Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 23. Apr. 2018 - L 4 AS 553/15

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2018:0423.L4AS553.15.00
bei uns veröffentlicht am23.04.2018

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen einen Versagungsbescheid des Beklagten und Berufungsbeklagten zum Leistungsantrag für die Zeit ab Januar 2012.

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Die 1967 geborene Klägerin bezog im Jahr 2010 als Mitglied der aus ihr, ihrem 1964 geborenen Ehemann F. und dem 1996 geborenen Sohn bestehenden Bedarfsgemeinschaft von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum Haushalt gehörte noch ein weiteres minderjähriges Kind, das keine SGB II-Leistungen erhielt. Gemeinsam bewohnt die Familie ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 124 qm. Anfänglich bezogen die Klägerin und ihr Ehemann Arbeitslosengeld. Am 1. Oktober 2010 nahm der Ehemann eine Erwerbstätigkeit als Kundendienstmonteur auf mit einem Einkommen von 1.400 EUR brutto (1.034,24 EUR netto).

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Am 28. Juli 2010 ging bei dem Beklagten eine von der Agentur für Arbeit D. (BA) weitergeleitete anonyme Anzeige über einen "Leistungsmissbrauch" der Klägerin ein. In dem Schreiben heißt es, die Klägerin beziehe Sozialleistungen und betreibe gleichzeitig einen umfänglichen Handel über das Auktionshaus Ebay. Allein unter dem Benutzernamen "l ..." würden derzeit 284 Artikel zum Verkauf angeboten. Der Wert der Waren (Anfangsgebot) belaufe sich auf 18.000 EUR. In den letzten 12 Monaten habe sie über 600 An- und Verkaufsvorgänge getätigt, insbesondere billige Ankäufe und teure Wiederverkäufe. Über das genannte Benutzerkonto seien etwa 2.000 Vorgänge abgewickelt worden, sodass nicht von Privatverkäufen auszugehen sei. Das sei wie Schwarzarbeit. Die Verwendung weiterer Benutzernamen durch die Klägerin wurde angedeutet. Im Oktober 2010 übermittelte der Beklagte die anonyme Anzeige an das Hauptzollamt M. (im Folgenden: HZA) mit der Bitte um Prüfung und weitere Bearbeitung.

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Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin bewilligte der Beklagte für den Bewilligungszeitraum von Januar bis Juni 2011 vorläufig Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Erwerbseinkommens des Ehemanns und des für den Sohn gezahlte Kindergelds.

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Unter dem 23. März 2011 forderte das HZA den Beklagten auf, einen etwaigen Vermögensschaden zu beziffern und Informationen zum Leistungsbezug zu übermitteln- Es teilte zum bisherigen Ermittlungsstand mit: Seit 2001 kaufe und verkaufe die Klägerin Waren über das Auktionshaus Ebay. Aus der beigefügten Auswertung der Bestandsdaten zum Ebay-Mitgliedsnamen "l ...", der am 25. Januar 2001 vergeben worden war, ergaben sich zum Namen "L ...", Adresse und Telefonnummer der Klägerin und der E-Mailadresse "z ...@ ..." 2.115 Bewertungspunkte (= 2.115 erfolgreich abgeschlossene Transaktionen). Aus der beigefügten Transaktionsliste für das Jahr 2010 ergaben sich u.a. für den Monat

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- September 2010: 20 Vorgänge,
- Oktober 2010: 20 Vorgänge,
- November 2010: 13 Vorgänge und
- Dezember 2010: 16 Vorgänge.

7

Daraufhin sandte der Beklagte unter dem 8. April 2011 eine an die Klägerin gerichtete "Aufforderung zur Mitwirkung für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts". Es sei bekannt geworden, dass sie während des SGB II-Leistungsbezugs An- und Verkäufe bei Ebay getätigt habe. Es würden weitere Unterlagen,

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- die Gewerbesteueranmeldung,

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- die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010,

10

- die Anlagen "Abschließende Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit" für die Bewilligungszeiträume von Januar 2005 bis Dezember 2010 sowie

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- die Anlage EKS für den Zeitraum von Januar bis Juni 2011

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benötigt, die bis zum 25. April 2011 vorzulegen seien. Weiter heißt es in dem Schreiben, dem der Gesetzestext der §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1, 3 und 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) sowie Vordrucke der Anlagen EK und EKS nebst Ausfüllhinweisen beigefügt waren:

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"Für den Bezug von Leistungen ist es erforderlich, dass Sie alle Tatsachen angeben, die für ihren Leistungsanspruch entscheidend sind und die notwendigen Nachweise vorlegen oder ihrer Vorlage zustimmen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Erstes Buch SozialgesetzbuchSGB I).

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Bitte beachten Sie:

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Haben Sie bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, können die Geldleistungen ganz entzogen werden, bis Sie die Mitwirkung nachholen (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeutet, dass Sie und die mit Ihnen in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen keine Leistungen erhalten.

16

In der Zeit, in der Sie keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, sind Sie nicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert. Damit Ihnen keine Nachteile entstehen, wenden Sie sich bitte an Ihre bisherige Krankenkasse, um sich über einen möglichen Versicherungsschutz (z.B. eine freiwillige Versicherung) zu informieren."

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Am 18. April 2011 sprach die Klägerin bei dem Beklagten vor und erklärte, sie gehe keiner selbständigen Tätigkeit nach. Bei Ebay tätige sie An- und Verkäufe für sich, ihre Eltern und Schwiegereltern. Sie habe kein Gewerbe angemeldet. Die Einkommensteuererklärung für 2008 sei gemacht, den Steuerbescheid werde sie nachreichen. Ausweislich des Gesprächsvermerks weigerte sich die Klägerin, die Anlage EK zur selbständigen Tätigkeit auszufüllen. Sie habe hin und wieder ein Geschenk ersteigert, besitze darüber aber keine Nachweise. Es sei vereinbart worden, dass sie eine Aufstellung ihrer An- und Verkaufstransaktionen fertige, damit die Aktivitäten bei Ebay nachvollzogen werden könnten, und sie diese sowie die Belege zeitnah einreiche.

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Mit Schreiben vom 3. Mai 2011 teilte das HZA dem Beklagten ergänzend mit, die Steuerfahndung H. habe ermittelt, dass die Klägerin unter dem Namen "v ..." ebenfalls Waren bei Ebay verkaufe. Beigefügt war eine Auflistung der Ebay-Bestandsdaten und Transaktionen. Als Benutzer war wiederum die Klägerin mit Anschrift und Telefonnummer genannt sowie die E-Mail-Adresse "l ...@ ...". Das seit März 2005 registrierte Konto sei ursprünglich unter dem Ebay-Mitgliedsnamen "a ..." geführt und im April 2007 auf den Ebay-Mitgliedsnamen "v ..." geändert worden. Das Ebay-Mitglied habe 370 Bewertungspunkte. Es waren u.a. für

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Dezember 2010 4 Vorgänge,
Januar 2011 4 Vorgänge,
Februar 2011 1 Vorgang und
März 2011 10 Vorgänge aufgelistet.

20

Eine ebenfalls beigefügte aktualisierte Liste der Bestandsdaten für das Ebay-Mitgliedskonto "l ..." weist für

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Dezember 2010 15 Vorgänge,
Januar 2011 5 Vorgänge,
Februar 2011 4 Vorgänge und
März 2011 6 Vorgänge aus.

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Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin gewährte der Beklagte Leistungen für den Bewilligungszeitraum von Juli bis Dezember 2011 in einer monatlichen Gesamthöhe von 451,17 EUR für die Bedarfsgemeinschaft.

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Mit Schreiben vom 22. Juni 2011 forderte er die Klägerin erneut zur Mitwirkung auf und bat um Vorlage von Belegen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), der Anlage zum Vermögen sowie weitere Angaben zum Bruttojahreseinkommen des Ehemanns im Jahr 2010 zur Berechnung der Riesterförderung.

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Mit Schreiben vom 30. Juni 2011 teilte der Beklagte mit, er habe die Zahlung der Leistungen sei zum 1. August 2011 vorläufig eingestellt, und hörte die Klägerin zur Aufhebung der Leistungsbewilligung an. Sie habe auf die Mitwirkungsaufforderung die benötigten leistungsrelevanten Unterlagen nicht vorgelegt, sodass nicht festgestellt werden könne, ob ein Leistungsanspruch bestehe.

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Mit Bescheid vom 14. Oktober 2011 entzog der Beklagte die SGB II-Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft ab 1. August 2011 vollständig. Zur Begründung führte er aus, die fehlenden Unterlagen und Nachweise (Steuerbescheide 2005 bis 2010, Gewerbesteueranmeldung, Anlagen mit den abschließenden Angaben zu Einkommen aus selbständiger Tätigkeit) seien trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vollständig vorgelegt worden. Die Unterlagen seien für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zwingend erforderlich. Weil die Klägerin ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen sei, habe sie die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Bei der Entscheidung habe er Ermessen ausgeübt. Er sei verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln, und dürfe im Interesse der Steuerzahler nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in rechtmäßiger Höhe Leistungen erbringen. Ermessensgesichtspunkte zugunsten der Klägerin seien weder vorgetragen worden noch erkennbar. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie nicht begründete.

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Mit Schreiben vom 9. Januar 2012 forderte der Beklagte die Klägerin erneut unter Hinweis auf die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung nach den §§ 60, 66, 67 SGB I (wie bereits im Schreiben vom 8. April 2011) mit Fristsetzung zum 28. Januar 2012 zur Mitwirkung durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010, der Gewerbesteueranmeldung sowie der Anlagen mit abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auf.

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Mit an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichtetem Schreiben vom 24. Januar 2012 erneuerte der Beklagte diese Aufforderung im Widerspruchsverfahren gegen die Leistungsentziehung. Er erläuterte, es würden Aufstellungen der Ebay-Aktionen 2010/2011 bis laufend, die Kontoauszüge der Zahlvorgänge bei Ebay 2010/2011 bis laufend sowie die Einkommensteuerbescheide 2010/2011 benötigt. Das HZA habe eingeschätzt, dass die von der Klägerin in den Jahren 2010/ 2011 getätigten Verkäufe über Ebay wegen der erheblichen Anzahl als gewerblich zu bewerten seien. Die angeforderten Nachweise seien erforderlich, um festzustellen ob bei Berücksichtigung der Einnahmen aus den Ebay-Geschäften noch ein Leistungsanspruch bestehe.

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Dem Ausdruck des Bewertungsprofils vom 24. Januar 2012 sind für den Benutzernamen "l ..." 2.160 bewertete Transaktionen zu entnehmen.

29

Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und bekräftigte, es gebe keine Gewerbesteueranmeldung und daher auch keinen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Ebay-Erlöse seien privat und bereits durch ihren Prozessbevollmächtigten mitgeteilt worden. Sie legte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010 vor.

30

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Entziehung der Leistungen als unbegründet zurück. Die Klägerin habe ihrer Mitwirkungsobliegenheit, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen, nicht genügt. Nach den Ermittlungen des HZA hätten die Verkaufsaktivitäten bei Ebay ein gewerbliches Ausmaß. Die Einnahmen aus dieser selbständigen Tätigkeit seien nach § 11 Abs. 1 SGB II anzurechnen – unabhängig davon, ob ein Gewerbe angemeldet worden sei.

31

Dagegen hat die Klägerin am 23. März 2012 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben (Aktenzeichen S 35 AS 718/12), die nach Klageabweisung durch das SG als Berufungsverfahren im Senat anhängig war (Aktenzeichen L 4 AS 554/15).

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Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 31. Januar 2012 versagte der Beklagte allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft die Leistungen ab dem 1. Dezember 2011 (gemeint war der 1. Januar 2012) vollständig. Die Klägerin habe die Unterlagen, die zuletzt mit Schreiben vom 11. Januar 2012 angefordert seien (abschließende Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbesteueranmeldung) nicht vorgelegt. Sie sei damit ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Ohne die angeforderten Unterlagen sei eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich. Es seien keine Ermessensgesichtspunkte erkennbar, die dafür sprächen, von einer Versagung nach § 66 SGB I abzusehen. Dagegen legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 6. März 2012 Widerspruch ein, den sie nicht begründete.

