Landessozialgericht NRW Urteil, 30. Jan. 2014 - L 6 AS 1154/13
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.06.2013 abgeändert. Der Bescheid vom 15.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2012 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Tilgung eines Mietkautionsdarlehens durch monatliche Aufrechnung gegen den Leistungsanspruch nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
3Der im Jahr 1968 geborene Kläger stellte am 13.08.2009 bei dem Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt war er ohne eine eigene Wohnung und kam vorübergehend in einem Gästezimmer eines Bekannten unter. Dabei gab er an, Vermögen in Form verschiedener Lebensversicherungen zu besitzen und über ein Guthaben von ca. 5200 EUR auf seinem Girokonto verfügen zu können. Mit Bescheid vom 09.10.2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers zunächst für die Zeit bis zum 30.11.2009 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit (Überschreitung der Vermögensfreigrenzen) ab. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag bewilligte er für die Zeit ab 01.12.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes i.H.v. 480,28 EUR.
4Am 13.11.2009 schloss der Kläger mit Zustimmung des Beklagten einen Mietvertrag über eine Mietwohnung in L ab. Mietbeginn war der 01.12.2009. Ausweislich § 24 des Mietvertrages war an den Vermieter eine Mietkaution i.H.v. 540,00 EUR zu zahlen. Der Kläger beantragte am 19.11.2009 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten die Gewährung eines Darlehens zur Zahlung der Mietkaution. Er erklärte, aufgrund seiner Einkommenssituation nicht in der Lage zu sein, die Kaution in Raten an den kommunalen Träger zurückzuzahlen und schloss mit dem kommunalen Träger (Stadt L) eine Abtretungsvereinbarung hinsichtlich des Rückforderungsanspruchs der Kaution gegenüber dem Vermieter für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses. Mit Bescheid vom 30.11.2009 gewährte der Beklagte dem Kläger ein Darlehen i.H.v. 540,00 EUR nach § 22 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung für die Mietkaution und überwies den Betrag unmittelbar an den Vermieter des Klägers. Hinsichtlich der Rückforderung des bewilligten Darlehens wurde dem Kläger ein gesonderter Bescheid angekündigt.
5Nach vorheriger Anhörung des Klägers forderte der Beklagte den Darlehensbetrag mit Bescheid vom 10.05.2010 zurück. Diesen Bescheid übersandte der Beklagte dem Kläger erneut mit Schreiben vom 20.12.2010, da der Kläger diesen Bescheid nach eigenen Angaben nicht erhalten habe. Darüber hinaus teilte der Beklagte mit, dass er seine Forderung bis zum 31.10.2011 zurückstelle. Mit Schreiben vom 15.03.2012 wandte der Beklagte sich unter dem Betreff "Aufrechnung nach § 42 a SGB II" an den Kläger und informierte ihn darüber, dass die Stadt L Rückzahlungsansprüche bezüglich des mit Bescheid vom 30.11.2009 gewährten Kautionsdarlehens geltend mache. Ab dem 01.04.2012 werde eine Rate i.H.v. 37,40 EUR von den Leistungen des Klägers einbehalten und zwecks Tilgung an die Stadt L überwiesen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt dieses Schreiben nicht. Der Kläger wandte unter Bezugnahme auf die vorgenommene Aufrechnung und unter Hinweis auf seine Lebensumstände ein, dass er allenfalls eine monatliche Rate von 20,00 EUR zur Rückzahlung des Darlehens aufbringen könne. Darüber hinaus legte er am 17.04.2012 gegen die Aufrechnung Widerspruch ein. Es komme zu einer unrechtmäßigen Vermischung der Darlehensforderung des kommunalen Trägers mit den Leistungen des Bundes und damit einhergehend zu einer verfassungswidrigen Kürzung der Leistungen.
6Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Das SGB II schreibe zwingend vor, dass eine Kaution als Darlehen zu bewilligen sei. Mit der gesetzlichen Regelung des § 42 a SGB II würden die Rückzahlungsansprüche aus Darlehen geregelt. Mit der Tilgung des Darlehens i.H.v. 10 % der Regelleistung sei das Existenzminimum nicht gefährdet.
