Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 29. Mai 2017 - L 3 R 507/16

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2017:0529.L3R507.16.00
bei uns veröffentlicht am29.05.2017

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).

2

Die am ... 1974 geborene Klägerin absolvierte nach ihrer Schulausbildung von Oktober 1990 bis Februar 1993 erfolgreich eine Berufsausbildung zur Verkäuferin im Einzelhandel und war als Sachbearbeiterin, Kauffrau, im Warenverkauf und zuletzt als Außendienstmitarbeiter (Kundenberaterin im Großhandel) versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde erst im Jahr 2013 gelöst. Die Klägerin bezog auf Grund ihrer seit dem 6. August 2012 fortlaufend bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bis zum 18. März 2013.

3

Bei der Klägerin ist seit dem 25. Oktober 2012 ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt.

4

Zur Begründung ihres Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 31. Oktober 2012 gab die Klägerin an, psychisch erkrankt zu sein und sich die Arbeit als Außendienstmitarbeiterin nicht mehr zuzutrauen. Mit dem täglichen Autofahren und Kundenkontakt sei sie aktuell überfordert. Sie leide unter sozialen Ängsten, Konzentrationsmangel, Unsicherheit und Zukunftsängsten. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 25. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil die Klägerin in der Lage sei, eine Beschäftigung als Einzelhandelskauffrau ohne Außendienst weiterhin auszuüben. Unter Umständen komme die Leistungspflicht der Bundesagentur für Arbeit in Betracht.

5

Im Rahmen ihrer am 19. September 2013 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg S 12 R 722/13 hat die Klägerin sich insbesondere auf die für die Agentur für Arbeit B. erstellte gutachterliche Äußerung der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. B. vom 2. April 2013 gestützt, in der sie - die Klägerin - im Ergebnis als vollschichtig einsatzfähig für körperlich gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angesehen wurde. Aus sozialmedizinischer Sicht sei die Klägerin nicht mehr als Verkäuferin im Außendienst einsetzbar. Vorrangig sei die Einleitung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und des Allgemeinbefindens der Klägerin zu empfehlen. Auch in dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 15. Februar 2013 sei eine weitere Arbeitsunfähigkeit bestätigt worden und sowohl eine medizinische Rehabilitation als auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben empfohlen worden.

6

Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte eingeholt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 48 bis 59a und 61 bis 63 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen.

7

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht das Gutachten von dem Facharzt für psychotherapeutische Medizin/Psychoanalyse Dr. F. vom 14. November 2014 eingeholt, das auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 15. September 2014 erstattet worden ist. Der gerichtliche Sachverständige hat im Ergebnis der Begutachtung festgestellt, es lasse sich keine positive Aussage darüber treffen, dass ein Berufswechsel allein einen positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand der Klägerin haben würde. Erst nach einer erfolgreichen Psychotherapie könne die Klägerin so stabil sein, auch Konflikte im Berufsleben bewältigen zu können, egal in welchem Beruf. Derzeit könne die Klägerin vermutlich drei bis sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Sitzen und Stehen überwiegend in geschlossenen Räumen verrichten. Allerdings wäre eine allmähliche Heranführung entsprechend dem "Hamburger Modell" empfehlenswert. Es bestehe zum Zeitpunkt der Begutachtung eine leichtere Ermüdbarkeit, welche Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Zuverlässigkeit, Ausdauer und das Verantwortungsbewusstsein einschränken könne. Eine psychotherapeutische Exploration könne das nicht exakt feststellen, wenn es nicht grobe Ausfälle seien, die hier nicht vorlägen. Der gerichtliche Sachverständige hat in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 25. Februar 2015 an seiner Leistungseinschätzung und der Empfehlung einer arbeitspsychologischen Leistungsdiagnostik festgehalten.

8

Aus dem Verwaltungsverfahren über den Rentenantrag von Juli 2015 liegt das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. B. vom 21. September 2015 vor. Die Klägerin habe sich bei der am 11. September 2015 durchgeführten Untersuchung in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand befunden. In der sozialmedizinischen Einschätzung wird in dem Gutachten ausgeführt, die Klägerin könne unter Berücksichtigung der festgestellten Einschränkungen ihre zuletzt ausgeführte Tätigkeit als Kundenberaterin wieder vollschichtig ausführen. Sie sei in der Lage, mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit überwiegend sitzender, gehender und stehender Arbeitsposition vollschichtig zu verrichten. Einschränkungen bezüglich der Arbeitsorganisation bestünden nicht. Zu vermeiden seien langdauernde Zwangshaltungen, einseitige Körperhaltungen für die Wirbelsäule, besonders vermehrte Rumpfrotations- und Vorneigebewegungen, und langandauernde Arbeiten im oberen Greifraum unter Belastung.

9

Das Sozialgericht hat im Übrigen die Befundberichte der psychotherapeutisch tätigen Ärztin Dr. S. vom 3. November 2015 und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. W. vom 15. Dezember 2015 eingeholt. Dr. W. hat angegeben, im Behandlungsverlauf habe es deutliche Schwankungen gegeben, einmal mit wiederholten Phasen einer ausgeprägten depressiven Symptomatik, dann wiederum mit Phasen mit guter Stabilisierung und auch eine mehrmonatige hypomanische bis manische Phase, möglicherweise verstärkt durch die antidepressive Therapie. Neue Leiden seien nicht hinzugekommen. Ein beruflicher Wiedereinstieg, seines Erachtens auch mit einer Tätigkeit von sechs Stunden und mehr täglich, wäre mit einer geeigneten Berufsfindung und ggf. Umschulung möglich. Im Übrigen wird bezüglich der Einzelheiten auf Blatt 152 bis 154 und 155 bis 156 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen.

10

Dr. W. hat in einer für die Klägerin erstellten Bescheinigung vom 9. November 2016 ausgeführt, die Klägerin befinde sich seit dem 18. Juni 2013 weiterhin kontinuierlich in seiner ambulanten Behandlung. In Ergänzung zu seinem Befundbericht von 2015 müsse festgestellt werden, dass der Krankheitsverlauf hinsichtlich der depressiven Symptomatik und Angstsymptomatik eine weitere Chronifizierung zeige und eine Optimierung der medikamentösen Therapie nicht mehr möglich sei. Auch psychotherapeutisch sei die Klägerin weitgehend austherapiert.

11

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. November 2016 abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Gericht zu der Ansicht gekommen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht sinnvoll seien. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei zumindest erheblich gefährdet. Im Vordergrund stünden psychische Probleme. Aber die Klägerin begehre ausdrücklich keine Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, sondern wolle sich beruflich umorientieren. Bevor tatsächlich Umschulungsmaßnahmen im Wege von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angeboten werden könnten, müsse der Gesundheitszustand der umzuschulenden Personen stabil sein.

12

Die Klägerin hat gegen das ihr am 12. Dezember 2016 zugestellte Urteil am 21. Dezember 2016 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Das Sozialgericht gehe unzutreffend davon aus, dass ihr psychischer Zustand eine Umschulung nicht zulasse. Ein Sachverständiger würde ihr bescheinigen, dass sie die Umschulung erfolgversprechend durchführen könne. Ihr Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ergebe sich aus dem Fünften Kapitel des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX). Nach § 33 Abs. 4 SGB IX sollten bei der Auswahl von Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt werden. Soweit erforderlich, solle die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt werden. Wenn erforderlich, sollten gemäß § 33 Abs. 6 SGB IX medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen gewährt werden. Ihr seien Leistungen zur gewähren, damit sie in den Arbeitsprozess nachhaltig zurückkehren könne.

13

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

14

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewilligen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es fehle an den Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach.

18

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter erklärt.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand Entscheidungsfindung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden können (§ 153 Abs. 3 und 4, § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

21

Die Beiladung anderer Rehabilitationsträger hat das Sozialgericht zutreffend für nicht notwendig erachtet. Die Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers erstreckt sich nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX im Verhältnis des Rehabilitationsträgers zu dem behinderten Menschen auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation vorgesehen sind (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Februar 2016 - B 8 SO 18/14 R -, juris). Insoweit kann sich eine Verpflichtung des angegangenen Rehabilitationsträgers nur auf eine Neubescheidung seines Antrags erstrecken (vgl. zu dem weiterhin zu beachtenden Auswahlermessen der Behörde z.B. BSG, Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 54/10 R - juris, RdNr. 17). Nicht erforderlich ist vor diesem Hintergrund die Beiladung von Rehabilitationsträgern, die nur abstrakt, aber nicht im konkreten Verhältnis zu dem behinderten Menschen leistungspflichtig sein können.

22

Eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse scheidet hier aus. Die Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung decken im Rahmen der Teilhabe, insbesondere durch Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V), nur solche Bedarfe ab, die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betreffen; nicht erfasst werden Auswirkungen der Behinderung in einem bestimmten Lebensbereich, insbesondere dem beruflichen Bereichen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 3/02 R -, SozR 3-2500 § 33 Nr. 46, RdNr. 10 f.). Ein Anspruch der Klägerin im Rahmen der Vorschriften der Arbeitsförderung ist hier - entgegen der Andeutung in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 4. September 2013 - nicht naheliegend gewesen, da die Klägerin während des hier maßgebenden Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat und keine Ausführungen zu innerbetrieblichen Maßnahmen erkennbar sind, die bei einem größeren Unternehmen als Arbeitgeber zu erwarten gewesen wären. In Bezug auf die nach den §§ 81ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) möglichen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zur beruflichen Weiterbildung handelt es sich nicht um solche der Eingliederung behinderter Menschen, die von der Rentenversicherung in ihre Erwägungen hätten eingestellt werden müssen. Die im ersten Unterabschnitt des siebten Abschnitts des SGB III (§§ 112ff.) geregelten allgemeinen Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben stehen bereits dem Grunde nach im Ermessen der Behörde (vgl. z.B. Schubert/Schaumberg, JurisPraxiskommentar SGB III, 2014, § 112 RdNr. 77). Die Klägerin könnte u.a. aus diesem Grund mit ihrem Antrag hier nicht durchdringen. Im Rahmen des Ermessens könnte eine berufliche Weiterbildung auch gefördert werden, wenn der betreffende behinderte Mensch nicht arbeitslos ist (§ 116 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Die Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (§§ 112, 113 Abs. 1 Nr. 1, 114, 115 Nr. 3, 116 SGB III) müssen aber erforderlich sein, um den bei der Teilhabe am Berufsleben behinderten Menschen in seiner Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu fördern. Dabei muss eine Kausalität zwischen den durch die Teilhabeleistungen auszugleichenden Defiziten und den berufsbedingten Einschränkungen am Arbeitsleben bestehen. Bei einem primär behandlungs- und rehabilitationsbedürftigen behinderten Menschen kommen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nicht in Betracht, da es sich nicht um eine dauerhafte berufsbedingte Einschränkung des Zugangs zum allgemeinen Arbeitsmarkt als Voraussetzung der Leistungen nach den §§ 112ff. SGB III handelt. Soweit für die konkrete letzte Tätigkeit der Klägerin eine behinderungsbedingte Einschränkung nachgewiesen sein dürfte, bedeutet dies noch nicht, dass hier eine Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen von Ausbildung und Fähigkeiten der Klägerin wesentlich eingeschränkt wäre. Erst wenn dies positiv festgestellt wäre, käme es auf die Neigungen der Klägerin nach § 112 Abs. 2 SGB III bei der Auswahl der Leistungen an.

23

Die Berufung ist unbegründet.

24

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

25

Die von der Klägerin als Grundlage ihres Anspruchs herangezogenen Regelungen des SGB IX, insbesondere § 33 SGB IX, betreffen nicht den Anspruch der Klägerin dem Grunde nach, der (§ 7 Satz 1 SGB IX) in den §§ 9 bis 13 und 16 SGB VI geregelt ist.

26

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um (Nr. 1) die Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbstätigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (Nr. 2) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Leistungen nach Absatz 1 können nach § 9 Abs. 2 SGB VI erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

27

Die Klägerin erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegenüber dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, da sie die Wartezeit von 15 Jahren zurückgelegt hat.

28

Nicht erfüllt sind indes die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 10 Abs. 1 SGB VI. Die Regelungen in § 10 Abs. 2 und 3 SGB VI sind hier nicht einschlägig.

29

Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist. Maßstab der "Erwerbsfähigkeit" in diesem Sinne ist die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 54/10 R -, BSGE 108, 158ff. und z.B. Skipka/Winkler, JurisPraxiskommentar SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 RdNr. 31 m.w.N.). Für diese Frage kommt es damit insbesondere nicht darauf an, ob eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 240 SGB VI in Betracht kommt. Hier bestehen unstreitig wesentliche gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin ihr dem ersten Arbeitsmarkt zuzuordnendes und bei Antragstellung mehrere Jahre innegehabtes Beschäftigungsverhältnis weiter auszuüben.

30

Gleichzeitig setzt die Leistungsverpflichtung der Beklagten nach § 10 Nr. 2 SGB VI voraus, dass bei dem betreffenden Versicherten voraussichtlich (a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, (b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann oder (c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Diese Teilhabeziele nach Nr. 2 der Vorschrift sind bei der Klägerin mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erreichen. Die Voraussetzungen von c) liegen hier sowohl nach der bis zum 13. Dezember 2016 geltenden als auch nach der aktuellen Fassung des Gesetzes nicht vor, weil die Klägerin ihren bisherigen Arbeitsplatz nach eigenen Angaben aufgegeben und einen anderen Arbeitsplatz nicht in Aussicht hat. Eine Abwendung der Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Sinne von a) der Vorschrift scheidet hier aus. Die Klägerin ist für eine Tätigkeit im Außendienst dauerhaft nicht mehr einsetzbar, ohne dass diese Beeinträchtigung durch Weiterbildung, Hilfsmittel oder Ähnliches abgewendet werden könnte. Eine Minderung des Leidens, dass der Erwerbsminderung (in Sinne der Nr. 1, nicht im Sinne des § 43 SGB VI) zugrunde liegt, genügt hier nicht (vgl. z.B. Skipka/Winkler, a.a.O., § 10 RdNr. 48 m.w.N.). In Bezug auf geminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne von b) kommt es, anders als für die entsprechenden Begriffe nach Nr. 1 der Vorschrift, nicht auf den bisherigen Beruf des Versicherten, sondern auf sämtliche in Betracht kommenden Tätigkeiten an (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2011, a.a.O.). Da für die Klägerin noch körperlich leichte Arbeiten im Innendienst ohne besondere psychische Belastungen nicht verschlossen sind, für welche sie im Übrigen auf eine abgeschlossene Berufsausbildung zurückgreifen könnte, ist nicht erkennbar, unter welchem Gesichtspunkt hier eine Abwendung oder Wiederherstellung im Sinne von b) erreicht werden könnte. Darauf hat auch die Beklagte im Ergebnis zutreffend abgestellt. Soweit die Klägerin angibt, sie sei für eine Umschulung und einen ihrer Neigung entsprechenden Beruf körperlich, geistig und psychisch geeignet, stimmt sie dieser Einschätzung vom Ergebnis her zu. Auch soweit ein medizinischer Behandlungsbedarf oder Rehabilitationsbedarf besteht, ist dieser nicht durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abzuwenden.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die vom Sozialgericht zur Grundlage einer Kostenerstattungspflicht genommene Veranlassung der Klage durch die Beklagte wird hier nicht unter dem Gesichtspunkt gesehen, dass die Beklagte nicht die von der Klägerin verrichtete, sondern eine ähnliche Tätigkeit als ihr zumutbar erachtet hat. Diese Einschätzung steht nur in Bezug auf die Zuordnung zu der Frage der Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit und nicht zu den Rehabilitationsziehen nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Übereinstimmung. Gleichwohl weist die angefochtene Verwaltungsentscheidung Defizite in Bezug auf die angesprochene, aber in der Sache nicht geprüfte Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit für die beantragten Leistungen zur Teilhabe auf, die im Ergebnis geeignet sind, den Kostenausspruch des Sozialgerichts bestehen zu lassen.

32

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


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(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und2. berufsunfähigsind. (2) Berufsunfähig

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 33 Pflichten der Personensorgeberechtigten


Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauft

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(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um 1. den Auswirkungen einer Krankh

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 10 Persönliche Voraussetzungen


(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und2. bei denen vora

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(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung1.die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder2.eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen. (2) Für die L

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 7 Vorbehalt abweichender Regelungen


(1) Die Vorschriften im Teil 1 gelten für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen z

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Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 116 Besonderheiten


(1) Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung können auch erbracht werden, wenn Menschen mit Behinderungen nicht arbeitslos sind und durch diese Leistungen eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. (2) Förderun

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 113 Leistungen zur Teilhabe


(1) Für Menschen mit Behinderungen können erbracht werden1.allgemeine Leistungen sowie2.besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen. (2) Besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nur erbracht,

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(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Februar 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Fahrtkosten zwischen H und B wegen Arbeiten für eine Promotion ab 1.4.2008 als Rehabilitationsleistung.