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Unter dem 11. April 2012 übersandte das HZA dem Beklagten weitere Ermittlungsergebnisse und unterlagen, u.a. eine CD mit weiteren Ebay-Daten und -Auswertungen. Nach einer Auskunft aus dem Gewerberegister der Stadt D. war der Ehemann der Klägerin seit Oktober 1990 im Besitz einer Reisegewerbekarte für den Verkauf von Zinnfiguren; er sei im Händlerverzeichnis für das L.-Fest 2010 aufgeführt.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Versagungsbescheid (ab Januar 2012) zurück. Trotz Aufforderung habe die Klägerin die erforderlichen abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nicht gemacht. Im Rahmen der Ermittlungen des HZA sei festgestellt worden, dass die Anzahl der Verkaufsvorgänge über Ebay und die Verkaufserlöse auf verschiedenen Benutzerkonten vom Umfang her private Zwecke überstiegen und als gewerblich einzustufen seien. Dafür spreche auch, dass ein wiederkehrendes Angebot von Neuwaren eines bestimmten Sortiments (auch in unterschiedlichen Größen und Varianten) angeboten werde. Zudem würden über mehrere Homepages Waren durch die Klägerin und ihren Ehemann verkauft. Es sei zu vermuten, dass Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit in nicht unerheblicher Höhe erzielt werde, das bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen sei. Da die Klägerin nicht bereit sei, dieses Einkommen anzugeben oder nachzuweisen, könne nicht festgestellt werden, ob Hilfebedürftigkeit bestehe. Seit April 2011 sei sie mehrfach – unter Belehrung über ihre Mitwirkungspflichten – aufgefordert worden, entsprechende Nachweise vorzulegen. Der angegriffene Bescheid sei nicht zu beanstanden.

35

Unter dem 18. Mai 2012 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut an den Beklagten und bat vor einer etwaigen Vorlage von Unterlagen um Akteneinsicht. Er wies darauf hin, dass die Anforderung von Kontobelegen für weit zurückliegende Zeiträume gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoße.

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Am 15. Juni 2012 hat die Klägerin beim SG Klage gegen die Leistungsversagung erhoben. Zu deren Begründung hat sie bekräftigt, die Verkäufe über Ebay seien privater Natur. Sie übe keine selbständige Tätigkeit aus, über die sie Auskunft geben könne. Im Übrigen sei die Aufforderung, Nachweise vorzulegen, unverhältnismäßig. Denn der Beklagte hätte beim HZA die benötigten Informationen über die Einnahmen aus den Verkäufen abfordern können. Zudem habe sie im sozialgerichtlichen Verfahren S 11 AL 20/12 gegen die BA (Klage gegen die Rücknahme und Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg)) Angaben gemacht und eine Liste der Auktionen bei Ebay für den Zeitraum von 2005 bis 2010 vorgelegt. Das SG habe die Auffassung vertreten, dass es sich um Vermögensumschichtungen und nicht um eine gewerbliche Tätigkeit gehandelt habe. Insoweit werde auf das Sitzungsprotokoll vom 9. November 2012 Bezug genommen. Aus der beigefügten Liste der Klägerin über Ebay-Verkäufe (die nicht nach Benutzer-Namen differenziert ist) ergeben sich für das Jahr 2010:

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Januar 7 Vorgänge,
Februar 12 Vorgänge,
März 6 Vorgänge,
April 2 Vorgänge,
Mai 10 Vorgänge,
Juni 5 Vorgänge,
Juli 10 Vorgänge,
August 9 Vorgänge,
September 7 Vorgänge,
Oktober 12 Vorgänge,
November 8 Vorgänge und
Dezember 5 Vorgänge.

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Im Verlauf des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Klägerin Kontoauszüge für ihr Girokonto im Zeitraum von 2011 bis 2013 vorgelegt. Vom Beklagten für notwendig erachtete Auszüge des PayPal-Kontos der Klägerin und des Ehemanns sind für die Klägerin für Zeiträume vom 12. März 2012 bis 21. Juni 2012 und vom 22. Oktober 2012 bis 11. März 2013 vorgelegt worden.

39

Mit Urteil vom 19. Juni 2015 hat das SG die Klagen als unbegründet abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob neben der Anfechtungsklage auch eine Leistungsklage zulässig sei, denn die Versagung sei rechtmäßig und die allein von der Klägerin erhobene Klage unbegründet. Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheids am 15. Mai 2012. Zu dem Zeitpunkt habe der Beklagte erhebliche Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Klägerin allein oder gemeinsam mit ihrem Ehemann einer selbständigen Tätigkeit nachgehe. Über ein Ebay-Konto seien seit 2001 Käufe im Wert von ca. 30.000 EUR und Verkäufe von ca. 45.000 EUR durch die Klägerin über die E-Mail-Adresse "z ...@ ..." abgewickelt worden. Auch ihr Ehemann vertreibe nach seinem Internetauftritt (http://www.z ...de/) Zinnfiguren, die er teilweise selbst herstelle. Dem Beklagten sei zuvor nicht bekannt gewesen, dass Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit vorliegen könnten. Er sei daher gehalten gewesen, den Sachverhalt weiter aufzuklären und sich insoweit an die Klägerin zu wenden. Die Klägerin sei auch zur Mitwirkung verpflichtet gewesen, denn die Angaben zu Einnahmen und Ausgaben bei den Ebay-Transaktionen hätten bei Gewinnen Einfluss auf die Leistungshöhe, denn jedes Einkommen sei auf den Leistungsanspruch anzurechnen. Die angeforderten Angaben zur Gewerbesteueranmeldung, die Steuerbescheide und die Auflistung der Einnahmen und Ausgaben aus den Ebay-Auktionen seien für eine weitergehende Prüfung erforderlich gewesen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass Unterlagen für Zeiten der Vergangenheit angefordert seien, denn die Plausibilität der Angaben der Klägerin könne man nur beurteilen, wenn man die Verhältnisse auch für Zeiten vor dem streitbefangenen Zeitraum kenne. Gründe für eine Unzumutbarkeit der verlangten Mitwirkungshandlung seien nicht ersichtlich. Dem Beklagten sei es auch nicht möglich gewesen, sich die erforderlichen Kenntnisse durch einen geringeren Aufwand anderweitig zu beschaffen. Aus dem Ergebnis der Ermittlungen des HZA habe der Beklagte ohne die Mitwirkung nicht eindeutig auf eine selbständige Tätigkeit und deren Umfang schließen können. Private Auktionen und solche gewerblicher Art könnten nicht ohne weiteres unterschieden werden. Allein die Selbsteinschätzung der Klägerin, sie übe keine selbständige Tätigkeit aus, genüge den Mitwirkungsobliegenheiten nicht. Vielmehr sei sie verpflichtet gewesen, durch vollständige Offenlegung der Einnahmen und Ausgaben dem Beklagten eine detaillierte Prüfung zu ermöglichen. Soweit im sozialgerichtliche Verfahren einige – aber nicht die vollständigen – Unterlagen nachgereicht worden seien, sei dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Versagungsentscheidung nicht relevant. Die Unterlagen seien ggf. bei einer Entscheidung des Beklagten nach § 67 SGB I zu berücksichtigen. Der Beklagte habe die Klägerin auf die möglichen Folgen einer unterlassenen Mitwirkung im Aufforderungsschreiben hingewiesen und eine angemessene Frist zu Vorlage der Unterlagen gesetzt. Er habe unmissverständlich und konkret die im Einzelfall beabsichtigte vollständige Versagung der Leistungen bezeichnet, da es auf die Einkommensverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft angekommen sei. Er habe bei der Entscheidung Ermessen ausgeübt. Fehler seien nicht ersichtlich; insbesondere sei die vollständige Versagung der Leistungen gegenüber der Klägerin nicht ermessensfehlerhaft. Denn mangels Mitwirkung habe der Beklagte die Höhe eines bestehenden Leistungsanspruchs nicht einschätzen können.

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Gegen das ihr am 15. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. August 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie erneut vorgetragen, die geforderten Nachweise zu den Einnahmen aus den Verkäufen bei Ebay seien nicht erforderlich gewesen, weil der Beklagte vom HZA weitere Informationen über den Umfang der Verkäufe hätte abfragen können. Im Übrigen habe sie mehrfach erklärt, dass sie keine selbständige Tätigkeit ausübe und die Verkäufe bei Ebay privater Natur seien. Dies entspreche der Bewertung des SG im Verfahren S 11 AL 20/12. Die von ihr für das Alg-Klageverfahren erstellte Liste enthalte allein die auf eigene Rechnung erfolgreich abgeschlossenen Verkäufe. Verkäufe, die sie für Dritte getätigt habe, seien nicht erfasst. Deshalb stimme ihre Liste nicht mit den Transaktionslisten von Ebay überein.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. Juni 2015 und den Bescheid des Beklagten vom 31. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2012 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er hat ausgeführt, die Mitwirkung der Klägerin sei zwingend erforderlich gewesen. Es hätten zwar Anhaltpunkte über den Umfang ihrer Aktivitäten auf dem Ebay-Portal vorgelegen, jedoch hätten die einzelnen Transaktionen ohne Mitwirkung der Klägerin nicht eindeutig als gewerblich oder privat bewertet werden können. Nach den Ermittlungsergebnissen seien die Ebay-Transaktionen aufgrund ihrer Anzahl nicht mehr als "privater Rahmen" einzustufen gewesen seien. Die Klägerin habe keine Nachweise zu den Internetaktivitäten und zu den daraus erzielten Einnahmen vorgelegt. Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II sei daher nicht feststellbar gewesen. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass es in dem Alg-Klageverfahren beim SG maßgeblich um die Verfügbarkeit der Klägerin gegangen sei, also darum, ob sie mit den Ebay-Transaktionen mehr als 15 Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen sei. Auch sei dort eine andere Beweislast maßgeblich gewesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

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Sie ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Berufung ist auch zulassungsfrei statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR überschreitet (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Klägerin ist durch das Urteil im Klageverfahren gegen die Versagung zumindest insoweit beschwert, als es ihr im Ergebnis wirtschaftlich um SGB II-Leistungen (zumindest) in Höhe der im vorangegangenen Zeitraum bewilligten Leistungen (169,88 EUR monatlich) geht. Bei einem üblicherweise sechsmonatigen Bewilligungszeitraum (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F.) ist die Wertgrenze überschritten.

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Streitgegenständlich ist – entsprechend der Antragstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats – eine isolierte Anfechtung des Versagungsbescheids vom 31. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2012. Denn nach einem Erfolg der Anfechtungsklage und der Beseitigung des angegriffenen Versagungsbescheids hätte der Beklagte das Verwaltungsverfahren fortzuführen und eine Entscheidung über den (noch nicht beschiedenen) Leistungsantrag der Klägerin zu treffen. Denn nach § 54 Abs. 4 SGG kann mit der Klage neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts nur dann gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angegriffene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die Rechtsanspruch besteht, und die Behörde über die begehrte Leistung entschieden hat. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Leistungsträger – wie hier – die begehrte Leistung ohne abschließende Entscheidung bis zur Nachholung der Mitwirkung nach § 66 SGB I versagt; gegen einen solchen Versagungsbescheid ist grundsätzlich nur die Anfechtungsklage zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, Az.: B 4 AS 78/08 R, juris RN 12 mit weiteren Nachweisen).

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Zur Überprüfung im Berufungsverfahren steht der angegriffene Versagungsbescheid nur insoweit, als er den geltend gemachten Leistungsanspruch der Klägerin betrifft, denn sie allein hat Klage erhoben; und das SG hat allein über die sie betreffende Leistungsentziehung im angegriffenen Urteil entschieden. Soweit der angegriffene Bescheid Regelungen auch für die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft enthält, sind diese bestandskräftig geworden und vom Senat im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen.

