Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 10. Juli 2013 - L 7 SB 52/12

ECLI: ECLI:DE:LSGST:2013:0710.L7SB52.12.0A
published on 10/07/2013 00:00
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 10. Juli 2013 - L 7 SB 52/12
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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

2

Der am ... 1968 geborene Kläger beantragte am 21. Juni 2010 beim Beklagten die Feststellung von Behinderungen wegen Seh- und Hörproblemen. Außerdem verwies er auf einen Unfall, bei dem er die linke Niere und die Milz verloren habe. Der Beklagte holte einen Befundschein der Fachärztin für Innere Medizin Dr. D. vom 5. Juli 2010 ein, die eine unbehandelte arterielle Hypertonie und eine chronische Niereninsuffizienz Stadium II ohne Stauung mitteilte. Nach dem beigelegten Laborbefund vom 31. Mai 2010 habe der Kreatinin-Clearance-Wert 61 ml/min betragen. Mit Befundschein vom 5. August 2010 berichtete die Augenärztin Dr. C. über einen Augenhintergrund mit beidseits geringen hypertonen Gefäßzeichen und einen Visus von rechts 1,0 und links 0,9. Der Beklagte holte außerdem einen Befundschein des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde M. vom 4. August 2010 ein, der eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links und einen Tinnitus mit erheblichen Beeinträchtigungen der Kommunikationsfähigkeit diagnostizierte. Außerdem übersandte er Ton- und Sprachaudiogramme aus den Jahren 2005 bis 2010. Der beteiligte Ärztliche Dienst des Beklagten (Dr. E.) schlug in Auswertung der Befunde für den Verlust der linken Niere und der Milz einen GdB von 30, für die Hörbehinderung einen GdB von 10 sowie einen Gesamt-GdB von 30 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 25. August 2010 beim Kläger ab 21. Juni 2010 einen GdB von 30 fest.

3

Dagegen erhob der Kläger am 30. August 2010 Widerspruch und machte geltend: Er leide außerdem an Bluthochdruck und könne aufgrund der Unfalls keine Kinder mehr zeugen, sodass in der Gesamtschau ein GdB von 90 festzustellen sei. Er legte diverse Arztbriefe vor, die im Zusammenhang mit dem im August 1982 erlittenen Autounfall durch das Krankenhaus B. gefertigt worden waren. Der Beklagte holte nochmals eine prüfärztliche Stellungnahme seines Gutachters Dr. W. vom 6. Oktober 2010 ein, der aufgrund wiederholt erhöhter Blutdruckwerte und der Augenhintergrundsveränderungen für den Bluthochdruck einen GdB von 20 und einen Gesamt-GdB von 30 vorschlug. Eine Zeugungsunfähigkeit könne versorgungsärztlich anhand der vorliegenden Befunde nicht bewertet werden, gegebenenfalls sei ein fachurologischer Befundbericht beizuziehen. Für den Verlust der linken Niere bei erhaltener Funktion der rechten Niere und den Verlust der Milz sei ein GdB von 30 festzustellen. Die hochgradige Schwerhörigkeit des linken Ohres sei bei normaler Hörfähigkeit des rechten Ohres mit einem GdB von 10 zu bewerten. Eine Sehminderung mit einem GdB von mindestens 10 ergebe sich nicht bei einem Visus von 1,0 rechts und 0,9 links. Entgegen der prüfärztlichen Stellungnahme stellte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2010 beim Kläger ab 21. Juni 2010 einen GdB von 40 fest und wies den weitergehenden Widerspruch zurück.

4

Am 18. Oktober 2010 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben und beantragt, unter Berücksichtigung der Hörminderung, des Bluthochdrucks, der Zeugungsunfähigkeit, der seit dem Jahr 2009 vorliegenden Pankreatitis, der hypertensiven Herzkrankheit, der chronischen Niereninsuffizienz und der Schilddrüsenerkrankung (Struma nodosa) die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Er hat neben bereits bekannten Unterlagen einen Entlassungskurzbrief des Krankenhauses St. E. und St. B. H. vom 15. Februar 2011 über die Behandlung vom 14. bis 15. Februar 2011 wegen einer akuten Pankreatitis (alkoholtoxischer Ursache) vorgelegt. Nach Infusions- und Schmerztherapie sei die Beschwerdesymptomatik regredient gewesen. Die Laboruntersuchung habe einen Kreatininwert von 90,5 µmol/l gezeigt. Außerdem hat er den Arztbrief von Dr. D. vom 10. Mai 2011 übersandt, wonach eine chronische Niereninsuffizienz Stadium II mit normaler Funktion vorliege (Laborbefund vom 28. März 2011: Kreatinin-Clearance 80 ml/min). Bezüglich der Zeugungsunfähigkeit hat der Kläger Hodenoperationen in D. und I. angegeben, aber keine Unterlagen dazu vorlegen können.

