Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 13. Okt. 2016 - L 3 R 261/13

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:1013.L3R261.13.00
bei uns veröffentlicht am13.10.2016

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Auszahlung der der Klägerin dem Grunde nach zuerkannten Witwenrente streitig.

2

Die 1938 geborene Klägerin kam am 10. November 1996 aus K. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist anerkannte Spätaussiedlerin nach § 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG). Der Ehemann der Klägerin, N. B., geboren am ... 1937, verstarb bereits am 1993 in der Republik K ...

3

Auf den Antrag vom 3. Februar 1997 bewilligte die ehemalige Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (im Weiteren: LVA), deren Rechtsnachfolgerin seit dem 1. Oktober 2005 die Beklagte ist, der Klägerin mit Bescheid vom 23. Juni 1998 vom 10. November 1996 bis zum 31. Juli 1998 eine große Witwenrente. Der großen Witwenrente legte sie 24,3984 Entgeltpunkte (EP) Ost zugrunde, die sämtlich auf anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) beruhten. Sie stellte fest, dass die große Witwenrente mit dem 31. Juli 1998 wegfällt. In der Anlage 6 zum Bescheid ist insoweit ausgeführt, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde zu legen seien.

4

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1998 gewährte die ehemalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im Weiteren: BfA) der Klägerin ab dem 1. August 1998 eine Altersrente für Frauen. In diese Rente wurden aus allen von der Klägerin geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten im Herkunftsgebiet EP und damit mehr als 25,0000 persönliche EP (Ost) einbezogen (Anlage 6 zum Bescheid).

5

Mit Bescheid vom 12. Januar 1999 stellte daraufhin die LVA fest, die Voraussetzungen für die große Witwenrente seien ab dem 10. November 1996 erfüllt. Ein Anspruch auf Auszahlung bestehe jedoch ab dem 1. August 1998 nicht mehr. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin erhalte seit dem 1. August 1998 von der BfA eine Versichertenrente, bei der bereits 25,0000 EP Berücksichtigung fänden. Nach § 22b FRG in der Fassung des Rentenreformgesetzes, in Kraft ab dem 7. Mai 1996, würden für anrechenbare FRG-Zeiten für einen Berechtigten höchstens 25,0000 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde gelegt. Ab dem 1. August 1998 seien gem. § 22b Satz 3 FRG daher keine EP aus der Witwenrente zu berücksichtigen.

6

Am 6. November 2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung ihres Witwenrentenanspruches. Mit Bescheid vom 18. Dezember 2002 lehnte die LVA die Rücknahme des Rentenbescheides vom 23. Juni 1998 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) ab. Die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet am 10. November 1996 genommen und sei Spätaussiedlerin nach § 4 BVFG. Damit seien die im Herkunftsland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem FRG zu beurteilen. Leistungen aus solchen Zeiten seien auf bestimmte Höchstbeträge zu begrenzen (§ 22b FRG). Diese Vorschrift sei für Berechtigte anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 6. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen hätten. Gemäß § 22b FRG dürfe ein Berechtigter nicht mehr als 25,0000 EP für nach dem FRG anrechenbare Zeiten erhalten. Zudem gelte dieser Höchstwert von 25,0000 EP für die FRG-Anteile aller Renten eines Berechtigten. Da die Klägerin bereits mit ihrer Altersrente den Höchstwert erreicht habe, blieben für die Witwenrente keine EP zur Zahlbarmachung der Rente. Abweichendes ergebe sich nicht aus dem Urteil 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R), da es sich dabei um eine Entscheidung in einem konkreten Einzelfall gehandelt habe.

7

Am 13. Mai 2004 beantragte die Klägerin, ihre "Witwenrente neu festzustellen und auszuzahlen" unter Bezugnahme auf die Urteile des 4. und 13. Senats des BSG in den Verfahren B 4 RA 118/00 R und B 13 RJ 44/03. Mit Bescheid vom 3. September 2004 lehnte die LVA die Rücknahme des Rentenbescheides vom 23. Juni 1998 in der Fassung der Bescheide vom 12. Januar 1999 und vom 18. Dezember 2002 gemäß § 44 SGB X ab. Zur Begründung führte sie - wie bereits im Überprüfungsbescheid vom 18. Dezember 2002 dargelegt - aus, dass die Klägerin bereits eine eigene Altersrente für Frauen von der BfA erhalte. In dieser Rente seien mehr als 25,0000 persönliche EP (Ost) berechnet. Nach § 22b Abs. 1 FRG habe eine Begrenzung auf 25,0000 EP zu erfolgen. Die Begrenzung auf 25,0000 EP für die FRG-Anteile gelte für alle Renten eines Berechtigten. Auch die Entscheidung des 13. Senates des BSG vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R) betreffe nur einen konkreten Einzelfall. Eine Klarstellung der gesetzlichen Regelung zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG sei durch Art. 9 Nr. 2 des am 26. Juli 2004 verkündeten Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) erfolgt. Art. 15 Absatz 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz bestimme, dass der geänderte § 22b Absatz 1 Satz 1 FRG n.F. rückwirkend ab dem 7. Mai 1996 in Kraft gesetzt sei.

8

Hiergegen legte die Klägerin am 8. Oktober 2004 Widerspruch ein. Sie habe ausdrücklich die Auszahlung der Rente und nicht deren Neufeststellung beantragt. Die Witwenrente sei dem Grunde nach bewilligt worden, so dass die Weigerung der Auszahlung gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen sei. Die Rente sei bereits vor Inkrafttreten des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes geltend gemacht worden, so dass § 300 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) nicht anwendbar sei. Darüber hinaus berufe sie sich auf Vertrauensschutz. Die Bescheide würden die Klägerin in ihren Grundrechten nach Art. 3 und Art. 14 des Grundgesetz (GG) verletzen.

9

Die LVA wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2005 zurück. Sie wiederholte und vertiefte die Ausführungen des Überprüfungsbescheides. Insbesondere könne nicht den Darlegungen zur Anwendung des § 300 SGB VI sowie zu dem In-Kraft-Treten des § 22b FRG n.F. gefolgt werden.

10

Gegen den am 2. Februar 2005 abgesandten Bescheid hat die Klägerin am 2. März 2005 bei dem Sozialgericht Stendal, das mit Wirkung vom 1. November 2010 in das Sozialgericht Magdeburg eingegliedert wurde, Klage erhoben und die Auszahlung der bewilligten Witwenrente begehrt. Nachdem das Verfahren zunächst im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senates des BSG vom 29. August 2006 an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 22b FRG geruht hat, hat die Klägerin nach der Entscheidung des BVerfG mit Beschluss vom 21. Juli 2010 (- 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05 -, BVerfGE 126, 369-400 und sämtlich juris) an ihrem Begehren festgehalten.

11

Mit Gerichtsbescheid vom 3. Juni 2013 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 habe der Gesetzgeber § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG dahingehend neu gefasst, dass für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25,0000 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde gelegt würden. Diese Gesetzesänderung sei nach Art. 15 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes mit Wirkung vom 7. Mai 1996 in Kraft getreten. Dies sei darauf zurückzuführen, dass es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers - wie sich dies aus der Gesetzesbegründung ergebe - lediglich um eine Klarstellung des seit Mai 1996 geltenden Rechts gehandelt habe. Mit dieser neuen Gesetzesfassung hätten die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten in Einklang gestanden.

12

Gegen den ihr am 11. Juni 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Juni 2013 Berufung beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat.

13

Die Klägerin trägt vor, im Bescheid vom 23. Juni 1998 sei der Anspruch auf Witwenrente dem Grunde nach bestandskräftig bewilligt worden. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass diese nicht gezahlt worden sei, habe es nicht gegeben. Soweit eine Witwenrente bereits bestandskräftig berechnet worden sei, komme nach der Rechtsprechung des BVerfG eine rückwirkende Anwendung des § 22b FRG in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes nicht in Betracht.

14

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

15

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. Juni 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung der Bescheide vom 12. Januar 1999 und 18. Dezember 2002 teilweise zurückzunehmen und ihr die dem Grunde nach bewilligte Witwenrente ab dem 1. August 1998 auszuzahlen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig. Zu keiner Zeit seien im Witwenrentenbescheid EP festgestellt worden, die Grundlage für einen Zahlungsanspruch sein könnten. Vielmehr sei in der Anlage 6 des Witwenrentenbescheides dargestellt worden, dass sich aufgrund der bekannten FRG-Regelungen keine persönlichen EP ergäben.

19

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

22

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2005. In dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung der Bescheide vom 12. Januar 1999 und vom 18. Dezember 2002 teilweise zurückzunehmen und der Klägerin Witwenrente zu zahlen. Die Höhe der eigenen Versichertenrente der Klägerin ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

23

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

24

Die LVA hat mit dem Bescheid vom 23. Juni 1998 den Anspruch auf große Witwenrente dem Grunde nach anerkannt und zugleich bestimmt, dass diese zum 31. Juli 1998 wegfällt. Einen Zahlbetrag hat sie ab dem 1. August 1998 für nicht gegeben erachtet, da die EP für anrechenbare Zeiten nach dem FRG unter Berücksichtigung der eigenen Rente der Klägerin mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG begrenzt seien. Dies ist jedenfalls in dem hier maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung rechtmäßig. Denn für den Anspruch auf Erlass eines Zugunstenbescheides nach § 44 SGB X ist ebenso wie bei sonstigen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, grundsätzlich die letzte mündliche Verhandlung (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 36/10 R -, juris Rn. 17).

25

§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG ist durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 rückwirkend zum 7. Mai 1996 dahingehend klargestellt worden, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG "für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten" insgesamt 25 EP zugrunde gelegt werden. Das BVerfG hat die ihm vom 13. Senat des BSG mit mehreren Vorlagebeschlüssen vom 29. August 2006 vorgelegte Frage, ob diese Neuregelung gegen das Grundgesetz verstoße, verneint (Beschluss vom 21. Juli 2010, a.a.O.). Damit hat der erkennende Senat § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Fassung anzuwenden. Folglich besteht kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 3. September 2004, da jedenfalls Sozialleistungen nicht zu Unrecht vorenthalten worden sind. Denn im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats entspricht der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 23. Juni 1998 der (zumindest nunmehr) geltenden materiellen Rechtsgrundlage.