51

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Versagungsbescheid vom 31. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2012 abgewiesen.

52

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt es im Hinblick auf die hier allein streitgegenständliche Aufhebung des Bescheids maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung durch den Erlass des Widerspruchsbescheids am 15. Mai 2012 an. Zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt sind die angegriffenen Bescheide rechtmäßig. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzung der Leistungen nicht nachgewiesen sind und derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und dadurch die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert wird. Denn gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3). Bei der Entscheidung, ob die beantragte Leistung nach § 66 SGB I mangels Mitwirkung versagt wird, ist dem Leistungsträger Ermessen eingeräumt. Zudem dürfen nach § 66 Abs. 3 SGB I Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folgen schriftlich hingewiesen worden ist und er seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

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Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin ist ihren Mitwirkungsobliegenheiten gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I bei der Klärung der Leistungsvoraussetzungen des § 7 SGB II nicht nachgekommen, denn sie hat in Bezug auf ihre umfangreichen An- und Verkaufsaktivitäten über die Internetplattform Ebay keine ausreichenden Angaben gemacht. Insbesondere hat sie nicht im Einzelnen dargelegt, welche Einnahmen sie durch welche konkreten Transaktionen erzielt hat. Insoweit war es dem Beklagten unmöglich, ihre Hilfebedürftigkeit im Sinne § 9 Abs. 1 SGB II festzustellen.

54

Auf Grundlage der anonymen Anzeige und der nachfolgenden Ermittlungen des HZA hatte der Beklagte zu Recht erhebliche Anhaltspunkte dafür angenommen, dass die Klägerin – ggf. gemeinsam mit ihrem Ehemann – einem Gewerbe in Form des Internethandels u.a. über Ebay nachgeht. Denn es war ermittelt worden, dass sie seit dem Jahr 2001 Käufe in einem Gesamtwert von ca. 30.000 EUR und Verkäufe zu einem Gesamtwert von ca. 45.000 EUR getätigt hatte. Allein über das Benutzerkonto bei Ebay unter dem Namen "l ..." waren bis zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums mehr als 2.000 Transaktionen (also im Jahr durchschnittlich 200 Vorgänge) bewertet worden, denen erfolgreich abgeschlossene Geschäftsvorgänge zugrunde lagen. Da der Beklagte seitens der Klägerin für ihre Bedarfsgemeinschaft die Ausübung von selbständigen Tätigkeiten nicht angezeigt worden war, bestand Anlass den Sachverhalt aufzuklären und sich an die Klägerin zu wenden.

55

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass die Klägerin eine Mitwirkungsobliegenheit traf, denn konkretere Angaben zu den An- und Verkäufen über Ebay im Einzelnen konnte nur die Klägerin machen. Über das HZA hatte der Beklagte die aus der Verwaltungsakte ersichtlichen gedruckten Listen mit An- und Verkaufsvorgängen für unterschiedliche Zeiträume erhalten; aus den Listen war jedoch nicht ersichtlich, um welche Gegenstände es sich bei den einzelnen Transaktionen handelte oder zu welchem Preis sie an welche Käufer veräußert oder von welchen Verkäufern angekauft worden waren. Zudem legten die bei Ebay hinterlegte E-Mail-Adresse "z ...@ ..." sowie die Homepage "www.z ..." nahe, dass eine gewerbliche Tätigkeit vorlag, deren Erlöse als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auf den Leistungsanspruch anrechenbar sind.

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Insoweit waren die geforderten Mitwirkungshandlungen, die Gewerbesteueranmeldung, Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010 sowie ausgefüllte Formulare zu den Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorzulegen, angesichts des Kenntnisstands des Beklagten naheliegend und geeignet, sich einen Überblick über die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin zu verschaffen. Sie waren auch erforderlich für eine weitergehende Prüfung, denn dem Beklagten oblag es, festzustellen, ob es sich um eine gewerbliche Tätigkeit oder um – wie von der Klägerin behauptet – Privatverkäufe handelt. In diesem Zusammenhang teilt der Senat die Einschätzung des Beklagten, dass es – zur Prüfung des ab Januar 2012 voraussichtlich bestehenden Hilfebedarfs – nicht zu beanstanden war, dass nicht nur Angaben über die Ebay-Aktivitäten im laufenden Bewilligungszeitraum (zweite Hälfte 2011) angefordert worden sind. Die Plausibilität der Einlassung der Klägerin, es habe sich um Privatverkäufe gehandelt, lässt sich nur auf der Grundlage von über einen längeren Zeitraum vollständig offengelegten An- und Verkaufsaktivitäten zuverlässig beurteilen. Die von dem Beklagten abverlangten Angaben zu Einkünften aus dem Internethandel sind Tatsachen im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I; dazu gehört auch das Ausfüllen der in der Anlage EKS abgefragten Angaben (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, Az.: B 4 AS 42/12 R, juris RN 23).

57

Mit der Erklärung, es liege keine Gewerbesteueranmeldung und keine selbständige Tätigkeit vor, hat die Klägerin ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht genügt. Die Selbsteinschätzung der Klägerin, die ihre Aktivitäten bei Ebay nicht als gewerbliche Tätigkeit ansieht, versetzte den Beklagten nicht in die Lage, Art und Umfang der Geschäfte selbst bewerten zu können. Aufgrund der hohen Anzahl an Transaktionen lag die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit nahe. Dies ist der Klägerin bereits bei ihrer Vorsprache im April 2011 nach Erhalt der Mitwirkungsaufforderung erläutert und verdeutlicht worden. Mangels offizieller Führung eines Gewerbes ist sie gebeten worden, vollständige Listen ihrer An- und Verkäufe über Ebay zu erstellen. Anhand dieser detaillierten Angaben zu Einnahmen und Ausgaben sowie zu den gehandelten Gegenständen sollte sodann die weitere Prüfung des Beklagten erfolgen. Diese angeforderte Zusammenstellung der Aktivitäten hat die Klägerin in der Folgezeit des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens nicht vorgelegt. Auch die angeforderten Formularerklärungen zur Angabe der Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht abgegeben. In der Folge war es dem Beklagten bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht möglich, selbst den Umfang und die Rechtsnatur der Geschäfte (An- und Verkäufe) über die Internetplattform durch die Klägerin zu beurteilen. Die für das Alg-Klageverfahren von der Klägerin gefertigte Auflistung ihrer Verkäufe bei Ebay (für eigene Rechnung) ist dem Beklagten bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht vorgelegt worden; sie wurde erst im Klageverfahren an das SG übersandt. Im Übrigen war auch diese Aufstellung (allein) nicht geeignet, den Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen, weil sie nicht die vom Beklagten zu Recht geforderte vollständige Offenlegung der Transaktionen darstellte. Denn in der Aufstellung waren die Ankäufe der Klägerin sowie die nach ihrer Behauptung für Dritte getätigten Geschäfte nicht enthalten; auch war eine Zuordnung zu den von Ebay aufgelisteten Transaktionen oder zu den verschiedenen Benutzernamen nicht möglich. Die Klägerin hat zwar bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die ebenfalls vom Beklagten angeforderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre von 2005 bis 2010 vorgelegt; indes ließen sich diesen keine Informationen zu einer selbständigen Tätigkeit entnehmen, weil die Klägerin entsprechend ihrer Selbsteinschätzung in der Steuererklärung gegenüber den Finanzbehörden keine Angaben zu einem Gewerbe gemacht hat.

58

Die vom Beklagten geforderte Vorlage einer Aufstellung der getätigten Transaktionen sowie Abgabe der Formularerklärungen zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die vorangegangenen Bewilligungszeiträume war auch nicht durch § 65 SGB I begrenzt. Danach bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit

59

1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder

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2. ihre Erfüllung den Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder

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3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

62

Anspruchsvoraussetzung für SGB II-Leistungen im Sinne der §§ 9 ff. SGB II ist die Hilfebedürftigkeit des Antragsstellers. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II derjenige, der seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus dem zu berücksichtigten Einkommen oder Vermögen sichern kann. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung sind als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen in Geld- oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch. Dabei ist Einkommen alles das, was dem Leistungsempfänger im Leistungszeitraum an Geld oder Geldeswert zufließt. Es liegt daher auf der Hand, dass es im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, keine unzumutbare und unangemessene Anforderung darstellt, Auskunft über seine Einnahmen aus Warenverkäufen zu geben. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Beklagte die von der Klägerin gewünschten Informationen auf leichtere Weise hätte beschaffen können (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 19. September 2008, Az.: B 14 AS 45/07 R, juris RN 16). Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte sich der Beklagte die benötigten Informationen nicht einfacher über das HZA beschaffen, denn mit den von ihm ermittelten Transaktionslisten hätte der Beklagte allenfalls (monatliche) Roheinnahmen aus Verkaufstransaktionen über den beiden bekannten Ebay-Konten errechnen können. Er konnte weder die für Dritte getätigten Geschäfte identifizieren noch Ankaufsvorgänge den Verkäufen zuordnen. Insoweit handelt es sich um Vorgänge aus der Sphäre der Klägerin, die allein sie aufklären konnte. Da die Klägerin die ihr zu Recht abverlangten Mitwirkungshandlungen bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids nicht erbracht hat, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versagungsentscheidung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB II vor.

63

Der Beklagte hatte die Klägerin zudem bereits im Aufforderungsschreiben vom 9. Januar 2012 zutreffend auf die möglichen Folgen einer unterlassenden Mitwirkung hingewiesen und eine angemessene Frist zur Vorlage bis zum 28. Januar 2012 gesetzt. Der gemäß § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene vorherige Hinweis ist eine zwingende Voraussetzung für eine Leistungsversagung mittels Verwaltungsakt. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenkt und durch die spätere Entscheidung nach § 66 SGB I nicht überrascht wird. Der Hinweis muss anhand der dem Leistungsträger durch § 66 SGB I eingeräumten Entscheidungsmöglichkeiten unmissverständlich sein und konkret die Entscheidung bezeichnen, die im Einzelfall beabsichtigt ist, wenn der Betroffene dem Mitwirkungsverlangen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt. Diese Vorgaben hat der Beklagte erfüllt, denn er hat eine vollständige Leistungsversagung in Aussicht gestellt und erläutert, dass es im vorliegenden Fall maßgeblichen darauf ankomme, die Einkommensverhältnisse der Klägerin und der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln. Insoweit ist zu beachten, dass die Klägerin bereits aus dem Aufforderungsschreiben vom 8. April 2011 und den Erläuterungen des Beklagten bei ihrer Vorsprache am 18. April 2011 wusste, auf welche Angaben und Belege es dem Beklagten zur Bewertung der Ebay-Aktivitäten ankam. Zusätzlich hat der Beklagte im Widerspruchsverfahren gegen die Leistungsentziehung für die Zeit ab August 2011 im Schreiben vom 24. Januar 2012 – zeitnah zu der hier streitgegenständlichen Mitwirkungsaufforderung – erklärt, welche Angaben und Belege er zu welchem Zweck benötigte.

64

Nachdem die Klägerin die geforderten Angaben nicht gemacht hat, war der Beklagte zur Leistungsversagung berechtigt. Er hat das ihm bei der Entscheidung gemäß § 66 Abs. 1 SGB I eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.

65

Zweck des § 66 SGB I ist es, den Mitwirkungsobliegenheiten nach den §§ 60 ff. SGB I Durchsetzungskraft zu verleihen, wenn deren Verletzung dazu führt, dass die weitere Ermittlung des Sachverhalts unverhältnismäßig erschwert wird. Im Rahmen dieser allgemeinen Zielsetzung hat sich grundsätzlich auch die Ermessenausübung zu halten, wobei zu berücksichtigen ist, dass bereits auf der Tatbestandsebene eine Abwägung der wiederstreitenden Interessen stattfindet. Dies lässt für eine Ermessenentscheidung deshalb wenig Raum, weil Gesichtspunkte, die erst die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung schaffen, nicht (nochmals) als Abwägungsgesichtspunkt in die Ermessensentscheidung einfließen dürfen. Daher verengt sich die nach § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB I zu treffende Ermessensentscheidung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen – insbesondere bei Mitwirkungsobliegenheitsverletzungen und nicht nachgewiesenem Leistungsanspruch – grundsätzlich auf die Frage, ob die Leistungen (vollständig) versagt werden sollen, oder es ausnahmsweise geboten oder zweckmäßig ist, die Leistungsvoraussetzungen auf anderem Weg weiter zu ermitteln (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 21. Juni 2016, Az.: L 6 AS 121/13, juris RN 47).

