Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 11. Jan. 2018 - L 3 R 347/17

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2018:0111.L3R347.17.00
bei uns veröffentlicht am11.01.2018

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verfolgt die Bewertung von Hochschulzeiten als Anrechnungszeiten mit Entgeltpunkten.

2

Die am ... 1950 geborene Klägerin bezieht antragsentsprechend seit dem 1. Dezember 2015 Regelaltersrente. Im Versicherungsverlauf des die Rente bewilligenden Bescheides vom 5. Januar 2016 sind u.a. vom 1. September 1969 bis zum 12. Juli 1973 47 Monate Hochschulausbildung aufgeführt. Auf Seite 5 f. der Anlage zum vorgenannten Bescheid ist zur Bewertung beitragsfreier Zeiten angegeben, dass die Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung keine Entgeltpunkte erhalten. Dementsprechend sei für die Zeiten vom 1. September 1969 bis zum 12. Juli 1973 ein Gesamtleistungswert nicht zu berücksichtigen.

3

Den hiergegen eingelegten Widerspruch, die Hochschulzeiten im Zeitraum von September 1969 bis Juli 1973 wie Fachschulzeiten zu bewerten, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2016 als unbegründet zurück. Mit der Neuregelung durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791 (RV-Nachhaltigkeitsgesetz)) seien die bis zum 31. Dezember 2004 im Umfang von höchstens drei Jahren bewerteten Zeiten der schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres mit einer vierjährigen Übergangsregelung (vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008) ab dem 1. Januar 2009 als unbewertete Anrechnungszeit ausgestaltet worden, soweit es sich um den Besuch einer Schule oder Hochschule handele (§ 74 Satz 4 1. Halbsatz Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) i.V.m. § 263 Abs. 3 SGB VI). Für Fachschulzeiten und Zeiten der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen verbleibe es dagegen bei der bisherigen für schulische Ausbildungszeiten geltenden Bewertung. Eine Verfassungswidrigkeit der vorgenannten Regelungen bestehe nicht. Diese Auffassung habe das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Verfahren bestätigt (Hinweis auf Urteile vom 19. April 2011, B 13 R 27, 28, 29/10 R, B 13 R 55/10 R und B 13 R 8/11 R).

4

Mit der am 8. April 2016 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat die Klägerin die "Bewertung der Hochschulzeiten im Zeitraum 09/69 bis 07/73" weiterverfolgt.

5

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 20. September 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und ist der Begründung in dem angefochtenen Bescheid gefolgt. Die Klägerin habe keine Gründe für eine Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Norm des § 74 Satz 4 SGB VI genannt. Die unterschiedliche Behandlung der Klägerin gegenüber solchen Rentnern, deren Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen weiterhin rentenerhöhend bewertet werden könnten, sei sachlich gerechtfertigt und verstoße nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Gesetzgeber habe eine typisierende Betrachtungsweise vornehmen und vom Regelfall der besseren Verdienstmöglichkeiten von Hochschulabsolventen ausgehen dürfen. Zur Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung müsse er die Möglichkeit haben, rentenrechtliche Privilegien, zu denen die Anerkennung und Bewertung von Ausbildungszeiten gehörten, abzubauen.

6

Gegen das ihr am 28. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. Oktober 2017 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zwar sei in entsprechenden Musterverfahren in der Vergangenheit die Gleichstellung von Fachschulzeiten und Hochschulzeiten hinsichtlich der weiteren Bewertung als rentenrechtliche Zeiten weiterverfolgt und mit formellem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18. Mai 2016 beendet worden. Die nicht inhaltliche Auseinandersetzung des BVerfG sei zu beanstanden. Deshalb werde eine erneute inhaltliche Auseinandersetzung vor dem BVerfG nach dem Ausschöpfen des Rechtsweges angestrebt.

7

Die Klägerin beantragt ausdrücklich,

8

dass der Gerichtsbescheid der I. Instanz vom 20.09.2017 aufgehoben wird,

9

dass die Beklagte verurteilt wird, den Bescheid vom 05.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2016, teilweise abzuändern und diesen unter Bewertung weiterer rentenrechtlicher Zeiten als beitragsfreie Zeiten, im Zeitraum von 09/69 und 07/73 zu aktualisieren,

10

dass die Beklagte verurteilt wird, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Berufungsbegründung enthalte keine neue Argumentation.

14

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 9. und 20. November 2017).

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

17

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

18

Es bestehen bereits Bedenken in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage mit dem ausdrücklichen Antrag, Hochschulzeiten im Zeitraum vom September 1969 bis Juli 1973 zu bewerten, da ein Rechtsschutzbedürfnis nach Bewilligung der Regelaltersrente nur in Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung einer höheren Rente bestehen dürfte (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 13 R 23/14 R-, juris RdNr. 12).

19

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist jedenfalls rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf "Aktualisierung" und teilweise Abänderung des Bewilligungsbescheides unter Bewertung weiterer rentenrechtlicher Zeiten als beitragsfreie Zeiten im Zeitraum von September 1969 bis Juli 1973.

20

Anspruchsgrundlage könnte nur eine gesetzliche Neuregelung zu den ab dem 1. Januar 2005 geltenden Vorschriften des § 74 Satz 4 i.V.m. § 263 Abs. 3 SGB VI sein. Die für die am 1. Dezember 2015 beginnende Regelaltersrente der Klägerin anzuwendenden Vorschriften sind zur Überzeugung des Senats verfassungsgemäß. Der Senat schließt sich insoweit der Begründung in den Entscheidungen des BSG vom 19. April 2011 (u.a. - B 13 R 27/10 R -, juris, RdNr. 26 ff.) an. Das BVerfG hat die hiergegen geführten Verfassungsbeschwerden mit Kammerbeschluss vom 18. Mai 2016 nicht angenommen (- 1 BvR 2217, 2218, 2219 und 2430/11 -, juris).

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

22

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


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Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so b

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(1) Bei der Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten werden Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, die in der Gesamtlücke für die Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit liegen, höchstens mit der Anzahl an Mo

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

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(1) Bei der Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten werden Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, die in der Gesamtlücke für die Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit liegen, höchstens mit der Anzahl an Monaten berücksichtigt, die zusammen mit der Anzahl an Monaten mit pauschaler Anrechnungszeit die Anzahl an Monaten der Gesamtlücke ergibt. Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat an Berücksichtigungszeit wegen Pflege 0,0625 Entgeltpunkte zugeordnet, es sei denn, dass er als Beitragszeit bereits einen höheren Wert hat.

(2) (weggefallen)

(2a) Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit auf 80 vom Hundert begrenzt. Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosigkeit vor dem 1. März 1990 im Beitrittsgebiet, jedoch nicht vor dem 1. Juli 1978, vorgelegen hat, werden nicht bewertet. Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 vorgelegen hat, für die vor dem 1. Januar 2023 Arbeitslosenhilfe, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II nicht oder Arbeitslosengeld II nur darlehensweise gezahlt worden ist oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches erbracht worden sind, werden nicht bewertet. Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosengeld II bis zum 31. Dezember 2022 bezogen worden ist, werden nicht bewertet.

(3) Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet; auf die drei Jahre werden Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angerechnet. Bei der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung treten an die Stelle

bei Beginn
der Rente im
der Werte
75 vom
Hundert
0,0625
Entgeltpunkte
JahrMonatdie Werte
2005Januar75,000,0625
Februar73,440,0612
März71,880,0599
April70,310,0586
Mai68,750,0573
Juni67,190,0560
Juli65,630,0547
August64,060,0534
September62,500,0521
Oktober60,940,0508
November59,380,0495
Dezember57,810,0482
2006Januar56,250,0469
Februar54,690,0456
März53,130,0443
April51,560,0430
Mai50,000,0417
Juni48,440,0404
Juli46,880,0391
August45,310,0378
September43,750,0365
Oktober42,190,0352
November40,630,0339
Dezember39,060,0326
2007Januar37,500,0313
Februar35,940,0299
März34,380,0286
April32,810,0273
Mai31,250,0260
Juni29,690,0247
Juli28,130,0234
August26,560,0221
September25,000,0208
Oktober23,440,0195
November21,880,0182
Dezember20,310,0169
2008Januar18,750,0156
Februar17,190,0143
März15,630,0130
April14,060,0117
Mai12,500,0104
Juni10,940,0091
Juli9,380,0078
August7,810,0065
September6,250,0052
Oktober4,690,0039
November3,130,0026
Dezember1,560,0013
2009Januar0,000,0000

(4) Die Summe der Entgeltpunkte für Anrechnungszeiten, die vor dem 1. Januar 1957 liegen, muss mindestens den Wert erreichen, der sich für eine pauschale Anrechnungszeit ergeben würde. Die zusätzlichen Entgeltpunkte entfallen zu gleichen Teilen auf die begrenzt zu bewertenden Anrechnungszeiten vor dem 1. Januar 1957.

(5) Die Summe der Entgeltpunkte für Kalendermonate, die als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gelten (§ 246 Satz 2), ist um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten als Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach Absatz 3 hätten.

(6) Zeiten beruflicher Ausbildung, die für sich alleine oder bei Zusammenrechnung mit Anrechnungszeiten wegen einer schulischen Ausbildung bis zu drei Jahren, insgesamt drei Jahre überschreiten, sind um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten nach Absatz 3 hätten.

(7) Für glaubhaft gemachte Zeiten beruflicher Ausbildung sind höchstens fünf Sechstel der im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung ermittelten Entgeltpunkte zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die in den Absätzen 5 und 6 genannten Zeiten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Regelaltersrente unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte (EP) für seine Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung.

2

Die Beklagte bewilligte dem im 1942 geborenen Kläger mit Rentenbescheid vom 5.1.2007 ab 1.3.2007 Regelaltersrente. Der Zahlbetrag belief sich auf 942,24 Euro monatlich (einschließlich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 64,11 Euro) unter Zugrundelegung von 38,2294 persönlichen EP (Ost). Im Versicherungsverlauf der Anlage 2 des Bescheids berücksichtigte sie die Zeiten vom 1.11.1964 bis 31.8.1967 (inklusive Überbrückungszeit) als Zeiten der Schulausbildung und die Zeiten vom 1.9.1967 bis zum 16.7.1971 als Zeiten der Hochschulausbildung (Jurastudium). Bei der Feststellung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (Anlage 4 des Bescheids) ergab sich als Gesamtleistungswert aus dem Vergleich der Grundbewertung und der Vergleichsbewertung der Durchschnittswert von 0,0746 EP. Diesen Wert multiplizierte die Beklagte (gemäß § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI in der am 1.1.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004 wegen des Rentenbeginns im März 2007) mit 34,38 vH, was zu einem monatlichen Wert von 0,0256 EP führte. Nach Multiplikation mit 36 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung im Zeitraum vom 1.11.1964 bis 31.10.1967 ergaben sich für diese Zeiten 0,9216 EP (Ost), die die Beklagte der Rentenberechnung zugrunde legte.

3

Den Widerspruch des Klägers wegen fehlender Bewertung von Zeiten an allgemeinbildenden Schulen, Fachhochschulen und Hochschulen im Vergleich zu nichtakademischen Ausbildungen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) bei der Rentenberechnung wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.5.2007).

4

Das SG Cottbus hat mit Urteil vom 29.11.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte die geänderten Vorschriften von §§ 74, 263 SGB VI(idF des RVNG) zutreffend angewendet habe. Die vom Kläger gerügte Verfassungswidrigkeit der Gesetzesänderung liege nicht vor. Durch die fehlende rentensteigernde Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nach dem 17. Lebensjahr werde der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) nicht verletzt. Bei zulässiger typisierender Betrachtung könnten Akademiker schon durch ihre Ausbildung und die damit im Regelfall verbundenen besseren Verdienstmöglichkeiten eine überdurchschnittliche Rentenanwartschaft aufbauen. Unter Berücksichtigung der finanziellen Belastungen der gesetzlichen Rentenversicherung habe der Gesetzgeber die Privilegierung dieser rentenrechtlichen Zeiten abschaffen dürfen. Hingegen sei bei nichtakademischer Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) und Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen nicht von überdurchschnittlichen Rentenanwartschaften wie bei der Vergleichsgruppe der Akademiker auszugehen. Zudem komme es bei Beibehaltung der bisherigen Regelung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zu einer sozialpolitisch bedenklichen Ungleichbehandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits, bei denen weiterhin eine höhere Bewertung der Pflichtbeiträge von bis zu 75 % des Durchschnittsentgelts erfolge.

5

Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 7.10.2010 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte die rentenrechtlichen Vorschriften bei der Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten des Klägers zutreffend angewandt habe. Eine Verletzung des vom Kläger allein gerügten Verfassungsrechts liege nicht vor. Die Neuregelung von § 74 Satz 4, § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(idF des RVNG) verstoße weder gegen Art 14 Abs 1 GG noch gegen Art 3 Abs 1 GG. Mit der Übergangsregelung von § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI habe der Gesetzgeber eine den rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechende Vorschrift des Vertrauensschutzes getroffen, die auch den Anforderungen des BVerfG(Urteil vom 27.2.2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7) standhalte.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verfassungswidrigkeit von § 74 Satz 4, § 263 Abs 3 SGB VI(idF des RVNG), die gegen Art 14 und Art 3 Abs 1 GG verstießen. Die Neuregelung greife in bereits erworbene Rentenanwartschaften ein, weil die Gesetzesänderung ausschließlich Versicherte betreffe, die durch ihre Hochschulausbildung Rentenanwartschaften erworben hätten. Dies widerspreche dem verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsschutz. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung zwischen Versicherten mit Schul- bzw Hochschulausbildung und solchen mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt, sondern sei grob unverhältnismäßig und grenze an Willkür. Die Gesetzesbegründung verkenne, dass die höheren Einkommen von Akademikern zwangsläufig auch mit einer höheren Beitragslast zur gesetzlichen Rentenversicherung verbunden seien. Die statistisch höheren Renten von Hochschulabsolventen seien das Ergebnis eigener Leistungen. Die unterschiedliche Behandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System sei sozialpolitisch bedenklich, weil bei einer Ausbildung im dualen System tatsächlich Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet würden. Im Übrigen sei kein Grund ersichtlich, eine Hochschulausbildung, die ebenfalls im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb eines adäquaten Berufes stehe, anders zu behandeln als eine berufsbildende oder berufsvorbereitende Ausbildung.

7
        

           

Der Kläger beantragt sinngemäß,

        
        

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Oktober 2010 und des Sozialgerichts Cottbus vom 29. November 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 5. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2007 zu verurteilen, dem Kläger eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer 1,0944 EP pro Monat für 36 Kalendermonate Schul- und Hochschulausbildung zu gewähren.

8
        

           

Die Beklagte beantragt,

        
        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der vom Gesetzgeber angeführte Differenzierungsgrund, dass bei typisierender Betrachtung Versicherte mit akademischer Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten als Versicherte ohne eine solche Ausbildung und damit im Regelfall auch höhere Rentenanwartschaften aufbauen könnten, sei ein ausreichender sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung dieser beiden Versichertengruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Anrechnungszeiten. Der Einwand, dem Gesetz fehle eine empirische und methodische Fundierung, treffe nicht zu. Insoweit sei auf die von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks 1/04 S 3) vom 13.2.2004 genannten Studien verwiesen; diese belegten, dass Akademiker vergleichsweise höhere Verdienste hätten. Auch neuere Studien bestätigten, dass bessere Bildung im Regelfall zu höherem Einkommen führe. Die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 lasse sich auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragen, weil es dort um die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG gegangen sei; hier gehe es lediglich darum, ob die vom Gesetzgeber angegebene Begründung für eine Differenzierung zwischen zwei Personengruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - bei der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten ausreichend sei.

10

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Satz 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.

12

Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass er keinen Anspruch auf eine Regelaltersrente (§ 35 SGB VI) unter Berücksichtigung höherer EP für die Zeiten der Schul- bzw Hochschulausbildung hat.

13

Die angefochtene Festsetzung der Rentenhöhe im Bescheid vom 5.1.2007 ist rechtmäßig. Sie entspricht den gesetzlichen Bestimmungen (dazu unter A.) und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (dazu unter B.).

14

A. Streit besteht hier allein über den Gesamtbetrag an EP, der sich aus den 36 Monaten Anrechnungszeiten des Klägers wegen Schul- und Hochschulausbildung innerhalb der dreijährigen Höchstbewertungsdauer ergibt. Vom Kläger nicht angegriffen ist die Nichtbewertung der über diesen Zeitraum hinausgehenden Zeit seiner Hochschulausbildung. Für die von ihm angestrebte Höherbewertung seiner Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung bei einem Rentenbeginn am 1.3.2007 zu Recht (nur) mit 0,0256 EP (Ost) je Kalendermonat rentenerhöhend bewertet.

15

1. Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen.

16

Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP ua auch für beitragsfreie Zeiten (§ 66 Abs 1 Nr 2 SGB VI).

17

Aus im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten werden gemäß § 254b Abs 1 SGB VI für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente persönliche EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) gebildet. Für beitragsfreie Zeiten werden die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten EP in dem Verhältnis als EP (Ost) berücksichtigt, in dem die für die Ermittlung des Gesamtleistungswerts zugrunde gelegten EP (Ost) zu allen zugrunde gelegten EP stehen (§ 263a Satz 1 SGB VI).

18

Zu den beitragsfreien Zeiten (§ 54 Abs 4 SGB VI) zählen auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI). Gemäß § 58 Abs 1 Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung sind Anrechnungszeiten ua Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (Nr 4). Dementsprechend hat die Beklagte im Versicherungsverlauf des angefochtenen Rentenbescheids die Zeiten der Schulausbildung des Klägers vom 1.11.1964 bis 31.8.1967 (inklusive Überbrückungszeit) sowie die Zeiten der Hochschulausbildung vom 1.9.1967 bis 16.7.1971 berücksichtigt.

19

Beitragsfreie Zeiten sind mit dem aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Gesamtzeitraum erzielten Durchschnittswert (= EP/Monat) zu bewerten (§ 71 Abs 1 Satz 1 SGB VI), der entweder im Rahmen der Grundbewertung nach § 72 Abs 1 SGB VI auf der Grundlage sämtlicher EP für Beitragszeiten (Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und beitragsgeminderte Zeiten) und Berücksichtigungszeiten oder - falls für den Versicherten günstiger - im Rahmen der Vergleichsbewertung nach § 73 SGB VI auf der Grundlage nur der vollwertigen Beiträge und daher insbesondere ohne beitragsgeminderte Zeiten zu ermitteln ist(§ 71 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Vorliegend ergab sich ein Durchschnittswert aus der Grundbewertung von 0,0746 EP und derselbe Wert aus der Vergleichsbewertung. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Werte sind nicht erkennbar; solche wurden auch vom Kläger nicht vorgebracht. Zutreffend hat die Beklagte daher der Gesamtleistungsbewertung den zuletzt genannten identischen Durchschnittswert aus der Grund- bzw Vergleichsbewertung zugrunde gelegt.

20

2. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung findet allerdings gemäß § 74 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG eine Begrenzung statt (sog begrenzte Gesamtleistungsbewertung). Gemäß § 74 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Ausbildungszeiten der genannten Art werden gemäß § 74 Satz 3 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre "bewertet" (dh sie wirken sich für höchstens drei Jahre unmittelbar rentenerhöhend aus), vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Gemäß § 74 Satz 4 SGB VI werden ua Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht bewertet.

21

3. Für Rentenneuzugänge der Jahre 2005 bis 2008, zu denen der Kläger gehört, hat der Gesetzgeber des RVNG hinsichtlich der Bewertung von Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung in § 263 Abs 3 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung getroffen(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 29 zu Nr 51 <§ 263> zu Buchst c).

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Gemäß § 263 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Für Renten, die im Zeitraum von Februar 2005 bis Dezember 2008 beginnen, wird gemäß § 263 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung abweichend von § 74 Satz 4 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre (unter Anrechnung von Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme) gleichwohl rentenerhöhend berücksichtigt, jedoch in Abhängigkeit vom Rentenbeginn nicht mit 75 vH bzw (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat, sondern mit einem sich stufenweise in monatlichen Schritten von 1,56 vH bzw 0,0013 EP mindernden und sich aus der Tabelle des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI ergebenden niedrigeren Prozentwert bzw EP-Wert.

23

4. Beginnt die Rente allerdings im Januar 2009 oder später, werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung nicht mehr bewertet, dh sie erhalten keine EP und haben insoweit keine rentenerhöhende Wirkung mehr.

24

Das bedeutet jedoch nicht, dass den Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr für die gesetzliche Rente keinerlei Bedeutung mehr zukäme. Denn zum einen bleibt deren rentenbegründende Wirkung erhalten: Dies zeigt sich nicht nur bei den Renten wegen Erwerbsminderung (wo Anrechnungszeiten den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, von denen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein müssen, verlängern, § 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Abs 4 Nr 1 und Nr 4 SGB VI), sondern (nach § 50 Abs 4 iVm § 51 Abs 3, § 54 Abs 1 Nr 2 und Abs 4 SGB VI)auch bei der Anrechnung auf die 35-jährige Wartezeit für die (vorzeitige Inanspruchnahme der) Altersrenten für langjährig Versicherte (§ 36 SGB VI) bzw für schwerbehinderte Menschen (§ 37 SGB VI). Zum anderen wirken sich Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung auch künftig dadurch rentenerhöhend aus, dass sie im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung als "nicht belegungsfähige Kalendermonate" berücksichtigt werden und insoweit eine Versicherungslücken schließende Funktion haben (§ 72 Abs 3 Nr 1 iVm § 54 Abs 4 SGB VI; s hierzu auch BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 14 ff; ferner zur Rechtsentwicklung Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; vgl insoweit auch BSG vom 26.1.2005 - SozR 4-2600 § 58 Nr 6 RdNr 15).

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5. Die Beklagte hat in Anwendung der erläuterten Vorschriften die Zeiten des Klägers wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der Höchstdauer von drei Jahren zutreffend mit 0,0256 EP für jeden Kalendermonat bewertet. Nach Multiplikation mit 36 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung im dreijährigen Höchstbewertungszeitraum zwischen 1.11.1964 und 31.10.1967 ergeben sich 0,9216 EP (Ost) (= 36 x 0,0256 EP ). Diesen EP-Wert für die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung hat die Beklagte bei der Rentenberechnung (Ermittlung des Monatsbetrags der Rente) des Klägers berücksichtigt (s Anl 4 S 3 des Bescheids vom 5.1.2007).

