Landessozialgericht NRW Urteil, 11. Nov. 2014 - L 18 R 787/11
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 1.3.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist Regelaltersrente.
3Die am 00.00.1925 in Stalino (seit 1961: Donezk) in der früheren Sowjetunion (jetzt Ukraine) geborene Klägerin (Mädchenname: C) wurde im 2. Weltkrieg während der deutschen Besatzung von Stalino von deutschen Besatzungskräften am 10.7.1942 aufgegriffen und zur Zwangsarbeit in das (damalige) Deutsche Reich verbracht. Dort wurde sie vom 20.7.1942 bis zum 24.11.1943 als Arbeiterin bei der Firma T OHG in T/Landkreis B eingesetzt. Nach eigenen Angaben war sie nach der Flucht aus T für einige Wochen (unter dem Namen U C) bis ca. Februar/März 1944 in E in einem Eisenwerk als Gasschweißerin tätig. Nach einem Bombenangriff sei sie von dort nach F gelangt. Ab dem 1.5.1944 sei sie (jetzt unter dem Namen U T) bis zum 17. April 1945 als Hausgehilfin (Hilfskraft) in der Gaststätte "A" (einer Polizeikantine?), I-str. 00, F beschäftigt gewesen. Am 17.4.1945 wurde sie von den Alliierten befreit und kehrte bereits im August 1945 nach Stalino zurück. Dort heiratete sie 1946 einen Mann jüdischen Glaubens. Anschließend lebte sie in der Sowjetunion bzw. zuletzt in Moldawien, wo sie auch eine Altersrente (ohne Berücksichtigung deutscher Zeiten) bezog. Im Jahr 2000 verlegten sie und ihr Ehemann ihren Wohnsitz nach Israel. Dort nahm die Klägerin die israelische Staatsangehörigkeit an. Sie bezieht eine israelische (Sonder-)Altersrente für Späteinwanderer. In der israelischen Rentenversicherung legte sie keine rentenrechtlichen Zeiten zurück.
4Im Dezember 2004 beantragte die Klägerin unter Hinweis (lediglich) auf ihre Tätigkeit bei der T OHG eine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte leitete den Antrag an die (damalige) Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen weiter (seit dem 1.10.2005: Deutsche Rentenversicherung (DRV) Mitteldeutschland), die sie zunächst für zuständig hielt. Diese lehnte den Antrag ab, weil die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren auch unter Berücksichtigung der behaupteten Beschäftigungszeit nicht erfüllt sei (Bescheid vom 24.2.2005). Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin unter Vorlage einer schriftlichen Erklärung, die sie selbst mit "an Eides Statt" bezeichnete (im Juli 2007 vorgelegte Erklärung ohne Datum in russischer Sprache mit beigefügter deutscher Übersetzung, deren Verfasser nicht erkennbar ist), auch auf die übrigen Tätigkeiten in Deutschland von 1943-1945 hin und äußerte die Rechtsauffassung, sie gelte in der deutschen Rentenversicherung als nachversichert, weil sie im Gebiet des Deutschen Reiches beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht unterlegen hätte, wäre sie nicht als Ausländer von der Versicherungspflicht ausgenommen gewesen. Jedenfalls sei ihr für die Arbeit bei der T OHG ein Nachentrichtungsrecht einzuräumen. Die DRV Mitteldeutschland gab den Widerspruch an die Beklagte ab, die den Widerspruch zurückwies, nachdem ihre unter allen Namensvarianten eingeleiteten Ermittlungen zu den behaupteten Tätigkeiten der Klägerin in Deutschland erfolglos geblieben waren, weil der AOK Rheinland/Hamburg (Geschäftsstellen F und E), der AOK Westfalen-Lippe (jetzt: AOK Nordwest), der DRV Westfalen und dem Zentralarchiv der Beklagten Unterlagen, die Mitgliedszeiten belegten, nicht mehr vorlagen: Eine Beitragsentrichtung sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Beschäftigungs- bzw. Beitragszeiten hätten auch nach umfangreichen Ermittlungen nicht festgestellt werden können. Ein Recht auf freiwillige Versicherung zur Erfüllung der Wartezeit bestehe schon deshalb nicht, weil kein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung vorliege. Auch bestehe kein Recht auf fiktive Nachversicherung, weil die Klägerin bereits im August 1945 wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sei (Widerspruchsbescheid vom 7.10.2008).
5Am 17.12.2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und ihr Rentenbegehren weiter verfolgt. Jedenfalls die Beschäftigung in F sei als Pflichtbeitragszeit anzuerkennen, weil ab dem 1.4.1944 auch sog. "Ostarbeiter", zu denen sie gehört habe, versicherungspflichtig gewesen seien. Für diesen Zeitraum spreche sehr viel mehr für als gegen eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Dazu legte sie eine Bescheinigung der Stadt F vor, aus der sich ergibt, dass vom 1.4.1944 bis 17.4.1945 eine U T (*00.00.1926 in Stalino, "kath.") unter der Anschrift I-str. 00 in F als Hausgehilfin gemeldet war (vermittelt durch das Arbeitsamt F) und dass damals unter der gleichen Adresse die Eheleute X und C Q eine Gaststätte führten.
6Die Beklagte hat gemeint, für die Zeit vom 1.5.1944 bis 17.4.1945 sei eine Beitragsentrichtung nicht glaubhaft gemacht.
7Das SG hat die Klage abgewiesen: Auf die allgemeine Wartezeit anrechenbare Beitragszeiten lägen nicht vor. Es sei nach dem Ergebnis der im Verwaltungsverfahren durchgeführten umfangreichen Ermittlungen der Beklagten nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin vom 20.7.1942 bis zum 24.11.1943 und/oder vom 1.5.1944 bis zum 17.4.1945 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, aus dem Beiträge zur damaligen Invalidenversicherung entrichtet worden sind. Ein Recht auf fiktive Nachversicherung bestehe nicht, weil sie ihren Wohnsitz bereits im August 1945 dauerhaft wieder in ihr Heimatgebiet verlegt habe (mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenes Urteil vom 1.3.2011, den Klägerbevollmächtigten zugestellt am 26.5.2011).
8Mit ihrer Berufung vom 22.8.2011 macht die Klägerin geltend, ihr könne nicht entgegen gehalten werden, dass bei den Einzugsstellen und im Kartenarchiv keine Unterlagen mehr vorliegen. Für die Versicherungspflicht sprächen die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Arbeitsbedingungen der sog. "Ostarbeiter" während des 2. Weltkrieges. Diese seien zunächst in einem eigens geschaffenen "Beschäftigungsverhältnis eigener Art" beschäftigt worden, ohne dass ein Arbeitsverhältnis mit sozialversicherungsrechtlichen Bindungen begründet wurde. Für diese Zeiten bestehe ein Recht auf Nachentrichtung der Versicherungsbeiträge, da die Vorschriften über den Ausschluss der "Ostarbeiter" von der Anwendung des Sozialversicherungsrechts als nichtig anzusehen seien. Mit Wirkung zum 1.4.1944 seien "Ostarbeiter" sozialversicherungspflichtig geworden. Es sei nicht ersichtlich, dass ausgerechnet im Fall der Klägerin eine Ausnahme vorgelegen habe; es müsse von der Beitragstreue der NS-Behörden ausgegangen werden. Die über den Ehemann erfolgte, auf ihren früheren Erzählungen beruhende Angabe, für die Tätigkeit in F sei lediglich Kost und Logis gewährt, jedoch kein Entgelt gezahlt worden, sei nachvollziehbar, weil nach Abzug der Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Sachleistungen und Abgaben nicht mehr viel übrig geblieben sein dürfte.
9Erneute Anfragen der Beklagte bei ihrem Kartenarchiv sowie demjenigen der DRV Westfalen zu allen Namensvarianten sind (wiederum) erfolglos geblieben. Da die sog. "Ostarbeiter" erst mit Wirkung zum 1.4.1944 in die Rentenversicherung einbezogen worden seien, habe bis zum 31.3.1944 keine Pflicht bestanden, für "Ostarbeiter" Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Für die Zeit ab 1.4.1944 sei eine Beitragsentrichtung nicht überwiegend wahrscheinlich. Damals seien Hausgehilfinnen rentenversicherungspflichtig gewesen, wenn sie gegen Entgelt beschäftigt waren. Dagegen habe Versicherungsfreiheit bestanden, wenn freier Unterhalt gewährt wurde. Aber auch das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses lasse noch nicht darauf schließen, dass Beiträge gezahlt worden sind.
10Ermittlungen des Senats bei der Gemeinde T, der Stadt E, der U AG, bei der AOK Nordwest und beim Bundesarchiv Koblenz sind ergebnislos geblieben. Der Internationale Suchdienst (IST) in Bad Arolsen und die Stadt F - Stadtarchiv - haben Tätigkeiten in T und F wie bereits zuvor aktenkundig bestätigt.
11Die Beteiligten haben sich mit einer (erneuten) Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
13Entscheidungsgründe:
14A. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise ausdrücklich auch in zweiter Instanz einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es widerspricht nicht Artikel 6 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskommission (MRK), dass in beiden Tatsacheninstanzen keine mündliche Verhandlung stattfindet. Art 6 Abs 1 MRK schreibt für ein gerichtliches Verfahren grundsätzlich mindestens eine (öffentliche) mündliche Verhandlung vor. Dies soll eine besondere Gewähr für die Wahrung des (unmittelbaren) rechtlichen Gehörs durch Gelegenheit zum mündlichen Vortrag bieten (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; BSG Beschlüsse vom 9.10.2014, Az B 13 R 157/14 B und vom 30.7.2009, Az B 13 R 187/09 B). Mit Art 6 Abs 1 MRK in Einklang stehen indes nationale Rechtsvorschriften wie § 124 Abs 2 SGG, die ein Abweichen von diesem Grundsatz erlauben, wenn - wie hier - alle Beteiligten eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich halten und deshalb ausdrücklich auf diese verzichten (vgl obiter dictum in: BSG, Beschluss vom 21.6.1994, AZ: 9 BV 38/94). Das entspricht dem allgemein geltenden Rechtsgrundsatz "volenti non fit iniuria" (Dem Einwilligenden geschieht kein Unrecht).
15I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere am 22.8.2011 fristgerecht eingelegt worden. Das Urteil vom 1.3.2011 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 26.5.2011 zugestellt. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt drei Monate seit der Zustellung, §§ 153 Abs 1 iVm 87 Abs 1 S 2, 151 SGG (allgemeine Meinung, vgl Bundessozialgericht (BSG) SozR Nr 11 zu § 151 SGG), und endete erst mit Ablauf des 26.8.2011.