5

Des Weiteren hat der Kläger Gutachten aus dem von ihm geführten Rentenverfahren vorgelegt. Nach dem Gutachten des Facharztes für HNO Dr. N. (B.) vom 11. Juni 2011 habe die Auswertung der angefertigten Ton- und Sprachaudiogramme Taubheit links und normales Hörvermögen rechts ergeben. Ein Tinnitus habe nicht verifiziert werden können. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. D. (B.) hat das Gutachten vom 26. Juni 2011 erstattet. Danach habe der Kläger 81,9 Kilogramm bei einer Größe von 172 cm gewogen. Der Sachverständige hat Bauchbeschwerden, eine rezidivierende Pankreatitis, eine glomeruläre und tubuläre Mischproteinurie, eine Hypertonie und eine Hyperlipidämie diagnostiziert. Zu den Funktionsstörungen hat er ausgeführt: Zwar habe der Kläger über eine Traumatisierung des Pankreas berichtet. Ein Zusammenhang zwischen den rezidivierenden Pankreatitisschüben mit dem erlittenen Unfall sei aber eher unwahrscheinlich. Denkbar sei zwar eine Verletzung des Bauchspeicheldrüsenganges, für diese Erklärung sei die Zeit zwischen dem Unfall und der Symptomatik aber zu lang. Im Übrigen gingen Pankreatitisschübe nicht mit Bauchschmerzen in der vom Kläger geschilderten Form einher (zweimal pro Woche auftretende, über fünf bis zehn Minuten anhaltende Schmerzen). Dies sei für eine durch eine Bauchspeicheldrüsenentzündung ausgelöste Symptomatik eher ungewöhnlich. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt: Die Sonografie der rechten Niere sei unauffällig gewesen, die linke Niere und die Milz fehlten. Die Nierenfunktion sei normal (Laboruntersuchung Kreatininwert von 1,08 mg/dl). Der Blutdruck sei ohne Medikamenteneinnahme etwas erhöht (160/100 mmgH), eine adäquate Behandlung des Bluthochdrucks sei aber problemlos möglich. Die Mischproteinurie und die Hyperlipidämie seien asymptomatisch.

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Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dr. D. hat am 4. Juli 2011 über eine Nierenfunktionseinschränkung leichten Grades aber "noch Normalbefund" und stabiler Nierenfunktion berichtet. Die Hypertonie sei mittelgradig (WHO II), da der Kläger unter einer Linksherzhypertrophie, Augenhintergrundsveränderungen und einer Proteinurie leide. Zur Zeugungsunfähigkeit könne sie keine Angaben machen. Die Schilddrüsensonografie habe einen kleinen Knoten im Bereich der linken Schilddrüse gezeigt. In Anlage hat Dr. D. den Arztbrief des Krankenhauses St. E. und St. B. H. vom 8. März 2011 aufgrund der Behandlung des Klägers am 14. und 15. Februar 2011 wegen einer akuten Pankreatitis (toxisch – nutriver) Genese übersandt. Dabei habe sich der Kläger in einem guten Allgemein- und normosomen Ernährungszustand befunden.