2

Der 1978 geborene Kläger ist körperlich schwer behindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen G, aG und H) und erhält von der Sozialen Pflegeversicherung Leistungen nach Pflegestufe II. Nach erfolgreichem Abschluss einer Lehre zum Bürokaufmann besuchte er ein Gymnasium, das er 2002 mit dem Abitur abschloss. Anschließend nahm er an der Universität L ein Studium auf, legte Anfang 2008 die Hochschulabschlussprüfung in den Studienfächern Mittlere und Neuere Geschichte sowie Philosophie ab und erwarb den Hochschulgrad "Magister". Während des Studiums hatte der Beklagte Kosten für wöchentliche Fahrten durch einen Behindertenfahrdienst von L nach H dem Wohnort des Klägers - und zurück als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) übernommen.

3

Am 3.3.2008 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für Fahrten von H nach B bzw L durch einen Behindertenfahrdienst ab 1.4.2008. Er sei als Doktorand der Universität L angenommen worden; die Anfertigung der Doktorarbeit erfordere regelmäßige, umfangreiche Recherchen im Bundesarchiv B, sodass er wöchentlich von H nach B fahren müsse. Er suche derzeit nach einer geeigneten Wohnmöglichkeit in der Nähe des Bundesarchivs. Gelegentlich seien auch Fahrten nach L zu seinem Doktorvater erforderlich.

4

Der Antrag wurde abgelehnt (Bescheid des Landkreises Harz im Namen des Beklagten vom 17.3.2008, Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6.7.2009), weil der Kläger mit dem Magistergrad bereits einen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht habe. Die Promotion sei zur weiteren Eingliederung in das Erwerbsleben nicht erforderlich, zumal sie keinen weiteren berufsqualifizierenden Abschluss vermittele. In seinem Beruf als Bürokaufmann seien jedenfalls geeignete Arbeitsplätze verfügbar. Die Fahrten zwischen H und B absolvierte der Kläger dann mit einem hierfür angeschafften Pkw, der von Eltern bzw Freunden gefahren wurde, wozu der Kläger selbst wegen seiner Behinderung nicht in der Lage ist.

5

Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18.9.2012, Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6.2.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe mit dem Erwerb des Magistergrades einen berufsqualifizierenden Studienabschluss erreicht und damit eine förderungsfähige Ausbildung abgeschlossen. Die Anfertigung einer Promotionsarbeit begründe keinen sozialhilferechtlichen Teilhabebedarf, denn sie sei nicht erforderlich für seine Eingliederung in das Erwerbsleben. Er könne vielmehr den Abschluss als Magister auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwerten, was sich ua aus beim Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands eV und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (BA) eingeholten Stellungnahmen ergebe. Danach stünden auf dem Arbeitsmarkt Stellen für Historiker mit Magisterabschluss zur Verfügung. Die Stellensituation für promovierte Historiker sei nicht wesentlich anders als diejenige für nicht promovierte Historiker.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII und macht zugleich Verfahrensfehler geltend. Das LSG verkenne insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention die Reichweite des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wenn es einen Magistergrad bereits als berufsqualifizierenden Abschluss und unter Berücksichtigung seiner Behinderung eine nachfolgende Promotion nicht als erforderliche Eingliederungsmaßnahme ansehe. Verfahrensfehlerhaft habe das LSG zudem seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, denn es habe über die Beschäftigungsmöglichkeiten behinderter Historiker keine Auskünfte eingeholt, sondern diese in eigener Sachkunde beurteilt, ohne dies den Beteiligten zuvor mitzuteilen.

7

Der Kläger beantragt nunmehr,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 17.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.7.2009 rechtswidrig war.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Formal nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.3.2008, mit dem der nach den bindenden Feststellungen des Landesrechts durch das LSG (§ 163 SGG) zuständige Beklagte (zur Zuständigkeitsordnung in S-A vgl auch BSGE 117, 53 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13)die Übernahme der beantragten Kosten abgelehnt hat. Dabei kann offenbleiben, ob das Begehren des Klägers ursprünglich auf die Erteilung einer Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) auf Übernahme wöchentlicher Fahrtkosten durch einen Behindertenfahrdienst ab 1.4.2008 zwischen H und B (die noch im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Ansprüche wegen Fahrten nach L hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht weiter verfolgt) oder auf Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld (zur Zulässigkeit und den Wirksamkeitsvoraussetzungen insoweit im Einzelnen vgl BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 16)gegenüber einem Dritten (Behindertenfahrdienst) gerichtet war. Denn der ablehnende Bescheid des Beklagten hat sich dadurch erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), dass der Kläger die Fahrten mit einem nach der Ablehnungsentscheidung angeschafften Pkw durchgeführt hat.

12

Die für die Nutzung des Pkw angefallenen Kosten könnte der Kläger ggf zwar nach § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) geltend machen, wonach die Kosten selbstbeschaffter Leistungen zu erstatten sind, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3); dieser Anspruch ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Insoweit handelt es sich sowohl im Verhältnis zu einer Zusicherung - als ein der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschalteter Verwaltungsakt (vgl: BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - RdNr 13; Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - RdNr 24) - als auch zum Schuldbeitritt um einen anderen Streitgegenstand, hinsichtlich dessen bislang noch kein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist. Dieser prozessualen Situation hat der Kläger im Revisionsverfahren dadurch Rechnung getragen, dass er sein Begehren auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG) beschränkt hat. Da dies nicht als Klageänderung gilt (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG)und mit der Umstellung der Klage keine neuen Tatsachen in das Verfahren einzuführen sind, war die Umstellung des Klageantrags ohne Verstoß gegen § 168 Satz 1 SGG auch noch in der Revisionsinstanz zulässig(vgl dazu nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 8a mwN). Nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besteht. Dieses liegt mit der möglichen Vorgreiflichkeit der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung für ein nachfolgendes Verfahren über die Kostenerstattung vor.

13

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die ablehnende Entscheidung des Beklagten rechtswidrig war, konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil das LSG verfahrensfehlerhaft von der Beiladung der BA nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG abgesehen hat und zwar unabhängig davon, wie das Begehren des Klägers verfahrensrechtlich zutreffend zu behandeln ist oder gewesen wäre (siehe oben). Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); für die Beiladung genügt die Möglichkeit der Leistungsverpflichtung (vgl BSGE 93, 283 ff RdNr 10 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

14

Unter Berücksichtigung des § 14 SGB IX, dessen Anwendungsbereich im vorliegenden Verfahren eröffnet ist, kommt eine Beteiligung der BA als Rehabilitationsträger(§ 6 Abs 1 Nr 2 SGB IX; § 6a SGB IX) für Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2 SGB IX) in Betracht.

15

Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellt der sog erstangegangene Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt sind, binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag - wie hier - nicht weitergeleitet, stellt der - erstangegangene - Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich im Außenverhältnis (behinderter Mensch/Rehabilitationsträger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind(vgl auch BSGE 93, 283 ff RdNr 8 mwN = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). An der Zuständigkeitsprüfung wie ggf zur Weiterleitung des Antrags vom 3.3.2008 wäre der Beklagte nicht gehindert gewesen, obwohl er schon während des Studiums des Klägers Teilhabeleistungen erbracht hat. Denn mit der Kostenübernahme für Fahrten zur Recherche im Bundesarchiv ist eine im Vergleich zur Fahrtkostenübernahme für das Studium neue Teilhabeleistung beantragt worden (zu diesem Gedanken vgl BSGE 117, 53 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13). § 14 SGB IX greift zudem auch dann, wenn zwischen zwei Rehabilitationsträgern, wie hier im Verhältnis Sozialhilfeträger - BA, ein Vorrang-Nachrangverhältnis(vgl § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII)besteht (BSGE 117, 53 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13).

16

Dass der ursprüngliche Antrag ggf nur auf eine der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschaltete Zusicherung gerichtet war, hat von der Notwendigkeit der Beiladung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 SGB IX ebenso wenig befreit, wie die Umstellung des Klagebegehrens sie hat entfallen lassen. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 SGB IX über die "vorläufige" Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers ist es, durch rasche Zuständigkeitsklärung eine möglichst schnelle Leistungserbringung zu gewährleisten(vgl dazu grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dieser Zielsetzung ist nicht nur im eigentlichen Bewilligungsverfahren (im Wege des Schuldbeitritts) Rechnung zu tragen, sondern gleichermaßen dann, wenn diesem ein Verfahren der Zusicherung vorausgeht, weil der Antragsteller das Risiko nicht eingehen möchte, ggf zu verauslagende Kosten nicht erstattet zu erhalten. Die Interessenlage ist für den Betroffenen gleich. Der auf Erteilung einer Zusicherung angegangene Rehabilitationsträger hat deshalb, leitet er den Antrag nicht weiter, den geltend gemachten Anspruch auch im Zusicherungsverfahren unter allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, dh nicht nur nach den für ihn maßgeblichen, zu prüfen (vgl nur: BSGE 93, 283 ff RdNr 9 = SozR 4-3520 § 14 Nr 1; BSGE 101, 207 ff RdNr 29 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 7; BSGE 102, 90 ff RdNr 24 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21 und Nr 26 RdNr 22) und bleibt konsequenterweise auch dann für die Erbringung der - zugesicherten - Leistung gegenüber dem Antragsteller zuständig, wenn die zugesicherte Leistung auf Grundlage eines für ihn "fremden" Leistungsgesetzes erbracht werden muss.

17

Nichts anderes gilt, wenn sich das auf Zusicherung oder auf Schuldbeitritt gerichtete Verfahren - wie hier - dadurch erledigt hat, dass sich der Antragsteller die Leistung selbst beschafft und nunmehr im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit der Ablehnung zur Prüfung durch das Gericht stellt. Auch dann hat der erstangegangene Rehabilitationsträger, wird die Rechtswidrigkeit der Ablehnung festgestellt, nach Maßgabe des dann anzuwendenden Leistungsrechts im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller die Leistung zu erbringen; die Beteiligungsnotwendigkeit des eigentlich zuständigen Leistungsträgers (hier also ggf der BA) zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und den ggf in Betracht kommenden Leistungen bleibt von der geänderten prozessualen Situation unberührt.

18

Von einer Beiladung der Deutschen Rentenversicherung (Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) hat das LSG allerdings zu Recht abgesehen, denn für deren Leistungspflicht fehlen jedenfalls die nach § 9 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen(vgl § 11 Abs 1, Abs 2a Nr 1 SGB VI). Trotz der Sonderkonstellation des § 6a SGB IX, wonach zwar(vgl § 6a Satz 1 SGB IX) die BA Rehabilitationsträger auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ist (für die Frage der Zuordnung zum jeweiligen Leistungssystem vgl § 16 SGB II, § 22 Abs 4 Satz 1 Nr 6 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung -), das Jobcenter allerdings über die Leistungen zur Teilhabe entscheidet (§ 6a Satz 4 SGB IX)war eine Beiladung (auch) des Jobcenters nicht geboten. Denn die BA ist vom Gesetzgeber nicht nur formal, sondern - trotz der Alleinentscheidungskompetenz des Jobcenters - gerade in seiner Eigenschaft als fachkundige Stelle für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und entsprechende Eingliederungsvorschläge als Rehabilitationsträger gesetzlich verankert worden (vgl BT-Drucks 16/1696 S 32 zu VI Nr 1). Auch wenn das Jobcenter nicht an den Entscheidungsvorschlag der BA gebunden ist, ist für die Frage der Beteiligung am Verfahren unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 SGB IX auf die Fachkompetenz der BA und nicht die Entscheidungskompetenz des Jobcenters abzustellen.

19

Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN). Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN)und hat davon abgesehen, weil die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) zu einem möglichen Leistungsanspruch nach Maßgabe der Vorschriften des SGB III bzw des SGB II fehlen. Vor einer Beiladung der BA ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

20

Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben - die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB XII entsprechen den Leistungen der BA (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII)- als besondere Rehabilitationsleistungen kämen vorrangig §§ 97, 98 Abs 1 Nr 2 iVm § 102 Abs 1 Nr 2, § 103 Nr 3 SGB III in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung in Betracht. Danach sind besondere Leistungen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben anstelle der allgemeinen Leistungen zu erbringen, wenn die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht in erforderlichem Umfang vorsehen. Insoweit käme die Förderung einer Promotion durch die Übernahme von Fahrtkosten als besondere Leistung in Betracht, wenn auf andere Weise keine Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen wäre (§ 109 Abs 2 SGB III iVm § 33 Abs 3 Nr 6, Abs 8 Nr 1 SGB IX iVm § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - Kraftfahrzeughilfe-Verordnung -; so im Ergebnis auch Luik in Eicher/Schlegel, SGB III aF, § 102 RdNr 37 ff, Stand September 2005; ders in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 117 RdNr 39 ff mwN, Stand April 2013). Dies wird unter Berücksichtigung der konkreten Eingliederungsmöglichkeiten des Klägers im Zeitpunkt der Beendigung seines Magisterstudiums unter Berücksichtigung seiner bis dahin erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu beurteilen sein. Erst danach käme ggf die Prüfung der Voraussetzungen nach § 54 SGB XII in Betracht.

21

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Leistungen zur Teilhabe in Form eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets (PB) zu gewähren sind.

2

Der am 1956 geborene Kläger hat den Beruf des Heizungsbauers erlernt und überwiegend ausgeübt. Er leidet an einer - im Jahr 1992 festgestellten - Multiplen Sklerose. Seit 1997 sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1989 Rente wegen Berufsunfähigkeit, zeitweise Erwerbsunfähigkeit, sowie ab 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (Bescheid vom 27.6.2001). Von Dezember 2001 bis Dezember 2002 war der Kläger als technischer Angestellter bei einer Heizungs- und Klimafirma tätig. Die Bewilligung der am 19.8.2004 begonnenen Umschulung zum Techniker im Heizungsbau hob die Beklagte wegen Nichtteilnahme am Unterricht und damit fehlender Erfolgsaussicht zum 28.9.2005 auf (Bescheid vom 5.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2006), die Klage vor dem SG Hannover hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 19.9.2007 zurückgenommen. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Fortsetzung der abgebrochenen Maßnahme lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8.10.2007). Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.3.2008; SG Hannover - S 14 R 329/08 - Rücknahme der Klage am 18.11.2008).

3

Den an das Sozialamt der Stadt S. gestellten Antrag vom 18.1.2008 auf ein PB unter Einbeziehung des Antrags von 2007 auf Eingliederungshilfe leitete diese an die Beklagte weiter. Diese lehnte den Antrag ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ihren Lasten nicht gegeben seien (Bescheid vom 21.4.2008). Der Widerspruch wurde zurückgewiesen, ein Anspruch auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe nicht (Widerspruchsbescheid vom 20.5.2008).

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 6.11.2008). Ob ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe, sei Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens S 14 R 329/08. Bis dahin könne eine Entscheidung über die Ausführung der Leistung - hier in Form eines PB - nicht getroffen werden. Auch eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (hier: Eingliederungshilfe) könne der Kläger nicht beanspruchen. Zwar sei die Beklagte kraft Weiterleitung nach § 14 SGB IX zuständig. Der Kläger habe jedoch gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert, sodass nicht entschieden werden könne, ob die Aufbringung der Mittel dem Kläger unzumutbar sei.

