Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12

bei uns veröffentlicht am27.05.2015

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. April 2012 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Der Klägerin werden aus den Gerichtskosten 500,00 € auferlegt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) streitig.

2

Die 1953 in O. geborene Klägerin ist seit dem 1. Februar 2001 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) B. als Sozialpädagogin beschäftigt. Mit einem am 18. Juni 2008 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben teilte die Klägerin mit, sie müsse davon ausgehen, dass ohne jedwede Sicherheitsvorkehrungen ausgelöste Dämpfe aus einem lösungsmittelhaltigen Bohnerwachs, das über einen langen Zeitraum in der JVA B. ausgekippt und verrieben worden sei, bei ihr Gesundheitsbeschwerden verursacht hätten. Insoweit mache sie eine „Schadensmeldung“. Sie habe herausgefunden, dass ein Mitarbeiter des Berufsförderungswerkes (BFW) seit langem mit einem lösungsmittelhaltigen flüssigen Bohnerwachs gearbeitet gehabt habe, ohne ansatzweise die Vorschriften eingehalten zu haben, die sich aus dem beigefügten Sicherheitsdatenblatt ergäben. Sie sei der Angelegenheit selber nachgegangen, da sie seit etwa einem Jahr unter unerklärlichen Gesundheitsproblemen leide und am 8. Mai 2008 mit einer Gaswolke konfrontiert worden sei, durch die sie fast in Ohnmacht gefallen wäre. Anschließend habe sie unter Benommenheit, Muskelkrämpfen, starken Kopfschmerzen sowie Atemproblemen und Schwächeanfall gelitten. Die Reinigungsarbeiten hätten etliche Stunden gedauert, eine Lüftung sei völlig ausgeschlossen. Oft habe sie Muskelkrämpfe nach dem Einatmen der Dämpfe bekommen. An zwei Tagen sei sie mit dem Fahrrad umgekippt, obwohl sie sportlich sei und täglich mit dem Rad zur Arbeit fahre. Am 9. Mai habe sie aufgrund des Vorfalles den Mitarbeiter des BFW, Herrn L., gefragt, mit welchen Substanzen er denn eigentlich arbeite. Er habe ihr einen blauen Kanister gezeigt, sie habe sich daraufhin alle darauf befindlichen Angaben zum Inhalt abgeschrieben und sich eine Probe des Inhaltes geben lassen und sie an das Gesundheitsamt A-Stadt geschickt. Dieses habe die Proben an das Amt für Arbeitsschutz in R. hoffentlich weitergeleitet. Sie habe vom Amt A-Stadt das entsprechende Sicherheitsdatenblatt erhalten. Entsprechende schriftliche Antworten etwa ihres Arbeitgebers auf ihre Anfragen etc. seien nicht beantwortet worden. Sie sei auch nicht zum Betriebs- oder Amtsarzt geschickt worden. Im Übrigen sei sie jahrelang in der sog. Suchtabteilung der Haftanstalt zum passiven Rauchen gezwungen gewesen worden, mittlerweile bestehe ein Rauchverbot. Obwohl sie selbst schon immer Nichtraucher sei, habe sie mehrfach unter schwerer Bronchitis, Luftröhren- und Kehlkopfentzündungen gelitten. Nach ihrer Umsetzung in ein Büro in der Krankenabteilung sei sie zunächst davon ausgegangen, sich endlich wieder erholen zu können. Bedauerlicherweise habe der Umgang des Reinigungspersonals mit hochgiftigen Dämpfen eine weitere, leider ebenfalls sehr riskante Belastung der Atemluft und Fortsetzung der Beschädigung ihrer Gesundheit am Arbeitsplatz zur Folge.

3

In einer ärztlichen Anzeige über einen Verdacht auf das Vorliegen eine Berufskrankheit teilte der die Klägerin behandelnde Allgemeinmediziner Dr. H. im Juli 2008 der Beklagten mit, dass bei der Klägerin als BK die Intoxikation von Benzol in Betracht komme. Erstmalig im Juni/Juli 2007 seien bei der Klägerin ein erhöhter CK-Wert (Creatinin Kinase) festgestellt worden. In der beigeführten Unfallanzeige der JVA B. vom 3. Juli 2008 hieß es, am 8. Mai 2008 sei in der JVA im Bereich des C-Flügels „Krubo Bohnerwachs“ zu Reinigungsarbeiten eingesetzt worden. Die Klägerin habe an diesem Tage mehrfach durch diesen Bereich gehen müssen, infolge des Einatmens der Bohnerwachsausdünstung habe die Klägerin u. a. über Unwohlsein, Kopfschmerzen, Schwindelattacken und das Gefühl einer Verätzung ihrer Schleimhäute im Nasen-Rachen-Bereich geklagt. Die Klägerin habe seit dem 30. Mai 2008 ihre Arbeit eingestellt, nach ihrer Aussage sei die Arbeitseinstellung aufgrund einer toxischen Myositis (entzündliche Muskelreaktionen), hervorgerufen durch den geschilderten Sachverhalt, erfolgt.

4

Im Laufe des Ermittlungsverfahrens teilte die Klägerin dann mit, dass sie einen zweiwöchigen stationären Aufenthalt in der Südstadtklinik R. hinter sich gebracht habe und am 26. Juni 2008 dort entlassen worden sei. Ihre Diagnosen hätten dort gelautet: Toxische Myositis; Toxische Polyneuropathie. Die bei ihr festgestellten Vergiftungserscheinungen seien vor ca. einem Jahr aufgetreten, die in dem flüssigen Bohnerwachs enthaltenden Einzelchemikalien seien hochgradig gesundheitsschädlich. Dies gelte insbesondere für Benzol. Langzeitschäden wie Krebs seien nicht auszuschließen. U. a. habe auch ein Kanister der „Chemie" trotz des damaligen Verbotes z. B. auch direkt neben ihrem Büro gestanden und viele Stunden sei dieser auf ihrem Büroflur entleert worden. Im Übrigen beschreibe das Sicherheitsdatenblatt, welches sie erhalten habe, die „moderne" Zusammensetzung des Stoffes. Es sei unbedingt zu beachten, dass der verwendete Stoff jedoch ein Altprodukt sei, das von vor 1993 stamme. Auf dem Kanister, welchen ihr der Reinigungsausbilder Herr L. gezeigt habe, stehe unzweideutig das Herstellungsdatum 1993. Seit 1994 seien die Grenzwerte für Benzol mehrfach gesenkt worden. Zu prüfen sei, aus welchem Grund die Gefahrstoffverordnung nicht eingehalten worden sei. Es sei auch mitzuteilen, ob jemand und wenn ja welcher Mitarbeiter die Erlaubnis gegenüber dem „Reiniger" erteilt habe, ob und welche Sicherheitsvorkehrungen verfügt worden seien, wie häufig und wo der Stoff eingesetzt worden sei, ob eine ausdrückliche Belehrung des Reinigers erfolgt sei und ob er eine gültige Legimitation als Reinigungskraft besitze. Herr L. sei schon vor einigen Jahren als Reiniger in der Haftanstalt tätig gewesen, in dieser Zeit habe sie mehrfach völlig unerklärbare schwere Lungenprobleme erlitten und sei mehrfach arbeitsunfähig gewesen. Die Symptome seien während der Krankschreibung deutlich zurückgetreten und seien nach erneuter Arbeitsaufnahme wieder aufgetreten und zunehmend schwerer. Sie habe auch zunehmend schlechter sehen können und sei vom Betriebsarzt zur Augenklinik geschickt worden. Sie leide unter dem Abriss eines Tränenfilmes und habe ein Medikament erhalten. Sie begehre u. a. auch die Gewährung von Verletztengeld.