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B. Der Auffassung des Klägers, die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 SGB VI(jeweils idF des RVNG) sei verfassungswidrig, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr stimmt der erkennende Senat mit den Vorinstanzen überein, dass diese Vorschriften mit dem GG vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen Art 14 Abs 1 (dazu unter 1.) noch gegen Art 3 Abs 1 GG (dazu unter 2.) und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (dazu unter 3.). Er hat daher keine Veranlassung, gemäß Art 100 Abs 1 GG eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der vom Kläger angegriffenen Regelungen herbeizuführen.

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1. Eine Verletzung des Art 14 Abs 1 GG liegt nicht vor.

28

a) Die vom Kläger in der Zeit bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Normen erworbene Rentenanwartschaft wird vom Schutzbereich dieser Verfassungsnorm erfasst (vgl BVerfGE 53, 257, 289 f; 55, 114, 131; 58, 81, 109; 69, 272, 298; 70, 101, 110; 100, 1, 32 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50; stRspr). Es handelt sich um eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; sie genießt den Schutz der Eigentumsgarantie, weil sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (vgl zB BVerfGE 69, 272, 300). Für Rentenanwartschaften, die in der DDR begründet wurden, gilt dies mit der Einschränkung, dass Art 14 Abs 1 GG sie nur in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 48 ff; BVerfGE 112, 368, 396 = SozR 4-2600 § 307a Nr 3 RdNr 43). Dabei ist auf die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt abzustellen und nicht auf einzelne Berechnungselemente (vgl BVerfGE 58, 81, 109; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 51) wie hier die Bewertung von Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung als Anrechnungszeiten.

29

b) Die Rechtsänderung hat die Rentenanwartschaft des Klägers beeinträchtigt. Während nach den bis zum 31.12.2004 geltenden Bestimmungen der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für Zeiten wegen schulischer Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres für jeden Kalendermonat auf 75 vH begrenzt war und für die Dauer von drei Jahren noch mit (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat rentenerhöhend berücksichtigt werden konnte (§ 74 Satz 1, 2 und 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung), werden nach der Neuregelung durch das RVNG Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung (für Rentenzugänge ab 2009) überhaupt nicht mehr bewertet (§ 74 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Eines der Ziele des Gesetzgebers war es, allgemeine Schulzeiten sowie Fachhochschul- und Hochschulzeiten (im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung) nur noch bis zu acht Jahren als (Versicherungslücken füllende) "unbewertete" (dh nicht rentenerhöhende) Anrechnungszeiten zu berücksichtigen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 24 zu Nr 13 <§ 74>). Übergangsweise galt für die Rentenneuzugänge 2005 bis 2008 eine Abschmelzung des begrenzten Gesamtleistungswerts um jeweils 1,56 vH bzw 0,0013 EP je Kalendermonat, beginnend mit 75 vH bzw 0,0625 EP bei einem Rentenzugang im Januar 2005 und endend mit 1,56 vH bzw 0,0013 EP bei einem Rentenzugang im Dezember 2008 (§ 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Hiervon wird auch der Kläger erfasst, da seine Rente am 1.3.2007 begann und daher seine Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der dreijährigen Höchstbewertungsdauer je Kalendermonat (nur) mit 0,0286 EP (Ost) zu berücksichtigen sind.

30

c) Soweit dadurch in die bis dahin vorhandene Rechtsposition des Klägers eingegriffen wurde, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber hatte hier nicht nur deswegen eine besonders große Gestaltungsfreiheit, weil bei Rentenanwartschaften die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen bereits von vornherein angelegt ist (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 58, 81, 110; 70, 101, 111; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 53; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 34), sondern auch, weil es hier um die Begrenzung von Positionen ging, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen waren. Denn Anrechnungszeiten beruhen - da ohne eigene Beitragsleistung erworben - überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind somit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge (so BVerfGE 58, 81, 112). Sie sind zwar Bestandteil der Rentenanwartschaft und unterliegen damit dem Bestandsschutz des Art 14 Abs 1 GG; es handelt sich jedoch um einen abgeleiteten Eigentumsschutz von geringerer Intensität (Wahl, juris PR-SozR 12/2005, Anm 4 unter D 2b). Ebenso wie es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lag, diese Zeiten als ein Element des sozialen Ausgleichs für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung seiner sozialen Sicherheit vorzusehen (vgl BVerfGE 58, 81, 113; BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 46), ist es ihm auch überlassen, ob und inwieweit er diesen Ausgleich weitergewähren will.

31

Allerdings sind Eingriffe in Rentenanwartschaften nur zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 70, 101, 111; 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 54; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 35; stRspr). Sie müssen zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl BVerfGE 58, 81, 121; 76, 220, 238; 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; stRspr). Diesen Anforderungen genügen die hier vom Kläger angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(jeweils idF des RVNG).

32

aa) Mit den durch das RVNG vorgesehenen Maßnahmen sollten vor dem Hintergrund der sich "immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen" des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und "einer schwierigen finanziellen Situation" der gesetzlichen Rentenversicherung "die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicher gemacht werden, wie das in einer sich ständig verändernden Gesellschaft möglich ist" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 2, 17). Richtschnur war dabei der "Grundsatz der Generationengerechtigkeit". Die Jüngeren sollten nicht durch zu hohe Beiträge überfordert ("erdrückt") werden, da nur mit "verkraftbaren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung" der Spielraum geschaffen werde, der erforderlich sei, um eigenverantwortlich ergänzende Altersvorsorge betreiben zu können. Gleichzeitig sollte das Vertrauen der Älteren in das Funktionieren der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten bleiben (aaO).

33

Zu den im Rahmen eines Gesamtpakets vorgesehenen Maßnahmen, die zur Stabilisierung des Beitragssatzes und langfristigen Sicherung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen sollten (aaO S 33; s auch Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Andreas Storm, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU über die Auswirkungen des Wegfalls der bewerteten Anrechnungszeiten bei schulischer Ausbildung in der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks 15/2305, S 7, 13), gehörte als "mittel- und langfristig wirkende" Maßnahme (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 18 f) die Abschaffung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (mit Ausnahme der Zeiten des Fachschulbesuchs und der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen) als rentensteigernde Anrechnungszeiten nach einer vierjährigen Übergangsfrist für Rentenneuzugänge ab 2009 (zur Verfassungsmäßigkeit des ebenfalls mit dem RVNG in die Rentenformel eingefügten sog Nachhaltigkeitsfaktors s Senatsurteil vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 RdNr 27 ff).

34

bb) Zur Erreichung dieser weitreichenden Ziele war die gesetzliche Neuregelung in § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI geeignet. Es wurden Vergünstigungen zurückgenommen, die dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Betonung der Beitragssatzstabilität und der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente sowie angesichts der angespannten Gesamtlage vor dem Hintergrund einer steigenden demografischen Belastung der gesetzlichen Rentenversicherung als unangemessen erscheinen konnten. Der damit erzielte Spareffekt ist nicht lediglich marginal (vgl dazu allgemein BVerfGE 70, 101, 112). Die Einsparungen aus dem Wegfall der bewerteten (rentensteigernden) Anrechnungszeiten wegen Fachhochschul- und Hochschulausbildung werden auf langfristig rund 200 Mio Euro/Jahr geschätzt. Hinzu kommt die Einsparung aus dem Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen (allgemeiner) Schulausbildung. Insgesamt wird vom Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung langfristig ein Einsparvolumen von 0,1 Beitragssatzpunkten erwartet (vgl Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 4, 8).

35

Unter diesen Umständen kann auch die Erforderlichkeit dieser Maßnahme nicht verneint werden. Sie würde nur dann fehlen, wenn evident wäre, dass die angestrebte Einsparung und Konsolidierung mit weniger einschneidenden Mitteln hätte erreicht werden können (vgl BVerfGE 76, 220, 241). Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen (etwa auf die vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vorgeschlagene Minderung der Höchstbewertung für alle schulischen Ausbildungszeiten von bisher 75 vH des Durchschnittsverdiensts auf 60 vH des Durchschnittsverdiensts: s hierzu den auf diesem Vorschlag beruhenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kolb ua und der Fraktion der FDP vom 10.3.2004, BT-Drucks 15/2688); er kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, die mit § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI verfolgten Einsparungen in anderen Bereichen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erzielen(vgl BVerfGE 75, 78, 101 f; 76, 220, 241; 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 91; BVerfGE 117, 272, 298 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 65; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 44).

36

cc) Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen des RVNG das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der günstigeren Bewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nach altem Recht überwiegt.

37

Soweit der Rentenanwartschaft des Klägers eine höhere, über die versicherten Arbeitsentgelte hinausgehende rentenrechtliche Bewertung der Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung zugrunde liegt, beruht sie nicht auf seiner eigenen Beitragsleistung. Ist es aber zur Sicherung der Finanzgrundlagen und zum Erhalt der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, diesen berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu kürzen, die Ausdruck einer besonderen Vergünstigung sind (vgl BVerfGE 58, 81, 111). Denn eine durch einkommensbezogene Beitragszahlungen begründete rentenrechtliche Position genießt einen höheren Schutz gegen staatliche Eingriffe als eine Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl BVerfGE 58, 81, 112 f). Dies ist hier in Bezug auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung der Fall. Die Schul- und Hochschulausbildung begründet als solche allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugute kommt, sondern dient seiner eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich (BVerfGE 58, 81, 113; s auch BVerfGE 117, 272, 299 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 67 zur Berufsausbildung).

38

Der Senat teilt nicht die Auffassung, schulische Ausbildungszeiten unterlägen als notwendige Vorleistungen für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einem höheren verfassungsrechtlichen Schutz (vgl aber BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600 § 71 Nr 1 RdNr 40 ff; ferner W. Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 8 f; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61, 66 ff). Dies ist auch nicht die Sichtweise des BVerfG. Denn die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen (§ 63 Abs 1 SGB VI). Insofern ist es durchaus konsequent, die Ausbildung vorwiegend dem Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuordnen, deren besondere Honorierung dem System der Rentenversicherung jedenfalls nicht immanent ist, weil es grundsätzlich an den Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft (BVerfGE 58, 81, 113; Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 15; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 33 f).

39

Demgegenüber fallen die mit dem RVNG verfolgten Ziele erheblich ins Gewicht, da sie auf eine Verbesserung der Finanzlage und der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit sowie auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten mit dem Ziel der Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet sind. In diesem Zusammenhang haben alle Maßnahmen besondere Bedeutung, die einer Stärkung der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente dienen. Dazu gehört auch die Regelung des § 74 Satz 4 SGB VI.

40

dd) Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ebenfalls im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f), sind die angegriffenen Bestimmungen nicht zu beanstanden.

41

Für den Versichertenkreis, dem der Kläger angehört, also den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes "rentennahen Jahrgängen", wurden die Auswirkungen des § 74 Satz 4 SGB VI durch die Übergangsvorschrift des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit ihrem vierjährigen "Abschmelzungsprogramm" abgemildert(s hierzu bereits oben unter A.3.). Dadurch kam es auch bei ihm noch zu einer rentenerhöhenden Bewertung von Zeiten mit Schul- und Hochschulausbildung.

42

Die Rentenminderung, die daraus resultiert, dass die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung im Falle des Klägers nicht mehr - wie nach altem Recht - mit (höchstens) 0,0560 EP (nicht - wie der Kläger meint - mit 0,0625 EP), sondern nur noch mit 0,0256 EP je Kalendermonat in die Rentenberechnung eingehen, hält sich im vertretbaren Rahmen; insoweit errechnet sich beim Kläger im Vergleich zum alten Recht (unter Zugrundelegung des beim Rentenbeginn im März 2007 maßgeblichen aktuellen Rentenwerts ) eine Rentenminderung von 25,14 Euro/Monat:

43

Nach altem Recht hätte sich der auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung entfallende Teil des Rentenbetrags auf 46,31 Euro/Monat belaufen (0,0746 EP x 75 : 100 = 0,0560 EP; da der Höchstwert von 0,0625 EP/Monat nicht erreicht wird, verbleibt es bei 0,0560 EP; 0,0560 EP (Ost) x 36 Monate Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung = 2,0160 EP x 22,97 Euro = 46,31 Euro/Monat § 121 sgb vi>). Diese Bewertung fällt beim Kläger wegen der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit Rentenbeginn im März 2007 nicht vollständig weg; es ergibt sich aber ein verminderter Betrag von 21,17 Euro/Monat (0,0746 EP x 34,38 : 100 = 0,0256 EP; da der Tabellen-Höchstwert von 0,0286 EP nicht erreicht wird, verbleibt es bei 0,0256 EP x 36 Monate Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung = 0,9216 EP x 22,97 Euro = 21,17 Euro/Monat), sodass sich eine Differenz von 25,14 Euro/Monat zwischen altem (46,31 Euro/Monat) und neuem Recht (21,17 Euro/Monat § 121 sgb vi>) errechnet.

44

Die maximale Minderung betrug beim Auslaufen der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI und Wegfall der Bewertung von höchstens drei Jahren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung 2,25 EP(= 36 x 0,0625 EP). Dies entsprach in den alten Bundesländern bei Rentenbeginn im Januar 2009 einem Betrag von 61,20 Euro/Monat (= 2,25 EP x 27,20 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009), in den neuen Bundesländern einem von 58,79 Euro/Monat (= 2,25 EP x 26,13 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009; vgl auch die Werte in der Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 3, wonach sich die Rentenhöhe durch die Abschaffung der Bewertung der Anrechnungszeiten wegen des Besuchs von allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen um durchschnittlich 15,23 Euro/Monat reduziert; vgl zu den Auswirkungen auf die Rentenhöhe auch Loose, Soziale Sicherheit 2003, 431, 432 f).

45

Angesichts der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 SGB VI mag offenbleiben, ob sich bei der wechselhaften Geschichte der Ausfall- und Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung(vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61 ff) überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen auf deren rentensteigernde Wirkung entwickeln konnte. Allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz einer vorhandenen Rechtsposition verfassungsrechtlich jedenfalls nicht geboten (vgl BVerfGE 117, 272, 294 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 56; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 31).

46

2. Mit den vom Kläger angegriffenen Regelungen hat der Gesetzgeber nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verletzt. Auch an diese Verfassungsnorm ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gebunden (vgl BVerfGE 74, 203, 214). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner - hier bestehenden weiten - Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl BVerfGE 52, 277, 280 f; 68, 287, 301; 81, 108, 117 f; 84, 348, 359).

47

a) Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 126, 29, 43 mwN). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 87, 1, 36; 112, 50, 67; 117, 272, 300 f; 122, 151, 188; 126, 29, 47; stRspr).

48

Der Kläger gehört - wie oben ausgeführt - zu der Gruppe von Versicherten, deren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch das RVNG in ihrer Bewertung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung gemindert worden sind. Damit wird er zum einen gegenüber Versicherten mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 (dazu unter aa) und zum anderen gegenüber Versicherten mit Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (dazu unter bb) ungleich behandelt. Denn diese Versicherten werden von der Neubewertung der Zeiten wegen schulischer Ausbildung durch das RVNG nicht erfasst, obwohl auch sie während dieser Zeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt oder getragen haben.

49

b) Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt:

50

aa) Die Regelung des Wegfalls der rentensteigernden Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§ 74 Satz 4 SGB VI) durch das RVNG ist am 1.1.2005 in Kraft getreten (Art 15 Abs 11 aaO). Das neue Recht findet auf Versicherte mit Rentenbeginn ab diesem Zeitpunkt und damit auch auf den Kläger Anwendung (vgl § 300 Abs 1, Abs 2 SGB VI); seine Wirkung wird allerdings durch die ebenfalls zum 1.1.2005 in Kraft getretene Übergangsregelung in § 263 Abs 3 SGB VI(vgl Art 15 Abs 11 RVNG) abgeschwächt, die auch dem Kläger zugute gekommen ist; lediglich Versicherte mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 sind von dem Wegfall bzw der Kürzung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nicht betroffen.

51

Eine solche Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl BVerfGE 101, 239, 270; 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73; stRspr). Dies war hier der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes danach differenziert, ob ein Versicherter bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat, und damit in abgeschlossene Rentenbiografien nicht mehr eingreift (vgl BVerfGE 58, 81, 126; 75, 78, 106; 117, 272, 301 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).

52

bb) Auch bei Versicherten, die Zeiten an Fachschulen (zur Begriffsbestimmung s BSG vom 9.6.1988 - 4/11a RA 68/87 - Juris RdNr 14 f; BSG vom 21.2.1989 - SozR 2200 § 1259 Nr 109 S 290) und für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (zur Begriffsbestimmung s § 58 Abs 1 Satz 2 SGB VI)aufweisen, bleibt es insoweit bei der bisherigen rentenrechtlichen Bewertung; diese Zeiten werden weiterhin nach Vollendung des 17. Lebensjahres für die Dauer von höchstens drei Jahren als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung mit bis zu 0,0625 EP je Kalendermonat (0,75 EP/Jahr x 3 = maximal 2,25 EP) rentensteigernd berücksichtigt (§ 74 Satz 1 bis 3 SGB VI idF des RVNG).

53

(1) Die ungleiche Behandlung gegenüber Versicherten, die - wie der Kläger - "nur" Zeiten der allgemeinen Schul- und Hochschulausbildung aufweisen, wird in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren des RVNG damit begründet, dass die rentenrechtliche Besserstellung derjenigen Versicherten mit Zeiten schulischer Ausbildung beseitigt werden soll, die - bei typisierender Betrachtung - durch ihre akademische Ausbildung und die damit im Regelfall einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen können. Vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme könne es nicht länger Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, diese Zeiten zu privilegieren. Zeiten einer nichtakademischen Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sollten hingegen auch weiterhin mit bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts bewertet werden. Denn hier könne regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass im späteren Erwerbsleben Rentenanwartschaften im selben Umfang aufgebaut würden wie auf der Grundlage einer akademischen Ausbildung. Zudem solle eine sozialpolitisch bedenkliche Ungleichbehandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und von Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits vermieden werden, da bei letzteren - wie bisher auch - eine Höherbewertung der Pflichtbeiträge auf bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts erfolge. Durch die Begrenzung der Bewertung bzw Höherbewertung von schulischen und beruflichen Ausbildungszeiten auf insgesamt 36 Monate solle eine unverhältnismäßige rentenrechtliche Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindert werden (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 19 zu Nr 4).

54

(2) Diese Begründung für die unterschiedliche Behandlung der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung bei den genannten Versichertengruppen ist nicht sachfremd. Der Gesetzgeber durfte insbesondere von der typisierenden Annahme ausgehen, dass Absolventen von Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen ua) im späteren Erwerbsleben im Vergleich zu Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen durch ihre höhere berufliche Qualifikation im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten haben und deswegen höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können.

55

Entgegen der Rechtsmeinung des Klägers geht der Senat davon aus, dass das BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175, 225 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 141 ff) spezifische Anforderungen an die Begründungspflicht des Gesetzgebers nur für die Bestimmung (Bemessung) des menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG aufgestellt hat (vgl zur Begründungspflicht des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch Hebeler, DÖV 2010, 754 ff; s hierzu auch Meßling in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, S 787 ff). Dennoch kann es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung auch allgemein von Relevanz sein, ob sich für die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Einschätzungen des Gesetzgebers hinreichend tragfähige Grundlagen finden lassen (vgl hierzu BVerfGE 50, 50, 51; 50, 290, 333; 86, 90, 109; 88, 203, 262 f; 121, 317, 350 ff). Ist dies nicht der Fall oder erweisen sich die Erwägungen des Gesetzgebers als so offensichtlich fehlerhaft, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können, können die Gerichte diese trotz eines insoweit grundsätzlich bestehenden weiten gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums beanstanden (vgl BVerfGE 77, 84, 106; 91, 1, 29).

56

(3) Soweit der Senat die angegriffenen Regelungen im Hinblick auf die Vergleichsgruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - zu überprüfen hat, sind die Erwägungen des Gesetzgebers des RVNG, die der unterschiedlichen Bewertung der Ausbildungszeiten dieser beiden Versichertengruppen zugrunde liegen, nicht unvertretbar. Dass Versicherte mit einer Hochschulausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten und höhere Altersrenten haben als Versicherte der Vergleichsgruppe, wird durch mehrere Studien belegt:

57

Bereits im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 S 3) vom 13.2.2004 ausgeführt, dass sie zwar mit dem Bundesrat darin übereinstimme, dass eine akademische Ausbildung erst nach längerer Zeit zur Realisierung höherer Rentenanwartschaften führe. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass ein Studium auch unter Berücksichtigung der höheren Kosten der Ausbildung und einer tendenziell kürzeren Erwerbsphase, besonders bei einem weitgehend öffentlich finanzierten Ausbildungsangebot, in der Regel zu einer "positiven Bildungsrendite" führt und sich dies sowohl in der Einkommenssituation während der Erwerbsphase als auch im Alter widerspiegelt. Insoweit hat die Bundesregierung auf die "Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998" (EVS '98) und die Infrateststudie "Alterssicherung in Deutschland 1999" (ASiD '99) Bezug genommen. Danach verdienten unter Zugrundelegung der EVS '98 in der gesetzlichen Rentenversicherung als Arbeitnehmer pflichtversicherte Akademiker mit 2299 Euro fast das 1,5 fache des monatlichen Durchschnittsverdiensts der Versicherten (1584 Euro), Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Lehre oder Gesellenprüfung lagen dagegen mit 1480 Euro knapp unterhalb des Durchschnittsverdiensts (s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 16). Nach der ASiD '99 bezogen Versicherte mit Hochschulausbildung mit 1163 Euro eine um durchschnittlich 350 Euro höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf 813 Euro kamen (BT-Drucks 15/2591 S 3; s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 14, wonach in den neuen Bundesländern nach der ASiD '99 Versicherte mit einer akademischen Ausbildung mit monatlich 1219 Euro sogar eine um 475 Euro höhere Rente bezogen als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf monatlich 744 Euro kamen).