66

Daran gemessen bestanden keine Gründe, von der grundsätzlich gebotenen Versagungsentscheidung abzusehen, denn ein anderer Weg zur Informationsbeschaffung war nicht ersichtlich. Denn wie bereits ausgeführt konnte der Beklagte sich ohne Mitwirkung der Klägerin keine sicheren und genauen Erkenntnisse über die Details des Internethandels verschaffen. Vollständige Aufstellungen der Transaktionen zu den beiden bekannten Ebay-Benutzernamen (mit den gehandelten Gegenständen und Preisen) sowie eine Differenzierung nach eigenen Geschäften und solchen für andere (Eltern, Schwiegereltern), Handel, d.h. An- und Weiterverkauf, und Veräußerung eigenen Vermögens konnte – wegen der unterlassenen gewerblichen Buchführung – nur die Klägerin erstellen.

67

Daher ist die vollständige Versagung der Leistungen – bezogen auf die hier allein zu beurteilenden Leistungsansprüche der Klägerin – nach § 66 Abs. 1 SGB I nicht ermessensfehlerhaft. Insoweit ist auch zu beachten, dass sie aufgrund des Erwerbseinkommen des Ehemanns nur noch einen relativ geringen ergänzenden Leistungsanspruch (von knapp 170 EUR monatlich) hatte, sodass für sie die Folgen der Versagung nicht so gravierend waren wie für einen Leistungsbezieher, der nicht über weiteres Einkommen verfügt und allein auf die Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angewiesen ist. Zudem führte bei ihr (wegen der Familienversicherung über den Ehemann) der Wegfall der SGB II-Leistungen nicht zum Verlust der Kranken- und Pflegeversicherung. Eine teilweise Versagung der Leistungen war daher nicht geboten. Sonstige zwingende Gründe dafür, dass die Abwägungsentscheidung zugunsten der Klägerin hätte anders gewichtet werden müssen, sind weder vorgetragen worden noch für den Senat ersichtlich. Der Beklagte hat das ihm obliegende Ermessen bei Erlass der Entscheidung fehlerfrei ausgeübt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass er mangels anderer Anhaltspunkte entscheidend darauf abgestellt hat, dass wegen der ungeklärten Einnahmen und der daraus resultierenden ungeklärten Hilfebedürftigkeit die Gefahr des rechtswidrigen Leistungsbezugs bestand. Der mit dem angegriffenen Bescheid verbundene Eingriff wird auch dadurch relativiert, dass nach Nachholung der gebetenen Mitwirkungshandlung gemäß § 67 SGB I nachträglich die ggf. tatsächlich zu beanspruchenden Leistungen erbracht werden können. Insoweit sind Versagung und Entziehung keine endgültigen Entscheidungen; der damit verbundene erhebliche Eingriff kann bei Nachholung der Mitwirkung beseitigt werden. Darauf hat das SG in dem angegriffenen Urteil zu Recht hingewiesen.

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Im Übrigen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Urteil, die Berufung war daher zurückzuweisen.

69

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

70

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.


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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

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(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

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(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

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(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

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(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittl

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(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus eine

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Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

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(1) Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung gelten

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Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen die Entziehung von Leistungen für

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bei uns veröffentlicht am 28.03.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

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(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin und Berufungsklägerin wendet sich gegen die Entziehung von Leistungen für den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2011.

2

Die 1967 geborene Klägerin bezog im Jahr 2010 als Mitglied der aus ihr, ihrem 1964 geborenen Ehemann F. und dem 1996 geborenen Sohn bestehenden Bedarfsgemeinschaft von dem Beklagten und Berufungsbeklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum Haushalt gehörte noch ein weiteres minderjähriges Kind, das keine SGB II-Leistungen erhielt. Gemeinsam bewohnt die Familie ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 124 qm. Anfänglich bezogen die Klägerin und ihr Ehemann Arbeitslosengeld. Am 1. Oktober 2010 nahm der Ehemann eine Erwerbstätigkeit als Kundendienstmonteur auf mit einem Einkommen von 1.400 EUR brutto (1.034,24 EUR netto).

3

Am 28. Juli 2010 ging bei dem Beklagten eine von der Agentur für Arbeit D. (BA) weitergeleitete anonyme Anzeige über einen "Leistungsmissbrauch" der Klägerin ein. In dem Schreiben heißt es, die Klägerin beziehe Sozialleistungen und betreibe gleichzeitig einen umfänglichen Handel über das Auktionshaus Ebay. Allein unter dem Benutzernamen "l ..." würden derzeit 284 Artikel zum Verkauf angeboten. Der Wert der Waren (Anfangsgebot) belaufe sich auf 18.000 EUR. Im letzten Jahr habe sie über 600 An- und Verkaufsvorgänge getätigt, insbesondere billige An- und teure Wiederverkäufe. Über das genannte Benutzerkonto seien etwa 2.000 Vorgänge abgewickelt worden, sodass nicht von Privatverkäufen auszugehen sei. Das sei wie Schwarzarbeit. Die Verwendung weiterer Benutzernamen durch die Klägerin wurde angedeutet. Im Oktober 2010 übermittelte der Beklagte die anonyme Anzeige an das Hauptzollamt M. (im Folgenden: HZA) mit der Bitte um Prüfung und weitere Bearbeitung.

4

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Dezember 2010 für den Bewilligungszeitraum von Januar bis Juni 2011 vorläufig Gesamtleistungen von monatlich 399,43 EUR an die Bedarfsgemeinschaft. Die Bewilligung erfolge vorläufig, da das Einkommen nach § 11 SGB II noch nicht feststehe. Der Beklagte berücksichtigte das Erwerbseinkommen des Ehemanns und das für den Sohn gezahlte Kindergeld.

5

Unter dem 23. März 2011 forderte das HZA den Beklagten auf, einen etwaigen Vermögensschaden zu beziffern und Informationen zum Leistungsbezug zu übermitteln. Es teilte zum bisherigen Ermittlungsstand mit: Seit 2001 kaufe und verkaufe die Klägerin Waren über das Auktionshaus Ebay. Aus der beigefügten Auswertung der Bestandsdaten zum Ebay-Mitgliedsnamen "l ...", der am 25. Januar 2001 vergeben worden war, ergaben sich zum Namen "L ...", Adresse und Telefonnummer der Klägerin und der E-Mailadresse "z ...@ ..." 2.115 Bewertungspunkte (= 2.115 erfolgreich abgeschlossene Transaktionen). Aus der beigefügten Transaktionsliste für das Jahr 2010 ergaben sich u.a. für den Monat

6

- September 2010: 20 Vorgänge,
- Oktober 2010: 20 Vorgänge,
- November 2010: 13 Vorgänge und
- Dezember 2010: 16 Vorgänge.

7

Daraufhin sandte der Beklagte unter dem 8. April 2011 eine an die Klägerin gerichtete "Aufforderung zur Mitwirkung für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts". Es sei bekannt geworden, dass sie während des SGB II-Leistungsbezugs An- und Verkäufe bei Ebay getätigt habe. Es würden weitere Unterlagen,

8

- die Gewerbesteueranmeldung,

9

- die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010,

10

- die Anlagen "Abschließende Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit" für die Bewilligungszeiträume von Januar 2005 bis Dezember 2010 sowie

11

- die Anlage EKS für den Zeitraum von Januar bis Juni 2011

12

benötigt, die bis zum 25. April 2011 vorzulegen seien. Weiter heißt es in dem Schreiben, dem der Gesetzestext der §§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 1, 3 und 67 Erstes Buch Sozialgesetzbucht – Allgemeiner Teil (SGB I) sowie Vordrucke der Anlagen EK und EKS nebst Ausfüllhinweisen beigefügt waren:

13

"Für den Bezug von Leistungen ist es erforderlich, dass Sie alle Tatsachen angeben, die für ihren Leistungsanspruch entscheidend sind und die notwendigen Nachweise vorlegen oder ihrer Vorlage zustimmen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Erstes Buch SozialgesetzbuchSGB I).

14

Bitte beachten Sie:

15

Haben Sie bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, können die Geldleistungen ganz entzogen werden, bis Sie die Mitwirkung nachholen (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeutet, dass Sie und die mit Ihnen in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen keine Leistungen erhalten.

16

In der Zeit, in der Sie keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, sind Sie nicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert. Damit Ihnen keine Nachteile entstehen, wenden Sie sich bitte an Ihre bisherige Krankenkasse, um sich über einen möglichen Versicherungsschutz (z.B. eine freiwillige Versicherung) zu informieren."

17

Am 18. April 2011 sprach die Klägerin bei dem Beklagten vor und erklärte, sie gehe keiner selbständigen Tätigkeit nach. Bei Ebay tätige sie An- und Verkäufe für sich, ihre Eltern und Schwiegereltern. Sie habe kein Gewerbe angemeldet. Die Einkommensteuererklärung für 2008 sei gemacht, den Steuerbescheid werde sie nachreichen. Ausweislich des Gesprächsvermerks weigerte sich die Klägerin, die Anlage EK zur selbständigen Tätigkeit auszufüllen. Sie habe hin und wieder ein Geschenk ersteigert, besitze darüber aber keine Nachweise. Es sei vereinbart worden, dass sie eine Aufstellung ihrer An- und Verkaufstransaktionen fertige, damit die Aktivitäten bei Ebay nachvollzogen werden könnten, und sie diese sowie die Belege zeitnah einreiche.

18

Am 26. April 2011 hat sich der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin im Widerspruchsverfahren beim Beklagten gemeldet, Akteneinsicht beantragt und die Abgabe einer Stellungnahme in Aussicht gestellt.

19

Mit Schreiben vom 3. Mai 2011 teilte das HZA dem Beklagten ergänzend mit, die Steuerfahndung H. habe ermittelt, dass die Klägerin unter dem Namen "v ..." ebenfalls Waren bei Ebay verkaufe. Beigefügt war eine Auflistung der Ebay-Bestandsdaten und Transaktionen. Als Benutzer war wiederum die Klägerin mit Anschrift und Telefonnummer genannt sowie die E-Mail-Adresse "l ...@ ...". Das seit März 2005 registrierte Konto sei ursprünglich unter dem Ebay-Mitgliedsnamen "a ..." geführt und im April 2007 auf den Ebay-Mitgliedsnamen "v ..." geändert worden. Das Ebay-Mitglied habe 370 Bewertungspunkte. Es waren u.a. für

20

Dezember 2010 4 Vorgänge,
Januar 2011 4 Vorgänge,
Februar 2011 1 Vorgang und
März 2011 10 Vorgänge aufgelistet.

21

Eine ebenfalls beigefügte aktualisierte Liste der Bestandsdaten des Ebay-Mitgliedskontos "l ..." weist für

22

Dezember 2010 15 Vorgänge,
Januar 2011 5 Vorgänge,
Februar 2011 4 Vorgänge und
März 2011 6 Vorgänge aus.

23

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 22. Juni 2011 Leistungen für den Bewilligungszeitraum von Juli bis Dezember 2011 in einer monatlichen Gesamthöhe von 451,17 EUR für die Bedarfsgemeinschaft.

24

Mit Schreiben vom 22. Juni 2011 forderte der Beklagte die Klägerin erneut zur Mitwirkung auf und bat um Vorlage von Belegen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), der Anlage zum Vermögen sowie um weitere Angaben zum Bruttojahreseinkommen des Ehemanns im Jahr 2010 zur Berechnung der Riesterförderung.