5

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat nach Beiladung des Sozialhilfeträgers die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.1.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs 1, insbesondere der Nr 2b SGB VI, lägen nicht vor. Die beim Kläger gegebene verminderte Erwerbsfähigkeit könne voraussichtlich durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht "wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden". Denn dem Kläger fehle die entsprechende Rehabilitationsfähigkeit. Der Kläger strebe zwar eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben an. Nach seinem medizinischen Leistungsvermögen sei aber unter Berücksichtigung des eingeholten fachmedizinischen (neurologischen) Gutachtens eine Teilnahme am Erwerbsleben unter betriebsüblichen Bedingungen weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch (erst recht) in dem vom Kläger angestrebten Berufsfeld des Technikers möglich. Dagegen sprächen insbesondere die eingeschränkte Wegefähigkeit und die Einschränkungen namentlich im kognitiven Bereich.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 17, 33 SGB IX iVm § 10 SGB VI. Mit dem LSG bestehe Übereinstimmung, dass die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 SGB VI erfüllt sein müssten, damit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger erbracht werden können. Nicht gefolgt werden könne dem LSG, soweit es eine dauerhafte Erwerbsfähigkeit aufgrund eingeschränkter Wegefähigkeit nach "rentenrechtlichen Maßstäben" nicht mehr als gegeben ansehe. Denn der Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rehabilitationsrecht stimme mit dem Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rentenrecht nicht überein. So sei eine Rehabilitationsfähigkeit unter Beachtung der Definition der Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI stattdessen gegeben, wenn eine Eingliederung in das Erwerbsleben nach Leistungsbereitschaft und -fähigkeit des Versicherten nicht völlig aussichtslos erscheine und keine Gründe erkennbar seien, derentwegen Teilhabeleistungen als von vornherein nicht aussichtsreich beurteilt werden müssten. So könne das Rehabilitationsziel durchaus darauf gerichtet sein, einen Versicherten in die ihm grundsätzlich mögliche halbschichtige Erwerbstätigkeit auf Dauer einzugliedern und qualitative Leistungseinschränkungen und Behinderungen mit Maßnahmen der Behindertenhilfe (insbesondere zur Verbesserung der Wegefähigkeit) auszugleichen.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 6. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend. Auch unter Zugrundelegung rein rehabilitationsrechtlicher Maßstäbe lasse die Summe der vom LSG festgestellten qualitativen Einschränkungen eine auch nur teilweise Erwerbsfähigkeit als nicht erreichbar erscheinen.

10

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Ein Anspruch auf Bereitstellung eines PB ergebe sich auch nicht aus §§ 5 Nr 4, 17, 55 ff SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, weil die Grundvoraussetzungen hierfür nach §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Seiner Mitwirkungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe in seinem Antrag vom 18.1.2008 erklärt, dass er Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigere. Mit Schreiben vom 6.5.2008 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seinen Antrag auf Eingliederungshilfe zurückziehe. Seine wirtschaftliche Situation habe sich gebessert, sodass er nicht (mehr) auf Hilfe durch das Sozialamt angewiesen sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann schon deshalb keine abschließende Entscheidung treffen, weil es an einer individuellen Feststellung des - nicht auf einzelne Leistungsgruppen oder den Zuständigkeitsbereich eines einzelnen Leistungsträgers begrenzten - Rehabilitationsbedarfs des Klägers fehlt. Damit kann von vornherein nicht beurteilt werden, ob dem Kläger zur Deckung dieses im umfassenden Sinne verstandenen Bedarfs Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe als Grundlage eines PB zustehen. Insbesondere bleibt aufgrund der defizitären Sachaufklärung des Berufungsgerichts offen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die im Bereich der Rehabilitation grundsätzlich und in aller Regel zu treffenden Leistungsentscheidungen vorliegen, die von selbstständigen Spielräumen der Verwaltung abhängen.

12

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist die Revision noch ausreichend iS von § 164 Abs 2 Satz 1 SGG begründet(zu den Anforderungen allgemein vgl BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 ff mwN). Streitgegenstand der Klage ist im Wesentlichen der Anspruch des Klägers auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich seines Rechts auf ein PB (s hierzu im Einzelnen nachfolgend unter 3.). Anspruchsgrundlage ist hierfür im Zuständigkeitsbereich der Beklagten § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI, der seinerseits "auf § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" verweist. Das vom Kläger im Verwaltungsverfahren beantragte und mit der Klage begehrte "Persönliche Budget" (PB) wird nach § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. Der zuständige Träger entscheidet durch einheitlichen Verwaltungsakt über Grund und Höhe des entsprechenden - monatlichen - Geldbetrags, auch wenn in die Bemessung dieses Betrags die Leistungen mehrerer Träger eingegangen sind (vgl § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX: "den Verwaltungsakt"; ebenso § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung vom 27.5.2004, BGBl I 1055: "den Verwaltungsakt" bzw "die Leistung"). Der zuständige Träger handelt damit nicht rechtmäßig, wenn er ungeachtet der - wie auch hier - grundsätzlich weiten Fassung des Antragsbegehrens eine Entscheidung dennoch nur auf der Grundlage einzelner Bewertungselemente bzw auf den Zuständigkeitsbereich einzelner Träger begrenzt trifft und insofern den Antrag nicht ausschöpft. Die Beklagte, deren Verwaltungsakte das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit auslegt (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 mwN; BFHE 214, 18, 23 mwN), und die Vorinstanzen haben - ungeachtet insbesondere des fragmentarischen Charakters ihrer Begründungen - jeweils über ein PB in diesem umfassenden Sinne entschieden und nicht zu erkennen gegeben, sie wollten entgegen der Gesetzeslage etwa nur eine Teil-Entscheidung treffen.

13

Die Revision des Klägers, die der Senat uneingeschränkt zugelassen hat, wendet sich ihrerseits in vollem Umfang gegen das Urteil des LSG vom 5.1.2010. Auch die Begründung hierzu geht jedenfalls in ihren allgemeinen rechtlichen Ausführungen auf die Komplexnatur des persönlichen trägerübergreifenden Budgets ein, beschränkt sich dann aber auf eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB VI.

14

Hierin ist indessen keine nachträgliche sinngemäße Beschränkung des revisionsrechtlichen Streitgegenstands (vgl hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 27.4.2010 in SozR 4-2600 § 233a Nr 1 und des 4. Senats vom 29.9.1994 in SozR 3-2200 § 1251 Nr 6) durch den Kläger zu sehen, der in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nochmals ausdrücklich bestätigt hat, der Anspruch auf ein persönliches trägerübergreifendes Budget solle "im Hinblick auf alle in Betracht kommenden Aspekte weiter verfolgt werden". Auch liegt nicht ausnahmsweise ein verfahrensrechtlich relevantes Begründungsdefizit vor. Zwar muss sich die Revisionsbegründung grundsätzlich mit allen Aspekten befassen, die den mit der Klage geltend gemachten Anspruch betreffen und vor das Revisionsgericht getragen werden sollen. Allerdings ist vorliegend die Situation dadurch gekennzeichnet, dass es hinsichtlich des zum 1.1.2008 als Pflichtleistung eingeführten PB bisher an oberstgerichtlicher Rechtsprechung fehlt und gleichermaßen im Verwaltungsverfahren wie in zwei Gerichtsinstanzen der materielle Gehalt des neuen Rechtsinstituts wie das sich hieraus ergebende Verfahrensrecht nicht annähernd erfasst worden sind. Unter diesen Umständen würde das Grundrecht des Klägers auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) in unzumutbarer Weise verkürzt, wollte man ihm erstmals als Voraussetzung für den Zugang zur Revisionsinstanz abverlangen, diese Defizite zu kompensieren und die maßgeblichen Aspekte zu thematisieren. Nicht anders als bei der Herbeiführung der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels im Rahmen der gesonderten Entscheidung über seine Zulassung muss auch bei der Prüfung der Zulässigkeit des statthaften Rechtsmittels der begrenzte Sinn und Zweck der Zulässigkeitsprüfung und der dort vernünftigerweise zu leistende Prüfungsumfang beachtet werden. In die Zulässigkeitsprüfung dürfen unter diesem Gesichtspunkt insbesondere nicht Gesichtspunkte Eingang finden, die bisher im Verfahren keine Rolle gespielt haben und die zu erörtern im Blick auf eine offensichtliche oder geklärte Rechtslage auch sonst kein Anlass bestanden hat (vgl etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 24.1.2007, NVwZ 2007, 805 ff). Dem Kläger würden andernfalls unter Verkennung der Funktion des Revisionsverfahrens im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung Gesichtspunkte entgegengehalten, denen angesichts einer offensichtlich in bedeutendem Umfang die Gesetzeslage verfehlenden Praxis ihrerseits grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl BVerfG aaO).

15

2. Die zulässige Revision erweist sich nicht bereits deshalb als unbegründet, weil die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 6.11.2008 mangels Statthaftigkeit unzulässig gewesen wäre. Die Berufung gegen Urteile und Gerichtsbescheide (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG) ist grundsätzlich statthaft (§ 143 SGG). Vorliegend bedurfte es auch nicht ausnahmsweise der Zulassung der Berufung durch das SG oder auf Beschwerde durch das LSG, die sich beide zu dieser Frage nicht verhalten haben. Der Kläger hat nämlich mit der Klage, die sich ua auf die gegenüber dem beigeladenen Träger der Sozialhilfe geltend gemachten Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft ("Hilfe beim Spazierengehen") bezieht, von Anfang an einen Anspruch auf laufende Geldleistungen für mehr als ein Jahr geltend gemacht (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG) und diesen Anspruch unverändert auch mit der Berufung geltend gemacht. Unter diesen Umständen bedarf es keiner näheren Ausführungen dazu, dass der ausnahmsweise Ausschluss der Berufung nach Satz 1 Nr 1 aaO zu Lasten des Rechtsmittelführers dann nicht eingreifen kann, wenn es - wie hier - an jeder Grundlage für eine Schätzung des Werts des Beschwerdegegenstands fehlt.

16

3. Der Kläger hat nach seinem "wahren" Begehren, das auch im Revisionsverfahren von der äußeren Fassung seiner Anträge zu unterscheiden ist (§ 123 SGG), zutreffend eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1, Abs 4 SGG) erhoben. Dies ergibt sich im Blick auf die Gesetzeslage aus dem mit der Klage erstrebten Erfolg. Gemäß § 159 Abs 5 SGB IX(eingeführt durch Art 8 Nr 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022 mWv 1.1.2005) ist nämlich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX vom 1.1.2008 an mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf Antrag Leistungen durch ein PB ausgeführt werden. § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX räumt damit seither - bei unverändertem Wortlaut dieser Norm selbst - einen Rechtsanspruch hierauf ein.

17

Welches die im Blick auf das Begehren des Klägers zutreffende Entscheidungsform ist - Verurteilung zur Leistung (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) bzw zum Erlass eines Verwaltungsakts des Inhalts, die Leistung in genau bezeichnetem Umfang zu gewähren (§ 131 Abs 2 Satz 1 SGG) oder zur Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - hängt davon ab, ob der Beklagten auch nach vollständiger Klärung der Sachlage noch ein Entscheidungsspielraum bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf ein trägerübergreifendes PB verbleibt. Diese Unterscheidung ist durch § 159 Abs 5 SGB IX nicht etwa von vornherein überflüssig geworden. Der Anspruch auf ein PB findet nämlich seinerseits seine Grundlage erst in der Zusammenfassung aller nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs zuzuerkennenden Leistungen (§ 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX), die bei einer isolierten Entscheidung hierüber rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel nur in Abhängigkeit vom Ermessen des zuständigen Leistungsträgers beansprucht werden können. Dieses "Ermessen" bleibt zumindest als von der dritten Gewalt zu beachtender eigener Entscheidungsspielraum der Verwaltung auch erhalten, soweit - wie hier - der Anspruch auf derartige Leistungen in einem gestuften Verfahren zur Tatbestandsvoraussetzung des PB geworden ist. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass mit der Entscheidung über die Einführung von § 159 Abs 5 SGB IX, der ua ausdrücklich auch für die Beklagte gilt(§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI), gleichzeitig eine generelle Änderung der Entscheidungskompetenzen hinsichtlich der Gewährung der mit dem PB "auszuführenden" Teilhabeleistungen angeordnet werden sollte. Steht daher hinsichtlich auch nur einer der als unselbstständiger Teil des PB möglicherweise in dessen Bemessung eingehenden Leistungen eine erforderliche "Ermessensausübung" noch aus, kann das Gericht die Spruchreife schon zum Grund dieses Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) aus rechtlichen Gründen nicht selbst herbeiführen und muss den eigenen Entscheidungsraum der Verwaltung berücksichtigen, den ihr der Parlaments-Gesetzgeber eingeräumt hat.

18

Der prozessuale Begriff der Spruchreife (vgl auch § 113 Abs 5 Satz 1 VwGO, § 101 Satz 1 FGO) bildet dabei ua die materiell-rechtliche Unterscheidung zwischen "freier" und "gebundener" Verwaltung ab (Wolff in Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 3. Aufl, § 113 RdNr 422 f mwN). Jedenfalls solange daher nicht abschließend feststeht, dass überhaupt budgetfähige Leistungen zu erbringen sind, die ihrerseits grundsätzlich vom "Ermessen" des zuständigen Trägers abhängen, bleibt damit auch der Anspruch von Personen wie dem Kläger im Ergebnis zunächst unverändert auf die pflichtgemäße Ausübung dieses "Ermessens" begrenzt (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I) bzw sind ihnen weitergehende subjektive öffentliche Rechte iS von Art 19 Abs 4 GG nicht eingeräumt (vgl insofern zuletzt BVerfG vom 31.5.2011, 1 BvR 857/07, Juris).

19

Die Frage der zutreffenden Entscheidungsform bedarf hiervon ausgehend derzeit noch keiner abschließenden Beantwortung. Auch wenn der gerichtlich geltend gemachte Anspruch von einer Ermessensentscheidung oder der Ausübung eines der Verwaltung vorbehaltenen Gestaltungsspielraums abhängt, umfasst das gerichtliche Prüfungs- und Entscheidungsprogramm die Herbeiführung der Spruchreife in tatsächlicher Hinsicht, dh die Sachaufklärung und Feststellung hinsichtlich aller Umstände, die erforderlich sind, um das Vorliegen eines Ermessensfehlers oder die Verletzung eines Beurteilungsspielraums festzustellen (Wolff, aaO RdNr 433). Hieran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht hat das umfassende Prüfungsprogramm verkannt, das § 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX dem zuständigen Träger und im Streitfall den Gerichten bereits hinsichtlich des Grundes eines Anspruchs auf ein PB zumutet und hat daher die Aufklärung des rechtlich einschlägigen Sachverhalts im Wesentlichen unterlassen. Im Revisionsverfahren kann damit bereits das Vorliegen wesentlicher gesetzlicher Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe, die ihrerseits nach Maßgabe des festgestellten Bedarfs in ein PB eingehen könnten, nicht abschließend beurteilt werden, sodass nur eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht in Frage kommt (vgl BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 83/09 R, zur Veröffentlichung in SozR und BSGE vorgesehen). Dagegen steht derzeit keiner der Sachverhalte fest, die ausnahmsweise eine teilweise "Rückgabe an die Verwaltung" erlauben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5).

20

4. Das LSG hat zu Recht den zuständigen Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Nicht erforderlich ist es, die vorliegend notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 Satz 1 Alt 1 SGG nachzuholen, wenn vom Gericht bereits - wie hier - eine einfache Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG ausgesprochen worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene einen abweichenden Sachantrag gestellt hätte, bestehen nicht (vgl BSGE 67, 256, 259 = SozR 3-2500 § 92 Nr 1). Die Voraussetzungen einer echten notwendigen Beiladung liegen vor, weil die vom Kläger begehrte Entscheidung nur einheitlich auch gegenüber dem Sozialhilfeträger möglich ist. Dessen Verantwortungsbereich bleibt nämlich ungeachtet der externen Zuständigkeit der Beklagten im Innenverhältnis erhalten, wenn er Leistungen der Eingliederungshilfe als Teil eines trägerübergreifenden PB erbringt (§ 57 Satz 1 SGB XII). Nicht anders als bei § 14 SGB IX(vgl hierzu BSGE 93, 283 ff RdNr 5 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) bestehen damit erst recht im Rahmen von § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX die notwendige Beiladung begründende Verpflichtungen der originär zuständigen Träger fort.

21

5. Das Leistungsrecht der einzelnen Träger enthält jeweils Bestimmungen des Inhalts, dass die dort vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch als "Teil" eines trägerübergreifenden PB erbracht werden können und ordnet jeweils die Anwendung von "§ 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" an(vgl insofern für den beklagten Rentenversicherungsträger § 13 Abs 1 Satz 2 SGB VI). § 17 SGB IX, dem diese spezialgesetzlichen Regelungen zu Voraussetzungen und Inhalten der jeweiligen Leistungen zur Teilhabe vorgehen(§ 7 SGB IX), enthält seinerseits die näheren Bestimmungen zur Ausführung von "Leistungen zur Teilhabe … durch ein Persönliches Budget" (vgl zur Regelungstechnik insgesamt Masuch in jurisPR-SozR 22/2004 Anm 4 Nr 3). Diese Vorschrift lautet in der hier maßgeblichen Fassung ab dem 30.3.2005 wie folgt:

        

(1) Der zuständige Rehabilitationsträger kann Leistungen zur Teilhabe
1. allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
2. durch andere Leistungsträger oder
3. unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen (§ 19) ausführen. Er bleibt für die Ausführung der Leistungen verantwortlich. Satz 1 gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer oder wirtschaftlicher erbringen kann.