7

In Auswertung der Befunde hat die ärztliche Gutachterin des Beklagten Dr. W. am 3. August 2011 ausgeführt: Es liege eine stabile und normale Nierenfunktion vor und die Laborwerte zeigten zwischen Mai 2010 und März 2011 sogar eine Besserung der Filtrationsrate, wobei aber auch der schlechtere Wert von 61 ml/min keiner relevanten Nierenfunktionseinschränkung im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze entspreche. Die Kreatininwerte hätten durchweg im Normbereich gelegen. Wegen des krankhaften Harnbefundes (Proteinurie = Einweiß im Urin) sei der GdB von 30 formal korrekt, auch wenn damit keine dementsprechend schwere Einschränkung im Alltag einhergehe. Die geringen Augenhintergrundsveränderungen bei Bluthochdruck hätten keine Sehminderung zur Folge (Visus 1,0 und 0,9) und der erhöhte Blutdruck könne keinen noch höheren GdB als 20 begründen. Mit Prüfärztlicher Stellungnahme hat der Ärztliche Gutachter des Beklagten Dr. W. am 22. August 2011 ergänzend mitgeteilt: Aus dem Gutachten von Dr. D. gingen neben einer vermehrten Eiweißausscheidung keine weiteren Nierenfunktionseinschränkungen nach dem Verlust der linken Niere hervor. Die Filtrationsrate liege mit einem Wert von über 80 ml/min ebenso im Normbereich wie der Serumkreatinin-Wert mit 1,08 mg/l. Ein höherer GdB als 30 sei für den Verlust der linken Niere und der Milz nicht zu begründen. Der Bluthochdruck sei mit seinen Auswirkungen auf den Augenhintergrund in dem GdB von 20 bereits berücksichtigt. Ein messbarer GdB sei aus den Bauchbeschwerden bei wiederkehrenden Entzündungen der Bauchspeicheldrüse nicht ableitbar. Es fänden sich keine konkreten Hinweise auf Passagestörungen. Der Allgemein- und Ernährungszustand sei gut. Die belegten Fettstoffwechselstörungen bedingten ebenfalls keinen GdB von mindestens 10. Nach dem Gutachten von Dr. N. habe sich das Hörvermögen des linken Ohres aber weiter verschlechtert, sodass dafür ab dem Untersuchungszeitpunkt (10. Mai 2011) ein GdB von 20 und in der Gesamtschau ein GdB von 40 festzustellen sei.

8

Außerdem hat der Kläger aus dem Rentenverfahren das ergänzende Gutachten des Dr. D. vom 30. Dezember 2011 vorgelegt, in das auch das orthopädische Gutachten des Dr. F. (B.) vom 3. Oktober 2011 einbezogen worden war. Dr. F. hat eine geringgradige röntgenologisch sichtbare Abnutzungserscheinung der Lendenwirbelsäule (LWS) ohne Funktionsdefizit und eine geringgradige Innenrotationseinschränkung der rechten Hüfte festgestellt. Bei der Untersuchung durch Dr. F. habe der Kläger angegeben: Er habe keine wirklichen Schmerzen, er habe jedoch ab und zu plötzliche krampfartige Beschwerden im Bereich der Bauchdecke links. Der Internist habe gemeint, dies könne von der Wirbelsäule ausgehen. Dr. D. hat in Auswertung des orthopädischen Gutachtens festgestellt, die Aussagen des Klägers im internistischen und orthopädischen Gutachten zu den Bauchbeschwerden seien diskrepant. Bei lediglich geringen Beschwerden bestünde keine Indikation für die Durchführung einer Bauchspiegelung, einer Computertomographie und einer endoskopischen Untersuchung der Bauchspeicheldrüsengänge.

9

Der Beklagte hat in Auswertung der ergänzenden Befunde auf die prüfärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 30. März 2012 verwiesen, wonach das orthopädische Facharztgutachten keine Funktionseinschränkungen mit einem GdB von mindestens 10 zeige.

10

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 20. Juni 2012 hat der Kläger einen Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt vom 11. bis 15. Juni 2012 im Krankenhaus St. E. und B. H. aufgrund eines akuten Schubs einer ethyltoxischen Pankreatitis und essentieller arterieller Hypertonie vorgelegt. Die stationäre Aufnahme sei aufgrund neu aufgetretener starker Oberbauchschmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken bei bekannter chronischer Pankreatitis und fortgesetztem Alkohol- und Nikotinkonsum erfolgt. Dabei habe sich der Kläger in normosomen Ernährungszustand befunden. In Anlage haben sich der Laborbefund vom 14. Juni und 11. Juni 2012 mit Kreatinin-Cleareance-Werten von 78, 69 und 63 ml/min (Normbereichangabe von 80 bis 140) und Kreatininwerten von 96,2 bzw. 108,2 und 116,5 µmol/l (Normbereichangabe 0,0 bis 102,0 µmol/l) befunden.

