Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Sept. 2010 - L 5 KR 121/09

ECLI:ECLI:DE:LSGRLP:2010:0923.L5KR121.09.0A
bei uns veröffentlicht am23.09.2010

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 5.5.2009 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte einen Bescheid zurückgenommen hat, in dem sie die Sozialversicherungsfreiheit der Tätigkeit der Klägerin festgestellt hatte.

2

Die 1973 geborene Klägerin war seit dem 1.7.1997 für die Beigeladene zu 1, die Firma L, tätig. Ihr Ehemann ist nach ihren Angaben seit 2004 alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter dieses Unternehmens; zuvor waren neben ihm ihre Schwiegermutter und ihr Schwiegervater Gesellschafter (zu jeweils 1/3) und Geschäftsführer gewesen.

3

Im August 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit ab dem 1.1.1998 und gab an: Nach wenigen Monaten der Einarbeitung habe ihr ihre Schwiegermutter, mit der sie sich bis zu diesem Zeitpunkt die kaufmännische Leitung des Unternehmens geteilt habe, umfangreiche mündliche Handlungsvollmachten übertragen. Anfang 1998 habe sich ihre Schwiegermutter immer mehr aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und sie nur noch bei Abwesenheit vertreten. Ihr Schwiegervater und ihr Ehemann hätten völlig andere Aufgabenbereiche gehabt; dies gelte auch jetzt für ihren Ehemann. Sie sei hinsichtlich Zeit, Art und Ort der Tätigkeit weisungsfrei. Strategische Unternehmensentscheidungen treffe sie gemeinsam mit ihrem Ehemann. Sie verzichte aus unternehmerischen Erwägungen regelmäßig auf die Vergütung von Überstunden und nicht genommener Urlaubstage. In einem von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 unterzeichneten Feststellungsbogen wurden ua folgende ergänzende Angaben gemacht: Von dem Arbeitsentgelt in Höhe von 2.600, EUR, das auf ein privates Konto ausgezahlt werde, werde Lohnsteuer entrichtet; es werde als Betriebsausgabe verbucht. Die Tätigkeit werde nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt.

4

Durch Bescheid vom 24.8.2006 stellte die Beklagte fest, die Tätigkeit der Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen von Sozialversicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung, da das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse nicht für eine solche spreche. Nachdem die Klägerin bei der Beigeladenen zu 2 (Deutsche Rentenversicherung Bund) einen Antrag auf Beitragserstattung gestellt hatte, wandte sich diese mit Schreiben vom 6.11.2006 (eingegangen bei der Beklagten am 13.11.2006) an die Beklagte und vertrat die Auffassung, bei der Klägerin liege ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor; es werde gebeten, die Aufhebung des Bescheides vom 24.8.2006 zu prüfen.

5

Daraufhin nahm die Beklagte durch Bescheid vom 29.11.2006 den Bescheid vom 24.8.2006 zurück. Zur Begründung führte sie an: Der Bescheid vom 24.8.2006 sei rechtswidrig. Die Klägerin stehe seit dem 1.1.1998 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 1. Dafür sprächen die fehlende Kapitalbeteiligung der Klägerin an der Beigeladenen zu 1, die fehlende Weisungsbefugnis der Klägerin sowie die Nichtübernahme von Bürgschaften und Sicherungen durch die Klägerin zugunsten der Beigeladenen zu 1. Nach § 49 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) genieße die Klägerin keinen Vertrauensschutz auf die Bestandskraft des Bescheides vom 24.8.2006.

6

Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Anwendungsbereich des § 49 SGB X wäre nur eröffnet, wenn die Beigeladene zu 2 Klage gegen den Bescheid vom 24.8.2006 erhoben hätte. Im Übrigen sei der Bescheid vom 29.11.2006 wegen fehlender Anhörung rechtswidrig. Bei ihr lägen die Voraussetzungen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht vor.

7

Durch Widerspruchsbescheid vom 7.2.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und legte zur Begründung dar: Das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin weise auf ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis hin. Gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit spreche ua, dass die Klägerin nach den Geburten ihrer Kinder Leistungen nach dem Mutterschaftsgesetz bzw Bundeserziehungsgeldgesetz beantragt und bezogen habe. Eine Stellung als faktische Geschäftsführerin sehe das GmbH-Gesetz nicht vor. Da § 49 SGB X eingreife, könne die Klägerin keinen Vertrauensschutz geltend machen; im Übrigen habe die Klägerin nichts vorgetragen, was einen solchen begründen könne.