58

Auch aktuelle Studien bestätigen, dass in den vergangenen Jahren die wirtschaftlichen Vorteile einer Ausbildung an Universitäten oder Fachhochschulen (sog tertiäre Ausbildung) in Deutschland weiter zugenommen haben. Nach der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung benannten) Studie "Bildung auf einen Blick 2010" verdienten Hochqualifizierte im Jahre 2008 im Schnitt 67 Prozent mehr als Erwerbstätige, die "nur" über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten. 2007 lag dieser Einkommensvorsprung bei 62 Prozent, seit 1998 hat er sich nach Angaben der OECD mehr als verdoppelt. Hinzu kommen ein deutlich geringeres Risiko von Arbeitslosigkeit und weit höhere Erwerbsquoten bei den Älteren. So waren etwa 2009 von den 60 bis 65-Jährigen mit einer Ausbildung an einer Universität oder Fachhochschule 56 Prozent erwerbstätig, bei den 60 bis 65-Jährigen mit nur einer beruflichen Ausbildung dagegen lediglich 36 Prozent (s hierzu nur Pressemitteilung der OECD vom 7.9.2010 "Mehr Hochschulabsolventen in Deutschland - aber auch weiter steigende wirtschaftliche Vorteile aus guter Bildung" zur Studie "Bildung auf einen Blick 2010", veröffentlicht im Internet unter http:IIwww.oecd.org). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Autorengruppe "Bildungsberichterstattung" in ihrem im Auftrag der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstatteten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung ebenfalls benannten) Bericht "Bildung für Deutschland 2010". Danach lag im Jahre 2008 die relative Einkommensposition von Hochschulabsolventen bei 174 Prozent und von Fachhochschulabsolventen bei 163 Prozent des Medians der monatlichen Bruttoerwerbseinkommen aller Erwerbstätigen, die relative Einkommensposition von Personen mit Hauptschulabschluss/mittlerem Schulabschluss und beruflichem Abschluss dagegen lediglich bei 107 Prozent des Medians (s Tabellenanhang Tab I2-5A im Bericht "Bildung für Deutschland 2010", ua veröffentlicht im Internet unter http:II www.kmk.org /bildung-schule/bildungsberichterstattung/bildungsbericht-2010.html).

59

(4) Vor diesem Hintergrund liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund zwischen den hier zu vergleichenden Gruppen von Normadressaten vor. Gemessen an seinem Konzept ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber an der Realität vorbeigegangen ist. Vielmehr konnte er bei der Ausgestaltung der rentenrechtlichen Vergünstigung der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung in typisierender Betrachtung daran anknüpfen, dass Absolventen von Hochschulen bereits durch ihre qualifizierte Ausbildung und die damit im Regelfall auch einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können als Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.

60

Dass der Gesetzgeber beim Abbau dieser auf dem Gedanken der staatlichen Fürsorge beruhenden Vergünstigung (vgl BVerfGE 58, 81, 112) bei denjenigen Versicherten ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell voraussichtlich besser verkraften können, ist nicht zu beanstanden. Soweit er bei seiner Entscheidung, bei welchen beitragsfreien Zeiten wegen schulischer Ausbildung er zukünftig auf deren (begrenzt) rentenerhöhende Wirkung verzichtet, nicht auf die im Erwerbsleben von den Versicherten tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste abgestellt hat, sondern typisierend darauf, dass eine höhere berufliche Qualifikation zu einem höheren Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und damit auch zu einer höheren Rente führen (vgl BVerfGE 58, 81, 113), liegt dies jedenfalls nicht außerhalb seines hier bestehenden weiten Gestaltungsspielraums. Überdies liegen Art und Umfang der Ausbildung grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der Rentenversicherung erhöhen will oder nicht (BVerfGE aaO). Dies schließt aber auch das Risiko ein, später - aus welchen Gründen auch immer - trotz einer solchen Ausbildung nicht die erhofften höheren Arbeitsverdienste zu erzielen.

61

Von daher mag der Kläger zu Recht darauf hinweisen, dass Hochschulabsolventen nicht in jedem Fall überdurchschnittlich verdienen bzw dass bei einem im Vergleich zu Absolventen einer Fachschule oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme höheren Arbeitsverdienst im Einzelfall dieser Verdienst nicht ausreicht, den Verlust an Beitragsjahren auszugleichen. Aber auch dieser Einwand ist nicht geeignet, die typisierende Betrachtungs- und Vorgehensweise des Gesetzgebers zu beanstanden. Anderslautende Untersuchungsergebnisse als die vorliegenden, wonach Versicherte mit Hochschulausbildung im Durchschnitt über höhere Arbeitsverdienste verfügen als Versicherte ohne eine solche Ausbildung, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

62

(5) Bezogen auf den Versicherungsverlauf des Klägers ist die Annahme des Gesetzgebers, dass Hochschulabsolventen im späteren Erwerbsleben durch ihre höhere berufliche Qualifikation bessere Arbeitsverdienste aufweisen und deswegen überdurchschnittliche Rentenanwartschaften erwerben, nicht widerlegt. Mit 38,2294 persönlichen EP (Ost) hat der Kläger eine deutlich überdurchschnittliche Rentenanwartschaft erworben. Denn gerade durch die von ihm wegen seiner Hochschulausbildung ausgeübten qualifizierten Beschäftigungen bis Oktober 1990 - und den damit auch verbundenen berücksichtigungsfähigen Arbeitsverdiensten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - wurden der Rentenberechnung des Klägers im Vergleich zu Versicherten, die keine solchermaßen qualifizierte Ausbildung absolviert haben, bis zu diesem Zeitpunkt relativ hohe Arbeitsverdienste zugrunde gelegt. Seit Oktober 1990 übt der Kläger eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt aus und hat keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichtet. Bei Rentenbeginn im März 2007 ergab sich allein für die Rentenanwartschaften bis Oktober 1990 (bei 316 Monaten - 26 1/3 Jahren - Beitragszeit) eine Rentenhöhe von 878,13 Euro; der monatliche Zahlbetrag (einschließlich des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag) betrug 942,24 Euro. Dem gegenübergestellt betrug der monatliche Betrag einer sog Standardrente brutto (Synonym: Eckrente brutto) eines Durchschnittsverdieners in den neuen Bundesländern mit 45 Versicherungsjahren 1034 Euro nach Anpassung zum 1.7.2006 (zum Vergleich alte Bundesländer: 1176 Euro) und der monatliche Betrag einer sog Standardrente netto vor Steuern (Synonym: verfügbare Eckrente) eines Durchschnittsverdieners in den neuen Bundesländern mit 45 Versicherungsjahren betrug 939 Euro nach Anpassung zum 1.7.2006 und nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (zum Vergleich alte Bundesländer: 1066 Euro; s hierzu Rentenversicherung in Zeitreihen, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung Bund, DRV-Schriften Bd 22, Oktober 2010, S 239 ).

63

3. Schließlich verstoßen die angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip(Art 20 Abs 1 iVm Art 28 Abs 1 GG). Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen; die Erfüllung dieser Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Selbst wenn durch eine Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, ist das Sozialstaatsgebot nicht verletzt; denn es dient nicht der Korrektur jeglicher (aus Sicht des Normadressaten) hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen (vgl hierzu BVerfGE 66, 234, 247 f; 69, 272, 314 f).

64

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte (EP) für ihre Anrechnungszeiten wegen Schul- bzw Hochschulausbildung im Zugunstenverfahren.

2

Die Beklagte bewilligte der im 1944 geborenen Klägerin mit Rentenbescheid vom 20.9.2005 ab 1.4.2005 Altersrente für Frauen in Höhe von 766,84 Euro (abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 67,10 Euro) und einem monatlichen Zahlbetrag von 699,74 Euro unter Zugrundelegung von 33,3270 persönlichen EP (Ost) bei einem Zugangsfaktor von 0,889. Im Versicherungsverlauf der Anlage 2 des Rentenbescheids berücksichtigte sie die Zeiten vom 9.2.1961 bis 31.8.1962 als Zeiten der Schulausbildung (mit Überbrückungszeit) und die Zeiten vom 16.9.1963 bis 3.7.1967 als Zeiten der Hochschulausbildung (Lehramtsstudium Russisch und Geografie). Bei der Feststellung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (Anlage 4 des Bescheids vom 20.9.2005) ergab sich als Gesamtleistungswert aus dem Vergleich von Grundbewertung und - der hier zu einem höheren Ergebnis kommenden - Vergleichsbewertung ein Durchschnittswert von 0,0978 EP. Diesen Wert multiplizierte die Beklagte (gemäß § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004 wegen des Rentenbeginns im April 2005) mit 70,31 vH, was zu einem monatlichen Wert von 0,0688 EP führte. Die Beklagte begrenzte diesen EP-Wert (ebenfalls gemäß § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI wegen des Rentenbeginns im April 2005)auf 0,0586 EP. Nach Multiplikation mit 23 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung im Zeitraum zwischen 9.2.1961 bis 31.12.1963 ergaben sich für diese Zeiten 1,3478 EP (Ost), die die Beklagte bei der Rentenberechnung berücksichtigte.

3

Mit Schriftsatz vom 19.2.2008 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Rentenbescheids vom 20.9.2005 gemäß § 44 SGB X. Die geringere Bewertung von EP bei den Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung gemäß § 263 Abs 3 iVm § 74 SGB VI sei verfassungswidrig. Der Überprüfungsantrag blieb erfolglos (Bescheid vom 14.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.5.2008).

4

Das SG Dresden hat mit Urteil vom 8.1.2010 die Klage abgewiesen. Es hat die durch § 74 Satz 4, § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI eingeführte Schlechterstellung von Hochschulabsolventen bei der Berücksichtigung von rentensteigernden Anrechnungszeiten für verfassungsgemäß erachtet. Die grundsätzlich besseren Verdienstmöglichkeiten und die dadurch erworbenen überdurchschnittlichen Rentenanwartschaften dieses Personenkreises rechtfertigten die Ungleichbehandlung gemäß Art 3 Abs 1 GG.

5

Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 27.4.2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf die Gründe der Entscheidung des SG bezogen und ergänzend ausgeführt, dass die Beklagte die Höhe der Altersrente nach den im Zeitpunkt des Leistungsfalls geltenden Vorschriften des SGB VI zutreffend ermittelt habe. § 74 Satz 4 und § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(idF des RVNG) verstießen nicht gegen Art 14 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 GG (Sozialstaatsprinzip), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Art 103 Abs 1 GG. Die vom Gesetzgeber getroffenen Änderungen seien geeignet und erforderlich, um die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung der demografischen Veränderungen weiterhin zu gewährleisten. Eine übermäßige Belastung der Betroffenen sei nicht ersichtlich, zumal diese keine Beiträge entrichtet hätten.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit von § 74 Satz 3 und 4 iVm der Übergangsregelung von § 263 Abs 3 SGB VI(jeweils idF des RVNG). Die unterschiedliche Behandlung der Gruppe der Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen einerseits und der Hoch- und Fachhochschulabsolventen andererseits verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, dass Hochschulabsolventen durch ihre akademische Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten und dadurch überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen könnten. Der vom Gesetzgeber angenommene sachliche Grund sei reine Spekulation. Es sei nicht ersichtlich, auf Grund welcher Datenlage er zu dieser Annahme gekommen sei. Auch könnten die Verdienstmöglichkeiten von Hochschulabsolventen kaum einheitlich und typisierend betrachtet werden, weil deutliche Unterschiede zwischen geistes- und naturwissenschaftlichen Studiengängen denkbar seien. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) jedoch Transparenz des Gesetzgebers sowie eine empirische und methodische Fundierung der gesetzlichen Regelung gefordert. Aus dem Urteil des BSG vom 20.10.2009 (B 5 R 72/08 R) könne nicht auf die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Normen geschlossen werden. Zwar habe das BSG in dieser Entscheidung die Streichung des Mindestwerts für Berufsausbildungszeiten zum 1.1.1997 als mit Art 14 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG vereinbar erachtet. Dort sei jedoch nicht die Ungleichbehandlung zwischen Hochschul- und Fachhochschulabsolventen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten geprüft worden. Auch das Urteil des erkennenden Senats vom 13.11.2008 (B 13 R 77/07 R) führe nicht weiter, weil die verfassungsrechtliche Beurteilung dort ausschließlich im Hinblick auf Art 14 Abs 1 GG vorgenommen worden sei. Schließlich habe sich das BVerfG in seiner Entscheidung vom 27.2.2007 (BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7) im Rahmen des Art 3 Abs 1 GG nicht mit der unterschiedlichen Behandlung zweier Personengruppen auseinandergesetzt, sondern nur mit der Einführung einer Stichtagsregelung. Zudem stelle die schulische Ausbildung eine notwendige Vorleistung für das Rentenversicherungssystem dar (Hinweis auf BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600 § 71 Nr 1). Daher sei es verfassungsrechtlich bedenklich, eine derartige Anrechnungszeit nur noch als "reine Versicherungslücke" zu behandeln.

7

           

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

        

die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Dresden vom 8. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 2008 zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 20. September 2005 abzuändern und der Klägerin ab 1. April 2005 Altersrente für Frauen unter Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Schul- bzw Hochschulausbildung vom 9. Februar 1961 bis 31. Dezember 1963 mit 0,0625 Entgeltpunkten je Kalendermonat zu gewähren.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der vom Gesetzgeber angeführte Differenzierungsgrund, dass bei typisierender Betrachtung Versicherte mit akademischer Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten als Versicherte ohne eine solche Ausbildung und damit im Regelfall auch höhere Rentenanwartschaften aufbauen könnten, sei ein ausreichender sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung dieser beiden Versichertengruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Anrechnungszeiten. Der Einwand, dem Gesetz fehle eine empirische und methodische Fundierung, sei unzutreffend. Insoweit sei auf die von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2 bis 3 zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 S 3) vom 13.2.2004 genannten Studien verwiesen; diese belegten, dass Akademiker vergleichsweise höhere Verdienste hätten. Auch neuere Studien bestätigten, dass bessere Bildung im Regelfall zu höherem Einkommen führe. Die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 lasse sich auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragen, weil es dort um die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG gegangen sei; hier gehe es aber lediglich darum, ob die vom Gesetzgeber angegebene Begründung für eine Differenzierung zwischen zwei Personengruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - bei der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten ausreichend sei.

10

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

12

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Mit ihrem Überprüfungsbegehren verfolgt die Klägerin eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG; vgl BSG vom 25.1.1994 - SozR 3-1300 § 44 Nr 8 S 19; BSG vom 28.6.1995 - BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr 7 S 52; BSG vom 5.11.1997 - BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr 18 S 43; BSG vom 3.4.2001 - BSGE 88, 75, 77 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20 S 132; BSG vom 10.4.2003 - SozR 4-1300 § 44 Nr 3 RdNr 8), die unbegründet ist. Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.5.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 20.9.2005 und auf Neufeststellung der Altersrente für Frauen (§ 237a SGB VI) unter Berücksichtigung höherer EP für die Zeiten ihrer Schul- und Hochschulausbildung. Denn die festgesetzte Rentenhöhe im Bescheid vom 20.9.2005 entspricht den gesetzlichen Bestimmungen (dazu unter A.) und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (dazu unter B.).

13

A. Streit besteht hier allein über den Gesamtbetrag an EP, der sich aus den 23 Monaten Anrechnungszeiten der Klägerin wegen Schul- und Hochschulausbildung innerhalb der dreijährigen Höchstbewertungsdauer ergibt. Von der Klägerin nicht angegriffen ist die Nichtbewertung der über diesen Zeitraum hinausgehenden Zeit ihrer Hochschulausbildung. Für die von ihr angestrebte Höherbewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung mit 0,0625 EP je Kalendermonat gibt es keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung bei einem Rentenbeginn am 1.4.2005 zu Recht (nur) mit 0,0586 EP (Ost) je Kalendermonat rentenerhöhend bewertet.

14

1. Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen.

15

Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP ua auch für beitragsfreie Zeiten (§ 66 Abs 1 Nr 2 SGB VI).

16

Aus im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten werden gemäß § 254b Abs 1 SGB VI für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente persönliche EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) gebildet. Für beitragsfreie Zeiten werden die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten EP in dem Verhältnis als EP (Ost) berücksichtigt, in dem die für die Ermittlung des Gesamtleistungswerts zugrunde gelegten EP (Ost) zu allen zugrunde gelegten EP stehen (§ 263a Satz 1 SGB VI).

17

Zu den beitragsfreien Zeiten (§ 54 Abs 4 SGB VI) zählen auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI). Gemäß § 58 Abs 1 Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung sind Anrechnungszeiten ua Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (Nr 4). Dementsprechend hat die Beklagte im Versicherungsverlauf des Rentenbescheids vom 20.9.2005 die Zeiten der Schulausbildung des Klägerin vom 9.2.1961 bis 31.8.1962 und die Zeiten der Hochschulausbildung vom 16.9.1963 bis 3.7.1967 berücksichtigt.

18

Beitragsfreie Zeiten sind mit dem aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Gesamtzeitraum erzielten Durchschnittswert (= EP/Monat) zu bewerten (§ 71 Abs 1 Satz 1 SGB VI), der entweder im Rahmen der Grundbewertung nach § 72 Abs 1 SGB VI auf der Grundlage sämtlicher EP für Beitragszeiten (Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und beitragsgeminderte Zeiten) und Berücksichtigungszeiten oder - falls für den Versicherten günstiger - im Rahmen der Vergleichsbewertung nach § 73 SGB VI auf der Grundlage nur der vollwertigen Beiträge und daher insbesondere ohne beitragsgeminderte Zeiten zu ermitteln ist(§ 71 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Vorliegend ergab sich ein Durchschnittswert aus der Grundbewertung von 0,0905 EP und aus der Vergleichsbewertung von 0,0978 EP. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Werte sind nicht erkennbar; solche wurden auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Zutreffend hat die Beklagte daher der Gesamtleistungsbewertung den höheren Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung zugrunde gelegt.

19

2. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung findet allerdings gemäß § 74 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG eine Begrenzung statt (sog begrenzte Gesamtleistungsbewertung). Gemäß § 74 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Ausbildungszeiten der genannten Art werden gemäß § 74 Satz 3 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre "bewertet" (dh sie wirken sich für höchstens drei Jahre unmittelbar rentenerhöhend aus), vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Gemäß § 74 Satz 4 SGB VI werden ua Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht bewertet.

20

3. Für Rentenneuzugänge der Jahre 2005 bis 2008, zu denen die Klägerin gehört, hat der Gesetzgeber des RVNG hinsichtlich der Bewertung von Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung in § 263 Abs 3 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung getroffen(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 29 zu Nr 51 <§ 263> zu Buchst c).

21

Gemäß § 263 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Für Renten, die im Zeitraum von Februar 2005 bis Dezember 2008 beginnen, wird gemäß § 263 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung abweichend von § 74 Satz 4 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre (unter Anrechnung von Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme) gleichwohl rentenerhöhend berücksichtigt, jedoch in Abhängigkeit vom Rentenbeginn nicht mit 75 vH bzw (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat, sondern mit einem sich stufenweise in monatlichen Schritten von 1,56 vH bzw 0,0013 EP mindernden und sich aus der Tabelle des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI ergebenden niedrigeren Prozentwert bzw EP-Wert.

22

4. Beginnt die Rente allerdings im Januar 2009 oder später, werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung nicht mehr bewertet, dh sie erhalten keine EP und haben insoweit keine rentenerhöhende Wirkung mehr.

23

Das bedeutet jedoch nicht, dass den Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr für die gesetzliche Rente keinerlei Bedeutung mehr zukäme. Denn zum einen bleibt deren rentenbegründende Wirkung erhalten: Dies zeigt sich nicht nur bei den Renten wegen Erwerbsminderung (wo Anrechnungszeiten den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, von denen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein müssen, verlängern, § 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Abs 4 Nr 1 und Nr 4 SGB VI), sondern (nach § 50 Abs 4 iVm § 51 Abs 3, § 54 Abs 1 Nr 2 und Abs 4 SGB VI)auch bei der Anrechnung auf die 35-jährige Wartezeit für die (vorzeitige Inanspruchnahme der) Altersrenten für langjährig Versicherte (§ 36 SGB VI) bzw für schwerbehinderte Menschen (§ 37 SGB VI). Zum anderen wirken sich Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung auch künftig dadurch rentenerhöhend aus, dass sie im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung als "nicht belegungsfähige Kalendermonate" berücksichtigt werden und insoweit eine Versicherungslücken schließende Funktion haben (§ 72 Abs 3 Nr 1 iVm § 54 Abs 4 SGB VI; s hierzu auch BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 14 ff; ferner zur Rechtsentwicklung Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; vgl insoweit auch BSG vom 26.1.2005 - SozR 4-2600 § 58 Nr 6 RdNr 15).

24

5. Die Beklagte hat in Anwendung der erläuterten Vorschriften die Zeiten der Klägerin wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der Höchstdauer von drei Jahren zutreffend mit 0,0586 EP für jeden Kalendermonat bewertet. Bei einem Rentenbeginn im April 2005 ergibt sich bei der Multiplikation des für die Gesamtleistungsbewertung maßgeblichen Durchschnittswerts aus der Vergleichsbewertung von 0,0978 EP mit dem Tabellenwert des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI von 70,31 vH(in Anwendung von § 121 SGB VI) ein Wert von 0,0688 EP (= 0,0978 EP x 70,31 : 100); höchstens jedoch von 0,0586 EP. Diesen Betrag hat die Beklagte zu Recht der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung zugrunde gelegt. Nach Multiplikation mit 23 Monaten Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung ergeben sich 1,3478 EP (Ost) (= 23 x 0,0586 EP ). Diesen EP-Wert für die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung hat die Beklagte bei der Rentenberechnung (Ermittlung des Monatsbetrags der Rente) der Klägerin berücksichtigt (s Anlage 4 Seite 6 des Bescheids vom 20.9.2005).

25

B. Der Auffassung der Klägerin, die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 SGB VI(jeweils idF des RVNG) sei verfassungswidrig, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr stimmt der erkennende Senat mit den Vorinstanzen überein, dass diese Vorschriften mit dem GG vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen Art 14 Abs 1 (dazu unter 1.) noch gegen Art 3 Abs 1 GG (dazu unter 2.) und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (dazu unter 3.). Er hat daher keine Veranlassung, gemäß Art 100 Abs 1 GG eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der von der Klägerin angegriffenen Regelungen herbeizuführen.

