystemen im niedrigen Geschwindigkeitsbereich auf Parkflächen,
18.
allgemeine Ausnahmen von den Verkehrsvorschriften nach Abschnitt I oder von auf Grund dieser Verkehrsvorschriften erlassener Rechtsverordnungen zur Durchführung von Versuchen, die eine Weiterentwicklung dieser Rechtsnormen zum Gegenstand haben.
Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 18 über allgemeine Ausnahmen von Verkehrsvorschriften nach diesem Gesetz sind für die Dauer von längstens fünf Jahren zu befristen; eine einmalige Verlängerung der Geltungsdauer um längstens fünf Jahre ist zulässig. Rechtsverordnungen können nicht nach Satz 1 erlassen werden über solche Regelungsgegenstände, über die Rechtsverordnungen nach Absatz 2 erlassen werden dürfen. Die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen nach Satz 1 umfasst auch den straßenverkehrsrechtlichen Schutz von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder den Schutz zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche Unfallbeteiligter.

(2) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

1.
die Typgenehmigung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, sofern sie unionsrechtlichen Vorgaben unterliegt, über die Fahrzeugeinzelgenehmigung, sofern ihr nach Unionrecht eine Geltung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zukommt, sowie über das Anbieten zum Verkauf, das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Veräußern oder die Einfuhr von derart genehmigten oder genehmigungspflichtigen Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, insbesondere über
a)
die Systematisierung von Fahrzeugen,
b)
die technischen und baulichen Anforderungen an Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten, einschließlich der durchzuführenden Prüfverfahren zur Feststellung der Konformität,
c)
die Sicherstellung der Übereinstimmung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge mit einem genehmigten Typ bei ihrer Herstellung,
d)
den Zugang zu technischen Informationen sowie zu Reparatur- und Wartungsinformationen,
e)
die Bewertung, Benennung und Überwachung von technischen Diensten,
f)
die Kennzeichnung und Verpackung von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für Fahrzeuge oder
g)
die Zulassung von Teilen und Ausrüstungen, von denen eine ernste Gefahr für das einwandfreie Funktionieren wesentlicher Systeme von Fahrzeugen ausgehen kann,
2.
die Marktüberwachung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge,
3.
die Pflichten der Hersteller und ihrer Bevollmächtigten, der Einführer sowie der Händler im Rahmen
a)
des Typgenehmigungsverfahrens im Sinne der Nummer 1,
b)
des Fahrzeugeinzelgenehmigungsverfahrens im Sinne der Nummer 1 oder
c)
des Anbietens zum Verkauf, des Inverkehrbringens, der Inbetriebnahme, des Veräußerns, der Einfuhr sowie der Marktüberwachung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge oder
4.
die Technologien, Strategien und andere Mittel, für die festgestellt ist, dass
a)
sie die Leistungen der Fahrzeuge, Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten für Fahrzeuge bei Prüfverfahren unter ordnungsgemäßen Betriebsbedingungen verfälschen oder
b)
ihre Verwendung im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens oder des Fahrzeugeinzelgenehmigungsverfahrens im Sinne der Nummer 1 aus anderen Gründen nicht zulässig ist.

(3) In Rechtsverordnungen nach Absatz 1 oder Absatz 2 können hinsichtlich der dort genannten Gegenstände jeweils auch geregelt werden:

1.
die Erteilung, Beschränkung oder Entziehung von Rechten, die sonstigen Maßnahmen zur Anordnung oder Umsetzung, die Anerkennung ausländischer Berechtigungen oder Maßnahmen, die Verwaltungsverfahren einschließlich der erforderlichen Nachweise sowie die Zuständigkeiten und die Ausnahmebefugnisse der vollziehenden Behörden im Einzelfall,
2.
Art, Inhalt, Herstellung, Gestaltung, Lieferung, Ausfertigung, Beschaffenheit und Gültigkeit von Kennzeichen, Plaketten, Urkunden, insbesondere von Führerscheinen, und sonstigen Bescheinigungen,
3.
die Anerkennung, Zulassung, Registrierung, Akkreditierung, Begutachtung, Beaufsichtigung oder Überwachung von natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder von sonstigen Einrichtungen im Hinblick auf ihre Tätigkeiten
a)
der Prüfung, Untersuchung, Beurteilung und Begutachtung von Personen, Fahrzeugen oder Fahrzeugteilen sowie der Herstellung und Lieferung nach Nummer 2,
b)
des Anbietens von Maßnahmen zur Herstellung oder zum Erhalt der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder
c)
der Prüfung und Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen,
einschließlich der jeweiligen Voraussetzungen, insbesondere der Anforderungen an die natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder an die Einrichtungen, an ihre Träger und an ihre verantwortlichen oder ausführenden Personen, einschließlich der Vorgabe eines Erfahrungsaustausches sowie einschließlich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über die die Tätigkeiten ausführenden oder hieran teilnehmenden Personen durch die zuständigen Behörden, durch die natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder durch die Einrichtungen in dem Umfang, der für ihre jeweilige Tätigkeit und deren Qualitätssicherung erforderlich ist,
4.
Emissionsgrenzwerte unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung zum Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Rechtsverordnung,
5.
die Mitwirkung natürlicher oder juristischer Personen des Privatrechts bei der Aufgabenwahrnehmung in Form ihrer Beauftragung, bei der Durchführung von bestimmten Aufgaben zu helfen (Verwaltungshilfe), oder in Form der Übertragung bestimmter Aufgaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 5, 6, 7 oder 9 Buchstabe b oder Absatz 2 auf diese Personen (Beleihung), insbesondere
a)
die Bestimmung der Aufgaben und die Art und Weise der Aufgabenerledigung,
b)
die Anforderungen an diese Personen und ihre Überwachung einschließlich des Verfahrens und des Zusammenwirkens der zuständigen Behörden bei der Überwachung oder
c)
die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch diese Personen, insbesondere die Übermittlung solcher Daten an die zuständige Behörde,
6.
die Übertragung der Wahrnehmung von einzelnen Aufgaben auf die Bundesanstalt für Straßenwesen oder das Kraftfahrt-Bundesamt oder
7.
die notwendige Versicherung der natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder der sonstigen Einrichtungen in den Fällen der Nummer 3 oder Nummer 5 zur Deckung aller im Zusammenhang mit den dort genannten Tätigkeiten entstehenden Ansprüche sowie die Freistellung der für die Anerkennung, Zulassung, Registrierung, Akkreditierung, Begutachtung, Beaufsichtigung, Überwachung, Beauftragung oder Aufgabenübertragung zuständigen Bundes- oder Landesbehörde von Ansprüchen Dritter wegen Schäden, die diese Personen oder Einrichtungen verursachen.

