Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 09. Jan. 2017 - L 1 R 70/16

bei uns veröffentlicht am09.01.2017

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 1. April 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer höheren Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors 1,0.

2

Dem ... 1965 geborene Kläger wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 14. Juni 2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. Mai 2006 bewilligt, die in der Folgezeit mit Bescheid vom 8. September 2008 bis zum 30. September 2011 und danach mit weiterem Bescheid vom 11. Juli 2011 bis zum 30. September 2014 befristet wurde. Sie berechnete die Rente unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 0,892.

3

Am 28. Januar 2014 beantragte der Kläger die Überprüfung des Rentenbescheids vom 11. Juli 2011 und begehrte die Neuberechnung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 16. Mai 2006 (Az. B 4 RA 22/05 R), nach der Beziehern von Erwerbsminderungsrenten, die – wie er – das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, eine abschlagsfreie Rente zu gewähren sei.

4

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 2014 und Widerspruchsbescheid vom 5. März 2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Minderung des Zugangsfaktors auf 0,892 nicht zu beanstanden sei. Der Beginn der Rente wegen Erwerbsminderung am 1. Mai 2006 liege beim Kläger vor Vollendung des für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebenden Lebensalters von 60 Jahren und 0 Monaten. Der Zeitraum der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente beginne am 1. Oktober 2025 nach Ablauf des Kalendermonats in dem der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet und in der am 30. September 2028 mit Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres. Dieser Zeitraum umfasse 36 Kalendermonate. Der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente gewesen seien, vermindere sich danach um 36 × 0,003 = 0,108 und betrage damit 0,892. Die Minderung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten sei Gegenstand zahlreicher sozialgerichtliche Verfahren und zweier Verfahren beim Bundesverfassungsgericht gewesen. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass die Minderung des Zugangsfaktors bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) mit dem Grundgesetz vereinbar sei (Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3588/09 und 1 BvR 555/09). Danach sei die Minderung der Erwerbsminderungsrente geeignet und erforderlich gewesen, die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen und die Betroffenen im Übrigen nicht übermäßig zu belasten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei einem Rentenbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht nur der Zugangsfaktor gemindert, sondern auch die Zurechnungszeit aufgewertet werde. Die Minderung der Rente belaste diese Versicherten deshalb nicht übermäßig. Bei Versicherten mit einem Rentenbeginn ab dem vollendeten 60. Lebensjahr sei die Minderung des Zugangsfaktors gerechtfertigt, weil sonst zu befürchten gewesen sei, dass anstelle einer mit Abschlägen behafteten Altersrente eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente in Anspruch genommen wäre.

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Dagegen hat der Kläger am 4. April 2014 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.

6

Er hat beantragt,

7

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2014 zu verpflichten, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung mit einem ungekürzten Zugangsfaktor von 1,0 zu gewähren.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Nachdem das Sozialgericht die Beteiligten mit Verfügung vom 15. September 2015 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört hat, hat es die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. April 2016 abgewiesen. Die als kombinierter Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässige Klage sei unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten. Er habe keinen Anspruch auf Änderung des Rentenbescheids vom 11. Juli 2011 und Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung einer abschlagsfreien Rente mit einem ungekürzten Zugangsfaktor von 1,0. Die Beklagte habe die hier maßgeblichen Regelungen des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und Satz 3 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung zutreffend angewendet und den Zugangsfaktor mit 0,892 zutreffend berechnet. Die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung sei mit Verfassungsrecht vereinbar. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage schließe es sich an. Soweit sich der Kläger auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts im Urteil vom 16. Mai 2006 berufe, könne dies seiner Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn das Bundessozialgericht habe diese Rechtsprechung zwischenzeitlich aufgegeben. Die nunmehr für das Rentenversicherungsrecht allein zuständigen Senate (5. und 13. Senat) hätten zwischenzeitlich wiederholt entschieden, dass Erwerbsminderungsrentner nach dem Sinn des § 77 Abs. 2 SGB VI eine Absenkung des Zugangsfaktors auch dann hinnehmen müssten, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, weil die Regelung letztlich nur die Höhe der Rentenabsenkung begrenzen könne. Dieser Auslegung, die auch das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet habe, schließe sich die Kammer an. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl 40 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

11

Gegen diesen ihm am 6. April 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016, der am Montag den 9. Mai 2016 beim Sozialgericht Schleswig eingegangen ist, Berufung eingelegt.