5

Die Beklagte zog von den die Klägerin behandelnden Ärzte medizinische Unterlagen bei und holte Auskünfte ein. Der Allgemeinmediziner Dr. H. teilte der Beklagten mit, die Klägerin im Juni 2007 wegen grippaler Infektionserscheinungen behandelt zu haben. In der Folgezeit hätten sich Muskelschmerzen, Ischialgien, Appetitmangel, Gewichtsabnahme, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Parästhesien eingestellt. Er habe einen erhöhten CK-Wert festgestellt und die Klägerin zur rheumatologischen Diagnostik in das Krankenhaus A-Stadt überwiesen, nachdem eine neurologische Diagnostik befundlos geblieben sei. Dort sei im Juli 2007 neben einer Lumboischialgie links und einer Erythema migrans (Wundröte durch Zeckenstich) am linken Oberschenkel der Verdacht auf eine Myositis nach abgelaufener CK-Erhöhung festgestellt worden. In der Zeit vom 15. Mai 2008 bis zum 17. Mai 2008 und ab dem 30. Mai 2008 sei die Klägerin krank geschrieben worden und wegen Muskelschmerzen, Abgeschlagenheit sowie Müdigkeit, Übelkeit, Augenbrennen, Hautrissen sowie Parästhesien und Ohrensausen behandelt worden.

6

Die Klinik für Innere Medizin 2 in R., Klinikum Südstadt, berichtete unter dem 26. Juni 2008, dass die Klägerin sich dort vom 16. Juni bis 26. Juni 2008 in stationärer Behandlung befunden habe. Als Diagnosen seien gestellt worden:

7

- toxische Myositis

8

- toxische Polyneuropathie

9

- Z. n. Hysterektomie 1993

10

- Z. n. Tonsillektomie

11

- Z. n. Unterleibszyste 2007.

12

Die stationäre Aufnahme der Klägerin sei aufgrund von seit einem Jahr bestehenden Muskelschmerzen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Augenbrennen, Hautrissen, Parästhesien und Ohrensausen erfolgt. Ambulant habe sich die CK deutlich erhöht, so dass die Einweisung zur Abklärung einer rheumatischen Grunderkrankung erfolgt sei. Die Klägerin habe von einem Zusammenhang mit einer Exposition von Chemikalien am Arbeitsplatz berichtet, die Patientin arbeite in einer Haftanstalt. Dort seien die Fußböden über Monate hinweg mit einer nicht zugelassenen Substanz gereinigt worden. Sämtliche Arbeitskollegen hätten unter ähnlichen gesundheitlichen Problemen gelitten, seit etwa drei Wochen sei die Sache geklärt worden, das Reinigungsmittel werde seitdem nicht mehr verwendet. Die Beschwerden hätten seitdem nachgelassen. Ambulant hätte sich beim Hausarzt eine CK-Erhöhung gezeigt, sodass die Aufnahme zur Abklärung einer rheumatologischen Grunderkrankung erfolgt sei. Laborchemisch hätten sie lediglich noch eine leichte CK-Erhöhung, die sich im Verlauf gänzlich normalisiert habe, gesehen. Sämtliche Antikörper hätten sich negativ gezeigt. Die Entzündungswerte hätten sich im Normbereich gefunden. Somit stelle sich auch keine Indikation zur Muskelbiopsie. Es hätte sich bei der klinischen Untersuchung eine Polyneuropathie bei eingeschränktem Vibrationsempfindungstest gezeigt, so dass die Klägerin mit Thioctacid-Infusionen behandelt worden sei. Hierunter habe sich eine deutliche Besserung gezeigt, insgesamt hätten sämtliche Symptome im Laufe des stationären Aufenthaltes nachgelassen. Am ehesten gehe man von einer toxischen Myositis sowie Polyneuropathie nach Chemikalieneinwirkung aus. Die Klägerin fühle sich seit der „Sanierung“ der Arbeitsstelle zunehmend besser. Die Klägerin werde in gutem Allgemeinzustand in die ambulante Weiterbetreuung entlassen.

13

In der Zeit vom 5. November bis zum 17. Dezember 2008 führte die Klägerin in der Neurologischen Abteilung der Segebergkliniken eine Kur durch wegen Gefühlsverlust und Kribbelparästhesien in beiden Händen, Taubheitsgefühlen im linken Unterschenkel und des Kniegelenkes sowie Kopfschmerzen, Hörverlust beidseits und allgemeiner körperlicher Schwäche. Die Klinik teilte u. a. mit, die ätiologische Einschätzung der geringgradigen CK-MB-Erhöhung sei derzeit bei fehlenden Laborwerten nicht möglich. Bei Entlassung habe sich lediglich noch eine diskrete Einschränkung der allgemeinen Kondition gezeigt, für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe eine Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten über sechs Stunden und mehr. Die Klägerin werde als arbeitsfähig in die Häuslichkeit entlassen (Reha-Bericht vom 24. Dezember 2008 der Klinik Bad S.).

14

Der die Klägerin von 1997 bis Juli 2007 behandelnde ehemalige Hausarzt der Klägerin, Dr. J. H., teilte u. a. unter Übersendung weiterer medizinischer Unterlagen am 8. Dezember 2008 der Beklagten mit, die Klägerin habe seit Sommer 2003 immer wieder über Atemwegsinfekte geklagt, auch mit Dyspnoe. Die Klägerin habe über den Verdacht auf einen Giftanschlag durch ein Pflanzengift in der JVA berichtet, sie habe immer wieder über Husten und Heiserkeit geklagt. Die Klägerin habe unter starkem emotionalen Druck gelitten, aber auch über „Postmenopausenbeschwerden“ wie Flush, nächtlichem Schweißausbruch und Muskelverspannung. Während der gesamten Beobachtungszeit sei eine starke emotional geprägte Unzufriedenheit mit ihrer sozialen Situation zu spüren gewesen. Sie habe zunächst alleinerziehend mit ihren beiden Kindern gelebt. Hinsichtlich ihrer Qualifikation sei sie allen anderen Mitarbeitern deutlich überlegen gewesen und habe keine ausreichende Anerkennung gefunden.