11

Mit Urteil vom 20. Juni 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Verlust der einen Niere ohne Nierenfunktionseinschränkung der anderen Niere bedinge einen Einzel-GdB von 30. Da sich die durch Dr. D., Dr. D. und das Krankenhaus St. E. und St. B. H. mitgeteilten Kreatininwerte im Normbereich befunden hätten, könne die geringfügige Einschränkung der Kreatinin-Cleareance nach dem Laborbefund vom 11. Juni 2012 noch keine Nierenfunktionseinschränkung geringen Grades begründen. Soweit Dr. D. eine chronische Niereninsuffizienz Stadium II angegeben habe, könne diese Einschätzung mit den Kreatininwerten nicht objektiviert werden. Auch sei dem Gutachten von Dr. D. neben einer vermehrten Eiweißausscheidung keine weitere Nierenfunktionseinschränkung nach dem Verlust der Niere zu entnehmen. Eine nephrologische Behandlung finde nicht statt und der Kläger nehme keine Medikamente. Auch sonographisch sei die rechte Niere ohne Befund gewesen. Für das Funktionssystem Herz und Kreislauf sei aufgrund der Bluthochdruckerkrankung ein GdB von 20 festzustellen. Der Blutdruck sei medikamentös gut eingestellt und hypertensiv bedingte Leistungsbeeinträchtigungen lägen nach dem Gutachten des Dr. D. nicht vor. Aufgrund der Linksherzhypertrophie, der Proteinurie sowie der Augenhintergrundveränderungen könne allenfalls ein GdB von 20 angenommen werden. Der mehrfache festgestellte diastolische Blutdruck von über 100 mmHg führe wegen der fehlenden Leistungsbeeinträchtigung zu keiner weiteren Erhöhung. Für die Zeugungsunfähigkeit sei zu Gunsten des Klägers auch ohne ärztliche Bestätigung wegen der angegebenen Hodenoperationen ein Einzel-GdB von 20 im Funktionssystem Geschlechtsorgane festzustellen. Im Funktionssystem Ohr sei die Taubheit des linken Ohres mit einem GdB von 20 zu bewerten. Einen Tinnitus habe Dr. N. nicht bestätigt. Der Verlust der Milz ohne weitere Komplikationen bedinge einen Einzel-GdB von 10. Auch die vorliegende Fettstoffwechselstörung könne mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet werden. Zudem könne für die chronische Pankreatitis ein GdB von 10 festgestellt werden, da in den vergangenen zwei Jahren zweimal eine akute Pankreatitis mit stationärer Behandlungsbedürftigkeit aufgetreten sei. Bei derart kurz anhaltenden Beschwerden (zweimal wöchentlich Bauchkrämpfe über den Zeitraum von fünf bis zehn Minuten), die keiner (schmerz-)medikamentösen Behandlung bedürften, sei von keiner wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen. Zudem befinde sich der Kläger in einem guten Ernährungszustand. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von mindestens 10 seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen orthopädische Funktionsbeeinträchtigungen nach dem Gutachten des Dr. F. nicht vor. Insgesamt sei von einem GdB von 30 für die Nierenfunktionseinschränkung auszugehen, die aufgrund der Funktionseinschränkung im Funktionssystem Herz-Kreislauf um 10 auf 40 zu erhöhen sei. Eine weitere Erhöhung durch den Einzel-GdB von 20 im Funktionssystem Ohren sei nicht gerechtfertigt, da eine Einzelbehinderung von 20 noch eine leichte Funktionsstörung sei. Die weiteren mit einem GdB von 10 zu bewertenden Funktionseinschränkungen erhöhten den Gesamt-GdB ebenfalls nicht. Letztlich widerspräche die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 dem nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Hierbei sei insbesondere zu beachten, dass das medikamentös eingestellte Bluthochdruckleiden sich wenig auf die Teilhabe auswirke und auch die Nierenfunktionseinschränkung das Allgemeinbefinden lediglich gering reduziere. Zwar erfordere der Verlust der Niere besondere Vorsicht, Zurückhaltung und besondere Anspannung der körperlichen und geistigen Kräfte. Doch sei auch zu berücksichtigen, dass der Einzel-GdB für den Verlust der Niere bei einer fehlenden Leistungsbeeinträchtigung relativ hoch sei.