        

(2) Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der nach § 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch. Ein anderer der beteiligten Leistungsträger kann mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragt werden, wenn die beteiligten Leistungsträger dies in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten vereinbaren; in diesem Fall gilt § 93 des Zehnten Buches entsprechend. Die für den handelnden Leistungsträger zuständige Widerspruchsstelle erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

22

§ 17 ist mit dem SGB IX zum 1.7.2001 eingeführt worden. In der zunächst - bis 30.6.2004 - geltenden Fassung der Norm war das PB in Abs 1 Satz 1 Nr 4 als eine der - auch heute noch unverändert unter Nr 1 bis 3 aaO aufgeführten - Möglichkeiten der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe durch den zuständigen Träger aufgeführt. Nach § 17 Abs 2 SGB IX in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung war das PB so zu bemessen, dass eine Deckung des festgestellten Bedarfs unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit möglich ist. Abs 3 aaO sah vor, dass die Rehabilitationsträger die Einführung des PB durch Modellvorhaben prüfen.

23

§ 17 SGB IX wurde durch Art 8 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) mit Wirkung vom 1.7.2004 neu gefasst. Nur insofern anders als heute sah Abs 2 Satz 1 hiernach die Ausführung von Leistungen zur Teilhabe auch durch ein "monatliches" PB vor. Satz 2 und 3 des neuen Abs 2 gelten bis heute unverändert fort. Satz 4 bis 6 aaO lauteten in der ab 1.7.2004 zunächst vorgesehenen Fassung wie folgt:

        

Budgetfähige Leistungen sind Leistungen, die sich auf alltägliche, regelmäßig wiederkehrende und regiefähige Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. Eine Pauschalierung weiterer Leistungen bleibt unberührt. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

Im Übrigen hatte § 17 SGB IX ab dem 1.7.2004 folgenden Wortlaut:

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden im Verfahren nach § 10 so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 erstangegangene und beteiligte Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

24

Ebenfalls zum 1.7.2004 wurde § 17 SGB IX durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 (BGBl I 818) rückwirkend erneut geändert. In Abs 2 Satz 1 wurde nunmehr das Wort "monatliches" gestrichen. Abs 2 Satz 4 wurde wie folgt gefasst:

        

Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können.

25

Der bisherige Satz 5 aaO wurde aufgehoben, der bisherige Satz 6 wurde damit zum neuen Satz 5. In Abs 3 Satz 1 wurde der den Satz abschließende Punkt durch ein Komma ersetzt und die Wörter "bei laufenden Leistungen monatlich" angefügt. In Abs 3 Satz 3 wurden die Wörter "im Verfahren" durch die Wörter "auf der Grundlage der" und die Angabe "§ 10" durch die Angabe "§ 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen" ersetzt.

26

Schließlich wurden ebenfalls durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 mit Wirkung vom 30.3.2005 in Abs 4 die Wörter "erstangegangene und beteiligte" durch die Wörter "zuständige der beteiligten" ersetzt und die bis heute geltenden Sätze 2 und 3 angefügt.

27

6. Der Anspruch auf ein PB ist - mit Ausnahme des Sonderfalls der Ausgabe von Gutscheinen (§ 17 Abs 3 Satz 2 SGB IX) - grundsätzlich auf eine einheitliche - monatliche - Geldleistung (a) durch einen einzigen Träger (b) und auf der Grundlage einer einheitlichen Entscheidung (c) gerichtet.

28

a) "Leistungen zur Teilhabe" und ggf sonstige budgetfähige Leistungen (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) werden auf Antrag durch ein "Persönliches Budget" - nicht etwa durch mehrere - ausgeführt (Satz 1 aaO). Auch soweit mehrere Träger an der Ausführung beteiligt sind, geht es im Außenverhältnis nur um ein PB (Abs 2 Satz 2 aaO) und erbringen die beteiligten Träger als Komplexleistung trägerübergreifend nur ein PB (Satz 3 aaO). Wie Abs 3 Satz 4 aaO zeigt, führt auch die Zusammenfassung von schon bisher individuell festgestellten und ohne das PB zu erbringenden Leistungen zu einer einheitlichen Höhe des PB. Dementsprechend wird auch das PB selbst "in der Regel" als - einheitliche - (monatliche) Geldleistung ausgeführt (Abs 3 Satz 1 aaO).

29

Dies entspricht Sinn und Zweck der Regelungen über das PB. Dem Gesetz liegt seit der Einführung des Rechtsinstituts die zentrale Vorstellung zugrunde, dass das PB dem Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung ermöglicht (so ausdrücklich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX; in diesem Sinne etwa auch BT-Drucks 14/5074 S 103 und 15/1514 S 72). Hierzu sollen den Betroffenen regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, die es ihnen ermöglichen, auf der Grundlage eigener Vertragsschlüsse mit Leistungserbringern Betreuungsleistungen selbst zu organisieren und zu bezahlen (vgl BT-Drucks 15/1514 S 1, 72). Dieser Entkoppelung entspricht die Zuweisung eines pauschalen - monatlichen - Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt (vgl Luthe in: jurisPK-SGB IX § 9 RdNr 39, Stand: 13.4.2010).

30

b) Der Anspruch auf das PB richtet sich gegen einen einzigen Träger. Dies ist selbstverständlich, wenn nur ein Träger mehrere von ihm geschuldete Leistungen zur Teilhabe zusammenfasst. "Enthält" das PB Leistungen mehrerer Leistungsträger in dem Sinne, dass diese Leistungen im Innenverhältnis als Teil des PB erbracht werden und im Außenverhältnis als Grundlage für dessen Bemessung dienen, bestimmt sich die ausschließliche materielle Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis auch insofern nach § 14 SGB IX. Dies ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Anknüpfung an diese Norm in § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Zudem sieht das Gesetz das PB unverändert als eine Form der "Ausführung" von Leistungen zur Teilhabe neben den in § 17 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB IX genannten an(Abs 2 Satz 1 SGB IX aaO: "… auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden …") und setzt für alle Formen der "Ausführung" eine anderweitig bereits bestimmte Zuständigkeit voraus (§ 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX), die sich nur aus den hierzu allgemein getroffenen Regelungen ergeben kann.

31

Für § 14 SGB IX ist durch die bisherige Rechtsprechung geklärt, dass derjenige Träger, der den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat (erstangegangener Träger) und derjenige Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde (zweitangegangener Träger) und der daher zu einer erneuten Weiterleitung grundsätzlich nicht ermächtigt ist, ungeachtet seiner "eigentlichen" Zuständigkeit jeweils zur umfassenden Prüfung des Rehabilitationsbedarfs nach § 10 SGB IX verpflichtet ist(vgl Urteil des Senats in SozR 4-3250 § 14 Nr 8; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Entsprechend dem Primärzweck der Norm, bei fortdauernder interner Verpflichtung des eigentlich zuständigen Leistungsträgers eine schnelle Klärung der Zuständigkeit im Außenverhältnis zu gewährleisten (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), hat dieser Träger auf den grundsätzlich in einem umfassenden Sinne zu verstehenden Antrag den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind, und unter Beachtung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (vgl Urteil des Senats aaO mwN und BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 sowie BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Insofern bleibt der erst- bzw zweitangegangene Träger im Verhältnis zum Versicherten aufgrund "aufgedrängter Zuständigkeit" endgültig, ausschließlich und umfassend leistungspflichtig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung zuständig ist (Urteil des Senats in BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9). Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen(§ 10 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Prozessual ergibt sich hieraus, dass sich Widerspruch und Klage allein gegen den nach § 14 SGB IX zuständigen Träger richten, ohne dass sich der Kläger um die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten kümmern müsste. Der möglicherweise - im Innenverhältnis der Träger - endgültig zuständige ist notwendig beizuladen (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

32

c) Auch wo die Leistungen mehrerer Träger in ein PB eingehen, ergeht nur eine Entscheidung des einzig zuständigen Trägers über die eine zu erbringende Leistung. Dies ergibt sich noch nicht aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der "Komplexleistung" (§ 17 Abs 2 Satz 3 SGB IX). Aus dessen ergänzend heranzuziehender Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch (vgl zu dieser Methode: Europäischer Gerichtshof , EuZW 1997, 625, 628; Bundesgerichtshof , BGHSt 12, 366; BGH NJW 1982, 1278 und BGH MDR 1996, 188; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl 1986, § 17 RdNr 11; Gast, Juristische Rhetorik, 4. Aufl 2006, RdNr 668; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 28 RdNr 34) ist allenfalls zu entnehmen, dass es um die Leistung durch eine Gesamtheit geht. Die rechtliche Funktion dieser Gesamtheit im vorliegenden Zusammenhang kann jedoch zuverlässig aus dem Regelungskontext erschlossen werden. Hieraus ergibt sich, dass beim PB anders als bei § 14 SGB IX, wo der - eine - zuständige Träger entsprechend dem grundsätzlich am Gesamterfolg orientierten und damit weit zu verstehenden Antragsbegehren des behinderten Menschen ggf in Gestalt einer Mehrheit von Verwaltungsakten über ein Bündel von Einzelmaßnahmen zu entscheiden hat und damit den "Bedarf" abschließend feststellt, nur eine einheitliche Entscheidung ergeht. Bereits der Wortlaut von § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX und von § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung belegt dieses Ergebnis (vgl bereits vorstehend unter 1.), das durch die weitere Ausgestaltung bestätigt wird. So stellen nach § 3 Abs 5 Satz 3 Halbs 2 Budgetverordnung die anderen beteiligten Träger das auf sie entfallende Teilbudget dem zuständigen Träger zur Verfügung. Mit der Auszahlung oder der Ausgabe von Gutscheinen an die antragstellende Person gilt (!) der Anspruch gegen die beteiligten Leistungsträger insoweit als erfüllt (§ 3 Abs 5 Satz 4 Budgetverordnung). Die anderen beteiligten Träger erfüllen daher die ihnen obliegenden Verpflichtungen allein im Innenverhältnis der beteiligten Träger und ohne dem Berechtigten gegenüber hierzu Regelungen zu verlautbaren oder selbst an ihn Leistungen zu erbringen. Auch wo daher entsprechend der Formulierung in den Leistungsgesetzen Leistungen "als Teil eines trägerübergreifenden Budgets erbracht werden" (vgl etwa § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI), bleiben diese im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nicht etwa weiterhin dem hiernach zuständigen Träger zuzuordnende Teil-Beträge, über die gesondert durch Verwaltungsakt entschieden würde, sondern werden zu bloßen Berechnungselementen im Rahmen der Wertbemessung des PB durch den hierfür zuständigen Träger, ohne noch eigenständig nach außen in Erscheinung zu treten. In diesem Sinne ist auch der Begriff des "Teilbudgets" in § 3 Abs 4 der Budgetverordnung allein als Regelung des Innenverhältnisses zu verstehen.

33

Damit kann allerdings das PB der Sache nach nicht mehr als bloße "Form" der Erbringung von - in den Leistungsgesetzen vorgesehenen und konkret zuerkannten - Leistungen zur Teilhabe verstanden werden. Dies war schon bei der zum 1.7.2001 in Kraft getretenen Fassung des § 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX fraglich. Mit der dort unter Nr 1 bis 3 geregelten Frage, durch wen der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe "ausführt", dh der zuerkannte Anspruch erfüllt werden kann, weist eine Regelung der Frage, was der zuständige Träger zu erbringen hat, und damit den Anspruchsinhalt selbst betrifft, keinen unmittelbaren inneren Zusammenhang auf. Hinter der dennoch erfolgten Gleichordnung mag damals noch die Vorstellung gestanden haben, dass das PB zunächst als Ergänzung der in § 9 Abs 2 SGB IX vorgesehenen Umwandlung von Sach- in Geldleistungen gesehen wurde(BT-Drucks 14/5074 S 103) und insofern noch einen konkreten Bezug zu im Einzelnen konkret zuerkannten Ansprüchen und Leistungen aufwies. Jedenfalls mit der Verselbstständigung des PB zu einer eigenständigen Pauschalleistung zur Abgeltung nur ihrer Art nach bestimmter Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe dem Grunde nach und erst recht im Blick auf die Einbeziehung auch der budgetfähigen Leistungen weiterer Leistungsträger (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) ist einem derartigen Verständnis jedoch die Grundlage entzogen. Das Gesetz trägt dem Rechnung, indem es das PB seit dem 1.7.2004 gesondert in der Überschrift der Norm aufführt, die Teil des Gesetzestextes ist. In dieselbe Richtung deutet die Verselbstständigung der entsprechenden Regelungen in besonderen Absätzen, wenn auch der Wortlaut von § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX ("… auch … ausgeführt …") unverändert eine Zugehörigkeit zu den in Abs 1 Satz 1 aaO geregelten Fällen nahelegt.

34

7. Der zuständige Träger wird damit zwar auch im vorliegenden Zusammenhang nach den Vorgaben des § 14 Abs 1 und 2 SGB IX bestimmt, doch erfüllt er bei der Erbringung des PB eine andere Funktion. Während - wie dargelegt - bei § 14 SGB IX der zuständige Träger hinsichtlich jedes einzelnen der in ihrer Gesamtheit den festgestellten Bedarf repräsentierenden Ansprüche an Stelle des jeweils sonst zuständigen Trägers leistungs- und entscheidungszuständig ist, führt § 17 SGB IX zugunsten der Berechtigten zu einer weiteren Beschränkung der sich aus dem gegliederten System ergebenden Vielfalt. Hier wird im Außenverhältnis nicht nur eine Mehrheit von Trägern, sondern auch eine Vielzahl von Leistungsansprüchen durch einen einzigen ersetzt. Der Leistungsberechtigte erhält das ihm Zustehende "aus einer Hand". Die Konzentration von Leistungen der Teilhabe sowie sonstiger budgetfähiger Leistungen in der Gestalt einer einheitlichen trägerübergreifenden Komplexleistung soll ihm die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl in Betracht kommender Träger über die jeweils zu erbringenden Einzelleistungen ersparen. Umgekehrt müssen - mit Ausnahme des zuständigen - die beteiligten Träger kein eigenes Verwaltungsverfahren durchführen, soweit die von ihnen zu erbringenden Leistungen in das Budget eingehen. Zudem beschränkt sich die Höhe des PB iS der Ökonomie des Gesamtsystems grundsätzlich auf den Wert bisher individuell festgestellter Leistungen, an deren Stelle es ggf tritt.

35

§ 17 SGB IX erkennt dem zuständigen Träger dabei eine Funktion zu, die zwar potenziell jedem Rehabilitationsträger zukommen kann, im konkreten Fall aber - unter gleichzeitigem Ausschluss aller anderen - von vornherein stets nur einem von ihnen. Der Anspruch auf das PB als einer gebündelten Gesamtleistung richtet sich damit von vornherein und allein gegen den zuständigen Träger und ist von ihm zu erfüllen (vgl § 3 Abs 5 Satz 1 Budgetverordnung: "… und erbringt die Leistung"). Dem entspricht - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der beteiligten Leistungsträger in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten gemäß § 17 Abs 4 Satz 2 Halbs 1 SGB IX - grundsätzlich auch die exklusive Zuständigkeit hinsichtlich der das Verwaltungsverfahren abschließenden Entscheidungen. Der nach § 14 SGB IX zuständige Träger erlässt daher den Verwaltungsakt und bleibt ausdrücklich auch für das weitere Verfahren zuständig(§ 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX). Da zudem die für ihn zuständige Widerspruchsstelle auch den Widerspruchsbescheid erlässt (Satz 3 aaO), kommt schließlich auch er allein als Adressat des Widerspruchs und als richtiger Beklagter im Prozess in Betracht (so auch § 3 Abs 5 Satz 2 Budgetverordnung), ohne dass der Widerspruchsführer/Kläger die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten zu beachten hätte. Dies entspricht dem von den Entwurfsverfassern angestrebten Ziel der Komplexleistung, eine zwischen den jeweils beteiligten Leistungsträgern abgestimmte Leistungserbringung zu gewährleisten, die bei den Leistungsberechtigten aus einer Hand ankommt, ohne die Zuständigkeit der Leistungsträger zu ändern (BT-Drucks 15/1514 S 72).