15

Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten teilte in einer ersten Stellungnahme hinsichtlich des Ergebnisses der Ermittlungen vor Ort am 13. November 2008 u. a. mit, dass das eingesetzte Bohnerwachs nicht mehr aus DDR-Beständen stamme. Das Etikett des Kanisters trage das Datum vom 22. März 1994, es habe sich um einen Restbestand gehandelt, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Büro des Sicherheitsingenieurs aufbewahrt werde. Am 9. Mai 2008 habe sich die Klägerin von Herrn L. eine Probe des Bohnerwachses geholt und vom Landkreis A-Stadt/Gesundheitsamt Sicherheitsdatenblätter abgefordert. Nach Aussage von Frau B. vom „Fachbereich Arbeit und Versorgung“ in der JVA A-Stadt lägen der Klägerin sämtliche Sicherheitsdatenblätter vor. Es seien drei Bedienstete befragt worden, die am 8. Mai 2008 ebenfalls in der JVA anwesend gewesen seien. Diese hätten auch teilweise über Kopfschmerzen geklagt und den Auslöser insofern nur einer Geruchsbelastung zuordnen können. Teilweise hätten die Mitarbeiter keine Geruchsbelastungen festgestellt. Die Analyse des Krankenstandes habe ergeben, dass weder Krankschreibungen von Bediensteten noch von Gefangenen vorgelegen hätten, die auf den Einsatz des Bohnerwachses „Krubo“ zurückzuführen seien. Die Klägerin selbst habe den Arzt erst am 15. Mai 2008 aufgesucht, der sie bis zum 17. Mai 2008 arbeitsunfähig geschrieben habe. Seit 30. Mai 2008 liege eine durchgängige Krankschreibung vor. Die letzte Lieferung des Bohnerwachses sei 1994 gewesen. Es sei davon auszugehen, dass flüssiges Bohnerwachs bis ca. 1995 auf den Fluren des alten Hafthauses regelmäßig eingesetzt worden sei. Aufgrund der leichten Entflammbarkeit und damit erhöhten Brandgefahr sei es aus dem Sortiment genommen worden, gesundheitliche Bedenken beim Einsatz des Bohnerwachses habe es keine gegeben. Es sei eine Mappe mit den eingesetzten Reinigung- und Desinfektionsmitteln in der JVA B. übergeben worden. Recherchen hätten ergeben, dass das Bohnerwachs letztmalig am 9. Dezember 1994 bestellt und geliefert worden sei. Damit sei belegt, dass es sich beim Einsatz des Bohnerwachses am 8. Mai 2008 um einen Restbestand gehandelt habe.

16

In einer weiteren Stellungnahme zur Arbeitsexposition der Klägerin im Hinblick auf eine BK 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) hieß es u. a., dass bezüglich der Vorortermittlungen vom 15. Januar bis 11. Februar 2009 unter Berücksichtigung und Auskünften des Herstellers des entsprechenden Bohnerwachses Krubo sowie Unterlagen des Landkreises A-Stadt, Gesundheitsamt, und unter Berücksichtigung des Protokolls zu den arbeitstechnischen Ermittlungen mit verschiedenen Gesprächspartnern sich Folgendes ergäbe: Die Reinigungsarbeiten in der JVA würden unter Leitung von Herrn L. von Gefangenen ausgeführt, die während ihrer Haftzeit eine Ausbildung zum Gebäudereiniger erhielten. Die in der Haftanstalt eingesetzten Reinigungsmittel unterlägen der Beschaffung durch die JVA, eine Zusammenstellung der seit Jahren eingesetzten Produkte einschließlich der dazugehörigen Sicherheitsdatenblätter liege sowohl der Unfallkasse als auch der Klägerin vor. Es handele sich dabei um Produkte der verschiedenen Firmen T. GmbH und Dr. Sch. GmbH. Die Produkte könnten sowohl im manuellen Nasswischverfahren als auch im Reinigungsautomaten ausgebracht werden. Gesundheitsgefährdende Beeinträchtigungen seien unter Beachtung der Herstellerangaben nicht zu erwarten. Nach Renovierungsarbeiten im Verwahrgebäude, C-Flügel, der JVA B. und erfolgter Grundreinigung sei der Fußboden sehr ausgeblichen gewesen. Zur Verbesserung des Farbergebnisses sei am 8. Mai 2008 aus einem Kanister flüssiges rotbraunes Bohnerwachs ausgebracht worden, das sich noch im Keller der Haftanstalt befunden habe. Der Inhalt des Kanisters sei mit drei Litern eingeschätzt worden. Nach Unterweisung der Gefangenen durch Herr L. hätten die Reiniger auf dem Flur ca. 250 ml Bohnerwachs in der Zeit von 12.00 Uhr bis 13.15 Uhr auf einer Fläche von 60 qm ausgebracht. Hierbei habe es sich um den Restbestand des Bohnerwaches „Krubo" (Datum des Kanisteretiketts: 22. März 1994) gehandelt, das bis ca. 1995 regelmäßig eingesetzt worden sei. Der Nachweis der letztmaligen Beschaffung am 9. Dezember 1994 sei ersichtlich aus den Rechnungskopien, die sich im Protokollanhang befänden. Nach Aussage des Herstellers gebe es für das Bohnerwachs Krubo kein Verfallsdatum, sodass sich die Etikettenangabe aus dem Jahr 1994 auf das Herstellungsdatum beziehe. Bohnerwachs zersetze sich nicht, sondern bleibe Wachs. Die Haltbarkeit sei unbegrenzt. Es handele sich um einen einmaligen Einsatz des Bohnerwachses am 8. Mai 2008. Das Bohnerwachs „Krubo" sei seiner Zeit aufgrund der Kennzeichnung des Produkts mit dem Gefahrenhinweis „entzündlich" und der damit verbundenen erhöhten Brandgefahr durch Missbrauch aus dem Sortiment der JVA B. genommen worden und nicht aufgrund gesundheitlicher Bedenken. Dieses Bohnerwachs werde nach wie vor produziert und eingesetzt, u. a. auch in öffentlichen Einrichtungen. Die entsprechenden Sicherheitsdaten würden ständig aktualisiert und den Änderungen im Regelwerk angepasst. Das Produkt „Krubo"-Bohnerwachs flüssig rotbraun enthalte eine Lösung von Wachsen eines aliphatisch/aromatischen Kohlenwasserstoffgemisches (Kristallöl) sowie Duft- und Farbstoffe. Hierzu gehörten verschiedene Bestandteile. Phenol werde bei der Produktion nicht eingesetzt. Die Klägerin habe keine Tätigkeiten mit Bohnerwachs ausgeführt, sondern lediglich den Flur zum C-Flügel in der Haftanstalt ca. viermal (nach eigenen Aussagen) passiert und die Gerüche als Belastung wahrgenommen. Dass dieses Bohnerwachs giftig für die Menschen sei, gehe aus dem Sicherheitsdatenblatt nicht hervor. Dieser Nachweis sei lediglich für Wasserorganismen erbracht worden, da es bei Einleitung des Produktes in Gewässer zu langfristigen schädlichen Wirkung kommen könne.