8

Mit ihrer am 1.3.2007 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht (SG) Mainz hat durch Urteil vom 5.5.2009 den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2007 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: § 49 SGB X sei vorliegend bereits deshalb nicht anwendbar, weil der Verwaltungsakt vom 24.8.2006 nicht von der Widerspruchsstelle oder einem Sozialgericht, sondern von der Ausgangsstelle aufgehoben worden sei. Zudem greife § 49 SGB X deshalb nicht ein, weil die Beigeladene zu 2 den Bescheid vom 24.8.2006 nicht angefochten, sondern nur die Beklagte um dessen Überprüfung gebeten habe. Auch eine entsprechende Anwendung des § 49 SGB X komme nicht in Betracht. Dieser Vorschrift liege der Gedanke zugrunde, dass ein durch einen Verwaltungsakt Begünstigter keinen Vertrauensschutz verdiene, solange der begünstigende Verwaltungsakt noch der Nachprüfung durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht unterliege. Eine solche Situation sei vorliegend nicht gegeben, nachdem der beigeladene Rentenversicherungsträger erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist die Beklagte um Aufhebung des Bescheides vom 24.8.2006 ersucht habe. Der angefochtene Bescheid genüge nicht den Anforderungen des § 45 SGB X. Der Bescheid vom 24.8.2006 sei zwar rechtswidrig, weil die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 abhängig beschäftigt sei. Die Klägerin genieße aber Vertrauensschutz auf den Bestand des Bescheides vom 24.8.2006, da sie die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides nicht gekannt und nicht grob fahrlässig verkannt habe. Zudem fehle es an der für eine rechtmäßige Rücknahmeentscheidung erforderlichen Ermessensausübung, da die Beklagte unzutreffend von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen sei.

9

Gegen dieses ihr am 17.6.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.6.2009 eingelegte Berufung der Beklagten. Diese hat unter dem 1.7.2009 der Klägerin mitgeteilt: In Ergänzung ihres Bescheides vom 29.11.2006 benenne sie die Ermessensgründe, die sie bewogen hätten, den Bescheid vom 24.8.2006 aufzuheben. Bei der Abwägung des Interesses der Klägerin an der Aufrechterhaltung des Bescheides vom 24.8.2006 und den von ihr treuhänderisch zu wahrenden Interessen der Beigeladenen zu 2 und der Beigeladenen zu 3 (Bundesagentur für Arbeit), den Bescheid wegen seiner Rechtswidrigkeit zwecks Herstellung der materiellen Rechtslage aufzuheben, sei letzteren der Vorzug zu geben, zumal die Klägerin private Belange wie die Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz weder vorgetragen habe noch solche sonst ersichtlich seien.

10

Die Beklagte trägt vor: Das Schreiben der Beigeladenen zu 2 vom 6.11.2006 habe einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.8.2006 dargestellt. Dass die Abhilfeentscheidung durch die Ausgangsstelle und nicht durch die Widerspruchsstelle getroffen worden sei, stehe der Anwendbarkeit des § 49 SGB X nicht entgegen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

das Urteil des SG Mainz vom 5.5.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

16

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 2 hat vorgetragen: Ihr Schreiben vom 6.11.2006 sei nicht als Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.8.2006 zu werten. Hätte sie gegen diesen Bescheid vorgehen wollen, hätte sie Klage erheben müssen, da ein Widerspruch durch sie nicht zulässig gewesen sei (Hinweis auf BSG 23.6.1994 4 RK 3/93).

17

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und der Beigeladenen zu 2 sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

18

Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben, weil der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist.