36

Dem widerspricht § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX nur scheinbar insofern, als dort vorgesehen ist, dass der "nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger" den Verwaltungsakt "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" erlässt und das weitere Verfahren durchführt. Hierauf kann es indessen vorliegend schon deshalb nicht ankommen, weil der beklagte Rentenversicherungsträger andere Leistungsträger nicht an seinem Verwaltungsverfahren beteiligt hat und in Ermangelung von Feststellungen zum Bedarf des Klägers auch nicht wenigstens erkennbar ist, wer diese Leistungsträger sein könnten. In derartigen Fällen bleibt es notwendig bei der durch § 14 Abs 1, 2 SGB IX begründeten sachlichen Zuständigkeit für die Durchführung des PB und die hieraus abgeleitete Rechtsmacht dieses Trägers hierüber im eigenen Namen durch Verwaltungsakt zu entscheiden.

37

Auch wenn ein Verwaltungsverfahren unter Beteiligung anderer Träger stattgefunden hat, dürfte § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen sein, dass er auch im Außenverhältnis zum Berechtigten Anwendung findet. Der Verwaltungsakt erginge andernfalls in Vertretung der anderen Beteiligten mit der Folge, dass ggf Rechtsbehelfe gegen sie zu erheben wären, obwohl diese Beteiligten - wie dargelegt - einzeln oder in ihrer Gesamtheit weder Schuldner des PB sind noch den Anspruch hierauf zu erfüllen haben oder zu entsprechenden Regelungen im Außenverhältnis ermächtigt sind. Unter diesen Umständen ist zur Vermeidung einer Selbstwidersprüchlichkeit des Gesetzes davon auszugehen, dass mit den Wörtern "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" nach dem Sinn des Gemeinten nur der Umstand bezeichnet werden sollte, dass aufgrund eines gesetzlichen Auftragsverhältnisses (§ 93 SGB X) im Innenverhältnis die Folgen des § 89 Abs 3 und 5 SGB X und des § 91 Abs 1 und 3 SGB X ausgelöst werden.

38

8. Tatbestandliche Voraussetzung des Anspruchs auf ein PB ist zunächst das Bestehen von Ansprüchen auf Leistungen zur Teilhabe (§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Erst wenn daher feststeht, dass zumindest ein derartiger Anspruch gegen wenigstens einen der hierfür zuständigen Träger überhaupt besteht und die Gesamtheit derartiger Ansprüche - einschließlich ggf der in § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX genannten - insoweit konkretisiert ist, dass die jeweils intern zu leistenden Teilbudgets bestimmt werden können, kommt auf dieser Grundlage die Gewährung eines PB an den Antragsteller in Betracht. Ungeachtet des Umstandes, dass § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX - wie ausgeführt (vgl vorstehend unter 6.c) - sachlich den Bereich bloßer Ausführungsregelungen überschreiten und mit dem PB vielmehr eine besondere Rechtsfolge einschließlich einiger spezieller Verfahrensregelungen verlautbaren, entspricht auch das insofern einzuhaltende Verfahren nach Inhalt und Ausgestaltung zunächst grundsätzlich demjenigen nach § 14 iVm § 10 SGB IX. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist die Feststellung des "individuellen Bedarfs", auf deren Grundlage anschließend beurteilt werden kann, aus welchen Bereichen Leistungen in Betracht kommen und welche Träger zu beteiligen sind (§ 17 Abs 2 Satz 2, § 10 SGB IX). Dabei meint das Gesetz in diesem früheren Stadium mit dem "individuell festgestellten Bedarf" die sich eingangs ergebende Bedarfslage, die erst die Grundlage für die Beteiligung bestimmter Träger und ua von deren nachfolgendem Tätigwerden nach § 3 Budgetverordnung bildet, während es etwa mit dem Wort "Rehabilitationsbedarf" in § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX, ausweislich des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IX die Gesamtheit der schlussendlich zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe bezeichnet.

39

Die Beklagte hat bereits den Umfang des Prüfungsprogramms verkannt, das ihr das Gesetz als zweitangegangenem Träger in der Eingangsphase des Verfahrens auferlegt. Dieses umfasst auch hier die Gesamtheit der dem Kläger in seiner konkreten Bedarfssituation potenziell zustehenden Teilhabeleistungen zuzüglich ggf der daneben erforderlichen iS von § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX. Hätte sie - nach dem von vornherein aussichtslosen Versuch, den Antrag des Klägers abermals weiterzuleiten - derartige Ermittlungen getroffen und die hiernach als zuständig in Betracht kommenden Rehabilitationsträger bzw ggf die zuständige Pflegekasse und das Integrationsamt am Verfahren beteiligt, wie dies § 17 Abs 2 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vorsieht, hätte dies die Möglichkeit zur Durchführung eines der Budgetverordnung entsprechenden weiteren Verfahrens eröffnet. Der Kläger stünde dann auch nicht trotz einer gemäß § 17 Abs 6 SGB IX bis zum 31.12.2007 währenden Erprobungsphase (vgl hierzu etwa BT-Drucks 16/3983) und mehr als drei Jahre nach Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch seinen Antrag vom 18.1.2008 vor der Situation, dass die Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs am Ende des Revisionsverfahrens noch immer allenfalls rudimentär geklärt sind. Vielmehr hätte nach Einholung einer Stellungnahme der beteiligten Leistungsträger (§ 3 Abs 1 Budgetverordnung) und einer gemeinsamen Beratung mit dem Kläger im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen dialogischen Verfahrens über die getroffenen Feststellungen und den Inhalt der Zielvereinbarung (Abs 3 aaO) eine Feststellung des auf die einzelnen Träger jeweils entfallenen Teilbudgets (Abs 4 aaO) erfolgen können. Eine teilweise befürchtete Belastung des zuständigen Trägers mit Aufwendungen, die er aufgrund einer unzutreffenden Einschätzung der Lage in einem für ihn fremden Rechtsgebiet erbracht hat, ist damit bei Beachtung der zwingenden rechtlichen Vorgaben - zumindest in aller Regel - gerade ausgeschlossen. Demgegenüber rechtfertigt allein das Bestreben nach einer Vermeidung von Aufwendungen, die rechtlich im Außenverhältnis zu tragen sind, ungeachtet der diesem Bestreben innewohnenden "Rationalität", keine Beschränkung gesetzlicher Ansprüche durch ihrerseits an Recht und Gesetz gebundene (Art 20 Abs 3 GG) sowie einfachgesetzlich der weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte verpflichtete (§ 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I) Verwaltungsträger.

40

Das LSG wird die von der Beklagten unterlassenen Ermittlungen nunmehr auf der Grundlage von § 103 SGG selbst nachzuholen haben. Insofern dürfte es ggf im Anschluss an eine Befragung insbesondere der behandelnden Ärzte des Klägers naheliegen, gemäß § 14 Abs 5 SGB IX zunächst einen sozialmedizinischen Sachverständigen zum Rehabilitationsbedarf im vorstehend benannten Sinne zu hören. Hiervon ausgehend wird das LSG zu prüfen haben, ob Leistungspflichten weiterer Träger in Betracht kommen und - nach deren notwendiger Beiladung - die Voraussetzungen von gegen diese Träger gerichteten Ansprüchen soweit aufzuklären haben, dass innerhalb des mehrstufigen Prüfungsverfahrens die (alle) Voraussetzungen der jeweils ersten Ermessensausübung feststehen.

41

9. Soweit der Kläger ein trägerübergreifendes PB begehrt, um die Ausbildung zum Techniker für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik fortzuführen und dort einen Abschluss zu erzielen, kommt allerdings eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Beklagte nicht in Betracht. Damit entfällt auch von vornherein die Möglichkeit, auf der Grundlage eines entsprechenden Leistungsanspruchs ein Teilbudget festzustellen (§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI, § 3 Abs 4 Budgetverordnung).

42

Für eine solche Leistung kommt die Beklagte nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen (§ 7 Satz 2 SGB IX) zwar als zuständig in Betracht (vgl § 5 Nr 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX). Entgegen der Ansicht der Klägers sind jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS der §§ 9 ff SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) nicht erfüllt. Gemäß § 9 Abs 2 SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "Ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "Wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht (vgl ua BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3 mwN).

43

Wie bereits das LSG zutreffend festgestellt hat, liegen beim Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI vor. Auch ein Ausschlusstatbestand nach § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI greift nicht ein, weil der Kläger zwar seit 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht, eine solche Rente jedoch nicht "regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird"(vgl Luthe in: jurisPK-SGB VI, § 12 RdNr 49, Stand: 23.12.2010). Damit ist der Rentenversicherungsträger grundsätzlich gehalten, Maßnahmen zur Besserung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten einzuleiten und kann sich nicht allein auf den - zum Teil zeitlich weit vorausliegenden - Eintritt in die Altersrente berufen, wenn entsprechende Erfolgsaussichten zur Verbesserung des Leistungsvermögens bestehen.

44

Der Kläger erfüllt jedoch die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht.

45

Nach § 10 Abs 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.    

deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2.    

bei denen voraussichtlich

a)    

bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b)    

bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c)    

bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

46

Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aus den in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI genannten Gründen gemindert ist. Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (vgl BSG Urteil vom 29.3.2006 - B 13 RJ 37/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 17). Nach den Feststellungen des LSG ist wegen der körperlichen, kognitiven und ermüdungsfördernden Störungen eine Einschränkung für zahlreiche herkömmliche Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich und auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (als Heizungsbauer) gegeben.

47

Ausgehend von den Feststellungen des LSG bieten Maßnahmen zur Teilhabe beim Kläger jedoch generell - unabhängig also von einer konkreten Einzelmaßnahme - keine Erfolgsaussicht in dem von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI geforderten Sinne, dass hierdurch die bereits geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könnte. Wie der Senat bereits entschieden hat, hat der dortige Begriff der Erwerbsfähigkeit einen anderen Sinngehalt als derjenige des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI. Während der Begriff der Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI eng mit der bisherigen Tätigkeit des Versicherten verknüpft ist, umfasst § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI auch andere Tätigkeiten(vgl BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 21 f, 32). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen daher nicht allein auf die Erhaltung, wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten in seinem bisherigen Beruf oder seiner bisherigen Tätigkeit gerichtet sein (vgl auch BSGE 48, 74, 76 = SozR 2200 § 1237a Nr 6 S 8 f). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG kommt für den Kläger indessen auch innerhalb des dort noch für möglich erachteten zeitlichen Umfangs einer "halbschichtigen Tätigkeit" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Verrichtung einer Erwerbstätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen in Betracht und ist eine Besserung dieses Zustands ausgeschlossen. Damit scheiden Erwerbstätigkeiten in ihrer Gesamtheit aus und kommt es entgegen der Revision schon deshalb nicht darauf an, ob für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Zusammenhang von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI rehabilitationsrechtlich auf einen besonderen Kreis von Tätigkeiten oder einen besonderen zeitlichen Umfang ihrer Verrichtung abzustellen sein könnte. Die bestehende Erwerbsunfähigkeit des Klägers kann damit unter keinen Umständen behoben werden, sodass der Aufgabenbereich der Beklagten als Rehabilitationsträger nicht eröffnet ist. Wenn nämlich bereits Erwerbsunfähigkeit vorliegt, reicht es nicht aus, wenn zwar die geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert, nicht aber die Erwerbsunfähigkeit beseitigt wird (BSG vom 23.2.2000 - B 5 RJ 8/99 R - SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 6 mwN).

48

Ebenso wenig ist § 10 Abs 1 Nr 2a SGB VI anwendbar. Denn eine "erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit" im Sinne dieser Norm liegt dann nicht vor, wenn - wie hier - eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits eingetreten ist. Der Kläger ist bereits langjährig erwerbsgemindert, eine (bloße) Gefährdung der Erwerbsfähigkeit besteht nicht mehr.

49

Schließlich ist auch § 10 Abs 1 Nr 2c SGB VI nicht einschlägig. Danach darf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben - neben anderen Voraussetzungen - nur dann bewilligt werden, wenn bei teilweiser Erwerbsminderung - wie beim Kläger - zwar keine Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit besteht, durch die Leistungen jedoch ein bereits innegehabter Arbeitsplatz erhalten werden kann (BT-Drucks 14/4230, S 24 f; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.10.2008, L 1 R 393/06 mwN). Einen Arbeitsplatz hat der Kläger jedoch nicht inne, sondern strebt einen solchen durch die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und das von ihm begehrte trägerübergreifende PB erst an.

50

10. Das SG - auf das sich das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG bezieht - hat in seiner Entscheidung vom 6.11.2008 einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines PB verneint, weil die Grundvoraussetzungen für eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach den Vorschriften der §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, lasse sich nicht feststellen, denn der Kläger habe mit Schreiben vom 18.1.2008 gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert. Hierauf allein kann eine ablehnende gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden. Das LSG wird dem Kläger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben, ob er seine Weigerung auch im gerichtlichen Verfahren aufrechterhält. Insofern wird auch zu klären sein, ob der Antrag des Klägers mit Wirkung für das PB zurückgenommen worden ist bzw zurückgenommen werden konnte.

51

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung können auch erbracht werden, wenn Menschen mit Behinderungen nicht arbeitslos sind und durch diese Leistungen eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann.

(2) Förderungsfähig sind auch berufliche Aus- und Weiterbildungen, die im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung abweichend von den Ausbildungsordnungen für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe oder in Sonderformen für Menschen mit Behinderungen durchgeführt werden.

(3) Ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besteht auch, wenn der Mensch mit Behinderungen während der Berufsausbildung im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt. In diesem Fall wird der jeweils geltende Bedarf nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zugrunde gelegt. Für die Unterkunft wird der jeweils geltende Bedarf nach § 13 Absatz 2 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zugrunde gelegt.

(4) Ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besteht auch, wenn der Mensch mit Behinderungen, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils wohnt, auch wenn die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus in angemessener Zeit zu erreichen ist. In diesem Fall wird der Bedarf nach Absatz 3 Satz 2 und 3 zugrunde gelegt.

(5) Eine Verlängerung der Ausbildung über das vorgesehene Ausbildungsende hinaus, eine Wiederholung der Ausbildung ganz oder in Teilen oder eine erneute Berufsausbildung wird gefördert, wenn Art oder Schwere der Behinderung es erfordern und ohne die Förderung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben nicht erreicht werden kann.

(6) Berufliche Weiterbildung kann auch gefördert werden, wenn Menschen mit Behinderungen

1.
nicht arbeitslos sind,
2.
als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind oder
3.
einer längeren Förderung als Menschen ohne Behinderungen oder einer erneuten Förderung bedürfen, um am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben.
Förderungsfähig sind auch schulische Ausbildungen, deren Abschluss für die Weiterbildung erforderlich ist.

(7) Ein Gründungszuschuss kann auch geleistet werden, wenn der Mensch mit Behinderungen einen Anspruch von weniger als 150 Tagen oder keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern.

(2) Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, ist auch die berufliche Eignung abzuklären oder eine Arbeitserprobung durchzuführen.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können erbracht werden

1.
allgemeine Leistungen sowie
2.
besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen.

(2) Besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern.

(2) Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, ist auch die berufliche Eignung abzuklären oder eine Arbeitserprobung durchzuführen.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Die Vorschriften im Teil 1 gelten für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Das Recht der Eingliederungshilfe im Teil 2 ist ein Leistungsgesetz im Sinne der Sätze 1 und 2.

(2) Abweichend von Absatz 1 gehen die Vorschriften der Kapitel 2 bis 4 den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen vor. Von den Vorschriften in Kapitel 4 kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbringen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 49 bis 54 des Neunten Buches, im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen nach § 57 des Neunten Buches, entsprechende Leistungen bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 des Neunten Buches sowie das Budget für Ausbildung nach § 61a des Neunten Buches. Das Budget für Ausbildung wird nur für die Erstausbildung erbracht; ein Anspruch auf Übergangsgeld nach § 20 besteht während der Erbringung des Budgets für Ausbildung nicht. § 61a Absatz 5 des Neunten Buches findet keine Anwendung.

(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um

1.
den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2.
dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Die Leistungen zur Prävention haben Vorrang vor den Leistungen zur Teilhabe. Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind.

(2) Die Leistungen nach Absatz 1 sind zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung

1.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder
2.
eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.

(2) Für die Leistungen zur Prävention und zur medizinischen Rehabilitation haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch erfüllt, die

1.
in den letzten zwei Jahren vor der Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben,
2.
innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen und bis zum Antrag ausgeübt haben oder nach einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit bis zum Antrag arbeitsunfähig oder arbeitslos gewesen sind oder
3.
vermindert erwerbsfähig sind oder bei denen dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
§ 55 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Zeitraum von zwei Jahren nach Nummer 1 verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches. Für die Leistungen nach § 15a an Kinder von Versicherten sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit oder die in Satz 1 oder in Absatz 1 genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt hat.