16II. Die Berufung ist unbegründet.
17Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 24.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2008 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Regelaltersrente abgelehnt hat. Das Begehren der Klägerin ist nach ihrem Sachvortrag auf Aufhebung des sie belastenden ablehnenden Bescheides und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung deutscher Beitragszeiten und - erforderlichenfalls - Zulassung zur (Nach-)Entrichtung von Beiträgen gerichtet.
18Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2008 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht, § 54 Abs 2 S 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach der hier maßgeblichen Vorschrift des § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: aF).
19Der Bescheid vom 24.2.2005 ist nicht allein deshalb aufzuheben, weil er von der örtlich unzuständigen DRV Mitteldeutschland erlassen wurde (vgl dazu: Art 3, 29 Abs 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit vom vom 17.12.1973, BGBl 1975 II S 245ff, idF des Änderungsabkommens vom 7.1.1986, BGBl 1986 II S 862ff, wobei die Beklagte seit dem 1.10.2005 Nachfolgerin der dort genannten LVA Rheinprovinz ist). Denn ein Verwaltungsakt, der nicht nach § 40 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nichtig ist, ist nicht allein deshalb aufzuheben, weil er unter Verletzung von Vorschriften (u.a.) über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, § 42 S 1 SGB X. Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, § 40 Abs 3 SGB X.
20Nach § 35 SGB VI aF erhalten Versicherte Regelaltersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Diese Vorschrift gilt bei Geltendmachung des Anspruchs nach dem 31.3.1992 (hier: im Jahr 2004) auch, wenn der Anspruch bereits vor dem 1.1.1992 entstanden ist, §§ 300 Abs 1, 302 Abs 1 SGB VI. Die Klägerin hat zwar 1990 das 65. Lebensjahr vollendet, sie hat jedoch die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren mit Beitrags- oder Ersatzzeiten iSv §§ 50 Abs 1, 51 Abs 1 und 4, 247 Abs 3 SGB VI nicht erfüllt.
21Bei der Klägerin liegt kein einziger auf die Wartezeit anrechenbarer Kalendermonat mit Beitragszeiten vor. Es ist nicht (mindestens) glaubhaft gemacht, dass die Klägerin vom 20.7.1942 bis 17.4.1945 in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt war und für sie Beiträge entrichtet wurden oder als entrichtet gelten (dazu unter 1.); eine fiktive Nachversicherung scheidet aus (dazu unter 2.). Ersatzzeiten liegen nicht vor (dazu unter 3.). Auch eine Nachentrichtung von Beitragen zur Rentenversicherung kommt nicht in Betracht (dazu unter 4.)
221. Beitragszeiten, für die nach den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge entrichtet worden sind, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, § 247 Abs 3 S 1 SGB VI. Dabei unterstellt der Senat entsprechend den Angaben der Klägerin als richtig, dass sie nicht nur vom 20.7.1942 bis zum 24.11.1943 als Arbeiterin bei der Firma T OHG in T, sondern im Anschluss daran (unter anderem Namen) zunächst als Gasschweißerin in einer E Fabrik und später (unter anderem Namen und anderem Geburtsdatum) vom 1.5.1944 bis 17.4.1945 als Hausgehilfin oder Hilfskraft in einer Gaststätte in F tätig war. Die Tätigkeiten bis einschließlich März 1944 waren nach dem damals geltenden Reichsversicherungsgesetzen nicht versicherungspflichtig, so dass schon deshalb keine Beiträge entrichtet sein können. Die Klägerin gehörte nämlich zu den sog. "Ostarbeitern", also zu den Arbeitskräften "nichtdeutscher Volkszugehörigkeit" aus dem "Reichskommissariat Ukraine" iSv § 1 der Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30.6.1942 (RGBl I S. 410). Diese sog. "Ostarbeiter" unterlagen bis zum 31.3.1944 nicht der Versicherungspflicht in der (damaligen) Invalidenversicherung (sie erhielten nur Krankenversorgung nach § 3 Satz 2 Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30.6.1942 und es wurde eine Ostarbeiterabgabe an das Deutsche Reich nach §§ 10 f dieser Verordnung entrichtet; vgl BSG Urteil vom 23.5.1995, Az 13 RJ 67/91, juris RdNr 19 f).
23Aber auch für die Beschäftigung ab 1.5.1944 in der Gaststätte "A" (oder ähnlich) in F sind Versicherungspflicht und Beitragsentrichtung nicht einmal glaubhaft gemacht, § 286a Abs 1 Satz 1 SGB VI. Nach dieser Vorschrift sind Zeiten vor dem 1.1.1950 als Beitragszeiten anzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wurde und dafür Beiträge gezahlt worden sind. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl § 23 Abs 1 S 1 SGB X, der insoweit eine auch für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Definition enthält), also mindestens mehr dafür als dagegen spricht (Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit). Das ist hier nicht der Fall.
24Zwar hatten ab dem 1.4.1944 auch sog. "Ostarbeiter" Sozialversicherungsbeiträge nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze zu entrichten (§ 11 Abs 1 Satz 1 Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 25.3.1944, RGBl I S 68). Das Arbeitsentgelt war am Ende des im Betrieb üblichen Lohnabrechnungszeitraums nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie des Gegenwerts für gewährte Sachleistungen in bar auszuzahlen (§ 3 Abs 10 Verordnung zur Durchführung und Ergänzung der Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 26.3.1944), wobei für Unterkunft 0,50 Reichsmark und für Normalverpflegung 1,00 Reichsmark abzuziehen waren (§ 8 Abs 1 dieser Durchführungsverordnung). Für die Klägerin sind Versicherungspflicht und Beitragsentrichtung entgegen ihrer Auffassung gleichwohl nicht überwiegend wahrscheinlich.
25Nach § 1226 Abs 1 Nr 1 RVO in der zur Zeit ihrer Beschäftigung maßgeblichen Fassung (aF) bestand Versicherungspflicht in der (damaligen) Invalidenversicherung bei einer Beschäftigung als Arbeiter, Geselle oder Hausgehilfe gegen Entgelt. Nach § 1227 RVO aF war eine Beschäftigung versicherungsfrei, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde. Freier Unterhalt ist, was zur unmittelbaren Befriedigung notwendiger Lebensbedürfnisse erforderlich und bestimmt ist und den persönlichen Bedarf nicht übersteigt. Dazu gehören sogar unbedeutende Barzahlungen, zB Taschengeld. Erst wer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ein über den freien Unterhalt hinausgehendes Entgelt - einen die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Barlohn oder entsprechende Sachwerte - bezog, war versicherungspflichtig nach § 1226 Abs 1 Nr 1 RVO aF (BSG Urteil vom 31.8.1978, Az 4/5 RJ 46/77, juris RdNr 14).
26Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Gaststätte der Eheleute Q in F versicherungspflichtig beschäftigt, weil nicht mehr dafür als dagegen spricht, dass sie neben freier Unterkunft und Verpflegung noch ein über ein kleines Taschengeld hinausgehendes Entgelt oder weitere Sachbezüge erhalten hat. Nachweise, dass die Klägerin gegen Entgelt beschäftigt wurde (Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen, Versicherungskarten etc.) liegen nicht vor. Die Klägerin selbst hat nicht vorgetragen, Arbeitslohn erhalten zu haben. Ihr Ehemann hat sogar angegeben, sie habe für die Tätigkeit F und einen Wohnplatz, aber kein (darüber hinaus gehendes) Entgelt erhalten. Hinweise für eine Lohnzahlung oder den Bezug weiterer, nicht unbedeutender Sachwerte bestehen nicht. Die Mutmaßung der Klägerin, dass wegen der Abzüge vom Lohn faktisch kein Zahlbetrag mehr übrig war, ist rein spekulativ und damit allenfalls möglich. Durch substantiierte Angaben der Klägerin selbst oder ihres Ehemanns wird sie nicht bestätigt. Gleichermaßen ist eine Beitragszahlung nicht glaubhaft gemacht. Nachweise über entrichtete Beiträge liegen nicht vor, da keine Versicherungskarten oder sonstige Unterlagen mehr vorhanden sind. Die Klägerin hat weder Unterlagen (Entgeltbescheinigungen, Aufrechnungsbescheinigungen oä) vorgelegt noch substantiiert eine Beitragsentrichtung behauptet. Sämtliche unter Berücksichtigung des Geburtsnamens sowie der bei den Beschäftigungen angegebenen Namen der Klägerin durchgeführten Ermittlungen der Beklagten und des Senats sind insoweit ergebnislos verlaufen.
272. Die Klägerin gilt für die Zeit ihrer Beschäftigung vom 1.5.1944 bis 17.4.1945 auch nicht als nachversichert. Die Voraussetzungen einer fiktiven Nachversicherung nach Art 6 § 23 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und zur Anpassung der Berliner Reichsversicherung an die Vorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz - FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I S 93) in der seit 1991 geltenden Fassung sind für die Zeiten von Mai 1944 bis April 1945 nicht erfüllt. Nach Art 6 § 23 Abs 1 Satz 1 Buchst a FANG gelten die in § 1 Buchst d Fremdrentengesetz (FRG) genannten Personen, die während des Krieges als ausländische Arbeitskräfte im Gebiet des Deutschen Reichs beschäftigt waren, für die Zeiten als nachversichert, in denen sie der Versicherungspflicht unterlegen haben, ohne dass für sie Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen entrichtet worden sind oder als entrichtet gelten. Versicherungspflicht im Zeitraum Mai 1944 bis April 1945 ist aber nach den vorangehenden Ausführungen nicht glaubhaft gemacht. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für eine fiktive Nachversicherung für die Zeiten von Juli 1942 bis November 1943 und/oder Februar bis März 1944 nach Art 6 § 23 Abs 1 Satz 1 Buchst b FANG vor (fiktive Nachversicherung für Zeiten, in denen die Personen der Versicherungspflicht unterlegen hätten, wenn sie nicht als Ausländer von der Versicherungspflicht ausgenommen gewesen wären). Die Klägerin ist nicht nach § 1 Buchst d FRG als heimatlose Ausländerin iS des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (HAuslG) vom 25.4.1951 anzusehen. Nach § 1 Abs 1 HAuslG ist heimatloser Ausländer iS dieses Gesetzes ein fremder Staatsangehöriger oder Staatenloser, der a) nachweist, dass er der Obhut der Internationalen Organisation untersteht, die von den Vereinten Nationen mit der Betreuung verschleppter Personen und Flüchtlinge beauftragt ist, und b) nicht Deutscher nach Art 116 Grundgesetz ist und c) am 30.6.1950 seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) hatte oder die Rechtsstellung eines heimatlosen Ausländers auf Grund der Bestimmungen des § 2 Abs 3 HAuslG erwirbt. Die Klägerin erfüllt diese (kumulativen) Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil sie bereits im August 1945 wieder in ihre Heimat zurückgekehrt ist. Der Ausschluss ehemaliger Zwangsarbeiter, die - wie die Klägerin - am 30.6.1950 ihren Aufenthalt nicht mehr im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) hatten, vom Anspruch auf fiktive Nachversicherung verstößt nicht gegen das Grundgesetz (BSG Urteil vom 22.3.2006, Az B 12 RJ 1/05 R, juris RdNr 22 f).