19

Die Beklagte ist im Bescheid vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2007 zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 24.8.2006 rechtswidrig ist (dazu unten 1.). Voraussetzung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist aber weiter, dass die Anforderungen des § 45 SGB X erfüllt sind; § 49 SGB X greift nämlich nicht ein (dazu unten 2.). Die Aufhebung des Bescheides vom 24.8.2006 war, soweit es um die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit geht, nach § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X unzulässig (dazu unten 3.). Eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft war zwar grundsätzlich möglich (dazu unten 4.); die Beklagte hat auch die vor dem Bescheid vom 29.11.2006 unterlassene Anhörung im Widerspruchsverfahren wirksam nachgeholt (dazu unten 5.). Der angegriffene Bescheid ist aber insgesamt wegen fehlender und nicht wirksam nachgeholter Ermessensbetätigung rechtswidrig (dazu unten 6.).

20

1. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 24.8.2006 unzutreffend festgestellt, dass die Klägerin wegen ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2 sozialversicherungspflichtig sei. Zur Begründung verweist der Senat insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2007.

21

2. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist davon abhängig, dass die Voraussetzungen des § 45 SGB X erfüllt sind. Denn § 49 SGB X greift nicht zugunsten der Beklagten ein. Nach dieser Vorschrift gelten §§ 45 Abs 1 bis 4 SGB X nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozialgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird. § 49 SGB X kommt vorliegend nicht zur Anwendung, weil die Beklagte ihren Bescheid vom 24.8.2006 nicht aufgrund eines Widerspruchs oder einer Klage der Beigeladenen zu 2 aufgehoben hat. Das Schreiben der Beigeladenen zu 2 vom 6.11.2006 stellt keinen Widerspruch dar. Für die Beigeladene zu 2 war der Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.8.2006 gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG nicht zulässig. Nach dieser Vorschrift bedarf es eines Vorverfahrens nicht, wenn ein Versicherungsträger klagen will. Aus dieser Vorschrift folgt nicht nur die Zulässigkeit der Klage ohne Vorverfahren, sondern auch die generelle Unzulässigkeit des Vorverfahrens in den dort geregelten Fällen (BSG 23.6.1994 4 RK 3/93, SozR 3 1500 § 87 Nr 1; Zeihe, SGG, § 78 Rn 7). Bei dieser Sachlage kann das Schreiben vom 6.11.2006 nicht als Widerspruch ausgelegt werden. Im Übrigen würde ein unzulässiger Widerspruch nicht zur Anwendbarkeit des § 49 SGB X führen (Merten in Hauck/Noftz, SGB X, K § 49 Rn 10). Eine Auslegung des Schreibens vom 6.11.2006 als Klage scheidet aus.

22

3. Die Aufhebung des Bescheides vom 24.8.2006 war daher nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zulässig. Soweit der Bescheid vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2007 eine Regelung für die Vergangenheit getroffen hat, ist er nach § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift kommt die Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den Fällen von § 45 Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 2 SGB X in Betracht. Die Anforderungen des § 45 Abs 2 Satz 3, Abs 3 Satz 2 SGB X sind aber nicht erfüllt. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24.8.2006 kannte. Auch grob fahrlässige Unkenntnis kann ihr nicht vorgeworfen werden. Die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, erfordert eine Gesamtschau aller Umstände des gegebenen Sachverhalts. Da bei der Klägerin auch Gesichtspunkte vorliegen, die gegen ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, kann nicht die Rede davon sein, dass sie bei einfachsten Überlegungen die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24.8.2006 hätte erkennen müssen.

23

4. Soweit der Bescheid vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2007 eine Regelung für die Zukunft getroffen hat, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme des Bescheides vom 24.8.2006 nach § 45 SGB X erfüllt. Zwar darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs 2 Satz 1 SGB X). Die Klägerin hat jedoch nichts für ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24.8.2006 vorgetragen; hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich. Gegen die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin spricht insbesondere die Kürze des Zeitraums zwischen dem 24.8.2006 und dem 29.11.2006.

24

5. Der angefochtene Bescheid ist nicht wegen fehlender Anhörung vor dem Bescheid vom 29.11.2006 rechtswidrig, weil das Fehlen der Anhörung dadurch geheilt wurde, dass die Klägerin im Widerspruchsverfahren Gelegenheit zur Äußerung hatte (vgl Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 41 SGB X Rn 15).

25

6. Der angegriffene Bescheid ist aber rechtswidrig, weil die Beklagte in ihm kein Ermessen ausgeübt hat, wie es im Rahmen des § 45 SGB X erforderlich gewesen wäre. Ein Ausnahmefall, bei dem eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommen könnte, etwa bei betrügerischer Leistungserschleichung (vgl Steinwedel, aaO, § 45 SGB X, Rn 60), liegt nicht vor.