(2a) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden an Versicherte auch erbracht,

1.
wenn ohne diese Leistungen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre oder
2.
wenn sie für eine voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Träger der Rentenversicherung erforderlich sind.

(3) Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen haben auch überlebende Ehegatten erfüllt, die Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben. Sie gelten für die Vorschriften dieses Abschnitts als Versicherte.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2.
bei denen voraussichtlich
a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder
2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Leistungen zur Teilhabe in Form eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets (PB) zu gewähren sind.

2

Der am 1956 geborene Kläger hat den Beruf des Heizungsbauers erlernt und überwiegend ausgeübt. Er leidet an einer - im Jahr 1992 festgestellten - Multiplen Sklerose. Seit 1997 sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1989 Rente wegen Berufsunfähigkeit, zeitweise Erwerbsunfähigkeit, sowie ab 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (Bescheid vom 27.6.2001). Von Dezember 2001 bis Dezember 2002 war der Kläger als technischer Angestellter bei einer Heizungs- und Klimafirma tätig. Die Bewilligung der am 19.8.2004 begonnenen Umschulung zum Techniker im Heizungsbau hob die Beklagte wegen Nichtteilnahme am Unterricht und damit fehlender Erfolgsaussicht zum 28.9.2005 auf (Bescheid vom 5.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2006), die Klage vor dem SG Hannover hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 19.9.2007 zurückgenommen. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Fortsetzung der abgebrochenen Maßnahme lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8.10.2007). Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.3.2008; SG Hannover - S 14 R 329/08 - Rücknahme der Klage am 18.11.2008).

3

Den an das Sozialamt der Stadt S. gestellten Antrag vom 18.1.2008 auf ein PB unter Einbeziehung des Antrags von 2007 auf Eingliederungshilfe leitete diese an die Beklagte weiter. Diese lehnte den Antrag ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ihren Lasten nicht gegeben seien (Bescheid vom 21.4.2008). Der Widerspruch wurde zurückgewiesen, ein Anspruch auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe nicht (Widerspruchsbescheid vom 20.5.2008).

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 6.11.2008). Ob ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe, sei Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens S 14 R 329/08. Bis dahin könne eine Entscheidung über die Ausführung der Leistung - hier in Form eines PB - nicht getroffen werden. Auch eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (hier: Eingliederungshilfe) könne der Kläger nicht beanspruchen. Zwar sei die Beklagte kraft Weiterleitung nach § 14 SGB IX zuständig. Der Kläger habe jedoch gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert, sodass nicht entschieden werden könne, ob die Aufbringung der Mittel dem Kläger unzumutbar sei.

5

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat nach Beiladung des Sozialhilfeträgers die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.1.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs 1, insbesondere der Nr 2b SGB VI, lägen nicht vor. Die beim Kläger gegebene verminderte Erwerbsfähigkeit könne voraussichtlich durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht "wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden". Denn dem Kläger fehle die entsprechende Rehabilitationsfähigkeit. Der Kläger strebe zwar eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben an. Nach seinem medizinischen Leistungsvermögen sei aber unter Berücksichtigung des eingeholten fachmedizinischen (neurologischen) Gutachtens eine Teilnahme am Erwerbsleben unter betriebsüblichen Bedingungen weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch (erst recht) in dem vom Kläger angestrebten Berufsfeld des Technikers möglich. Dagegen sprächen insbesondere die eingeschränkte Wegefähigkeit und die Einschränkungen namentlich im kognitiven Bereich.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 17, 33 SGB IX iVm § 10 SGB VI. Mit dem LSG bestehe Übereinstimmung, dass die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 SGB VI erfüllt sein müssten, damit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger erbracht werden können. Nicht gefolgt werden könne dem LSG, soweit es eine dauerhafte Erwerbsfähigkeit aufgrund eingeschränkter Wegefähigkeit nach "rentenrechtlichen Maßstäben" nicht mehr als gegeben ansehe. Denn der Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rehabilitationsrecht stimme mit dem Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rentenrecht nicht überein. So sei eine Rehabilitationsfähigkeit unter Beachtung der Definition der Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI stattdessen gegeben, wenn eine Eingliederung in das Erwerbsleben nach Leistungsbereitschaft und -fähigkeit des Versicherten nicht völlig aussichtslos erscheine und keine Gründe erkennbar seien, derentwegen Teilhabeleistungen als von vornherein nicht aussichtsreich beurteilt werden müssten. So könne das Rehabilitationsziel durchaus darauf gerichtet sein, einen Versicherten in die ihm grundsätzlich mögliche halbschichtige Erwerbstätigkeit auf Dauer einzugliedern und qualitative Leistungseinschränkungen und Behinderungen mit Maßnahmen der Behindertenhilfe (insbesondere zur Verbesserung der Wegefähigkeit) auszugleichen.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 6. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend. Auch unter Zugrundelegung rein rehabilitationsrechtlicher Maßstäbe lasse die Summe der vom LSG festgestellten qualitativen Einschränkungen eine auch nur teilweise Erwerbsfähigkeit als nicht erreichbar erscheinen.

10

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Ein Anspruch auf Bereitstellung eines PB ergebe sich auch nicht aus §§ 5 Nr 4, 17, 55 ff SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, weil die Grundvoraussetzungen hierfür nach §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Seiner Mitwirkungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe in seinem Antrag vom 18.1.2008 erklärt, dass er Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigere. Mit Schreiben vom 6.5.2008 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seinen Antrag auf Eingliederungshilfe zurückziehe. Seine wirtschaftliche Situation habe sich gebessert, sodass er nicht (mehr) auf Hilfe durch das Sozialamt angewiesen sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann schon deshalb keine abschließende Entscheidung treffen, weil es an einer individuellen Feststellung des - nicht auf einzelne Leistungsgruppen oder den Zuständigkeitsbereich eines einzelnen Leistungsträgers begrenzten - Rehabilitationsbedarfs des Klägers fehlt. Damit kann von vornherein nicht beurteilt werden, ob dem Kläger zur Deckung dieses im umfassenden Sinne verstandenen Bedarfs Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe als Grundlage eines PB zustehen. Insbesondere bleibt aufgrund der defizitären Sachaufklärung des Berufungsgerichts offen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die im Bereich der Rehabilitation grundsätzlich und in aller Regel zu treffenden Leistungsentscheidungen vorliegen, die von selbstständigen Spielräumen der Verwaltung abhängen.

12

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist die Revision noch ausreichend iS von § 164 Abs 2 Satz 1 SGG begründet(zu den Anforderungen allgemein vgl BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 ff mwN). Streitgegenstand der Klage ist im Wesentlichen der Anspruch des Klägers auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich seines Rechts auf ein PB (s hierzu im Einzelnen nachfolgend unter 3.). Anspruchsgrundlage ist hierfür im Zuständigkeitsbereich der Beklagten § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI, der seinerseits "auf § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" verweist. Das vom Kläger im Verwaltungsverfahren beantragte und mit der Klage begehrte "Persönliche Budget" (PB) wird nach § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. Der zuständige Träger entscheidet durch einheitlichen Verwaltungsakt über Grund und Höhe des entsprechenden - monatlichen - Geldbetrags, auch wenn in die Bemessung dieses Betrags die Leistungen mehrerer Träger eingegangen sind (vgl § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX: "den Verwaltungsakt"; ebenso § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung vom 27.5.2004, BGBl I 1055: "den Verwaltungsakt" bzw "die Leistung"). Der zuständige Träger handelt damit nicht rechtmäßig, wenn er ungeachtet der - wie auch hier - grundsätzlich weiten Fassung des Antragsbegehrens eine Entscheidung dennoch nur auf der Grundlage einzelner Bewertungselemente bzw auf den Zuständigkeitsbereich einzelner Träger begrenzt trifft und insofern den Antrag nicht ausschöpft. Die Beklagte, deren Verwaltungsakte das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit auslegt (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 mwN; BFHE 214, 18, 23 mwN), und die Vorinstanzen haben - ungeachtet insbesondere des fragmentarischen Charakters ihrer Begründungen - jeweils über ein PB in diesem umfassenden Sinne entschieden und nicht zu erkennen gegeben, sie wollten entgegen der Gesetzeslage etwa nur eine Teil-Entscheidung treffen.

13

Die Revision des Klägers, die der Senat uneingeschränkt zugelassen hat, wendet sich ihrerseits in vollem Umfang gegen das Urteil des LSG vom 5.1.2010. Auch die Begründung hierzu geht jedenfalls in ihren allgemeinen rechtlichen Ausführungen auf die Komplexnatur des persönlichen trägerübergreifenden Budgets ein, beschränkt sich dann aber auf eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB VI.

14

Hierin ist indessen keine nachträgliche sinngemäße Beschränkung des revisionsrechtlichen Streitgegenstands (vgl hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 27.4.2010 in SozR 4-2600 § 233a Nr 1 und des 4. Senats vom 29.9.1994 in SozR 3-2200 § 1251 Nr 6) durch den Kläger zu sehen, der in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nochmals ausdrücklich bestätigt hat, der Anspruch auf ein persönliches trägerübergreifendes Budget solle "im Hinblick auf alle in Betracht kommenden Aspekte weiter verfolgt werden". Auch liegt nicht ausnahmsweise ein verfahrensrechtlich relevantes Begründungsdefizit vor. Zwar muss sich die Revisionsbegründung grundsätzlich mit allen Aspekten befassen, die den mit der Klage geltend gemachten Anspruch betreffen und vor das Revisionsgericht getragen werden sollen. Allerdings ist vorliegend die Situation dadurch gekennzeichnet, dass es hinsichtlich des zum 1.1.2008 als Pflichtleistung eingeführten PB bisher an oberstgerichtlicher Rechtsprechung fehlt und gleichermaßen im Verwaltungsverfahren wie in zwei Gerichtsinstanzen der materielle Gehalt des neuen Rechtsinstituts wie das sich hieraus ergebende Verfahrensrecht nicht annähernd erfasst worden sind. Unter diesen Umständen würde das Grundrecht des Klägers auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) in unzumutbarer Weise verkürzt, wollte man ihm erstmals als Voraussetzung für den Zugang zur Revisionsinstanz abverlangen, diese Defizite zu kompensieren und die maßgeblichen Aspekte zu thematisieren. Nicht anders als bei der Herbeiführung der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels im Rahmen der gesonderten Entscheidung über seine Zulassung muss auch bei der Prüfung der Zulässigkeit des statthaften Rechtsmittels der begrenzte Sinn und Zweck der Zulässigkeitsprüfung und der dort vernünftigerweise zu leistende Prüfungsumfang beachtet werden. In die Zulässigkeitsprüfung dürfen unter diesem Gesichtspunkt insbesondere nicht Gesichtspunkte Eingang finden, die bisher im Verfahren keine Rolle gespielt haben und die zu erörtern im Blick auf eine offensichtliche oder geklärte Rechtslage auch sonst kein Anlass bestanden hat (vgl etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 24.1.2007, NVwZ 2007, 805 ff). Dem Kläger würden andernfalls unter Verkennung der Funktion des Revisionsverfahrens im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung Gesichtspunkte entgegengehalten, denen angesichts einer offensichtlich in bedeutendem Umfang die Gesetzeslage verfehlenden Praxis ihrerseits grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl BVerfG aaO).

15

2. Die zulässige Revision erweist sich nicht bereits deshalb als unbegründet, weil die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 6.11.2008 mangels Statthaftigkeit unzulässig gewesen wäre. Die Berufung gegen Urteile und Gerichtsbescheide (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG) ist grundsätzlich statthaft (§ 143 SGG). Vorliegend bedurfte es auch nicht ausnahmsweise der Zulassung der Berufung durch das SG oder auf Beschwerde durch das LSG, die sich beide zu dieser Frage nicht verhalten haben. Der Kläger hat nämlich mit der Klage, die sich ua auf die gegenüber dem beigeladenen Träger der Sozialhilfe geltend gemachten Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft ("Hilfe beim Spazierengehen") bezieht, von Anfang an einen Anspruch auf laufende Geldleistungen für mehr als ein Jahr geltend gemacht (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG) und diesen Anspruch unverändert auch mit der Berufung geltend gemacht. Unter diesen Umständen bedarf es keiner näheren Ausführungen dazu, dass der ausnahmsweise Ausschluss der Berufung nach Satz 1 Nr 1 aaO zu Lasten des Rechtsmittelführers dann nicht eingreifen kann, wenn es - wie hier - an jeder Grundlage für eine Schätzung des Werts des Beschwerdegegenstands fehlt.

16

3. Der Kläger hat nach seinem "wahren" Begehren, das auch im Revisionsverfahren von der äußeren Fassung seiner Anträge zu unterscheiden ist (§ 123 SGG), zutreffend eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1, Abs 4 SGG) erhoben. Dies ergibt sich im Blick auf die Gesetzeslage aus dem mit der Klage erstrebten Erfolg. Gemäß § 159 Abs 5 SGB IX(eingeführt durch Art 8 Nr 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022 mWv 1.1.2005) ist nämlich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX vom 1.1.2008 an mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf Antrag Leistungen durch ein PB ausgeführt werden. § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX räumt damit seither - bei unverändertem Wortlaut dieser Norm selbst - einen Rechtsanspruch hierauf ein.

17

Welches die im Blick auf das Begehren des Klägers zutreffende Entscheidungsform ist - Verurteilung zur Leistung (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) bzw zum Erlass eines Verwaltungsakts des Inhalts, die Leistung in genau bezeichnetem Umfang zu gewähren (§ 131 Abs 2 Satz 1 SGG) oder zur Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - hängt davon ab, ob der Beklagten auch nach vollständiger Klärung der Sachlage noch ein Entscheidungsspielraum bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf ein trägerübergreifendes PB verbleibt. Diese Unterscheidung ist durch § 159 Abs 5 SGB IX nicht etwa von vornherein überflüssig geworden. Der Anspruch auf ein PB findet nämlich seinerseits seine Grundlage erst in der Zusammenfassung aller nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs zuzuerkennenden Leistungen (§ 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX), die bei einer isolierten Entscheidung hierüber rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel nur in Abhängigkeit vom Ermessen des zuständigen Leistungsträgers beansprucht werden können. Dieses "Ermessen" bleibt zumindest als von der dritten Gewalt zu beachtender eigener Entscheidungsspielraum der Verwaltung auch erhalten, soweit - wie hier - der Anspruch auf derartige Leistungen in einem gestuften Verfahren zur Tatbestandsvoraussetzung des PB geworden ist. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass mit der Entscheidung über die Einführung von § 159 Abs 5 SGB IX, der ua ausdrücklich auch für die Beklagte gilt(§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI), gleichzeitig eine generelle Änderung der Entscheidungskompetenzen hinsichtlich der Gewährung der mit dem PB "auszuführenden" Teilhabeleistungen angeordnet werden sollte. Steht daher hinsichtlich auch nur einer der als unselbstständiger Teil des PB möglicherweise in dessen Bemessung eingehenden Leistungen eine erforderliche "Ermessensausübung" noch aus, kann das Gericht die Spruchreife schon zum Grund dieses Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) aus rechtlichen Gründen nicht selbst herbeiführen und muss den eigenen Entscheidungsraum der Verwaltung berücksichtigen, den ihr der Parlaments-Gesetzgeber eingeräumt hat.

18

Der prozessuale Begriff der Spruchreife (vgl auch § 113 Abs 5 Satz 1 VwGO, § 101 Satz 1 FGO) bildet dabei ua die materiell-rechtliche Unterscheidung zwischen "freier" und "gebundener" Verwaltung ab (Wolff in Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 3. Aufl, § 113 RdNr 422 f mwN). Jedenfalls solange daher nicht abschließend feststeht, dass überhaupt budgetfähige Leistungen zu erbringen sind, die ihrerseits grundsätzlich vom "Ermessen" des zuständigen Trägers abhängen, bleibt damit auch der Anspruch von Personen wie dem Kläger im Ergebnis zunächst unverändert auf die pflichtgemäße Ausübung dieses "Ermessens" begrenzt (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I) bzw sind ihnen weitergehende subjektive öffentliche Rechte iS von Art 19 Abs 4 GG nicht eingeräumt (vgl insofern zuletzt BVerfG vom 31.5.2011, 1 BvR 857/07, Juris).