26

Die EP aus der Altersrente (für Frauen) der Klägerin sind vorrangig zu berücksichtigen. Denn der Rentenartfaktor für persönliche EP bei dieser Rentenart (§ 33 Abs. 2 Nr. 6 SGB VI) ist mit 1,0 höher als der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahres gemäß § 67 Nr. 6 SGB VI in Höhe von 0,6 (ab 1. Januar 2002: 0,55). Da bei der Altersrente bereits - begrenzt - 25 EP für anrechenbare Zeiten nach dem FRG berücksichtigt worden sind, war damit die Höchstgrenze der nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der hier anzuwendenden Fassung für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes vorgesehenen EP erreicht. Folglich war für die große Witwenrente kein (zahlbarer) "Monatsbetrag der Rente" (§ 64 SGB VI) festzustellen. Im Ergebnis ist die Klägerin damit lediglich Inhaberin eines "leeren Rechts" auf Witwenrente und bleibt auf die Rente aus eigener Versicherung beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 41/10 R -, juris).

27

Schließlich führt die Auffassung der Klägerin, die rückwirkende Inkraftsetzung zum 7. Mai 1996 sei in diesem Fall mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, weil die unbeschränkte Witwenrente bereits bestandskräftig gewährt worden sei, nicht zu einem anderen Ergebnis. Soweit die LVA mit Bescheid vom 23. Juni 1998 die große Witwenrente bewilligt hat, ist ausdrücklich ausgeführt, dass die Rente mit dem 31. Juli 1998 wegfällt. Die Auszahlung der großen Witwenrente über den 1. August 1998 (Beginn der eigenen Altersrente) hinaus ist gerade beschränkt.

28

Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei in ihrem Grundrecht nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt, ist bereits in der Rechtsprechung des BVerfG geklärt, dass die Voraussetzungen für einen grundrechtlichen Eigentumsschutz bei allein durch das FRG begründeten Rentenansprüchen und -anwartschaften nicht vorliegen. Diese unterfallen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt worden sind, weil es insofern am Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung in eine bundesdeutsche Rentenversicherung fehlt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 -, juris).

29

Auch Art. 3 Abs. 3 GG ist nicht verletzt. Eine Diskriminierung wegen der Heimat oder der Herkunft der Fremdrentenberechtigten bewirkt die Neufassung von § 22b FRG nicht. Die rentenrechtliche Behandlung der von dieser Vorschrift erfassten Personen liegt darin begründet, dass sie ihre Versicherungsbiografie in einem anderen Land als der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben; ihre Beiträge sind anderen Versicherungsträgern, ihre Beschäftigung einem anderen Wirtschafts- und Sozialsystem zugutegekommen. Die unterschiedliche Behandlung ist daher allein in unterschiedlichen Versicherungsbiografien begründet und nicht in der Anwendung eines Merkmals, das im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG diskriminieren würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - a.a.O. -, juris, Rn. 85).

30

Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1999 - 1 BvL 8/97 -, BVerfGE 100, 195 - 208 und juris). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1964 - 1 BvL 12/62 -, BVerfGE 17, 210 - 224, juris). Soweit die nach dem FRG Berechtigten oder deren Hinterbliebene anders behandelt werden als die Versicherten, die ihr Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verbracht haben, ist die Ungleichbehandlung dadurch gerechtfertigt, dass sie im Gegensatz zu Letzteren keine eigenen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Sie werden zwar schlechter behandelt, soweit bei ihrer Rentenberechnung für ihre Arbeitsentgelte oder die ihrer verstorbenen Ehegatten nur bis zu 25 EP berücksichtigt werden. Der Umstand, dass die eine Personengruppe eigene Beiträge gezahlt hat, die andere Personengruppe aber nicht, rechtfertigt indessen die unterschiedliche Höhe der Leistungsgewährung. Die durch das FRG gewährte Begünstigung muss keine volle Gleichstellung mit denjenigen bewirken, die ein Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland begründet hatten und haben (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - a.a.O. -, juris, Rn. 87).

31

Übergangsregelungen waren zur Umsetzung der Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 40/10 -, juris, verweist auf Beschlüsse des BSG vom 29. August 2006 - B 13 RJ 47/04 R - juris, Rdnr. 47 - 51; B 13 RJ 8/05 R - juris, Rdnr. 50 - 54; B 13 R 7/06 R - juris, Rdnr. 51 - 54). Aus Sicht des Gesetzgebers bestand hierfür von vornherein auch kein Bedarf, denn die zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. ergangenen Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger entsprachen regelmäßig bereits - wie auch hier - der Neufassung dieser Vorschrift, weil sich die Träger der Rechtsprechung des BSG, wonach die Begrenzung auf insgesamt 25 EP in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. keine Anwendung finden sollte, wenn ein Begünstigter neben einem Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hatte, nicht angeschlossen hatten. Für die Ausnahme, dass im Einzelfall (aufgrund welcher Umstände auch immer) ein bindender begünstigender Verwaltungsakt (über die Zahlung von Hinterbliebenenrente) ergangen war, verwies die Begründung zum Gesetzentwurf auf die vertrauensschützenden Regelungen des SGB X (vgl. BTDrs. 15/2149 S. 32 zu Art. 3 Abs. 3 des Entwurfs).

32

Die Klägerin kann sich nicht auf die Regelung des § 300 Abs. 2 SGB VI berufen. Nach dem Grundsatz des § 300 Abs. 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von ihrem Inkrafttreten an auf einen Anspruch oder einen Sachverhalt auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Als Ausnahme von diesem Grundsatz bestimmt § 300 Abs. 2 SGB VI, dass aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Der Witwenrentenanspruch der Klägerin ist erst mit deren Zuzug im November 1996 und damit nicht im Sinne von § 300 Abs. 1 SGB VI vor Inkrafttreten des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. am 7. Mai 1996 entstanden. Er hat mithin auch nicht im Sinne des § 300 Abs. 2 SGB VI vor der Aufhebung der früheren Gesetzesfassung bestanden. Die Verkündung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes im Juli 2004 ändert daran nichts. Im Verhältnis von § 300 Abs. 1 zu Abs. 2 SGB VI bezeichnet der Begriff "Aufhebung" in § 300 Abs. 2 SGB VI nicht den tatsächlichen Akt der Aufhebung im Sinne der Verkündung des Änderungsgesetzes, sondern den Zeitpunkt für das Außerkrafttreten des alten Rechts, wie er durch Gesetz ausdrücklich oder durch den Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem altes Recht ersetzende neue Vorschriften im Sinne von Art. 82 Abs. 2 GG in Kraft treten (BSG, Urteil vom 19. Mai 2004 - B 13 RJ 46/03 R - BSGE 93, 15, Rdnr. 33).

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

34

Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht.


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(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor

1.
seit dem 8. Mai 1945 oder
2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder
3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.

(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.

(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor

1.
seit dem 8. Mai 1945 oder
2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder
3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.

(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.

(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Vorschriften dieses Gesetzbuchs sind von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.

(2) Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.

(3) Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren.

(3a) (weggefallen)

(3b) Ist eine nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Rente neu festgestellt worden, werden Leistungen für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 nicht erbracht.

(4) Der Anspruch auf eine Leistung, der am 31. Dezember 1991 bestand, entfällt nicht allein deshalb, weil die Vorschriften, auf denen er beruht, durch Vorschriften dieses Gesetzbuchs ersetzt worden sind. Verwenden die ersetzenden Vorschriften für den gleichen Sachverhalt oder Anspruch andere Begriffe als die aufgehobenen Vorschriften, treten insoweit diese Begriffe an die Stelle der aufgehobenen Begriffe.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 17. September 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Witwenrente im Zugunstenverfahren.

2

Die 1921 geborene Klägerin ist die Witwe des im selben Jahr geborenen und 1986 verstorbenen E. S. (nachfolgend: S.). Die Eheleute legten sämtliche Beschäftigungszeiten in der Sowjetunion zurück. Am 12.6.1999 übersiedelte die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist als Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) bewilligte ihr mit Bescheid vom 10.3.2000 Altersrente (AlR) aus eigener Versicherung vom Tag der Einreise an. Die ermittelten 29,4800 Entgeltpunkte (EP) wurden gemäß § 22b Fremdrentengesetz (FRG) idF des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461; im Folgenden: aF) auf 25 EP begrenzt.

3

Auf Antrag vom 13.7.1999 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 22.3.2000 einen Anspruch der Klägerin auf große Witwenrente ab 12.6.1999 an, wobei sie die ausschließlich nach dem FRG anrechenbaren Beschäftigungszeiten des S. mit 33,3595 EP ermittelte. Einen Anspruch auf Zahlung der Witwenrente verneinte sie jedoch unter Berufung auf § 22b FRG aF wegen vorrangiger Berücksichtigung von 25 EP aus eigener Versicherung. Ein dagegen im Dezember 2001 gerichteter Widerspruch blieb wegen Versäumung der Widerspruchsfrist erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.1.2002).

4

Den unter Hinweis auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 30.8.2001 (B 4 RA 118/00 R - BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2) im April 2002 gestellten Antrag der Klägerin auf Überprüfung des Bescheids vom 22.3.2000 und Neufestsetzung der Rente in Höhe der tatsächlichen EP lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.1.2003 ab.

5

Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG Berlin mit Urteil vom 11.3.2004 als unbegründet abgewiesen. Die auf eine zwischenzeitlich gefestigte Rechtsprechung des BSG verweisende Berufung der Klägerin ist ebenfalls erfolglos geblieben (Urteil des LSG vom 17.9.2004). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe § 22b Abs 1 FRG aF zutreffend angewandt, obwohl die Norm erst nach Erlass des angefochtenen Bescheids verkündet worden sei. Die Auslegung der Vorschrift spreche für eine Einbeziehung der Hinterbliebenenrente bei Begrenzung der EP auf insgesamt 25. Verfassungsrechtliche Bedenken stünden § 22b Abs 1 Satz 1 FRG idF des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 1791; im Folgenden: nF) nicht entgegen. Anderslautender Rechtsprechung des BSG zur echten Rückwirkung der Norm werde insofern nicht gefolgt (Hinweis auf das Senatsurteil vom 11.3.2004 - BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr 1 und auf BSG vom 30.8.2001 - B 4 RA 118/00 R - BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2).