283. Auch Ersatzzeiten liegen nicht vor, §§ 51 Abs 4 iVm 250 SGB VI. Es liegt insbesondere keine Ersatzzeit für Zeiten der Freiheitsentziehung und der Freiheitsbeschränkung nach § 250 Abs 1 Nr 4 SGB VI vor. Nach dieser Vorschrift werden Zeiten der Freiheitsentziehung und der Freiheitsbeschränkung im Sinne der §§ 43 und 47 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) und Zeiten einer anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit sowie Zeiten einer Arbeitslosigkeit bis zum 31. Dezember 1946 und Zeiten eines Auslandsaufenthalts bis zum 31. Dezember 1949, sofern die Arbeitslosigkeit oder der Auslandsaufenthalt durch Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des genannten Gesetzes hervorgerufen worden ist oder infolge solcher Maßnahmen angedauert hat, als Ersatzzeiten angerechnet, wenn der Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 BEG ist. Die Klägerin ist keine Verfolgte iS des § 1 BEG, da sie nicht aus Gründen der "Rasse", sondern aus Gründen ihrer Nationalität verfolgt wurde (vgl BSG Urteil vom 23.5.1995, Az 13 RJ 67/91, juris RdNr 27 ff mwN).
294. Schließlich besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 1.4.1944.
30Die Klägerin stützt den von ihr erhobenen Anspruch auf Nachentrichtung bzw auf nachträgliche Zulassung zur Entrichtung von Beiträgen für Beschäftigungszeiten vor dem 1.4.1944 auf eine entsprechende Anwendung des § 197 Abs 3 S 1 SGB VI und beruft sich dazu auf die Entscheidung des BSG vom 23.5.1995 (Az 13 RJ 67/91, juris RdNr 49 f), in der für die frühere Regelung des § 1418 Abs 3 Reichsversicherungsordnung ein solches Nachentrichtungsrecht in einem obiter dictum bejaht wurde.
31Eine entsprechende Anwendung des § 197 Abs 3 SGB VI kommt vorliegend nicht in Betracht, weil es an einer planwidrige Regelungslücke fehlt. Die entsprechende Anwendung einer Norm setzt eine Regelungslücke voraus, die dem erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers zuwider läuft (BSG Urteil vom 6.10.2011, Az B 9 VG 3/10 R, juris RdNr 39 mwN). Im Hinblick auf Ansprüche ehemaliger Zwangsarbeiter auf Wiedergutmachung der durch die Diskriminierung in der Sozialversicherung in ihrer Rentenversicherung entstandenen Schäden liegt aber nach dem Willen des Gesetzgebers mit Art 6 § 23 Abs 1 FANG und dem Gesetz über die Errichtung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZSiftG) eine abschließende Regelung vor. Für eine analoge Anwendung des § 197 Abs 3 SGB VI bleibt damit kein Raum (BSG Urteil vom 22.3.2006, Az B 12 RJ 1/05 R, juris RdNr 16 ff).
32B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.
33C. Der Senat hat die Revision in Kenntnis der bestehenden Rechtsprechung des BSG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, um eine nochmalige Prüfung der Entschädigung von Zwangsarbeiter/-innen durch Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
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Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 2. April 2014 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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Der Kläger wendet sich mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 2.4.2014.
- 2
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Er macht mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Beschluss Verfahrensmängel und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
- 3
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Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Denn die Beschwerdebegründung vom 8.7.2014 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Der Kläger hat weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) ordnungsgemäß dargetan (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Ungeachtet dessen hat der Senat dem Antrag des Klägers vom 7.8.2014, ihm wegen Versäumung der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist (§ 160a Abs 2 S 2 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren, stattgegeben.
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1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels(§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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Soweit der Kläger einen Verfahrensmangel darin sieht, dass das Berufungsgericht über seinen Antrag auf "Urteilsergänzung" nach § 140 Abs 1 SGG durch Beschluss und nicht durch Urteil entschieden habe, hat er keinen Verfahrensmangel aufgezeigt. Es ist zwar zutreffend, dass eine Entscheidung über eine Urteilsergänzung gemäß § 140 Abs 2 S 2 SGG grundsätzlich durch Urteil zu erfolgen hat. Ist aber wie vorliegend eine Entscheidung im Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG (also durch einen urteilsersetzenden Beschluss) ergangen, kann auch die Entscheidung über die beantragte Ergänzung eines solchen Beschlusses im Beschlussverfahren ergehen(vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 140 RdNr 3a; Bolay in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 140 RdNr 8; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 140 RdNr 63-65, Stand Einzelkommentierung Januar 2013).
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Soweit der Kläger einen Verstoß gegen die Sachaufklärung (§ 103 SGG) darin sieht, dass das LSG als Tatsacheninstanz (vgl § 157 SGG) "die Umstände, ob zugunsten des Klägers ein Überbrückungstatbestand des Selbstversuches zu berücksichtigen ist, fehlerhaft nicht aufgeklärt" habe, hat er die Anforderungen an die Darlegung einer Sachaufklärungsrüge schon im Ansatz nicht erfüllt. Diese setzt nämlich voraus, dass die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthält: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Der Kläger hat aber weder einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG bezeichnet, noch hat er dargelegt, einen solchen Beweisantrag auch noch nach Erhalt der (letzten) Anhörungsmitteilung des LSG, durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG entscheiden zu wollen, aufrechterhalten zu haben bzw dass das Berufungsgericht ihn in seinem Beschluss wiedergegeben habe(vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; SozR 4-1500 § 160 Nr 11 RdNr 7). Seine Einwendungen gegen eine Entscheidung des LSG im Beschlusswege (§ 153 Abs 4 SGG) erfüllen die Anforderungen an einen Beweisantrag offenkundig nicht. Wenn der Kläger einen weiteren Verstoß gegen § 103 SGG darin sieht, dass das Berufungsgericht nicht erörtert habe, ob ein Anspruch auf Berücksichtigung von Anrechnungszeiten "gemäß § 58 IV SGB VI analog" bestehe, macht er nicht eine unzureichende Sachaufklärung als Verfahrensmangel, sondern die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend.
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Soweit der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) rügt, indem das LSG ihm vor seiner Entscheidung keinen Hinweis auf die von ihm beabsichtigte Beweiswürdigung erteilt habe, dass "(s)chon wegen der Länge dieses Zwischenraumes" eine "Unterbrechung im Sinne des § 58 II SGB VII (gemeint: SGB VI) nicht in Betracht" komme, ist dieser Sachverhalt von vornherein nicht zur Begründung eines Gehörsverstoßes geeignet. Art 103 Abs 1 GG gebietet es dem Gericht grundsätzlich nicht, bereits vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (BVerfG
Beschluss vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - Juris RdNr 26) . Dementsprechend gibt es im Prozessrecht keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit ihnen zu erörtern (stRspr, vgl Senatsbeschluss vom 20.8.2008 - B 13 R 217/08 B - Juris RdNr 10 mwN; BSG Beschluss vom 4.7.2013 - B 2 U 79/13 B - Juris RdNr 5). Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass sich das LSG bei seiner Beweiswürdigung und Entscheidungsfindung auf einen Gesichtspunkt gestützt hat, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGBeschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - NJW 2012, 2262 RdNr 18) , sind in der Beschwerdebegründung nicht vorgetragen. Ebenso wenig ist daraus erkennbar, dass sich das LSG auf Tatsachen oder Beweisergebnisse gestützt hätte, zu denen sich im Laufe des Verfahrens zu äußern der Kläger keinerlei Gelegenheit gehabt hat. Insoweit hat er einen Verstoß des LSG gegen die Bestimmung des § 128 Abs 2 SGG nicht hinreichend bezeichnet.
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Auch mit seiner Rüge, das LSG habe sein Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 28.9.2009 nicht zur Kenntnis genommen, hat er einen Gehörsverstoß nicht ausreichend dargetan. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist (vgl BVerfGE 65, 293, 295 f mwN = SozR 1100 Art 103 Nr 5 S 3 f; BSG Beschluss vom 25.2.1997 - 12 BK 17/96 - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4 mwN). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Gerichte das entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, zumal sie nicht verpflichtet sind, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16 mwN). Insbesondere gewährt Art 103 Abs 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (BVerfG aaO; BVerfGE 21, 191, 194; 50, 32, 35).
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Hier hätte es ausgehend von dem vom LSG festgestellten Sachverhalt des Vortrags besonderer Umstände bedurft, die einen Gehörsverstoß durch das Gericht nahelegen (vgl BSG Beschluss vom 21.9.2006 - B 12 KR 24/06 B - Juris RdNr 8). Daran fehlt es. Solche Umstände hat der Kläger nicht bereits deshalb vorgetragen, weil er die Entscheidung des LSG für unrichtig hält. Dies rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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Schließlich hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung des LSG überhaupt auf einem etwaigen Gehörsverstoß beruhen kann. Denn in der Beschwerdebegründung wird der zugrunde liegende Sachverhalt nicht geschildert; es bleibt im Wesentlichen unklar, wie im Einzelnen das LSG aufgrund welcher tatsächlichen Feststellung entschieden hat. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich die maßgebenden Umstände aus den Akten selbst zusammenzusuchen.
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Soweit der Kläger grundsätzlich meint, das LSG hätte nicht gemäß § 153 Abs 4 S 1 SGG über die Berufung durch Beschluss entscheiden dürfen, und er darin seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sieht, hat er einen Verfahrensfehler ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet.