19

Die Frage der zutreffenden Entscheidungsform bedarf hiervon ausgehend derzeit noch keiner abschließenden Beantwortung. Auch wenn der gerichtlich geltend gemachte Anspruch von einer Ermessensentscheidung oder der Ausübung eines der Verwaltung vorbehaltenen Gestaltungsspielraums abhängt, umfasst das gerichtliche Prüfungs- und Entscheidungsprogramm die Herbeiführung der Spruchreife in tatsächlicher Hinsicht, dh die Sachaufklärung und Feststellung hinsichtlich aller Umstände, die erforderlich sind, um das Vorliegen eines Ermessensfehlers oder die Verletzung eines Beurteilungsspielraums festzustellen (Wolff, aaO RdNr 433). Hieran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht hat das umfassende Prüfungsprogramm verkannt, das § 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX dem zuständigen Träger und im Streitfall den Gerichten bereits hinsichtlich des Grundes eines Anspruchs auf ein PB zumutet und hat daher die Aufklärung des rechtlich einschlägigen Sachverhalts im Wesentlichen unterlassen. Im Revisionsverfahren kann damit bereits das Vorliegen wesentlicher gesetzlicher Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe, die ihrerseits nach Maßgabe des festgestellten Bedarfs in ein PB eingehen könnten, nicht abschließend beurteilt werden, sodass nur eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht in Frage kommt (vgl BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 83/09 R, zur Veröffentlichung in SozR und BSGE vorgesehen). Dagegen steht derzeit keiner der Sachverhalte fest, die ausnahmsweise eine teilweise "Rückgabe an die Verwaltung" erlauben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5).

20

4. Das LSG hat zu Recht den zuständigen Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Nicht erforderlich ist es, die vorliegend notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 Satz 1 Alt 1 SGG nachzuholen, wenn vom Gericht bereits - wie hier - eine einfache Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG ausgesprochen worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene einen abweichenden Sachantrag gestellt hätte, bestehen nicht (vgl BSGE 67, 256, 259 = SozR 3-2500 § 92 Nr 1). Die Voraussetzungen einer echten notwendigen Beiladung liegen vor, weil die vom Kläger begehrte Entscheidung nur einheitlich auch gegenüber dem Sozialhilfeträger möglich ist. Dessen Verantwortungsbereich bleibt nämlich ungeachtet der externen Zuständigkeit der Beklagten im Innenverhältnis erhalten, wenn er Leistungen der Eingliederungshilfe als Teil eines trägerübergreifenden PB erbringt (§ 57 Satz 1 SGB XII). Nicht anders als bei § 14 SGB IX(vgl hierzu BSGE 93, 283 ff RdNr 5 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) bestehen damit erst recht im Rahmen von § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX die notwendige Beiladung begründende Verpflichtungen der originär zuständigen Träger fort.

21

5. Das Leistungsrecht der einzelnen Träger enthält jeweils Bestimmungen des Inhalts, dass die dort vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch als "Teil" eines trägerübergreifenden PB erbracht werden können und ordnet jeweils die Anwendung von "§ 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" an(vgl insofern für den beklagten Rentenversicherungsträger § 13 Abs 1 Satz 2 SGB VI). § 17 SGB IX, dem diese spezialgesetzlichen Regelungen zu Voraussetzungen und Inhalten der jeweiligen Leistungen zur Teilhabe vorgehen(§ 7 SGB IX), enthält seinerseits die näheren Bestimmungen zur Ausführung von "Leistungen zur Teilhabe … durch ein Persönliches Budget" (vgl zur Regelungstechnik insgesamt Masuch in jurisPR-SozR 22/2004 Anm 4 Nr 3). Diese Vorschrift lautet in der hier maßgeblichen Fassung ab dem 30.3.2005 wie folgt:

        

(1) Der zuständige Rehabilitationsträger kann Leistungen zur Teilhabe
1. allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
2. durch andere Leistungsträger oder
3. unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen (§ 19) ausführen. Er bleibt für die Ausführung der Leistungen verantwortlich. Satz 1 gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer oder wirtschaftlicher erbringen kann.

        

(2) Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der nach § 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch. Ein anderer der beteiligten Leistungsträger kann mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragt werden, wenn die beteiligten Leistungsträger dies in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten vereinbaren; in diesem Fall gilt § 93 des Zehnten Buches entsprechend. Die für den handelnden Leistungsträger zuständige Widerspruchsstelle erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

22

§ 17 ist mit dem SGB IX zum 1.7.2001 eingeführt worden. In der zunächst - bis 30.6.2004 - geltenden Fassung der Norm war das PB in Abs 1 Satz 1 Nr 4 als eine der - auch heute noch unverändert unter Nr 1 bis 3 aaO aufgeführten - Möglichkeiten der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe durch den zuständigen Träger aufgeführt. Nach § 17 Abs 2 SGB IX in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung war das PB so zu bemessen, dass eine Deckung des festgestellten Bedarfs unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit möglich ist. Abs 3 aaO sah vor, dass die Rehabilitationsträger die Einführung des PB durch Modellvorhaben prüfen.

23

§ 17 SGB IX wurde durch Art 8 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) mit Wirkung vom 1.7.2004 neu gefasst. Nur insofern anders als heute sah Abs 2 Satz 1 hiernach die Ausführung von Leistungen zur Teilhabe auch durch ein "monatliches" PB vor. Satz 2 und 3 des neuen Abs 2 gelten bis heute unverändert fort. Satz 4 bis 6 aaO lauteten in der ab 1.7.2004 zunächst vorgesehenen Fassung wie folgt:

        

Budgetfähige Leistungen sind Leistungen, die sich auf alltägliche, regelmäßig wiederkehrende und regiefähige Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. Eine Pauschalierung weiterer Leistungen bleibt unberührt. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

Im Übrigen hatte § 17 SGB IX ab dem 1.7.2004 folgenden Wortlaut:

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden im Verfahren nach § 10 so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 erstangegangene und beteiligte Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

24

Ebenfalls zum 1.7.2004 wurde § 17 SGB IX durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 (BGBl I 818) rückwirkend erneut geändert. In Abs 2 Satz 1 wurde nunmehr das Wort "monatliches" gestrichen. Abs 2 Satz 4 wurde wie folgt gefasst:

        

Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können.

25

Der bisherige Satz 5 aaO wurde aufgehoben, der bisherige Satz 6 wurde damit zum neuen Satz 5. In Abs 3 Satz 1 wurde der den Satz abschließende Punkt durch ein Komma ersetzt und die Wörter "bei laufenden Leistungen monatlich" angefügt. In Abs 3 Satz 3 wurden die Wörter "im Verfahren" durch die Wörter "auf der Grundlage der" und die Angabe "§ 10" durch die Angabe "§ 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen" ersetzt.

26

Schließlich wurden ebenfalls durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 mit Wirkung vom 30.3.2005 in Abs 4 die Wörter "erstangegangene und beteiligte" durch die Wörter "zuständige der beteiligten" ersetzt und die bis heute geltenden Sätze 2 und 3 angefügt.

27

6. Der Anspruch auf ein PB ist - mit Ausnahme des Sonderfalls der Ausgabe von Gutscheinen (§ 17 Abs 3 Satz 2 SGB IX) - grundsätzlich auf eine einheitliche - monatliche - Geldleistung (a) durch einen einzigen Träger (b) und auf der Grundlage einer einheitlichen Entscheidung (c) gerichtet.

28

a) "Leistungen zur Teilhabe" und ggf sonstige budgetfähige Leistungen (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) werden auf Antrag durch ein "Persönliches Budget" - nicht etwa durch mehrere - ausgeführt (Satz 1 aaO). Auch soweit mehrere Träger an der Ausführung beteiligt sind, geht es im Außenverhältnis nur um ein PB (Abs 2 Satz 2 aaO) und erbringen die beteiligten Träger als Komplexleistung trägerübergreifend nur ein PB (Satz 3 aaO). Wie Abs 3 Satz 4 aaO zeigt, führt auch die Zusammenfassung von schon bisher individuell festgestellten und ohne das PB zu erbringenden Leistungen zu einer einheitlichen Höhe des PB. Dementsprechend wird auch das PB selbst "in der Regel" als - einheitliche - (monatliche) Geldleistung ausgeführt (Abs 3 Satz 1 aaO).

29

Dies entspricht Sinn und Zweck der Regelungen über das PB. Dem Gesetz liegt seit der Einführung des Rechtsinstituts die zentrale Vorstellung zugrunde, dass das PB dem Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung ermöglicht (so ausdrücklich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX; in diesem Sinne etwa auch BT-Drucks 14/5074 S 103 und 15/1514 S 72). Hierzu sollen den Betroffenen regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, die es ihnen ermöglichen, auf der Grundlage eigener Vertragsschlüsse mit Leistungserbringern Betreuungsleistungen selbst zu organisieren und zu bezahlen (vgl BT-Drucks 15/1514 S 1, 72). Dieser Entkoppelung entspricht die Zuweisung eines pauschalen - monatlichen - Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt (vgl Luthe in: jurisPK-SGB IX § 9 RdNr 39, Stand: 13.4.2010).

30

b) Der Anspruch auf das PB richtet sich gegen einen einzigen Träger. Dies ist selbstverständlich, wenn nur ein Träger mehrere von ihm geschuldete Leistungen zur Teilhabe zusammenfasst. "Enthält" das PB Leistungen mehrerer Leistungsträger in dem Sinne, dass diese Leistungen im Innenverhältnis als Teil des PB erbracht werden und im Außenverhältnis als Grundlage für dessen Bemessung dienen, bestimmt sich die ausschließliche materielle Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis auch insofern nach § 14 SGB IX. Dies ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Anknüpfung an diese Norm in § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Zudem sieht das Gesetz das PB unverändert als eine Form der "Ausführung" von Leistungen zur Teilhabe neben den in § 17 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB IX genannten an(Abs 2 Satz 1 SGB IX aaO: "… auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden …") und setzt für alle Formen der "Ausführung" eine anderweitig bereits bestimmte Zuständigkeit voraus (§ 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX), die sich nur aus den hierzu allgemein getroffenen Regelungen ergeben kann.

31

Für § 14 SGB IX ist durch die bisherige Rechtsprechung geklärt, dass derjenige Träger, der den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat (erstangegangener Träger) und derjenige Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde (zweitangegangener Träger) und der daher zu einer erneuten Weiterleitung grundsätzlich nicht ermächtigt ist, ungeachtet seiner "eigentlichen" Zuständigkeit jeweils zur umfassenden Prüfung des Rehabilitationsbedarfs nach § 10 SGB IX verpflichtet ist(vgl Urteil des Senats in SozR 4-3250 § 14 Nr 8; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Entsprechend dem Primärzweck der Norm, bei fortdauernder interner Verpflichtung des eigentlich zuständigen Leistungsträgers eine schnelle Klärung der Zuständigkeit im Außenverhältnis zu gewährleisten (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), hat dieser Träger auf den grundsätzlich in einem umfassenden Sinne zu verstehenden Antrag den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind, und unter Beachtung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (vgl Urteil des Senats aaO mwN und BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 sowie BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Insofern bleibt der erst- bzw zweitangegangene Träger im Verhältnis zum Versicherten aufgrund "aufgedrängter Zuständigkeit" endgültig, ausschließlich und umfassend leistungspflichtig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung zuständig ist (Urteil des Senats in BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9). Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen(§ 10 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Prozessual ergibt sich hieraus, dass sich Widerspruch und Klage allein gegen den nach § 14 SGB IX zuständigen Träger richten, ohne dass sich der Kläger um die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten kümmern müsste. Der möglicherweise - im Innenverhältnis der Träger - endgültig zuständige ist notwendig beizuladen (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

32

c) Auch wo die Leistungen mehrerer Träger in ein PB eingehen, ergeht nur eine Entscheidung des einzig zuständigen Trägers über die eine zu erbringende Leistung. Dies ergibt sich noch nicht aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der "Komplexleistung" (§ 17 Abs 2 Satz 3 SGB IX). Aus dessen ergänzend heranzuziehender Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch (vgl zu dieser Methode: Europäischer Gerichtshof , EuZW 1997, 625, 628; Bundesgerichtshof , BGHSt 12, 366; BGH NJW 1982, 1278 und BGH MDR 1996, 188; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl 1986, § 17 RdNr 11; Gast, Juristische Rhetorik, 4. Aufl 2006, RdNr 668; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 28 RdNr 34) ist allenfalls zu entnehmen, dass es um die Leistung durch eine Gesamtheit geht. Die rechtliche Funktion dieser Gesamtheit im vorliegenden Zusammenhang kann jedoch zuverlässig aus dem Regelungskontext erschlossen werden. Hieraus ergibt sich, dass beim PB anders als bei § 14 SGB IX, wo der - eine - zuständige Träger entsprechend dem grundsätzlich am Gesamterfolg orientierten und damit weit zu verstehenden Antragsbegehren des behinderten Menschen ggf in Gestalt einer Mehrheit von Verwaltungsakten über ein Bündel von Einzelmaßnahmen zu entscheiden hat und damit den "Bedarf" abschließend feststellt, nur eine einheitliche Entscheidung ergeht. Bereits der Wortlaut von § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX und von § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung belegt dieses Ergebnis (vgl bereits vorstehend unter 1.), das durch die weitere Ausgestaltung bestätigt wird. So stellen nach § 3 Abs 5 Satz 3 Halbs 2 Budgetverordnung die anderen beteiligten Träger das auf sie entfallende Teilbudget dem zuständigen Träger zur Verfügung. Mit der Auszahlung oder der Ausgabe von Gutscheinen an die antragstellende Person gilt (!) der Anspruch gegen die beteiligten Leistungsträger insoweit als erfüllt (§ 3 Abs 5 Satz 4 Budgetverordnung). Die anderen beteiligten Träger erfüllen daher die ihnen obliegenden Verpflichtungen allein im Innenverhältnis der beteiligten Träger und ohne dem Berechtigten gegenüber hierzu Regelungen zu verlautbaren oder selbst an ihn Leistungen zu erbringen. Auch wo daher entsprechend der Formulierung in den Leistungsgesetzen Leistungen "als Teil eines trägerübergreifenden Budgets erbracht werden" (vgl etwa § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI), bleiben diese im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nicht etwa weiterhin dem hiernach zuständigen Träger zuzuordnende Teil-Beträge, über die gesondert durch Verwaltungsakt entschieden würde, sondern werden zu bloßen Berechnungselementen im Rahmen der Wertbemessung des PB durch den hierfür zuständigen Träger, ohne noch eigenständig nach außen in Erscheinung zu treten. In diesem Sinne ist auch der Begriff des "Teilbudgets" in § 3 Abs 4 der Budgetverordnung allein als Regelung des Innenverhältnisses zu verstehen.

33

Damit kann allerdings das PB der Sache nach nicht mehr als bloße "Form" der Erbringung von - in den Leistungsgesetzen vorgesehenen und konkret zuerkannten - Leistungen zur Teilhabe verstanden werden. Dies war schon bei der zum 1.7.2001 in Kraft getretenen Fassung des § 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX fraglich. Mit der dort unter Nr 1 bis 3 geregelten Frage, durch wen der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe "ausführt", dh der zuerkannte Anspruch erfüllt werden kann, weist eine Regelung der Frage, was der zuständige Träger zu erbringen hat, und damit den Anspruchsinhalt selbst betrifft, keinen unmittelbaren inneren Zusammenhang auf. Hinter der dennoch erfolgten Gleichordnung mag damals noch die Vorstellung gestanden haben, dass das PB zunächst als Ergänzung der in § 9 Abs 2 SGB IX vorgesehenen Umwandlung von Sach- in Geldleistungen gesehen wurde(BT-Drucks 14/5074 S 103) und insofern noch einen konkreten Bezug zu im Einzelnen konkret zuerkannten Ansprüchen und Leistungen aufwies. Jedenfalls mit der Verselbstständigung des PB zu einer eigenständigen Pauschalleistung zur Abgeltung nur ihrer Art nach bestimmter Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe dem Grunde nach und erst recht im Blick auf die Einbeziehung auch der budgetfähigen Leistungen weiterer Leistungsträger (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) ist einem derartigen Verständnis jedoch die Grundlage entzogen. Das Gesetz trägt dem Rechnung, indem es das PB seit dem 1.7.2004 gesondert in der Überschrift der Norm aufführt, die Teil des Gesetzestextes ist. In dieselbe Richtung deutet die Verselbstständigung der entsprechenden Regelungen in besonderen Absätzen, wenn auch der Wortlaut von § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX ("… auch … ausgeführt …") unverändert eine Zugehörigkeit zu den in Abs 1 Satz 1 aaO geregelten Fällen nahelegt.