25

Mit Schreiben vom 30. Juni 2011, das mit "vorläufiger Einstellung der Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hier Anhörung gem. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)" betitelt war, führte der Beklagte aus, nach seinen Informationen sei der Leistungsanspruch entfallen. Die Klägerin sei mit Schreiben vom 8. April 2011 aufgefordert worden, leistungsrelevante Unterlagen einzureichen. Da dies bislang nicht erfolgt sei, könne nicht festgestellt werden, ob ein Leistungsanspruch bestehe. Die Zahlung der Leistungen sei zum 1. August 2011 vorläufig eingestellt worden. Die Klägerin habe gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) Gelegenheit, sich bis zum 17. Juli 2011 zu Umständen zu äußern, die gegen eine Aufhebung bzw. Rücknahme des Bewilligungsbescheids sprächen.

26

Am 14. Juli 2011 legte die Klägerin beim Beklagten aktuelle Belege zu den KdU und dem Einkommen des Ehemanns vor.

27

Mit Bescheid vom 14. Oktober 2011 entzog der Beklagte die SGB II-Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft ab 1. August 2011 vollständig. Zur Begründung führte er aus, die fehlenden Unterlagen und Nachweise (Steuerbescheide 2005 bis 2010, Gewerbesteueranmeldung, Anlagen mit den abschließenden Angaben zu Einkommen aus selbständiger Tätigkeit) seien trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vollständig vorgelegt worden. Die Unterlagen seien für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zwingend erforderlich. Weil die Klägerin ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen sei, habe sie die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Bei der Entscheidung habe er Ermessen ausgeübt. Er sei verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln, und dürfe im Interesse der Steuerzahler nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in rechtmäßiger Höhe Leistungen erbringen. Ermessensgesichtspunkte zugunsten der Klägerin seien weder vorgetragen worden noch erkennbar.

28

Mit anwaltlichen Schriftsatz legte die Klägerin 17. November 2011 Widerspruch gegen den Bescheid ein und behielt sich eine Begründung vor.

29

Mit an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichtetem Schreiben vom 24. Januar 2012 erneuerte der Beklagte die Mitwirkungsaufforderung im Widerspruchsverfahren gegen die Leistungsentziehung. Es würden eine Aufstellung der Ebay-Aktionen 2010/2011 bis laufend, Kontoauszüge der Zahlvorgänge bei Ebay 2010/2011 bis laufend sowie die Einkommensteuerbescheide 2010/2011 benötigt. Das HZA habe eingeschätzt, dass die von der Klägerin in den Jahren 2010/ 2011 getätigten Verkäufe über Ebay wegen der erheblichen Anzahl als gewerblich zu bewerten seien. Die angeforderten Nachweise seien erforderlich, um festzustellen ob bei Berücksichtigung der Einnahmen aus den Ebay-Geschäften noch ein Leistungsanspruch bestehe. Die Klägerin sei bereits mehrfach zur Vorlage der Belege aufgefordert worden. Es werde um Begründung des Widerspruchs gebeten. Dem Ausdruck des Bewertungsprofils vom 24. Januar 2012 sind für den Benutzernamen "l ..." 2.160 bewertete Transaktionen zu entnehmen.

30

Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und bekräftigte, es gebe keine Gewerbesteueranmeldung und daher auch keinen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Ebay-Erlöse seien privat und bereits durch ihren Prozessbevollmächtigten mitgeteilt worden. Sie legte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010 vor.

31

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Entziehung der Leistungen als unbegründet zurück. Nach den Ermittlungen des HZA hätten die Verkaufsaktivitäten bei Ebay ein gewerbliches Ausmaß. Die Einnahmen aus dieser selbständigen Tätigkeit seien nach § 11 Abs. 1 SGB II anzurechnen – unabhängig davon, ob ein Gewerbe angemeldet worden sei. Die angeforderten Belege zu den Einnahmen aus dem Internethandel über Ebay seien erforderlich, weil sich nur so das zu berücksichtigende Einkommen ermitteln lasse. Die Klägerin habe ihren Mitwirkungsobliegenheiten, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen, nicht genügt. Auf weitere Aufforderungen im Verlauf des Widerspruchsverfahrens habe sie nicht reagiert und keine Nachweise vorgelegt.

32

Dagegen hat die Klägerin am 23. März 2012 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben.

33

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin für die Zeit ab Januar 2012 versagte der Beklagte nach erneuter Mitwirkungsaufforderung mit Bescheid vom 31. Januar 2012 den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft die Leistungen ab dem 1. Dezember 2011 (gemeint war der 1. Januar 2012) vollständig. Die Klägerin habe keine hinreichenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit gemacht und sei damit ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012) hat sie auch gegen die Leistungsversagung beim SG Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 35 AS 1517/12 geführt worden ist und das nach Klageabweisung als Berufungsverfahren im Senat anhängig war (Aktenzeichen: L 4 AS 553/15).

34

Unter dem 11. April 2012 übersandte das HZA dem Beklagten weitere Ermittlungsergebnisse und unterlagen, u.a. eine CD mit weiteren Ebay-Daten und -Auswertungen. Nach einer Auskunft aus dem Gewerberegister der Stadt D. war der Ehemann der Klägerin seit Oktober 1990 im Besitz einer Reisegewerbekarte für den Verkauf von Zinnfiguren; er sei im Händlerverzeichnis für das L.-Fest 2010 aufgeführt.

35

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin bekräftigt, die Verkäufe über Ebay seien privater Natur. Sie übe keine selbständige Tätigkeit aus, über die sie Auskunft geben könne. Im Übrigen sei die Aufforderung, Nachweise vorzulegen, unverhältnismäßig. Denn der Beklagte hätte beim HZA die benötigten Informationen über die Einnahmen aus den Verkäufen abfordern können. Zudem habe sie im sozialgerichtlichen Verfahren S 11 AL 20/12 gegen die BA (Klage gegen die Rücknahme und Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg)) Angaben gemacht und eine Liste der Auktionen bei Ebay für den Zeitraum von 2005 bis 2010 vorgelegt. Das SG habe die Auffassung vertreten, dass es sich um Vermögensumschichtungen und nicht um eine gewerbliche Tätigkeit gehandelt habe. Insoweit werde auf das Sitzungsprotokoll vom 9. November 2012 Bezug genommen. Aus der beigefügten Liste der Klägerin über Ebay-Verkäufe (die nicht nach Benutzer-Namen differenziert ist) ergeben sich für das Jahr 2010:

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Januar 7 Vorgänge,
Februar 12 Vorgänge,
März 6 Vorgänge,
April 2 Vorgänge,
Mai 10 Vorgänge,
Juni 5 Vorgänge,
Juli 10 Vorgänge,
August 9 Vorgänge,
September 7 Vorgänge,
Oktober 12 Vorgänge,
November 8 Vorgänge und
Dezember 5 Vorgänge.

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Im Verlauf des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Klägerin Kontoauszüge für ihr Girokonto im Zeitraum von 2011 bis 2013 vorgelegt. Vom Beklagten für notwendig erachtete Auszüge des PayPal-Kontos der Klägerin und ihres Ehemanns sind für die Klägerin für Zeiträume vom 12. März 2012 bis 21. Juni 2012 und vom 22. Oktober 2012 bis 11. März 2013 vorgelegt worden.

38

Mit Urteil vom 19. Juni 2015 hat das SG die Klagen als unbegründet abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die allein von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage sei unbegründet. Der Entziehungsbescheid und der Widerspruchsbescheid seien rechtmäßig. In dem für die rechtliche Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids habe der Beklagte erhebliche Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Klägerin allein oder gemeinsam mit ihrem Ehemann einer selbständigen Tätigkeit nachgehe. Über ein Ebay-Konto seien seit 2001 Käufe im Wert von ca. 30.000 EUR und Verkäufe von ca. 45.000 EUR durch die Klägerin über die E-Mail-Adresse "z ...@ ..." abgewickelt worden. Auch ihr Ehemann vertreibe nach seinem Internetauftritt (http://www.z ...) Zinnfiguren, die er teilweise selbst herstelle. Dem Beklagten sei zuvor nicht bekannt gewesen, dass Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit vorliegen könnten. Er sei daher gehalten gewesen, den Sachverhalt weiter aufzuklären und sich insoweit an die Klägerin zu wenden. Die Klägerin sei auch zur Mitwirkung verpflichtet gewesen, denn die Angaben zu Einnahmen und Ausgaben bei den Ebay-Transaktionen hätten bei Gewinnen Einfluss auf die Leistungshöhe, denn jedes Einkommen sei auf den Leistungsanspruch anzurechnen. Die angeforderten Angaben zur Gewerbesteueranmeldung, die Steuerbescheide und die Auflistung der Einnahmen und Ausgaben aus den Ebay-Auktionen seien für eine weitergehende Prüfung erforderlich gewesen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass Unterlagen für Zeiten der Vergangenheit angefordert seien, denn die Plausibilität der Angaben der Klägerin könne man nur beurteilen, wenn man die Verhältnisse auch für Zeiten vor dem streitbefangenen Zeitraum kenne. Gründe für eine Unzumutbarkeit der verlangten Mitwirkungshandlungen seien nicht ersichtlich. Dem Beklagten sei es auch nicht möglich gewesen, sich die erforderlichen Kenntnisse durch einen geringeren Aufwand anderweitig zu beschaffen. Aus dem Ergebnis der Ermittlungen des HZA habe der Beklagte ohne die Mitwirkung nicht eindeutig auf eine selbständige Tätigkeit und deren Umfang schließen können. Private Auktionen und solche gewerblicher Art könnten nicht ohne weiteres unterschieden werden. Allein die Selbsteinschätzung der Klägerin, sie übe keine selbständige Tätigkeit aus, genüge den Mitwirkungsobliegenheiten nicht. Vielmehr sei sie verpflichtet gewesen, durch vollständige Offenlegung der Einnahmen und Ausgaben dem Beklagten eine detaillierte Prüfung zu ermöglichen. Soweit im sozialgerichtliche Verfahren einige – aber nicht die vollständigen – Unterlagen nachgereicht worden seien, sei dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehungsentscheidung nicht relevant. Sie seien ggf. bei einer Entscheidung des Beklagten nach § 67 SGB I zu berücksichtigen. Der Beklagte habe die Klägerin auf die möglichen Folgen einer unterlassenen Mitwirkung im Aufforderungsschreiben hingewiesen und eine angemessene Frist zu Vorlage der Unterlagen gesetzt. Er habe unmissverständlich und konkret die im Einzelfall beabsichtigte vollständige Leistungsentziehung bezeichnet, da es auf die Einkommensverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft angekommen sei. Er habe bei der Entscheidung Ermessen ausgeübt. Fehler seien nicht ersichtlich; insbesondere sei die vollständige Entziehung der Leistungen gegenüber der Klägerin nicht ermessensfehlerhaft. Denn mangels Mitwirkung habe der Beklagte die Höhe eines bestehenden Leistungsanspruchs nicht einschätzen können.

39

Gegen das ihr am 15. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. August 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie erneut vorgetragen, die geforderten Nachweise zu den Einnahmen aus den Verkäufen bei Ebay seien nicht erforderlich gewesen, weil der Beklagte vom HZA weitere Informationen über den Umfang der Verkäufe hätte abfragen können. Im Übrigen habe sie mehrfach erklärt, dass sie keine selbständige Tätigkeit ausübe und die Verkäufe bei Ebay privater Natur seien. Dies entspreche der Bewertung des SG im Verfahren S 11 AL 20/12. Die von ihr für das Alg-Klageverfahren erstellte Liste enthalte allein die auf eigene Rechnung erfolgreich abgeschlossenen Verkäufe. Verkäufe, die sie für Dritte getätigt habe, seien nicht erfasst. Deshalb stimme ihre Liste nicht mit den Transaktionslisten von Ebay überein. Zudem sei zu berücksichtigten, dass für Verkäufe bei Ebay Gebühren anfielen und die erzielten Verkaufspreise auch Portokosten enthielten.