26

1. Eine Verletzung des Art 14 Abs 1 GG liegt nicht vor.

27

a) Die von der Klägerin in der Zeit bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Normen erworbene Rentenanwartschaft wird vom Schutzbereich dieser Verfassungsnorm erfasst (vgl BVerfGE 53, 257, 289 f; 55, 114, 131; 58, 81, 109; 69, 272, 298; 70, 101, 110; 100, 1, 32 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50; stRspr). Es handelt sich um eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; sie genießt den Schutz der Eigentumsgarantie, weil sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (vgl zB BVerfGE 69, 272, 300). Für Rentenanwartschaften, die in der DDR begründet wurden, gilt dies mit der Einschränkung, dass Art 14 Abs 1 GG sie nur in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 48 ff; BVerfGE 112, 368, 396 = SozR 4-2600 § 307a Nr 3 RdNr 43). Dabei ist auf die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt abzustellen und nicht auf einzelne Berechnungselemente (vgl BVerfGE 58, 81, 109; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 51) wie hier die Bewertung von Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung als Anrechnungszeiten.

28

b) Die Rechtsänderung hat die Rentenanwartschaft der Klägerin beeinträchtigt. Während nach den bis zum 31.12.2004 geltenden Bestimmungen der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für Zeiten wegen schulischer Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres für jeden Kalendermonat auf 75 vH begrenzt war und für die Dauer von drei Jahren noch mit (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat rentenerhöhend berücksichtigt werden konnte (§ 74 Satz 1, 2 und 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung), werden nach der Neuregelung durch das RVNG Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung (für Rentenzugänge ab 2009) überhaupt nicht mehr bewertet (§ 74 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Eines der Ziele des Gesetzgebers war es, allgemeine Schulzeiten sowie Fachhochschul- und Hochschulzeiten (im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung) nur noch bis zu acht Jahren als (Versicherungslücken füllende) "unbewertete" (dh nicht rentenerhöhende) Anrechnungszeiten zu berücksichtigen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 24 zu Nr 13 <§ 74>). Übergangsweise galt für die Rentenneuzugänge 2005 bis 2008 eine Abschmelzung des begrenzten Gesamtleistungswerts um jeweils 1,56 vH bzw 0,0013 EP je Kalendermonat, beginnend mit 75 vH bzw 0,0625 EP bei einem Rentenzugang im Januar 2005 und endend mit 1,56 vH bzw 0,0013 EP bei einem Rentenzugang im Dezember 2008 (§ 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Hiervon wird auch die Klägerin erfasst, da ihre Rente am 1.4.2005 begann und daher ihre Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung im Rahmen der dreijährigen Höchstbewertungsdauer je Kalendermonat (nur) mit 0,0586 EP (Ost) zu berücksichtigen sind.

29

c) Soweit dadurch in die bis dahin vorhandene Rechtsposition der Klägerin eingegriffen wurde, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber hatte hier nicht nur deswegen eine besonders große Gestaltungsfreiheit, weil bei Rentenanwartschaften die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen bereits von vornherein angelegt ist (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 58, 81, 110; 70, 101, 111; 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 53; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 34), sondern auch, weil es hier um die Begrenzung von Positionen ging, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen waren. Denn Anrechnungszeiten beruhen - da ohne eigene Beitragsleistung erworben - überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind somit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge (so BVerfGE 58, 81, 112). Sie sind zwar Bestandteil der Rentenanwartschaft und unterliegen damit dem Bestandsschutz des Art 14 Abs 1 GG; es handelt sich jedoch um einen abgeleiteten Eigentumsschutz von geringerer Intensität (Wahl, jurisPR-SozR 12/2005, Anm 4 unter D 2b). Ebenso wie es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lag, diese Zeiten als ein Element des sozialen Ausgleichs für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung seiner sozialen Sicherheit vorzusehen (vgl BVerfGE 58, 81, 113; BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 46), ist es ihm auch überlassen, ob und inwieweit er diesen Ausgleich weitergewähren will.

30

Allerdings sind Eingriffe in Rentenanwartschaften nur zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 70, 101, 111; 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 54; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 35; stRspr). Sie müssen zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl BVerfGE 58, 81, 121; 76, 220, 238; 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; stRspr). Diesen Anforderungen genügen die hier von der Klägerin angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(jeweils idF des RVNG).

31

aa) Mit den durch das RVNG vorgesehenen Maßnahmen sollten vor dem Hintergrund der sich "immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen" des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und "einer schwierigen finanziellen Situation" der gesetzlichen Rentenversicherung "die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicher gemacht werden, wie das in einer sich ständig verändernden Gesellschaft möglich ist" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 2, 17). Richtschnur war dabei der "Grundsatz der Generationengerechtigkeit". Die Jüngeren sollten nicht durch zu hohe Beiträge überfordert ("erdrückt") werden, da nur mit "verkraftbaren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung" der Spielraum geschaffen werde, der erforderlich sei, um eigenverantwortlich ergänzende Altersvorsorge betreiben zu können. Gleichzeitig sollte das Vertrauen der Älteren in das Funktionieren der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten bleiben (aaO).

32

Zu den im Rahmen eines Gesamtpakets vorgesehenen Maßnahmen, die zur Stabilisierung des Beitragssatzes und langfristigen Sicherung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen sollten (aaO S 33; s auch Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Andreas Storm, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU über die Auswirkungen des Wegfalls der bewerteten Anrechnungszeiten bei schulischer Ausbildung in der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks 15/2305, S 7, 13), gehörte als "mittel- und langfristig wirkende" Maßnahme (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 18 f) die Abschaffung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (mit Ausnahme der Zeiten des Fachschulbesuchs und der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen) als rentensteigernde Anrechnungszeiten nach einer vierjährigen Übergangsfrist für Rentenneuzugänge ab 2009 (zur Verfassungsmäßigkeit des ebenfalls mit dem RVNG in die Rentenformel eingefügten sog Nachhaltigkeitsfaktors s Senatsurteil vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 RdNr 27 ff).

33

bb) Zur Erreichung dieser weitreichenden Ziele war die gesetzliche Neuregelung in § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI geeignet. Es wurden Vergünstigungen zurückgenommen, die dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Betonung der Beitragssatzstabilität und der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente sowie angesichts der angespannten Gesamtlage vor dem Hintergrund einer steigenden demografischen Belastung der gesetzlichen Rentenversicherung als unangemessen erscheinen konnten. Der damit erzielte Spareffekt ist nicht lediglich marginal (vgl dazu allgemein BVerfGE 70, 101, 112). Die Einsparungen aus dem Wegfall der bewerteten (rentensteigernden) Anrechnungszeiten wegen Fachhochschul- und Hochschulausbildung werden auf langfristig rund 200 Mio Euro/Jahr geschätzt. Hinzu kommt die Einsparung aus dem Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen (allgemeiner) Schulausbildung. Insgesamt wird vom Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung langfristig ein Einsparvolumen von 0,1 Beitragssatzpunkten erwartet (vgl Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 4, 8).

34

Unter diesen Umständen kann auch die Erforderlichkeit dieser Maßnahme nicht verneint werden. Sie würde nur dann fehlen, wenn evident wäre, dass die angestrebte Einsparung und Konsolidierung mit weniger einschneidenden Mitteln hätte erreicht werden können (vgl BVerfGE 76, 220, 241). Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen (etwa auf die vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vorgeschlagene Minderung der Höchstbewertung für alle schulischen Ausbildungszeiten von bisher 75 vH des Durchschnittsverdiensts auf 60 vH des Durchschnittsverdiensts: s hierzu den auf diesem Vorschlag beruhenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kolb ua und der Fraktion der FDP vom 10.3.2004, BT-Drucks 15/2688); er kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, die mit § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI verfolgten Einsparungen in anderen Bereichen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erzielen(vgl BVerfGE 75, 78, 101 f; 76, 220, 241; 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 91; BVerfGE 117, 272, 298 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 65; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 44).

35

cc) Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen des RVNG das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der günstigeren Bewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nach altem Recht überwiegt.

36

Soweit der Rentenanwartschaft der Klägerin eine höhere, über die versicherten Arbeitsentgelte hinausgehende rentenrechtliche Bewertung der Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung zugrunde liegt, beruht sie nicht auf ihrer eigenen Beitragsleistung. Ist es aber zur Sicherung der Finanzgrundlagen und zum Erhalt der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, diesen berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu kürzen, die Ausdruck einer besonderen Vergünstigung sind (vgl BVerfGE 58, 81, 111). Denn eine durch einkommensbezogene Beitragszahlungen begründete rentenrechtliche Position genießt einen höheren Schutz gegen staatliche Eingriffe als eine Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl BVerfGE 58, 81, 112 f). Dies ist hier in Bezug auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung der Fall. Die Schul- und Hochschulausbildung begründet als solche allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugute kommt, sondern dient seiner eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich (BVerfGE 58, 81, 113; s auch BVerfGE 117, 272, 299 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 67 zur Berufsausbildung).

37

Der Senat teilt nicht die Auffassung, schulische Ausbildungszeiten unterlägen als notwendige Vorleistungen für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einem höheren verfassungsrechtlichen Schutz (vgl aber BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600 § 71 Nr 1 RdNr 40 ff; ferner W. Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 8 f; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61, 66 ff). Dies ist auch nicht die Sichtweise des BVerfG. Denn die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen (§ 63 Abs 1 SGB VI). Insofern ist es durchaus konsequent, die Ausbildung vorwiegend dem Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuordnen, deren besondere Honorierung dem System der Rentenversicherung jedenfalls nicht immanent ist, weil es grundsätzlich an den Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft (BVerfGE 58, 81, 113; Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 15; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 33 f).

38

Demgegenüber fallen die mit dem RVNG verfolgten Ziele erheblich ins Gewicht, da sie auf eine Verbesserung der Finanzlage und der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit sowie auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten mit dem Ziel der Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet sind. In diesem Zusammenhang haben alle Maßnahmen besondere Bedeutung, die einer Stärkung der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente dienen. Dazu gehört auch die Regelung des § 74 Satz 4 SGB VI.

39

dd) Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ebenfalls im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f), sind die angegriffenen Bestimmungen nicht zu beanstanden.

40

Für den Versichertenkreis, dem die Klägerin angehört, also den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes "rentennahen Jahrgängen", wurden die Auswirkungen des § 74 Satz 4 SGB VI durch die Übergangsvorschrift des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit ihrem vierjährigen "Abschmelzungsprogramm" abgemildert(s hierzu bereits oben unter A.3.). Dadurch kam es auch bei ihr noch zu einer rentenerhöhenden Bewertung von Zeiten mit Schul- und Hochschulausbildung.

41

Die Rentenminderung, die daraus resultiert, dass die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nicht mehr - wie nach altem Recht - mit (höchstens) 0,0625 EP, sondern nur noch mit 0,0586 EP je Kalendermonat in die Rentenberechnung eingehen, hält sich im vertretbaren Rahmen; insoweit errechnet sich bei der Klägerin im Vergleich zum alten Recht (unter Zugrundelegung des beim Rentenbeginn im April 2005 maßgeblichen aktuellen Rentenwerts ) eine Rentenminderung von 2,06 Euro/Monat.

42

Nach altem Recht hätte sich der auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung entfallende Teil des Rentenbetrags auf 33,02 Euro/Monat belaufen (0,0978 EP x 75 : 100 = 0,0734 EP; aber begrenzt auf den Höchstwert von 0,0625 EP/Monat; 0,0625 EP (Ost) x 23 Monate Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung = 1,4375 EP x 22,97 Euro = 33,02 Euro/Monat). Diese Bewertung fällt bei der Klägerin wegen der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit Rentenbeginn im April 2005 nicht vollständig weg; es ergibt sich aber ein verminderter Betrag von 30,96 Euro/Monat (0,0978 EP x 70,31 : 100 = 0,0688 EP, aber begrenzt auf den Höchstwert von 0,0586 EP/Monat; 0,0586 EP x 23 Monate Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung = 1,3478 EP x 22,97 Euro = 30,96 Euro/Monat), sodass sich eine Differenz von 2,06 Euro/Monat zwischen altem (33,02 Euro/Monat) und neuem Recht (30,96 Euro/Monat) errechnet.

43

Die maximale Minderung betrug beim Auslaufen der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI und Wegfall der Bewertung von höchstens drei Jahren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung 2,25 EP(= 36 x 0,0625 EP). Dies entsprach in den alten Bundesländern bei Rentenbeginn im Januar 2009 einem Betrag von 61,20 Euro/Monat (= 2,25 EP x 27,20 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009), in den neuen Bundesländern einem von 58,79 Euro/Monat (= 2,25 EP x 26,13 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009; vgl auch die Werte in der Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 3, wonach sich die Rentenhöhe durch die Abschaffung der Bewertung der Anrechnungszeiten wegen des Besuchs von allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen um durchschnittlich 15,23 Euro/Monat reduziert; vgl zu den Auswirkungen auf die Rentenhöhe auch Loose, Soziale Sicherheit 2003, 431, 432 f).

44

Angesichts der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 SGB VI mag offenbleiben, ob sich bei der wechselhaften Geschichte der Ausfall- und Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung(vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; Blüggel, Soziale Sicherheit 2004, 61 ff) überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen auf deren rentensteigernde Wirkung entwickeln konnte. Allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz einer vorhandenen Rechtsposition verfassungsrechtlich jedenfalls nicht geboten (vgl BVerfGE 117, 272, 294 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 56; BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 31).

45

2. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen hat der Gesetzgeber nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verletzt. Auch an diese Verfassungsnorm ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gebunden (vgl BVerfGE 74, 203, 214). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner - hier bestehenden weiten - Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl BVerfGE 52, 277, 280 f; 68, 287, 301; 81, 108, 117 f; 84, 348, 359).

46

a) Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 126, 29, 43 mwN). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 87, 1, 36; 112, 50, 67; 117, 272, 300 f; 122, 151, 188; 126, 29, 47; stRspr).

47

Die Klägerin gehört - wie oben ausgeführt - zu der Gruppe von Versicherten, deren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch das RVNG in ihrer Bewertung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung gemindert worden sind. Damit wird sie zum einen gegenüber Versicherten mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 (dazu unter aa) und zum anderen gegenüber Versicherten mit Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (dazu unter bb) ungleich behandelt. Denn diese Versicherten werden von der Neubewertung der Zeiten wegen schulischer Ausbildung durch das RVNG nicht erfasst, obwohl auch sie während dieser Zeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt oder getragen haben.

48

b) Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt:

49

aa) Die Regelung des Wegfalls der rentensteigernden Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§ 74 Satz 4 SGB VI) durch das RVNG ist am 1.1.2005 in Kraft getreten (Art 15 Abs 11 aaO). Das neue Recht findet auf Versicherte mit Rentenbeginn ab diesem Zeitpunkt und damit auch auf die Klägerin Anwendung (vgl § 300 Abs 1, Abs 2 SGB VI); seine Wirkung wird allerdings durch die ebenfalls zum 1.1.2005 in Kraft getretene Übergangsregelung in § 263 Abs 3 SGB VI(vgl Art 15 Abs 11 RVNG) abgeschwächt, die auch der Klägerin zugute gekommen ist; lediglich Versicherte mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 sind von dem Wegfall bzw der Kürzung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nicht betroffen.

50

Eine solche Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl BVerfGE 101, 239, 270; 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73; stRspr). Dies war hier der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes danach differenziert, ob ein Versicherter bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat, und damit in abgeschlossene Rentenbiografien nicht mehr eingreift (vgl BVerfGE 58, 81, 126; 75, 78, 106; 117, 272, 301 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).

51

bb) Auch bei Versicherten, die Zeiten an Fachschulen (zur Begriffsbestimmung s BSG vom 9.6.1988 - 4/11a RA 68/87 - Juris RdNr 14 f; BSG vom 21.2.1989 - SozR 2200 § 1259 Nr 109 S 290) und für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (zur Begriffsbestimmung s § 58 Abs 1 Satz 2 SGB VI)aufweisen, bleibt es insoweit bei der bisherigen rentenrechtlichen Bewertung; diese Zeiten werden weiterhin nach Vollendung des 17. Lebensjahres für die Dauer von höchstens drei Jahren als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung mit bis zu 0,0625 EP je Kalendermonat (0,75 EP/Jahr x 3 = maximal 2,25 EP) rentensteigernd berücksichtigt (§ 74 Satz 1 bis 3 SGB VI idF des RVNG).

52

(1) Die ungleiche Behandlung gegenüber Versicherten, die - wie die Klägerin - "nur" Zeiten der allgemeinen Schul- und Hochschulausbildung aufweisen, wird in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren des RVNG damit begründet, dass die rentenrechtliche Besserstellung derjenigen Versicherten mit Zeiten schulischer Ausbildung beseitigt werden soll, die - bei typisierender Betrachtung - durch ihre akademische Ausbildung und die damit im Regelfall einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen können. Vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme könne es nicht länger Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, diese Zeiten zu privilegieren. Zeiten einer nichtakademischen Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sollten hingegen auch weiterhin mit bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts bewertet werden. Denn hier könne regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass im späteren Erwerbsleben Rentenanwartschaften im selben Umfang aufgebaut würden wie auf der Grundlage einer akademischen Ausbildung. Zudem solle eine sozialpolitisch bedenkliche Ungleichbehandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und von Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits vermieden werden, da bei letzteren - wie bisher auch - eine Höherbewertung der Pflichtbeiträge auf bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts erfolge. Durch die Begrenzung der Bewertung bzw Höherbewertung von schulischen und beruflichen Ausbildungszeiten auf insgesamt 36 Monate solle eine unverhältnismäßige rentenrechtliche Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindert werden (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 19 zu Nr 4).

53

(2) Diese Begründung für die unterschiedliche Behandlung der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung bei den genannten Versichertengruppen ist nicht sachfremd. Der Gesetzgeber durfte insbesondere von der typisierenden Annahme ausgehen, dass Absolventen von Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen ua) im späteren Erwerbsleben im Vergleich zu Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen durch ihre höhere berufliche Qualifikation im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten haben und deswegen höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können.

54

Entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin geht der Senat davon aus, dass das BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175, 225 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 141 ff) spezifische Anforderungen an die Begründungspflicht des Gesetzgebers nur für die Bestimmung (Bemessung) des menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG aufgestellt hat (vgl zur Begründungspflicht des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch Hebeler, DÖV 2010, 754 ff; s hierzu auch Meßling in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, S 787 ff). Dennoch kann es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung auch allgemein von Relevanz sein, ob sich für die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Einschätzungen des Gesetzgebers hinreichend tragfähige Grundlagen finden lassen (vgl hierzu BVerfGE 50, 50, 51; 50, 290, 333; 86, 90, 109; 88, 203, 262 f; 121, 317, 350 ff). Ist dies nicht der Fall oder erweisen sich die Erwägungen des Gesetzgebers als so offensichtlich fehlerhaft, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können, können die Gerichte diese trotz eines insoweit grundsätzlich bestehenden weiten gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums beanstanden (vgl BVerfGE 77, 84, 106; 91, 1, 29).

55

(3) Soweit der Senat die angegriffenen Regelungen im Hinblick auf die Vergleichsgruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - zu überprüfen hat, sind die Erwägungen des Gesetzgebers des RVNG, die der unterschiedlichen Bewertung der Ausbildungszeiten dieser beiden Versichertengruppen zugrunde liegen, nicht unvertretbar. Dass Versicherte mit einer Hochschulausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten und höhere Altersrenten haben als Versicherte der Vergleichsgruppe, wird durch mehrere Studien belegt:

56

Bereits im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2-3 zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 S 3) vom 13.2.2004 ausgeführt, dass sie zwar mit dem Bundesrat darin übereinstimme, dass eine akademische Ausbildung erst nach längerer Zeit zur Realisierung höherer Rentenanwartschaften führe. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass ein Studium auch unter Berücksichtigung der höheren Kosten der Ausbildung und einer tendenziell kürzeren Erwerbsphase, besonders bei einem weitgehend öffentlich finanzierten Ausbildungsangebot, in der Regel zu einer "positiven Bildungsrendite" führt und sich dies sowohl in der Einkommenssituation während der Erwerbsphase als auch im Alter widerspiegelt. Insoweit hat die Bundesregierung auf die "Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998" (EVS '98) und die Infrateststudie "Alterssicherung in Deutschland 1999" (ASiD '99) Bezug genommen. Danach verdienten unter Zugrundelegung der EVS '98 in der gesetzlichen Rentenversicherung als Arbeitnehmer pflichtversicherte Akademiker mit 2299 Euro fast das 1,5 fache des monatlichen Durchschnittsverdiensts der Versicherten (1584 Euro), Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Lehre oder Gesellenprüfung lagen dagegen mit 1480 Euro knapp unterhalb des Durchschnittsverdiensts (s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 16). Nach der ASiD '99 bezogen Versicherte mit Hochschulausbildung mit 1163 Euro eine um durchschnittlich 350 Euro höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf 813 Euro kamen (BT-Drucks 15/2591 S 3; s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 aaO, BT-Drucks 15/2305, S 14, wonach in den neuen Bundesländern nach der ASiD '99 Versicherte mit einer akademischen Ausbildung mit monatlich 1219 Euro sogar eine um 475 Euro höhere Rente bezogen als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf monatlich 744 Euro kamen).

