Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Juni 2010 - L 5 AS 217/10
Gericht
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. April 2010 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit S 11 AS 956/07 nicht durch die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG beendet worden ist.
Der Rechtsstreit wird an das Sozialgericht Dessau-Roßlau zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau, in dem dieses seine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Fiktion einer nach § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingetretenen Klagerücknahme zurückgewiesen hat. In der Sache begehrt der Kläger von der Beklagten u.a. die Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 800,00 EUR monatlich seit Antragstellung (25. Oktober 2004) sowie die Gewährung eines Fahrtkostenzuschusses für den Besuch bei seinen Kindern. Gegen den Leistungsbescheid vom 11. August 2006, mit dem die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September bis 30. November 2006 u.a. Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 258,93 EUR bewilligte, legte er erfolglos Widerspruch ein. Am 29. Mai 2007 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben (S 11 AS 956/07) und sein Begehren weiterverfolgt.
- 2
Das Sozialgericht hat am 22. Oktober 2008 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt, zu dem der Kläger persönlich erschienen ist. Er ist beauflagt worden, die Adresse seines Sohnes K. (Vermieter der vom Kläger angemieteten Wohnung) mitzuteilen, Verdienstbescheinigungen für das gesamte Kalenderjahr 2006 sowie alle Kontoauszüge zum Nachweis der Mietzahlungen im Jahr 2006 einzureichen. Er hat daraufhin geäußert, die Mietzahlungen seien nicht klassisch auf ein Konto überwiesen worden. Vielmehr sei die Zahlung dadurch erfolgt, dass er für den Vermieter Baurechnungen und andere Rechnungen beglichen habe. Unter dem 8. Januar 2009 hat das Sozialgericht den Kläger an die Übersendung der angeforderten Unterlagen erinnert und angefragt, ob eine Begründung der Klage erfolgen werde.
- 3
Mit Schreiben vom 23. März 2009 hat das Sozialgericht an die Beantwortung und Erledigung des gerichtlichen Schreibens vom 8. Januar 2009 erinnert. Es hat eine Frist von vier Wochen bestimmt und vorsorglich auf die Regelung des § 102 Abs. 2 SGG hingewiesen. Unter dem 5. Mai 2009 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers um die Gewährung einer Fristverlängerung gebeten. Der Kläger sei ortsabwesend und könne daher die Unterlagen nicht beibringen. Mit Schreiben vom selben Tag hat er im Nachgang die Anschrift des Sohnes des Klägers K. mitgeteilt; mit Schreiben vom 25. Mai 2009 hat er um erneute Fristverlängerung bis 15. Juni 2009 gebeten. In seiner Kanzlei sei die Neuinstallation des Computersystems erforderlich geworden. Innerhalb dieser Frist ging kein Schriftsatz des Klägers ein. Unter dem 23. Juni 2009 hat das Sozialgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass nach § 102 Abs. 2 SGG die Klage als zurückgenommen gelte, wenn er das gerichtliche Verfahren trotz Aufforderung länger als drei Monate nicht betreibe. Gleichzeitig hat es den Kläger nochmals aufgefordert, innerhalb von drei Monaten das Verfahren weiter zu betreiben und die gerichtliche Verfügung vom 8. Januar 2009 zu erledigen. Dabei gehe es nicht nur um die Einreichung einer Klagebegründung, sondern vor allem um die Einreichung der im Erörterungstermin angeforderten Unterlagen (Gehaltsnachweise, Nachweise über tatsächliche Mietzahlungen). Sollte dies nicht fristgerecht geschehen, träten die vorstehend genannten Folgen ein. Das Schreiben ist dem Kläger am 7. Juli 2009 zugestellt worden.
- 4
Der Kläger hat daraufhin die Klage mit Schriftsatz vom 28. August 2009, der per Fax beim Sozialgericht eingegangen ist, begründet und auf die sich in der Anlage befindlichen Unterlagen verwiesen. Anlagen hat der Kläger jedoch per Fax nicht übersandt. Einen Originalschriftsatz hat er trotz zweier Hinweise des Sozialgerichts vom 9. September und 26. Oktober 2009 nicht zu den Akten gereicht. Im letztgenannten Schreiben des Sozialgerichts, das dem Kläger am 4. November 2009 zugestellt worden ist, hat es ihm zudem eine Nachfrist bis 30. November 2009 gesetzt. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden, gelte die Klage als zurückgenommen.