17

In der Haftanstalt B. hätten aufgrund des Ereignisses vom 8. Mai 2008 weder Krankschreibungen von Bediensteten noch von Gefangenen vorgelegen, die auf einen Einsatz dieses Bohnerwachses zurückzuführen seien. Der Hersteller habe mit Schreiben vom 15. Juli 2008 bestätigt, dass er die Rezeptur des Produktes Krubo Bohnerwachs flüssig rotbraun seit 1993 nicht verändert habe. Es werde weiterhin das Lösungsmittel Kristallöl 30 verwendet. Bei den von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten sei davon auszugehen, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne einer BK 1317 nicht vorlägen.

18

Im Auftrag der Beklagten erstattete Prof. Dr. H., Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie aus B., unter dem 25. April 2009 ein internistisches Gutachten unter Auswertung der ärztlichen Vorbefunde sowie einer eigenen ambulanten Untersuchung der Klägerin am 16. März 2009. In seinem Gutachten führte Prof. Dr. H. u. a. aus, dass die Klägerin ihm gegenüber angegeben habe, dass sie sich jetzt wieder relativ wohl fühle und keine Muskelschmerzen und keine Empfindungsstörungen mehr habe. Ein krankhafter Befund von klinischer Relevanz liege bei der Klägerin nicht vor. Es bestehe eine leichtgradige Erhöhung der Creatin-Kinase (CK) durch makromolekulare CK Typ I ohne Myopathie.

19

Der Verdacht, dass hier eine Myositis vorliegen könnte, basiere in erster Linie auf den erhöhten CK-Werten, die seit Mitte 2007 bei der Klägerin dokumentiert seien. Die CK- Werte seien nur leicht erhöht und schwankten offenbar, so dass zwischenzeitlich auch normale CK-Werte vorhanden gewesen seien. Bei der jetzt durchgeführten gutachterlichen Untersuchung seien diese Werte wieder leicht erhöht ohne klinische Zeichen einer Muskelerkrankung gewesen. Auch eine Schilddrüsenunterfunktion, die zu einer CK-Erhöhung führen könne, habe sich wiederum ausschließen lassen. Für eine Muskelerkrankung aus dem Formenkreis der progressiven Muskeldystrophien habe sich klinisch keinerlei Hinweis gefunden; es hätten sich auch keine Anhaltspunkte für eine immunpathologische Myositis oder eine Herzmuskelerkrankung gefunden. Es lägen keine besonderen muskulären Belastungen oder Muskeltraumatisierungen vor. Bei der Isoenzymelektrophorese habe sich eindeutig makromolekuläre CK nachweisen lassen. Solche Komplexierungen von Enzymen mit Bildung von Makromolekülen seien, insbesondere bei der CK, bekannt ohne Verbindung zu einer spezifischen Erkrankung, d. h. auch bei gesunden Personen. Die Gründe einer solchen serologischen Atypie seien teilweise nicht geklärt. Wichtig sei für diesen konkreten Fall, dass das klinische Bild, der CK-Verlauf mit den nur leicht erhöhten und undulierenden Werten bei normalen Transaminasen sowie die Konstellation in der CK- Isoenzymelektrophorese eine makromolekuläre CK-Erhöhung ohne Muskelerkrankung belegten. Bei einer toxischen Myopathie fände sich eine völlig andere Konstellation, so dass hier eine toxische Myopathie sowohl in der dokumentierten Vorgeschichte als auch aktuell ausgeschlossen werden könne.

20

Dem Aspekt einer Borrelieninfektion, wie er in dem Arztbrief des Krankenhauses A-Stadt vom 18. September 2007 angesprochen sei, wolle er nicht weiter nachgehen. Es hätten sich keine Anhaltspunkte für klinisch relevante Borrelieninfektionen, insbesondere kein Anhalt für eine Spätborreliose, gefunden. Das Produkt des Bohnerwachses „Krubo“ stelle eine Lösung von Wachsen in aliphatisch/aromatischem Kohlenwasserstoffgemisch dar. Es enthalte Trimethylbenzene und Xylene, Naphtalene und Ethylbenzene in sehr niedriger Konzentration. Chronische Vergiftungen mit solchen Stoffen könnten zu einer Knochenmarkschädigung führen und gingen mit einem erhöhten Risiko hinsichtlich der Entwicklung bestimmter maligener Erkrankungen einher. Auch Schädigungen des Zentralnervensystems seien bekannt. Schädigungen der Skelettmuskulatur gehörten hierzu nicht. Die Klägerin habe, wie aus der Aktenlage hervorgehe, keinen Hautkontakt mit den Substanzen gehabt, sondern habe den Flur, der mit dem Flüssigkeitsbohnerwachs am 8. Mai 2008 behandelt worden sei, lediglich viermal passiert und die Gerüche als Belastung wahrgenommen. Eine klinisch relevante Intoxikation durch das Bohnerwachs „Krubo“ sei unwahrscheinlich. Es sei von einer ausschließlich inhalatorischen Exposition mit den genannten Stoffen in geringem Umfang auszugehen, die fast achtmonatige Krankschreibung lasse sich hiermit nicht begründen.