26

Die Beklagte hat die Ermessensausübung nicht während des Berufungsverfahrens durch das Schreiben vom 1.7.2009 wirksam gemäß § 41 Abs 2 SGB X nachgeholt. Es kann offenbleiben, ob gemäß § 41 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 2 SGB X die Nachholung der Mitteilung der bei Erlass des Bescheides und Widerspruchsbescheides maßgebenden Ermessensgründe zulässig ist (vgl Urteil des Senats vom 3.7.2008 L 5 LW 9/07, juris mit Anm Schaer, jurisPR SozR 23/2008 Anm 6). Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn der Versicherungsträger wie vorliegend im streitbefangenen Bescheid überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat, weil hier kein Fehler der Ermessensbegründung, sondern der Ermessensbetätigung vorliegt (Schütze in: von Wulffen, SGB X, § 41 Rn 11; Castendiek in Hk SGG, § 54 Rn 12). Die Angabe der Beklagten in ihrem Schreiben vom 1.7.2009, sie benenne in diesem die Ermessensgründe, die sie zu dem Bescheid vom 29.11.2006 bewogen hätten, trifft nicht zu. Aus den Ausführungen des Bescheides vom 29.11.2006 und des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2007 wird deutlich, dass die Beklagte seinerzeit davon ausging, kein Ermessen ausüben zu müssen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

28

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.

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(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

§ 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 11.10.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, mit dem die Beklagte die Feststellung von Versicherungszeiten zurückgenommen hat.

2

Die 1943 geborene Klägerin war vom 21.5.1976 bis zum 14.12.1994 mit dem 1940 geborenen Versicherten H. J. R. verheiratet. Sie bezieht seit dem 1.10.2003 eine Altersrente für Frauen von der Deutschen Rentenversicherung Bund. In einer Erklärung vom 20.2.2005 gab sie der Beklagten an, die Ehe sei am 14.12.1994 geschieden worden. Das Amtsgericht (AG) Landau hatte der Beklagten am 7.2.1995 unter dem Betreff "Versorgungsausgleich" mitgeteilt, die „Entscheidung vom 14.12.1994“ sei seit dem 31.1.1995 rechtskräftig.

3

Die Beklagte ging davon aus, das vom AG mitgeteilte Datum betreffe die Rechtskraft des Scheidungsurteils, und stellte mit Bescheid vom 28.2.2005 fest, dass gemäß § 92 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in der Fassung vom 31.12.1994 Beiträge für den Zeitraum vom 1.5.1976 bis zum 31.1.1993 (201 Monate) als entrichtet gälten. In einer Rentenauskunft vom 5.4.2005 nannte sie der Klägerin einen ab dem 1.10.2008 zu erwartenden monatlichen Rentenzahlbetrag von 201,92 €. Nachdem auf Antrag der Beklagten die Regelung des Versorgungsausgleichs in einem Verfahren nach § 10a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich zu Ungunsten der Klägerin geändert worden war (Beschluss des AG Landau vom 7.10.2005), gab diese anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 16.1.2006 erneut an, die Ehe sei am 14.12.1994 geschieden worden. Das AG Landau teilte der Beklagten auf Anfrage am 23.1.2006 mit, sein Urteil vom 14.12.1994 sei in Bezug auf die Scheidung seit diesem Tag rechtskräftig; lediglich hinsichtlich des Versorgungsausgleichs sei die Rechtskraft erst am 31.1.1995 eingetreten.

4

Im Rahmen einer von der Beklagten eingeleiteten Anhörung erklärte die Klägerin der Beklagten im Mai 2006 auf deren Frage, ob sie im Hinblick auf die zu erwartende landwirtschaftliche Altersrente bereits Vermögensdispositionen getroffen habe, sie habe vor, die Sanitäranlagen ihrer Wohnung einem altersgerechten Umbau zu unterziehen; bei einem Wegfall der landwirtschaftlichen Altersrente sei die Finanzierung dieses Vorhabens in hohem Maße konkret gefährdet.