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Insbesondere verbiete Art 116 GG eine Diskriminierung von Vertriebenen bei der Hinterbliebenenrente. Ob § 22b FRG verfassungsgemäß sei, könne dahinstehen, weil die Witwenrente dem Grunde nach bestandskräftig bewilligt worden sei, so dass deren Auszahlung nicht verweigert werden dürfe. Zudem stehe die Hinterbliebenenrente auch unter Eigentumsschutz. Die Beschränkung ihrer EP verstoße gegen Art 3 und Art 14 GG. Die rückwirkende Änderung des Gesetzestextes durch das RVNG scheitere an dem Verbot der echten Rückwirkung von Gesetzen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2004 und des Landessozialgerichts Berlin vom 17. September 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 22. März 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2002 ab 12. Juni 1999 große Witwenrente ohne Begrenzung nach § 22b Abs 1 Satz 1 FRG idF des RVNG zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 GG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Art 15 Abs 3 RVNG vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 3 GG (hier Verbot echter Rückwirkung von Gesetzen) verstoße, als er Art 9 Nr 2 RVNG mit Wirkung ab einem Zeitpunkt vor der Verkündung des Gesetzes am 26.7.2004 in Kraft gesetzt hat (hier: rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 22b des FRG am 7.5.1996).

11

Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9) diese Frage verneint hat, hat der Senat mit Beschluss vom 27.5.2011 die Aussetzung aufgehoben und das Verfahren fortgeführt.

12

Die Klägerin ist jetzt der Meinung, dass in ihrem und dem Lebenslauf des S. nicht nur Fremdrentenzeiten, sondern auch Zeiten nach dem SGB VI bei der Berechnung der Rente zugrunde zu legen seien. Daher sei zu klären, ob das BVerfG ihren Fall zutreffend erfasst habe, auch weil die beantragte Rente dem Grunde nach bewilligt worden sei. Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI müssten berücksichtigt werden, weil S. als Deutscher interniert und verschleppt worden sei. Die Rentenansprüche seien insgesamt durch Art 14 GG geschützt. Dies folge aus der Vorschrift von § 15 FRG, die das BVerfG nicht beachtet habe. Die Gleichstellung der von S. entrichteten Auslandszeiten beruhe auf dem Gedanken der Gesamthaftung des deutschen Staatsvolkes iS von Art 116 Abs 2 GG für die Folgen des Zweiten Weltkriegs. Art 3 GG sei verletzt, weil die Klägerin im Vergleich zu anderen Beziehern von Witwenrenten, die vom Gesetzgeber gleichgestellte Auslandszeiten erhielten, willkürlich diskriminiert werde. Im Übrigen bestehe zwischen ihr und S. sowie DDR-Bürgern, die ihr Arbeitsleben in der DDR verbracht haben, kein rechtlicher Unterschied. Letzteren seien die dort geleisteten Beitragszeiten wie bundesdeutsche Beitragszeiten anerkannt worden. Ferner sei zu klären, ob es sich um Rentenansprüche handele, die Renten im Sinne des EU-Rechts darstellten. Deshalb müsse die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt werden. Dort sei zu überprüfen, ob Beitrags- und Versicherungszeiten iS von § 15 und § 16 FRG "Renten" oder "besondere Eingliederungssozialleistungen" seien. Denn der EuGH habe am 18.12.2007 (C 396/05, C 419/05, C 450/05 - SozR 4-6035 Art 42 Nr 2) entschieden, dass entgegen der Auffassung des BSG und des BVerfG Fremdrentenansprüche keine besonderen kriegsbedingten Sozialleistungen seien. Die angegriffene Entscheidung stelle eine "vollkommene Enteignung" der dem Grunde nach zugesprochenen Witwenrente dar. Dies wiederum verstoße gegen Protokoll Nr 1, Art 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) bzw gegen Art 14 EMRK. Sowohl das BVerfG als auch das BSG hätten übersehen, dass es zwischen den Biographien eines Inländers und eines Deutschen, der aufgrund eines Vertreibungsschicksals gezwungen gewesen sei, im Ausland Beiträge zu leisten, keinen qualitativen Unterschied gäbe.

13

Die Beklagte ist der Meinung, dass das BVerfG den Rechtsstreit der Klägerin in der Entscheidung vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9) umfänglich entschieden habe. Zwar sei zutreffend, dass die Zeit vom 28.8.1941 bis 25.11.1942 aufgrund der Internierung und Verschleppung des verstorbenen Ehegatten als Ersatzzeit nach § 250 Abs 1 Nr 2 SGB VI anerkannt und bei der Rentenberechnung als beitragsfreie bzw beitragsgeminderte Zeit berücksichtigt worden sei(S 1 der Anlage 2 und S 4 f der Anlage 4 zum Bescheid vom 22.3.2000). Daraus folgten aber keine unter Eigentumsschutz von Art 14 GG fallende Versicherungszeiten. Die EP beruhten gleichwohl ausschließlich auf FRG-Zeiten, wenn die Gesamt-EP - wie hier - den EP für Zeiten nach dem FRG entsprächen (unter Hinweis auf BSG vom 3.7.2002 - B 5 RJ 22/01 R - SozR 3-5050 § 22b Nr 3). Das BVerfG habe im Fall der Klägerin festgestellt, dass ihr Hinterbliebenenrentenanspruch allein auf FRG-Zeiten beruhe (so S 18 Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010 aaO).

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

15

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.1.2003 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin unter teilweiser Rücknahme des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 22.3.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2002 Witwenrente zu zahlen. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe der eigenen Versichertenrente der Klägerin; diese ist unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Hinterbliebenenrente.

16

Der geltend gemachte Rücknahmeanspruch richtet sich nach § 44 SGB X. Nach dessen Abs 1 Satz 1 ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Rentenbescheids vom 22.3.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2002 sind hinsichtlich der Rentenhöhe nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte bei Erlass dieses Bescheids (spätestens bei seiner Bekanntgabe iS von § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) das Recht richtig angewandt hat. Denn sie hat jedenfalls die große Witwenrente zu Recht nicht ausgezahlt (dazu unter 1.), ohne damit gegen Bundesrecht (dazu unter 2.) oder Verfassungsrecht (dazu unter 3. und 4.) verstoßen zu haben. Aus dem Vortrag der Klägerin zur Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9) ergibt sich keine für sie günstigere Rechtsfolge (dazu unter 5.).

17

1. Selbst wenn die Beklagte das bei Erlass des Bescheids vom 22.3.2000 geltende Recht fehlerhaft angewandt hätte, würde dies keinen Rücknahmeanspruch der Klägerin begründen. Denn maßgeblich ist insoweit das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, soweit es auch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses umfasst. Hat sich das Recht während des anhängigen Rechtsstreits rückwirkend geändert, so ist das neue Recht auch im Revisionsverfahren zu beachten (stRspr; vgl BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 8; vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 14; BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 46/10 R - Juris RdNr 10; B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 12; jeweils mwN).

18

Das ist hier der Fall. § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF ist während des anhängigen (Berufungs-) Verfahrens zunächst mit Art 9 Nr 2 iVm Art 15 Abs 3 RVNG rückwirkend zum 7.5.1996 durch eine Neufassung (§ 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF) ersetzt worden, wonach für anrechenbare Zeiten nach dem FRG für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (ab 1.1.2005: der allgemeinen Rentenversicherung) zugrunde gelegt werden. Bereits zuvor hatte Art 12 Nr 2 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16.12.1997 (BGBl I 2998) ebenfalls mit (Rück-)Wirkung zum 7.5.1996 § 22b Abs 1 Satz 3 FRG angefügt, wonach EP aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen sind.

19

Danach gilt hier Folgendes: Die EP aus der AlR der Klägerin sind vorrangig zu berücksichtigen. Denn der Rentenartfaktor der persönlichen EP bei dieser Rentenart (§ 35 SGB VI) ist mit 1,0 höher (§ 67 Nr 1 SGB VI) als der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente nach Ablauf des sog Sterbevierteljahres für persönliche EP in der allgemeinen Rentenversicherung gemäß § 67 Nr 6 SGB VI in Höhe von 0,6(ab 1.1.2002: 0,55). Da aber bei der AlR bereits 25 EP für anrechenbare Zeiten nach dem FRG zu berücksichtigen waren, war damit schon die Höchstzahl an EP erreicht, die § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes zulässt. Folglich war für die große Witwenrente kein (zahlbarer) "Monatsbetrag der Rente" (§ 64 SGB VI) festzustellen. Im Ergebnis ist die Klägerin damit lediglich Inhaberin eines "leeren Rechts" auf Witwenrente und bleibt auf die Rente aus eigener Versicherung beschränkt (vgl BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 13).

20

2. Übergangsregelungen waren zur Umsetzung der Neufassung des § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nicht erforderlich(Senatsbeschlüsse vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 47-51; B 13 RJ 8/05 R - Juris RdNr 50-54; B 13 R 7/06 R - Juris RdNr 51-54). Aus Sicht des Gesetzgebers bestand hierfür von vornherein auch kein Bedarf, denn die zu § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF ergangenen Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger entsprachen regelmäßig bereits - wie auch hier - der Neufassung dieser Vorschrift, weil sich die Träger der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG vom 30.8.2001 (BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2), des 8. Senats des BSG vom 7.7.2004 (BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr 2) und vom 21.6.2005 (SozR 4-1300 § 44 Nr 5) sowie des erkennenden Senats vom 11.3.2004 (ua BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr 1) nicht angeschlossen hatten; nach dieser Rechtsprechung sollte die Begrenzung auf insgesamt 25 EP in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF keine Anwendung finden, wenn ein Begünstigter neben einem Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hatte. Für die Ausnahme, dass im Einzelfall (aufgrund welcher Umstände auch immer) ein bindender begünstigender Verwaltungsakt (über die Zahlung von Hinterbliebenenrente) ergangen war, verwies die Begründung zum Gesetzentwurf auf die vertrauensschützenden Regelungen des SGB X (vgl Begründung zum Gesetzentwurf des RVNG BT-Drucks 15/2149 S 32 zu Art 13 Abs 3).