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Das LSG "kann" die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs 4 S 1 SGG). Die Entscheidung des Berufungsgerichts, bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Diese Entscheidung kann vom BSG nur darauf geprüft werden, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, etwa wenn der Beurteilung, eine mündliche Verhandlung nicht durchzuführen, sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38; BSG Beschluss vom 11.12.2002 - B 6 KA 13/02 B - Juris RdNr 8; Senatsbeschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 27.3.2012 - B 5 R 468/11 B - BeckRS 2012, 69182 RdNr 10; BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 SB 14/11 B - BeckRS 2012, 70689 RdNr 9, stRspr). Bei der Prüfung der Ermessensentscheidung sind grundsätzlich auch die Fragen eingeschlossen, ob das Berufungsgericht die Schwierigkeit des Falles sowie die Bedeutung von Tatsachenfragen berücksichtigt und insoweit die Anforderungen von Art 6 Abs 1 EMRK beachtet hat (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; Senatsbeschluss vom 30.7.2009 - B 13 R 187/09 B - Juris RdNr 6).
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Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, dass das LSG mit seiner Entscheidung im vereinfachten Beschlussverfahren nach den vorgenannten Maßstäben ermessensfehlerhaft vorgegangen wäre. Hierzu hätte dargelegt werden müssen, dass das Berufungsgericht, ausgehend von seiner eigenen Rechtsauffassung, die Schwierigkeit des Falles oder die Bedeutung von Tatsachenfragen falsch eingeschätzt habe. An entsprechendem substanzvollem Vortrag fehlt es. Hingegen trifft die pauschale Behauptung des Klägers, nach der Rechtsprechung "des EuGH" sei eine mündliche Verhandlung nur dann entbehrlich, wenn nur zur Zulässigkeit verhandelt werde, nicht zu (vgl EGMR vom 2.2.2006 - 5398/03 - Juris RdNr 49 f).
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2. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
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Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger bezeichnet sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam die Frage, ob § 153 Abs 4 SGG mit Art 6 Abs 1 EMRK vereinbar sei.
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Er hat jedoch schon die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragestellung nicht ansatzweise aufgezeigt. Denn er hat sich nicht mit der umfangreichen (und oben auch teilweise zitierten) Rechtsprechung des BSG zu § 153 Abs 4 SGG auseinandergesetzt und auch nicht geprüft, ob durch diese Rechtsprechung die gestellte Frage bereits geklärt worden ist. Allein die pauschale Behauptung, "hierzu" gebe es keine Rechtsprechung des BSG, reicht hier nicht aus. In gleicher Weise fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EGMR zur Bedeutung des Art 6 Abs 1 EMRK für das Verfahren vor Berufungsgerichten (vgl EGMR vom 2.2.2006 - 5398/03 - Juris RdNr 49 f).
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Entsprechendes gilt für die vom Kläger gestellten weiteren Fragen, "ob Pflichtbeiträge zum Rechtsanwaltsversorgungswerk Pflichtbeiträgen i.S. von § 55 SGB VI gleichgestellt werden können", und, "ob ein Urteil der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne von § 547 Nr. 6 ZPO nicht mit Gründen versehen ist, wenn es einen selbständigen erhobenen Anspruch … nicht behandelt." Auch hier prüft der Kläger weder, ob sich die Fragen nicht bereits unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lassen, noch untersucht er, ob es höchstrichterliche Rechtsprechung zu den von ihm zitierten Normen gibt, die Antworten auf die Fragestellungen geben. Zudem fehlt es der Beschwerdebegründung aber auch an Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der beiden letztgenannten Fragen. Hierfür hätte der Kläger die dem angefochtenen LSG-Beschluss zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen wiedergeben müssen. Daran mangelt es. Aus diesem Grund entzieht sich dem Senat auch eine weitere Prüfung, ob die beiden zuletzt aufgeworfenen Fragen im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wären.
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie
- 1.
die Regelaltersgrenze erreicht und - 2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, - 3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, - 4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, - 5.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, - 2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat, - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war, - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Satz 1 gilt nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, - 3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, - 4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, - 5.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, - 2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat, - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war, - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie
- 1.
die Regelaltersgrenze erreicht und - 2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
(1) Vorschriften dieses Gesetzbuchs sind von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.
(2) Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.
(3) Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren.
(3a) (weggefallen)
(3b) Ist eine nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Rente neu festgestellt worden, werden Leistungen für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 nicht erbracht.
(4) Der Anspruch auf eine Leistung, der am 31. Dezember 1991 bestand, entfällt nicht allein deshalb, weil die Vorschriften, auf denen er beruht, durch Vorschriften dieses Gesetzbuchs ersetzt worden sind. Verwenden die ersetzenden Vorschriften für den gleichen Sachverhalt oder Anspruch andere Begriffe als die aufgehobenen Vorschriften, treten insoweit diese Begriffe an die Stelle der aufgehobenen Begriffe.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.
(1) Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf
Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt für einen Anspruch auf- 1.
Regelaltersrente, wenn der Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen hat, - 2.
Hinterbliebenenrente, wenn der verstorbene Versicherte bis zum Tod eine Rente bezogen hat.
(2) Die Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Versicherte, die die allgemeine Wartezeit vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung nicht erfüllt haben.
(3) Die Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf
- 1.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und - 2.
Rente für Bergleute vom 50. Lebensjahr an.
(4) Die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf
(5) Die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
(1) Beitragszeiten sind auch Zeiten, für die in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 31. Dezember 1991 für Anrechnungszeiten Beiträge gezahlt worden sind, die der Versicherte ganz oder teilweise getragen hat. Die Zeiten sind Pflichtbeitragszeiten, wenn ein Leistungsträger die Beiträge mitgetragen hat.
(2) Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung sind auch Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit in der Zeit vom 1. Juli 1978 bis zum 31. Dezember 1982 oder ein anderer Leistungsträger in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge gezahlt hat.
(2a) Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung sind auch Zeiten, in denen in der Zeit vom 1. Juni 1945 bis 30. Juni 1965 Personen als Lehrling oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren und grundsätzlich Versicherungspflicht bestand, eine Zahlung von Pflichtbeiträgen für diese Zeiten jedoch nicht erfolgte (Zeiten einer beruflichen Ausbildung).
(3) Beitragszeiten sind auch Zeiten, für die nach den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Zeiten vor dem 1. Januar 1924 sind jedoch nur Beitragszeiten, wenn
- 1.
in der Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 30. November 1948 mindestens ein Beitrag für diese Zeit gezahlt worden ist, - 2.
nach dem 30. November 1948 bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Ende einer Ersatzzeit mindestens ein Beitrag gezahlt worden ist oder - 3.
mindestens die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt ist.
(1) Fehlen für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 die Versicherungsunterlagen, die von einem Träger der Rentenversicherung aufzubewahren gewesen sind, und wären diese in einem vernichteten oder nicht erreichbaren Teil des Karten- oder Kontenarchivs aufzubewahren gewesen oder ist glaubhaft gemacht, dass die Versicherungskarten bei dem Arbeitgeber oder Versicherten oder nach den Umständen des Falles auf dem Wege zum Träger der Rentenversicherung verloren gegangen, unbrauchbar geworden oder zerstört worden sind, sind die Zeiten der Beschäftigung oder Tätigkeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Versicherte eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat und dass dafür Beiträge gezahlt worden sind. Satz 1 gilt auch für freiwillig Versicherte, soweit sie die für die Feststellung rechtserheblichen Zeiten glaubhaft machen. Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch Versicherungen an Eides statt zugelassen werden. Der Träger der Rentenversicherung ist für die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig.
(2) Sind in Unterlagen
- 1.
Arbeitsentgelte in einem Gesamtbetrag für die über einen Lohn- oder Gehaltszahlungszeitraum hinausgehende Zeit, - 2.
Anzahl und Höhe von Beiträgen ohne eine bestimmbare zeitliche Zuordnung
- 1.
Kalendermonat vor Beginn der zu berechnenden Rente bei einer Rente wegen Alters, bei einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, oder bei einer Erziehungsrente, - 2.
Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, - 3.
Tod des Versicherten bei einer Hinterbliebenenrente
(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
(2) Die Behörde darf bei der Ermittlung des Sachverhalts eine Versicherung an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn die Abnahme der Versicherung über den betreffenden Gegenstand und in dem betreffenden Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift für zuständig erklärt worden ist. Eine Versicherung an Eides statt soll nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Von eidesunfähigen Personen im Sinne des § 393 der Zivilprozessordnung darf eine eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden.
(3) Wird die Versicherung an Eides statt von einer Behörde zur Niederschrift aufgenommen, sind zur Aufnahme nur der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes befugt, welche die Befähigung zum Richteramt haben. Andere Angehörige des öffentlichen Dienstes kann der Behördenleiter oder sein allgemeiner Vertreter hierzu allgemein oder im Einzelfall schriftlich ermächtigen.
(4) Die Versicherung besteht darin, dass der Versichernde die Richtigkeit seiner Erklärung über den betreffenden Gegenstand bestätigt und erklärt: "Ich versichere an Eides statt, dass ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe." Bevollmächtigte und Beistände sind berechtigt, an der Aufnahme der Versicherung an Eides statt teilzunehmen.
(5) Vor der Aufnahme der Versicherung an Eides statt ist der Versichernde über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zu belehren. Die Belehrung ist in der Niederschrift zu vermerken.
(6) Die Niederschrift hat ferner die Namen der anwesenden Personen sowie den Ort und den Tag der Niederschrift zu enthalten. Die Niederschrift ist demjenigen, der die eidesstattliche Versicherung abgibt, zur Genehmigung vorzulesen oder auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Versichernden zu unterschreiben. Die Niederschrift ist sodann von demjenigen, der die Versicherung an Eides statt aufgenommen hat, sowie von dem Schriftführer zu unterschreiben.
(1) Heimatloser Ausländer im Sinne dieses Gesetzes ist ein fremder Staatsangehöriger oder Staatenloser, der
- a)
nachweist, daß er der Obhut der Internationalen Organisation untersteht, die von den Vereinten Nationen mit der Betreuung verschleppter Personen und Flüchtlinge beauftragt ist, und - b)
nicht Deutscher nach Artikel 116 des Grundgesetzes ist und - c)
am 30. Juni 1950 seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) hatte oder die Rechtsstellung eines heimatlosen Ausländers auf Grund der Bestimmungen des § 2 Abs. 3 erwirbt.
(2) Wer seine Staatsangehörigkeit von einem heimatlosen Ausländer ableitet und am 1. Januar 1991 rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, steht einem heimatlosen Ausländer im Sinne dieses Gesetzes gleich.
(1) Ein heimatloser Ausländer verliert diese Rechtsstellung, wenn er nach dem 30. Juni 1950 eine neue Staatsangehörigkeit erwirbt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes oder von Berlin (West) nimmt.