(4) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 und 8 oder Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 3, können auch erlassen werden

1.
zur Abwehr von Gefahren, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen,
2.
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, die von Fahrzeugen ausgehen, oder
3.
zum Schutz der Verbraucher.
Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 und 8, auch in Verbindung mit Absatz 3, können auch erlassen werden
1.
zum Schutz der Bevölkerung in Fußgängerbereichen oder verkehrsberuhigten Bereichen, der Wohnbevölkerung oder der Erholungssuchenden vor Emissionen, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen, insbesondere zum Schutz vor Lärm oder vor Abgasen,
2.
für Sonderregelungen an Sonn- und Feiertagen oder
3.
für Sonderregelungen über das Parken in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr.

(5) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 oder 2 können auch zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union und zur Durchführung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes erlassen werden.

(6) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 5 oder 8 oder nach Absatz 2, sofern sie jeweils in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 Nummer 1 erlassen werden, oder Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 werden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gemeinsam erlassen. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 11, 13 oder 14 oder nach Absatz 3 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 1 oder 6 können auch zum Zweck der Bekämpfung von Straftaten erlassen werden. Im Fall des Satzes 2 werden diese Rechtsverordnungen vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gemeinsam erlassen. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 oder 8 oder nach Absatz 2, sofern sie jeweils in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 erlassen werden, werden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gemeinsam erlassen.

(7) Keiner Zustimmung des Bundesrates bedürfen Rechtsverordnungen

1.
zur Durchführung der Vorschriften nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder
2.
über allgemeine Ausnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 18, auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 6.
Vor ihrem Erlass sind die zuständigen obersten Landesbehörden zu hören.

(8) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, jedoch unbeschadet des Absatzes 6,

1.
sofern Verordnungen nach diesem Gesetz geändert oder abgelöst werden, Verweisungen in Gesetzen und Rechtsverordnungen auf diese geänderten oder abgelösten Vorschriften durch Verweisungen auf die jeweils inhaltsgleichen neuen Vorschriften zu ersetzen,
2.
in den auf Grund des Absatzes 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 7 erlassenen Rechtsverordnungen enthaltene Verweisungen auf Vorschriften in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zu ändern, soweit es zur Anpassung an Änderungen jener Vorschriften erforderlich ist, oder
3.
Vorschriften der auf Grund des Absatzes 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 7 erlassenen Rechtsverordnungen zu streichen oder in ihrem Wortlaut einem verbleibenden Anwendungsbereich anzupassen, sofern diese Vorschriften durch den Erlass entsprechender Vorschriften in unmittelbar im Anwendungsbereich dieses Gesetzes geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union unanwendbar geworden oder in ihrem Anwendungsbereich beschränkt worden sind.

(9) In den Rechtsverordnungen nach Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 6, kann mit Zustimmung des Bundesrates die jeweilige Ermächtigung ganz oder teilweise auf die Landesregierungen übertragen werden, um besonderen regionalen Bedürfnissen angemessen Rechnung zu tragen. Soweit eine nach Satz 1 erlassene Rechtsverordnung die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, sind diese befugt, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung ganz oder teilweise auf andere Landesbehörden zu übertragen.

(1) Im Ausweis sind auf der Rückseite folgende Merkzeichen einzutragen:

1.aGwenn der schwerbehinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 229 Absatz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist,

2.Hwenn der schwerbehinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33b des Einkommensteuergesetzes oder entsprechender Vorschriften ist,

3.BIwenn der schwerbehinderte Mensch blind im Sinne des § 72 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder entsprechender Vorschriften ist,

4.GIwenn der schwerbehinderte Mensch gehörlos im Sinne des § 228 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist,

5.RFwenn der schwerbehinderte Mensch die landesrechtlich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht erfüllt,

6.1. Kl.wenn der schwerbehinderte Mensch die im Verkehr mit Eisenbahnen tariflich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse erfüllt,
7.Gwenn der schwerbehinderte Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt im Sinne des § 229 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder entsprechender Vorschriften ist,
8.TBIwenn der schwerbehinderte Mensch wegen einer Störung der Hörfunktion mindestens einen Grad der Behinderung von 70 und wegen einer Störung des Sehvermögens einen Grad der Behinderung von 100 hat.