21

Die Klägerin kann sich nicht auf die Regelung des § 300 Abs 2 SGB VI berufen, wonach ua durch Neuregelungen innerhalb des SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist. Hieraus kann sie nicht herleiten, dass ihr Anspruch auf Witwenrente weiterhin nach § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF zu beurteilen sei, weil sie diesen bereits vor Verkündung des RVNG geltend gemacht habe. Dies gilt schon deshalb, weil "Aufhebung" iS von § 300 Abs 2 SGB VI den - auch rückwirkenden - Zeitpunkt des Außerkrafttretens der alten und des Inkrafttretens der neuen Vorschrift meint, hier also, nach Art 15 Abs 3 RVNG, den 7.5.1996 (vgl Senatsurteil vom 19.5.2004 - BSGE 93, 15 = SozR 4-5050 § 22b Nr 3, RdNr 19; BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 10; Senatsbeschlüsse vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 52; B 13 RJ 8/05 R - Juris RdNr 55; B 13 R 7/06 R - Juris RdNr 55; BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 46/10 R - Juris RdNr 12; B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 14; jeweils mwN). Die Klägerin hatte aber am 7.5.1996 (noch) keinen Anspruch auf Witwenrente. Ihr Witwenrentenanspruch ist (dem Grunde nach) erst mit ihrem Zuzug im Juni 1999 entstanden (vgl Senatsurteil vom 19.5.2004 - BSGE 93, 15 = SozR 4-5050 § 22b Nr 3, RdNr 18).

22

Nichts anderes ergibt sich aus Art 6 § 4 Abs 4a des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG)(vgl BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 46/10 R - Juris RdNr 14; B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 16), der seit dem 1.1.2001 in Kraft ist und speziell für das FRG - im Wesentlichen wortgleich mit § 300 Abs 3 SGB VI - das Folgende regelt: Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen EP neu zu ermitteln, sind die Vorschriften des FRG maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren, soweit § 317 Abs 2a SGB VI nichts anderes bestimmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt, da vor Inkrafttreten des anzuwendenden Rechts am 7.5.1996 weder eine derartige Rente an die Klägerin geleistet wurde noch aus diesem Grund EP "neu" zu ermitteln waren.

23

3. Art 15 Abs 3 RVNG, der § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF rückwirkend zum 7.5.1996 in Kraft gesetzt hat, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Dies hat das BVerfG mit Beschluss vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369, 388 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 63)auf die Vorlagebeschlüsse des erkennenden Senats vom 29.8.2006 (B 13 RJ 47/04 R; B 13 RJ 8/05 R; B 13 R 7/06 R - alle veröffentlicht in Juris) mit Gesetzeskraft (§ 13 Nr 11 iVm § 31 Abs 2 Satz 1 BVerfGG) im Fall der Klägerin entschieden; daran ist der Senat mithin auch im fortgesetzten Verfahren gebunden (Art 20 Abs 3 GG; s auch die Bekanntmachung in BGBl I 2010, 1358).

24

4. Weiterhin hat das BVerfG in dem genannten Beschluss auf eine Verfassungsbeschwerde hin ebenfalls entschieden, dass die Regelung in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF ihrerseits mit dem GG in Einklang steht(BVerfGE 126, 369, 391 ff = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 83 ff). Dieser Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 kommt allerdings keine Gesetzeskraft gemäß § 31 Abs 2 Satz 2 iVm § 13 Nr 8a BVerfGG zu, da das BVerfG in Nr 2 der Entscheidungsformel(BVerfGE 126, 369, 370 - in Juris vor RdNr 1) lediglich die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, nicht aber die angegriffene Norm für mit dem GG vereinbar erklärt hat (vgl BVerfGE 85, 117, 121; s dazu auch Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl 2005, § 31 RdNr 77). Dessen ungeachtet hält der Senat § 22 Abs 1 Satz 1 FRG nF ebenfalls für verfassungsgemäß(vgl bereits den Vorlagebeschluss des Senats vom 29.8.2006 - B 13 R 7/06 R - Juris RdNr 64 ff; s auch BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 11 ff). Da die Klägerin keine neuen Gesichtspunkte, die verfassungsrechtlich noch klärungsbedürftig wären, vorgetragen hat, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen in den vorgenannten Entscheidungen des BVerfG und des BSG Bezug.

25

5. Auch die weiteren Einwendungen, die die Klägerin in Kenntnis der Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 (aaO) aufrechterhalten bzw erstmals vorgetragen hat, führen zu keinem für sie günstigeren Ergebnis:

26

a) Zu Recht weist sie zwar darauf hin, dass das BVerfG in seinem og Beschluss offen gelassen hat, ob sich an seiner Entscheidung aus verfassungsrechtlicher Sicht etwas ändere, "wenn ein Hinterbliebenenrentenanspruch sowohl auf Zeiten nach dem FRG als auch auf Beitragszeiten in einer deutschen Rentenversicherung beruhen würde" (BVerfGE 126, 369, 388 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 60). Dies bedarf jedoch auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn bei S. liegen lediglich in der Sowjetunion zurückgelegte und keine in Deutschland erworbenen Beitragszeiten vor. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er sein Herkunftsland nicht verlassen hat und dort verstorben ist.

27

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin beruht ihr Anspruch auf Witwenrente (dem Grunde nach) allein auf Zeiten nach dem FRG. Auch die Berücksichtigung von 15 Monaten an Ersatzzeiten (im Zeitraum vom 28.8.1941 bis 25.11.1942) des S. bei der Berechnung der Rente ändert daran nichts. Zwar ist es zutreffend, dass Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) als solche keine FRG-Zeiten sind. Eine rentenrechtliche Bewertung der Ersatzzeiten des S. ergibt sich aber allein aufgrund seiner FRG-Beitragszeiten. Denn die für die Witwenrente ermittelten Gesamt-EP von 33,3595 sind identisch mit den "EP einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG" iS des § 22b Abs 2 FRG, weil sich ohne Berücksichtigung der anrechenbaren Zeiten nach dem FRG im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten(§ 54 Abs 4 iVm § 71 Abs 1 SGB VI) ein Gesamtleistungswert von Null und somit auch 0 EP für die Ersatzzeiten ergibt (vgl Anlage 6 Seite 2 des Bescheids vom 22.3.2000: "Ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergeben sich keine Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG betragen somit 33,3595.") mit der Folge, dass allein aus den Ersatzzeiten des S. kein Zahlungsanspruch resultieren kann.

28

Der Senat ist nicht gehindert, diese tatsächlichen Umstände seiner Entscheidung zugrunde zu legen, obgleich sie das LSG im Urteil nicht ausdrücklich festgestellt hat (vgl § 163 SGG). Denn sie sind unzweifelhaft dem Bescheid über die große Witwenrente vom 22.3.2000 zu entnehmen, der sich in den vom LSG zur Ergänzung des Tatbestands in Bezug genommenen Verwaltungsakten befindet. Der Rückgriff auf solche tatsächlichen Umstände ist dem Revisionsgericht insbesondere auch deshalb erlaubt, weil die Klägerin die Problematik der Ersatzzeiten und ihrer Bewertung erstmals im Revisionsverfahren geltend gemacht hat, während es für die Entscheidung des LSG darauf nicht ankam (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 163 RdNr 5d mwN). Eine Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung zur ergänzenden Tatsachenfeststellung hinsichtlich der Ersatzzeiten und ihrer Auswirkungen auf die Witwenrente ist mithin nicht erforderlich.

29

c) Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei von der Beklagten eine große Witwenrente durch bestandskräftig gewordenen Bescheid bewilligt worden, aus dem auch die Zahlung der Witwenrente erfolgen müsse, trifft dies nicht zu. Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt mit dem Bescheid vom 22.3.2000 einen Zahlungsanspruch in Form eines Verwaltungsakts festgestellt (vgl § 117 SGB VI).

30

Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9) eine verfassungsrechtliche Bewertung hinsichtlich solcher Personen, denen bereits eine Hinterbliebenenrente ohne die Begrenzung auf 25 EP bestandskräftig gewährt wurde, ausdrücklich offen gelassen (aaO S 387 bzw RdNr 60). Die Klägerin unterfällt aber entgegen ihrer Rechtsmeinung nicht dem zuletzt genannten Personenkreis. Denn die mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22.3.2000 dem Grunde nach anerkannte große Witwenrente hatte die Beklagte von vornherein in gleicher Weise auf 25 EP begrenzt, wie dies später in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF(rückwirkend ab 7.5.1996) ausdrücklich angeordnet worden war. Mithin ist auch der Klägerin - wie auch das BVerfG festgestellt hat - "nie bestandskräftig eine Hinterbliebenenrente ohne Begrenzung auf 25 EP gewährt worden" (aaO).

31

d) Sofern die Klägerin meinen sollte, ihr verstorbener Ehemann sei selbst FRG-Berechtigter gewesen und habe einen Rentenanspruch erworben, ist dies nicht zutreffend.

32

Insoweit sei darauf hingewiesen, dass sich der ihr dem Grunde nach zuerkannte Anspruch auf große Witwenrente nicht aus der allgemeinen rentenrechtlichen Regelung des § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI ableiten lässt, sondern allein aus ihrer FRG-Berechtigung als anerkannte Spätaussiedlerin(§ 1 Buchst a FRG; vgl auch BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 12). Denn gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI besteht Anspruch auf Witwenrente nach dem Tod des versicherten Ehegatten, "wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat". Die Klägerin ist aber nicht Witwe eines "versicherten Ehegatten", denn ihr bereits 1986 verstorbener Ehemann hatte stets nur in der Sowjetunion gelebt und war zu keinem Zeitpunkt in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Er gehörte auch nicht zu den Berechtigten iS des § 1 FRG, insbesondere nicht des § 1 Buchst a FRG in der hier maßgeblichen Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (KfbG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2094). Diese Vorschrift erfasst ausdrücklich nur Personen, die selbst als Vertriebene iS von § 1 BVFG oder als Spätaussiedler iS von § 4 BVFG anerkannt sind und erstreckt sich demgemäß ua nicht auch auf diejenigen, die - wie S. - ihr Herkunftsland nicht verlassen haben und nicht nach Deutschland übergesiedelt sind(vgl BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 12 mwN). Allerdings haben die Rentenversicherungsträger auch nach Inkrafttreten des KfbG (am 1.1.1993) weiterhin die Rechtsprechung des BSG beachtet, wonach als Vertriebene iS des § 1 BVFG anerkannte Personen einen (eigenständigen) Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben mit der Folge, dass für diesen Anspruch die bis zur Vertreibung des Hinterbliebenen vom Verstorbenen zurückgelegten Beitragszeiten nach § 15 FRG und Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG zu berücksichtigen sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dessen Tod vor oder nach der Vertreibung des Hinterbliebenen eingetreten ist(BSG vom 6.12.1979 - BSGE 49, 175, 181 ff = SozR 5050 § 15 Nr 13 S 37 ff, insbesondere auch Leitsatz 1). Sie haben diese Rechtsprechung, mit der der im Rentenrecht sonst vorherrschende Grundsatz mindestens partiell verlassen wurde, dass das Hinterbliebenenrecht grundsätzlich (nur) ein von dem Versichertenrecht abgeleiteter Anspruch sein könne (BSG aaO S 183 bzw S 40), ungeachtet der Frage, inwieweit diese durch das KfbG überholt war, auch auf Personen bezogen, die - wie die Klägerin - die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31.12.1992 verlassen hatten und daher nach dem ab 1.1.1993 geltenden Recht nicht mehr als Vertriebene nach § 1 BVFG, sondern nur noch als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anerkannt werden konnten(vgl BSG vom 5.10.2005 aaO ; s auch die Darstellung in KommGRV , Anhang Bd 1, Anhang 2, § 1 FRG Anm 5.2 S 52, 8 ff, Einzelkommentierung Stand 1.1.1998 ).