21

Er gehe nach den Schilderungen der Klägerin ihm gegenüber sowie nach der Aktenlage in Kenntnis der Vorgeschichte davon aus, dass es sich um ein psychosomatisches Beschwerdebild gehandelt habe, möglicherweise um eine larvierte Depression. Hierzu passten auch die Äußerungen des früheren Hausarztes Dr. H.. Die Klägerin sei aktuell im Wesentlichen beschwerdefrei. Ein krankhafter Befund habe sich nicht gefunden. Es handele sich bei der Erhöhung der CK-Werte um eine serologische Atypie und nicht um eine Erkrankung, die Erhöhung der CK stehe nicht in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Eine Entschädigung wie eine Berufskrankheit komme nicht in Betracht, wie sich aus diesen Ausführungen ergebe. Es sei hier in den Vorbefunden bzw. Arztbriefen der Verdacht auf eine Myositis geäußert worden, es liege weder eine Myositis noch im weiteren Sinne eine Myopathie vor. Die Krankschreibung sei nicht durch eine Berufskrankheit begründet worden. Im Übrigen ließen sich Beschwerden im Bereich des linken Beines auf eine Lumboischialgie zurückzuführen.

22

Die Gewerbeärztin Dipl.-Med. P. führte in ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 22. Mai 2009 u. a. aus, dass sie mit der Beurteilung des Gutachters übereinstimme. Anhand der umfangreichen Akte mit ausführlichen Stellungnahmen zur Arbeitsplatzsituation der Versicherten sowie der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. H. lasse sich in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Gutachters von ihrer Seite aus kein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin in der JVA und ihren gesundheitlichen Beschwerden wahrscheinlich machen. Die Gesundheitsbeeinträchtigungen müssten in Auswertung aller dokumentierten Befunde als berufsunabhängig angesehen werden.

23

Mit Bescheid vom 23. Juni 2009 lehnte daraufhin die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII ab. Auch die Voraussetzungen einer Entschädigung wie eine Berufskrankheit gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII lägen nicht vor. Zur Begründung führte die Beklagte u. a. aus, in Rahmen der gutachterlichen Untersuchung habe kein krankhafter Befund von klinischer Relevanz auf internistischem Gebiet festgestellt werden können. Bei der Klägerin handele es sich um eine serologische Atypie und nicht um eine Erkrankung. Eine von dem Hausarzt vermutete Erkrankung durch Benzol habe nicht nachgewiesen werden können. Einen Zusammenhang zwischen den erhöhten CK-Werten und der beruflichen Tätigkeit schließe der Gutachter aus. Unabhängig hiervon habe sich eine schädigende Exposition am Arbeitsplatz gegenüber Benzol nicht feststellen lassen. Eine Gefährdung allein durch das Passieren der mit Reinigungsmitteln und Bohnerwachs behandelten Flure und dem damit verbundenen Einatmen von Gerüchen habe nicht vorgelegen. Eine Erkrankung im Sinne der Berufskrankheiten-Verordnung habe sich nicht feststellen lassen. Auch seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer „Wie-Berufskrankheit“ nicht erfüllt. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht zu gewähren.

24

Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass ihr Hausarzt in die medizinischen Ermittlungen nicht ausreichend mit einbezogen worden sei. Dieser habe bestätigt, dass die CK-Werte erhöht gewesen seien. Sie weise darauf hin, dass sie seit Beginn der Vergiftungserscheinung zweimal wegen akuter Beschwerden in ein Krankenhaus habe eingeliefert werden müssen. Eine genaue Abklärung der Ursachen sei allerdings nicht erfolgt, da sich ihr Zustand immer wieder verbessert habe. Labordaten stammten aus einem Zeitraum, in dem sie wieder genesen sei. Im Übrigen seien die Ermittlungsergebnisse hinsichtlich des Kontaktes mit dem Bohnerwachs unzutreffend, er sei seit Anfang 2007 verwendet worden. Die Benutzung sei schon seit 1994 verboten worden. Eine Befragung der Zeugen, die für die Bearbeitung der Böden seit Anfang 2007 zuständig seien, sei unterblieben. Die von der Beklagten befragten Personen hätten sich im Zweifel selbst belastet, wenn sie erklärt hätten, dass das Wachs mehrfach benutzt worden sei. Einer der befragten Personen habe die Herausgabe eines Sicherheitsdatenblattes ihr gegenüber verweigert. Sie habe Kenntnis davon, dass die erkrankten Mitarbeiter ähnliche Symptome aufgewiesen hätten, wie sie selbst. Die Exposition sei weit umfangreicher gewesen als in der Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition beschrieben. Dass diese Dämpfe durchaus schädigende Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben könnten, werde auch aus dem Sicherheitsdatenblatt deutlich, wo unter Erste-Hilfe-Maßnahme angegeben werde, dass nach dem Einatmen „Ruhe, für Frischluft sorgen, Arzt hinzuziehen“ als Maßnahme zu ergreifen sei. Des Weiteren werde darauf hingewiesen, dass die Dämpfe zu Schläfrigkeit und Benommenheit führen könnten. Das Gutachten könne nicht überzeugen.

25

Der insoweit von der Beklagten um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme gebetene Prof. Dr. H. führte unter dem 3. September 2009 hierzu aus, dass er nochmals darauf hinweise, dass bei einer makromolekularen CK-Erhöhung der Durchschnittswert der Gesamt-CK im Laufe der Jahre in der Regel nur leicht erhöht sei, Schwankungen aber durchaus vorkämen sowohl zum Normalbereich hin als auch in den mehrfachen oberen Normbereich (hier etwa am 11. Juli 2007). Im Übrigen müsse man auch bei der Bewertung dieser Labordaten gewisse methodisch bedingte Schwankungen der Werte berücksichtigen. Der dokumentierte Langzeitverlauf der CK-Werte ohne klinische Symptomatik belege die genannten Diagnosen. Mit dem Widerspruch der Klägerin werde der Eindruck erweckt, dass die gutachterlichen Labordaten deshalb zu relativieren seien, da sie vier Monate nach der Gesundschreibung der Klägerin erhoben worden seien. Dem medizinischen Laien sei aber nochmals verdeutlicht, dass die Labordaten in dem hier dokumentierten zeitlichen Ablauf, insbesondere CK-Erhöhung und Isoenzymelektrophoresebefund bei der gutachterlichen Untersuchung seine Diagnose gesichert hätten. Dass sich die Muskelschmerzen und die Muskelkrämpfe im Laufe der Zeit spontan zurückgebildet hätten, sei nach wie vor zutreffend. Dass dies erst nach einer langwierigen gezielten medizinischen Behandlung abgeklungen sei, sei nicht richtig. Da man offenbar in der Diagnose nicht sicher gewesen sei, habe man folgerichtig von einer diesbezüglichen medikamentösen Behandlung Abstand genommen. Es sei schade, dass bei den umfangreichen Voruntersuchungen nicht an die Möglichkeit der makromolekularen CK-Erhöhung gedacht worden sei bzw. eine Enzymelektrophorese nicht veranlasst worden sei. Wahrscheinlich hätte man sich viel Aufwand sparen können. Die Klägerin sollte sich letztlich über diese nun vorliegenden Untersuchungsergebnisse freuen, denn eine Myopathie bzw. Myositis wäre eine tatsächlich ernstzunehmende Erkrankung gewesen.