12

Gegen das ihm am 19. Juli 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Juli 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt, weil seine Behinderungen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

13

Der im Termin nicht erschienene und nicht vertretene Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

14

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. Juni 2012 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 25. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2010 abzuändern und bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 21. Juni 2010 festzustellen.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Er verweist auf die ausführliche Begründung in seiner Ansicht nach zutreffenden erstinstanzlichen Urteil.

18

Der Senat hat einen Befundbericht der Ärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. G. vom 2. November 2012 eingeholt, die einen Zustand nach Nieren- und Milzentfernung infolge eines Unfalls, Hypertonie und eine chronisch rezidivierende Pankreatitis toxisch-nutritiver Ursache diagnostiziert hat. Diese Zustand bestehe sei 2009. Es handele sich um eine vom Lebensstil abhängige (insbesondere Ernährung und Alkoholgenuss) wiederkehrende Erkrankung. Insgesamt sei die chronische Pankreatitis mit geringen bis erheblichen Beschwerden sowie einer geringen bis mäßigen Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes verbunden. Die Bauchspeicheldrüsenenzyme seien leicht angestiegen. Der Blutdruck habe am 18. Juni 2011 122/80 mmHg betragen. In Anlage hat sie die Laboruntersuchungsergebnisse vom 2. Juli und 2. August 2012 übersandt. Danach hätten der Kreatininwert 106 bzw. 97 µmol/l und der Kreatinin-Cleareance-Wert 74 und 82 ml/min betragen. In Anlage hat Dipl.-Med. G. den Bericht des Krankenhauses St. E. und St. B. H. vom 2. Februar 2009 aufgrund einer stationären Behandlung des Klägers vom 26. Januar bis 2. Februar 2009 wegen einer serös-exsudativen Pankreatitis (nutritiv-toxischer Genese) übersandt. Die Aufnahme (Aufnahmegewicht 85 kg) des Klägers sei wegen plötzlich starker Oberbauchschmerzen erfolgt. Er habe angegeben, er genieße mit Vorliebe fettige Mahlzeiten, rauche 20 Zigaretten täglich und trinke pro Woche 1 bis 2 Bier sowie selten zusätzlich zwei Gläser Schnaps. Die durchgeführten Untersuchungen (Abdomensonografie, Abdomen-CT, Röntgen) seien unauffällig gewesen.

19

Der Beklagte hat in Auswertung der Befunde eine prüfärztliche Stellungnahme seines Gutachters Dr. W. vom 3. Dezember 2012 vorgelegt. Danach lägen nach dem Befundbericht von DipI.-Med. G. keine Hinweise auf wesentliche Funktionseinschränkungen der verbliebenen Niere vor. Die Kreatininwerte hätten weiterhin im Normbereich gelegen. Bei leicht erhöhten Blutdruckwerten sei für den Bluthochdruck mit Augenhintergrundsveränderungen kein höherer GdB als 20 festzustellen. Dipl.-Med. G. habe zwar eine chronisch-rezidivierende Bauchspeichelentzündung mit erhöhten Werten für die Enzymaktivität mitgeteilt, jedoch lägen keine Hinweise für Passagestörungen oder eine wesentliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes vor. Ein GdB von mindestens 10 lasse sich weiterhin nicht begründen. In der Gesamtschau sei kein höherer GdB als 40 zu empfehlen.

20

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Der Senat durfte den Rechtsstreit in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil dieser ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

22

Die form- und fristgemäß eingelegte und gemäß § 143 SGG auch statthafte Berufung des Klägers ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten und das Urteil des SG Halle vom 20. Juni 2012 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40.

23

Die Klage gegen den Bescheid vom 25. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2010 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 SB 3/99 R - SozR 3-3870 § 3 Nr. 9 S. 22).

24

Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Rechtsgrundlage für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

25

Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den GdB die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch § 30 Abs. 16 BVG ermächtigt ist.

26

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. GdS und GdB werden dabei nach gleichen Grundsätzen bemessen. Die Begriffe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass sich der GdS kausal auf Schädigungsfolgen und der GdB final auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von deren Ursachen auswirkt (vgl. Versorgungsmedizinische Grundsätze, Teil A: Allgemeine Grundsätze 2 a).

27

Der hier streitigen Bemessung des GdB ist die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Teil A, Nr. 2 e genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a).