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Die Klägerin beantragt,

41

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. Juni 2015 und den Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012 aufzuheben.

42

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

44

Er hat ausgeführt, die Mitwirkung der Klägerin sei zwingend erforderlich gewesen. Es hätten zwar Anhaltpunkte über den Umfang ihrer Aktivitäten auf dem Ebay-Portal vorgelegen, jedoch hätten die einzelnen Transaktionen ohne Mitwirkung der Klägerin nicht eindeutig als gewerblich oder privat bewertet werden können. Nach den Ermittlungsergebnissen seien die Ebay-Transaktionen aufgrund ihrer Anzahl nicht mehr als "privater Rahmen" einzustufen gewesen. Die Klägerin habe keine Nachweise zu den Internetaktivitäten und zu den daraus erzielten Einnahmen vorgelegt. Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II sei daher nicht feststellbar gewesen. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass es in dem Alg-Klageverfahren beim SG maßgeblich um die Verfügbarkeit der Klägerin gegangen sei, also darum, ob sie mit den Ebay-Transaktionen mehr als 15 Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen sei. Auch sei dort die Beweislast anders verteilt gewesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

47

Sie ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Berufung ist auch zulassungsfrei statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR überschreitet (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der angegriffene Entziehungsbescheid betrifft eine Leistungsgewährung an die Klägerin in Höhe von monatlich 169,88 EUR für die Dauer von noch fünf Monaten bis zum Ende des Bewilligungszeitraums. Mithin geht es für sie um einen Betrag von 849,40 EUR.

48

Streitgegenständlich ist – wie bereits das SG im angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat – eine isolierte Anfechtung des Entziehungsbescheids vom 14. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012. Denn bei einem Erfolg der Anfechtungsklage und der Beseitigung des angegriffenen Entziehungsbescheids lebt die ursprüngliche Leistungsbewilligung mit dem Bescheid vom 22. Juni 2011 für den streitigen Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2011 wieder auf. Soweit bedarf es keines zusätzlichen Leistungs- oder Verpflichtungsantrags (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19. September 2008, Az.: B 14 AS 45/07 R, juris RN 12; Urteil vom 8. Juli 2009, Az.: B 4 AS 78/08 R, juris RN 18; Beschluss vom 25. Februar 2013, Az.: B 14 AS 133/12 B, juris RN 5).

49

Zur Überprüfung im Berufungsverfahren steht der angegriffene Entziehungsbescheid nur insoweit, als er eine den Leistungsanspruch der Klägerin betreffende Regelung trifft, denn sie allein hat Klage erhoben; und das SG hat allein über die sie betreffende Leistungsentziehung im angegriffenen Urteil entschieden. Soweit der angegriffene Bescheid Regelungen auch für die Leistungsansprüche der weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft enthält, sind diese bestandskräftig geworden und vom Senat im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen.

50

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 14. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2012 abgewiesen.

51

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt es im Hinblick auf die hier (allein) begehrte Aufhebung des Entziehungs- und Widerspruchsbescheids maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung durch den Erlass des Widerspruchsbescheids am 22. Februar 2012 an.

52

Zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt sind die angegriffenen Bescheide rechtmäßig. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzung der Leistungen nicht nachgewiesen sind und derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und dadurch die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert wird. Denn gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3). Bei der Entscheidung, ob die Leistung nach § 66 SGB I mangels Mitwirkung entzogen wird, ist dem Leistungsträger Ermessen eingeräumt. Zudem dürfen nach § 66 Abs. 3 SGB I Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folgen schriftlich hingewiesen worden ist und er seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

53

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin ist ihren Mitwirkungsobliegenheiten gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I bei der Klärung der Leistungsvoraussetzungen des § 7 SGB II nicht nachgekommen, denn sie hat in Bezug auf ihre umfangreichen An- und Verkaufsaktivitäten über die Internetplattform Ebay keine ausreichenden Angaben gemacht. Insbesondere hat sie nicht im Einzelnen dargelegt, welche Einnahmen sie durch welche konkreten Transaktionen erzielt hat. Insoweit war es dem Beklagten unmöglich, ihre Hilfebedürftigkeit im Sinne § 9 Abs. 1 SGB II festzustellen.

54

Auf Grundlage der anonymen Anzeige und der nachfolgenden Ermittlungen des HZA hatte der Beklagte zu Recht erhebliche Anhaltspunkte dafür angenommen, dass die Klägerin – ggf. gemeinsam mit ihrem Ehemann – einem Gewerbe in Form des Internethandels u.a. über Ebay nachgeht. Denn es war ermittelt worden, dass sie seit dem Jahr 2001 Käufe in einem Gesamtwert von ca. 30.000 EUR und Verkäufe zu einem Gesamtwert von ca. 45.000 EUR getätigt hatte. Allein über das Benutzerkonto bei Ebay unter dem Namen "l ..." waren bis zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums mehr als 2.000 Transaktionen (also im Jahr durchschnittlich 200 Vorgänge) bewertet worden, denen erfolgreich abgeschlossene Geschäftsvorgänge zugrunde lagen. Da der Beklagte seitens der Klägerin für ihre Bedarfsgemeinschaft die Ausübung von selbständigen Tätigkeiten nicht angezeigt worden war, bestand Anlass den Sachverhalt aufzuklären und sich an die Klägerin zu wenden.

55

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass die Klägerin eine Mitwirkungsobliegenheit traf, denn konkretere Angaben zu den An- und Verkäufen über Ebay im Einzelnen konnte nur die Klägerin machen. Über das HZA hatte der Beklagte die aus der Verwaltungsakte ersichtlichen gedruckten Listen mit An- und Verkaufsvorgängen für unterschiedliche Zeiträume erhalten; aus den Listen war jedoch nicht ersichtlich, um welche Gegenstände es sich bei den einzelnen Transaktionen handelte oder zu welchem Preis sie an welche Käufer veräußert oder von welchen Verkäufern angekauft worden waren. Zudem legten die bei Ebay hinterlegte E-Mail-Adresse "z ...@ ..." sowie die Homepage "www.z ..." nahe, dass eine gewerbliche Tätigkeit vorlag, deren Erlöse als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auf den Leistungsanspruch anrechenbar sind.

56

Insoweit waren die geforderten Mitwirkungshandlungen, die Gewerbesteueranmeldung, Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2010 sowie ausgefüllte Formulare zu den Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorzulegen, angesichts des Kenntnisstands des Beklagten naheliegend und geeignet, sich einen Überblick über die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin zu verschaffen. Sie waren auch erforderlich für eine weitergehende Prüfung, denn dem Beklagten oblag es, festzustellen, ob es sich um eine gewerbliche Tätigkeit oder um – wie von der Klägerin behauptet – Privatverkäufe handelt. In diesem Zusammenhang teilt der Senat die Einschätzung des Beklagten, dass es nicht zu beanstanden war, dass nicht nur Angaben über die Ebay-Aktivitäten im laufenden Bewilligungszeitraum (zweite Hälfte 2011) angefordert worden sind. Die Plausibilität der Einlassung der Klägerin, es habe sich um Privatverkäufe gehandelt, lässt sich nur auf Grundlage von über einen längeren Zeitraum vollständig offengelegten An- und Verkaufsaktivitäten zuverlässig beurteilen.

57

Mit der Erklärung, es liege keine Gewerbesteueranmeldung und keine selbständige Tätigkeit vor, hat die Klägerin ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht genügt. Die Selbsteinschätzung der Klägerin, die ihre Aktivitäten bei Ebay nicht als gewerbliche Tätigkeit ansieht, versetzte den Beklagten nicht in die Lage, Art und Umfang der Geschäfte selbst bewerten zu können. Aufgrund der hohen Anzahl an Transaktionen lag die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit nahe. Dies ist der Klägerin bereits bei ihrer Vorsprache im April 2011 nach Erhalt der Mitwirkungsaufforderung erläutert und verdeutlicht worden. Mangels offizieller Führung eines Gewerbes ist sie gebeten worden, vollständige Listen ihrer An- und Verkäufe über Ebay zu erstellen. Anhand dieser detaillierten Angaben zu Einnahmen und Ausgaben sowie zu den gehandelten Gegenständen sollte sodann die weitere Prüfung des Beklagten erfolgen. Diese angeforderte Zusammenstellung der Aktivitäten hat die Klägerin in der Folgezeit des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens nicht vorgelegt. Auch die angeforderten Formularerklärungen zur Angabe der Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit hat sie nicht abgegeben. In der Folge war es dem Beklagten bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht möglich, selbst den Umfang und die Rechtsnatur der Geschäfte (An- und Verkäufe) über die Internetplattform durch die Klägerin zu beurteilen. Die für das Alg-Klageverfahren von der Klägerin gefertigte Auflistung ihrer Verkäufe bei Ebay (für eigene Rechnung) ist dem Beklagten bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht vorgelegt worden; sie ist erst im Klageverfahren an das SG übersandt worden. Im Übrigen ist auch diese Aufstellung (allein) nicht geeignet, den Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen, weil sie nicht die vom Beklagten zu Recht geforderte vollständige Offenlegung der Transaktionen darstellt. Denn in der Liste sind die Ankäufe der Klägerin sowie die nach ihrer Behauptung für Dritte getätigten Geschäfte nicht aufgeführt; auch eine Zuordnung zu den von Ebay aufgelisteten Transaktionen oder zu den verschiedenen Benutzernamen ist damit nicht möglich. Die Klägerin hat zwar bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids die ebenfalls vom Beklagten angeforderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre von 2005 bis 2010 vorgelegt; indes lassen sich diesen keine Informationen zu einer selbständigen Tätigkeit entnehmen, weil die Klägerin entsprechend ihrer Selbsteinschätzung in der Steuererklärung gegenüber den Finanzbehörden keine Angaben zu einer gewerblichen Tätigkeit gemacht hat.

58

Die vom Beklagten geforderte Vorlage einer Aufstellung der getätigten Transaktionen sowie Abgabe der Formularerklärungen zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die vorangegangenen Bewilligungszeiträume war auch nicht durch § 65 SGB I begrenzt. Danach bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit

59

1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder

60

2. ihre Erfüllung den Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder

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3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

62

Anspruchsvoraussetzung für SGB II-Leistungen im Sinne der §§ 9 ff. SGB II ist die Hilfebedürftigkeit des Antragsstellers. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II derjenige, der seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus dem zu berücksichtigten Einkommen oder Vermögen sichern kann. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung sind als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen in Geld- oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch. Dabei ist Einkommen alles das, was dem Leistungsempfänger im Leistungszeitraum an Geld oder Geldeswert zufließt. Es liegt daher auf der Hand, dass es im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit des Leistungsempfängers als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, keine unzumutbare und unangemessene Anforderung darstellt, Auskunft über seine Einnahmen aus Warenverkäufen zu geben. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Beklagte die von der Klägerin gewünschten Informationen auf leichtere Weise hätte beschaffen können (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 19. September 2008, Az.: B 14 AS 45/07 R, juris RN 16). Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte sich der Beklagte die benötigten Informationen nicht einfacher über das HZA beschaffen, denn mit den von ihm ermittelten Transaktionslisten hätte der Beklagte allenfalls (monatliche) Roheinnahmen aus Verkaufstransaktionen über die beiden bekannten Ebay-Konten errechnen können. Er konnte weder die für Dritte getätigten Geschäfte identifizieren noch Ankaufsvorgänge den Verkäufen zuordnen. Insoweit handelt es sich um Vorgänge aus der Sphäre der Klägerin, die allein sie aufklären konnte. Die von dem Beklagten abverlangten Angaben zu Einkünften aus dem Internethandel sind Tatsachen im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I; dazu gehört auch das Ausfüllen der in der Anlage EKS abgefragten Angaben (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, Az.: B 4 AS 42/12 R, juris RN 23).

63

Da die Klägerin die ihr zu Recht abverlangten Mitwirkungshandlungen bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids nicht erbracht hat, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entziehungsentscheidung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB II vor.