(2) Hat ein heimatloser Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes oder von Berlin (West) genommen, so kann er innerhalb zweier Jahre seit dem Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Geltungsbereich des Grundgesetzes oder aus Berlin (West) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den Geltungsbereich des Grundgesetzes oder nach Berlin (West) zurückverlegen. Mit der Rückkehr erlangt er wieder die Rechtsstellung eines heimatlosen Ausländers.
(3) Ein fremder Staatsangehöriger oder Staatenloser, der die Bestimmungen des § 1 Abs. 1a und b erfüllt, nach dem 1. Juli 1948 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) hatte und ihn danach außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes oder von Berlin (West) verlegt hat, erlangt die Rechtsstellung eines heimatlosen Ausländers, wenn er innerhalb von 2 Jahren seit dem Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Geltungsbereich des Grundgesetzes oder aus Berlin (West) rechtmäßig seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt in den Geltungsbereich des Grundgesetzes oder nach Berlin (West) zurückverlegt.
(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.
(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.
(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.
(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit
- 1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, - 2.
Berücksichtigungszeiten, - 3.
Zeiten des Bezugs von - a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, - b)
Leistungen bei Krankheit und - c)
Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und - 4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.
(1) Ersatzzeiten sind Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr
- 1.
militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleistet haben oder aufgrund dieses Dienstes kriegsgefangen gewesen sind oder deutschen Minenräumdienst nach dem 8. Mai 1945 geleistet haben oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, - 2.
interniert oder verschleppt oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, wenn sie als Deutsche wegen ihrer Volks- oder Staatsangehörigkeit oder in ursächlichem Zusammenhang mit den Kriegsereignissen außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland interniert oder in ein ausländisches Staatsgebiet verschleppt waren, nach dem 8. Mai 1945 entlassen wurden und innerhalb von zwei Monaten nach der Entlassung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ständigen Aufenthalt genommen haben, wobei in die Frist von zwei Monaten Zeiten einer unverschuldeten Verzögerung der Rückkehr nicht eingerechnet werden, - 3.
während oder nach dem Ende eines Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen bis zum 30. Juni 1945 an der Rückkehr aus Gebieten außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze oder danach aus Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs dieser Gesetze, soweit es sich nicht um das Beitrittsgebiet handelt, verhindert gewesen oder dort festgehalten worden sind, - 4.
in ihrer Freiheit eingeschränkt gewesen oder ihnen die Freiheit entzogen worden ist (§§ 43 und 47 Bundesentschädigungsgesetz) oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind oder infolge Verfolgungsmaßnahmen - a)
arbeitslos gewesen sind, auch wenn sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden haben, längstens aber die Zeit bis zum 31. Dezember 1946, oder - b)
bis zum 30. Juni 1945 ihren Aufenthalt in Gebieten außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze oder danach in Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze nach dem Stand vom 30. Juni 1945 genommen oder einen solchen beibehalten haben, längstens aber die Zeit bis zum 31. Dezember 1949,
wenn sie zum Personenkreis des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gehören (Verfolgungszeit), - 5.
in Gewahrsam genommen worden sind oder im Anschluss daran wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, wenn sie zum Personenkreis des § 1 des Häftlingshilfegesetzes gehören oder nur deshalb nicht gehören, weil sie vor dem 3. Oktober 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet genommen haben, oder - 5a.
im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 30. Juni 1990 einen Freiheitsentzug erlitten haben, soweit eine auf Rehabilitierung oder Kassation erkennende Entscheidung ergangen ist, oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, - 6.
vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, mindestens aber die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes gehören.
(2) Ersatzzeiten sind nicht Zeiten,
- 1.
für die eine Nachversicherung durchgeführt oder nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist, - 2.
in denen außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet eine Rente wegen Alters oder anstelle einer solchen eine andere Leistung bezogen worden ist, - 3.
in denen nach dem 31. Dezember 1956 die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2, 3 und 5 vorliegen und Versicherte eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit auch aus anderen als den dort genannten Gründen nicht ausgeübt haben.
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung, wenn ihm in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 die Freiheit entzogen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn ein ausländischer Staat unter Mißachtung rechtsstaatlicher Grundsätze die Freiheit entzogen hat und
- 1.
die Freiheitsentziehung dadurch ermöglicht worden ist, daß der Verfolgte die deutsche Staatsangehörigkeit oder den Schutz des Deutschen Reiches verloren hat, oder - 2.
die Regierung des ausländischen Staates von der nationalsozialistischen deutschen Regierung zu der Freiheitsentziehung veranlaßt worden ist;
(2) Freiheitsentziehungen sind insbesondere polizeiliche oder militärische Haft, Inhaftnahme durch die NSDAP, Untersuchungshaft, Strafhaft, Konzentrationslagerhaft und Zwangsaufenthalt in einem Ghetto.
(3) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen, Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen und Zugehörigkeit zu einer Straf- oder Bewährungseinheit der Wehrmacht gleichgeachtet.
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung, wenn er in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 den Judenstern getragen oder unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Illegalität gelebt hat.
(2) Hat der Verfolgte unter falschem Namen gelebt, so wird vermutet, daß er in der Illegalität unter menschenunwürdigen Bedingungen gelebt hat.
(1) Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ist, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat (Verfolgter).
(2) Dem Verfolgten im Sinne des Absatzes 1 wird gleichgestellt, wer durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist,
- 1.
weil er auf Grund eigener Gewissensentscheidung sich unter Gefährdung seiner Person aktiv gegen die Mißachtung der Menschenwürde oder gegen die sittlich, auch durch den Krieg nicht gerechtfertigte Vernichtung von Menschenleben eingesetzt hat; - 2.
weil er eine vom Nationalsozialismus abgelehnte künstlerische oder wissenschaftliche Richtung vertreten hat; - 3.
weil er einem Verfolgten nahegestanden hat.
(3) Als Verfolgter im Sinne des Absatzes 1 gilt auch
- 1.
der Hinterbliebene eines Verfolgten, der getötet oder in den Tod getrieben worden oder an den Folgen der Schädigung seines Körpers oder seiner Gesundheit verstorben ist; - 2.
der Geschädigte, der eine ihm zur Last gelegte Handlung in Bekämpfung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft oder in Abwehr der Verfolgung begangen hat, aber den Beweggrund dieser Handlung verbergen konnte; - 3.
der Geschädigte, der von nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen betroffen worden ist, weil er irrtümlich einer Personengruppe zugerechnet wurde, die aus den in Absatz 1 und 2 genannten Gründen verfolgt worden ist; - 4.
der Geschädigte, der als naher Angehöriger des Verfolgten von nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen mitbetroffen ist; als nahe Angehörige gelten der Ehegatte des Verfolgten und die Kinder, solange für sie nach dem bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Beamtenrecht Kinderzuschläge gewährt werden können.
(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist.
(2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.
(3) In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.
(4) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 des Zehnten Buches ist ausgeschlossen.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Juli 2010 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. November 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen Ausspruch zur Hauptsache wie folgt neu gefasst wird:
-
Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2003 wird aufgehoben, soweit er die Gewährung einer Abfindung betrifft.
-
Die Beklagte hat der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Streitig ist die Abfindung einer Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
- 2
-
Die 1973 geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie reiste einige Wochen vor dem 6.12.1998 für einen vorübergehenden Aufenthalt (Besuch ihrer in B. lebenden Großmutter) nach Deutschland ein. In der Nacht vom 6. auf den 7.12.1998 wurde sie in H. Opfer einer Gewalttat.
- 3
-
Am 21.12.1998 reiste die Klägerin nach Polen aus und kehrte spätestens im Mai 1999 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Auch in der Folgezeit hielt sie sich wiederholt in Deutschland auf. Im Januar 2000 bezog sie hier eine gemeinsame Wohnung mit einem Deutschen, den sie im Oktober 2000 heiratete.
- 4
-
Auf den von der Klägerin im März 1999 gestellten Versorgungsantrag nach dem OEG erließ die beklagte Freie und Hansestadt unter dem 4.7.2000 einen Bescheid, in dessen mit "Entscheidung" bezeichneten Abschnitt es heißt:
"1.1
Sie wurden am 7.12.1998 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs.
1.2
Als Schädigungsfolgen werden anerkannt: … .
1.3
Die anerkannten Schädigungsfolgen bedingen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v.H. … .
1.4
Ihnen werden folgende monatliche Leistungen gewährt: Grundrente (30 v.H.) ab 12/98 217,00 … .
1.5
Ihnen steht eine Abfindung gem. § 1 Abs 7 OEG zu, die anspruchsberechtigte Ausländer nach Verlassen des Bundesgebietes und nach Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung in Höhe des Zehnfachen der monatlichen Grundrente erhalten.
1.6
Berechnung der Nachzahlung … ."
- 5
-
Im Abschnitt "Gründe" des Bescheides ist unter 2.4 ausgeführt, die Beschädigtenversorgung beginne gemäß § 60 Abs 1 BVG in dem Monat, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, …, das sei der 1.12.1998.
- 6
-
Den ausdrücklich allein "gegen Punkt 1.5 …" des Bescheides eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23.5.2003 zurück.
- 7
-
Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg und nach dem Wirksamwerden der Mitgliedschaft Polens in den Europäischen Gemeinschaften (EG) änderte die Beklagte den angefochtenen Bescheid und bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 28.9.2004 ab 1.5.2004 laufende Grundrente nach einer MdE um 30 vH. Mit Bescheid vom 23.5.2006 nahm die Beklagte diesen Verwaltungsakt mit Wirkung ab 1.6.2006 zurück. Später erkannte sie die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 23.5.2006 an und hob ihn mit Bescheid vom 16.10.2008 auf.
- 8
-
Zur Begründung ihrer ursprünglich auf "Abänderung" des Bescheides gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr stehe als Bürgerin der Europäischen Union (EU) auch Grundrente für die Zeit vor Mai 2004 zu. Zudem sei die Abfindung ihres Rentenanspruchs rechtswidrig.