(2) Ist der schwerbehinderte Mensch zur Mitnahme einer Begleitperson im Sinne des § 229 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berechtigt, sind auf der Vorderseite des Ausweises das Merkzeichen „B“ und der Satz „Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen“ einzutragen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten sind die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) streitig.
Bei dem 1932 geborenen Kläger wurde mit Bescheid des Versorgungsamts Heilbronn vom 24.10.2002 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit 16.11.2000 festgestellt. Der Bescheid erging in Ausführung des im Rechtsstreit S 1 SB 168/02 (Sozialgericht Heilbronn -SG -) im September 2002 von den Beteiligten geschlossenen Vergleichs.
Am 02.07.2007 beantragte der Kläger beim Landratsamt Heilbronn (LRA) die Erhöhung des GdB und die Feststellung der Nachteilsausgleiche G und aG. Nach medizinischer Sachaufklärung, insbesondere der Einholung eines Befundberichts von dem Internisten Dr. M. vom 30.07.2007 (Beurteilung u.a.: Mit Handstock in der Ebene sicher gehfähig; bei chronischem Schmerzsyndrom/Lumboischialgie Gehstrecke eingeschränkt), lehnte das LRA den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 16.08.2007 mangels wesentlicher Verschlimmerung der gesundheitlichen Verhältnisse ab. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung der Nachteilsausgleiche G und aG seien nicht erfüllt.
Dagegen legte der Kläger am 23.08.2007 Widerspruch ein und machte einen höheren GdB geltend und verwies auf die Beeinträchtigung seines Gehvermögens. Zudem bestehe ein erheblicher Gesichtsfeldausfall im Bereich des linken Auges, wodurch sein unsicherer Gang mangels fehlender räumlicher Wahrnehmung noch verstärkt werde. Der Kläger legte den endgültigen Entlassungsbericht des C.-Krankenhauses B. M. vom 06.05.2004 (stationäre Behandlung vom 03.05. bis 07.05.2004 mit Arthroskopie der linken Schulter), den Untersuchungsbericht der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums W. vom 07.10.2005 (Diagnose u.a.: Bandscheibenvorfall LWK 3/4 mediolateral rechts; Angaben des Klägers: freie Gehstrecke von einer halben Stunde, dann folgten Schmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule ohne Ausstrahlung; neurologischer Befund u.a.: leicht unsicheres Gangbild), den Bericht der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums W. über seine stationäre Behandlung vom 23.11. bis 01.12.2005 (Diagnosen u.a.: Perineales Schmerzsyndrom, leichtgradige sensomotorische axonal betonte Polyneuropathie unklarer Äthiologie, Bandscheibenvorfall LWK 3/4 rechts), und den Bericht der St. V.-Kliniken K. - Augenklinik - vom 16.01.2007 über seine stationäre Behandlung vom 10.01. bis 11.01.2007 (Diagnosen: Minimale Hypo- und Exotropie, primär chronisches Offenwinkelglaukom, LA glaukomatöse Optikusatrophie, RA Z. n. Trabekulektomie) vor. Das LRA holte von der A.-Klinik S. in M. bei F. den Bericht vom 11.10.2007 über die stationäre Rehabilitationsbehandlung des Klägers vom 11.04.2007 bis 02.05.2007 ein. Die Hüft-, Knie-, Sprung- und Zehengelenke wurden darin als gut beweglich beschrieben. Nach seinen Angaben mache ihm immer wieder eine Ischialgie zu schaffen. Morgens benötige er noch eine relativ lange Anlaufzeit, um in die „Gänge“ zu kommen. Wenn er „eingelaufen“ sei, käme er zufriedenstellend zurecht. Ferner holte das LRA von dem Orthopäden Dr. L. den Befundbericht vom 16.10.2007 ein. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.12.2007 stellte der Beklagte mit Teil-Abhilfebescheid vom 11.01.2008 einen GdB von 80 seit 02.07.2007 und den Nachteilsausgleich G fest. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG wurden weiterhin verneint. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden eine
„chronische Bronchitis, eine chronische Harnwegsentzündung, eine chronische Harnblasenentzündung, eine chronische Entzündung der Prostata, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Spinalkanalstenose, eine Claudicatio spinalis, ein Restless-Legs-Syndrom, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Sehbehinderung, eine chronische Magenschleimhautentzündung und eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke“
berücksichtigt. Nachdem der Kläger mit der nur teilweisen Abhilfe seines Widerspruchs nicht einverstanden war, wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2008 zurück. Der Kläger erfülle die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellungen des Nachteilsausgleiches aG nicht, weil er nicht außergewöhnlich gehbehindert sei. Die ihm noch mögliche Gehstrecke - 200 bis 300 m bzw. eine halbe Stunde Gehzeit - stelle keine außergewöhnliche Gehbehinderung dar.
Am 31.01.2008 erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er den Nachteilsausgleich aG geltend machte. Zur Begründung brachte er vor, er sei als polymorbider Mensch, der an mehreren Erkrankungen leide, auf einen Parkplatz in greifbarer Nähe angewiesen, da er ansonsten - er lebe in einer ländlichen Gegend - nicht nur von jeglicher außerhäuslicher Aktivität ausgeschlossen sei. Auch Arztbesuche seien ihm dann unmöglich gemacht. Hinzu käme das nur teilweise durch Medikamente gemilderte Restless-Legs-Syndrom, das auch tagsüber das Schrittbild im Sinne eines taumelnden Ganges verändere. Ein Gehen ohne Gehhilfe würde daher unweigerlich zu Stürzen führen.
Das SG hörte den Internisten Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser schilderte im März 2008 die von ihm diagnostizierten Erkrankungen, insbesondere ein chronisches Schmerzsyndrom, eine multifunktionelle Gangstörung, ein Restless-Legs-Syndrom, eine Polyneuropathie, eine tiefe Beinvenenthrombose rechts 8/07 (seither Macumartherapie) und eine COPD, und gab an, es bestehe beim Kläger bei Multimorbidität eine Gangstörung mit je nach Intensität des Schmerzsyndroms wechselnder Gehfähigkeit. Bestenfalls bestehe Gehfähigkeit in der Ebene mit Handstock für schätzungsweise wenige 100 m. Es gäbe jedoch phasenweise Schmerzausprägungen mit vollständiger Immobilität. Wie häufig dies auftrete, könne er jedoch nicht beurteilen. Sein letzter Hausbesuch bei einem solchen Zustand sei im Februar 2004 gewesen. Nach den Beurteilungskriterien liege keine dauerhafte außergewöhnliche Gehbehinderung vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.06.2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger, der nicht zu dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehöre, sei diesem auch nicht gleichzustellen. Der Kläger könne sich nicht nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung von den ersten Schritten an außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen.
10 