7Mit der am 11.12.2012 beim Sozialgericht Köln (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass eine ratenweise Rückzahlung des Darlehens nicht vereinbart worden sei. Die Aufrechnung gemäß § 42 a SGB II erfolge zu Unrecht. Der Kläger habe darauf vertraut, dass er das Darlehen erst bei Beendigung des Mietverhältnisses oder im Falle einer Veränderung seiner Einkommens- oder Vermögensverhältnisse zurückzahlen müsse. Er habe auch darauf vertrauen dürfen, dass die vor Inkrafttreten des § 42 a SGB II geltende Regelung weiter angewendet werde.
8Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.06.2013 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der angefochtene Bescheid sei im Hinblick auf die Anwendung des § 42 a Abs. 2 S. 1 SGB II rechtmäßig. Die in dieser Vorschrift geregelte Aufrechnungsmöglichkeit bestehe entgegen der Auffassung des Klägers auch für Mietkautionsdarlehen, die bereits vor Inkrafttreten dieser Norm gewährt worden seien. Für solche Fälle treffe § 77 SGB II keine Übergangsregelung. Daher fänden die Regelungen zur Rückzahlung und Aufrechnung der Darlehen ab ihrem Inkrafttreten zwingend Anwendung. Die Aufrechnungsmöglichkeit für Mietkautionsdarlehen sei auch nicht verfassungswidrig.
9Gegen das ihm am 19.06.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.06.2013 Berufung eingelegt. Er hält an seiner Rechtsauffassung fest.
10Der Kläger beantragt,
11das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.06.2013 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 15.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 aufzuheben.
12Der Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
15Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige Berufung ist begründet.
18Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 15.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zu der mit diesem Bescheid verfügten Aufrechnung war der Beklagte nicht berechtigt.
19Die Voraussetzungen des § 42 a SGB II, der allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommt und auf den der Beklagte seine Entscheidung gestützt hat, sind zwar aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nach einfach-rechtlicher Auslegung erfüllt. Die hierauf zur Rückführung des dem Kläger vor Inkrafttreten des § 42 a SGB II gewährten Mietkautionsdarlehens (Altdarlehen) gestützte Aufrechnung wäre aber aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig. Dieser Verfassungsverstoß wird vermieden, indem der Anwendungsbereich des § 42 a Abs. 2 SGB II im Wege der verfassungskonformen Auslegung im Falle von Altdarlehen beschränkt wird.
20§ 42 a Abs. 2 SGB II ist zum 01.04.2011 in Kraft getreten (Art. 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I S 453). Die Bestimmung ist, da es an einer einschlägigen Übergangsregelung fehlt, in ihrem Anwendungsbereich weder zeitlich noch inhaltlich beschränkt (vgl. Kopp, Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, Die Sozialgerichtsbarkeit 1993, 593). Da sie selbst keine Vorgaben enthält, die an den Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens oder die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs anknüpfen, und sich auch an anderer Stelle oder nach allgemeinen Auslegungsregeln keine Hinweise darauf ergeben, dass die neue gesetzliche Regelung nicht für alle auch bereits gewährten Darlehen gelten solle, erfasst die neu geschaffene Aufrechnungsmöglichkeit grundsätzlich auch alle "Alt"-Darlehen wie dasjenige des Klägers.
21Die Voraussetzungen des § 42 a SGB II liegen vor: IM Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides bestand ein Anspruch auf Rückzahlung des 2009 gewährten Darlehens. Durch Bescheid vom 10.05.2010 hat der Beklagte die Voraussetzung für die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs geregelt (vgl. zur Zulässigkeit der Regeleung von Darlehensmodalitäten durch Verwaltungsakt LSG NRW Urteil vom 08.10.2012-L 19 AS 1569/11). Dass er dabei eine Regelung traf, die möglicherweise mit der Abtretungsvereinbarung zugrundeliegenden Sicherungsabrede nicht im Einklang zu bringen ist, ist unerheblich, da der dem Kläger jedenfalls Ende Dezember 2010 bekannt gegebene Bescheid vom 10.05.2010 bestandskräftig geworden ist. Der Kläger stand auch (weiterhin) im Leistungsbezug. Die Tilgung durch Anfechtung erfolgte in der durch § 42a Abs. 2 SGB II vorgegebenen Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs.