57

Auch aktuelle Studien bestätigen, dass in den vergangenen Jahren die wirtschaftlichen Vorteile einer Ausbildung an Universitäten oder Fachhochschulen (sog tertiäre Ausbildung) in Deutschland weiter zugenommen haben. Nach der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung benannten) Studie "Bildung auf einen Blick 2010" verdienten Hochqualifizierte im Jahre 2008 im Schnitt 67 Prozent mehr als Erwerbstätige, die "nur" über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten. 2007 lag dieser Einkommensvorsprung bei 62 Prozent, seit 1998 hat er sich nach Angaben der OECD mehr als verdoppelt. Hinzu kommen ein deutlich geringeres Risiko von Arbeitslosigkeit und weit höhere Erwerbsquoten bei den Älteren. So waren etwa 2009 von den 60 bis 65-Jährigen mit einer Ausbildung an einer Universität oder Fachhochschule 56 Prozent erwerbstätig; bei den 60 bis 65-Jährigen mit nur einer beruflichen Ausbildung dagegen lediglich 36 Prozent (s hierzu nur Pressemitteilung der OECD vom 7.9.2010 "Mehr Hochschulabsolventen in Deutschland - aber auch weiter steigende wirtschaftliche Vorteile aus guter Bildung" zur Studie "Bildung auf einen Blick 2010", veröffentlicht im Internet unter http://www.oecd.org). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Autorengruppe "Bildungsberichterstattung" in ihrem im Auftrag der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstatteten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung ebenfalls benannten) Bericht "Bildung für Deutschland 2010". Danach lag im Jahre 2008 die relative Einkommensposition von Hochschulabsolventen bei 174 Prozent und von Fachhochschulabsolventen bei 163 Prozent des Medians der monatlichen Bruttoerwerbseinkommen aller Erwerbstätigen, die relative Einkommensposition von Personen mit Hauptschulabschluss/mittlerem Schulabschluss und beruflichem Abschluss dagegen lediglich bei 107 Prozent des Medians (s Tabellenanhang Tab I2-5A im Bericht "Bildung für Deutschland 2010", ua veröffentlicht im Internet unter http:// www.kmk.org /bildung-schule/bildungsberichterstattung/bildungsbericht-2010.html).

58

(4) Vor diesem Hintergrund liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund zwischen den hier zu vergleichenden Gruppen von Normadressaten vor. Gemessen an seinem Konzept ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber an der Realität vorbeigegangen ist. Vielmehr konnte er bei der Ausgestaltung der rentenrechtlichen Vergünstigung der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung in typisierender Betrachtung daran anknüpfen, dass Absolventen von Hochschulen bereits durch ihre qualifizierte Ausbildung und die damit im Regelfall auch einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können als Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.

59

Dass der Gesetzgeber beim Abbau dieser auf dem Gedanken der staatlichen Fürsorge beruhenden Vergünstigung (vgl BVerfGE 58, 81, 112) bei denjenigen Versicherten ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell voraussichtlich besser verkraften können, ist nicht zu beanstanden. Soweit er bei seiner Entscheidung, bei welchen beitragsfreien Zeiten wegen schulischer Ausbildung er zukünftig auf deren (begrenzt) rentenerhöhende Wirkung verzichtet, nicht auf die im Erwerbsleben von den Versicherten tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste abgestellt hat, sondern typisierend darauf, dass eine höhere berufliche Qualifikation zu einem höheren Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und damit auch zu einer höheren Rente führen (vgl BVerfGE 58, 81, 113), liegt dies jedenfalls nicht außerhalb seines hier bestehenden weiten Gestaltungsspielraums. Überdies liegen Art und Umfang der Ausbildung grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der Rentenversicherung erhöhen will oder nicht (BVerfGE aaO). Dies schließt aber auch das Risiko ein, später - aus welchen Gründen auch immer - trotz einer solchen Ausbildung nicht die erhofften höheren Arbeitsverdienste zu erzielen.

60

Von daher mag die Klägerin zu Recht darauf hinweisen, dass Hochschulabsolventen nicht in jedem Fall überdurchschnittlich verdienen bzw dass bei einem im Vergleich zu Absolventen einer Fachschule oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme höheren Arbeitsverdienst im Einzelfall dieser Verdienst nicht ausreicht, den Verlust an Beitragsjahren auszugleichen. Aber auch dieser Einwand ist nicht geeignet, die typisierende Betrachtungs- und Vorgehensweise des Gesetzgebers zu beanstanden. Anderslautende Untersuchungsergebnisse als die vorliegenden, wonach Versicherte mit Hochschulausbildung im Durchschnitt über höhere Arbeitsverdienste verfügen als Versicherte ohne eine solche Ausbildung, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

61

3. Schließlich verstoßen die angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip(Art 20 Abs 1 iVm Art 28 Abs 1 GG). Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen; die Erfüllung dieser Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Selbst wenn durch eine Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, ist das Sozialstaatsgebot nicht verletzt; denn es dient nicht der Korrektur jeglicher (aus Sicht des Normadressaten) hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen (vgl hierzu BVerfGE 66, 234, 247 f; 69, 272, 314 f).

62

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet, vorrangig die beitragsfreien Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung und Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil

1.
Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 vorgelegen hat, für die Arbeitslosengeld oder Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches nicht oder Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches nur darlehensweise gezahlt worden ist oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches erbracht worden sind,
1a.
Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen worden ist,
2.
Krankheit nach dem 31. Dezember 1983 vorgelegen hat und nicht Beiträge gezahlt worden sind,
3.
Ausbildungssuche vorgelegen hat,
werden nicht bewertet.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Altersrente (AlR) unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Zeitraum vom 1.1.2000 bis 30.4.2002 in der knappschaftlichen Rentenversicherung.

2

Der 1946 geborene Kläger ist promovierter Ingenieur für angewandte Mechanik. Bis 1990 arbeitete er als Fachschullehrer an der Werkakademie F. ; danach war er bis 1995 Abgeordneter im Sächsischen Landtag. Vom 8.5.1995 bis 30.4.2002 war er als "Leiter Stabsstelle neue Geschäftsfelder" bei der B. GmbH (B. GmbH) tätig, über die in 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Beschluss Amtsgericht Dresden vom 5.1.2012). Der Beigeladene ist zum Insolvenzverwalter bestimmt worden (§ 75 Abs 1 SGG, Beschluss SG Chemnitz vom 4.7.2012).

3

Von Beginn seiner Tätigkeit bei der B. GmbH an war der Kläger bei der beklagten Bundesknappschaft pflichtversichert und es sind Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet worden. Nach Überprüfung des Versicherungsverhältnisses war die Beklagte jedoch der Ansicht, dass sie den Kläger zu Unrecht zur knappschaftlichen Versicherung herangezogen habe, weil er als Stabstellenleiter nicht überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichtet habe. Die daraufhin erfolgte "Umstellung des Rentenversicherungsverhältnisses nach § 201 Abs. 2 SGB VI"(Bescheid vom 21.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.3.2006) ist mangels Ermächtigungsgrundlage im anschließenden Gerichtsverfahren aufgehoben worden (Urteil des SG Chemnitz vom 10.3.2009 - S 7 R 566/06 KN; die Berufung der Beklagten ist am 23.6.2010 zurückgenommen worden).

4

Die Beklagte stellte die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten des Klägers, die länger als sechs Jahre zurücklagen (bis 31.12.2003) verbindlich nach § 149 Abs 5 SGB VI fest(Vormerkungsbescheid vom 28.6.2010). Die streitigen Beschäftigungszeiten (vom 1.1.2000 bis 30.4.2002) ordnete sie der allgemeinen Rentenversicherung der Angestellten zu. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos. Da die B. GmbH weder ein knappschaftlicher Betrieb sei noch der Kläger knappschaftliche Tätigkeiten verrichtet habe, komme eine Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht in Betracht (Widerspruchsbescheid vom 4.11.2010).

5

Nach Klageerhebung ist dem Kläger auf seinen im Oktober 2011 gestellten Antrag Regelaltersrente ab 1.1.2012 gewährt worden (Rentenbescheid vom 15.11.2011, Änderungsbescheid vom 1.2.2012). Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Mit Urteil vom 25.10.2012 hat das SG Chemnitz unter Aufhebung des Vormerkungs- und des Rentenbescheids die Beklagte verpflichtet, den streitigen Zeitraum der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen und entsprechende AlR zu gewähren. Es hat ausgeführt, dass der Kläger zwar nicht selbst Sanierungs- bzw Aufräumungsarbeiten durchgeführt habe; die ingenieurtechnische Vorbereitung solcher Arbeiten sei jedoch als knappschaftliche Tätigkeit einzuordnen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.6.2014). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Vormerkungsbescheid sei zu Recht ergangen. Die B. GmbH sei kein knappschaftlicher Betrieb gewesen, weil der Gegenstand des Unternehmens auf reine Sanierungsarbeiten, auf landschaftsgestalterische Maßnahmen, auch außerhalb des Bergbaus, sowie auf Tätigkeiten aller Art auf dem Gebiet der Umwelt ausgerichtet gewesen sei. Solche Betriebe erfüllten nicht den eng auszulegenden Begriff des knappschaftlichen Betriebs unter Berücksichtigung des Versicherungszwecks der im Bergbau Beschäftigten. Es habe sich auch nicht um einen überwiegend unterirdisch betriebenen Betrieb der Industrie der Steine und Erden und auch nicht um einen Nebenbetrieb eines knappschaftlichen Betriebs gehandelt. Der Kläger habe auch keine knappschaftlichen Arbeiten verrichtet. Als "Leiter Stabsstelle neue Geschäftsfelder" habe er nach eigenen Angaben selbst keine Sanierungsarbeiten ausgeführt. Er habe für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen gesorgt und nicht rein körperliche Sanierungsarbeiten durchgeführt.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung der Vorschriften über die knappschaftliche Rentenversicherung (§ 138 SGB VI aF und § 134 SGB VI). Unzutreffend habe das LSG die B. GmbH nicht als knappschaftlichen Betrieb eingeordnet. Der ursprüngliche Gründungszweck der Gesellschaft sei die Durchführung der Sanierung des Braunkohletagebaus in der Lausitz und in Mitteldeutschland gewesen. Damit stehe die B. GmbH in "gerader Funktionsnachfolge" eines - zweifelsfrei - ehemaligen knappschaftlichen Betriebs, dem Braunkohletagebau in der ehemaligen DDR. Unerheblich sei, dass sich die B. GmbH für andere Geschäftsfelder auch außerhalb des Braunkohletagebaus geöffnet habe. Der weit überwiegende Anteil des Umsatzes der B. GmbH sei im Bereich der Bergbausanierung erzielt worden. Im Übrigen habe der Kläger zumindest überwiegend knappschaftliche Arbeiten iS von § 133 Nr 2, § 134 Abs 4 Nr 11 SGB VI verrichtet. Dafür spreche der räumliche und betriebliche Zusammenhang zum Braunkohletagebau, der durch den Unternehmensgegenstand der Bergbausanierung bestanden habe. Zu den Sanierungsarbeiten iS von § 134 Abs 4 Nr 11 SGB VI zählten planende wie nachsorgende, sog "Ingenieur-know-how"-Tätigkeiten. Vom Anwendungsbereich der Vorschrift seien daher die Aufgaben des Klägers als Stabstellenleiter erfasst. Ohne Wahrnehmung von Leitungsaufgaben könnten körperkraftzehrende Arbeiten im Bergbau nicht verrichtet werden. Schwere körperliche Arbeiten setze die Vorschrift hingegen nicht zwingend voraus.

7

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. Juni 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. Oktober 2012 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

10

Der Beigeladene schließt sich der Rechtsansicht der Beklagten an und stellt keinen eigenen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Das LSG hat das angefochtene Urteil des SG zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen.

12

A. Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers auf höhere AlR. Es handelt sich um eine zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG, vgl BSG SozR 4-2600 § 256b Nr 1 RdNr 19). Zwar hatte der Kläger ursprünglich gegen den Vormerkungsbescheid vom 28.6.2010 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.11.2010) eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG, vgl BSG aaO) erhoben, soweit dort die streitigen Beschäftigungszeiten nicht der knappschaftlichen, sondern der allgemeinen Rentenversicherung der Angestellten zugeordnet waren. Dieses Begehren ist aber nach Eintritt des Leistungsfalls der AlR (hier zum 1.1.2012) nicht mehr durch eine gesonderte Korrektur des Vormerkungsbescheids, sondern im Rahmen der Überprüfung des Rentenbescheids zu verfolgen (vgl § 149 Abs 5 S 2 SGB VI; vgl ausführlich Senatsurteil vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - RdNr 16; BSG SozR 4-2600 § 248 Nr 1 RdNr 12). Nach Erlass eines solchen Rentenbescheids liegt kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für die Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens in Bezug auf den Vormerkungsbescheid vor (vgl dazu Senatsurteil, aaO, unter Hinweis auf BSG - SozR 1500 § 53 Nr 2 S 3; vgl auch SozR 4-2600 § 256b Nr 1 RdNr 8 ff; BSG vom 23.8.2005 - SGb 2006, 429 RdNr 41).

13

Das anhängige Klageverfahren findet seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung der bis dahin angefochtene Vormerkungsbescheid gedient hatte. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs 1 SGG(hier idF vom 26.3.2008 - BGBl I 444) unmittelbare Anwendung mit der Folge, dass der Rentenbescheid als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit er auf den ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (vgl BSG SozR 4-2600 § 248 Nr 1 RdNr 12). Eines gesonderten Widerspruchsverfahrens gegen den einbezogenen Rentenbescheid bedarf es nicht (vgl BSGE 47, 168 = SozR 1500 § 96 Nr 13; BSG SozR 1500 § 96 Nr 18; anders hingegen die Konstellation im Senatsurteil vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R).

14

Vorliegend hat der AlR-Bescheid vom 15.11.2011 die Feststellungen des Vormerkungsbescheids vom 28.6.2010 in Bezug auf die Zuordnung der streitigen Beschäftigungszeiten zur allgemeinen Rentenversicherung der Angestellten ersetzt (§ 96 Abs 1 SGG). Dies ergibt sich aus den kompletten Anlagen des AlR-Bescheids, die die Beklagte im Revisionsverfahren vorgelegt hat.

15

Anderslautende Regelungen sind dem Rentenbescheid vom 15.11.2011 nicht zu entnehmen. Selbst wenn ein Rentenbescheid, der während eines Rechtsstreits um die Feststellung von Versicherungszeiten erlassen wird idR streitgegenständlich wird, sind Ausnahmen hiervon je nach Inhalt des Rentenbescheids anerkannt worden, wenn es sich zB nicht um einen endgültigen Rentenbescheid gehandelt hat (vgl BSGE 99, 122 = SozR 4-2600 § 201 Nr 1) oder der Rentenbescheid "Vorbehalte" dergestalt enthielt, den Rentenbescheid bei ungünstigem Ausgang des Vormerkungsstreits zu korrigieren (vgl BSGE 48, 100 = SozR 2200 § 1259 Nr 37). Solche Regelungen sind dem angefochtenen AlR-Bescheid aber nicht zu entnehmen.

16

B. Dem Kläger steht kein Anspruch auf höhere AlR zu. Die Prüfung der für die Berechnung der Rente bedeutsamen Zeiten hat auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Rentenbewilligung maßgeblichen Rechts (vgl § 300 Abs 1 und 2 SGB VI)zu erfolgen. Dies sind die Vorschriften der §§ 133 SGB VI(in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 9.12.2004, BGBl I 3242) bzw 134 Abs 4 bis 6 SGB VI (in der ab 1.1.2008 gültigen Fassung des Gesetzes vom 19.12.2007, BGBl I 3024).

17

Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ist seit 1.1.2005 zuständig (bis 31.12.2004 die Bundesknappschaft), wenn die Versicherten in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt sind (§ 133 Nr 1 SGB VI),ausschließlich oder überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichten (§ 133 Nr 2 SGB VI)oder bei einer - hier nicht relevanten - Arbeitnehmer- bzw Arbeitgeberorganisation bzw einer anderen Stelle mit entsprechenden Beiträgen zur knappschaftlichen Versicherung beschäftigt sind (§ 133 Nr 3 SGB VI). Die B. GmbH ist nach den Feststellungen des LSG weder ein knappschaftlicher Betrieb (1.) bzw Nebenbetrieb oder Betriebsteil gewesen (2.) noch hat der Kläger mindestens überwiegend knappschaftliche Tätigkeiten im maßgeblichen Zeitraum verrichtet (3.) Er kann sich nicht auf Regelungen zum Besitzschutz (4.) und auch nicht auf eine verfahrensrechtlich geschützte Position berufen (5.).

18

1. Knappschaftliche Betriebe sind Betriebe, in denen Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen werden, Betriebe der Industrie der Steine und Erden jedoch nur dann, wenn sie überwiegend unterirdisch betrieben werden (§ 134 Abs 1 SGB VI)oder es sich um Versuchsgruben des Bergbaus handelt (§ 134 Abs 2 SGB VI). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die B. GmbH keine Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen. Sie hat weder als Betrieb der Industrie der Steine und Erden überwiegend unterirdisch gearbeitet (vgl BSGE 37, 245 = SozR 2600 § 2 Nr 1; BSG SozR 4-2600 § 134 Nr 2)noch war sie eine Versuchsgrube des Bergbaus. Das LSG hat sich hierfür auf den Handelsregisterauszug (AG Dresden ) bezogen und den Unternehmensgegenstand der B. GmbH im maßgeblichen Zeitraum als reinen Sanierungsbetrieb wie folgt festgestellt:

"Gegenstand des Unternehmens war zunächst die Planung und Durchführung von Maßnahmen der Landschaftsgestaltung, insbesondere im Zusammenhang mit der Schaffung einer Bergbaufolgelandschaft, Tätigkeiten aller Art auf dem Gebiet der Umwelt, insbesondere der Schaffung von Deponien und Industriebrachen und sonstigen Altlastenflächen, sowie das Erbringen von Dienstleistungen. Zum 15.3.2000 wurde der Gegenstand erweitert auf die Sanierung, Beräumung und Umsetzung von Deponien, und Industriebrachen und sonstigen Altlastenflächen, den Abriss und die Entkernung ober- und unterirdischer Bauwerke, den schweren Erdbau, Bodenverdichtungen nach allen Techniken, Spezialbohrungen, Sprengarbeiten, Anlage, Pflege und Bewirtschaftung forstwirtschaftlicher Flächen, mechanische Wartung und Instandhaltung sowie Lieferung von Geräten und Anlagen, Instandhaltung und Lieferung elektrischer Anlagen und Einrichtungen, die Anlage und der Betrieb von Einrichtungen zur Hebung und Reinigung von Wasser." (so LSG-Urteil S 2, vgl auch S 11).

19

Dieser Unternehmensgegenstand hatte nicht die bergmännische Gewinnung von Mineralien oder ähnlichen Stoffen zum Inhalt. Der Unternehmenszweck war mithin nicht auf die originäre bergmännische Tätigkeit ausgerichtet, sondern auf die Eröffnung neuer Geschäftsfelder in den Bereichen Sanierung, Rekultivierung, Landschaftsgestaltung, Umwelt, etc.

20

Dieser weit gefasste Unternehmenszweck und die hieraus resultierenden vielfältigen Aufgaben stehen dem eng abzugrenzenden, zentralen Begriff der "bergmännischen Gewinnung" (iS von § 2 RKG als Vorläuferregelung von § 138 Abs 1 SGB VI aF und § 134 Abs 1 SGB VI) gerade im Hinblick auf den mit der Knappschaftsversicherung erstrebten speziellen Schutzzweck der Bergleute entgegen (vgl dazu BSGE 66, 75, 80 = SozR 1500 § 55 Nr 37 S 47). Hiernach sollen in einem Bergwerksbetrieb - dh in einem Betrieb, der sich unmittelbar mit der Förderung von Mineralien oder ähnlichen Stoffen befasst - Beschäftigte vor kräftezehrenden und gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten wie unter Tage geschützt werden (vgl BSG SozR 3-8110 Kap VIII H III Nr 1 Nr 2, S 24; BSG SozR Nr 1 zu § 1 RKG).

21

Entgegen der Ansicht des Klägers ist es nicht von entscheidender Relevanz, ob die B. GmbH unter staatlicher Bergaufsicht gestanden hat. Das BSG hat bereits zur unterschiedlichen Zielsetzung des Bundesberggesetzes (BBergG) und der Knappschaftsversicherung entschieden. Aus der Unterstellung knappschaftlicher Betriebe unter die Aufsicht der Bergbehörden kann nicht gefolgert werden, dass ihre Betriebstätigkeit allein deshalb auch eine Form der bergmännischen Gewinnung von Mineralien oder ähnlicher Stoffe ist (vgl BSGE 66, 75, 80 = SozR 1500 § 55 Nr 37 S 47).

22

Wenn sich der Kläger gleichwohl auf das BBergG beruft, wonach zum Gewinnen von Bodenschätzen auch die damit zusammenhängenden nachfolgenden Tätigkeiten (vgl § 4 Abs 2 BBergG) -wie Sanierungsarbeiten - zählen, führt dies zu keinem günstigeren Ergebnis. Nach den Feststellungen des LSG fehlt dem Unternehmenszweck gerade das vorangegangene bergmännische Gewinnen von Mineralien oder ähnlichen Stoffen. Dies aber wird als zentrale Begrifflichkeit für die Beurteilung eines knappschaftlichen Betriebs in § 134 Abs 1 SGB VI vorausgesetzt.

23

Unergiebig ist auch der Einwand des Klägers, dass die B. GmbH "in gerader Funktionsnachfolge" eines dem ursprünglichen Braunkohletagebau in der ehemaligen DDR zugehörigen Unternehmens stehe. Die B. GmbH ist aus dem Braunkohletagebau in der ehemaligen DDR als eigenständige, rechtsfähige Gesellschaft (vgl § 13 GmbHG) im Jahr 1994 hervorgegangen. Sie entstand aus einem mehrjährigen Umstrukturierungsprozess der ehemaligen Kombinate der DDR Braunkohlenindustrie in Kapitalgesellschaften. Die als Treuhandunternehmen gegründete L. AG (LAUBAG) wurde Anfang 1994 in einen weiter zu betreibenden - hier nicht relevanten - aktiven Teil und in einen auslaufenden, nach und nach stillzulegenden sowie zu sanierenden Teil aufgespalten (L. mbh ). Nach Verschmelzung der LBV mit der M. mbh (MBV) entstand die LMBV, die als langfristige Plattform für die Organisation des Auslauf- und Sanierungsbergbaus diente. Die B. GmbH agierte als ein am Sanierungsprozess beteiligter Partner der LMBV (vgl Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH - MBV - (Hrsg): Zwei Jahrzehnte Braunkohlesanierung - Eine Zwischenbilanz, Senftenberg 2010, S 10, 27 ff, 34 ff, 84).