- 5
Nachdem der Kläger auch auf diese Schreiben nicht reagiert hat, hat das Sozialgericht am 1. Dezember 2009 das Verfahren nach § 102 Abs. 2 SGG eingestellt und dies dem Kläger mit Schreiben vom selben Tag mitgeteilt. Am 7. Dezember 2009 ist beim Sozialgericht ein auf den 19. November 2009 datierter Schriftsatz des Klägers eingegangen. Er hat die Prozesskostenhilfeunterlagen und Belege zu den Verrechnungen der Mietzahlungen eingereicht. Daraufhin hat das Sozialgericht mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 darauf hingewiesen, dass das Verfahren bereits am 1. Oktober 2009 als erledigt erfasst worden sei. Da die genau bezeichneten Unterlagen nicht innerhalb der gesetzten Frist eingereicht worden seien, gelte die Klage als zurückgenommen.
- 6
Der Kläger hat am 28. Dezember 2009 die Fortführung des Verfahrens beantragt. Die Hinweise des Gerichts hätten das Verfahren nicht beendet. Er habe sich am 28. August 2009 geäußert. Eine erneute Aufforderung sei Ende Oktober 2009 erfolgt. Damit sei die Frist erneut in Gang gesetzt worden. Er hätte mit dem Kurierdienst ein Zustellungsproblem gehabt, nicht zuletzt möglicherweise durch den Umzug des Gerichts. Das Übersenden einer Auflage, dessen Erfüllung der Kläger im Übrigen für nicht gerechtfertigt halte, könne nicht zur Fiktion eine Klagerücknahme führen. Er habe eine Rechtsfrage zur Entscheidung gestellt und alle erforderlichen Angaben gemacht. Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 7. April 2010 die Klage auf Feststellung, dass das Verfahren S 11 AS 956/07 nicht durch die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG beendet wurde, zurückgewiesen. Der Kläger sei der ausreichend bestimmten und konkreten Aufforderung des Gerichts vom 23. Juni 2009 nur unzureichend nachgekommen.
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Trotz mehrmaliger gerichtlicher Erinnerungen seien die geforderten Unterlagen nicht beigebracht worden. Allein die Ankündigung, diese zu übersenden, reiche nicht aus. Nur die Erfüllung der verlangten Mitwirkungshandlung hätte die Annahme des Nichtbetreibens ausschließen können. Auch die nochmalige Fristsetzung des Gerichts nach Eintritt der Rücknahmefiktion ändere nichts an deren Wirksamkeit. Das gerichtliche Schreiben vom 26. Oktober 2009 stelle keine erneute Betreibensaufforderung dar. Es habe den Kläger lediglich erinnern und ihm die Möglichkeit geben wollen, die bereits angekündigten Rechtsfolgen durch Betreiben noch abzuwenden.
- 8
Gegen den ihm am 12. April 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. Mai 2010 Berufung eingelegt. Es hätten zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung keine hinreichenden konkreten Zweifel bestanden, dass sein Rechtsschutzinteresse entfallen sei. Er habe - wenn auch mit wenigen Worten - die Klage begründet und durch die Fristverlängerungsanträge deutlich gemacht, dass ihm am Fortgang des Verfahrens gelegen war. Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. April 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsstreit S 11 AS 956/07 nicht durch die Klagerücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG beendet worden ist. Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, jedoch keinen eigenen Antrag gestellt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend verwiesen.Entscheidungsgründe:
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A. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die Geld-, Dienst- oder Sachleistungen oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dabei kommt es für die Anwendung der Verfahrensvorschrift nicht auf die Klageart, sondern das sachliche Ziel des Klagebegehrens an (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 4. Februar 1976, 9 BV 342/75, juris, Rn. 3). Der Berufungswert ist vorliegend überschritten. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist die Feststellung der Unwirksamkeit der vom Sozialgericht festgestellten Klagerücknahmefiktion.