22Dennoch lässt sich die vom Beklagten vorgenommene Aufrechnung nicht auf § 42 a Abs. 2 SGB II stützen. Die uneingeschränkte Anwendung der gesetzlichen Neuregelung auf Altdarlehen begegnet unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
23Die neu geschaffene Vorschrift des § 42 a Abs. 2 SGB II ist eine echte Rechtsänderung. Wenn hier die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Auszahlung des Darlehens nach § 22 Abs. 6 SGB II nF (§22 Abs. 3 S. 3 SGB II aF) und die Rückführung durch Aufrechnung in Höhe eines festen Betrags vorgesehen ist, ist dies eine bewusste Neugestaltung abweichend von der bisherigen Rechtslage (vgl. BSG Urteil vom 22.03.2012- B 4 AS 26/10 R, Rn. 16).
24Diese Rechtsänderung beinhaltet jedenfalls bezogen auf Altdarlehen, wie dem Kläger eines gewährt wurde, eine unzulässige sog. Unechte Rückwirkung.
25Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn (neue) Normen, die unmittelbar nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte einwirken, zugleich eine zuvor erworbene Rechtsposition nachträglich entwerten (s. etwa BVerfGE 14, 288 (297); Nichtannahmebeschluss vom 17.12.2012 - 1 BvR 488/10, 1 BvR 1047/10, juris Rzf 27). Eine solche Bestimmung ist nur dann zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (s. BVerfGE 58, 81 (121)). Dies erfordert eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Neuregelung und dem Interesse des betroffenen Personenkreises an dem Fortbestand der bisherigen Rechtslage/Regelung (BVerfG aaO; BVerfGE 14, 288 (296); 72 (175 (196)). In die Abwägung einzustellen ist das Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen einerseits und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit andererseits (vgl. etwa BVerfGE 70, 101 (114)). Das Vertrauen des Einzelnen ist enttäuscht (beschädigt), wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt bzw. erlaubt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (vgl. BVerfGE 14, 288 (296); 72, 175 (196); s. auch Pieroth, Rückwirkung und Übergangsrecht, 1981,85).
26In Anwendung dieser Kriterien liegt hier eine unechte Rückwirkung vor. Die Aufrechnung nach Maßgabe des § 42 a Abs. 2 SGB II wirkt auf den Rückzahlungsanspruch eines noch nicht zurückgezahlten Darlehens und damit auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt en. Diese Rückwirkung entwertet eine in der Vergangenheit erworbene (vermögenswerte) Rechtsposition. Dem Kläger ist nach damaliger Rechtslage ein (zinsfreies) Darlehen bewilligt worden, das jedenfalls bei fortlaufendem Leistungsbezug erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses zur Rückzahlung anstand. Diese Tilgungsfreiheit als Rechtsposition wurde dem Kläger durch die neu geschaffene Aufrechnungsmöglichkeit nach § 42 a Abs. 2 SGB II genommen. Danach ist der Leistungsträger nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die Rückführung nach Maßgabe dieser im Rahmen des § 48 SGB X zu berücksichtigenden Rechtsänderung durch Aufrechnung in einer vorgegebenen Höhe vorzunehmen. Diesem Gesetzesauftrag ist der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid gefolgt.
27Diese unechte Rückwirkung hält der Senat vorliegend für unzulässig. Das Vertrauen des Klägers an dem Fortbestand seiner Rechtsposition ist schutzwürdiger als das mit dem Gesetz verfolgte Anliegen.