34

7. Der zuständige Träger wird damit zwar auch im vorliegenden Zusammenhang nach den Vorgaben des § 14 Abs 1 und 2 SGB IX bestimmt, doch erfüllt er bei der Erbringung des PB eine andere Funktion. Während - wie dargelegt - bei § 14 SGB IX der zuständige Träger hinsichtlich jedes einzelnen der in ihrer Gesamtheit den festgestellten Bedarf repräsentierenden Ansprüche an Stelle des jeweils sonst zuständigen Trägers leistungs- und entscheidungszuständig ist, führt § 17 SGB IX zugunsten der Berechtigten zu einer weiteren Beschränkung der sich aus dem gegliederten System ergebenden Vielfalt. Hier wird im Außenverhältnis nicht nur eine Mehrheit von Trägern, sondern auch eine Vielzahl von Leistungsansprüchen durch einen einzigen ersetzt. Der Leistungsberechtigte erhält das ihm Zustehende "aus einer Hand". Die Konzentration von Leistungen der Teilhabe sowie sonstiger budgetfähiger Leistungen in der Gestalt einer einheitlichen trägerübergreifenden Komplexleistung soll ihm die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl in Betracht kommender Träger über die jeweils zu erbringenden Einzelleistungen ersparen. Umgekehrt müssen - mit Ausnahme des zuständigen - die beteiligten Träger kein eigenes Verwaltungsverfahren durchführen, soweit die von ihnen zu erbringenden Leistungen in das Budget eingehen. Zudem beschränkt sich die Höhe des PB iS der Ökonomie des Gesamtsystems grundsätzlich auf den Wert bisher individuell festgestellter Leistungen, an deren Stelle es ggf tritt.

35

§ 17 SGB IX erkennt dem zuständigen Träger dabei eine Funktion zu, die zwar potenziell jedem Rehabilitationsträger zukommen kann, im konkreten Fall aber - unter gleichzeitigem Ausschluss aller anderen - von vornherein stets nur einem von ihnen. Der Anspruch auf das PB als einer gebündelten Gesamtleistung richtet sich damit von vornherein und allein gegen den zuständigen Träger und ist von ihm zu erfüllen (vgl § 3 Abs 5 Satz 1 Budgetverordnung: "… und erbringt die Leistung"). Dem entspricht - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der beteiligten Leistungsträger in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten gemäß § 17 Abs 4 Satz 2 Halbs 1 SGB IX - grundsätzlich auch die exklusive Zuständigkeit hinsichtlich der das Verwaltungsverfahren abschließenden Entscheidungen. Der nach § 14 SGB IX zuständige Träger erlässt daher den Verwaltungsakt und bleibt ausdrücklich auch für das weitere Verfahren zuständig(§ 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX). Da zudem die für ihn zuständige Widerspruchsstelle auch den Widerspruchsbescheid erlässt (Satz 3 aaO), kommt schließlich auch er allein als Adressat des Widerspruchs und als richtiger Beklagter im Prozess in Betracht (so auch § 3 Abs 5 Satz 2 Budgetverordnung), ohne dass der Widerspruchsführer/Kläger die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten zu beachten hätte. Dies entspricht dem von den Entwurfsverfassern angestrebten Ziel der Komplexleistung, eine zwischen den jeweils beteiligten Leistungsträgern abgestimmte Leistungserbringung zu gewährleisten, die bei den Leistungsberechtigten aus einer Hand ankommt, ohne die Zuständigkeit der Leistungsträger zu ändern (BT-Drucks 15/1514 S 72).

36

Dem widerspricht § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX nur scheinbar insofern, als dort vorgesehen ist, dass der "nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger" den Verwaltungsakt "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" erlässt und das weitere Verfahren durchführt. Hierauf kann es indessen vorliegend schon deshalb nicht ankommen, weil der beklagte Rentenversicherungsträger andere Leistungsträger nicht an seinem Verwaltungsverfahren beteiligt hat und in Ermangelung von Feststellungen zum Bedarf des Klägers auch nicht wenigstens erkennbar ist, wer diese Leistungsträger sein könnten. In derartigen Fällen bleibt es notwendig bei der durch § 14 Abs 1, 2 SGB IX begründeten sachlichen Zuständigkeit für die Durchführung des PB und die hieraus abgeleitete Rechtsmacht dieses Trägers hierüber im eigenen Namen durch Verwaltungsakt zu entscheiden.

37

Auch wenn ein Verwaltungsverfahren unter Beteiligung anderer Träger stattgefunden hat, dürfte § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen sein, dass er auch im Außenverhältnis zum Berechtigten Anwendung findet. Der Verwaltungsakt erginge andernfalls in Vertretung der anderen Beteiligten mit der Folge, dass ggf Rechtsbehelfe gegen sie zu erheben wären, obwohl diese Beteiligten - wie dargelegt - einzeln oder in ihrer Gesamtheit weder Schuldner des PB sind noch den Anspruch hierauf zu erfüllen haben oder zu entsprechenden Regelungen im Außenverhältnis ermächtigt sind. Unter diesen Umständen ist zur Vermeidung einer Selbstwidersprüchlichkeit des Gesetzes davon auszugehen, dass mit den Wörtern "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" nach dem Sinn des Gemeinten nur der Umstand bezeichnet werden sollte, dass aufgrund eines gesetzlichen Auftragsverhältnisses (§ 93 SGB X) im Innenverhältnis die Folgen des § 89 Abs 3 und 5 SGB X und des § 91 Abs 1 und 3 SGB X ausgelöst werden.

38

8. Tatbestandliche Voraussetzung des Anspruchs auf ein PB ist zunächst das Bestehen von Ansprüchen auf Leistungen zur Teilhabe (§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Erst wenn daher feststeht, dass zumindest ein derartiger Anspruch gegen wenigstens einen der hierfür zuständigen Träger überhaupt besteht und die Gesamtheit derartiger Ansprüche - einschließlich ggf der in § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX genannten - insoweit konkretisiert ist, dass die jeweils intern zu leistenden Teilbudgets bestimmt werden können, kommt auf dieser Grundlage die Gewährung eines PB an den Antragsteller in Betracht. Ungeachtet des Umstandes, dass § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX - wie ausgeführt (vgl vorstehend unter 6.c) - sachlich den Bereich bloßer Ausführungsregelungen überschreiten und mit dem PB vielmehr eine besondere Rechtsfolge einschließlich einiger spezieller Verfahrensregelungen verlautbaren, entspricht auch das insofern einzuhaltende Verfahren nach Inhalt und Ausgestaltung zunächst grundsätzlich demjenigen nach § 14 iVm § 10 SGB IX. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist die Feststellung des "individuellen Bedarfs", auf deren Grundlage anschließend beurteilt werden kann, aus welchen Bereichen Leistungen in Betracht kommen und welche Träger zu beteiligen sind (§ 17 Abs 2 Satz 2, § 10 SGB IX). Dabei meint das Gesetz in diesem früheren Stadium mit dem "individuell festgestellten Bedarf" die sich eingangs ergebende Bedarfslage, die erst die Grundlage für die Beteiligung bestimmter Träger und ua von deren nachfolgendem Tätigwerden nach § 3 Budgetverordnung bildet, während es etwa mit dem Wort "Rehabilitationsbedarf" in § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX, ausweislich des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IX die Gesamtheit der schlussendlich zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe bezeichnet.

39

Die Beklagte hat bereits den Umfang des Prüfungsprogramms verkannt, das ihr das Gesetz als zweitangegangenem Träger in der Eingangsphase des Verfahrens auferlegt. Dieses umfasst auch hier die Gesamtheit der dem Kläger in seiner konkreten Bedarfssituation potenziell zustehenden Teilhabeleistungen zuzüglich ggf der daneben erforderlichen iS von § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX. Hätte sie - nach dem von vornherein aussichtslosen Versuch, den Antrag des Klägers abermals weiterzuleiten - derartige Ermittlungen getroffen und die hiernach als zuständig in Betracht kommenden Rehabilitationsträger bzw ggf die zuständige Pflegekasse und das Integrationsamt am Verfahren beteiligt, wie dies § 17 Abs 2 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vorsieht, hätte dies die Möglichkeit zur Durchführung eines der Budgetverordnung entsprechenden weiteren Verfahrens eröffnet. Der Kläger stünde dann auch nicht trotz einer gemäß § 17 Abs 6 SGB IX bis zum 31.12.2007 währenden Erprobungsphase (vgl hierzu etwa BT-Drucks 16/3983) und mehr als drei Jahre nach Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch seinen Antrag vom 18.1.2008 vor der Situation, dass die Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs am Ende des Revisionsverfahrens noch immer allenfalls rudimentär geklärt sind. Vielmehr hätte nach Einholung einer Stellungnahme der beteiligten Leistungsträger (§ 3 Abs 1 Budgetverordnung) und einer gemeinsamen Beratung mit dem Kläger im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen dialogischen Verfahrens über die getroffenen Feststellungen und den Inhalt der Zielvereinbarung (Abs 3 aaO) eine Feststellung des auf die einzelnen Träger jeweils entfallenen Teilbudgets (Abs 4 aaO) erfolgen können. Eine teilweise befürchtete Belastung des zuständigen Trägers mit Aufwendungen, die er aufgrund einer unzutreffenden Einschätzung der Lage in einem für ihn fremden Rechtsgebiet erbracht hat, ist damit bei Beachtung der zwingenden rechtlichen Vorgaben - zumindest in aller Regel - gerade ausgeschlossen. Demgegenüber rechtfertigt allein das Bestreben nach einer Vermeidung von Aufwendungen, die rechtlich im Außenverhältnis zu tragen sind, ungeachtet der diesem Bestreben innewohnenden "Rationalität", keine Beschränkung gesetzlicher Ansprüche durch ihrerseits an Recht und Gesetz gebundene (Art 20 Abs 3 GG) sowie einfachgesetzlich der weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte verpflichtete (§ 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I) Verwaltungsträger.

40

Das LSG wird die von der Beklagten unterlassenen Ermittlungen nunmehr auf der Grundlage von § 103 SGG selbst nachzuholen haben. Insofern dürfte es ggf im Anschluss an eine Befragung insbesondere der behandelnden Ärzte des Klägers naheliegen, gemäß § 14 Abs 5 SGB IX zunächst einen sozialmedizinischen Sachverständigen zum Rehabilitationsbedarf im vorstehend benannten Sinne zu hören. Hiervon ausgehend wird das LSG zu prüfen haben, ob Leistungspflichten weiterer Träger in Betracht kommen und - nach deren notwendiger Beiladung - die Voraussetzungen von gegen diese Träger gerichteten Ansprüchen soweit aufzuklären haben, dass innerhalb des mehrstufigen Prüfungsverfahrens die (alle) Voraussetzungen der jeweils ersten Ermessensausübung feststehen.

41

9. Soweit der Kläger ein trägerübergreifendes PB begehrt, um die Ausbildung zum Techniker für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik fortzuführen und dort einen Abschluss zu erzielen, kommt allerdings eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Beklagte nicht in Betracht. Damit entfällt auch von vornherein die Möglichkeit, auf der Grundlage eines entsprechenden Leistungsanspruchs ein Teilbudget festzustellen (§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI, § 3 Abs 4 Budgetverordnung).

42

Für eine solche Leistung kommt die Beklagte nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen (§ 7 Satz 2 SGB IX) zwar als zuständig in Betracht (vgl § 5 Nr 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX). Entgegen der Ansicht der Klägers sind jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS der §§ 9 ff SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) nicht erfüllt. Gemäß § 9 Abs 2 SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "Ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "Wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht (vgl ua BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3 mwN).

43

Wie bereits das LSG zutreffend festgestellt hat, liegen beim Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI vor. Auch ein Ausschlusstatbestand nach § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI greift nicht ein, weil der Kläger zwar seit 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht, eine solche Rente jedoch nicht "regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird"(vgl Luthe in: jurisPK-SGB VI, § 12 RdNr 49, Stand: 23.12.2010). Damit ist der Rentenversicherungsträger grundsätzlich gehalten, Maßnahmen zur Besserung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten einzuleiten und kann sich nicht allein auf den - zum Teil zeitlich weit vorausliegenden - Eintritt in die Altersrente berufen, wenn entsprechende Erfolgsaussichten zur Verbesserung des Leistungsvermögens bestehen.

44

Der Kläger erfüllt jedoch die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht.

45

Nach § 10 Abs 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.    

deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2.    

bei denen voraussichtlich

a)    

bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b)    

bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c)    

bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

46

Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aus den in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI genannten Gründen gemindert ist. Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (vgl BSG Urteil vom 29.3.2006 - B 13 RJ 37/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 17). Nach den Feststellungen des LSG ist wegen der körperlichen, kognitiven und ermüdungsfördernden Störungen eine Einschränkung für zahlreiche herkömmliche Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich und auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (als Heizungsbauer) gegeben.

47

Ausgehend von den Feststellungen des LSG bieten Maßnahmen zur Teilhabe beim Kläger jedoch generell - unabhängig also von einer konkreten Einzelmaßnahme - keine Erfolgsaussicht in dem von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI geforderten Sinne, dass hierdurch die bereits geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könnte. Wie der Senat bereits entschieden hat, hat der dortige Begriff der Erwerbsfähigkeit einen anderen Sinngehalt als derjenige des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI. Während der Begriff der Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI eng mit der bisherigen Tätigkeit des Versicherten verknüpft ist, umfasst § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI auch andere Tätigkeiten(vgl BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 21 f, 32). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen daher nicht allein auf die Erhaltung, wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten in seinem bisherigen Beruf oder seiner bisherigen Tätigkeit gerichtet sein (vgl auch BSGE 48, 74, 76 = SozR 2200 § 1237a Nr 6 S 8 f). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG kommt für den Kläger indessen auch innerhalb des dort noch für möglich erachteten zeitlichen Umfangs einer "halbschichtigen Tätigkeit" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Verrichtung einer Erwerbstätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen in Betracht und ist eine Besserung dieses Zustands ausgeschlossen. Damit scheiden Erwerbstätigkeiten in ihrer Gesamtheit aus und kommt es entgegen der Revision schon deshalb nicht darauf an, ob für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Zusammenhang von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI rehabilitationsrechtlich auf einen besonderen Kreis von Tätigkeiten oder einen besonderen zeitlichen Umfang ihrer Verrichtung abzustellen sein könnte. Die bestehende Erwerbsunfähigkeit des Klägers kann damit unter keinen Umständen behoben werden, sodass der Aufgabenbereich der Beklagten als Rehabilitationsträger nicht eröffnet ist. Wenn nämlich bereits Erwerbsunfähigkeit vorliegt, reicht es nicht aus, wenn zwar die geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert, nicht aber die Erwerbsunfähigkeit beseitigt wird (BSG vom 23.2.2000 - B 5 RJ 8/99 R - SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 6 mwN).

48

Ebenso wenig ist § 10 Abs 1 Nr 2a SGB VI anwendbar. Denn eine "erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit" im Sinne dieser Norm liegt dann nicht vor, wenn - wie hier - eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits eingetreten ist. Der Kläger ist bereits langjährig erwerbsgemindert, eine (bloße) Gefährdung der Erwerbsfähigkeit besteht nicht mehr.

49

Schließlich ist auch § 10 Abs 1 Nr 2c SGB VI nicht einschlägig. Danach darf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben - neben anderen Voraussetzungen - nur dann bewilligt werden, wenn bei teilweiser Erwerbsminderung - wie beim Kläger - zwar keine Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit besteht, durch die Leistungen jedoch ein bereits innegehabter Arbeitsplatz erhalten werden kann (BT-Drucks 14/4230, S 24 f; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.10.2008, L 1 R 393/06 mwN). Einen Arbeitsplatz hat der Kläger jedoch nicht inne, sondern strebt einen solchen durch die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und das von ihm begehrte trägerübergreifende PB erst an.

50

10. Das SG - auf das sich das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG bezieht - hat in seiner Entscheidung vom 6.11.2008 einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines PB verneint, weil die Grundvoraussetzungen für eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach den Vorschriften der §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, lasse sich nicht feststellen, denn der Kläger habe mit Schreiben vom 18.1.2008 gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert. Hierauf allein kann eine ablehnende gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden. Das LSG wird dem Kläger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben, ob er seine Weigerung auch im gerichtlichen Verfahren aufrechterhält. Insofern wird auch zu klären sein, ob der Antrag des Klägers mit Wirkung für das PB zurückgenommen worden ist bzw zurückgenommen werden konnte.

51

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2.
bei denen voraussichtlich
a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder
2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.