28

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers kein höherer GdB als 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers nebst Anlagen, die aus dem Rentenverfahren beigezogenen und im Urkundenbeweis verwerteten Gutachten und die Bewertung dieser medizinischen Unterlagen durch die Versorgungsärzte des Beklagten.

a)

29

Für die fehlende linke Niere des Klägers mit krankhaftem Harnbefund ist im Funktionssystem Harnorgane nach Teil B, Nr. 12.1.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 30 festzustellen. Insoweit folgt der Senat den prüfärztlichen Stellungnahme des Beklagten. Der krankhafte Harnbefund hat in dem GdB von 30 bereits Berücksichtigung gefunden. Eine höhere Bewertung kann nicht erfolgen, weil nach den diversen Laborbefunden (so die Untersuchungsergebnisse von Dr. D., Dr. D., Krankenhaus St. E. und St. B., Dipl.-Med. G.) keine relevante Nierenfunktionseinschränkung vorliegt. Die Einordnung als chronische Niereninsuffizienz Stadium II durch Dr. D. (Befundschein vom 5. Juli 2010) ist auch mit den von ihr übermittelten Laborbefunden nicht in Einklang zu beringen. Im Übrigen hat sie selbst mit Arztbrief vom 10. Mai 2011 zwar über eine chronische Niereninsuffizienz Stadium II, aber eine normale Funktion berichtet (Laborbefund vom 28. März 2011: Kreatinin-Clearance 80 ml/min). Bei der nachfolgenden gutachtlichen Untersuchung durch Dr. D. (Gutachten vom 26. Juni 2011) hat dieser eine normale Nierenfunktion bei unauffälliger Sonografie der rechten Niere festgestellt (Kreatininwert von 1,08 mg/dl). Im Übrigen zeigen auch die durch das Krankenhaus St. E. und St. B. ermittelten Nierenbefunde (Laborbefund vom 14. Juni und 11. Juni 2012 mit Kreatinin-Cleareance-Werten von 78, 69 und 63 ml/min und Kreatininwerten von 96,2 bzw. 108,2 und 116,5 µmol/l) keine relevante Funktionsstörung im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Denn nach Teil B, Nr. 12.1.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bedingt eine geringfügige Einschränkung der Kreatinin-Clearance auf 50 bis 80 ml/min bei im Normbereich liegenden Serumkreatininwerten keinen messbaren GdS. Schließlich lässt auch der im Berufungsverfahren eingeholte Befundbericht von Dipl.-Med. G. vom 2. November 2012 anhand der dort übermittelten Befunde (Kreatininwert 106 und 97 µmol/l, Kreatinin-Cleareance-Wert 74 und 82 ml/min) keinen Rückschluss auf eine relevante Nierenfunktionseinschränkung zu.

b)

30

Das Bluthochdruckleiden ist dem Funktionssystem Herz-Kreislauf zuzuordnen und rechtfertigt maximal einen GdB von 20. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 9) kommt es bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht auf die Art der Erkrankung, sondern auf die jeweilige konkrete Leistungseinbuße an. Daher lässt die Diagnose einer Hypertonie keinen Rückschluss auf die bestehenden Funktionseinschränkungen des Klägers zu. Nach Teil B, Nr. 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist die leichte Form der Hypertonie, bei der keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundsveränderungen vorliegen, mit einem GdB von 0 bis zu 10 zu bewerten. Die mittelschwere Form eröffnet je nach Leistungsbeeinträchtigung einen Bewertungsrahmen von 20 bis 40. Kriterien dafür sind Organbeteiligungen leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen – Fundus hypertonicus I bis II- und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) sowie diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung.

31

Nach diesem Maßstab ist das Bluthochdruckleiden des Klägers als mittelschwere Form mit einem Behinderungsgrad von 20 zu bewerten, weil eine Linksherzhypertrophie und damit eine Organbeteiligung des Herzens vorliegt. Eine Erkrankung an mittelschwerer Hypertonie eröffnet nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zwar einen Bewertungsrahmen von 20 bis 40. Dieser kann aber nicht weiter ausgeschöpft werden, denn allein die geringe Augenhintergrundveränderung kann bei fehlender Leistungsbeeinträchtigung der Bluthochdruckerkrankung keine höhere Bewertung rechtfertigen. Insoweit folgt der Senat dem Gutachten des Dr. D., der keine relevante Leistungsbeeinträchtigung aufgrund der Hypertonie feststellen konnte.

c)

32

Die chronische Pankreatitis ist dem Funktionssystem Verdauungsorgane zuzuordnen und kann allenfalls mit einem GdB von 20 bewertet werden.