- 9
-
Nach einer auf § 75 Abs 2 SGG gestützten Beiladung der Bundesrepublik Deutschland hat das SG Hamburg durch Urteil vom 20.11.2008 den angefochtenen Verwaltungsakt aufgehoben und die Beklagte entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag verurteilt, der Klägerin wegen der gesundheitlichen Folgen der Gewalttat vom 7.12.1998 für den Zeitraum von Dezember 1998 bis einschließlich April 2004 eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 unter Anrechnung der gezahlten Abfindung zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Hamburg (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.7.2010). Diese Entscheidung hat es wie folgt begründet:
- 10
-
Es stehe zwar nicht im Streit, dass die Klägerin als Opfer einer in H. erlittenen Vergewaltigung aufgrund der dadurch hervorgerufenen gesundheitlichen Schädigung grundsätzlich nach dem OEG versorgungsberechtigt sei. Als Ausländerin stünden ihr Ansprüche aber nur nach Maßgabe von § 1 Abs 4 bis 7 OEG zu. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 4 OEG erfülle die Klägerin in der fraglichen Zeit nicht. Sie sei zwar als Polin jetzt Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EG iS des § 1 Abs 4 Nr 1 OEG. Dies gelte jedoch erst für die Zeit ab Mai 2004, die nicht im Streit sei. Eine rückwirkende Bewilligung komme nach § 1 Abs 4 Nr 1 OEG nicht in Betracht. Gemäß § 40 Abs 1 SGB I entstünden Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Daraus möge sich vielleicht ergeben, dass die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen - auch des OEG - nicht vom selben Zeitpunkt an vorliegen müssten, sondern auch nacheinander erfüllt werden könnten. Ein Anspruch stehe den Berechtigten allerdings erst dann zu, wenn sämtliche geregelten Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Danach sei es uU möglich, in den Anspruch "hineinzuwachsen". Zugleich bedeute dies aber, dass die Ansprüche nicht rückwirkend entstehen könnten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29.4.2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten. Schließlich komme ein Versorgungsanspruch auch nicht nach der Nr 3 des § 1 Abs 4 OEG in Betracht, weil die Gegenseitigkeit mit Polen nicht gewährleistet gewesen sei.
- 11
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Die Ansprüche der Klägerin nach § 1 Abs 5 bzw Abs 6 OEG seien durch die Bewilligung einer Beschädigtenrente für den Monat Dezember 1998 erfüllt und im Übrigen durch die ihr zugesprochene Abfindung erloschen. Die Abfindung sei rechtmäßig. Der Senat lasse offen, ob die Abfindungsverpflichtung aus § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG folge, denn jedenfalls ergebe sie sich aus dessen Nr 2. Zwar treffe zu, dass bei einem wörtlichen Verständnis des Gesetzes diese Vorschrift nicht anwendbar zu sein scheine, weil die Klägerin damals gerade nicht über eine Aufenthaltsgenehmigung verfügt habe, sondern von dem Erfordernis einer solchen als sog Positivstaatlerin befreit gewesen sei. Mithin habe eine Aufenthaltsgenehmigung mit dem Verlassen des Bundesgebietes streng genommen auch nicht "erlöschen" können. Dieser Umstand führe indes erst recht dazu, dass mit der Ausreise der Klägerin der Versorgungsanspruch auf die Abfindung "zusammengeschmolzen" sei.
- 12
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Das folge aus der gesetzlichen Wertung des damals noch geltenden § 44 Abs 1 Nr 2 Ausländergesetz(jetzt § 51 Abs 1 Nr 6 Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Danach sei eine Aufenthaltsgenehmigung erloschen, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreise. Bringe aber eine solche Ausreise selbst eine nach ausländerrechtlicher Prüfung schriftlich erteilte und dokumentierte ausländerrechtliche Position - mit der opferentschädigungsrechtlichen Folge der Abfindungszahlung - zu Fall, müsse dies erst recht für eine entsprechende Ausreise desjenigen gelten, der nicht einmal über eine Aufenthaltsgenehmigung verfügt habe, sondern nur von der "wesentlich schwächeren ausländerrechtlichen Position" Gebrauch gemacht habe, die ihm nach der Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz eingeräumt worden sei.
- 13
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Die Klägerin sei jedenfalls am 21.12.1998 aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Sie habe damals ihren alleinigen Wohnsitz in Polen gehabt und auch ihren späteren deutschen Ehemann noch nicht gekannt. Die häufigen Aufenthalte in B. zum Zwecke der Betreuung der Großmutter hätten erst im Oktober 1999 begonnen. Dass die Klägerin gelegentlich in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren gewünscht habe, ja auch wegen der Behandlung ihrer Verletzungen und ihrer Rolle im Strafprozess gegen die Täter habe zurückkehren müssen, ändere nichts an dem Charakter der Ausreise vom 21.12.1998.
- 14
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. In der mündlichen Revisionsverhandlung hat ihr Prozessbevollmächtigter klargestellt, dass sich die Klage nur gegen die Gewährung einer Abfindung richtet. Zur Revisionsbegründung trägt die Klägerin vor:
- 15
-
Das LSG habe unrichtigerweise das Bestehen der Voraussetzungen des § 1 Abs 4 Nr 1 OEG verneint. Seit dem 1.5.2004 sei sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EG im Sinne dieser Vorschrift. Diese Eigenschaft entfalte auch rückwirkende Rechtsfolgen auf den Tatzeitpunkt im Dezember 1998. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hänge der Anspruch nach § 1 Abs 1 OEG nicht davon ab, dass die besonderen Bestimmungen für Ausländer bereits bei Eintritt der Schädigung vorgelegen haben.
- 16
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Unmittelbar bevor sie zum 1.5.2004 den Status einer Unionsbürgerin erworben habe, sei die Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29.4.2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten ergangen. Nach Art 18 Abs 2 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Vorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, nur auf Antragsteller Anwendung finden, deren Schädigung aus Straftaten resultiert, die nach dem 30.6.2005 begangen wurden. Aus dem Umstand, dass Deutschland keinen entsprechenden Vorbehalt nach Art 18 Abs 2 der Richtlinie erklärt habe, sei zu folgern, dass die einzelstaatlichen Bestimmungen zur Entschädigung von Opfern von Straftaten, auch vollen Umfangs und einschränkungslos auf Straftaten anzuwenden seien, die vor dem 30.6.2005 geschehen seien. Dies gelte sowohl hinsichtlich des entstandenen Stammrechtes auf Versorgung als auch hinsichtlich der daraus resultierenden Ansprüche. Mit der gegenteiligen Auslegung habe das LSG gegen Bestimmungen des Europäischen Rechts verstoßen. Im Zweifel müsse die Frage der Auslegung des Art 18 Abs 2 der Richtlinie gemäß Art 267 Abs 3 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegt werden.
- 17
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Darüber hinaus sei die Auffassung des LSG, die Beklagte sei nach § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG verpflichtet gewesen, ihren Versorgungsanspruch durch eine Abfindung zu regulieren, unzutreffend. § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG sei auf sie, die Klägerin, schon nicht anwendbar, weil sie bei ihrem Aufenthalt, während dem es zu der Gewalttat gekommen sei, keine Aufenthaltsgenehmigung besessen habe und auch nicht habe besitzen müssen. Sie sei als sogenannte Positivstaatlerin gegenüber sogenannten Drittstaatlern dadurch bevorzugt gewesen, dass sie weder ein Visum noch eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt habe. Entgegen der Auffassung des LSG seien die Positivstaatler somit gegenüber sonstigen Ausländern, die einer Aufenthaltsgenehmigung bedürften, nicht in einer "wesentlich schwächeren ausländerrechtlichen Position" gewesen. Die ausländerrechtliche Lockerung zu Gunsten polnischer Staatsangehöriger ab 1990 habe ersichtlich dem Zweck gedient, bereits eine Annäherung im Hinblick auf den damals bereits angestrebten Beitritt Polens zur EU herbeizuführen.
- 18
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Der vom LSG gezogene "Erst-Recht-Schluss" sei in dieser Form nicht zulässig und weder von dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen noch von den vom LSG herangezogenen "gesetzlichen Wertungen" getragen. Vielmehr nötige der Umstand, dass die sog Positivstaatler in den Genuss liberalisierter Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen gekommen seien, zu der Annahme, dass diese auch im Rahmen der Anwendung des OEG nicht mit sonstigen Drittstaatlern gleichgesetzt werden dürften. In jedem Falle habe das LSG das von § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG verlangte Erlöschen einer Aufenthaltsgenehmigung unzulässigerweise als gegeben angesehen.
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Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG, die das LSG ausdrücklich offen gelassen habe, seien in ihrem Fall nicht erfüllt. Sie sei zwar am 21.12.1998 nach Polen ausgereist, jedoch spätestens im Mai 1999 wieder nach Deutschland eingereist. Dies sei - anders als von § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG vorausgesetzt - innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten seit der Ausreise im Dezember 1998 geschehen.
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-
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Juli 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. November 2008 zurückzuweisen.
- 21
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 22
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Sie schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Der Revision hält sie im Übrigen Folgendes entgegen:
- 23
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Die Auffassung der Klägerin, sie habe als Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaates ab Mai 2004 auch für die Zeit davor Anspruch nach § 1 Abs 4 Nr 1 OEG, sei unzutreffend. Ihr stehe der Gesetzeswortlaut der Nr 1 eindeutig entgegen. Er lasse eine Rückwirkung der Norm nicht zu. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art 18 der "EU-Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29.4.2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten".
- 24
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Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die Wertungen der Abfindungsregelung nach § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG auf sie anwendbar. Der Gesetzgeber habe durch die Regelungen des Abs 7 einen Leistungsexport in andere Länder verhindern wollen. Die eigentlichen Versorgungsleistungen sollten nur solchen Ausländern zugute kommen, die in die deutsche Gesellschaft integriert seien. Die Klägerin habe Deutschland lediglich als Touristin besucht, was beinhalte, dass sie ihren Lebensschwerpunkt in Polen gehabt habe. Sie sei nicht in die deutsche Gesellschaft integriert gewesen und habe dies als Touristin auch nicht beabsichtigt. Etwas anderes könne erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem sie sich zur Heirat entschlossen und entschieden habe, ihren Lebensschwerpunkt nach Deutschland zu verlagern. Dies sei aber erst im Mai/Juni 2000 der Fall gewesen. Da die Klägerin nur vorübergehend in Deutschland gewesen sei, habe sie mit ihrer Heimreise nach Polen diesen vorübergehenden Besuch beendet und zugleich einen Anspruch auf Abfindung nach Abs 7 erworben.
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-
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG. Diese Vorschrift sei nicht so zu verstehen, dass es ausreichen würde, wenn ein Anspruchsberechtigter nach seiner Ausreise alle sechs Monate für eine logische Sekunde wieder nach Deutschland einreise. Entscheidend sei auch hier, dass mit der Ausreise die zumindest temporäre Integration in die deutsche Gesellschaft aufgegeben worden sein müsse. Bei Touristen sei dies der Fall, da sie nach ihrer Heimreise wieder in die Gesellschaft ihres Heimatstaates integriert seien.