33

Diese Verwaltungspraxis ist seit dem Inkrafttreten des § 14a FRG, eingefügt durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) vom 21.3.2001 (BGBl I 403), ab 1.1.2002 überholt. Nach dieser Vorschrift werden - zur Beseitigung einer sachlich ("rechtssystematisch" und "sozialpolitisch") nicht mehr vertretbaren Privilegierung (vgl die Begründung zum Gesetzentwurf des AVmEG, BT-Drucks 14/4595 S 78 zu Art 11 Nr 1 <§ 14a FRG>) - bei Renten wegen Todes an Witwen und Witwer von Personen, die nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehören, Zeiten nach diesem Gesetz nicht (mehr) angerechnet; dies gilt jedoch nicht für Berechtigte (Satz 1), die vor dem 1.1.2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Ehegatte vor diesem Zeitpunkt verstorben ist (Satz 2). Daraus hat die Rechtsprechung des BSG im Umkehrschluss gefolgert, dass die vor dem 1.1.2002 übergesiedelten Berechtigten - wie die Klägerin - grundsätzlich weiterhin - der früheren Verwaltungspraxis entsprechend - "Hinterbliebenenrente nach einer fiktiven FRG-Rente des Verstorbenen" (so aaO, BT-Drucks 14/4595 S 78 zu Art 11 Nr 1 <§ 14a FRG>)beanspruchen können (vgl BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 4; BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 12); nunmehr allerdings hinsichtlich der EP umfangmäßig begrenzt durch die Regelung in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF. Für den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ergibt sich danach aber kein Zahlbetrag, weil die Höchstzahl der nach dem FRG anrechenbaren EP bereits durch ihre AlR ausgeschöpft ist.

34

e) Der Senat sieht keinen Anlass, wie von der Klägerin gefordert, den EuGH um eine Vorabentscheidung nach Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl EU Nr C 83 vom 30.3.2010, 47) zur Klärung der Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften zu ersuchen. Denn eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt sich vorliegend nicht. Dass es sich bei Renten, die auf Beitragszeiten nach dem FRG beruhen, um Leistungen der sozialen Sicherheit iS von Art 4 Abs 1 EWGV Nr 1408/71 handelt, die Renten deshalb vom sachlichen Geltungsbereich der VO erfasst werden und somit auch in das EU-Ausland zu zahlen sind, hat der EuGH am 18.12.2007 (C-450/05 - SozR 4-6035 Art 42 Nr 2 RdNr 109, 125, 129) bereits entschieden; einen Zahlungsanspruch auf die Witwenrente kann die Klägerin aber auch hieraus ersichtlich nicht ableiten.

35

f) Soweit die Klägerin schließlich einen Anspruch wegen "vollkommene(r) Enteignung" aus dem Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK iVm Art 1 des Protokolls Nr 1 (Schutz des Eigentums) zur EMRK (, BGBl II 1956, 1880) herleiten will (zu Rang und Reichweite der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle innerhalb der deutschen Rechtsordnung s zuletzt ausführlich BVerfG vom 4.5.2011 - 2 BvR 2333/08 ua - Juris RdNr 86 ff mwN, wonach die EMRK und ihre Zusatzprotokolle im Rang eines Bundesgesetzes und damit unter dem GG stehen, jedoch auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des GG heranzuziehen sind), steht ihr auch nach diesen Normen kein Zahlungsanspruch auf Witwenrente zu. Denn nur soweit Sozialleistungsansprüche im nationalen Recht begründet worden sind, fallen sie in den Anwendungsbereich von Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK (vgl zB EGMR vom 25.9.2007 - SozR 4-6021 Art 1 Nr 1 RdNr 126, 131 f; stRspr) und damit (auch) in den Schutzbereich von Art 14 EMRK (vgl auch Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl 2011, Zusatzprotokoll zur EMRK Art 1 RdNr 14 f mwN). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn zum einen unterfällt nach der Rechtsprechung des BVerfG selbst der Anspruch eines ausschließlich in der deutschen Rentenversicherung Versicherten auf Versorgung seiner Hinterbliebenen nicht unter den Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG (BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1), und zum anderen hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 21.7.2010 (aaO) - wie oben unter 3. ausgeführt - mit Gesetzeskraft entschieden, dass die rückwirkende Inkraftsetzung des § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF zum 7.5.1996 verfassungsgemäß war. Aus Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK ergeben sich hier aber keine Anforderungen, die weiter reichen als diejenigen, die nach dem GG an eine Rückwirkung zu stellen sind. Insoweit hat die Klägerin nie einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente erworben; aber nur unter dieser Voraussetzung läge überhaupt eine "berechtigte Erwartung" auf ein - vermeintliches - Eigentumsrecht iS von Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK vor (vgl EGMR vom 25.9.2007 aaO RdNr 126).

36

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Renten werden geleistet wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Todes.

(2) Renten wegen Alters sind

1.
Regelaltersrente,
2.
Altersrente für langjährig Versicherte,
3.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen,
3a.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte,
4.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute
sowie nach den Vorschriften des Fünften Kapitels
5.
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit,
6.
Altersrente für Frauen.

(3) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind

1.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
2.
Rente wegen voller Erwerbsminderung,
3.
Rente für Bergleute.

(4) Renten wegen Todes sind

1.
kleine Witwenrente oder Witwerrente,
2.
große Witwenrente oder Witwerrente,
3.
Erziehungsrente,
4.
Waisenrente.

(5) Renten nach den Vorschriften des Fünften Kapitels sind auch die Knappschaftsausgleichsleistung, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und Witwenrente und Witwerrente an vor dem 1. Juli 1977 geschiedene Ehegatten.

Der Rentenartfaktor beträgt für persönliche Entgeltpunkte bei

1.Renten wegen Alters1,0
2.Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung0,5
3.Renten wegen voller Erwerbsminderung1,0
4.Erziehungsrenten1,0
5.kleinen Witwenrenten und kleinen Witwerrenten bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist,1,0
anschließend0,25
6.großen Witwenrenten und großen Witwerrenten bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist,1,0
anschließend0,55
7.Halbwaisenrenten0,1
8.Vollwaisenrenten0,2.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn

1.
die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte,
2.
der Rentenartfaktor und
3.
der aktuelle Rentenwert
mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil das Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch für das Revisionsverfahren einander nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Witwenrente im Zugunstenverfahren.

2

Die Klägerin ist die Witwe ihres im Jahre 1991 in der Sowjetunion verstorbenen Ehemanns J. (nachfolgend: J.). Die Eheleute legten sämtliche Beschäftigungszeiten in der Sowjetunion zurück. Die Klägerin reiste am 17.10.1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde als Spätaussiedlerin anerkannt.

3

Seit dem Tag ihrer Einreise bezieht die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), wobei die Beklagte (unter ihrer damaligen Bezeichnung Landesversicherungsanstalt Westfalen) die ermittelten Entgeltpunkte (EP) von 33,4910 gemäß § 22b Abs 1 Satz 1 FRG idF des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25.9.1996 (BGBl I 1461; im Folgenden: aF) auf den Höchstwert von 25 EP begrenzte (Bescheid vom 7.11.1997). Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.7.1998 erkannte die Beklagte zudem einen Anspruch der Klägerin auf große Witwenrente ab 17.10.1996 dem Grunde nach an, begrenzte die für diese Rente ermittelten 26,9005 EP gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 FRG aF auf 25 EP und lehnte ebenfalls unter Hinweis auf diese Bestimmung die Zahlung ab, weil der Höchstwert von 25 EP für anrechenbare Zeiten nach dem FRG bereits vorrangig in ihrer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit berücksichtigt worden sei.

4

Im August 2002 beantragte die Klägerin gemäß § 44 SGB X unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 30.8.2001 (BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2), den Bescheid vom 27.7.1998 hinsichtlich der Anwendung des § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF zu überprüfen. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 26.8.2002 und Widerspruchsbescheid vom 18.3.2003).

5

Das SG hat die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Witwenrente in Abänderung des Bescheids vom 27.7.1998 ab 1.1.1998 neu zu berechnen und der Rentenberechnung die von J. nach dem FRG erworbenen EP bis zu einem Höchstwert von 25 EP zu Grunde zu legen (Urteil vom 13.11.2003).