26

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2009 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

27

Mit ihrer am 4. November 2009 vor dem Sozialgericht (SG) Rostock erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt, ihre „Erkrankung, insbesondere die Erhöhung der CK-Werte und die toxische Polyneuropathie“ als Berufskrankheit anzuerkennen. Zunächst hat sie auf die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Das verwendete Bohnerwachs enthielte Benzol, die Einwirkung dauere länger, als von der Beklagten ermittelt. Sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Voraussetzungen seien noch nicht aufgeklärt. Die Benutzung des Bohnerwachses sei seit 1994 verboten gewesen. Dieses Bohnerwachs „Krubo“ sei nicht nur an einem Tag sondern in der JVA öfters verwendet worden. Darüber hinaus könnten Firmen als Lieferanten der JVA befragt werden. Ebenso könne der Hersteller bzw. die Lizenznehmerin des Flüssigwachses befragt werden. Sie habe u. a. gegen die Reinigungsfirma, die das Bohnerwachs verarbeitet habe, eine Strafanzeige erstattet. Die JVA habe die Herausgabe von Datenblättern verweigert. Das Verfallsdatum des Reinigungsmittels sei weit überschritten gewesen. Insofern dürfte die Wirkung auch eine ganz andere sein als bei einem Reinigungsmittel der gleichen Sorte, bei dem die Haltbarkeitsgrenze noch nicht überschritten sei.

28

Die Klägerin hat beantragt,

29

den Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von der Südstadt Klinik R. festgestellten Diagnosen als Berufskrankheiten anzuerkennen.

30

Die Beklagte hat beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

33

Das Gericht hat die Akten der Staatsanwaltschaft R. (418 Js 22230/08) beigezogen und Kopien zu diesem Verfahren genommen. Hieraus ergibt sich, dass Proben des entsprechenden Bohnerwachses untersucht wurden und zwar durch das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M.. Veranlasst wurde diese Untersuchung durch die Polizeiinspektion A-Stadt - Kriminalkommissariat - weil u. a. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung eingeleitet worden sei. Es bestehe der Verdacht, dass beim Auftragen des Wachses Stoffe in die Umgebungsluft abgegeben worden seien, die durch Einatmen bei der Klägerin zu gesundheitlichen Schäden geführt hätten. Das zu untersuchende Bohnerwachs selbst stamme wahrscheinlich aus dem Jahre 1994, ein entsprechendes Sicherheitsdatenblatt von damals sei nicht mehr vorhanden. Anbei finde sich das Sicherheitsdatenblatt zu dem Bohnerwachs aus dem Jahre 2000. Nach Aussage des Herstellers gebe es für das Bohnerwachs Krubo kein Verfallsdatum, so dass sich die Etikettenangabe aus dem Jahre 1994 auf das Herstellungsdatum beziehe. Das Bohnerwachs solle sich nicht zersetzen sondern Wachs bleiben. Die Haltbarkeit sei unbegrenzt. Auch sei durch den Hersteller bestätigt worden, dass sich die Rezeptur des Produktes „Krubo" Bohnerwachs flüssig rotbraun seit 1983 nicht verändert habe. Insoweit sei eine aktuelle Probe des Bohnerwachses beim Herstellers geordert und zu Vergleichszwecken darüber hinaus auch zu untersuchen. Hierzu werde auch ein entsprechendes Sicherheitsdatenblatt aus dem Jahre 2006 übersandt. Es werde daher gebeten, diese Probe mit der sichergestellten Krubo-Flüssigkeit zu vergleichen (Gutachtenauftrag der Polizeidirektion R. vom 26. März 2010).

34

In dem Gutachten der Diplomchemikerin S. vom 31. Mai 2010 wurde zusammengefasst ausgeführt, die zur Untersuchung eingesandten Verdachts- und Vergleichsproben seien Verbraucherprodukte. Unter bestimmten räumlichen Verhältnissen, bei schlechtem Luftaustausch, sei eine gesundheitliche Beeinträchtigung bei exponierten Personen denkbar. Ob eine akut toxische und gesundheitsschädliche Konzentration durch den Reinigungsvorgang möglich gewesen sei, könne nicht abgeschätzt werden. Zur Angabe der Bewertung seien Angaben zu Einsatzmenge, Raumgröße und Temperatur zum Luftaustausch einzubeziehen. Grundsätzlich sollten gesundheitlich bedenkliche oder geruchlich unangenehme Substanzen in verbrauchernahen Erzeugnissen nicht enthalten sein bzw. sollte bei der Anwendung eine entsprechende Wartefrist eingehalten werden, bis der behandelte Raum wieder genutzt werden könne.

35

Nachdem die Staatsanwaltschaft R. unter dem 10. August 2010 zunächst das Ermittlungsverfahren gegen J. L. wegen fahrlässiger Körperverletzung eingestellt hatte, ist aufgrund einer Beschwerde der Klägerin bei der Generalstaatsanwaltschaft R. das Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen worden. Ausweislich einer staatsanwaltschaftlichen Verfügung vom 15. Oktober 2010 wurde dort festgestellt, dass der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung der Klägerin gegen den Beschuldigten L. auch nach erneuter Prüfung des Sachverhaltes nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit zu begründen sei. Hierzu müsse zum Einen nachgewiesen werden, dass der Beschuldigte dieses Reinigungsmittel in der JVA mehrfach und über einen längeren Zeitraum verwendet habe. Ferner werde ein Nachweis zu führen sein, dass die von der Klägerin angegeben gesundheitlichen Beeinträchtigung tatsächlich toxischen Ursprungs sei und dass bereits der von ihr beschriebene Kontakt, d. h. das Betreten des frisch gereinigten Flures, diese hervorgerufen habe. Bisher deuteten einzig die Angaben der Klägerin auf einen mehrfachen Gebrauch des Reinigungsmittels hin. Diese seien jedoch, was den tatsächlichen mehrfachen längeren Einsatz des Reinigungsmittels durch den Beschuldigten betreffe, wenig konkret und genügten alleine nicht, um einen entsprechenden Nachweis zu führen. Ermittlungsansätze wie Beobachtungen oder Aussagen weiterer Zeugen, die einen solchen Einsatz des Reinigungsmittels konkret bestätigen, ergäben sich bisher nicht aus den Akten. Es fehle auch bisher an einem entsprechenden Nachweis dafür, dass die von der Klägerin angegebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen tatsächlich auf eine Chemikalienvergiftung zurückzuführen seien. Und selbst für den Fall, dass ein solcher Nachweis zu erbringen wäre, sei jedoch unklar, ob die Gesundheitsbeeinträchtigung ursächlich auf den Gebrauch des Reinigungsmittels bzw. den Kontakt zurückzuführen sei. Das Gutachten des Landesamtes für Landwirtschaft habe hier keine konkreten Aussagen treffen können.