24

Mit dem Ziel der Sanierung der ehemaligen Tagebaue wurde die Gesellschaft für bergbauliche Rekultivierung, Umwelttechnik und Landschaftsgestaltung mbh (BUL GmbH) gegründet, aus der - nach Abspaltung in einen brandenburgischen und in einen sächsischen Teil - schließlich die B. GmbH hervorging, die Ende 1994 gegründet und in das Handelsregister eingetragen wurde. Aus diesem Umstrukturierungsprozess des Braunkohletagebaus der ehemaligen Kombinate der DDR Braunkohlenindustrie ergibt sich aber nicht die Nachfolge in die "Funktion" eines knappschaftlichen Betriebs. Hieraus folgt vielmehr die klare - finanziell und gesellschaftsrechtlich vollzogene - Trennung der Unternehmen in aktiven Bergbau und Folgesanierung (vgl auch Steinhuber, Einhundert Jahre bergbauliche Rekultivierung in der Lausitz, Dissertation, Berlin/Olomouc 2005, S 284 ff, 295 ff). Entsprechend dieser Trennung war die B. GmbH dem Bereich der Folgesanierung zuzuordnen.

25

2. Die B. GmbH war auch keine Betriebsanstalt oder Gewerbeanlage, die als Nebenbetrieb eines knappschaftlichen Betriebs mit diesem räumlich und betrieblich zusammenhängt (§ 134 Abs 3 SGB VI). Unter einem Betrieb wird danach die auf die Errichtung eines arbeitstechnischen Zwecks gerichtete organisatorische Zusammenfassung personeller, sächlicher und anderer Arbeitsmittel zu einer selbständigen Einheit verstanden (stRspr, vgl nur BSGE 66, 75 = SozR 1500 § 55 Nr 37 mwN). Um einen unselbständigen Betriebsteil handelt es sich hingegen, wenn eine Produktionsstätte in Bezug auf die Gesamtheit der eingesetzten Arbeitsmittel über keinen selbständigen Leitungsapparat verfügt (vgl BSGE 37, 245, 246 = SozR 2600 § 2 Nr 1) und zwischen der vorhandenen "Zentrale" und der Produktionsstätte auf dem Gebiet der Planung, der Entwicklung, der Produktion und des Vertriebs eine derartig starke organisatorische Verflechtung besteht, dass eine Verselbständigung nicht ohne grundlegende Umwandlung der Organisationsstruktur möglich wäre (vgl BSG SozR 2200 § 245 Nr 2 und 3). Die Entscheidung, ob ein selbständiger Betrieb oder ein unselbständiger Nebenbetrieb vorliegt, bedarf einer Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls (vgl nur BSGE 66, 75 = SozR 1500 § 55 Nr 37).

26

Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war die B. GmbH weder räumlich noch betrieblich mit einem knappschaftlichen Hauptbetrieb des Braunkohletagebaus verflochten. Dafür ist es nicht ausreichend, dass sie die Sanierung des Bergtagebaus in Sachsen durchgeführt hat. Vielmehr ist entscheidend, dass sie aus dem aufgezeigten Umstrukturierungsprozess als GmbH rechtliche Eigenständigkeit erlangt hatte und über eine klare wirtschaftliche Struktur und eine eigene Geschäftsleitung verfügte; diese Merkmale stehen einem unselbständigen Nebenbetrieb bzw Betriebsteil entgegen (vgl BSGE 66, 75 = SozR 1500 § 55 Nr 37; BSG SozR 3-8110 Kap VIII H III Nr 1 Nr 2; vgl auch KomGRV, Stand Einzelkommentierung Oktober 2008, § 134 SGB VI RdNr 5).

27

3. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum auch nicht ausschließlich oder überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichtet (§ 133 Nr 2 iVm § 134 Abs 4 SGB VI). Knappschaftliche Arbeiten sind die in § 134 Abs 4 Nr 1 bis 11 SGB VI genannten Arbeiten, wenn sie räumlich und betrieblich mit einem Bergwerksbetrieb zusammenhängen, aber von einem anderen Unternehmer ausgeführt werden (sog Unternehmerarbeiten).

28

Ursprünglich waren knappschaftliche Arbeiten in § 1 der Verordnung des Reichsarbeitsministers über knappschaftliche Arbeiten vom 11.2.1933 (, RGBl I S 66 bzw BGBl III 1964, Nr 822-3-1) definiert. Bis zum 31.12.2007 konnte diese vorkonstitutionelle Regelung zumindest als Auslegungshilfe herangezogen werden (vgl BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 3 RdNr 38; SozR 2600 § 1 Nr 3; SozR Nr 1 zu § 1 RKG; zur Problematik vgl May, NZS 1996, 377). Mit der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Vorschrift des § 134 Abs 4 SGB VI(in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.2007, BGBl I 3024) ist der Regelungsinhalt von § 1 VO 1933 aus Gründen der "Rechtsbereinigung" in das SGB VI überführt worden(vgl BT-Drucks 16/6540 Zu Nr 7 <§ 134> S 27). Bis auf geringfügige sprachliche Änderungen ist der Katalog der VO 1933 inhaltsgleich in § 134 Abs 4 SGB VI übernommen worden(vgl Pott in GK-SGB VI, Stand der Einzelkommentierung August 2014, § 123 RdNr 2).

29

Nach der Rechtsprechung des BSG zu den Katalogarbeiten von Nr 1 bis Nr 11 (von § 134 Abs 4 S 1 bzw § 138 Abs 4 S 1 SGB VI aF iVm der VO 1933) muss es sich um körperlich belastende und den spezifischen Gefahren des Bergbaus ausgesetzte Arbeiten handeln, die den besonderen Schutz der knappschaftlichen Rentenversicherung rechtfertigen (BSG SozR 4-5050 § 22 Nr 3 RdNr 38 mwN). Selbst bei den im Katalog der Nr 2 bis 11 genannten Arbeiten, die nicht unter Tage stattfinden, muss es sich um solche handeln, die ebenso kräftezehrend und gesundheitsgefährdend sind wie Tätigkeiten unter Tage (vgl BSG SozR 3-8110 Kap VIII H III Nr 1 Nr 2 S 24). Nur solche Tätigkeiten entsprechen dem Grundzweck der knappschaftlichen Versicherung. Die Knappschaftsversicherung ist eine Berufsversicherung der Bergarbeiter, die ihren Ursprung in dem Gedanken hatte, dass den schwierigen Verhältnissen und Gefahren des Bergbaus und der stärkeren Abnutzung der Körperkräfte des Bergarbeiters im Vergleich zu anderen gewerblichen Arbeitern besonders Rechnung getragen werden musste. Tätigkeiten, die ebenso wie die der eigentlichen unter Tage Beschäftigten der Zeche den besonderen Gefahren und Abnutzungen des Bergbaus unterliegen, sollten daher unter dem erhöhtem Schutz der knappschaftlichen Versicherung stehen (vgl BSG SozR Nr 1 zu § 1 RKG). Diese Rechtfertigung für die berufsständische Versicherung der Bergleute und ihren Fortbestand gilt auch heute noch (vgl Pott in GK-SGB VI, Stand der Einzelkommentierung April 2008, § 134 SGB VI RdNr 4 bzw August 2014, § 134 SGB VI RdNr 21). Selbst wenn der technische Fortschritt und der Einsatz technischer Hilfsmittel kräftesparende Erleichterungen mit sich gebracht haben, bestehen die besonderen Risiken im Bergbau und die damit einhergehenden Gefahren für die Gesundheit nach wie vor. Solche knappschaftlichen Arbeiten stehen für die knappschaftliche Versicherung einem knappschaftlichen Betrieb gleich (§ 134 Abs 5 SGB VI).

30

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger Arbeiten verrichtet hat, die räumlich und betrieblich mit einem Bergwerksbetrieb zusammenhängen (§ 134 Abs 4 Halbs 1 SGB VI). Jedenfalls liegt die hier einzige relevante Variante des enumerativen Katalogs nicht vor, die Sanierungsarbeiten wie beispielsweise Aufräumungs- und Ebnungsarbeiten sowie das Laden von Schutt und dergleichen voraussetzt, wenn diese Arbeiten regelmäßig innerhalb des Zechengeländes ausgeführt werden (§ 134 Abs 4 Nr 11 SGB VI). Dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ergibt sich unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des Klägers, die sein Prozessbevollmächtigter im Revisionsverfahren vor dem Senat bestätigt hat.

31

Demnach war die Funktion "Leiter der Stabsstelle neue Geschäftsfelder" bei der B. GmbH geschaffen worden, um Arbeitskräften längerfristige Arbeitsplätze im Sanierungsbau zu sichern. Nach eigenen Angaben hat der Kläger pro Monat ca 6000 km mit dem Dienst-PKW in der Braunkohlesanierungsregion Lausitz/Mitteldeutschland zurückgelegt, um Arbeitsplätze in den Feldern Spezialtiefbau, Instandhaltung, Forstbaumschulen, Gruben zur Materialgewinnung, Gesellschaft für Aus- und Fortbildung und Arbeitsplätzen, Sicherung des "Know how" etc zu schaffen (vgl LSG-Urteil S 4, 14).

32

Aus diesem Aufgabenprofil, das im Wesentlichen Leitungs- und Managementfunktionen umfasst, ergibt sich, dass der Kläger nicht ebenso wie die unter Tage Beschäftigten einer Zeche den besonderen Gefahren und Abnutzungen des Bergbaus ausgesetzt war, und er daher nicht den erhöhten Schutz der knappschaftlichen Versicherung beanspruchen kann.

33

4. Der Kläger kann auch keine günstigere Rechtsfolge aus der Besitzschutzregelung des § 273 SGB VI herleiten(vgl dazu BSG SozR 3-8110 Kap VIII H III Nr 1 Nr 2 S 24). Er kann sich weder auf Besitzschutz wegen einer vor dem 1.1.1992 bei der Bundesknappschaft versicherten und noch andauernden Tätigkeit in einem nichtknappschaftlichen Betrieb berufen (§ 273 S 1 SGB VI)noch genießt er Besitzschutz wegen Verschmelzung und Umwandlung eines Betriebs, für den die Bundesknappschaft vor dem 1.1.1992 zuständig gewesen ist (§ 273 S 2 SGB VI). Im Zeitpunkt des Aufnahme der Tätigkeit bei der B. GmbH im Jahr 1995 war der aufgezeigte Umstrukturierungsprozess in Kapitalgesellschaften (so unter 1.) bereits vollzogen. Besitzschutzregelungen aufgrund des Einigungsvertrages (Anl I Kap VII Sachgebiet H III Nr 1 Buchst s Doppelbuchst bb Abs 2) kommen dem Kläger von vornherein nicht zugute. Auf solche begünstigenden Regelungen hat er sich auch nicht berufen.

34

5. Schließlich kann sich der Kläger auf keine verfahrensrechtlich geschützte Position berufen. Feststellungen über das Versicherungsverhältnis hat die Beklagte gegenüber dem Kläger erstmals mit dem im anschließenden Gerichtsverfahren aufgehobenen Bescheid der Beklagten vom 21.9.2005 getroffen. Hieraus kann der Kläger kein günstigeres Ergebnis herleiten.

35

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Bei der Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten werden Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, die in der Gesamtlücke für die Ermittlung der pauschalen Anrechnungszeit liegen, höchstens mit der Anzahl an Monaten berücksichtigt, die zusammen mit der Anzahl an Monaten mit pauschaler Anrechnungszeit die Anzahl an Monaten der Gesamtlücke ergibt. Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat an Berücksichtigungszeit wegen Pflege 0,0625 Entgeltpunkte zugeordnet, es sei denn, dass er als Beitragszeit bereits einen höheren Wert hat.

(2) (weggefallen)

(2a) Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit auf 80 vom Hundert begrenzt. Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosigkeit vor dem 1. März 1990 im Beitrittsgebiet, jedoch nicht vor dem 1. Juli 1978, vorgelegen hat, werden nicht bewertet. Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 vorgelegen hat, für die vor dem 1. Januar 2023 Arbeitslosenhilfe, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II nicht oder Arbeitslosengeld II nur darlehensweise gezahlt worden ist oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches erbracht worden sind, werden nicht bewertet. Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil Arbeitslosengeld II bis zum 31. Dezember 2022 bezogen worden ist, werden nicht bewertet.

(3) Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet; auf die drei Jahre werden Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angerechnet. Bei der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung treten an die Stelle

bei Beginn
der Rente im
der Werte
75 vom
Hundert
0,0625
Entgeltpunkte
JahrMonatdie Werte
2005Januar75,000,0625
Februar73,440,0612
März71,880,0599
April70,310,0586
Mai68,750,0573
Juni67,190,0560
Juli65,630,0547
August64,060,0534
September62,500,0521
Oktober60,940,0508
November59,380,0495
Dezember57,810,0482
2006Januar56,250,0469
Februar54,690,0456
März53,130,0443
April51,560,0430
Mai50,000,0417
Juni48,440,0404
Juli46,880,0391
August45,310,0378
September43,750,0365
Oktober42,190,0352
November40,630,0339
Dezember39,060,0326
2007Januar37,500,0313
Februar35,940,0299
März34,380,0286
April32,810,0273
Mai31,250,0260
Juni29,690,0247
Juli28,130,0234
August26,560,0221
September25,000,0208
Oktober23,440,0195
November21,880,0182
Dezember20,310,0169
2008Januar18,750,0156
Februar17,190,0143
März15,630,0130
April14,060,0117
Mai12,500,0104
Juni10,940,0091
Juli9,380,0078
August7,810,0065
September6,250,0052
Oktober4,690,0039
November3,130,0026
Dezember1,560,0013
2009Januar0,000,0000

(4) Die Summe der Entgeltpunkte für Anrechnungszeiten, die vor dem 1. Januar 1957 liegen, muss mindestens den Wert erreichen, der sich für eine pauschale Anrechnungszeit ergeben würde. Die zusätzlichen Entgeltpunkte entfallen zu gleichen Teilen auf die begrenzt zu bewertenden Anrechnungszeiten vor dem 1. Januar 1957.

(5) Die Summe der Entgeltpunkte für Kalendermonate, die als Zeiten einer beruflichen Ausbildung gelten (§ 246 Satz 2), ist um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten als Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach Absatz 3 hätten.

(6) Zeiten beruflicher Ausbildung, die für sich alleine oder bei Zusammenrechnung mit Anrechnungszeiten wegen einer schulischen Ausbildung bis zu drei Jahren, insgesamt drei Jahre überschreiten, sind um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten nach Absatz 3 hätten.

(7) Für glaubhaft gemachte Zeiten beruflicher Ausbildung sind höchstens fünf Sechstel der im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung ermittelten Entgeltpunkte zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die in den Absätzen 5 und 6 genannten Zeiten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin, Sonderrechtsnachfolgerin des am 20.6.2010 verstorbenen Versicherten, begehrt Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte (EP) für dessen Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung.

2

Die Beklagte bewilligte dem am 1960 geborenen Versicherten mit Bescheid vom 12.12.2008 ab 1.5.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von zunächst 962,98 Euro unter Zugrundelegung von 41,7054 persönlichen EP (Ost). Der monatliche Zahlbetrag belief sich (nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) auf 875,83 Euro. Im Versicherungsverlauf der Anlage 2 des Bescheids berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 1.9.1976 bis 15.7.1979 (35 Monate) als berufliche Ausbildung, die Studienzeit des Versicherten an der Ingenieurhochschule Z. vom 5.9.1981 bis 31.8.1985 (48 Monate) als Hochschulausbildung sowie die Zeit seines Besuchs eines Lehrgangs für Haus- und Versorgungstechnik für Ingenieure vom 2.5.1995 bis 30.1.1996 (9 Monate) als Fachschulausbildung; die Zeiten vom 1.9.1976 bis 15.7.1979 und vom 2.5.1995 bis 30.1.1996 berücksichtigte sie gleichzeitig als Pflichtbeitragszeiten.

3

Bei der Feststellung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (Anlage 4 des Bescheids) ergab sich als Gesamtleistungswert aus dem Vergleich der - hier zu einem günstigeren Ergebnis führenden - Grundbewertung und der Vergleichsbewertung ein Durchschnittswert von 0,1009 EP. Diesen Wert multiplizierte die Beklagte (gemäß § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004 wegen des Rentenbeginns im Mai 2008) mit 12,50 vH, was zu einem monatlichen Wert von 0,0126 EP führte. Die Beklagte begrenzte diesen EP-Wert (ebenfalls gemäß § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI wegen des Rentenbeginns im Mai 2008) auf 0,0104 EP. Nach Multiplikation mit 26 vollen Monaten an Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung im Zeitraum zwischen 1.10.1981 und 30.11.1983 errechneten sich für diese Zeiten 0,2704 EP, die die Beklagte bei der Rentenberechnung berücksichtigte. Für den Monat September 1981 (Beginn der Hochschulausbildung), der auch mit Pflichtbeiträgen belegt war, ergaben sich keine zusätzlichen EP. Zudem berücksichtigte die Beklagte für sechs Monate der Fachschulausbildung (Mai bis Oktober 1995), die zugleich mit Pflichtbeitragszeiten aus einer Beschäftigung belegt waren, 75 vH des Gesamtleistungswerts bis zur maximalen Höhe von 0,0625 EP pro Kalendermonat (§ 74 Satz 1 und 2 SGB VI),was zu zusätzlichen 0,1221 EP führte, während für drei weitere Monate der Fachschulausbildung (November 1995 bis Januar 1996), welche zugleich mit Pflichtbeitragszeiten sowie mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit zusammentrafen, sich trotz des hierfür lediglich auf 80 vH begrenzten Gesamtleistungswerts (§ 263 Abs 2a Satz 1 SGB VI) keine zusätzlichen EP errechneten. Hingegen stellte die Beklagte insgesamt 15,1350 zusätzliche EP für die Zurechnungszeit wegen Bezugs einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahrs in die Rentenberechnung ein (§ 59 SGB VI - hier: vom 1.10.2007 bis 28.3.2020, dh 150 Monate x 0,1009 EP).

4

Den Widerspruch des Versicherten gegen die aufgrund des RVNG "gekürzte" Bewertung seiner Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.3.2009 zurück.

5

Das SG Dresden hat mit Gerichtsbescheid vom 7.8.2009 die Klage abgewiesen. Die Bewertung der Anrechnungszeiten für Hochschulausbildung entspreche den gesetzlichen Bestimmungen. § 74 Satz 3 und 4 sowie § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI jeweils idF des RVNG seien nicht verfassungswidrig. Die unterschiedliche Behandlung der Hochschulausbildung des Versicherten gegenüber solchen Rentnern, deren Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen weiterhin mit bis zu monatlich 0,0625 EP rentenerhöhend bewertet werden könnten, sei sachlich gerechtfertigt und verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der Gesetzgeber habe eine typisierende Betrachtungsweise vornehmen und vom Regelfall der besseren Verdienstmöglichkeiten von Hochschulabsolventen ausgehen dürfen. Unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang weiterhin Ausbildungszeiten rentensteigernd sein sollen, sei es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber vor allem staatliche Fürsorgeleistungen abbaue, denen keine eigenen Leistungen der Versicherten zugrunde lägen, und er den Abbau sozial verträglich bei denen vornehme, die wegen typischerweise zu erwartender höherer Renten dies finanziell voraussichtlich am besten verkraften könnten.

6

Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 5.1.2010 die Berufung des Versicherten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Gründe der Entscheidung des SG Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass die Regelungen in § 74 Satz 4, § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI idF des RVNG auch nicht gegen Art 14 Abs 1 GG und das Sozialstaatsprinzip(Art 20 Abs 1 iVm Art 28 Abs 1 GG) verstießen.

7

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des zwischenzeitlich verstorbenen Versicherten die Verfassungswidrigkeit des § 74 Satz 3 und 4 iVm der Übergangsregelung des § 263 Abs 3 SGB VI(jeweils idF des RVNG). Die unterschiedliche Behandlung der Gruppe der Hochschulabsolventen einerseits und der Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, dass Hochschulabsolventen durch ihre Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten und dadurch überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen könnten. Der vom Gesetzgeber angenommene sachliche Grund sei reine Spekulation. Es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Datenlage er zu dieser Annahme gekommen sei. Auch könnten die Verdienstmöglichkeiten von Hochschulabsolventen kaum einheitlich und typisierend betrachtet werden, weil deutliche Unterschiede zwischen geistes- und naturwissenschaftlichen Studiengängen denkbar seien. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) jedoch Transparenz des Gesetzgebers sowie eine empirische und methodische Fundierung der gesetzlichen Regelung gefordert. Aus dem Urteil des BSG vom 20.10.2009 (B 5 R 72/08 R) könne nicht auf die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Normen geschlossen werden. Zwar habe das BSG in dieser Entscheidung die Streichung des Mindestwerts für Berufsausbildungszeiten zum 1.1.1997 als mit Art 14 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG vereinbar erachtet. Dort sei jedoch nicht die Ungleichbehandlung zwischen Hochschul- und Fachschulabsolventen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten geprüft worden. Auch das Urteil des erkennenden Senats vom 13.11.2008 (B 13 R 77/07 R) führe nicht weiter, da die verfassungsrechtliche Bewertung dort ausschließlich im Hinblick auf Art 14 Abs 1 GG vorgenommen worden sei. Schließlich habe sich das BVerfG in seiner Entscheidung vom 27.2.2007 (BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7) im Rahmen des Art 3 Abs 1 GG nicht mit der unterschiedlichen Behandlung zweier Personengruppen auseinandergesetzt, sondern nur mit der Einführung einer Stichtagsregelung. Zudem stelle die schulische Ausbildung eine notwendige Vorleistung für das Rentenversicherungssystem dar (Hinweis auf BSG vom 18.10.2005 - SozR 4-2600 § 71 Nr 1). Daher sei es verfassungsrechtlich bedenklich, eine derartige Anrechnungszeit nur noch als "reine Versicherungslücke" zu behandeln.

8

           

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

        

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. Januar 2010 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 7. August 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 12. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2009 zu verurteilen, für den Versicherten ab 1. Mai 2008 bis Juni 2010 eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung vom 1.10.1981 bis 30.11.1983 mit monatlich 0,0625 Entgeltpunkten zu gewähren.