33

Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 10.3.6) ist bei einer chronischen Krankheit der Bauchspeicheldrüse der GdB von den Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, der Häufigkeit und dem Ausmaß der Schmerzen abhängig. Bestehen keine wesentlichen Beschwerden und ist der Kräfte- und Ernährungszustand unbeeinträchtigt, erfolgt eine Bewertung mit 0 bis 10. Bei geringen bis erheblichen Beschwerden und/oder einer geringen bis mäßigen Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes ist ein Bewertungsrahmen von 20 bis 40 eröffnet.

34

Danach kann allenfalls ein GdB von 20 angenommen werden. Der Kläger war zwar in den Jahren 2009, 2011 und 2012 wegen einer Pankreatitis in stationärer Behandlung. Dabei waren die während des stationären Aufenthaltes im Februar 2009 (Krankenhauses St. E. und St. B. H.) durchgeführten Untersuchungen (Abdomensonografie, Abdomen-CT, Röntgen) allerdings unauffällig. Zudem waren die vom Kläger während der Begutachtungen im Rentenverfahren geschilderten Beschwerden widersprüchlich und können allenfalls als gering eingeordnet werden. So hat der Kläger gegenüber Dr. D. zweimal pro Woche auftretende, über fünf bis zehn Minuten anhaltende Schmerzen angegeben. Bei der Untersuchung durch Dr. F. hat der Kläger mitgeteilt, dass er keine wirklichen Schmerzen, jedoch ab und zu plötzliche krampfartige Beschwerden im Bereich der Bauchdecke links habe. Da die behandelnde Ärztin Dipl.-Med. G. am 2. November 2012 aber eine chronische Pankreatitis mit geringen bis erheblichen Beschwerden mitgeteilt hat, die auch in dem erhöhten Anstieg der Bauchspeicheldrüsenenzyme objektiviert wird, kann dafür maximal ein GdB von 20 angenommen werden. Eine höhere Bewertung kann aber nicht erfolgen, denn die von Dipl.-Med. G. mitgeteilte Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes lässt sich anhand der anderen medizinischen Unterlagen nicht nachvollziehen. Bei den Krankenhausaufenthalten des Klägers im Februar 2011 wegen einer akuten Pankreatitis wurde ein guter Allgemein- und normosomer Ernährungszustand festgestellt. Auch Dr. D. hat im Mai 2011 bei einer Größe des Klägers von 172 cm ein Gewicht von 81,9 kg und damit keine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes aufzeigen können. Schließlich wurde bei dem Krankenhausaufenthalt des Klägers im Juni 2012 wegen eines akuten Schubs einer Pankreatitis wiederum ein normosomer Ernährungszustand dokumentiert, sodass der Bewertungsrahmen nicht weiter auszuschöpfen war.

d)

35

Außerdem ist nach dem Gutachten von Dr. N. am 11. Juni 2011 aufgrund der von ihm angefertigten Ton- und Sprachaudiogramme von Taubheit links und normalem Hörvermögen rechts auszugehen. Das rechtfertigt nach Teil B, Nr. 5.2.4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB von 20 im Funktionssystem Ohren. Da Dr. N. den von Dr. M. mitgeteilten Tinnitus nicht verifizieren konnte und selbst bei einem Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen nach Teil B, Nr. 5.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze lediglich eine Bewertung mit einem GdB von 0 bis 10 erfolgt, kann insoweit auch keine weitere Erhöhung des GdB im Funktionssystem Ohren erfolgen.

e)

36

Schließlich ist für den Verlust der Milz ein GdB von 10 nach Teil B, Nr. 16.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze im Funktionssystem Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem festzustellen.

f)