28Die Tilgungsfreiheit des Darlehens stellt jedenfalls für den im Leistungsbezug stehenden Darlehensempfänger einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil dar. Denn der Hilfeempfänger verfügt von vorneherein im Grundsatz nur über freie Mittel in Höhe seines Regelbedarfs, die das soziokulturelle Existenzminimum abdecken sollen. Dabei handelt es sich um Mittel/Ansprüche, die auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Existenzsicherungspflicht des Staates darauf zielen, ein menschenwürdiges Leben sicherzustellen (vgl. Bundesverfassungsgericht -BverfG- Beschluss vom 12.05.2005-1 BvR 596/05 juris Rn. 26, 29; s. auch LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 01.11.2013-L 2 AS 841/13 B ER). Jede Minderung dieser Mittel stellt bereits grundsätzlich einen erheblichen Eingriff dar(vgl. zum Anordnungsgrund im Eilverfahren, wenn ein bestimmter Anteil des Regelbedarfes zur Verfügung steht, Beschluss des Senats vom 31.03.2011-L 6 B 86/09 AS), dies jedenfalls aber angesichts der Höhe des vorgegebenen Aufrechnungsbetrags. Dieser ist nicht allein als absolute Zahl für die Beurteilung seiner wirtschaftlichen Bedeutung maßgeblich.
29Entscheidend ist vielmehr, dass die Aufrechnung wegen einer Schmälerung/Unterschreitung des soziokulturellen Existenzminimums in Höhe von 10 Prozent in jedem Fall einen ganz erheblichen wirtschaftlichen Eingriff mit spürbaren Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung darstellt.
30Erscheint der Eingriff in dieser Höhe bereits deshalb verfassungsrechtlich problematisch, weil die existenzsichernde Bedeutung der Grundsicherungsleistungen es erfordert, diesen elementaren Lebensbedarf in dem Augenblick zu befriedigen, in dem er entsteht (BVerfG Beschluss vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 juris Rn. 125), kommt hier hinzu, dass dieser Eingriff - anders als die kurzfristige Absenkung von Leistungen mit verhaltenssteuernden Absichten bei Sanktionen - über einen zum Teil mehrjährigen Zeitraum erfolgt. Die durch § 42 a Abs. 2 SGB II bestimmte Höhe der Aufrechnung und deren zeitlicher Umfang mag zulässig sein, wenn man den in § 42 a SGB II gleichzeitig normierten Rahmen zur Vergabe eines Darlehens als Teil eines Gesamtkonzepts begreift (s. Greiser in Eicher, SGB II, 3 Aufl. 2013, § 42 a Rn. 27). Dann kann in zumindest atypischen Fällen auch die Gewährung eines Zuschusses neben einem (entsprechend niedrigerem) Darlehn oder sogar statt seiner in Betracht kommen; hier wird dann in einer Gesamtschau bereits über die Dauer der Rückführung mitentschieden. Nach der geänderten Rechtslage kann aber bei "Altdarlehen" eine ausgewogene, dem Einzelfall Rechnung tragende Gesamtregelung nicht mehr erfolgen, da die Entscheidung über die Rückführung nach Maßgabe des § 42 a Abs. 2 SGB II keine Geltungsmöglichkeiten mehr zulässt. Bei der Bestimmung der Höhe des Aufrechnungsbetrages steht dem Leistungsträger kein Ermessen zu. Der Gesetzgeber hat hier bewusst eine gebundene Entscheidung aus Vereinfachungsgründen zur Vermeidung der fehleranfälligen und streitbehafteten Ausübung von Ermessen vorgesehen (Boerner in Löns/Herold-Tews, 3. Aufl. 2011 § 42 a Rn. 9 mwN auch zur Diskussion dieses Aspektes im Gesetzgebungsverfahren).