Dagegen hat der Kläger am 01.07.2008 Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt zusätzlich vor, sein unsicherer Gang bei eingeschränktem bzw. nicht vorhandenem räumlichen Sehen bewirkten eine erhöhte Sturzgefahr. Inzwischen sei er gezwungen, einen Rollator zu benutzen. Der Kläger legt die ärztliche Bescheinigung seines Hausarztes, des Internisten Dr. N., vom 10.07.2008 vor, worin es heißt, der Kläger sei unter Schmerzen und mit Ausstattung einer Gehhilfe in der Lage, eine Gehstrecke von höchstens 50 m zu leisten. Ferner übersandte der Kläger den Untersuchungsbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 01.07.2008 (Diagnosen: V.a. persistierenden Lagerungsschwindel, kombinierte Gangstörung, Restless-Legs-Syndrom) und das Attest der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. A.-S. vom 04.07.2008.
11 
Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W.. vom 26.09.2008 geltend gemacht, dass keine Gesichtspunkte erkennbar seien, die für eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers sprächen.
12 
Der Senat hat von dem Orthopäden Dr. W... das orthopädisch-traumatologische Gutachten vom 18.02.2009 eingeholt. Dieser hat den Kläger ambulant untersucht und ist in seinem schriftlichen Gutachten vom 18.02.2009 unter Berücksichtigung der Ergebnisse des radiologischen Zusatzgutachtens von Dr. R. vom 30.03.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine ausgeprägte degenerative lumbale Spinalkanalstenose mit Claudicatio spinalis und ein degeneratives Rotatorenmanschettensyndrom beidseits bestehen. Die Spinalkanalstenose verursache schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule sowie der unteren Extremitäten. Das Zusammenwirken der Claudicatio spinalis infolge der degenerativen Lumbalkanalstenose sowie der bestehenden Polyneuropathie und des Restless-Legs-Syndroms und die gestörte Sehfähigkeit ließen eine außergewöhnliche Gehbehinderung wahrscheinlich erscheinen. An dieser Beurteilung hat der Sachverständige auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2009 festgehalten. Bei seiner Untersuchung des Klägers am 13.02.2009 sei das Gehen sowohl vom Wartebereich ins Untersuchungszimmer als auch das Aufstehen und Gehen innerhalb des Untersuchungsraums nach der Anamneseerhebung während der Untersuchung trotz Zuhilfenahme eines Gehstocks in der rechten Hand nur unter großen Anstrengungen, kleinschrittig, unsicher und verlangsamt möglich gewesen.
13 
Zur weiteren Klärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat den Neurologen Dr. D. mit der Erstattung eines fachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dieser ist nach ambulanter Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 27.11.2009 zu der Beurteilung gelangt, auf neurologischem Gebiet lasse sich praktisch kein krankhafter Befund erheben. Es liege auch keine wesentliche Polyneuropathie vor. Geschildert werde ein Restless-Legs-Syndrom. Die Funktionsbeeinträchtigung durch die deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit engem Spinalkanal würde er aus neurologischer Sicht als mittelgradig einschätzen. Dabei sei berücksichtigt, dass ein Teil der Gehbeeinträchtigung und Gangunsicherheit und der Schilderung der Beschwerden des Klägers durch eine nicht organische funktionelle Ausgestaltung bedingt sei, die durch ausreichende Willensanstrengung überwunden werden könne. Er gehe daher im Gegensatz zu Dr. W... davon aus, dass sich der Kläger wegen der Schwere seines Leidens nicht dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen könne und dass die Beeinträchtigung keineswegs mit den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten vergleichbar sei. Der Kläger habe zwar bei den ersten Schritten beim Gehen möglicherweise deutlichere Schmerzen und benötige dafür größere Anstrengung, er sei dann aber mit großer Wahrscheinlichkeit in der Lage, mit einiger, aber keineswegs sehr großer Anstrengung einige 100 m mit dem Gehstock oder dem Rollator zurückzulegen.
14 
Der Kläger hält die Beurteilung von Dr. W... für zutreffend und bringt vor, dieser sei schon ohne Einbeziehung seiner weiteren Erkrankungen zu dem von ihm angestrebten Ergebnis gekommen. Er betont den bei ihm bestehenden unsicheren Gang und die stark erhöhte Sturzgefahr. Die Benutzung von Treppen sei ihm praktisch nicht mehr möglich. Das Aussteigen aus einem Kraftfahrzeug bedeute für ihn nicht nur Überwindung, sondern auch eine erhebliche Kraftanstrengung und sei nur unter der Zuhilfenahme beider Arme und Hände möglich. Danach bedürfe es einiger Sekunden, um überhaupt das Gleichgewicht zu finden und gerade die ersten Schritte seien außerordentlich belastend und beschwerlich für ihn. Am 24.10.2009 sei er auf dem Weg von einem Autobahnparkplatz zum Restaurant - er habe hierfür seine Gehhilfe benutzt (Der Einsatz seines Rollators sei ihm auf dem Gelände nicht sinnvoll erschienen) - gestürzt und habe sich starke Prellungen mit Blutergüssen an seiner linken Hand, seinem rechten Schulter- und Ellbogengelenk sowie an der rechten Kniescheibe zugezogen. Der Kläger wendet sich gegen das neurologische Gutachten von Dr. D. und hat hierzu eingehend im Einzelnen Stellung genommen (Schreiben vom 15.01.2010). Zusammenfassend vertritt er die Auffassung, die abweichende Auffassung von Dr. D. vom Gutachten von Dr. W... seien seines Erachtens zum großen Teil durch Voreingenommenheit des Gutachters und Außerachtlassung zusätzlich nicht primär neurologisch bedingter Erkrankungen und Befunde bedingt.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 16. August 2007 und 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG ab 2. Juli 2007 festzustellen.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er hält die Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG nach wie vor nicht für erfüllt und legt hierzu die versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 23.06.2009 und Dr. G. vom 28.10.2009 vor.
20 
Wegen den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Vorakten S 1 SB 168/02 und die Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
22 
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG.
23 
Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) iVm §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich aG in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist. Ein solcher Vermerk ist Grundlage für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen, die von den Straßenverkehrsbehörden für bestimmte Ausnahmefälle vorgesehen sind.
24 
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlichen Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
25 
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sonder darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
26 
Soweit der Beklagte sich auf die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) beruft, ist dies rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VG zum Merkzeichen aG sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