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Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland, die im Revisionsverfahren einen Beiladungsantrag nach § 75 Abs 1 Satz 2 SGG, aber keinen Sachantrag gestellt hat, tritt der Revision mit ähnlicher Begründung entgegen. Hinsichtlich einer Anwendbarkeit des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG meint sie, dem zugrunde liegenden Sachverhalt lasse sich eine "Einreise" der Klägerin nach Deutschland weder im Januar noch im Mai 1999 entnehmen. Um eine Einreise in diesem Sinne zu bejahen, müsse nachweisbar sein, dass die Klägerin gewillt gewesen sei, ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I) in Deutschland zu begründen. Davon könne nach den Umständen des Falles nicht ausgegangen werden.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist nach ihrer Zulassung durch das LSG statthaft. Die Klägerin hat die Revision form- und fristgerecht eingelegt und in einer den inhaltlichen Anforderungen des § 164 SGG entsprechenden Weise begründet.
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Die Revision ist auch begründet. Verfahrenshindernisse aus den vorinstanzlichen Verfahren stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Einer förmlichen Änderung der zunächst unzutreffend auf § 75 Abs 2 SGG gestützten Beiladung bedurfte es nicht. Nachdem die Beigeladene im Revisionsverfahren den gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 SGG zulässigen Antrag gestellt hat, liegt eine ausreichende Grundlage für die Beiladung vor.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Anfechtung der Abfindung der Grundrente der Klägerin. Hierfür ist die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG die richtige Klageart. Einer damit verbundenen Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) bedarf es nicht.
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Der angefochtene Bescheid vom 4.7.2000 enthält unter den laufenden Nummern 1.1 bis 1.6 verschiedene, getrennte Aussprüche bzw Verfügungen oder "Entscheidungen" (Regelungen iS des § 31 SGB X). Unter der Nr 1.4 hat die Beklagte der Klägerin "Grundrente … ab 12/98" und damit dem Wortlaut nach eine laufende Leistung gewährt. Zugleich hat die Beklagte aufgrund der Ausreise der Klägerin am 21.12.1998 der Klägerin eine Abfindung nach § 1 Abs 7 OEG gewährt(Nr 1.5 des Bescheides). Schließlich wurde unter der Nr 1.6 des Bescheides die Nachzahlung der gewährten Leistungen berechnet, aus der ersichtlich ist, dass die Grundrente von 217,00 DM nur für den Monat Dezember 1998 und dazu eine Abfindung in Höhe von 2170 DM gezahlt werden sollten. Diese Regelungen lassen für einen verständigen Empfänger (sog Empfängerhorizont; zu dessen Maßgeblichkeit bei der Inhaltsbestimmung eines Verwaltungsakts s Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 26 mwN; BSGE 67, 104, 110 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f)hinreichend deutlich erkennen, dass der Klägerin zunächst eine Dauerrente ab Dezember 1998 gewährt und diese dann gleichzeitig, aber in einem zweiten Schritt, für die Zeit ab Januar 1999 abgefunden worden ist. Schon aus der Höhe des Abfindungsbetrages (das Zehnfache der monatlichen Grundrente) folgt, dass dieser - dem Wesen einer Abfindung entsprechend - an die Stelle eines laufenden Rentenanspruchs treten soll (vgl auch § 1 Abs 7 Satz 3 OEG).
- 31
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Die Klägerin hat nur "gegen Punkt 1.5 und 2.6" des Bescheides vom 4.7.2000 Widerspruch eingelegt. Da Nr 2.6 die Begründung der unter Nr 1.5 getroffenen Entscheidung über die Bewilligung der Abfindung enthält, ist nur diese abgrenzbare und von der Beklagten selbst gesondert getroffene Regelung (vgl BSG SozR 4-1500 § 95 Nr 1 S 3; BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19) angegriffen. Die übrigen Regelungen, insbesondere die über die Bewilligung der laufenden Grundrente, sind damit bestandskräftig und bindend (§ 77 SGG) geworden. Zur Erreichung des wirtschaftlichen Ziels der Klägerin, Grundrente auch für die Monate Januar 1999 bis April 2004 zu erhalten, reicht die isolierte Anfechtung der Gewährung der Abfindung aus. Wird diese Regelung aufgehoben, hat die Beklagte aufgrund der bestandskräftigen Bewilligung der Grundrente diese Leistung ab Januar 1999 zu zahlen.
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Dieser verfahrensrechtlichen Situation hat das vom LSG aufgehobene erstinstanzliche Urteil vom 20.11.2008 nicht hinreichend Rechnung getragen. Zunächst ist das SG über das richtig verstandene Klagebegehren (vgl § 123 SGG) mit dem Wortlaut seines Ausspruches zur Hauptsache insoweit hinausgegangen, als es den angefochtenen Verwaltungsakt ohne Einschränkungen aufgehoben hat. Durch die gleichzeitig erfolgte Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Beschädigtenrente für die Zeit von Dezember 1998 bis April 2004 kommt indes hinreichend zum Ausdruck, dass das SG die mit Bescheid vom 4.7.2000 erfolgte Gewährung einer Grundrente "ab 12/98" inhaltlich nicht antasten wollte. Der sozialgerichtliche Leistungsausspruch selbst ist im Hinblick auf die im Bescheid vom 4.7.2000 enthaltene Grundrentengewährung als überflüssig anzusehen.
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Das Urteil des LSG ist aufzuheben, denn das LSG hat die Rechtmäßigkeit der streitigen Rentenabfindung zu Unrecht bejaht. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG ist mit der Maßgabe einer Neufassung des erstinstanzlichen Ausspruchs zur Hauptsache zurückzuweisen. Entsprechend dem eingeschränkten Streitgegenstand der isolierten Anfechtungsklage ist der angefochtene Verwaltungsakt nur hinsichtlich der Gewährung der Abfindung aufzuheben.
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Die Ermächtigung der Beklagten zur Abfindung der Grundrente der Klägerin beurteilt sich nach den Vorschriften des OEG in der im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebenden Fassung. Zu diesem Zeitpunkt (23.5.2003) galt das OEG idF der Bekanntmachung vom 7.1.1985 (BGBl I 1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 6.12.2000 (BGBl I 1676), das im Folgenden - soweit nicht anders angegeben - zugrunde gelegt wird.
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Nach § 1 Abs 7 Satz 1 OEG erhält ein Ausländer, der nach § 1 Abs 5 oder 6 OEG anspruchsberechtigt ist, eine Abfindung der monatlichen Grundrente - in dort näher bestimmter Höhe -, wenn er
1) ausgewiesen oder abgeschoben wird oder
2) das Bundesgebiet verlassen hat und seine Aufenthaltsgenehmigung erloschen ist oder
3) ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten erlaubt wieder eingereist ist.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
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Die Klägerin ist, wovon die Beklagte in dem insoweit bestandskräftigen Bescheid vom 4.7.2000 selbst ausgegangen ist, gemäß § 1 Abs 1 und 6 OEG anspruchsberechtigt. Insbesondere erfüllt sie die allgemeinen Voraussetzungen nach § 1 Abs 1 OEG, denn sie hat im Geltungsbereich des Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen sie selbst eine gesundheitliche Schädigung erlitten. Die für Ausländer geltenden besonderen Leistungsvoraussetzungen (vgl BSG SozR 4-3800 § 1 Nr 12 RdNr 15) nach § 1 Abs 6 OEG sind ebenfalls gegeben. Die Beklagte hat zutreffend die Voraussetzungen der Nr 1 des § 1 Abs 6 OEG(in der vom 1.1.1998 bis zum 14.12.2000 geltenden Fassung) bejaht. Nach dieser Bestimmung erhalten Versorgung wie die in Abs 5 Nr 2 genannten Ausländer (ausschließlich einkommensunabhängige Leistungen) ausländische Geschädigte, die sich rechtmäßig für einen vorübergehenden Aufenthalt von längstens sechs Monaten im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie mit einem Deutschen oder einem Ausländer, der zu den in Abs 4 oder 5 bezeichneten Personen gehört, in gerader Linie verwandt sind.
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Die Klägerin hielt sich im Schädigungszeitpunkt rechtmäßig vorübergehend in Deutschland auf. Als polnische Staatsangehörige war sie sogenannte Positivstaatlerin, also Angehörige eines Staates, der in den Listen der Anlage I und II der auf der Grundlage des seinerzeit geltenden § 3 Abs 1 Satz 2 Ausländergesetz erlassenen Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAuslG) aufgeführt ist. Sie bedurfte für kurzfristige Besuchsaufenthalte bis zu drei Monaten ohne Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keiner Aufenthaltsgenehmigung, da sie einen Nationalpass oder ein vergleichbares Ausweispapier besaß (§ 1 Abs 1 und § 4 Abs 2 DVAuslG). Sie ist auch mit einer Ausländerin, nämlich ihrer Großmutter, die sich unter den Voraussetzungen des § 1 Abs 5 Satz 1 OEG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, in gerader Linie(s § 1589 Abs 1 Satz 1 BGB) verwandt.
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Entgegen der Auffassung des LSG ist keiner der Tatbestände der Nr 1 bis 3 des § 1 Abs 7 Satz 1 OEG über die obligatorische Abfindung mit Ablauf des Dezember 1998 erfüllt gewesen. Dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 OEG (Ausweisung) nicht einschlägig sind, ist offensichtlich und im bisherigen Verfahren zutreffend nicht weiter erörtert worden.
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Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG sind im Falle der Klägerin nicht gegeben. Wie das LSG selbst erkannt hat, trifft diese Vorschrift dem Wortlaut nach auf die Klägerin nicht zu, denn diese besaß während ihres Aufenthalts in Deutschland keine Aufenthaltsgenehmigung und musste als sogenannte Positivstaatlerin eine solche auch nicht einholen. Letztlich hat das LSG den § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG hier nach dessen angeblichen "Sinn und Zweck" über seinen eigentlichen Regelungsgehalt hinaus entsprechend angewandt. Eine derartige Analogie als notwendige Maßnahme richterlicher Rechtsfortbildung ist indes nicht angezeigt. Die allgemein anerkannten Voraussetzungen für einen sogenannten Analogieschluss (s Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 191 ff; BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 2 RdNr 31 mwN) liegen nicht vor. Im Rahmen des § 1 Abs 7 OEG fehlt es schon an einer - unabdingbar erforderlichen - dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwider laufenden Gesetzeslücke. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Gesetz vollständig ist und Fälle, die - vergleichbar dem der Klägerin - Ausländer mit einem rechtmäßigen vorübergehenden Aufenthalt von längstens sechs Monaten im Bundesgebiet (s § 1 Abs 6 OEG) betreffen, hinsichtlich einer Abfindung der Ansprüche durch § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG erfasst. Insgesamt enthält § 1 Abs 7 OEG eine grundsätzlich abschließende, lückenlose Regelung der Abfindung von Versorgungsansprüchen ausländischer Geschädigter zur Vermeidung eines unerwünschten Leistungsexports.