64

Der Beklagte hatte die Klägerin zudem bereits im Aufforderungsschreiben vom 8. April 2011 zutreffend auf die möglichen Folgen einer unterlassenden Mitwirkung hingewiesen und eine angemessene Frist zur Vorlage bis zum 25. April 2011 gesetzt. Der gemäß § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene vorherige Hinweis ist eine zwingende Voraussetzung für eine Leistungsentziehung mittels Verwaltungsakt. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Entziehung seine Haltung überdenkt und durch die spätere Entscheidung nach § 66 SGB I nicht überrascht wird. Der Hinweis muss anhand der dem Leistungsträger durch § 66 SGB I eingeräumten Entscheidungsmöglichkeiten unmissverständlich sein und konkret die Entscheidung bezeichnen, die im Einzelfall beabsichtigt ist, wenn der Betroffene dem Mitwirkungsverlangen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt. Diese Vorgaben hat der Beklagte erfüllt, denn er hat eine vollständige Leistungsentziehung in Aussicht gestellt und erläutert, dass es im vorliegenden Fall maßgeblich darauf ankomme, die Einkommensverhältnisse der Klägerin und der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln. Zudem hat der Beklagte im Widerspruchsverfahren im Schreiben an den Prozessbevollmächtigten vom 24. Januar 2012 nochmals erklärt, welche Angaben und Belege er benötigt.

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Nachdem die Klägerin die geforderten Angaben weder im Verwaltungs- noch im Widerspruchsverfahren gemacht hat, war der Beklagte zur Leistungsentziehung berechtigt. Er hat das ihm bei der Entscheidung gemäß § 66 Abs. 1 SGB I eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.

66

Zweck des § 66 SGB I ist es, den Mitwirkungsobliegenheiten nach den §§ 60 ff. SGB I Durchsetzungskraft zu verleihen, wenn deren Verletzung dazu führt, dass die weitere Ermittlung des Sachverhalts unverhältnismäßig erschwert wird. Im Rahmen dieser allgemeinen Zielsetzung hat sich grundsätzlich auch die Ermessenausübung zu halten, wobei zu berücksichtigen ist, dass bereits auf der Tatbestandsebene eine Abwägung der wiederstreitenden Interessen stattfindet. Dies lässt für eine Ermessenentscheidung deshalb wenig Raum, weil Gesichtspunkte, die erst die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung schaffen, nicht (nochmals) als Abwägungsgesichtspunkt in die Ermessensentscheidung einfließen dürfen. Daher verengt sich die nach § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB I zu treffende Ermessensentscheidung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen – insbesondere bei Mitwirkungsobliegenheitsverletzungen und nicht nachgewiesenem Leistungsanspruch – grundsätzlich auf die Frage, ob die Leistungen (vollständig) entzogen werden sollen, oder es ausnahmsweise geboten oder zweckmäßig ist, die Leistungsvoraussetzungen auf anderem Weg weiter zu ermitteln (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 21. Juni 2016, Az.: L 6 AS 121/13, juris RN 47).

67

Daran gemessen bestanden im vorliegenden Fall keine Gründe, von der grundsätzlich gebotenen Entziehungsentscheidung abzusehen, denn ein anderer Weg zur Informationsbeschaffung war nicht ersichtlich. Denn wie bereits ausgeführt konnte der Beklagte sich ohne Mitwirkung der Klägerin keine sicheren und genauen Erkenntnisse über die Details des Internethandels verschaffen. Vollständige Aufstellungen der Transaktionen zu den beiden bekannten Ebay-Benutzernamen (mit den gehandelten Gegenständen und Preisen) sowie eine Differenzierung nach eigenen Geschäften und solchen für andere (Eltern, Schwiegereltern), Handel, d.h. An- und Weiterverkauf, und Veräußerung eigenen Vermögens konnte – wegen der unterlassenen gewerblichen Buchführung – nur die Klägerin erstellen.

68

Daher ist die vollständige Entziehung der Leistungen – bezogen auf die hier allein streitgegenständliche Leistungsgewährung an die Klägerin – nach § 66 Abs. 1 SGB I nicht ermessensfehlerhaft. Insoweit ist auch zu beachten, dass die Klägerin aufgrund des Erwerbseinkommens des Ehemanns nur noch einen relativ geringen ergänzenden Leistungsanspruch (von knapp 170 EUR monatlich) hatte, sodass für sie die Folgen der Entziehung dieser Leistungen nicht so gravierend waren wie für einen Leistungsbezieher, der nicht über weiteres Einkommen verfügt und allein auf die Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angewiesen ist. Zudem führte bei ihr (wegen der Familienversicherung über den Ehemann) der Wegfall der SGB II-Leistungen nicht zum Verlust der Kranken- und Pflegeversicherung. Eine teilweise Entziehung der Leistungen war daher nicht geboten. Sonstige zwingende Gründe dafür, dass die Abwägungsentscheidung zugunsten der Klägerin hätte anders gewichtet werden müssen, sind weder vorgetragen worden noch für den Senat ersichtlich. Der Beklagte hat das ihm obliegende Ermessen bei Erlass der Entscheidung fehlerfrei ausgeübt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass er mangels anderer Anhaltspunkte entscheidend darauf abgestellt hat, dass wegen der ungeklärten Einnahmen und der daraus resultierenden ungeklärten Hilfebedürftigkeit die Gefahr des rechtswidrigen Leistungsbezugs bestand. Der mit dem angegriffenen Bescheid verbundene Eingriff wird auch dadurch relativiert, dass nach Nachholung der gebotenen Mitwirkungshandlung gemäß § 67 SGB I nachträglich die ggf. tatsächlich zu beanspruchenden Leistungen erbracht werden können. Insoweit sind Versagung und Entziehung keine endgültigen Entscheidungen; der damit verbundene erhebliche Eingriff kann bei Nachholung der Mitwirkung beseitigt werden. Darauf hat das SG in dem angegriffenen Urteil zu Recht hingewiesen.

69

Im Übrigen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Urteil, die Berufung war daher zurückzuweisen.

70

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

71

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.


(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang der Kläger zu Angaben über seine voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit verpflichtet ist.

2

Der Kläger bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist seit Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbstständig. Bei der Antragstellung für den Leistungszeitraum ab Februar 2009 wurde ihm aufgegeben, die "Anlage EKS" (Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Landwirtschaft im Bewilligungszeitraum) auszufüllen. In dem genannten Vordruck sind von den Antragstellern jeweils monatliche aufzuschlüsselnde Auskünfte mit zahlreichen Unterangaben zu den voraussichtlichen Betriebseinnahmen, Angaben zu den Betriebsausgaben und Angaben zu den Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben sind sowie zu Absetzungsmöglichkeiten abzugeben und entsprechende Nachweise zu erbringen.

3

Der Kläger hat am 30.4.2009 Klage erhoben und neben einem zunächst verfolgten Leistungsbegehren ua die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet sei, voraussichtliche Einkommens- und Ausgabenschätzungen laut "EKS" für den Zeitraum eines halben Jahres im Voraus vorzunehmen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, bei künftigen Leistungsbewilligungen hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens sicherzustellen, dass ihm aus bewilligter Regelleistung und Einkommen monatlich mindestens ein Betrag in Höhe der tatsächlichen Regelleistung zur Verfügung bleibe. Hilfsweise hat der Kläger geltend gemacht, ihm Auskunft darüber zu erteilen, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden Einkommen und Ausgaben (sinnvoll) prognostiziert werden könnten.

4

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9.9.2010 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Hauptanträge seien mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger ohne Weiteres etwaige ihn belastende Entscheidungen des Beklagten abwarten und hiergegen vorgehen könne. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, weil der insoweit als Verpflichtungsklage auf Auskunftserteilung zu verstehenden Klage kein Verwaltungs- und auch kein Vorverfahren vorausgegangen sei.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 7.7.2011 zurückgewiesen. Es hat die Berufung für unbegründet gehalten, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf die begehrten Feststellungen noch auf Verpflichtung zur Auskunftserteilung zustehe. Bei der Einkommens- und Ausgabenschätzung nach "EKS" handele es sich um eine dem Hilfebedürftigen zumutbare Mitwirkungshandlung. Hinsichtlich des Einkommens aus selbstständiger Arbeit sei eine Einkommensprognose für den Bewilligungszeitraum erforderlich. Diese obliege zunächst dem Leistungsberechtigten im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. § 65 SGB I stehe dem nicht entgegen, weil die Angaben auf der Grundlage eines Mindestmaßes an betrieblicher Planung gemacht werden könnten. Soweit der Kläger begehre, dass der Beklagte sicherzustellen habe, dass bewilligte Regelleistungen und Einkommen monatlich mindestens einen Betrag in Höhe der Regelleistung ergäben, stehe ihm ein Feststellungsinteresse nicht zur Seite. Zwar könne die von der Alg II-V vorgegebene Vorgehensweise dazu führen, dass aufgrund der Teilung des prognostizierten Gesamteinkommens durch die Anzahl der Monate in einzelnen einkommensschwachen Monaten die Summe aus Einkommen und bewilligter Leistung hinter der Regelleistung zurückbleibe. Soweit die Einkommensschwankungen nicht erheblich seien, sei dies hinnehmbar. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers könne es insoweit schon deshalb nicht geben, weil die Leistungen im Voraus erbracht werden sollten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft.

6

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I und weiterer Vorschriften verfassungsrechtlicher, materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Art. Es handele sich bei der Einkommensschätzung um eine Bewertung von Tatsachen, also um Werturteile. § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I könne deshalb nicht angewandt werden. Es sei auch die Erheblichkeit der Angaben zu künftigen Einnahmen zu verneinen, weil es an der Erforderlichkeit der Angaben fehle. Hinsichtlich des Hilfsantrags werde eine Verletzung der §§ 14, 15 SGB I gerügt. Zur Begründung des auf Feststellung der Sicherstellung des Existenzminimums gerichteten Begehrens macht der Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint.

7

Der Kläger beantragt,

        

1.    

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Leipzig vom 9. September 2010 und des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2011 festzustellen, dass der Revisionskläger bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet sei, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen,

                 

hilfsweise,

                 

den Revisionsbeklagten unter Aufhebung der genannten Urteile zu verurteilen, dem Revisionskläger Auskunft darüber zu geben, ihn dazu zu beraten, anhand welcher Maßstäbe und mit welchen Mitteln und Methoden er Einkommen und Ausgaben aus Anwaltstätigkeit gemäß Formular "EKS" für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus sinnvoll prognostizieren könne,

        

2.    

unter Aufhebung der genannten Urteile festzustellen, dass der Revisionsbeklagte verpflichtet sei, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Revisionskläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des sozio-kulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistungen und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, dass vom Kläger nicht mehr gefordert werde, als von jedem anderen einkommenserzielenden Leistungsempfänger auch.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

Hinsichtlich des zu 1. gestellten Antrags konnte der Kläger sein Begehren zwar zulässig im Wege der Feststellungsklage verfolgen, die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Ferner ist die mit dem Hilfsantrag verfolgte Leistungsklage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Unzulässig ist auch der Feststellungsantrag zu 2., weil es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.

12

1. a) Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) mit dem Antrag, der Revisionskläger sei bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II nicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I mitwirkungsverpflichtet, Prognosen oder Schätzungen zu seinen künftigen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten im Voraus vorzunehmen, ist zulässig. Ihr steht hinsichtlich des fraglichen Feststellungsantrags insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Aus dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren Grundsatz der Subsidiarität folgt die Nachrangigkeit der Feststellungsklage gegenüber der Leistungs- und Anfechtungsklage (BSG vom 30.10.1980 - 8a RU 96/79 - BSGE 50, 262, 263 = SozR 2200 § 28 Nr 4; BSG vom 20.5.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - SozR 3-1500 § 55 Nr 12). Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung allerdings im Einzelfall insbesondere aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit Ausnahmen zugelassen, wenn durch eine gegen eine Person des öffentlichen Rechts gerichtete Feststellungsklage ein Streit im Ganzen beseitigt werden kann. Die Verhältnisse des vorliegenden Falls rechtfertigen eine derartige Ausnahme. Zwar könnte der Kläger gegen einen wegen einer Verletzung seiner Mitwirkungsobliegenheiten nach § 66 SGB I erteilten Versagensbescheid des Beklagten im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bzw der reinen Anfechtungsklage vorgehen(vgl zur Abgrenzung der Klagearten BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 78/08 R -, BSGE 104, 26, 29 = SozR 4-1200 § 66 Nr 5), jedoch ist eine Klärung des Umfangs seiner Mitwirkungsobliegenheit auf diesem Wege mit Rücksicht darauf, dass existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, für den Kläger nicht zumutbar. Zudem ist bereits durch eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren eine Klärung für zukünftige Bewilligungszeiträume zu erwarten.