5

Durch Bescheid vom 25.7.2006 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 nahm die Beklagte den Bescheid vom 28.2.2005 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Zur Begründung führte sie ua aus: Nach § 92 Abs 1 ALG hätten in der Zeit vom 1.10.1957 bis zum 31.12.1994 Beitragszeiten eines Landwirts als Beitragszeiten des Ehegatten gegolten, wenn die Ehe am 31.12.1994 noch bestanden hätte. Dies sei aber nicht der Fall, da die Ehe bereits am 14.12.1994 rechtskräftig geschieden worden sei. Das Vertrauen der Klägerin auf den Bescheid vom 28.2.2005 sei nicht schutzwürdig. Die Klägerin habe weder aufgrund dieses Bescheides Leistungen erhalten noch im Vertrauen auf diesen Vermögensdispositionen getroffen. Die Absicht, Sanitäranlagen zu renovieren, sei eine bloße, auf die Zukunft gerichtete Erwartung und noch keine Disposition über Vermögen. Im Widerspruchsbescheid hieß es ua, nach Auffassung des Widerspruchsausschusses sei das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden.

6

Am 11.1.2007 hat die Klägerin Klage erhoben und ua vorgetragen, im vorliegenden Zusammenhang könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie im Zeitraum vom 1.5.1976 bis zum 31.1.1993 umfangreich im landwirtschaftlichen Betrieb ihres geschiedenen Ehemannes tätig gewesen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.10.2007 hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts (SG) die Bevollmächtigte der Beklagten darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides keine Ermessenserwägungen enthalte. Die Terminsbevollmächtigte der Beklagten hat daraufhin zu Protokoll erklärt: Sie könne die Ermessenserwägungen noch bis zum Ende der Tatsacheninstanz nachschieben, was sie hiermit tue. Aufgrund der Auskunft des AG vom 7.2.1995 habe sie, die Beklagte, keinen Anhaltspunkt zur Annahme gehabt, die Rechtskraft des Scheidungsurteils sei bereits im Jahre 1994 eingetreten. Zur Begründung der Ermessensentscheidung könne auf die Abwägungen zum Vertrauensschutz Bezug genommen werden. Bei der auch im Rahmen der Ermessensausübung vorzunehmenden Abwägung sei dem Interesse der Versichertengemeinschaft gegenüber dem Interesse der Klägerin der Vorzug zu geben.

7

Durch Urteil vom 11.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 28.2.2005 nach § 45 SGB X seien erfüllt. Dieser sei rechtswidrig, weil der Klägerin die Beitragszeiten ihres Ehemanns wegen der vor dem 1.1.1995 rechtskräftig gewordenen Scheidung nicht gemäß § 92 Abs 1 ALG als eigene Beitragszeiten zugerechnet werden könnten. Zu Recht habe die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin verneint. Die bloße Absicht, nach einer Rentenbewilligung bauliche Renovierungen vorzunehmen, stelle keine Vermögensdisposition iSd § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X dar. Weitere Gründe für ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin seien nicht erkennbar. Der Umstand, dass diese während der Ehezeit im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemanns mitgearbeitet habe, reiche insoweit nicht aus. In Fällen wie dem vorliegenden überwiege stets das öffentliche Interesse an der Herstellung der „wahren Rechtslage“ (Hinweis auf BSG SozSich 1978, 133). Die Beklagte habe die erforderlichen Ermessenserwägungen im Termin zur mündlichen Verhandlung in zulässiger Weise nachgeschoben (§ 41 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB X). Das Unterlassen einer Nachfrage beim AG vor dem Erlass des Bescheides vom 28.2.2005, ob das Schreiben vom 7.2.1995 nicht nur die Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, sondern auch diejenige hinsichtlich der Scheidung betroffen habe, begründe kein besonders grobes Verschulden der Beklagten.

8

Gegen dieses ihr am 20.11.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.12.2007 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Das SG habe zu Unrecht ein schutzwürdiges Vertrauen iSd § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X verneint. Wenngleich vorliegend ein Verbrauch von Leistungen noch nicht habe erfolgen können, müssten dem Vertrauensschutz auch solche Leistungen unterfallen, bei deren Wegfall bedeutsame künftige Vermögensdispositionen nicht mehr erfolgen könnten oder zumindest erheblich gefährdet seien. Die Beklagte hätte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen, dass sie im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens im Jahre 1994 einen Hinweis auf den Vorteil der Rechtskraft des Scheidungsurteils erst nach dem 31.12.1994 unterlassen hatte.