27 
Der Kläger, der unstreitig nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehört, ist diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den im Berufungsverfahren von Dr. W... und Dr. D. eingeholten fachärztlichen Gutachten, für den Senat fest.
28 
Der Kläger kann sich nicht nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen. Dies macht er auch selbst nicht geltend. Der Kläger erfüllt auch nicht die Tatbestandsalternative, dass er nur unter ebenso großer Anstrengung wie die ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten fortbewegen kann. Die für den Nachteilsausgleich aG geforderte große körperliche Anstrengung ist nach der bereits genannten Entscheidung des BSG dann gegeben, wenn die Wegstreckenlimitierung (im vom BSG zu entscheidenden Rechtsstreit auf 30 m Wegstrecke beschränkt) darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach kurzer Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weitergehen kann. Dass der betroffene Gehbehinderte nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, ist allerdings lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für den Nachteilsausgleich aG reichen irgend welche Erschöpfungszustände zudem nicht aus (BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R). Vielmehr müssen sie in ihrer Intensität mit den Erschöpfungszuständen gleichwertig sein, die bei den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes oder der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Betroffene nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (a.a.O.).
29 
Bei Beachtung dieser Beurteilungskriterien und Anlegung der genannten Maßstäbe steht für den Senat fest, dass sich der Kläger nicht nur noch mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Zunächst ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers festzustellen, dass im Rahmen der Prüfung, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt und damit auch bei der Prüfung der Frage der „großen Anstrengung“ weder der Wohnort des Betroffenen noch die Art und etwaige Besonderheiten der von ihm üblicherweise benutzten Wege Bedeutung zukommt. Auch der Zweck der angestrebten Parkerleichterung spielt keine Rolle. Schlechte Verkehrsanbindung, Wege mit Steigungen oder Gefälle bzw. die Notwendigkeit, Treppen zu überwinden sind daher ebenso wenig zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die Parkerleichterung hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Besuch von Arztpraxen geltend gemacht wird. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist daher nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG zu begründen.
30 
Maßgebend sind außerdem nur die Beeinträchtigungen des Gehvermögens und nicht Funktionsstörungen, die das Gehvermögen selbst nicht beeinträchtigen. Gesundheitsstörungen, die das Gehvermögen nicht oder nur peripher einschränken, sind nicht geeignet, eine außergewöhnliche Gehbehinderung zu begründen. Dies folgt unmittelbar aus den aufgeführten schwerwiegenden Gehbehinderungen der in Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO genannten Personen, mit denen eine Gleichstellung zu prüfen ist. Für die vorzunehmende Beurteilung sind folglich nur die Funktionsbeeinträchtigungen von Belang, die sich auf das Gehvermögen selbst auswirken. Das sind hier die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Spinalkanalstenose (die Claudicatio spinalis) und das chronische Schmerzsyndrom. Nicht dazu gehören entgegen der Auffassung des Klägers die die "Wegefähigkeit" als solche beeinträchtigende Sehbehinderung mit Einschränkung des räumlichen Sehens, da diese nur die Orientierungsfähigkeit, nicht aber das Gehen selbst beeinträchtigt, die Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, da diese das Gehvermögen selbst ebenfalls nicht beeinträchtigt, sondern nach den eigenen Angaben des Klägers der Zuhilfenahme eines Gehstockes bei längeren Strecken entgegensteht und auch das Restless-Legs-Syndrom, das als eine nur während der Nachtruhe auftretenden Gesundheitsstörung das Gehen selbst gleichfalls nicht tangiert. Soweit der Kläger somit den geltend gemachten Anspruch (auch) mit den genannten Funktionsbeeinträchtigungen begründet, kann ihm nicht gefolgt werden.
31 
Das Gehvermögen des Klägers ist nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. W... durch eine ausgeprägte degenerative lumbale Spinalkanalstenose mit claudicatio spinalis bzw. nach dem neurologischen Gutachten von Dr. D. durch ein chronisches Schmerzsyndrom mit Lumboischialgie beidseits bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf neurologische Ausfallserscheinungen beeinträchtigt. Aus der damit verbundenen Mobilitätseinschränkung - der Beklagte hat für den entsprechenden Behinderungskomplex einen GdB von 50 angenommen - resultiert zwar eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Nachteilsausgleich G). Eine die außergewöhnliche Gehbehinderung begründende große Anstrengung ist damit nicht nachgewiesen.
32 
Dagegen sprechen zunächst die eigenen anamnestischen Angaben des Klägers nach den aktenkundigen Klinik- und Arztberichten sowie in den vom Senat eingeholten fachärztlichen Gutachten. So heißt es im Entlassungsbericht der A-Klinik S. vom 11.10.2007, dass der Kläger angegeben habe, immer wieder mache ihm eine Ischialgie zu schaffen. Morgens benötige er noch eine relativ lange Anlaufzeit, um in die Gänge zu kommen, wenn er „eingelaufen“ sei, käme er zufriedenstellend zurecht. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger angegeben, zur Zeit sei er aufgrund einer seit Jahren bestehenden therapieresistenten Ischialgie links und einer Lumbago nicht in der Lage, längere Strecken als 200 bis 300 m trotz Gehhilfe zurückzulegen. Von einer großen Anstrengung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - ist weder im genannten Entlassungsbericht noch im Schreiben des Klägers die Rede. Nach seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. D. nähmen seine Schmerzen, besonders im Bereich Glutaealgegend und der Vorderfüße, nach einer Gehstrecke von 100 bis 150 m (mit Gehstock) zu. Auch diese Angabe des Klägers spricht gegen eine „große Anstrengung“. Dass er nach dieser Gehstrecke den Weg nicht fortsetzen kann, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr ist aus seiner Angabe, auch Museumsbesuche zu unternehmen, zu schließen, dass auch längere Wegstrecken zurückgelegt werden. Soweit in der Entgegnung des Klägers auf das Gutachten von Dr. D. (Schreiben vom 15.01.2010) behauptet wird, nach Auftreten der Gehbeschwerden sei ihm ein Weitergehen auch mit dem Rollator praktisch nicht möglich, ist dies wenig glaubhaft. Eine Beeinträchtigung dieses Ausmaßes war bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen Dr. W... und Dr. D. nicht angegeben worden, obgleich der Kläger als Arzt sich über die Bedeutung dieses Umstandes bei der Beurteilung der Gehfähigkeit hätte im Klaren sein müssen. Die spätere Einlassung, nach Kenntnis der Beurteilung durch Dr. D., spricht für ein prozesstaktisches Verhalten. Aber selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass er schmerzbedingt nach 100 bis 150 m (zunächst) nicht mehr weitergehen kann, wären die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG nicht erfüllt, da keine relevanten Erschöpfungszustände nachgewiesen sind, die in ihrer Intensität gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sind, die bei dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten (BSG aaO). Ein solches Erschöpfungsbild liegt beim Kläger nach seinen eigenen Beschwerdeschilderungen nicht vor.