- 10
Dem rechtlichen Interesse an dieser Feststellung liegt das wirtschaftliche Interesse zugrunde, das sozialgerichtliche Verfahren in der Sache fortführen zu können. In diesem begehrt der Kläger höhere Grundsicherungsleistungen ab 1. Januar 2005. Allein unter Berücksichtigung der beanspruchten Mehrleistung bei den KdU i.H.v. 541,97 EUR/Monat liegt der Streitwert des Verfahrens über 750,00 EUR. B. Die Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass das Verfahren S 11 AS 956/07 durch die Fiktion der Klagerücknahme beendet war. Es wird von ihm nach Zurückverweisung fortzuführen sein. Nach § 102 Abs. 2 SGG wird eine Klagerücknahme fingiert, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 3 SGG ist der Kläger auf die eintretenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
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Die Fiktion einer Klagerücknahme ist für die Fälle eingeführt worden, in denen Anhaltspunkte für ein Desinteresse der klägerischen Partei an der Fortführung des Rechtsstreits bestehen. Nichtbetreiben liegt vor, wenn die klägerische Partei sich gar nicht oder nur unzureichend innerhalb von drei Monaten äußert, sodass nicht oder nur unzureichend dargelegt ist, dass das Rechtsschutzbedürfnis im konkreten Fall ungeachtet der vorliegenden Indizien fort besteht. Diese Indizwirkung kann die Partei widerlegen, indem sie binnen der Drei-Monats-Frist substantiiert darlegt, dass und warum das Rechtsschutzinteresse trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die Betreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (Bundesverwaltungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 19. Mai 1993, 2 BvR 1972/92, Rn. 14, juris).
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Nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, kann von einer willkürfreien, durch Sachgründe gerechtfertigten Beschränkung des Zugangs zum weiteren Verfahren gesprochen werden. Die Regelung des § 102 SGG ist an § 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angelehnt, der mit dem 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl. I 1996, 1626) eingefügt wurde und § 81 Asylverfahrensgesetz (AslyVfgG) nachgebildet ist (vgl. BR-Drs. 820/07, S. 23). Auf die hierzu ergangene Rechtsprechung kann folglich zurückgegriffen werden.
- 13
Die Betreibensaufforderung muss sich hinreichend konkret auf bestimmte verfahrensfördernde Handlungen beziehen, die der Kläger vorzunehmen hat (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 8. Dezember 2009, L 5 R 884/09, Rn 14, juris). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung müssen weiterhin sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers bestanden haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 1985, 9 C 48/84, Rn. 22, juris; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 27. Oktober 1998, 2 BvR 2662/95, Rn. 18, juris unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG zu § 81 AsylVfG (zuvor: § 33 AsylVfG 1982) und § 92 Abs. 2 VwGO). Dies rechtfertigt sich aus dem Ausnahmecharakter der Norm und aus Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
- 14
Eine Verletzung der sich aus § 103 SGG ergebenden prozessualen Mitwirkungspflichten des Klägers kann zwar solche Anhaltspunkte liefern und tut dies in der Regel dann, wenn das Gericht konkrete Auflagen verfügt hat. Stets muss sich daraus aber auch der Schluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses, also auf ein Desinteresse des Klägers an der weiteren Verfolgung seines Begehrens ableiten lassen können (BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2000, 8 B 119/00, Rn. 3, juris). § 102 Abs. 2 SGG ist kein Hilfsmittel zur "bequemen Erledigung lästiger Verfahren" oder zur vorsorglichen Sanktionierung prozessleitender Verfügungen (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2005, 1 L 40/05, Rn. 24, juris zu § 92 VwGO m.w.N.).