9

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der vom Gesetzgeber angeführte Differenzierungsgrund, dass bei typisierender Betrachtung Versicherte mit akademischer Ausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten hätten als Versicherte ohne eine solche Ausbildung und damit im Regelfall auch höhere Rentenanwartschaften aufbauen könnten, sei ein ausreichender sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung dieser beiden Versichertengruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Anrechnungszeiten. Der Einwand, dem Gesetz fehle eine empirische und methodische Fundierung, treffe nicht zu. Insoweit sei auf die von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2 f - zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 S 3) vom 13.2.2004 genannten Studien verwiesen: diese belegten, dass Akademiker vergleichsweise höhere Verdienste hätten. Auch neuere Studien bestätigten, dass bessere Bildung im Regelfall zu höherem Einkommen führe. Die Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 lasse sich auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragen, weil es dort um die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG gegangen sei; hier gehe es aber lediglich darum, ob die vom Gesetzgeber angegebene Begründung für eine Differenzierung zwischen zwei Personengruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - bei der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten ausreichend sei.

11

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin, die den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I) des zwischenzeitlich verstorbenen Versicherten weiterführt, ist nicht begründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Versicherte keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs 2 SGB VI) unter Berücksichtigung höherer EP für die Zeiten seiner Hochschulausbildung hatte. Die angefochtene Festsetzung der Rentenhöhe im Rentenbescheid vom 12.12.2008 ist rechtmäßig. Sie entspricht den gesetzlichen Bestimmungen (dazu unter A.) und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (dazu unter B.).

13

A. Streit besteht hier allein über den Gesamtbetrag an EP, der sich aus den 26 Monaten Anrechnungszeiten des Versicherten wegen Hochschulausbildung innerhalb der dreijährigen Höchstbewertungsdauer ergibt. Nicht angegriffen ist die Nichtbewertung der über diesen Zeitraum hinausgehenden Zeit seiner Hochschulausbildung. Für die angestrebte Höherbewertung der Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung mit 0,0625 EP je Kalendermonat gibt es keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der Hochschulausbildung bei einem Rentenbeginn am 1.5.2008 zu Recht (nur) mit 0,0104 EP (Ost) je Kalendermonat rentenerhöhend bewertet.

14

1. Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen.

15

Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP ua auch für beitragsfreie Zeiten sowie aus Zuschlägen für beitragsgeminderte Zeiten (§ 66 Abs 1 Nr 2 und 3 SGB VI).

16

Aus im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten werden gemäß § 254b Abs 1 SGB VI für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente persönliche EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) gebildet. Für beitragsfreie Zeiten werden die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten EP in dem Verhältnis als EP (Ost) berücksichtigt, in dem die für die Ermittlung des Gesamtleistungswerts zugrunde gelegten EP (Ost) zu allen zugrunde gelegten EP stehen (§ 263a Satz 1 SGB VI).

17

Zu den beitragsfreien Zeiten (§ 54 Abs 4 SGB VI) zählen auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI); beim Zusammentreffen mit Beitragszeiten werden sie als beitragsgeminderte Zeiten behandelt (§ 54 Abs 3 Satz 1 SGB VI). Gemäß § 58 Abs 1 Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung sind Anrechnungszeiten ua Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (aaO Nr 4). Dementsprechend hat die Beklagte im Versicherungsverlauf des angefochtenen Rentenbescheids die Zeiten der Hochschulausbildung des Versicherten vom 5.9.1981 bis 31.8.1985 sowie die Zeiten der Fachschulausbildung vom 2.5.1995 bis 30.1.1996 berücksichtigt.

18

Beitragsfreie Zeiten sind mit dem aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Gesamtzeitraum erzielten Durchschnittswert (= EP/Monat) zu bewerten (§ 71 Abs 1 Satz 1 SGB VI), der entweder im Rahmen der Grundbewertung nach § 72 Abs 1 SGB VI auf der Grundlage sämtlicher EP für Beitragszeiten (Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und beitragsgeminderte Zeiten) und Berücksichtigungszeiten oder - falls für den Versicherten günstiger - im Rahmen der Vergleichsbewertung nach § 73 SGB VI auf der Grundlage nur der vollwertigen Beiträge und daher insbesondere ohne beitragsgeminderte Zeiten zu ermitteln ist(§ 71 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Vorliegend ergab sich ein Durchschnittswert aus der Grundbewertung von 0,1009 EP und aus der Vergleichsbewertung von 0,1007 EP. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Werte sind nicht erkennbar; solche wurden auch vom Versicherten nicht vorgebracht. Zutreffend hat die Beklagte daher der Gesamtleistungsbewertung den zuerst genannten höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung zugrunde gelegt.

19

Für beitragsgeminderte Zeiten - hier also für die Zeiten der Fachschulausbildung des Versicherten - ist die Summe der EP um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als Zeiten wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie Zeiten hätten (§ 71 Abs 2 Satz 1 SGB VI).

20

2. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung findet allerdings gemäß § 74 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 geltenden Fassung des RVNG eine Begrenzung statt (sog begrenzte Gesamtleistungsbewertung). Gemäß § 74 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Ausbildungszeiten der genannten Art werden gemäß § 74 Satz 3 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre "bewertet" (dh sie wirken sich für höchstens drei Jahre unmittelbar rentenerhöhend aus), vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Gemäß § 74 Satz 4 SGB VI werden ua Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nicht bewertet.

21

3. Für Rentenneuzugänge der Jahre 2005 bis 2008, zu denen der Versicherte gehörte, hat der Gesetzgeber des RVNG hinsichtlich der Bewertung von Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung in § 263 Abs 3 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung getroffen(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 29 - zu Nr 51 <§ 263>, zu Buchst c).

22

Gemäß § 263 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vH begrenzt; der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen. Für Renten, die im Zeitraum von Februar 2005 bis Dezember 2008 beginnen, wird gemäß § 263 Abs 3 Satz 3 und 4 SGB VI der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung abweichend von § 74 Satz 4 SGB VI insgesamt für höchstens drei Jahre (unter Anrechnung von Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme) gleichwohl rentenerhöhend berücksichtigt, jedoch in Abhängigkeit vom Rentenbeginn nicht mit 75 vH bzw (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat, sondern mit einem sich stufenweise in monatlichen Schritten von 1,56 vH bzw 0,0013 EP mindernden und sich aus der Tabelle des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI ergebenden niedrigeren Prozentwert bzw EP-Wert.

23

4. Beginnt die Rente allerdings im Januar 2009 oder später, werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung nicht mehr bewertet, dh sie erhalten keine EP und haben insoweit keine rentenerhöhende Wirkung mehr.

24

Das bedeutet jedoch nicht, dass den Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr für die gesetzliche Rente keinerlei Bedeutung mehr zukäme. Denn zum einen bleibt deren rentenbegründende Wirkung erhalten: Dies zeigt sich nicht nur bei den Renten wegen Erwerbsminderung (wo Anrechnungszeiten den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, von denen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein müssen, verlängern: § 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Abs 4 Nr 1 und Nr 4 SGB VI), sondern (nach § 50 Abs 4 iVm § 51 Abs 3, § 54 Abs 1 Nr 2 und Abs 4 SGB VI)auch bei der Anrechnung auf die 35-jährige Wartezeit für die (vorzeitige Inanspruchnahme der) Altersrenten für langjährig Versicherte (§ 36 SGB VI) bzw für schwerbehinderte Menschen (§ 37 SGB VI). Zum anderen wirken sich Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung auch künftig dadurch rentenerhöhend aus, dass sie im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung als "nicht belegungsfähige Kalendermonate" berücksichtigt werden und insoweit eine Versicherungslücken schließende Funktion haben (§ 72 Abs 3 Nr 1 iVm § 54 Abs 4 SGB VI; s hierzu auch BSG vom 2.3.2010 - SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 14 ff; ferner zur Rechtsentwicklung Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; vgl insoweit auch BSG vom 26.1.2005 - SozR 4-2600 § 58 Nr 6 RdNr 15).

25

5. Die Beklagte hat in Anwendung der erläuterten Vorschriften die vom Versicherten und nunmehr von der Klägerin geltend gemachten Zeiten der Hochschulausbildung vom 1.10.1981 bis 30.11.1983 (= 26 Monate) zutreffend mit 0,0104 EP für jeden Kalendermonat bewertet. Zwar ergibt sich bei einem Rentenbeginn im Mai 2008 bei der Multiplikation des für die Gesamtleistungsbewertung maßgeblichen Durchschnittswerts aus der Grundbewertung von 0,1009 EP mit dem Tabellenwert des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI von 12,50 vH an sich ein Wert von 0,0126 EP (= 0,1009 EP x 12,50 : 100). Da dieser jedoch den monatlichen Höchstwert von 0,0104 EP übersteigt, hat die Beklagte zu Recht den letztgenannten Betrag der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten wegen Hochschulausbildung zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung von 27 Monaten an Anrechnungszeiten für die zwischen dem 5.9.1981 und dem 31.8.1985 absolvierte Hochschulausbildung, die nach Anrechnung der neunmonatigen Fachschulausbildung (§ 263 Abs 3 Satz 3 Halbs 2 SGB VI)im Hinblick auf den Höchstzeitraum von drei Jahren für eine Bewertung verbleiben, und nach Ausklammerung des Monats September 1981, der zugleich mit Pflichtbeiträgen belegt ist und somit als beitragsgeminderte Zeit gegebenenfalls einen Zuschlag zu den EP auslöst (§ 71 Abs 2 SGB VI), ergeben sich (26 x 0,0104 EP =) 0,2704 EP (Ost). Diesen EP-Wert für die Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung hat die Beklagte bei der Rentenberechnung (Ermittlung des Monatsbetrags der Rente) des Versicherten berücksichtigt (s Anl 4 S 4 des Bescheids vom 12.12.2008).

26

B. Der Auffassung des Versicherten und der Klägerin, die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 SGB VI(jeweils idF des RVNG) sei verfassungswidrig, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr stimmt der erkennende Senat mit den Vorinstanzen überein, dass diese Vorschriften mit dem GG vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen Art 14 Abs 1 (dazu unter 1.) noch gegen Art 3 Abs 1 GG (dazu unter 2.) und auch nicht gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG oder das Sozialstaatsprinzip (dazu unter 3.). Er hat daher keine Veranlassung, gemäß Art 100 Abs 1 GG eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der von der Klägerin angegriffenen Regelungen herbeizuführen.

27

1. Eine Verletzung des Art 14 Abs 1 GG liegt nicht vor.

28

a) Die vom Versicherten in der Zeit bis zum Inkrafttreten der angegriffenen Normen erworbene Rentenanwartschaft wird vom Schutzbereich dieser Verfassungsnorm erfasst (vgl BVerfGE 53, 257, 289 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 2; BVerfGE 55, 114, 131 = SozR 2200 § 1302 Nr 4 S 22; BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 10; BVerfGE 69, 272, 298 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 124; BVerfGE 70, 101, 110 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 100, 1, 32 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50; stRspr). Es handelt sich um eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; sie genießt den Schutz der Eigentumsgarantie, weil sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (vgl zB BVerfGE 69, 272, 300 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 126). Für Rentenanwartschaften, die in der DDR begründet wurden, gilt dies mit der Einschränkung, dass Art 14 Abs 1 GG sie nur in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 48 ff; BVerfGE 112, 368, 396 = SozR 4-2600 § 307a Nr 3 RdNr 43). Dabei ist auf die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt abzustellen und nicht auf einzelne Berechnungselemente (vgl BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 10; BVerfGE 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 51)wie hier die Bewertung von Zeiten wegen Hochschulausbildung als Anrechnungszeiten.

29

b) Die Rechtsänderung hat die Rentenanwartschaft des Versicherten beeinträchtigt. Während nach den bis zum 31.12.2004 geltenden Bestimmungen der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für Zeiten wegen schulischer Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres für jeden Kalendermonat auf 75 vH begrenzt war und für die Dauer von drei Jahren noch mit (höchstens) 0,0625 EP je Kalendermonat rentenerhöhend berücksichtigt werden konnte (§ 74 Satz 1, 2 und 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung), werden nach der Neuregelung durch das RVNG Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung (für Rentenzugänge ab 2009) überhaupt nicht mehr bewertet (§ 74 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Eines der Ziele des Gesetzgebers war es, allgemeine Schulzeiten sowie Fachhochschul- und Hochschulzeiten (im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung) nur noch bis zu acht Jahren als (Versicherungslücken füllende) "unbewertete" (dh nicht rentenerhöhende) Anrechnungszeiten zu berücksichtigen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149, S 24 - zu Nr 13 <§ 74>). Übergangsweise galt für die Rentenneuzugänge 2005 bis 2008 eine Abschmelzung des zuvor berücksichtigten begrenzten Gesamtleistungswerts um jeweils 1,56 vH bzw 0,0013 EP je Kalendermonat, beginnend mit 75 vH bzw 0,0625 EP bei einem Rentenzugang im Januar 2005 und endend mit 1,56 vH bzw 0,0013 EP bei einem Rentenzugang im Dezember 2008 (§ 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI idF des RVNG). Hiervon wird auch der Versicherte erfasst, da seine Rente am 1.5.2008 begann und daher seine Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung im Rahmen der dreijährigen Höchstbewertungsdauer je Kalendermonat (nur) mit 0,0104 EP (Ost) zu berücksichtigen sind.

30

c) Soweit dadurch in die bis dahin vorhandene Rechtsposition des Versicherten eingegriffen wurde, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber hatte hier nicht nur deswegen eine besonders große Gestaltungsfreiheit, weil bei Rentenanwartschaften die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen bereits von vornherein angelegt ist (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4; BVerfGE 58, 81, 110 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 10 f; BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 53; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 34), sondern auch, weil es hier um die Begrenzung von Positionen ging, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen waren. Denn Anrechnungszeiten beruhen - da ohne eigene Beitragsleistung erworben - überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind somit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge (so BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12). Sie sind zwar Bestandteil der Rentenanwartschaft und unterliegen damit dem Bestandsschutz des Art 14 Abs 1 GG; es handelt sich jedoch um einen abgeleiteten Eigentumsschutz von geringerer Intensität (Wahl, jurisPR-SozR 12/2005, Anm 4 unter D 2b). Ebenso wie es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lag, diese Zeiten als ein Element des sozialen Ausgleichs für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung seiner sozialen Sicherheit vorzusehen (vgl BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 13; BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 46), ist es ihm auch überlassen, ob und inwieweit er diesen Ausgleich weitergewähren will.

31

Allerdings sind Eingriffe in Rentenanwartschaften nur zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 f; BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 117, 272, 294 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 54; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 35; stRspr). Sie müssen zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein. Insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl BVerfGE 58, 81, 121 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 18; BVerfGE 76, 220, 238 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 12; BVerfGE 122, 151, 182 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 79; stRspr). Diesen Anforderungen genügen die hier von der Klägerin angegriffenen Regelungen des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(jeweils idF des RVNG).

32

aa) Mit den durch das RVNG vorgesehenen Maßnahmen sollten vor dem Hintergrund der sich "immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen" des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und "einer schwierigen finanziellen Situation" der gesetzlichen Rentenversicherung "die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicher gemacht werden, wie das in einer sich ständig verändernden Gesellschaft möglich ist" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 2, 17). Richtschnur war dabei der "Grundsatz der Generationengerechtigkeit". Die Jüngeren sollten nicht durch zu hohe Beiträge überfordert ("erdrückt") werden, da nur mit "verkraftbaren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung" der Spielraum geschaffen werde, der erforderlich sei, um eigenverantwortlich ergänzende Altersvorsorge betreiben zu können. Gleichzeitig sollte das Vertrauen der Älteren in das Funktionieren der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten bleiben (aaO).

33

Zu den im Rahmen eines Gesamtpakets vorgesehenen Maßnahmen, die zur Stabilisierung des Beitragssatzes und zur langfristigen Sicherung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen sollten (aaO S 33; s auch Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Andreas Storm, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU über die Auswirkungen des Wegfalls der bewerteten Anrechnungszeiten bei schulischer Ausbildung in der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks 15/2305 S 7, 13), gehörte als "mittel- und langfristig wirkende" Maßnahme (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 18 f) die Abschaffung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (mit Ausnahme der Zeiten des Fachschulbesuchs und der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen) als rentensteigernde Anrechnungszeiten nach einer vierjährigen Übergangsfrist für Rentenneuzugänge ab 2009 (zur Verfassungsmäßigkeit des ebenfalls mit dem RVNG in die Rentenformel eingefügten sog Nachhaltigkeitsfaktors s Senatsurteil vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 RdNr 27 ff).

34

bb) Zur Erreichung dieser weitreichenden Ziele war die gesetzliche Neuregelung in § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI geeignet. Es wurden Vergünstigungen zurückgenommen, die dem Gesetzgeber im Hinblick auf die Betonung der Beitragssatzstabilität und der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente sowie angesichts der angespannten Gesamtlage vor dem Hintergrund einer steigenden demografischen Belastung der gesetzlichen Rentenversicherung als unangemessen erscheinen konnten. Der damit erzielte Spareffekt ist nicht lediglich marginal (vgl dazu allgemein BVerfGE 70, 101, 112 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 65). Die Einsparungen aus dem Wegfall der rentensteigernden Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Fachhochschul- und Hochschulausbildung werden auf langfristig rund 200 Mio Euro/Jahr geschätzt. Hinzu kommt die Einsparung aus dem Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen (allgemeiner) Schulausbildung. Insgesamt wird vom Wegfall der bewerteten Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung langfristig ein Einsparvolumen von 0,1 Beitragssatzpunkten erwartet (vgl Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003, aaO, BT-Drucks 15/2305 S 4, 8).

35

Unter diesen Umständen kann auch die Erforderlichkeit dieser Maßnahme nicht verneint werden. Sie würde nur dann fehlen, wenn evident wäre, dass die angestrebte Einsparung und Konsolidierung mit weniger einschneidenden Mitteln hätte erreicht werden können (vgl BVerfGE 76, 220, 241 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 14). Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen (etwa auf die vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vorgeschlagene Minderung der Höchstbewertung für alle schulischen Ausbildungszeiten von bisher 75 vH des Durchschnittsverdiensts auf 60 vH des Durchschnittsverdiensts: s hierzu den auf diesem Vorschlag beruhenden Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kolb ua und der Fraktion der FDP vom 10.3.2004, BT-Drucks 15/2688); er kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, die mit § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI verfolgten Einsparungen in anderen Bereichen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erzielen(vgl BVerfGE 75, 78, 101 f = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 464; BVerfGE 76, 220, 241 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 14; BVerfGE 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 91; BVerfGE 117, 272, 298 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 65; BVerfG SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 44).

36

cc) Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen des RVNG das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der günstigeren Bewertung ihrer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nach altem Recht überwiegt.

37

Soweit der Rentenanwartschaft des Versicherten eine höhere, über die versicherten Arbeitsentgelte hinausgehende rentenrechtliche Bewertung der Zeiten der Hochschulausbildung zugrunde lag, beruhte sie nicht auf seiner eigenen Beitragsleistung. Ist es aber zur Sicherung der Finanzgrundlagen und zum Erhalt der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, diesen berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu kürzen, die Ausdruck einer besonderen Vergünstigung sind (vgl BVerfGE 58, 81, 111 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 11 f). Denn eine durch einkommensbezogene Beitragszahlungen begründete rentenrechtliche Position genießt einen höheren Schutz gegen staatliche Eingriffe als eine Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl BVerfGE 58, 81, 112 f = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12). Dies ist hier in Bezug auf die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung der Fall. Die Schul- und Hochschulausbildung begründet als solche allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugute kommt, sondern dient seiner eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich (BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12 f; s auch BVerfGE 117, 272, 299 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 67 zur Berufsausbildung).

38

Der Senat teilt nicht die Auffassung, schulische Ausbildungszeiten unterlägen als notwendige Vorleistungen für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einem höheren verfassungsrechtlichen Schutz (vgl aber BSG SozR 4-2600 § 71 Nr 1 RdNr 40 ff; ferner Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 8 f; Blüggel, SozSich 2004, 61, 66 ff). Dies ist auch nicht die Sichtweise des BVerfG. Denn die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen (§ 63 Abs 1 SGB VI). Insofern ist es durchaus konsequent, die Ausbildung vorwiegend dem Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuordnen, deren besondere Honorierung dem System der Rentenversicherung jedenfalls nicht immanent ist, weil es grundsätzlich an den Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft (BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 13; Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 15; BSG SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 33 f).

39

Demgegenüber fallen die mit dem RVNG verfolgten Ziele erheblich ins Gewicht, da sie auf eine Verbesserung der Finanzlage und der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit sowie auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten mit dem Ziel der Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet sind. In diesem Zusammenhang haben alle Maßnahmen besondere Bedeutung, die einer Stärkung der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente dienen. Dazu gehört auch die Regelung des § 74 Satz 4 SGB VI.

40

dd) Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ebenfalls im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 66; BVerfGE 76, 220, 244 f = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 17), sind die angegriffenen Bestimmungen nicht zu beanstanden.

41

Für den Personenkreis, dem der Versicherte angehörte, also den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes "rentennahen Jahrgängen", wurden die Auswirkungen des § 74 Satz 4 SGB VI durch die Übergangsvorschrift des § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit ihrem vierjährigen "Abschmelzungsprogramm" abgemildert(s hierzu bereits oben unter A. 3.). Dadurch kam es auch bei ihm noch zu einer rentenerhöhenden Bewertung von Zeiten der Hochschulausbildung.

42

Die Rentenminderung, die daraus resultiert, dass die Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung im Falle des Versicherten nicht mehr - wie nach altem Recht - mit (höchstens) 0,0625 EP, sondern nur noch mit 0,0104 EP je Kalendermonat in die Rentenberechnung eingehen, hält sich im vertretbaren Rahmen; insoweit errechnet sich beim Versicherten im Vergleich zum alten Recht (unter Zugrundelegung des beim Rentenbeginn im Mai 2008 maßgeblichen aktuellen Rentenwerts ) eine Rentenminderung um 31,28 Euro/Monat:

43

Nach altem Recht hätte sich der auf die Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung entfallende Teil des Rentenbetrags auf 37,52 Euro/Monat belaufen (0,1009 EP x 75 : 100 = 0,0757 EP, aber begrenzt auf den Höchstwert von 0,0625 EP/Monat; 0,0625 EP (Ost) x 26 Monate Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung = 1,6250 EP x 23,09 Euro = 37,52 Euro/Monat). Diese Bewertung fällt beim Versicherten wegen der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI mit Rentenbeginn im Mai 2008 nicht vollständig weg; es ergibt sich aber ein verminderter Betrag von 6,24 Euro/Monat (0,1009 EP x 12,50 : 100 = 0,0126 EP, aber begrenzt auf den Tabellen-Höchstwert von 0,0104 EP/Monat; 0,0104 EP x 26 Monate Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung = 0,2704 EP x 23,09 Euro = 6,24 Euro/Monat), sodass sich eine Differenz von 31,28 Euro/Monat zwischen altem (37,52 Euro/Monat) und neuem Recht (6,24 Euro/Monat) errechnet.