33 
Die Feststellung des Senats anhand der eigenen Angaben des Klägers wird durch die Beurteilungen der sich zu seinem Gehvermögen im Laufe des Verfahrens äußernden Ärzte bestätigt Mit Ausnahme des Sachverständigen Dr. W..., der eine außergewöhnliche Gehbehinderung - allerdings nach Auffassung des Senats zu Unrecht - bejaht hat, haben diese eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers entweder direkt oder indirekt verneint. Zu nennen ist zunächst wiederum der Entlassungsbericht der A.-Klinik S. vom 11.10.2007, in dem das Gangbild als leicht hinkend unter Benutzung eines Gehstocks beschrieben worden ist. Dr. M., der im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht hat, hat gegenüber dem SG über eine bei Multimorbidität bestehende Gangstörung mit je nach Intensität des Schmerzsyndroms wechselnder Gehfähigkeit berichtet. Bestenfalls - so Dr. M. - bestehe Gehfähigkeit in der Ebene mit Handstock für schätzungsweise wenige 100 m, es gebe jedoch phasenweise Schmerzausprägungen mit vollständiger Immobilität, was letztlich auch seiner Äußerung 6 Monate zuvor im Befundschein vom 30.07.2007 widerspricht, es bestehe sichere Gehfähigkeit mit Handstock. Von einer großen Anstrengung, die der Kläger schon von den ersten Schritten an aufwenden muss, ist nach dieser Aussage nicht auszugehen. Die nach diesen Angaben von Dr. M. zeitweise vollständige Immobilität kann der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil der Nachteilsausgleich aG eine dauerhafte außergewöhnliche Gehbehinderung erfordert.
34 
Schließlich hat auch Dr. D. in seinem Gutachten vom 27.11.2009 eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers verneint. Unabhängig von der vom Sachverständigen aufgeworfenen Frage, ob die kernspintomographisch nachgewiesenen deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit Einengung des Spinalkanals die vom Kläger angegebenen Schmerzen bei längerem Gehen allein zu erklären vermögen oder ob auch die Möglichkeit besteht, dass eine gewisse Aggravation im Sinne einer funktionellen Verdeutlichungstendenz eine erhebliche Rolle spielt, hat er auf neurologischem Fachgebiet praktisch keinen krankhaften Befund erhoben und auch keine wesentliche Polyneuropathie diagnostiziert. Er kommt deshalb zu dem den Senat überzeugenden Ergebnis, dass aus neurologischer Sicht trotz der deutlichen degenerativen Veränderungen mit Spinalkanalstenose im Lendenwirbelsäulenbereich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine so deutliche Gehbeeinträchtigung besteht, dass der Nachteilsausgleich aG gerechtfertigt wäre.
35 
Die Beurteilung des Sachverständigen Dr. W... überzeugt den Senat hingegen nicht. Er ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Zusammenwirken der Claudicatio spinalis infolge der degenerativen Lumbalkanalstenose und der bestehenden Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms und die gestörte Sehfähigkeit eine außergewöhnliche Gehbehinderung wahrscheinlich erscheinen lassen. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Sachverständige die bei der Beurteilung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht zu berücksichtigende Sehbehinderung des Klägers und eine Polyneuropathie, - nach der Beurteilung des insoweit fachkompetenteren Sachverständigen Dr. D. gibt es keinen ausreichenden Hinweis auf eine wesentliche Polyneuropathie - sowie das Restless-legs-Syndrom, das nur im Ruhezustand oder nachts beim Schlafen Beschwerden verursacht und nach der ebenfalls nachvollziehbaren Beurteilung von Dr. D. eine irgendwie geartete Gehbehinderung nicht erklären kann, in seine (Gesamt-) Beurteilung mit einbezogen hat. Dies ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht gerechtfertigt. Dr. W... verweist in seinem Gutachten selbst darauf, dass die aus der Claudicatio spinalis resultierenden körperlich schwindenden Kräfte teilweise durch den benutzten Rollator kompensiert werden können, was mit der Einschätzung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 23.06.2009 übereinstimmt. Die geklagte und von den Sachverständigen beschriebene Gangunsicherheit ist auch nach Dr. W... durch die Claudicatio spinalis nicht zu erklären. Eine mit Länge der Wegstrecke zunehmende Schmerzhaftigkeit bejaht Dr. W... nur als hinreichende Beeinträchtigung für die Annahme des Merkzeichens a.G. unter der nicht gerechtfertigten Berücksichtigung der Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms. Soweit Dr. W... seine Einschätzung auch damit begründet, das Gehen des einen Handstock in der rechten Hand benutzenden Klägers sei auf dem Weg zum Untersuchungszimmer nur unter großen Anstrengungen, kleinschrittig, unsicher und erheblich verlangsamt möglich gewesen und dies auch nochmals in seiner ergänzenden Äußerung vom 08.09.2009 betont, überzeugt dies den Senat angesichts der hiermit nicht im Einklang stehenden eigenen Angaben des Klägers und der entgegenstehenden anderen ärztlichen Beurteilungen nicht; zumal Dr. D. teilweise eine funktionelle Ausgestaltung der Beschwerden beschreibt. Entgegen der Auffassung des Klägers finden sich Hinweise auf eine Voreingenommenheit des Sachverständigen Dr. D. nicht. Er hat seine gutachtlichen Bewertungen sachlich begründet und besitzt als Neurologe zur Beurteilung von Schmerzen und differenzialdiagnostischer psychiatrischer Krankheitsbilder auch die erforderliche Sachkunde (vgl. u.a. Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 01.10.2003, § 2 i.V.m. Abschnitt 1 Nr. 24 ).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
21 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
22 
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG.
23 
Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) iVm §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich aG in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist. Ein solcher Vermerk ist Grundlage für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen, die von den Straßenverkehrsbehörden für bestimmte Ausnahmefälle vorgesehen sind.