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Es bestand entgegen der Ansicht des Sozialgerichts vorliegend bei Erlass der Betreibensaufforderung vom 23. Juni 2009 kein derartig konkreter Anhaltspunkt, von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers auszugehen. Im Unterschied zu den Streitigkeiten nach dem AsylVfG, bei denen häufig schon zweifelhaft ist, ob sich ein Kläger überhaupt noch im Bundesgebiet aufhält, lässt sich im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur ausnahmsweise auf ein zwischenzeitlich entfallenes Rechtsschutzinteresse des jeweiligen Klägers schließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001, 8 B 2/01, Rn. 6, juris für vermögensrechtliche Streitigkeiten). Vorliegend sind existenzsichernde Leistungen im Streit. Der Kläger hat zwar die im Erörterungstermin vom 22. Oktober 2008 an ihn herangetragenen Mitwirkungspflichten nicht vollständig und nicht zeitnah erfüllt. Das Sozialgericht hat jedoch u.a. Mitwirkungshandlungen verlangt, die der Kläger bereits erfüllt hatte bzw. nicht erfüllen konnte.
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Nach zwei Erinnerungen unter dem 8. Januar und 23. März 2009 hat der Kläger unter dem 5. Mai 2009 die Adresse seines Sohnes Karl mitgeteilt und damit einen Teil der Auflagen aus dem Erörterungstermin erfüllt. Weiterhin hatte er bereits im Erörterungstermin angegeben, über Kontoauszüge zum Beweis der Mietzahlungen nicht zu verfügen, da er die Miete in Form der Übernahme von Rechnungen gezahlt habe. Schließlich sieht § 92 SGG eine Klagebegründung nicht zwingend vor.
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Auch die von seinem Prozessbevollmächtigten beantragten, substantiiert begründeten Fristverlängerungen (Ortabwesenheit des Klägers, Erneuerungsbedürftigkeit des Computersystems in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten) lassen hier nicht auf einen Wegfall seines Rechtsschutzinteresses schließen. Der Kläger hat damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er weiterhin gewillt ist, das sozialgerichtliche Verfahren weiter zu betreiben.
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Allein die Nichtvorlage der Verdienstbescheinigungen hat hier nicht die Annahme eines Wegfalls seines Rechtsschutzinteresses gerechtfertigt. Das Gericht hatte zudem die Möglichkeit, den Kläger unter Fristsetzung nach § 106a SGG aufzufordern, die Unterlagen einzureichen. Die Amtsermittlungspflicht des Gerichts verringert sich, wenn die Partei ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist. Weigert sich ein Beteiligter, der aus einem bestimmten Sachverhalt für ihn günstige Rechtsfolgen herleitet, dem Gericht nähere Angaben zu machen, obwohl er es könnte und ihm dies nicht unzumutbar ist, verletzt das Gericht seine Amtsermittlungspflicht nicht, wenn es keine weiteren Ermittlungen mehr anstellt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KN 3/08 KR R, Rn. 24, 25, juris). Der Kläger bliebe im vorliegenden Fall für die Voraussetzungen einer Hilfebedürftigkeit darlegungs- und beweisfällig.
- 19
Nach alledem konnte das Sozialgericht am 23. Juni 2009 bei Erlass der Betreibensaufforderung nicht annehmen, der Kläger sei offenbar an der weiteren Verfolgung seines Begehrens nicht mehr interessiert und sein Rechtsschutzinteresse deshalb vermutlich entfallen. Weiterhin hat der Kläger nach der Betreibensaufforderung des Sozialgerichts unter dem 28. August 2009 die Klage wenigstens im Ansatz näher begründet und eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung angeregt. Das Sozialgericht hätte dieses Vorgehen wenigstens als "Teilerfüllung" seiner Auflagen werten müssen, die es ausschloss, weiterhin anzunehmen, das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage sei entfallen (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Juni 2001, Rn. 19, juris).
- 20
Die gesetzlich bestimmte Rücknahmefiktion war damit nicht eingetreten. Da das sozialgerichtliche Verfahren somit an einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG leidet und das Sozialgericht wegen der zu Unrecht angenommenen Wirksamkeit der Klagerücknahme in der Sache nicht entschieden hat, hält der Senat eine Zurückverweisung für sachdienlich.
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Eine Kostenentscheidung bleibt dem Sozialgericht vorbehalten, da der Rechtsstreit S 11 AS 956/07 in erster Instanz noch nicht beendet ist.
- 22
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Eine Entscheidung über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat nicht getroffen.
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Annotations
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.
(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 67 entsprechend.
(1) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt.
(2) Der Vorsitzende kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen
- 1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen, - 2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.
(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn
- 1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, - 2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.