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.5.2006). Die Vorschrift des § 22b Abs 1 Satz 1 FRG idF des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 1791; im Folgenden: nF) sei anzuwenden, obwohl sie erst nach Erlass des angefochtenen Bescheids verkündet worden sei. Die Neufassung und ihre rückwirkende Inkraftsetzung zum 7.5.1996 begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Bezugnahme auf BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4 und SozR 4-1300 § 44 Nr 5 sowie BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG, Art 116 iVm Art 16 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 GG sowie Art 20 Abs 3 iVm Art 2 GG und den Prinzipien des Rechtsstaats. Die Nichtauszahlung der durch einen bestandskräftigen Bescheid bereits bewilligten Rente verstoße auch gegen die Regelung des § 22b FRG aF und nF. Selbst wenn man davon ausginge, dass in diesen Vorschriften eine Regelung enthalten sei, die dazu führe, dass die Hinterbliebenenrente bei Rente aus Eigenbeitragstätigkeit durch Anrechnung der EP gekürzt werden könne, sei es rechtswidrig, die Anrechnung der bereits durch bestandskräftigen Bescheid dem Grunde nach festgelegten EP, die auf Beiträgen nach dem FRG beruhten, in einem besonderen "Verrechnungsverfahren" zu kürzen. Dies werde von Art 14 GG nicht gedeckt. Die Witwenrente dürfe unter Berücksichtigung von Art 3 GG nach ihrer Bewilligung nur in der Höhe auf die eigene Rente angerechnet werden, wie dies in den allgemeinen Vorschriften vorgesehen sei. Ansonsten würden die Spätaussiedler, die deutsche Staatsangehörige und "Rentensystemteilnehmer" seien, diskriminiert.

8

Ferner macht die Klägerin einen Verstoß gegen § 300 SGB VI geltend, wonach § 22b FRG nF keine Anwendung finde. Die Neuregelung verstoße mit ihrer Rückwirkung zudem gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz.

9

           

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Mai 2006 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13. November 2003 zurückzuweisen.

10

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

11

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

12

Der vormals für das Verfahren zuständige 4. Senat des BSG hat mit Beschluss vom 9.10.2006 das Revisionsverfahren in entsprechender Anwendung von § 114 Abs 2 Satz 1 SGG ausgesetzt, da eine zu erwartende Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 22b FRG nF vorgreiflich sei. Mit Beschluss vom 3.5.2011 hat der - nunmehr zuständig gewordene - erkennende Senat im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9) die Aussetzung aufgehoben.

13

Die Klägerin hält trotz der Entscheidung des BVerfG an ihrem Begehren fest, vertieft ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Nach der Rechtsprechung des BVerfG sei eine Rückwirkung dann nicht möglich, wenn die Witwenrente bestandskräftig gewährt worden sei. Dies sei bei ihr der Fall. Der im Bescheid vom 27.7.1998 enthaltene Zusatz: "Die Rente beginnt am 17.10.1996. Sie wird ab 17.10.1996 nicht gezahlt" habe keinerlei Rechtsgrundlage. Das BVerfG habe am 21.7.2010 nur über solche Fälle entschieden, in denen die Hinterbliebenenrentenansprüche sich ausschließlich aus FRG-Zeiten zusammensetzten. Es habe ausdrücklich offen gelassen, ob sich an seiner Entscheidung aus verfassungsrechtlicher Sicht etwas ändere, wenn ein Hinterbliebenenrentenanspruch sowohl auf Zeiten nach dem FRG als auch auf Beitragszeiten in einer deutschen Rentenversicherung beruhe. Sowohl ihre eigene Rente als auch die Witwenrente beruhten aber nicht nur auf FRG-Zeiten. Dies gehe zwar aus den bisherigen Feststellungen des LSG nicht hervor, ergebe sich aber aus ihrem Versicherungsverlauf und dem des J. So seien der Berechnung der Witwenrente auch Ersatzzeiten des J. nach dem SGB VI zu Grunde gelegt worden. Dies dürfe nicht zur Kürzung der EP führen. Es sei davon auszugehen, dass die Witwenrente insgesamt unter Art 14 GG falle. Art 3 GG sei verletzt, weil sie (die Klägerin) gegenüber Witwen und Witwern, die Witwenrente ebenfalls aus vom Gesetzgeber gleichgestellten Auslandszeiten erhielten, diskriminiert werde. Zu früheren Bürgern der DDR, die dort ihr gesamtes Arbeitsleben zurückgelegt hätten, bestehe kein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Unterschied. Auch verstoße es gegen Art 3 GG, wenn durch die Festlegung eines willkürlich gelegten Stichtags rückwirkend die gleichgestellten Beitragszeiten und Auslandsbeiträge entwertet würden. Da ihr verstorbener Ehemann Heimkehrer iS des Heimkehrergesetzes (HkG) gewesen sei, die Voraussetzungen von § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erfüllt habe und als sog unechter Kriegsgefangener den deutschen Kriegsgefangenen gleichgestellt gewesen sei, habe er - unabhängig von seinem Vertriebenenstatus - einen Anspruch auch nach dem SGB VI erworben. Ferner müsse geklärt werden, ob es sich bei FRG-Renten um Rentenansprüche im Sinne des EU-Rechts handele. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe am 18.12.2007 (C-396/05, C-419/05, C-450/05 = SozR 4-6035 Art 42 Nr 2) entschieden, dass entgegen der Auffassung des BSG und des BVerfG Fremdrentenansprüche keine besonderen kriegsbedingten Sozialleistungen seien. Die Sache müsse dem EuGH vorgelegt werden, um zu überprüfen, ob Fremdrentenleistungen "Renten" oder "besondere Sozialleistungen" seien oder ob die gemäß § 15 FRG gleichgestellten Beitragszeiten nur beliebig kürzbare "Rechenposten" bei der Festlegung einer Grundsicherung seien oder ob es sich um Beiträge im Sinne des vorrangigen europäischen Rechts handele. Schließlich stelle die hier angegriffene Entscheidung eine "vollkommene Enteignung" der ihr dem Grunde nach zugesprochenen Witwenrente dar. Dies wiederum verstoße gegen das "Protokoll Nr 1, Art 1 der EMRK und auch gegen Art 14 EMRK", weshalb auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gehört werden müsse.

14

Die Beklagte erwidert: Entgegen der Darstellung der Klägerin gehe es bei ihr um denselben Sachverhalt wie in der Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010. Auch bei J. lägen neben den FRG-Zeiten keine Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung vor. Dies ergebe sich aus dem angefochtenen Rentenbescheid und aus dem Umstand, dass J. noch im Herkunftsland verstorben sei. Die in seinem Versicherungsverlauf enthaltenen Ersatzzeiten (13.12.1951 - 30.11.1954) seien keine Beitragszeiten, und sie seien ausschließlich auf Grund der FRG-Zeiten anrechenbar. Auch ergebe sich der Witwenrentenanspruch allein auf Grund der FRG-Berechtigung der Klägerin als Witwe. Entgegen ihrer Behauptung sei J. kein Vertriebener gewesen. Die zusätzlich aufgeführten Tatbestände bzw Personenkreise (§ 1 HkG, § 1 BVG, "unechte Kriegsgefangene") begründeten keine Rentenansprüche.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

16

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26.8.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.3.2003 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin unter teilweiser Rücknahme des bestandskräftigen Rentenbescheids vom 27.7.1998 eine Witwenrente zu zahlen. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe der eigenen Versichertenrente der Klägerin; diese ist unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Hinterbliebenenrente.

17

Der geltend gemachte Rücknahmeanspruch richtet sich nach § 44 SGB X. Nach dessen Abs 1 Satz 1 ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Rentenbescheids vom 27.7.1998 sind hinsichtlich der Rentenhöhe nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte bei Erlass dieses Bescheids (spätestens mit seiner Bekanntgabe iS von § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) das Recht richtig angewandt hat. Denn sie hat jedenfalls die große Witwenrente zu Recht nicht ausgezahlt (dazu unter 1.), ohne damit gegen Bundesrecht (dazu unter 2.) oder Verfassungsrecht (dazu unter 3. und 4.) verstoßen zu haben. Aus dem Vortrag der Klägerin zur Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9) ergibt sich keine für sie günstigere Rechtsfolge (dazu unter 5.).

18

1. Selbst wenn die Beklagte das bei Erlass des Bescheids vom 27.7.1998 geltende Recht fehlerhaft angewandt hätte, würde dies keinen Rücknahmeanspruch der Klägerin begründen. Denn maßgeblich ist insoweit das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, soweit es auch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses umfasst. Hat sich das Recht während des anhängigen Rechtsstreits rückwirkend geändert, so ist das neue Recht auch im Revisionsverfahren zu beachten (stRspr; vgl zB BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 8; BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 14; BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 46/10 R - Juris RdNr 10; B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 12; jeweils mwN).

19

Dieser Fall ist hier gegeben. § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF ist während des anhängigen (Berufungs-)Verfahrens mit Art 9 Nr 2 iVm Art 15 Abs 3 RVNG rückwirkend zum 7.5.1996 durch eine Neufassung (§ 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF)ersetzt worden, wonach für anrechenbare Zeiten nach dem FRG für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (ab 1.1.2005: der allgemeinen Rentenversicherung) zu Grunde gelegt werden. Bereits zuvor hatte Art 12 Nr 2 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16.12.1997 (BGBl I 2998) ebenfalls mit (Rück-)Wirkung zum 7.5.1996 § 22b Abs 1 Satz 3 FRG angefügt, wonach EP aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen sind.

20

Danach gilt hier Folgendes: Die EP aus der Rente der Klägerin wegen Erwerbsunfähigkeit sind vorrangig zu berücksichtigen. Denn der Rentenartfaktor für persönliche EP bei dieser Rentenart (§ 33 Abs 3 Nr 5 SGB VI) ist mit 1,0 höher (§ 67 Nr 3 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung iVm § 302b Abs 1 Satz 1 und 2 SGB VI) als der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente nach Ablauf des sog Sterbevierteljahres für persönliche EP in der allgemeinen Rentenversicherung gemäß § 67 Nr 6 SGB VI in Höhe von 0,6 (ab 1.1.2002: 0,55). Da aber bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits 25 EP für anrechenbare Zeiten nach dem FRG zu berücksichtigen waren (Bescheid vom 7.11.1997), war damit schon die Höchstzahl an EP erreicht, die § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes zulässt. Folglich war für die große Witwenrente kein (zahlbarer) "Monatsbetrag der Rente" (§ 64 SGB VI) festzustellen. Im Ergebnis ist die Klägerin damit lediglich Inhaberin eines "leeren Rechts" auf Witwenrente und bleibt auf die Rente aus eigener Versicherung beschränkt (vgl BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 13).