24 
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlichen Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
25 
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sonder darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
26 
Soweit der Beklagte sich auf die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) beruft, ist dies rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VG zum Merkzeichen aG sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
27 
Der Kläger, der unstreitig nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehört, ist diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den im Berufungsverfahren von Dr. W... und Dr. D. eingeholten fachärztlichen Gutachten, für den Senat fest.
28 
Der Kläger kann sich nicht nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen. Dies macht er auch selbst nicht geltend. Der Kläger erfüllt auch nicht die Tatbestandsalternative, dass er nur unter ebenso großer Anstrengung wie die ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten fortbewegen kann. Die für den Nachteilsausgleich aG geforderte große körperliche Anstrengung ist nach der bereits genannten Entscheidung des BSG dann gegeben, wenn die Wegstreckenlimitierung (im vom BSG zu entscheidenden Rechtsstreit auf 30 m Wegstrecke beschränkt) darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach kurzer Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weitergehen kann. Dass der betroffene Gehbehinderte nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, ist allerdings lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für den Nachteilsausgleich aG reichen irgend welche Erschöpfungszustände zudem nicht aus (BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R). Vielmehr müssen sie in ihrer Intensität mit den Erschöpfungszuständen gleichwertig sein, die bei den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes oder der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Betroffene nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (a.a.O.).
29 
Bei Beachtung dieser Beurteilungskriterien und Anlegung der genannten Maßstäbe steht für den Senat fest, dass sich der Kläger nicht nur noch mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Zunächst ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers festzustellen, dass im Rahmen der Prüfung, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt und damit auch bei der Prüfung der Frage der „großen Anstrengung“ weder der Wohnort des Betroffenen noch die Art und etwaige Besonderheiten der von ihm üblicherweise benutzten Wege Bedeutung zukommt. Auch der Zweck der angestrebten Parkerleichterung spielt keine Rolle. Schlechte Verkehrsanbindung, Wege mit Steigungen oder Gefälle bzw. die Notwendigkeit, Treppen zu überwinden sind daher ebenso wenig zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die Parkerleichterung hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Besuch von Arztpraxen geltend gemacht wird. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist daher nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG zu begründen.
30 
Maßgebend sind außerdem nur die Beeinträchtigungen des Gehvermögens und nicht Funktionsstörungen, die das Gehvermögen selbst nicht beeinträchtigen. Gesundheitsstörungen, die das Gehvermögen nicht oder nur peripher einschränken, sind nicht geeignet, eine außergewöhnliche Gehbehinderung zu begründen. Dies folgt unmittelbar aus den aufgeführten schwerwiegenden Gehbehinderungen der in Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO genannten Personen, mit denen eine Gleichstellung zu prüfen ist. Für die vorzunehmende Beurteilung sind folglich nur die Funktionsbeeinträchtigungen von Belang, die sich auf das Gehvermögen selbst auswirken. Das sind hier die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Spinalkanalstenose (die Claudicatio spinalis) und das chronische Schmerzsyndrom. Nicht dazu gehören entgegen der Auffassung des Klägers die die "Wegefähigkeit" als solche beeinträchtigende Sehbehinderung mit Einschränkung des räumlichen Sehens, da diese nur die Orientierungsfähigkeit, nicht aber das Gehen selbst beeinträchtigt, die Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, da diese das Gehvermögen selbst ebenfalls nicht beeinträchtigt, sondern nach den eigenen Angaben des Klägers der Zuhilfenahme eines Gehstockes bei längeren Strecken entgegensteht und auch das Restless-Legs-Syndrom, das als eine nur während der Nachtruhe auftretenden Gesundheitsstörung das Gehen selbst gleichfalls nicht tangiert. Soweit der Kläger somit den geltend gemachten Anspruch (auch) mit den genannten Funktionsbeeinträchtigungen begründet, kann ihm nicht gefolgt werden.
31 
Das Gehvermögen des Klägers ist nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. W... durch eine ausgeprägte degenerative lumbale Spinalkanalstenose mit claudicatio spinalis bzw. nach dem neurologischen Gutachten von Dr. D. durch ein chronisches Schmerzsyndrom mit Lumboischialgie beidseits bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf neurologische Ausfallserscheinungen beeinträchtigt. Aus der damit verbundenen Mobilitätseinschränkung - der Beklagte hat für den entsprechenden Behinderungskomplex einen GdB von 50 angenommen - resultiert zwar eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Nachteilsausgleich G). Eine die außergewöhnliche Gehbehinderung begründende große Anstrengung ist damit nicht nachgewiesen.
32 
Dagegen sprechen zunächst die eigenen anamnestischen Angaben des Klägers nach den aktenkundigen Klinik- und Arztberichten sowie in den vom Senat eingeholten fachärztlichen Gutachten. So heißt es im Entlassungsbericht der A-Klinik S. vom 11.10.2007, dass der Kläger angegeben habe, immer wieder mache ihm eine Ischialgie zu schaffen. Morgens benötige er noch eine relativ lange Anlaufzeit, um in die Gänge zu kommen, wenn er „eingelaufen“ sei, käme er zufriedenstellend zurecht. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger angegeben, zur Zeit sei er aufgrund einer seit Jahren bestehenden therapieresistenten Ischialgie links und einer Lumbago nicht in der Lage, längere Strecken als 200 bis 300 m trotz Gehhilfe zurückzulegen. Von einer großen Anstrengung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - ist weder im genannten Entlassungsbericht noch im Schreiben des Klägers die Rede. Nach seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. D. nähmen seine Schmerzen, besonders im Bereich Glutaealgegend und der Vorderfüße, nach einer Gehstrecke von 100 bis 150 m (mit Gehstock) zu. Auch diese Angabe des Klägers spricht gegen eine „große Anstrengung“. Dass er nach dieser Gehstrecke den Weg nicht fortsetzen kann, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr ist aus seiner Angabe, auch Museumsbesuche zu unternehmen, zu schließen, dass auch längere Wegstrecken zurückgelegt werden. Soweit in der Entgegnung des Klägers auf das Gutachten von Dr. D. (Schreiben vom 15.01.2010) behauptet wird, nach Auftreten der Gehbeschwerden sei ihm ein Weitergehen auch mit dem Rollator praktisch nicht möglich, ist dies wenig glaubhaft. Eine Beeinträchtigung dieses Ausmaßes war bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen Dr. W... und Dr. D. nicht angegeben worden, obgleich der Kläger als Arzt sich über die Bedeutung dieses Umstandes bei der Beurteilung der Gehfähigkeit hätte im Klaren sein müssen. Die spätere Einlassung, nach Kenntnis der Beurteilung durch Dr. D., spricht für ein prozesstaktisches Verhalten. Aber selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass er schmerzbedingt nach 100 bis 150 m (zunächst) nicht mehr weitergehen kann, wären die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG nicht erfüllt, da keine relevanten Erschöpfungszustände nachgewiesen sind, die in ihrer Intensität gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sind, die bei dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten (BSG aaO). Ein solches Erschöpfungsbild liegt beim Kläger nach seinen eigenen Beschwerdeschilderungen nicht vor.
33 
Die Feststellung des Senats anhand der eigenen Angaben des Klägers wird durch die Beurteilungen der sich zu seinem Gehvermögen im Laufe des Verfahrens äußernden Ärzte bestätigt Mit Ausnahme des Sachverständigen Dr. W..., der eine außergewöhnliche Gehbehinderung - allerdings nach Auffassung des Senats zu Unrecht - bejaht hat, haben diese eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers entweder direkt oder indirekt verneint. Zu nennen ist zunächst wiederum der Entlassungsbericht der A.-Klinik S. vom 11.10.2007, in dem das Gangbild als leicht hinkend unter Benutzung eines Gehstocks beschrieben worden ist. Dr. M., der im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht hat, hat gegenüber dem SG über eine bei Multimorbidität bestehende Gangstörung mit je nach Intensität des Schmerzsyndroms wechselnder Gehfähigkeit berichtet. Bestenfalls - so Dr. M. - bestehe Gehfähigkeit in der Ebene mit Handstock für schätzungsweise wenige 100 m, es gebe jedoch phasenweise Schmerzausprägungen mit vollständiger Immobilität, was letztlich auch seiner Äußerung 6 Monate zuvor im Befundschein vom 30.07.2007 widerspricht, es bestehe sichere Gehfähigkeit mit Handstock. Von einer großen Anstrengung, die der Kläger schon von den ersten Schritten an aufwenden muss, ist nach dieser Aussage nicht auszugehen. Die nach diesen Angaben von Dr. M. zeitweise vollständige Immobilität kann der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil der Nachteilsausgleich aG eine dauerhafte außergewöhnliche Gehbehinderung erfordert.
34 
Schließlich hat auch Dr. D. in seinem Gutachten vom 27.11.2009 eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers verneint. Unabhängig von der vom Sachverständigen aufgeworfenen Frage, ob die kernspintomographisch nachgewiesenen deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit Einengung des Spinalkanals die vom Kläger angegebenen Schmerzen bei längerem Gehen allein zu erklären vermögen oder ob auch die Möglichkeit besteht, dass eine gewisse Aggravation im Sinne einer funktionellen Verdeutlichungstendenz eine erhebliche Rolle spielt, hat er auf neurologischem Fachgebiet praktisch keinen krankhaften Befund erhoben und auch keine wesentliche Polyneuropathie diagnostiziert. Er kommt deshalb zu dem den Senat überzeugenden Ergebnis, dass aus neurologischer Sicht trotz der deutlichen degenerativen Veränderungen mit Spinalkanalstenose im Lendenwirbelsäulenbereich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine so deutliche Gehbeeinträchtigung besteht, dass der Nachteilsausgleich aG gerechtfertigt wäre.
35 
Die Beurteilung des Sachverständigen Dr. W... überzeugt den Senat hingegen nicht. Er ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Zusammenwirken der Claudicatio spinalis infolge der degenerativen Lumbalkanalstenose und der bestehenden Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms und die gestörte Sehfähigkeit eine außergewöhnliche Gehbehinderung wahrscheinlich erscheinen lassen. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Sachverständige die bei der Beurteilung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht zu berücksichtigende Sehbehinderung des Klägers und eine Polyneuropathie, - nach der Beurteilung des insoweit fachkompetenteren Sachverständigen Dr. D. gibt es keinen ausreichenden Hinweis auf eine wesentliche Polyneuropathie - sowie das Restless-legs-Syndrom, das nur im Ruhezustand oder nachts beim Schlafen Beschwerden verursacht und nach der ebenfalls nachvollziehbaren Beurteilung von Dr. D. eine irgendwie geartete Gehbehinderung nicht erklären kann, in seine (Gesamt-) Beurteilung mit einbezogen hat. Dies ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht gerechtfertigt. Dr. W... verweist in seinem Gutachten selbst darauf, dass die aus der Claudicatio spinalis resultierenden körperlich schwindenden Kräfte teilweise durch den benutzten Rollator kompensiert werden können, was mit der Einschätzung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 23.06.2009 übereinstimmt. Die geklagte und von den Sachverständigen beschriebene Gangunsicherheit ist auch nach Dr. W... durch die Claudicatio spinalis nicht zu erklären. Eine mit Länge der Wegstrecke zunehmende Schmerzhaftigkeit bejaht Dr. W... nur als hinreichende Beeinträchtigung für die Annahme des Merkzeichens a.G. unter der nicht gerechtfertigten Berücksichtigung der Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms. Soweit Dr. W... seine Einschätzung auch damit begründet, das Gehen des einen Handstock in der rechten Hand benutzenden Klägers sei auf dem Weg zum Untersuchungszimmer nur unter großen Anstrengungen, kleinschrittig, unsicher und erheblich verlangsamt möglich gewesen und dies auch nochmals in seiner ergänzenden Äußerung vom 08.09.2009 betont, überzeugt dies den Senat angesichts der hiermit nicht im Einklang stehenden eigenen Angaben des Klägers und der entgegenstehenden anderen ärztlichen Beurteilungen nicht; zumal Dr. D. teilweise eine funktionelle Ausgestaltung der Beschwerden beschreibt. Entgegen der Auffassung des Klägers finden sich Hinweise auf eine Voreingenommenheit des Sachverständigen Dr. D. nicht. Er hat seine gutachtlichen Bewertungen sachlich begründet und besitzt als Neurologe zur Beurteilung von Schmerzen und differenzialdiagnostischer psychiatrischer Krankheitsbilder auch die erforderliche Sachkunde (vgl. u.a. Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 01.10.2003, § 2 i.V.m. Abschnitt 1 Nr. 24 ).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.