9

Die Klägerin beantragt,

10

das Urteil des SG Speyer vom 11.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2006 aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

14

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogene Akte betreffend den geschiedenen Ehemann der Klägerin sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die nach §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Rücknahmebescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG).

16

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Entscheidung. Insbesondere kann sie sich nicht auf Vertrauensschutz wegen getroffener Vermögensdispositionen berufen. Nach § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X ist das Vertrauen in den Bestand eines Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Die Klägerin hat bisher überhaupt keine Leistungen aufgrund des Bescheides vom 28.2.2005 erhalten. Hinsichtlich der mit dem aufgehobenen Bescheid in Aussicht gestellten Leistungen hat sie auch noch keine Vermögensdispositionen getroffen, die sie nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könnte. Allein der Plan, mit den in Aussicht gestellten Rentenzahlungen Umbauten in ihrer Wohnung vorzunehmen, stellt noch keine Disposition über Vermögen dar. Als sie von der Beklagten über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 28.2.2005 informiert wurde, hatte die Klägerin weder mit der konkreten Planung des Umbaus begonnen noch insoweit bereits finanzielle Verpflichtungen übernommen.

17

Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten ist auch nicht wegen einer fehlerhaften Ermessensentscheidung aufzuheben. Die Beklagte hat im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausgeführt, das Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Daraus ergibt sich, dass sie zumindest bei Erlass des Widerspruchsbescheides erkannt hat, dass ihr bei der Entscheidung über die Rücknahme Ermessen zukam. Zwar enthält weder der Bescheid vom 25.7.2006 noch der Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 die Ermessenserwägungen, von denen die Beklagte ausgegangen ist. Diese hat deren Mitteilung aber zulässigerweise während des Gerichtsverfahrens nachgeholt (§ 41 Abs 1 Nr 2 iVm Abs 2 SGB X).

18

Ob bei Ermessensentscheidungen ein Nachholen bzw Nachschieben (zur Terminologie vgl Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, K § 41 Rn 9) von Gründen ausgeschlossen ist, wenn die Verwaltung im angefochtenen Bescheid von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen ist oder ihr Ermessen fehlerhaft betätigt hat (vgl Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 41 Rn 11), bedarf keiner Entscheidung. Anders als in solchen Fällen handelt es sich vorliegend nicht um einen Mangel der Ermessensbetätigung, sondern um einen solchen der Mitteilung der Ermessensbegründung, die heilbar ist (Schütze aaO; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 41 SGB X Rn 25; im Ergebnis ebenso LSG Thüringen 3.11.2005 - L 3 AL 108/04). Es entspricht dem Zweck des § 41 Abs 2 SGB X, der Verfahrensbeschleunigung (vgl BT-Drucks 14/4375 S 58, 63), in solchen Fällen eine Nachholung der bei Erlass des Bescheides und Widerspruchsbescheides maßgebenden Gründe während des Gerichtsverfahrens zuzulassen (zur Unzulässigkeit des Nachschiebens von der Verwaltung im Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch nicht bekannten Tatsachen vgl Littmann aaO mit Hinweis auf BVerwG NVwZ 1987, 890; hierzu vgl auch BVerwG 15.11.2007 - 1 C 45/06 Rn 21). Ein Nichtgebrauch des Ermessens durch die Verwaltung (vgl dazu LSG Rheinland-Pfalz 19.10.2006 - L 5 ER 189/06 KR, juris Rn 14) oder ein sonstiger materiell-rechtlicher Fehler der Ermessensbetätigung, der eine Korrektur im Gerichtsverfahren ausschließen könnte (vgl LSG Rheinland-Pfalz 30.4.2002 - L 6 RA 82/00 juris Rn 34; LSG Rheinland-Pfalz 31.5.2005 - L 2 U 10/04 juris Rn 50), liegt bei einer solchen Sachlage nicht vor.