21

2. Übergangsregelungen waren zur Umsetzung der Neufassung des § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nicht erforderlich(Senatsbeschlüsse vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 47-51; B 13 RJ 8/05 R - Juris RdNr 50-54; B 13 R 7/06 R - Juris RdNr 51-54). Aus Sicht des Gesetzgebers bestand hierfür jedenfalls von vornherein auch kein Bedarf, denn die zu § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF ergangenen Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger entsprachen regelmäßig bereits - wie auch hier - der Neufassung dieser Vorschrift, weil sich die Träger der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG vom 30.8.2001 (BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2), des 8. Senats des BSG vom 7.7.2004 (BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr 2)und vom 21.6.2005 (SozR 4-1300 § 44 Nr 5)sowie des erkennenden Senats vom 11.3.2004 (ua BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr 1)nicht angeschlossen hatten; nach dieser Rechtsprechung sollte die Begrenzung auf insgesamt 25 EP in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF keine Anwendung finden, wenn ein Begünstigter neben einem Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hatte. Für die Ausnahme, dass im Einzelfall (auf Grund welcher Umstände auch immer) ein bindender begünstigender Verwaltungsakt (über die Zahlung von Hinterbliebenenrente) ergangen war, verwies die Begründung zum Gesetzentwurf auf die vertrauensschützenden Regelungen des SGB X (vgl Begründung zum Gesetzentwurf des RVNG, BT-Drucks 15/2149 S 32 zu Art 13 Abs 3).

22

Die Klägerin kann sich nicht auf die Regelung des § 300 Abs 2 SGB VI berufen, wonach ua durch Neuregelungen innerhalb des SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist. Hieraus kann sie nicht herleiten, dass ihr Anspruch auf Witwenrente weiterhin nach § 22b Abs 1 Satz 1 FRG aF zu beurteilen sei, weil sie diesen bereits vor Verkündung des RVNG geltend gemacht habe. Dies gilt schon deshalb, weil "Aufhebung" iS von § 300 Abs 2 SGB VI den - auch rückwirkenden - Zeitpunkt des Außerkrafttretens der alten und des Inkrafttretens der neuen Vorschrift meint, hier also, nach Art 15 Abs 3 RVNG, den 7.5.1996 (vgl Senatsurteil vom 19.5.2004 - BSGE 93, 15 = SozR 4-5050 § 22b Nr 3, RdNr 19; BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 10; Senatsbeschlüsse vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 52; B 13 RJ 8/05 R - Juris RdNr 55; B 13 R 7/06 R - Juris RdNr 55; BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 46/10 R - Juris RdNr 12; B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 14; jeweils mwN). Die Klägerin hatte aber am 7.5.1996 (noch) keinen Anspruch auf Witwenrente. Ihr Witwenrentenanspruch ist (dem Grunde nach) erst mit ihrem Zuzug im Oktober 1996 entstanden (vgl Senatsurteil vom 19.5.2004 - BSGE 93, 15 = SozR 4-5050 § 22b Nr 3, RdNr 18).

23

Nichts anderes ergibt sich aus Art 6 § 4 Abs 4a des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG)(vgl BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 46/10 R - Juris RdNr 14; B 5 R 47/10 R - Juris RdNr 16), der seit dem 1.1.2001 in Kraft ist und speziell für das FRG - im Wesentlichen wortgleich mit § 300 Abs 3 SGB VI - das Folgende regelt: Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen EP neu zu ermitteln, sind die Vorschriften des FRG maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren, soweit § 317 Abs 2a SGB VI nichts anderes bestimmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt, da vor Inkrafttreten des anzuwendenden Rechts am 7.5.1996 weder eine derartige Rente an die Klägerin geleistet wurde noch aus diesem Grund EP "neu" zu ermitteln waren.

24

3. Art 15 Abs 3 RVNG, der § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF rückwirkend zum 7.5.1996 in Kraft gesetzt hat, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Dies hat das BVerfG mit Beschluss vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369, 388 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 63)auf die Vorlagebeschlüsse des erkennenden Senats vom 29.8.2006 (B 13 RJ 47/04 R; B 13 RJ 8/05 R; B 13 R 7/06 R - alle veröffentlicht in Juris) mit Gesetzeskraft (§ 13 Nr 11 iVm § 31 Abs 2 Satz 1 BVerfGG) entschieden; daran ist der Senat mithin auch im vorliegenden Verfahren gebunden (Art 20 Abs 3 GG; s auch die Bekanntmachung in BGBl I 2010, 1358).

25

4. Weiterhin hat das BVerfG in dem genannten Beschluss auf eine Verfassungsbeschwerde hin ebenfalls entschieden, dass die Regelung in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF ihrerseits mit dem GG in Einklang steht(BVerfGE 126, 369, 391 ff = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 83 ff). Dieser Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 kommt allerdings keine Gesetzeskraft gemäß § 31 Abs 2 Satz 2 iVm § 13 Nr 8a BVerfGG zu, da das BVerfG in Nr 2 der Entscheidungsformel(BVerfGE 126, 369, 370 - in Juris vor RdNr 1) lediglich die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, nicht aber die angegriffene Norm für mit dem GG vereinbar erklärt hat (vgl BVerfGE 85, 117, 121; s dazu auch Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl 2005, § 31 RdNr 77). Dessen ungeachtet hält der Senat § 22 Abs 1 Satz 1 FRG nF ebenfalls für verfassungsgemäß(vgl bereits den Vorlagebeschluss des Senats vom 29.8.2006 - B 13 R 7/06 R - Juris RdNr 64 ff; s auch BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 11 ff). Da die Klägerin keine neuen Gesichtspunkte, die verfassungsrechtlich noch klärungsbedürftig wären, vorgetragen hat, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen in den vorgenannten Entscheidungen des BVerfG und des BSG Bezug.

26

5. Auch die weiteren Einwendungen, die die Klägerin in Kenntnis der Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 (aaO) aufrechterhalten bzw erstmals vorgetragen hat, führen zu keinem für sie günstigeren Ergebnis:

27

a) Zu Recht weist sie zwar darauf hin, dass das BVerfG in seinem og Beschluss offen gelassen hat, ob sich an seiner Entscheidung aus verfassungsrechtlicher Sicht etwas ändere, "wenn ein Hinterbliebenenrentenanspruch sowohl auf Zeiten nach dem FRG als auch auf Beitragszeiten in einer deutschen Rentenversicherung beruhen würde" (BVerfGE 126, 369, 388 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 60). Dies bedarf jedoch auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn bei J. liegen lediglich in der Sowjetunion zurückgelegte und keine in Deutschland erworbenen Beitragszeiten vor. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er sein Herkunftsland nicht verlassen hat und dort verstorben ist.

28

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin beruht ihr Anspruch auf Witwenrente (dem Grunde nach) allein auf Zeiten nach dem FRG. Auch die Berücksichtigung von 36 Monaten an Ersatzzeiten (im Zeitraum vom 13.12.1951 bis 30.11.1954) des J. bei der Berechnung der Rente ändert daran nichts. Zwar ist es zutreffend, dass Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) als solche keine FRG-Zeiten sind. Eine rentenrechtliche Bewertung der Ersatzzeiten des J. ergibt sich aber allein auf Grund seiner FRG-Beitragszeiten. Denn die für die Witwenrente ermittelten Gesamt-EP von 26,9005 sind identisch mit den "EP einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG" iS des § 22b Abs 2 FRG, weil sich ohne Berücksichtigung der anrechenbaren Zeiten nach dem FRG im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten(§ 54 Abs 4 iVm § 71 Abs 1 SGB VI) ein Gesamtleistungswert von Null und somit auch 0 EP für die Ersatzzeiten ergibt (vgl Anlage 6 Seite 2 des - von der Beklagten im Berufungsverfahren überreichten - Bescheids vom 27.7.1998: "Ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergeben sich keine Entgeltpunkte. Auf anrechenbare Zeiten nach dem FRG entfallen 26,9005 Punkte.") mit der Folge, dass allein aus den Ersatzzeiten des J. kein Zahlungsanspruch resultieren kann.

29

Der Senat ist nicht gehindert, diese tatsächlichen Umstände seiner Entscheidung zu Grunde zu legen, obgleich sie das LSG im Urteil nicht ausdrücklich festgestellt hat (vgl § 163 SGG). Denn sie sind unzweifelhaft dem Bescheid über die große Witwenrente vom 27.7.1998 zu entnehmen, der sich in den vom LSG zur Ergänzung des Tatbestands in Bezug genommenen Gerichtsakten befindet. Der Rückgriff auf solche tatsächlichen Umstände ist dem Revisionsgericht insbesondere auch deshalb erlaubt, weil die Klägerin die Problematik der Ersatzzeiten und ihrer Bewertung erstmals im Revisionsverfahren geltend gemacht hat, während es für die Entscheidung des LSG darauf nicht ankam (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 163 RdNr 5d mwN). Eine Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung zur ergänzenden Tatsachenfeststellung hinsichtlich der Ersatzzeiten und ihrer Auswirkungen auf die Witwenrente ist mithin nicht erforderlich.

30

c) Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei von der Beklagten eine große Witwenrente durch bestandskräftig gewordenen Bescheid bewilligt worden, aus dem auch die Zahlung der Witwenrente erfolgen müsse, trifft dies nicht zu. Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt mit dem Bescheid vom 27.7.1998 einen Zahlungsanspruch in Form eines Verwaltungsakts festgestellt (vgl § 117 SGB VI).

31

Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 21.7.2010 eine verfassungsrechtliche Bewertung hinsichtlich solcher Personen, denen bereits eine Hinterbliebenenrente ohne die Begrenzung auf 25 EP bestandskräftig gewährt wurde, ausdrücklich offen gelassen (BVerfGE 126, 369, 387 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 60). Die Klägerin unterfällt aber entgegen ihrer Rechtsmeinung nicht diesem Personenkreis. Denn die mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 27.7.1998 dem Grunde nach anerkannte große Witwenrente hatte die Beklagte von vornherein in gleicher Weise auf 25 EP begrenzt, wie dies später in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF (rückwirkend ab 7.5.1996) ausdrücklich angeordnet worden war. Mithin ist auch der Klägerin im Sinne der Entscheidung des BVerfG "nie bestandskräftig eine Hinterbliebenenrente ohne Begrenzung auf 25 EP gewährt worden" (aaO).