31An dieser verfassungsrechtlichen Beurteilung ändert auch der mit der Darlehensgabe verbundene Zweck nichts. Eine andere Bewertung könnte zwar möglicherweise dann geboten sein, wenn es sich um Anschaffungsdarlehn handelt, für die ein Ansparbetrag im Regelbedarf vorgesehen ist. In diesen Fällen mag selbst eine längerfristige Unterschreitung des Existenzminimums durch Aufrechnung zur Rückführung des Anschaffungsdarlehns unbedenklich sein, da ja jedenfalls der Ansparbetrag aus der Kürzung der Leistungen herausgerechnet werden könnte (s. auch BSG Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 26/10 R Rn. 16 zur alten Rechtslage). Die Mietkaution ist jedoch den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen und deshalb im Regelbedarf nicht abgebildet (vgl. zu diesem Argument in der aktuellen Diskussion etwa SG Berlin Urteil vom 22.02.2013 - S 37 AS 25006/12; LSG Berlin Beschluss vom 18.11.2013 - L 10 AS 1793/13 B ; Conradis in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 42 a Rn. 23; aA SG Berlin Urteil vom 20.03.2013 - S 142 AS 21275/12; LSG Berlin Urteil vom 24.10.2013 - L 31 AS 1048/13; Greiser aaO). Sie stellt, geht man von einer durchaus üblichen Kaution in Höhe von drei Monatsmieten aus, regelmäßig eine ganz erhebliche finanzielle Belastung dar. Die Rückführung eines hierfür zur Verfügung gestellten Darlehens nach Maßgabe des § 42 a Abs. 2 SGB II erfolgt deshalb in der Regel über einen Zeitraum von deutlich mehr als einem Jahr.
32Danach ist zur Überzeugung des Gerichts die Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zur Rückführung jedenfalls eines Altdarlehens, das nicht zur Anschaffung von im Regelbedarf abgebildeten Vermögenswerten/Gegenständen diente (Mietkautionsdarlehen), über einen längeren Zeitraum eine besonders schwerwiegende Entwertung der zuvor innegehabten Rechtsposition. Auf den Fortbestand dieser Rechtsposition konnte der Kläger vorbehaltlich einer wesentlichen Änderung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse jedenfalls bis zur Beendigung des Mietverhältnisses, für das die Kaution gezahlt wurde, vertrauen. Dies entspricht nicht nur der damaligen Rechtslage (s. BSG aaO), sondern kommt auch in der Abtretungsvereinbarung zwischen Kläger und Beklagten zum Ausdruck. Im Vertrauen auf den Fortbestand hat der Kläger auch Dispositionen getroffen. So hatte er im Zeitpunkt der Beantragung des Darlehens noch über ein verwertbares Vermögen in Form eines Guthabens auf seinem Girokonto in Höhe von ca. 5200 EUR verfügt. Unabhängig von dem Umstand, dass dieses vorhandene Vermögen nach derzeitiger Rechtslage zu einer Ablehnung seines Darlehensantrages geführt hätte (§ 42 a Abs. 1 s. 1 SGB II), durfte der Kläger dieses Vermögen nach der im Zeitpunkt der Darlehensgewährung geltenden Rechtslage im Vertrauen darauf, dass ihn die Rückzahlungspflicht für das Mietkautionsdarlehen erst bei Fälligkeit seines eigenen Rückzahlungsanspruchs gegen den Vermieter trifft, anderweitig verwenden. Wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, hat er -der Senat hat keinen Grund an diesem Vortrag zu zweifeln und legt ihn seiner Entscheidung zu Grunde- dieses Vermögen bereits vor Erlass des Aufrechnungsbescheids verbraucht, so dass er anders, als wenn er die Aufrechnungsmöglichkeit bei Gewährung des Darlehens bereits gekannt hätte, die durch die Aufrechnung verursachte Minderung seiner existenzsichernden Leistungen durch Einsatz eines eigenen Vermögens nicht abwenden konnte.