12

Zur Begründung vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Die Kürzung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten für unter 60-jährige Versicherte verstoße gegen die eindeutige Gesetzeslage.

13

Er beantragt seinem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend,

14

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 1. April 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 11. Juli 2011 zu ändern und ihm eine höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung eines ungekürzten Zugangsfaktors 1,0 zu gewähren.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

18

Der Senat hat die Berufung dem Berichterstatter mit Beschluss vom 18. Juli 2016 zur Entscheidung übertragen.

19

Die Leistungsakten des Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Auf diese Akten und auf die Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Der Berichterstatter hat gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden können, weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entschieden hat und ihm der Senat die Berufung mit Beschluss vom 18. Juli 2016 übertragen hat. Die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG haben vorgelegen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen hat und der Sachverhalt geklärt gewesen ist.

21

Das Gericht hat ohne den ausgebliebenen Kläger (einseitig) mündlich verhandeln und auf Grundlage dieser Verhandlung entscheiden können (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 126 Rn. 4). Der Kläger ist mit Verfügung vom 22. Dezember 2016 ordnungsgemäß geladen worden (vgl. § 110 Abs. 1 SGG). Die Verfügung ist ihm am 27. Dezember 2016 zugestellt worden. Eine Verhinderung hat der Kläger nicht geltend gemacht.

22

Das Gericht lässt es ausnahmsweise dahinstehen, ob die Berufung zulässig ist (zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 6/06 R – SozR 4-4100 § 128 Nr 8; vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Vor § 143 Rn. 2a m.w.N.). Die Berufungsfrist (§ 151 Abs. 1 SGG) war allerdings bereits abgelaufen, bevor die Berufungsschrift des Klägers beim Sozialgericht (vgl. § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG) eingegangen ist. Nach Zustellung des Gerichtsbescheids am 6. April 2016 begann der Lauf der einmonatigen Berufungsfrist am 7. April 2016 und endete am Freitag, den 6. Mai 2016, 24.00 Uhr. Allerdings hätte der Fall Anlass geben können, dem Kläger nach § 67 Abs. 2 Satz 4 SGG Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, weil der Tag des Fristendes zwischen einem gesetzlichen Feiertag (Christi Himmelfahrt am 5. Mai 2016) und dem Wochenende gelegen hat und es angesichts des Feiertags möglicherweise zu einer verzögerten Postbeförderung gekommen war. Die Schwierigkeiten, mögliche Wiedereinsetzungsvoraussetzungen zu ermitteln, wären nach freiem Ermessen des erkennenden Senats in Anbetracht des Einzelfalls unverhältnismäßig gewesen.

23

Denn die Berufung ist jedenfalls offensichtlich unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die zulässige kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG), gerichtet auf Verpflichtung der Beklagten zur Änderung des bestandskräftigen Bewilligungsbescheids vom 11. Juli 2011 und Gewährung höherer Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung eines ungekürzten Zugangsfaktors als unbegründet abgewiesen. Der ablehnende Bescheid vom 4. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2014 ist rechtmäßig und vermag den Kläger nicht zu beschweren. Der Senat nimmt auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Gerichtsbescheid Bezug, weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Berufungsvorbringen des Klägers gibt zu weiteren Ausführungen keinen Anlass.

24

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

25

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 105


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 67


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stelle

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 77 Zugangsfaktor


(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. (

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 110


(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kan

Referenzen

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.