32

d) Die nicht näher begründete Behauptung der Klägerin, ihr verstorbener Ehemann habe als Heimkehrer iS des (bis zum 28.12.1991 geltenden) HkG vom 19.6.1950 (BGBl I 221), durch das Erfüllen der Voraussetzungen des § 1 BVG und als sog "unechter Kriegsgefangener"(vgl § 2 Abs 2 des bis zum 31.12.1992 geltenden Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes vom 30.1.1954 ) - unabhängig von seiner (vermeintlichen) Vertriebeneneigenschaft - einen (zahlbaren) "Anspruch auch nach dem SGB VI" erworben gehabt, ist abwegig.

33

Insoweit sei die Klägerin darauf hingewiesen, dass sich der ihr dem Grunde nach zuerkannte Anspruch auf große Witwenrente nicht aus der allgemeinen rentenrechtlichen Regelung des § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI ableiten lässt, sondern allein aus ihrer FRG-Berechtigung als anerkannte Spätaussiedlerin(§ 1 Buchst a FRG; vgl auch BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 12). Denn gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI besteht Anspruch auf Witwenrente nach dem Tod des versicherten Ehegatten, "wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat". Die Klägerin ist aber nicht Witwe eines "versicherten Ehegatten", denn ihr bereits 1991 verstorbener Ehemann hatte stets nur in der Sowjetunion gelebt und war zu keinem Zeitpunkt in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Er gehörte auch nicht zu den Berechtigten iS des § 1 FRG, insbesondere nicht des § 1 Buchst a FRG in der hier maßgeblichen Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (KfbG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2094). Diese Vorschrift erfasst ausdrücklich nur Personen, die selbst als Vertriebene iS von § 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) oder als Spätaussiedler iS von § 4 BVFG anerkannt sind und erstreckt sich demgemäß ua nicht auch auf diejenigen, die - wie J. - ihr Herkunftsland nicht verlassen haben und nicht nach Deutschland übergesiedelt sind (vgl BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 12 mwN). Allerdings haben die Rentenversicherungsträger auch nach Inkrafttreten des KfbG (am 1.1.1993) weiterhin die Rechtsprechung des BSG beachtet, wonach als Vertriebene iS des § 1 BVFG anerkannte Personen einen (eigenständigen) Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben mit der Folge, dass für diesen Anspruch die bis zur Vertreibung des Hinterbliebenen vom Verstorbenen zurückgelegten Beitragszeiten nach § 15 FRG und Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG zu berücksichtigen sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dessen Tod vor oder nach der Vertreibung des Hinterbliebenen eingetreten ist(BSG vom 6.12.1979 - BSGE 49, 175, 181 ff = SozR 5050 § 15 Nr 13 S 37 ff, insbesondere auch Leitsatz 1). Sie haben diese Rechtsprechung, mit der der im Rentenrecht sonst vorherrschende Grundsatz mindestens partiell verlassen wurde, dass das Hinterbliebenenrecht grundsätzlich (nur) ein von dem Versichertenrecht abgeleiteter Anspruch sein könne (BSG aaO S 183 bzw S 40), ungeachtet der Frage, inwieweit diese durch das KfbG überholt war, auch auf Personen bezogen, die - wie die Klägerin - die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31.12.1992 verlassen hatten und daher nach dem ab 1.1.1993 geltenden Recht nicht mehr als Vertriebene nach § 1 BVFG, sondern nur noch als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anerkannt werden konnten(vgl BSG vom 5.10.2005 aaO ; s auch die Darstellung in KommGRV , Anhang Bd 1, Anhang 2, § 1 FRG Anm 5.2 S 52,8 ff, Einzelkommentierung Stand 1.1.1998 ).

34

Diese Verwaltungspraxis ist seit dem Inkrafttreten des § 14a FRG, eingefügt durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) vom 21.3.2001 (BGBl I 403), ab 1.1.2002 überholt. Nach dieser Vorschrift werden - zur Beseitigung einer sachlich ("rechtssystematisch" und "sozialpolitisch") nicht mehr vertretbaren Privilegierung (vgl die Begründung zum Gesetzentwurf des AVmEG, BT-Drucks 14/4595 S 78 zu Art 11 Nr 1 <§ 14a FRG>) - bei Renten wegen Todes an Witwen und Witwer von Personen, die nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehören, Zeiten nach diesem Gesetz nicht (mehr) angerechnet; dies gilt jedoch nicht für Berechtigte (Satz 1), die vor dem 1.1.2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Ehegatte vor diesem Zeitpunkt verstorben ist (Satz 2). Daraus hat die Rechtsprechung des BSG im Umkehrschluss gefolgert, dass die vor dem 1.1.2002 übergesiedelten Berechtigten - wie die Klägerin - grundsätzlich weiterhin - der früheren Verwaltungspraxis entsprechend - "Hinterbliebenenrente nach einer fiktiven FRG-Rente des Verstorbenen" (so aaO, BT-Drucks 14/4595 S 78 zu Art 11 Nr 1 < §14a FRG>)beanspruchen können (vgl BSG vom 21.6.2005 - BSGE 95, 29 = SozR 4-5050 § 22b Nr 4, RdNr 4; BSG vom 5.10.2005 - B 5 RJ 57/03 R - Juris RdNr 12); nunmehr allerdings hinsichtlich der EP umfangmäßig begrenzt durch die Regelung in § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF. Für den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ergibt sich danach aber kein Zahlbetrag, weil die Höchstzahl der nach dem FRG anrechenbaren EP bereits durch ihre Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ausgeschöpft ist.

35

e) Der Senat sieht keinen Anlass, wie von der Klägerin gefordert, den EuGH um eine Vorabentscheidung nach Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl EU Nr C 83 vom 30.3.2010, 47) zur Klärung der Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften zu ersuchen. Denn eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt sich vorliegend nicht. Dass es sich bei Renten, die auf Beitragszeiten nach dem FRG beruhen, um Leistungen der sozialen Sicherheit iS von Art 4 Abs 1 EWGV Nr 1408/71 handelt, die Renten deshalb vom sachlichen Geltungsbereich der VO erfasst werden und somit auch in das EU-Ausland zu zahlen sind, hat der EuGH am 18.12.2007 (C-450/05 - SozR 4-6035 Art 42 Nr 2 RdNr 109, 125, 129) bereits entschieden; einen Zahlungsanspruch auf die Witwenrente kann die Klägerin aber auch hieraus ersichtlich nicht ableiten.

36

f) Soweit die Klägerin schließlich einen Anspruch wegen "vollkommene(r) Enteignung" aus dem Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK iVm Art 1 des Protokolls Nr 1 (Schutz des Eigentums) zur EMRK vom 20.3.1952 (BGBl II 1956, 1880, BGBl II 2002, 1072) herleiten will (zu Rang und Reichweite der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle innerhalb der deutschen Rechtsordnung s zuletzt ausführlich BVerfG vom 4.5.2011 - 2 BvR 2333/08 ua - Juris RdNr 86 ff mwN, wonach die EMRK und ihre Zusatzprotokolle im Rang eines Bundesgesetzes und damit unter dem GG stehen, jedoch auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des GG heranzuziehen sind), steht ihr auch nach diesen Normen kein Zahlungsanspruch auf Witwenrente zu. Denn nur soweit Sozialleistungsansprüche im nationalen Recht begründet worden sind, fallen sie in den Anwendungsbereich von Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK (vgl zB EGMR vom 25.9.2007 - SozR 4-6021 Art 1 Nr 1 RdNr 126, 131 f; stRspr) und damit (auch) in den Schutzbereich von Art 14 EMRK (vgl auch Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl 2011, Zusatzprotokoll EMRK Art 1 RdNr 14 f mwN). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn zum einen unterfällt nach der Rechtsprechung des BVerfG selbst der Anspruch eines ausschließlich in der deutschen Rentenversicherung Versicherten auf Versorgung seiner Hinterbliebenen nicht unter den Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG (BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1), und zum anderen hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 21.7.2010 (aaO) - wie oben unter 3. ausgeführt - mit Gesetzeskraft entschieden, dass die rückwirkende Inkraftsetzung des § 22b Abs 1 Satz 1 FRG nF zum 7.5.1996 verfassungsgemäß war. Aus Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK ergeben sich hier aber keine Anforderungen, die weiter reichen als diejenigen, die nach dem GG an eine Rückwirkung zu stellen sind. Insoweit hat die Klägerin nie einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente erworben; aber nur unter dieser Voraussetzung läge überhaupt eine "berechtigte Erwartung" auf ein - vermeintliches - Eigentumsrecht iS von Art 1 des Protokolls Nr 1 zur EMRK vor (vgl EGMR vom 25.9.2007 aaO RdNr 126).

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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Vorschriften dieses Gesetzbuchs sind von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.

(2) Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.

(3) Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren.

(3a) (weggefallen)

(3b) Ist eine nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Rente neu festgestellt worden, werden Leistungen für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 nicht erbracht.

(4) Der Anspruch auf eine Leistung, der am 31. Dezember 1991 bestand, entfällt nicht allein deshalb, weil die Vorschriften, auf denen er beruht, durch Vorschriften dieses Gesetzbuchs ersetzt worden sind. Verwenden die ersetzenden Vorschriften für den gleichen Sachverhalt oder Anspruch andere Begriffe als die aufgehobenen Vorschriften, treten insoweit diese Begriffe an die Stelle der aufgehobenen Begriffe.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren. Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.

(3) Bei Ehegatten, Lebenspartnern und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.

(1) Vorschriften dieses Gesetzbuchs sind von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.

(2) Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.

(3) Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren.

(3a) (weggefallen)

(3b) Ist eine nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Rente neu festgestellt worden, werden Leistungen für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 nicht erbracht.

(4) Der Anspruch auf eine Leistung, der am 31. Dezember 1991 bestand, entfällt nicht allein deshalb, weil die Vorschriften, auf denen er beruht, durch Vorschriften dieses Gesetzbuchs ersetzt worden sind. Verwenden die ersetzenden Vorschriften für den gleichen Sachverhalt oder Anspruch andere Begriffe als die aufgehobenen Vorschriften, treten insoweit diese Begriffe an die Stelle der aufgehobenen Begriffe.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(1) Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Bundesgesetzblatt kann in elektronischer Form geführt werden. Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt. Das Nähere zur Verkündung und zur Form von Gegenzeichnung und Ausfertigung von Gesetzen und Rechtsverordnungen regelt ein Bundesgesetz.

(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so treten sie mit dem vierzehnten Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.