36

Allerdings sei der Beschuldigte L. wegen eines Verstoßes gegen die Gefahrstoffverordnung hinreichend verdächtigt. Nach Aussagen gehörter Zeugen sei das Reinigungsmittel in der JVA B. seit etwa 1995 nicht mehr verwendet worden, noch vorhandene Restbestände seien weggestellt worden, da es sich dabei um eine leicht entzündliche Flüssigkeit handele. Insoweit sei das Reinigungsmittel entsprechend dem Chemiegesetz einzuordnen. Dieser Umstand sei offensichtlich dem Beschuldigten bekannt gewesen, als er am 8. Mai 2008 einen Restbestand dieses in der JVA weggestellten Reinigungsmittels nochmals zur Reinigung eingesetzt habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt werden müssen und dadurch habe die konkrete Gefahr bestanden, dass sich durch Funkenschlag oder offenes Feuer das Reinigungsmittel entzünde, zumal es nach Angaben der Klägerin sehr großzügig aufgetragen worden sei. Eine solche Gefahr der Entzündung habe auch aufgrund des Umstandes bestanden, dass sich auf dem C-Flügel Hafträume befunden hätten und es den dort untergebrachten Gefangenen auch nach Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes erlaubt sei, in den Hafträumen zu rauchen. Da diese zu bestimmten Tageszeiten geöffnet seien und die Gefangenen sich auch auf dem Flur bewegen könnten, hätte offenes Feuer oder Zigarettenreste auf den Flur gelangen können.

37

Das Amtsgericht A-Stadt erließ unter dem 21. Dezember 2010 entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft einen rechtskräftigen Strafbefehl gegen Herrn L., da er fahrlässig Beschäftigte eine Tätigkeit habe aufnehmen lassen und dadurch das Leben oder die Gesundheit eines Anderen oder Fremden oder eine Sache von bedeutendem Wert gefährdet habe. Aufgrund seiner leichten Entzündlichkeit sei dieser Bohnerwachs als gefährlicher Stoff einzuordnen. Herr L. habe einen Verstoß gegen die Gefahrstoffverordnung in Verbindung mit dem Chemikaliengesetz begangen.

38

Darüber hinaus hat das SG Rostock weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen und klinisch-toxikologischen Gutachtens von Privatdozent Dr. rer. nat. Dr. med. C. K. aus B. vom 19. Mai 2011. Zuvor hatte der Sachverständige mitgeteilt, dass die Klägerin sich in einem Schreiben vom 9. Februar 2011 bereits an ihn gewandt habe und weitere Unterlagen eingereicht habe, so u. a. Unterlagen der Firma S. in R. hinsichtlich des Produktes Kristallöl 30.

39

In seinem Gutachten vom 19. Mai 2011 hat der Sachverständige zusammenfassend wie folgt ausgeführt: Es könne davon ausgegangen werden, dass das Ausmaß der Lösungsmittelexposition nicht die Beschwerden der Klägerin erkläre. Eine gefährdende Exposition mit Homologen des Benzols des in der Akte dokumentierten Expositionsszenarios sei nicht wahrscheinlich. Bei der Klägerin seien folgende Diagnosen nach Aktenlage gestellt worden:

40

1. Makro-CK Typ 1

41

2. Postmenopausales Syndrom (anamnestisch)

42

3. V. a. somatoforme Störung mit Gewichtsabnahme unklarer Ursache (~ 16 kg), anamnestisch

43

4. Lumboischialgie links

44

5. Fragliche diskrete Peroneusparese beidseits

45

6. Z. n. fraglichem Erythema migrans linker Oberschenkel

46

7. periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) mit Verschlüssen der A. femor. Superficialis beidseits, ausgeprägte Arteriosklerose und Mediakalzinose

47

8. Z. n. Hysterektomie 1993

48

9. Zustand nach Tonsillektomie

49

10. Zustand nach Unterleibszyste 2007

50

11. Rezidivierende Atemweginfekte.

51

Es bestehe keine Muskelerkrankung, die Bildung von Antikörpern gegen die körpereigene CK beim Typ 1 Makro-CK habe als solche keinen Krankheitswert. Anders verhalte sich bei dem Typ 2 Makro-CK, bei der meist eine bösartige Grunderkrankung bestehe. Ein Anhalt für eine Typ 2-Makro-CK bestehe bei der Klägerin nicht. Eine haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität für eine Berufskrankheit nach Nr. 1303 Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol, lägen nicht vor. Die aufgrund des von der Klägerin geschilderten Szenarios anzunehmende Exposition der Klägerin dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend sein, um diese BK auszulösen. Ungewöhnlich und gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechend sei der zeitliche Verlauf der Beschwerden bei der Klägerin nach der Exposition. Es sei typisch, dass die Beschwerden sehr schnell mit Beendigung der Lösungsmittelexposition abklängen, ungewöhnlich seien auch die langanhaltenden Beschwerden der Klägerin nach der Exposition mit Lösungsmitteln beim viermaligen Durchqueren eines Flures noch über Monate. Allerdings habe sie sich erst etwa eine Woche nach der Lösungsmittelexposition einem Arzt vorgestellt, der sie für zwei Tage krank geschrieben habe. Die bei der Klägerin anhaltenden Beschwerden ständen mit hoher Wahrscheinlichkeit in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der stattgehabten Lösungsmittelexposition. Auch die festgestellten Erhöhungen der CK stünden mit hoher Wahrscheinlichkeit in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer Lösungsmittelexposition, eine toxische Schädigung des Muskels gehöre überdies nicht zu den typischen Symptomen von Lösungsmitteln in Krubo-Wachs. Hautrisse ohne Hautkontakt mit Lösungsmitteln, Parästhesien bei akuter Belastung und Ohrensausen seien keine auf eine inhalative Lösungsmittelexposition zu beziehenden Symptome.