37

Weitere Funktionseinschränkungen, die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind, sind nicht erkennbar. Dr. F. hat in seinem orthopädischen Gutachten relevante Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates ausgeschlossen. Er hat lediglich eine geringgradige röntgenologisch sichtbare Abnutzungserscheinung der LWS ohne Funktionsdefizit und eine geringgradige Innenrotationseinschränkung der rechten Hüfte festgestellt. Dr. D. hat darauf hingewiesen, dass die von ihm festgestellten Labordiagnosen (Mischproteinurie und Hyperlipidanämie) asymptomatisch seien, sodass dafür kein eigener Behinderungsgrad angenommen werden kann. Die Augenerkrankung des Klägers rechtfertigt bei einem Visus von 1,0 rechts und 0,9 links nach dem Bericht der Augenärztin Dr. C. vom 5. August 2010 selbst bei beidseits geringen hypertonen Gefäßzeichen nach den Versorgungsmedizischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 4.3) keinen GdB. Für die Schilddrüsenerkrankung des Klägers (Struma nodosa) kann kein Behinderungsgrad festgestellt werden, da nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 15.6) nur anhaltende Beeinträchtigungen trotz Behandlung Berücksichtigung finden können. Eine Schilddrüsenfunktionsstörung liegt bei dem Kläger aber nicht vor. Auch kann kein GdB für die vom Kläger behauptete Zeugungsunfähigkeit festgestellt werden. Der Kläger hat lediglich auf zwei durchgeführten Hodenoperationen verwiesen, konnte aber keine weiteren Angaben dazu machen. Dipl.-Med. G. ist die Zeugungsunfähigkeit nicht bekannt und eine urologische Behandlung findet nicht statt. Weitere Ermittlungsansätze hat der Senat nicht gesehen. Da auch im Schwerbehindertenrecht der Grundsatz der objektiven Beweislast gilt, kann für die behauptete aber nicht nachgewiesene Zeugungsunfähigkeit kein Behinderungsgrad angenommen werden.

g)

38

Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren GdB vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Gesamtbehinderungsgrad zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

39

Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Harnorgane auszugehen. Aufgrund der Bluthochdruckerkrankung (GdB von 20) hat der Beklagte wohlwollend einen Gesamt-GdB von 40 gebildet, denn das Bluthochdruckleiden führt zu keiner funktionellen Einschränkung und verstärkt auch nicht das Gesamtausmaß der Behinderung. Eine weitere Erhöhung aufgrund der Beeinträchtigungen im Funktionssystem Ohr, die ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind bzw. der chronischen Pankreatitis (ebenfalls GdB von 20), kommt nicht in Betracht. Denn das Gesamtausmaß der Behinderung wird durch diese - nach den Versorgungsmedizischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee) noch als leichte Funktionseinschränkung zu bewertenden Behinderungen - nicht größer. Diese bestehen unabhängig von den anderen Funktionsstörungen und verstärken nicht das Gesamtausmaß. Im Übrigen kann selbst bei einer unterstellten Zeugungsunfähigkeit (die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen, Teil B, Nr. 13.2 mit einem GdB von 20 zu bewerten ist) keine weitere Erhöhung des Gesamt-GdB erfolgen, weil auch diese Erkrankung unabhängig von den weiteren Erkrankungen besteht und das Ausmaß der Gesamtbehinderung letztlich nicht verstärkt wird. Schließlich führt der mit einem GdB von 10 bewertete Verlust der Milz nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB, denn von einem hier nicht vorliegenden Ausnahmefall abgesehen, führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung (Teil A, Nr. 3 ee).

40

Eine weitere Erhöhung im Sinne der von dem Kläger begehrten Schwerbehinderteneigenschaft widerspräche hier dem nach Teil A, Nr. 3 c der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. In Nr. 19 Abs. 2 der Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, Ausgabe 2008 (S. 25) wird insoweit erläuternd ausgeführt, dass die Schwerbehinderteneigenschaft nur angenommen werden kann, wenn die zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung beeinträchtigen. Derartig schwere Funktionsstörungen liegen bei dem Kläger nicht vor. Er ist abgesehen von den geringen (widersprüchlich geschilderten) Bauchschmerzen beschwerdefrei und wird weder durch internistische oder orthopädische Einschränkungen in seiner Teilhabe im Leben wesentlich beeinträchtigt.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

42

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.


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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Aufklärung, Beratung, Auskunft und Ausführung von Leistungen im Sinne des Ersten Buches sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern nach § 167 darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 und ihre Verbände wirken bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie nach den Bestimmungen der §§ 20d bis 20g des Fünften Buches mit, insbesondere mit der Zielsetzung der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen für Personen, deren berufliche Eingliederung auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen besonders erschwert ist, arbeiten die Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und mit den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 20a des Fünften Buches eng zusammen.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.