33Hinter das Interesse des Klägers am Fortbestand der erlangten Rechtsposition hat das gesetzgeberische Anliegen zurückzutreten. Dieses besteht darin, Rahmenvorgaben für alle Darlehen im SGB II bei Vergabe und Rückführung von Darlehen zu machen (vgl. BT-Drs 17/3404,115) und in diesem Zusammenhang eine Regelung zu schaffen, die es erlaubt, Rückforderungsansprüche zeitnah und effektiv durchzusetzen (vgl. BT-Drs 17/3404, 116). Das Interesse ist damit in erster Linie finanzielles und reduziert sich - bezogen auf Altdarlehen - auf die durch eine vorzeitige Tilgung ersparten Zinsaufwendungen, denn wirtschaftlich besteht der Vorteil lediglich darin, Rückzahlungsverpflichtungen planvoller steuern und frühzeitiger realisieren zu können als bisher. Das Argument, in besonderen Fällen könne eine Rückzahlung der Darlehen ohne die Möglichkeit der Aufrechnung überhaupt nicht erreicht werden, muss in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, da die darlehensgebenden Leistungsträger auch nach alter Rechtslage die Möglichkeit hatten, sich ihren Rückzahlungsanspruch durch die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs des Hilfebedürftigen gegenüber seinem Vermieter sichern zu lassen. Das Risiko, ein Darlehen ohne eine solche Sicherung vergeben zu haben, haben die Leistungsträger selbst zu tragen. Ein darüber hinausgehendes besonders gesetzgeberisches Interesse daran, gerade ein vormals entsprechend den gesetzlichen Regelungen tilgungsfrei gewährtes Darlehen ("Altdarlehen") nunmehr mit einer gegen den Willen des Hilfebedürftigen durchführbaren Tilgungsbestimmung zu versehen, ist nicht zu erkennen. Es sind keine schwerwiegenden gesamtwirtschaftlichen Nachteile erkennbar, die den besonders erheblichen Eingriff in die individuelle Rechtsphäre erforderlich erscheinen lassen und rechtfertigen könnten. Dass nur solche schwerwiegenden Gründe Ansatzpunkte für die Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung bieten könnten, zeigt Abgleich mit der Interessenlage zivilrechtlicher Darlehensvertragsparteien im Sinne eines allgemeinen Rechtsgedankens. Im Falle eines nach den Regelungen des BGB abgeschlossenen Darlehens müssen sich die Vertragsparteien, abgesehen von seltenen Ausnahmefällen, während der Dauer der Vertragslaufzeit an den vertraglichen Vereinbarungen festhalten lassen. Eine Änderung der Vertragsbedingungen ist nur im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen möglich. Auch Gesetzesänderungen geben Vertragsparteien keine Möglichkeit, vertragliche Vereinbarungen zu ändern. Dies gilt jedenfalls, solange sie sich bei Vertragsabschluss im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt haben. Auch in Anwendung dieser Grundsätze sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich, die einen nachträglichen einseitigen Eingriff in die Darlehensbedingungen rechtfertigen könnten. Der vom SG angeführte Umstand, dass der Kläger, wende man § 42 a Abs. 2 SGB II nicht auf Altdarlehn an, besser gestellt sei als andere Leistungsberechtigte nach dem SGB II, denen erst nach Inkrafttreten des § 42 a Abs. 2 SGB II ein Darlehen gewährt worden sei, lässt jedenfalls den entscheidenden Umstand, dass der Kläger durch die tilgungsfreie Gewährung des Darlehens bereits eine Rechtsposition erworben hat, während die Rechtsposition der Vergleichsgruppe schon bei Gewährung des Darlehens mit Tilgungsverpflichtung durch Aufrechnung belastet ist, außer Betracht (vgl. Bittner in: jurisPK-SGBII 3. Aufl. 2012 § 42a Rn. 57; Hengelhaupt in: Hauck/Notz, SGB II Stand 44. Erg-Lfg II/2012 § 42a Rn. 265,266).
34Den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken trägt der Senat mit einer verfassungskonformen Auslegung Rechnung, die die unzulässige Beeinträchtigung der Betroffenen vermeidet und der weder der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers noch der Wortlaut der gesetzlichen Neuregelung entgegensteht (zu den Grenzen der verfassungskonformen Auslegung s. etwa BVerfGE 110, 226 (267)). Für den vorliegenden Fall hat eine solche verfassungskonforme Auslegung zur Folge, dass es für die vor dem 01.04.2011 gewährten Darlehen bei dem Rechtszustand nach dem bisherigen Recht jedenfalls dann verbleibt, wenn die Darlehen für die Deckung eines Bedarfs bewilligt wurden, der im Regelbedarf nicht abgebildet ist. Nach der bisherigen Rechtslage war aber eine Aufrechnung ebenfalls nicht möglich (s. BSG Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 26/10 R). Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 SGB I sind nicht erfüllt. Eine Aufrechnung nach Maßgabe dieser Vorschrift scheitert u.a. daran, dass die dem Kläger gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Auf eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 3 SGB II kann der Beklagte mangels planwidriger Regelungslücke den angefochtenen Bescheid nicht stützen.