44

Die maximale Minderung betrug beim Auslaufen der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI und Wegfall der Bewertung von höchstens drei Jahren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung 2,25 EP(= 36 x 0,0625 EP). Dies entsprach in den alten Bundesländern bei Rentenbeginn im Januar 2009 einem Betrag von 61,20 Euro/Monat (= 2,25 EP x 27,20 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009), in den neuen Bundesländern einem von 58,79 Euro/Monat (= 2,25 EP x 26,13 Euro aktueller Rentenwert im Januar 2009; vgl auch die Werte in der Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003, aaO, BT-Drucks 15/2305 S 3, wonach sich die Rentenhöhe durch die Abschaffung der Bewertung der Anrechnungszeiten wegen des Besuchs von allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen um durchschnittlich 15,23 Euro/Monat reduziert; vgl zu den Auswirkungen auf die Rentenhöhe auch Loose, SozSich 2003, 431, 432 f).

45

Angesichts der Übergangsregelung in § 263 Abs 3 SGB VI mag offenbleiben, ob sich bei der wechselhaften Geschichte der Ausfall- und Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung(vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom 27.8.2009 - B 13 R 6/09 S - BeckRS 2010, 66400 RdNr 12 ff; Blüggel, SozSich 2004, 61 ff) überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen auf deren rentensteigernde Wirkung entwickeln konnte. Allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz einer vorhandenen Rechtsposition verfassungsrechtlich jedenfalls nicht geboten (vgl BVerfGE 117, 272, 294 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 56; BSG SozR 4-2600 § 72 Nr 3 RdNr 31).

46

ee) Die Streichung der Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung führt auch in Bezug auf die Gruppe der Bezieher von Renten wegen Erwerbsminderung, zu denen der Versicherte gehörte, nicht zu einer unzumutbaren und damit unverhältnismäßigen Belastung. Die höchstmögliche Rentenminderung infolge des Wegfalls der Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung von ca 60 Euro/Monat (s oben unter dd) ist bei Altersrenten einerseits und Renten wegen Erwerbsminderung andererseits gleich (vgl Loose, aaO S 433). Der Kürzungsbetrag kann sich allerdings bei Renten wegen Erwerbsminderung stärker auswirken. Denn solche Renten sind im Durchschnitt nicht nur deutlich niedriger als Altersrenten; hinzu kommt, dass zur Lebensstandardsicherung im Alter häufig Ansprüche aus der zweiten und dritten Säule der Alterssicherung (Betriebsrente und/oder private Altersvorsorge) bestehen, während das bei vorzeitiger Invalidität jedenfalls derzeit noch nicht in vergleichbarer Weise der Fall ist (vgl Märtin/Zollmann, RV-aktuell 2011, 121).

47

Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die hier zu prüfende Neuregelung für den Personenkreis der Bezieher von Rente wegen Erwerbsminderung gegen Art 14 Abs 1 GG verstößt. Denn die größere wirtschaftliche Belastung der entsprechenden Versicherten hat ihre Ursache nicht in den hier angegriffenen, für alle Rentenarten gleichermaßen geltenden Vorschriften des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(jeweils idF des RVNG). Vielmehr beruht sie auf den spezifischen Regelungen zur Berechnung der Renten wegen Erwerbsminderung (zB § 59, § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 und Satz 2 SGB VI - s dazu im Folgenden unter 3. a -; vgl in diesem Zusammenhang auch den Bericht von Märtin/Zollmann, aaO, zu einem Forschungsvorhaben, das verlässliche empirische Daten dazu gewinnen soll, ob Bezieher von Erwerbsminderungsrenten noch ausreichend abgesichert sind).

48

2. Mit den vom Versicherten und von der Klägerin angegriffenen Regelungen hat der Gesetzgeber nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verletzt. Auch an diese Verfassungsnorm ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gebunden (vgl BVerfGE 74, 203, 214 = SozR 4100 § 120 Nr 2 S 4). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner - hier bestehenden weiten - Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl BVerfGE 52, 277, 280 f; 68, 287, 301; 81, 108, 117 f; 84, 348, 359).

49

a) Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 126, 29, 43 mwN). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70; BVerfGE 122, 151, 188 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16 RdNr 62; BVerfGE 126, 29, 47; stRspr).

50

Der Versicherte gehörte - wie oben ausgeführt - zu der Gruppe von Personen, deren Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch das RVNG in ihrer Bewertung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung gemindert worden sind. Damit wird er zum einen gegenüber Versicherten mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 (dazu unter aa) und zum anderen insoweit auch gegenüber Versicherten mit Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (dazu unter bb) ungleich behandelt. Denn diese Versicherten werden von der Neubewertung der Zeiten wegen schulischer Ausbildung durch das RVNG nicht (bzw im Falle eines Rentenbeginns ab Februar 2005 hinsichtlich der Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme insoweit nicht) erfasst, obwohl auch sie während dieser Zeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt oder getragen haben.

51

b) Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen bei der Bewertung ihrer schulischen Ausbildungszeiten wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt:

52

aa) Die Regelung des Wegfalls der rentensteigernden Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§ 74 Satz 4 SGB VI) durch das RVNG ist am 1.1.2005 in Kraft getreten (Art 15 Abs 11 aaO). Das neue Recht findet auf Versicherte mit Rentenbeginn ab diesem Zeitpunkt Anwendung (vgl § 300 Abs 1, Abs 2 SGB VI) und ist damit auch hier maßgeblich; seine Wirkung wird allerdings durch die ebenfalls zum 1.1.2005 in Kraft getretene Übergangsregelung in § 263 Abs 3 SGB VI(vgl Art 15 Abs 11 RVNG) abgeschwächt, die auch dem Versicherten des vorliegenden Verfahrens zugute gekommen ist; lediglich Versicherte mit Rentenbeginn bis einschließlich Januar 2005 sind von dem Wegfall bzw der Kürzung der Bewertung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung nicht betroffen.

53

Eine solche Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl BVerfGE 101, 239, 270; 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73; stRspr). Dies war hier der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes danach differenziert, ob ein Versicherter bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat, und damit in abgeschlossene Rentenbiografien nicht mehr eingreift (vgl BVerfGE 58, 81, 126 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 22; BVerfGE 75, 78, 106; 117, 272, 301 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).

54

bb) Auch bei Versicherten, die Zeiten an Fachschulen (zur Begriffsbestimmung s BSG vom 9.6.1988 - 4/11a RA 68/87 - Juris RdNr 14 f; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 109 S 290) und für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (zur Begriffsbestimmung s § 58 Abs 1 Satz 2 SGB VI)aufweisen, bleibt es insoweit bei der bisherigen rentenrechtlichen Bewertung; diese Zeiten werden weiterhin nach Vollendung des 17. Lebensjahres für die Dauer von höchstens drei Jahren als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung mit bis zu 0,0625 EP je Kalendermonat (0,75 EP/Jahr x 3 = maximal 2,25 EP) rentensteigernd berücksichtigt (§ 74 Satz 1 bis 3 SGB VI idF des RVNG).

55

(1) Die ungleiche Behandlung gegenüber Versicherten, die "nur" Zeiten der allgemeinen Schul- und Hochschulausbildung aufweisen, wird in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren des RVNG damit begründet, dass die rentenrechtliche Besserstellung derjenigen Versicherten mit Zeiten schulischer Ausbildung beseitigt werden soll, die - bei typisierender Betrachtung - durch ihre akademische Ausbildung und die damit im Regelfall einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten überdurchschnittliche Rentenanwartschaften aufbauen können. Vor dem Hintergrund steigender demografischer Belastungen der Alterssicherungssysteme könne es nicht länger Aufgabe der Versichertengemeinschaft sein, diese Zeiten zu privilegieren. Zeiten einer nichtakademischen Ausbildung an Schulen mit überwiegend berufsbildendem Charakter (Fachschulen) und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sollten hingegen auch weiterhin mit bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts bewertet werden. Denn hier könne regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass im späteren Erwerbsleben Rentenanwartschaften im selben Umfang aufgebaut würden wie auf der Grundlage einer akademischen Ausbildung. Zudem solle eine sozialpolitisch bedenkliche Ungleichbehandlung von Zeiten der beruflichen Ausbildung an Schulen einerseits und von Zeiten der beruflichen Ausbildung im dualen System andererseits vermieden werden, da bei letzteren - wie bisher auch - eine Höherbewertung der Pflichtbeiträge auf bis zu 75 vH des Durchschnittsentgelts erfolge. Durch die Begrenzung der Bewertung bzw Höherbewertung von schulischen und beruflichen Ausbildungszeiten auf insgesamt 36 Monate werde eine unverhältnismäßige rentenrechtliche Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindert (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 19 - zu Nr 4).

56

(2) Diese Begründung für die unterschiedliche Behandlung der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung bei den genannten Versichertengruppen ist nicht sachfremd. Der Gesetzgeber durfte insbesondere von der typisierenden Annahme ausgehen, dass Absolventen von Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen ua) im späteren Erwerbsleben im Vergleich zu Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen durch ihre höhere berufliche Qualifikation im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten haben und deswegen höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können.

57

Entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin geht der Senat davon aus, dass das BVerfG in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175, 225 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 141 ff) spezifische Anforderungen an die Begründungspflicht des Gesetzgebers nur für die Bestimmung (Bemessung) des menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG aufgestellt hat (vgl zur Begründungspflicht des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch Hebeler, DÖV 2010, 754 ff; s hierzu auch Meßling in Festschrift für Renate Jaeger, 2011, S 787 ff). Dennoch kann es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung auch allgemein von Relevanz sein, ob sich für die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Einschätzungen des Gesetzgebers hinreichend tragfähige Grundlagen finden lassen (vgl hierzu BVerfGE 50, 50, 51; 50, 290, 333; 86, 90, 109; 88, 203, 262 f; 121, 317, 350 ff). Ist dies nicht der Fall oder erweisen sich die Erwägungen des Gesetzgebers als so offensichtlich fehlerhaft, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können, können die Gerichte diese trotz eines insoweit grundsätzlich bestehenden weiten gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums beanstanden (vgl BVerfGE 77, 84, 106; 91, 1, 29).

58

(3) Soweit der Senat die angegriffenen Regelungen im Hinblick auf die Vergleichsgruppen - Hochschulabsolventen einerseits und Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen andererseits - zu überprüfen hat, sind die Erwägungen des Gesetzgebers des RVNG, die der unterschiedlichen Bewertung der Ausbildungszeiten dieser beiden Versichertengruppen zugrunde liegen, nicht unvertretbar. Dass Versicherte mit einer Hochschulausbildung im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten und höhere Altersrenten haben als Versicherte der Vergleichsgruppe, wird durch mehrere Studien belegt:

59

Bereits im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 3.3.2004 (BT-Drucks 15/2591 S 2 f - zu Nr 6) zur ablehnenden Stellungnahme des Bundesrats (BR-Drucks 1/04 S 3) vom 13.2.2004 ausgeführt, dass sie zwar mit dem Bundesrat darin übereinstimme, dass eine akademische Ausbildung erst nach längerer Zeit zur Realisierung höherer Rentenanwartschaften führe. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass ein Studium auch unter Berücksichtigung der höheren Kosten der Ausbildung und einer tendenziell kürzeren Erwerbsphase, besonders bei einem weitgehend öffentlich finanzierten Ausbildungsangebot, in der Regel zu einer "positiven Bildungsrendite" führt und sich dies sowohl in der Einkommenssituation während der Erwerbsphase als auch im Alter widerspiegelt. Insoweit hat die Bundesregierung auf die "Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998" (EVS '98) und die Infrateststudie "Alterssicherung in Deutschland 1999" (ASiD '99) Bezug genommen. Danach verdienten unter Zugrundelegung der EVS '98 in der gesetzlichen Rentenversicherung als Arbeitnehmer pflichtversicherte Akademiker mit 2299 Euro fast das 1,5 fache des monatlichen Durchschnittsverdiensts der Versicherten (1584 Euro), Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Lehre oder Gesellenprüfung lagen dagegen mit 1480 Euro knapp unterhalb des Durchschnittsverdiensts (s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003, aaO, BT-Drucks 15/2305 S 16). Nach der ASiD '99 bezogen Versicherte mit Hochschulausbildung mit 1163 Euro eine um durchschnittlich 350 Euro höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf 813 Euro kamen (BT-Drucks 15/2591 S 3; s auch die Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2003, aaO, BT-Drucks 15/2305 S 14, wonach in den neuen Bundesländern nach der ASiD '99 Versicherte mit einer akademischen Ausbildung mit monatlich 1219 Euro sogar eine um 475 Euro höhere Rente bezogen als Versicherte mit abgeschlossener Lehre oder Gesellenprüfung, welche nur auf monatlich 744 Euro kamen).

60

Auch aktuelle Studien bestätigen, dass in den vergangenen Jahren die wirtschaftlichen Vorteile einer Ausbildung an Universitäten oder Fachhochschulen (sog tertiäre Ausbildung) in Deutschland weiter zugenommen haben. Nach der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung benannten) Studie "Bildung auf einen Blick 2010" verdienten Hochqualifizierte im Jahr 2008 im Schnitt 67 Prozent mehr als Erwerbstätige, die "nur" über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten. 2007 lag dieser Einkommensvorsprung bei 62 Prozent, seit 1998 hat er sich nach Angaben der OECD mehr als verdoppelt. Hinzu kommen ein deutlich geringeres Risiko von Arbeitslosigkeit und weit höhere Erwerbsquoten bei den Älteren. So waren etwa 2009 von den 60 bis 65-Jährigen mit einer Ausbildung an einer Universität oder Fachhochschule 56 Prozent erwerbstätig, bei den 60 bis 65-Jährigen mit "nur" einer beruflichen Ausbildung dagegen lediglich 36 Prozent (s hierzu Pressemitteilung der OECD vom 7.9.2010 "Mehr Hochschulabsolventen in Deutschland - aber auch weiter steigende wirtschaftliche Vorteile aus guter Bildung" zur Studie "Bildung auf einen Blick 2010", veröffentlicht im Internet unter http://www.oecd.org). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Autorengruppe "Bildungsberichterstattung" in ihrem im Auftrag der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstatteten (und von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung ebenfalls benannten) Bericht "Bildung für Deutschland 2010". Danach lag im Jahr 2008 die relative Einkommensposition von Hochschulabsolventen bei 174 Prozent und von Fachhochschulabsolventen bei 163 Prozent des Medians der monatlichen Bruttoerwerbseinkommen aller Erwerbstätigen, die relative Einkommensposition von Personen mit Hauptschulabschluss/mittlerem Schulabschluss und beruflichem Abschluss dagegen lediglich bei 107 Prozent des Medians (s Tabellenanhang Tab I2-5A im Bericht "Bildung für Deutschland 2010", ua veröffentlicht im Internet unter http:// www.kmk.org /bildung-schule/bildungsberichterstattung/bildungsbericht-2010.html).

61

(4) Vor diesem Hintergrund liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund zwischen den hier zu vergleichenden Gruppen von Normadressaten vor. Gemessen an seinem Konzept ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber an der Realität vorbeigegangen ist. Vielmehr konnte er bei der Ausgestaltung der rentenrechtlichen Vergünstigung der Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung in typisierender Betrachtung daran anknüpfen, dass Absolventen von Hochschulen bereits durch ihre qualifizierte Ausbildung und die damit im Regelfall auch einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können als Absolventen von Fachschulen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.

62

Dass der Gesetzgeber beim Abbau dieser auf dem Gedanken der staatlichen Fürsorge beruhenden Vergünstigung (vgl BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12) bei denjenigen Versicherten ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell voraussichtlich besser verkraften können, ist nicht zu beanstanden. Soweit er bei seiner Entscheidung, bei welchen beitragsfreien Zeiten wegen schulischer Ausbildung er zukünftig auf deren (begrenzt) rentenerhöhende Wirkung verzichtet, nicht auf die im Erwerbsleben von den Versicherten tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste abgestellt hat, sondern typisierend darauf, dass eine höhere berufliche Qualifikation zu einem höheren Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und damit auch zu einer höheren Rente führen (vgl BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 13), liegt dies jedenfalls nicht außerhalb seines hier bestehenden weiten Gestaltungsspielraums. Überdies liegen Art und Umfang der Ausbildung grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der Rentenversicherung erhöhen will oder nicht (BVerfGE aaO). Dies schließt aber auch das Risiko ein, später - aus welchen Gründen auch immer - trotz einer solchen Ausbildung nicht die erhofften höheren Arbeitsverdienste zu erzielen.

63

Von daher mag die Klägerin zu Recht darauf hinweisen, dass Hochschulabsolventen nicht in jedem Fall überdurchschnittlich verdienen bzw dass bei einem im Vergleich zu Absolventen einer Fachschule oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme höheren Arbeitsverdienst dieser im Einzelfall möglicherweise nicht ausreicht, um den Verlust an Beitragsjahren auszugleichen. Aber auch dieser Einwand ist nicht geeignet, die typisierende Betrachtungs- und Vorgehensweise des Gesetzgebers zu beanstanden. Anderslautende Untersuchungsergebnisse als die vorliegenden, wonach Versicherte mit Hochschulausbildung im Durchschnitt über höhere Arbeitsverdienste verfügen als Versicherte ohne eine solche Ausbildung, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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(5) Bezogen auf die Situation des Versicherten ist die Annahme des Gesetzgebers, dass Hochschulabsolventen im späteren Erwerbsleben durch ihre höhere berufliche Qualifikation bessere Arbeitsverdienste aufweisen und deswegen überdurchschnittliche Rentenanwartschaften erwerben, nicht widerlegt, sondern sie wird vielmehr bestätigt. Mit 41,7054 persönlichen EP (Ost) hat der Versicherte eine deutlich überdurchschnittliche Anwartschaft auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erworben. Denn gerade durch die von ihm wegen seiner Hochschulausbildung ausgeübten qualifizierten Beschäftigungen - und den damit auch verbundenen berücksichtigungsfähigen Arbeitsverdiensten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - wurden seiner Rentenberechnung im Vergleich zu Versicherten, die keine solchermaßen qualifizierte Ausbildung absolviert haben, vergleichsweise hohe Arbeitsverdienste zugrunde gelegt. Bei Rentenbeginn im Mai 2008 ergab sich eine Rentenhöhe von 962,98 Euro; der monatliche Rentenzahlbetrag betrug 875,83 Euro. Diese Beträge lagen deutlich sowohl über dem durchschnittlichen monatlichen Zahlbetrag von Renten wegen voller Erwerbsminderung in den neuen Bundesländern in Höhe von 695 Euro (Männer: 699 Euro, Frauen: 691 Euro) als auch über dem monatlichen Zahlbetrag dieser Renten in den alten Bundesländern (Männer: 779 Euro, Frauen: 665 Euro; s hierzu Rentenversicherung in Zeitreihen, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung Bund, DRV-Schriften Bd 22, Oktober 2010, S 184 ff ).

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3.a) Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass zu Bedenken, ob die Auswirkungen der angegriffenen Vorschriften des § 74 Satz 4 iVm § 263 Abs 3 Satz 4 SGB VI(idF des RVNG) den speziellen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG (Benachteiligungsverbot für Menschen mit Behinderung) verletzen könnten. Auch insoweit gilt, dass die im Vergleich zu Altersrenten relativ stärker ins Gewicht fallenden Folgen einer Kürzung bzw Streichung der Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung ihren Grund nicht in diesen Neuregelungen haben, sondern in den allgemeinen Bestimmungen über die Berechnung von Renten wegen Erwerbsminderung (s oben unter 1.c) ee)). Diese Vorschriften sehen für den Fall des (schicksalhaften, krankheits- bzw behinderungsbedingten) Eintritts von Erwerbsminderung rentenrechtliche Abmilderungen bei der Bestimmung des Zugangsfaktors vor, indem bei Versicherten jüngeren Lebensalters die Rentenkürzung bei Inanspruchnahme der Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. bzw 62. Lebensjahrs auf maximal 10,8 % begrenzt wird (§ 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 2 iVm § 264c SGB VI - im Vergleich zu Altersrenten, wo die Absenkung bei vorzeitiger Inanspruchnahme bis zu 18 % beträgt: § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a iVm § 236a Abs 2, § 237 Abs 3, § 237a Abs 2 SGB VI). Zudem werden erwerbsgeminderte Versicherte mit Hilfe von Zurechnungszeiten so gestellt, als hätten sie bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs weitergearbeitet (§ 59 SGB VI). Dieses Regelungskonzept zur Berechnung von Erwerbsminderungsrenten ist als noch verfassungsgemäß erachtet worden (vgl BVerfG vom 11.1.2011 - 1 BvR 3588/08 ua - SozR 4-2600 § 77 Nr 9 RdNr 55). Auch im Fall des Versicherten wurden wegen des Eintritts der Erwerbsminderung vor Vollendung des 60. Lebensjahres 150 Monate an beitragsfreien Zurechnungszeiten anerkannt; das hat ihm auf der Grundlage seiner insgesamt überdurchschnittlichen Arbeitsverdienste 15,1350 zusätzliche EP (Ost) und damit eine - bei Rentenbeginn im Mai 2008 - um monatlich 349,47 Euro höhere, ebenfalls deutlich überdurchschnittliche Rente wegen voller Erwerbsminderung eingebracht.

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b) Schließlich verstößt die Neuregelung auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 iVm Art 28 Abs 1 GG). Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen; die Erfüllung dieser Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Selbst wenn durch eine Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, ist das Sozialstaatsgebot nicht verletzt; denn es dient nicht der Korrektur jeglicher (aus Sicht des Normadressaten) hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen (vgl hierzu BVerfGE 66, 234, 247 f = SozR 2200 § 1255a Nr 11 S 36; BVerfGE 69, 272, 314 f = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 135 f).

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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und 3 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.