Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 05. Juli 2018 - L 6 P 12/17 B PKH


Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 04. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
- 1
Streitig ist der Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein erstinstanzliches Eilverfahren, mit welchem die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme für die Durchführung einer künstlichen Ernährung beantragt worden war.
- 2
Der in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe untergebrachte 14jährige Antragsteller wird seit Jahren parenteral mittels Sondenkost ernährt. Nachdem die Krankenkasse sich für die Kosten der Sondenernährung während des Besuchs der Förderschule nicht zuständig gesehen hatte, leitete der Sozialhilfeträger einen entsprechenden, an ihn gerichteten Antrag an die Antragsgegnerin weiter, da eine Prüfung des Antrages „keine Zuständigkeit des Sozialamtes nach dem SGB XII ergeben“ habe. Vielmehr handele es sich um eine reine Pflegeleistung. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag gegenüber dem Antragsteller unter Hinweis auf seine vollstationäre Unterbringung ab (Bescheid vom 08. März 2016, Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2016). Über die hiergegen erhobene Klage (S 27 P 46/16) hat das Sozialgericht Schwerin noch nicht entschieden.
- 3
Den am 22. März 2017 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 04. Mai 2017 mangels Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes abgelehnt. Bei vollstationärer Unterbringung in einer Einrichtung der Behindertenhilfe werde die Leistung der Pflegekasse durch pauschale Übernahme eines Teils der Einrichtungskosten erbracht. Daneben bestehe kein Anspruch auf zusätzliche Pflegeleistungen. Zudem sei trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts die Eilbedürftigkeit des Antrags nicht glaubhaft gemacht worden. Mit einer Einstellung der bisherigen Leistungserbringung, in wessen Kostenträgerschaft auch immer, sei daher nicht zu rechnen. Unter Hinweis auf die vorstehende Begründung hat das Sozialgericht mit dem gleichen Beschluss die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.
- 4
Die hiergegen am 23. Mai 2017 erhobene Beschwerde hat der Antragsteller in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem der Sozialhilfeträger seine vorläufige Leistungspflicht anerkannt hat. Seine Prozesskostenhilfe-Beschwerde hat der Antragsteller hingegen aufrechterhalten.
II.
- 5
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
- 6
Das Sozialgericht hat die hinreichenden Erfolgsaussichten zu Recht verneint.
- 7
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält der Beteiligte eines sozialgerichtlichen Verfahrens dann Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
- 8
Von hinreichender Erfolgsaussicht ist in tatsächlicher Hinsicht regelmäßig dann auszugehen, wenn zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Ermittlungsmaßnahmen des Gerichts erforderlich sind bzw. vom Sozialgericht für erforderlich erachtet werden und in rechtlicher Hinsicht, wenn die maßgebliche Rechtsfrage in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang ungeklärt ist und der der Klägerseite zum Erfolg verhelfende Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint. Es reicht aus, wenn eine hinreichende Erfolgsaussicht nur hinsichtlich eines – nicht gänzlich unbedeutenden – Teils des Klagebegehrens zu bejahen ist. Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen, welche regelmäßig dann anzunehmen ist, wenn neben dem Antrag die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit vollständigen Anlagen eingegangen sind.
- 9
Der im Wege der einstweiligen Anordnung verfolgte Anspruch besteht ungeachtet der fehlenden Eilbedürftigkeit schon aus Rechtsgründen nicht. In der Zeit, in der sich der Pflegebedürftige – wie vorliegend der Antragsteller – in einer Einrichtung im Sinne von § 43a SGB XI (vollstationäre Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen) aufhält, kommen neben der pauschalierten teilweisen Übernahme des Heimentgelts andere Leistungen der sozialen Pflegeversicherung grundsätzlich nicht in Betracht (Leitherer, in: KassKomm, SGB XI, § 43a, Rn. 3; s.a. BSG, Urteil vom 26. April 2001 - B 3 P 11/00 R). Der Antragsteller ist auch an Schultagen im vorgenannten Sinne untergebracht, sodass insbesondere die hier streitigen Pflegesachleistungen ausscheiden. Leistungen der häuslichen Krankenpflege gem. § 37 SGB V sind vorliegend nicht in Streit, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat. Ob es sich bei der Verabreichung von Sondennahrung um einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege handelt, die im Rahmen der Eingliederungshilfe und damit vom Sozialhilfeträger zu erbringen sind (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R, Rn. 35), kann im vorliegenden Verfahren daher dahinstehen.

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in einer vollstationären Einrichtung im Sinne des § 71 Absatz 4 Nummer 1, in der die Teilhabe am Arbeitsleben, an Bildung oder die soziale Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen, übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Absatz 2 genannten Aufwendungen 15 Prozent der nach Teil 2 Kapitel 8 des Neunten Buches vereinbarten Vergütung. Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall je Kalendermonat 266 Euro nicht überschreiten. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 Nummer 3, die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach Teil 2 des Neunten Buches erhalten. Wird für die Tage, an denen die Pflegebedürftigen im Sinne der Sätze 1 und 3 zu Hause gepflegt und betreut werden, anteiliges Pflegegeld beansprucht, gelten die Tage der An- und Abreise als volle Tage der häuslichen Pflege.
(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.
(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.
(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.
(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.
(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.
(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.
(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.
(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.
(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.
(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.
(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.
(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.