35Die Kostenentscheidung folgt § 193 SGG.
36Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsfrage, ob § 42 a Abs. 2 S. 1 SGB II auch auf Darlehen anzuwenden ist, die bereits vor dem 01.04.2011 bewilligt wurden, ist höchstrichterlich ungeklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtssicherheit im allgemeinen Interesse erforderlich und im vorliegenden Fall durch das Revisionsgericht zu erwarten.
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Annotations
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
(1a) (weggefallen)
(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
- 1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, - 2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder - 3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, - 2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen, - 3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder - 4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:
- 1.
den Tag des Eingangs der Klage, - 2.
die Namen und die Anschriften der Parteien, - 3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, - 4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und - 5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.
(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.
(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. § 43 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden oder soweit bereits gemäß § 43 in Höhe von mehr als 20 Prozent des für die Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs gegen deren Ansprüche auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet wird.
(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.
(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 3 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
(1a) (weggefallen)
(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
- 1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, - 2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder - 3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, - 2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen, - 3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder - 4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:
- 1.
den Tag des Eingangs der Klage, - 2.
die Namen und die Anschriften der Parteien, - 3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, - 4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und - 5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.
(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind.
(2) Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird.
(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können nicht gepfändet werden.
(2) Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht.
(3) Unpfändbar sind Ansprüche auf
- 1.
Elterngeld bis zur Höhe der nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes anrechnungsfreien Beträge sowie dem Erziehungsgeld vergleichbare Leistungen der Länder, - 2.
Mutterschaftsgeld nach § 19 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes, soweit das Mutterschaftsgeld nicht aus einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herrührt, bis zur Höhe des Elterngeldes nach § 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, soweit es die anrechnungsfreien Beträge nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes nicht übersteigt, - 2a.
Wohngeld, soweit nicht die Pfändung wegen Ansprüchen erfolgt, die Gegenstand der §§ 9 und 10 des Wohngeldgesetzes sind, - 3.
Geldleistungen, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen.
(4) Im übrigen können Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.
(5) Ein Anspruch des Leistungsberechtigten auf Geldleistungen für Kinder (§ 48 Abs. 1 Satz 2) kann nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung der Geldleistungen berücksichtigt wird, gepfändet werden. Für die Höhe des pfändbaren Betrages bei Kindergeld gilt:
- 1.
Gehört das unterhaltsberechtigte Kind zum Kreis der Kinder, für die dem Leistungsberechtigten Kindergeld gezahlt wird, so ist eine Pfändung bis zu dem Betrag möglich, der bei gleichmäßiger Verteilung des Kindergeldes auf jedes dieser Kinder entfällt. Ist das Kindergeld durch die Berücksichtigung eines weiteren Kindes erhöht, für das einer dritten Person Kindergeld oder dieser oder dem Leistungsberechtigten eine andere Geldleistung für Kinder zusteht, so bleibt der Erhöhungsbetrag bei der Bestimmung des pfändbaren Betrages des Kindergeldes nach Satz 1 außer Betracht. - 2.
Der Erhöhungsbetrag (Nummer 1 Satz 2) ist zugunsten jedes bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigten unterhaltsberechtigten Kindes zu dem Anteil pfändbar, der sich bei gleichmäßiger Verteilung auf alle Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes zugunsten des Leistungsberechtigten berücksichtigt werden, ergibt.
(6) In den Fällen der Absätze 2, 4 und 5 gilt § 53 Abs. 6 entsprechend.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.