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Schon der Gesetzeswortlaut lässt erkennen, dass § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG lückenlos ist. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass neben den besonderen Tatbeständen der Nr 1 und 2 die Nr 3 eine Auffangregelung für alle von den Nr 1 und 2 nicht erfassten Ausländer enthält. Das Vorliegen einer Gesetzeslücke lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des § 1 Abs 7 OEG herleiten. Die Vorschrift hat ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung durch das 2. Gesetz zur Änderung des OEG vom 21.7.1993 (BGBl I 1262) erhalten. Zusammen mit Abs 7 wurden die Abs 4 bis 6 über die Anspruchsvoraussetzungen für Ausländer entscheidend verändert und erweitert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 26.3.1993 (BR-Drucks 189/93) sollte der persönliche Geltungsbereich des Gesetzes durch eine weitgehende Gleichstellung der Ausländer ausgedehnt werden. Insbesondere sollten Touristen und Besucher, die sich zwar rechtmäßig, aber nur kurzfristig in Deutschland aufhalten, bei besonders schwerer Schädigung einbezogen werden.
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Der neue Abs 7 sollte klarstellen, dass ein Export der OEG-Leistungen in die Heimatländer der Geschädigten außer in Fällen, in denen dies nach EG-Recht oder wegen des Vorliegens von Gegenseitigkeit erforderlich sei, nicht erfolge. Für die in den Abs 5 und 6 genannten Ausländer trete im Falle des "endgültigen Verlassens" der Bundesrepublik Deutschland an die Stelle der bis dahin erbrachten Leistungen eine einmalige Abfindung (BR-Drucks 189/93 S 9). Mit dieser Begründung hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie mit dem neu zu schaffenden Instrument einer obligatorischen Abfindung unter den in der Nr 1 bis 3 des Entwurfs genannten Voraussetzungen den - unerwünschten - Leistungsexport verhindern will und den "neuen Absatz 7" als geeignete und ausreichende Regelung zur Verhinderung eines unerwünschten Leistungsexports ansieht.
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Diese Begründung des Gesetzentwurfs zeigt, dass der Gesetzgeber die Fälle des "endgültigen Verlassens" der Bundesrepublik Deutschland in § 1 Abs 7 OEG abschließend umschreiben wollte. Während etwa Angehörige von Mitgliedstaaten der EG (s § 1 Abs 4 OEG)von vornherein ihre Leistungsansprüche in ihre Heimatländer "importieren" dürfen, werden die vom grundsätzlichen Verbot des Leistungsexports betroffenen Ausländer in § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bestimmte "Exporttatbestände" als unerwünscht angesehen und dennoch versehentlich nicht geregelt hat, bestehen nicht. Mangels Gesetzeslücke ist mithin eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften nicht geboten. Insbesondere ist es damit grundsätzlich nicht erlaubt, in Fällen, in denen ein Ausländer - ohne dass es sich um einen offensichtlichen Missbrauch handelt - die Voraussetzungen keiner der drei Alternativen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG erfüllt, eine entsprechende Anwendung der Abfindungsregelung vorzunehmen.
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Eine entsprechende Anwendung des vom LSG herangezogenen § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG auf die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen auch nicht zur Verhinderung eines unerwünschten Leistungsexports geboten. Die Abgrenzung eines erlaubten von einem unerwünschten Leistungsexport hat in erster Linie der Gesetzgeber selbst vorzunehmen. Dies hat er mit der hier anzuwendenden Fassung des § 1 Abs 7 OEG getan. Wenn in der Begründung des Gesetzentwurfs von einer weitgehenden Vermeidung eines Exports der OEG-Leistungen in die Heimatländer der geschädigten Ausländer die Rede ist, so lässt sich daraus nicht der Schluss herleiten, § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG wolle Leistungsexporte auch in dort nicht genannten Fällen verhindern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in den von dieser Vorschrift nicht erfassten Fällen - von missbräuchlichen Verhaltensweisen abgesehen - kein endgültiges Verlassen Deutschlands und damit auch keinen unerwünschten Leistungsexport angenommen hat.
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Im Übrigen hat das LSG mit der Anwendung des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG im vorliegenden Fall auch den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 Grundgesetz fließenden und in § 31 SGB I auch für das Soziale Entschädigungsrecht(s § 68 Nr 7 SGB I) normierten Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes und das damit verbundene sogenannte Bestimmtheitsgebot nicht hinreichend beachtet. Da die Entstehung des Anspruchs auf Abfindung nach § 1 Abs 7 Satz 3 OEG sämtliche sich aus den Abs 5 und 6 ergebenden weiteren Ansprüche zum Erlöschen bringt, handelt es sich im Ergebnis um eine belastende Regelung. Für die Festlegung einer Abfindung ist mithin wegen des Vorbehalts des Gesetzes eine ausreichend klare Ermächtigungsgrundlage erforderlich, die zudem hinreichend bestimmt sein muss (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 11. Aufl 2011, Art 20 RdNr 44 ff, 49; 57 ff, 61, jeweils mwN). Diesen Anforderungen würde § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG nicht gerecht, sofern man diese Regelung als lückenhaft und im Falle der Klägerin anwendbar ansehen wollte.
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Angesichts ihrer Ausreise im Dezember 1998 und ihrer spätestens im Mai 1999 erfolgten Wiedereinreise erfüllt die Klägerin schließlich auch nicht die Abfindungsvoraussetzungen nach § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG. Zwar hat das LSG diese Bestimmung ausdrücklich nicht geprüft. Seine bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen erlauben jedoch die rechtliche Beurteilung (Subsumtion), dass die Voraussetzungen der Norm hier nicht gegeben sind, weil die Klägerin innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Ausreise wieder nach Deutschland eingereist ist.
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Zwar hat die Klägerin am 21.12.1998 das Bundesgebiet verlassen. Sie ist jedoch spätestens im Mai 1999, offenbar sogar deutlich früher (das SG ist von einer Wiedereinreise der Klägerin im Januar 1999 ausgegangen), und damit innerhalb der gesetzlichen Sechsmonatsfrist erlaubt wieder zurückgekehrt. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen verlangt § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG keine besondere Qualität dieser Wiedereinreise. Dem Wortlaut des Gesetzes ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass die "Wiedereinreise" zu einem bestimmten, qualifizierten Zweck erfolgen muss. Auch unter systematischen Gesichtspunkten lässt sich eine Anforderung dergestalt, dass die Wiedereinreise etwa der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts dienen müsse, nicht begründen. Das Gegenteil ist der Fall.
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Wenn der Anspruch der Klägerin nach § 1 Abs 6 OEG nur voraussetzt, dass sie sich als Positivstaatlerin, die mit einer Ausländerin nach § 1 Abs 5 OEG in gerader Linie verwandt ist, im Zeitpunkt der erlittenen Gewalttat rechtmäßig vorübergehend für längstens sechs Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat, muss ihre Wiedereinreise iS des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG unter den gleichen Voraussetzungen ausreichend sein, es sei denn, im Gesetz wären weitergehende Anforderungen geregelt worden. Letzteres ist nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG vielmehr erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass ein vorübergehender Auslandsaufenthalt (von weniger als sechs Monaten) auch die nach § 1 Abs 6 OEG erworbene Rechtsposition unberührt lässt.
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Nach alledem kommt es für die abschließende Entscheidung des Rechtsstreits zugunsten der Klägerin nicht mehr darauf an, ob der Klägerin - was zweifelhaft erscheint (vgl BSG Urteil vom 11.3.1998 - B 9 VG 2/96 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 13) - gemäß § 1 Abs 4 OEG Anspruch auf Grundrente nicht nur ab dem 1.5.2004, sondern auch im streitigen Zeitraum von Januar 1999 bis April 2004 - also für die Zeit vor dem Beitritt Polens zur EG - hat.
(1) Die in § 1 Buchstabe d des Fremdrentengesetzes genannten Personen, die während des Krieges als ausländische Arbeitskräfte im Gebiet des Deutschen Reichs beschäftigt waren, gelten für die Zeiten als nachversichert,
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in denen sie der Versicherungspflicht unterlegen haben, ohne daß für sie Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen entrichtet worden sind oder als entrichtet gelten, - b)
in denen sie der Versicherungspflicht unterlegen hätten, wenn sie nicht als Ausländer von der Versicherungspflicht ausgenommen gewesen wären.
(2) Die Nachversicherung gilt als durchgeführt in den Fällen des Absatzes 1 Buchstabe a in dem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherungen, in dem die Versicherungspflicht bestanden hat,
in den Fällen des Absatzes 1 Buchstabe b in dem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherungen, in dem die Versicherungspflicht bestanden hätte, wenn der Beschäftigte nicht als Ausländer von der Versicherungspflicht ausgenommen gewesen wäre.
(3) Soweit eine Nachversicherung als durchgeführt gilt, gelten die daraus erworbenen Anwartschaften sowie Anwartschaften aus Beiträgen, die für Zeiten entrichtet worden sind, die vor den in Absatz 1 genannten Zeiten liegen, als bis zum 31. Dezember 1956 erhalten.
(4) Die Weiterversicherung in den gesetzlichen Rentenversicherungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften; hierbei gelten die Zeiten der Nachversicherung als Zeiten, für die Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung entrichtet sind.
(5) Für die Feststellung der Leistungen gelten die Vorschriften über die Feststellung von Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bei verlorengegangenen, zerstörten, unbrauchbar gewordenen oder nicht erreichbaren Versicherungsunterlagen entsprechend.
(6) Ist wegen der in Absatz 1 getroffenen Regelung eine laufende Rente neu festzustellen, so ist die Neufeststellung rückwirkend zum Zeitpunkt des Rentenbeginns, frühestens zum 1. Januar 1959, vorzunehmen; die Unterschiedsbeträge sind nachzuzahlen.
(7) Der Bund erstattet den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen im Versicherungsfall die auf die Zeiten nach Absatz 1 entfallenden Leistungen.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten vom 1. Januar 1992 an nur noch für Personen, die einen Anspruch auf eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu berechnende Rente haben oder aufgrund der Nachversicherung erwerben würden.
(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist.
(2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.
(3) In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.
(4) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 des Zehnten Buches ist ausgeschlossen.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.