19

Die Nachholung der Mitteilung der Begründung der Ermessensentscheidung durfte in der Form erfolgen, dass die Sitzungsvertreterin der Beklagten vor dem SG eine entsprechende Erklärung zu Protokoll gab. Der Durchführung eines gesonderten Verwaltungsverfahrens zur Korrektur der Ermessensentscheidung (vgl zur Anhörung BSG 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R) bedurfte es insoweit nicht. Die Nachholung der Mitteilung der Begründung unterscheidet sich wesentlich von der Nachholung der Anhörung, weil es bei ihr lediglich um die Information über die Gründe einer bereits getroffenen Entscheidung geht.

20

Die - nachträglich während des Klageverfahrens mitgeteilten - Ermessenserwägungen der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte Gesichtspunkte, die im Rahmen der Abwägung des Vertrauensschutzes (§ 45 Abs 2 Satz 2 SGB X) von Bedeutung sind, auch bei der Ermessensausübung heranziehen (Schütze aaO, § 45 Rn 89). Sie musste den Umstand, dass es durch einen Bearbeitungsfehler eines ihrer Mitarbeiter zu dem fehlerhaften Bescheid vom 28.2.2005 gekommen war, nicht bei ihrer Ermessensbetätigung berücksichtigen. Anders wäre die Rechtslage nur, wenn der Beklagten ein grober Verwaltungsfehler zur Last gefallen wäre (Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 45 Rn 25 mwN). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Zwar hat der zuständige Mitarbeiter der Beklagten, indem er den Bescheid vom 28.2.2005 veranlasste, ohne sich zuvor beim AG über den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils zu vergewissern, fahrlässig gehandelt. Grobe Fahrlässigkeit kann ihm aber nicht vorgeworfen werden. Diese liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl die Legaldefinition in § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X). Gegen grobe Fahrlässigkeit spricht, dass der zuständige Mitarbeiter der Beklagten aus der formularmäßigen Auskunft des AG vom 7.2.1995 nicht ohne weiteres erkennen konnte, dass sich die Auskunft allein auf die Entscheidung zum Versorgungsausgleich, nicht aber auf das Scheidungsurteil bezog, auch wenn das Schreiben des AG den Betreff „Versorgungsausgleich“ enthielt. Zudem handelte es sich im Zuständigkeitsbereich der Beklagten um den einzigen Fall, in dem sich ein im Verhältnis zum Versorgungsausgleich unterschiedlicher Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils auf eine Entscheidung über die Voraussetzungen des § 92 ALG auswirkte (Angabe der Sitzungsvertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat). Bei dieser Sachlage kann dem für die Vorbereitung des Bescheides vom 28.2.2005 zuständigen Mitarbeiter der Beklagten keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Die einfache Fahrlässigkeit des Mitarbeiters musste die Beklagte bei ihren Ermessenserwägungen nicht berücksichtigen. Dem Umstand, dass sich die Klägerin in keiner Weise falsch verhalten und jederzeit wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat, hat die Beklagte im Übrigen bei ihrer Ermessensentscheidung Rechnung getragen (vgl die Erklärung der Sitzungsvertreterin der Beklagten vor dem SG).

21

Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte den Umstand nicht einbezogen hat, dass sie die Klägerin im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens im Jahre 1994 nicht auf mögliche Vorteile des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils erst nach dem 31.12.1994 hingewiesen hatte. Ungeachtet dessen, ob die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Mitwirkung im Versorgungsausgleichsverfahren vor der Scheidung nach dem seinerzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens des ALG damit rechnen musste, dass es zu der Regelung in § 92 ALG kommen konnte, war sie zu einer solchen Information nicht verpflichtet. Im Rahmen ihrer Beteiligung im Versorgungsausgleichsverfahren waren für sie zukünftige Auswirkungen des Zeitpunkts der Rechtskraft des Scheidungsurteils ohne Bedeutung. Den Versicherungsträger trifft keine allgemeine und ständige Pflicht, Betroffene außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens auf mögliche Gestaltungsvorteile privatrechtlicher Handlungen in Bezug auf künftige Sozialleistungsansprüche hinzuweisen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

23

Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Denn die Frage, ob die Nachholung der Begründung im Falle der Mitteilung von Ermessenserwägungen während des Gerichtsverfahrens nach § 41 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 2 SGB X zulässig ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.