13

b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 SGB I gehalten, Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für den Bewilligungszeitraum unter Verwendung des Vordrucks "EKS" in dem durch den Vordruck vorgesehenen Umfang zu machen.

14

aa) Nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Mitwirkungsobliegenheiten des SGB I finden auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Mitwirkungsobliegenheiten Anwendung finden (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

15

Bei den dem Kläger abverlangten Angaben zu seinen Einkünften im Bewilligungszeitraum handelt es sich um Tatsachen im Sinne der Norm. Dies folgt aus dem Zweck der Regelung und ihrem systematischen Zusammenhang. Soweit demgegenüber in der Literatur die Auffassung vertreten wird, der Begriff der Tatsachen umfasse (nur) konkrete Umstände in der Vergangenheit und Gegenwart (Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 27, Stand 12/10; zutreffend dagegen Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB I/SGB IV/SGB X, 2012, § 60 SGB I Rz 19: … Vorgänge in der Vergangenheit und Zukunft …), wird dies dem dargelegten Konzept der Mitwirkungsobliegenheiten nicht gerecht. Vielmehr ist der Begriff der "Tatsachen" iS von § 60 Abs 1 S 1 SGB I bereichsspezifisch zu konkretisieren.

16

Der Zweck der in § 60 Abs 1 S 1 SGB I geregelten Obliegenheiten ist darauf gerichtet, dem Sozialleistungsträger Kenntnis von denjenigen Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für eine Entscheidung über die Bewilligung, Änderung, Entziehung oder Erstattung einer Sozialleistung bilden(Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 60 Rz 18; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, § 60 Rz 26, Stand 12/2010). Der Verpflichtung zur Angabe von entscheidungserheblichen Tatsachen kommt hierbei die Funktion zu, den Leistungsträger überhaupt erst in die Lage zu versetzen, seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen. Insoweit bildet die Erheblichkeit der Tatsachen für die Entscheidung über eine Leistungsgewährung sowohl die sachliche Rechtfertigung als auch die Begrenzung der genannten Mitwirkungsobliegenheiten. Erheblich sind Tatsachen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen einer anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Hierbei belässt die Norm die Verantwortlichkeit für die Feststellung der maßgebenden Tatsachen ungeachtet der Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsberechtigten - entgegen dem Vorbringen des Klägers - ohne jegliche Einschränkungen dem zuständigen Leistungsträger.

17

Zu den für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu klärenden Umständen gehört die Frage, ob dem Antragsteller im Bewilligungszeitraum (voraussichtlich) Einkommen zufließt, denn die Erzielung von Einkommen führt gegebenenfalls zum teilweisen oder vollständigen Wegfall der Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II). Dabei ist Einkommen nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung dazu erhält, und Vermögen, was er vor Antragstellung bereits hatte. Es ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 55 mwN). Da das BSG die Abgrenzung von Vermögen und Einkommen anhand des Zuflusses der jeweiligen Leistung vornimmt, müssen - modifiziert durch das sog Monatsprinzip - zur Berücksichtigung von Einkommen ab dem Zeitpunkt der Bewilligung zwangsläufig Umstände in die Prüfung einbezogen werden, die in der Zukunft liegen (Bayerisches LSG vom 30.7.2010 - L 7 AS 12/10 - veröffentlicht in juris). Insoweit gilt für andere Umstände - zB die Erwerbsfähigkeit des Leistungsberechtigten -, die im Bewilligungszeitraum einem Wandel unterliegen können, nichts anderes. Der Umstand, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller während des Bewilligungszeitraums voraussichtlich Einkommen zufließen wird, ist bereits zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung entscheidungserheblich. Dies gilt auch für eine vorläufige Entscheidung über die Leistungsbewilligung nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 SGB III. Denn auch bei einer vorläufigen Entscheidung müssen Leistungen - ohne vorsorglichen Abschlag - regelmäßig in derjenigen Höhe gewährt werden, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen voraussichtlich auch endgültig zu leisten sein werden (BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R -, BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34). Es handelt sich bei den Angaben zur finanziellen Situation während des Bewilligungszeitraums folglich um Tatsachen, die für die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erheblich sind.

18

Die Obliegenheit zur Angabe von Tatsachen nach Maßgabe des § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I wird systematisch durch diejenige in § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I ergänzt, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Obliegenheit dient in erster Linie dazu, die Grundlage für die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung durch den Sozialleistungsträger nach § 48 SGB X zu schaffen. Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist die Befugnis zur Aufhebung von Dauerverwaltungsakten ua bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eröffnet. Bei der Anwendung dieser Norm umfasst die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts (Merten in Hauck/Noftz, SGB X, § 48 RdNr 18, Stand 12/12). In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung des BSG zwar anerkannt, dass - soweit objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht - die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung der Leistungen zu verneinen sind (BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16). Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass es sich bei den Angaben zu den voraussichtlichen Einnahmen nicht um die Mitteilung von Tatsachen handele. Folgerichtig bleibt Maßstab der Überprüfung von Aufhebungsentscheidungen bei einer endgültigen Leistungsbewilligung § 45 oder § 48 SGB X(BSG vom 21.6.2011, aaO). Unterlässt der zur Mitwirkung Verpflichtete schuldhaft eine entsprechende Mitteilung nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I, so berechtigt dies den Leistungsträger zur rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X.

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Im Übrigen ergibt sich keine andere Beurteilung daraus, dass die Höhe der Einkünfte selbstständig Tätiger vielfach in größerem Umfang mit Unsicherheiten behaftet sind, als dies zB für Einnahmen aus Kapitalvermögen oder Einkünften aus abhängiger Beschäftigung angenommen werden kann. Insoweit ändert das Ausmaß der Unsicherheit nichts daran, dass der Antragsteller am ehesten zu verlässlichen Angaben über seine voraussichtlichen finanziellen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum in der Lage sein wird und eine Verwaltungsentscheidung ohne seine Mitwirkung praktisch nicht vollziehbar ist.

20

bb) Schließlich stehen der hier in Frage stehenden Mitwirkungsobliegenheit nicht die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung entgegen. Insbesondere liegt keine Verletzung der in § 65 Abs 1 Nr 1 SGB I für die Mitwirkungsobliegenheiten niedergelegten spezifischen Maßgaben des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor. Hiernach bestehen die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht. Es handelt sich insoweit um eine Konkretisierung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Im Rahmen dieser Regelung sind die Grenzen der Mitwirkung im Sinne einer Zweck-Mittel-Relation durch eine Abwägung von Art und Umfang der Sozialleistung einerseits und des für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht erforderlichen Aufwands des Mitwirkungsverpflichteten andererseits zu konkretisieren (Joussen in KSW, 2. Aufl 2011, § 54 Rz 4; Kampe in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 60 Rz 14). In vergleichbarem Zusammenhang hat bereits der 14. Senat des BSG bei der Frage der Zumutbarkeit einer Mitwirkung des Leistungsberechtigten durch Vorlage von Kontoauszügen auf die Besonderheiten der SGB II-Leistungen hingewiesen, da es sich um Anforderungen im Rahmen eines steuerfinanzierten Fürsorgesystems handelt, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - BSGE 101, 260 = SozR 4-1200 § 60 Nr 2, RdNr 13).

21

Ferner hält sich die hier in Frage stehende Mitwirkungshandlung innerhalb der durch die einschlägigen Regelungen gezogenen Grenzen. Die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit erfolgt nach Maßgabe des § 3 Alg II-V(idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 19.12.2011, BGBl I 2833). Hiernach sind Ausgangspunkt für die Berechnung die tatsächlich zufließenden Betriebseinnahmen, die nach Maßgabe des § 3 Abs 2 Alg II-V und des § 11b SGB II in Abkehr der bis 31.12.2007 geltenden steuerrechtlichen Betrachtung zu bereinigen sind (zur Berechnung s Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 13 Rz 190 ff, Stand XI/12). Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Ausgaben sieht § 3 Abs 3 Alg II-V die Abzugsfähigkeit begrenzende zusätzliche Prüfungen vor. Die von selbstständig Tätigen in der Anlage EKS zu tätigenden Angaben entsprechen diesem komplexen normativen Prüfprogramm. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass angesichts des Ziels der ab 1.1.2008 für selbstständig Tätige geltenden Regelungen, höhere Einsparungen bei den passiven Leistungen zu erzielen, der hieraus erwachsende Aufwand diesen Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ergänzend durch eine steuerfinanzierte Sozialleistung sicherstellen will, unverhältnismäßig belasten würde.

22

2. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Geltendmachung eines Beratungs- bzw Auskunftsanspruches nach § 14 SGB I(vgl zur Geltendmachung des Beratungsanspruchs Knecht in Hauck/Noftz, SGB I, § 14 RdNr 19, Stand 6/10; Mönch-Kalina, jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 40), den der Kläger hinsichtlich der Art und Weise der Ausfüllung der Anlage EKS gegen den Beklagten geltend macht, im Falle der Ablehnung einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (so zur Auskunft nach § 15 SGB I: BSG vom 12.11.1980 - 1 RA 45/79 - SozR 1200 § 14 Nr 9; zur Auskunft nach § 83 SGB X BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 27), sodass nicht die reine Leistungsklage, sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart wäre.

23

Unabhängig von der hier einschlägigen Klageart ist für die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene Klage, die auf Auskunft hinsichtlich der Ausfüllung der dem Kläger in der Anlage EKS abverlangten Angaben gerichtet ist, jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzverhältnis fehlt es, weil der Kläger vor der Klageerhebung nicht mit einem auf eine konkrete Fragestellung abzielenden Auskunftsbegehren an den Beklagten herangetreten ist. Eine derartige Konkretisierung ist im Übrigen auch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgt. Eine vorherige Befassung des Beklagten mit einem konkreten Begehren ist auch nicht entbehrlich, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte dem Kläger keine Hinweise zur Überwindung von konkreten Schwierigkeiten bei der Ausfüllung des Vordrucks geben würde.

24

3. Das im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Begehren, der Revisionsbeklagte sei verpflichtet, bei der Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Ausgaben im Rahmen vorläufiger Leistungsentscheidungen nach dem SGB II sicherzustellen, dass dem Kläger aus vorläufig zuerkannten Leistungen und berücksichtigtem Einkommen Mittel in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums, mithin Regelleistung und Kosten der Unterkunft, in jedem Monat des Entscheidungszeitraums zur tatsächlichen Verfügung bleibe, ist unzulässig. Hinsichtlich dieses Begehrens ist der Kläger auf die vorrangige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu verweisen.

25

Insoweit obliegt es zunächst wiederum dem Kläger, Änderungen gegenüber der bei Antragstellung getätigten Angaben gemäß § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB I unverzüglich mitzuteilen. In der Folge steht ihm, soweit eine zeitnahe Umsetzung durch den Beklagten nicht erfolgt, die Möglichkeit offen, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (zur reduzierten Ermessensbetätigung hinsichtlich der Höhe einer vorläufigen Leistung bei selbstständig Tätigen mit Rücksicht auf ihren existenzsichernden Charakter s BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 34).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag

1.
der Anspruch entstanden ist,
2.
die Leistung zuerkannt worden ist oder
3.
die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist.

(2) Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum zuerkannt worden, richtet sich eine Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung geltenden Vorschriften.

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.