52

Hinsichtlich einer BK 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) sei auszuführen, dass sich eine Lösungsmittelpolyneuropathie sich in typischer Weise mit symmetrisch distalen, beinbetonten, sensomotorischen Ausfällen mit strumpf- bzw. handschuhförmiger Verteilung manifestierten, wobei es meist zunächst nur zu sensiblen, später dann auch motorischen Ausfällen komme. Die neurologischen Ausfälle seien in den Anfangsstadien komplett reversibel bei Beendigung der Lösungsmittelexposition. Bei einer Lösungsmittelenzephalopathie bestehe in typischer Weise eine sehr ausgeprägte Lösungsmittelexposition über Jahre und Jahrzehnte wie z. B. bei Spritzlackierern. Es sei aufgrund des von der Klägerin angegebenen und in der Akte dokumentierten Expositionsszenarios nicht wahrscheinlich, dass eine gefährdende Exposition der Klägerin bestanden habe. Die von ihr geschilderten akuten Symptome wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Übelkeit und Augenbrennen könnten durchaus während einer akuten Exposition mit den Lösungsmitteln aus Krubo-Bohnerwachs auftreten. Diese Symptome klängen üblicherweise unmittelbar nach Expositionsende ab. Bei der Klägerin habe ausweislich der Akten kein Anhalt für eine Polyneuropathie bestanden. Der in einem Arztbrief angegebene Verdacht auf eine beidseitige Peroneusparese sei von anderen Untersuchern nicht bestätigt worden. Eine isolierte Peroneusparese sei kein typisches Symptom einer Polyneuropathie, sondern habe meist ihre Ursache in degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule. Die über die unmittelbare Lösungsmittelexposition hinaus anhaltenden Beschwerden der Klägerin entsprächen nicht denen einer lösungsmittelbedingten Polyneuropathie oder einer Lösungsmittelenzephalopathie. Überdies stünden die von der Klägerin angegebenen anhaltenden Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der stattgehabten Lösungsmittelexposition. Es bestehe kein Anhalt für eine Berufskrankheit aufgrund von Lösungsmitteln.

53

Die Erkrankung der Klägerin sei nach medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf diese Einwirkungen zurückzuführen. Bei der Klägerin bestünden ausweislich der Akten einige Befunde und Erkrankungen, die die Beschwerden erklärten, wie etwa ein postmenopausales Syndrom und ein Verdacht auf eine somatoforme Störung. Es bestehe auch kein Anhalt für neue Erkenntnisse in der medizinischen Wissenschaft über einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Expositionen, wie sie bei der Klägerin ausweislich der Akten aufgetreten seien und ihrer Krankheit, die eine Anerkennung ihrer Krankheit „wie eine Berufskrankheit“ gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII begründen würde. Er stimme ausdrücklich in seiner Einschätzung und Beurteilung mit dem Vorgutachten von Prof. Dr. H. überein.

54

Ergänzend hat der Gutachter unter dem 7. Juni 2011 ausgeführt, dass sich auch unter Berücksichtigung der Akten der Staatsanwaltschaft R. bzw. deren Sichtung keine für die Beantwortung der Beweisfragen neuen und erheblichen Aspekte ergäben. Die Klägerin habe ihn darauf hingewiesen, dass in den Akten für die Beantwortung der Beweisfragen relevante Informationen enthalten sein könnten.

55

Durch Urteil vom 20. April 2012 hat das SG Rostock die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, hat es u. a. ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Anerkennung einer Berufskrankheit seien nicht erfüllt. Dies habe Dr. K. plausibel und nachvollziehbar begründet. Dieser habe mitgeteilt, dass die Voraussetzungen einer BK 1303 nicht vorlägen. Insgesamt habe das Bohnerwachs nur einen achtprozentigen Homologen-Anteil und sie sei den Expositionen sowohl am 8. Mai 2008 als auch bei den Anwendungen des Wachses im Jahr 2007 jeweils nur kurzzeitig inhalatorisch und nicht durch Hautkontakt ausgesetzt gewesen. Diese Exposition sei geeignet gewesen, allenfalls akute vegetative Reaktionen hervorzurufen, nicht jedoch lang anhaltende Beschwerden mit mehrmonatigen Krankschreibungen und ebenfalls nicht eine toxische Myositis oder eine toxische Neuropathie. Dafür spreche auch, dass bei anderen Bediensteten oder Gefangenen der JVA Krankschreibungen wegen dieser Symptome nicht erfolgt seien. Darüber hinaus stelle eine toxische Myositis keine typische Folge einer Benzolexposition dar. Ferner spreche der bei der Klägerin nachgewiesenen Makro-CK Typ 1-Laborbefund dagegen. Gleiches gelte auch für die BK 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische). Die Auslösung dieser BK setze in arbeitsmedizinischer Hinsicht eine jahre- bis jahrzehntelange Exposition mit Lösungsmitteln bei schlechten Belüftungsverhältnissen voraus, wie es bei der Klägerin nicht der Fall gewesen sei. Die Befunddokumente enthielten keinen Anhalt für die Annahme einer Polyneuropathie. Der Sachverständige habe auch ausgeführt, dass es keine neuen Erkenntnisse in der medizinischen Wissenschaft gebe, die die Anerkennung der Gesundheitsstörungen der Klägerin „wie eine BK“ gemäß § 9 SGB VII begründen könnte.

56

Gegen das ihr am 19. September 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. Oktober 2012 beim Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern Berufung eingelegt. Die vom Südstadtklinikum R. festgestellten Diagnosen seien als Berufskrankheit anzuerkennen. Das SG Rostock habe den tatsächlichen Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt. Die tatsächlich erfolgte Exposition sei falsch eingeschätzt worden. Es gebe bis auf den heutigen Tag keine einzige Laboranalyse zum tatsächlich verwendeten Wachs. Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe habe sich seit dem Jahr 1995 verändert, sie sei früher deutlich höher gewesen. Der Gutachter habe bei seiner Analyse Sicherheitsdatenblätter einbezogen, die nicht den tatsächlichen Mengenangaben entsprochen hätten. Die „Basis“ des Gutachtens sei falsch. Der Gutachter sei auch nicht auf die Frage eingegangen, in welchem Umfang das Wachs verwendet worden sei. Die Befragung der Reiniger aus dem Strafvollzug hätte hier Aufklärung gebracht. Die Inhaftierten hätten die Arbeitsmaterialien und die Kanister aus nachvollziehbaren Gründen vor ihrem Büro abgestellt. Der Geruch habe ins Büro ziehen können. Es sei auch flüssiges Wachs unter der Tür in ihr Büro geflossen. Es sei auch keine Prüfung erfolgt, inwieweit gefangene Teilnehmer des Reinigungskurses an Symptomen erkrankt seien, die auf das Wachs hätten zurückgeführt werden können. Es habe Inhaftierte gegeben, die ihr später mitgeteilt hätten, krank zu sein und ähnliche Symptome geschildert hätten. Eine Prüfung wäre anhand der Krankenakten möglich gewesen. Der Arbeitgeber habe im Übrigen falsche Informationen gegeben und habe die Bediensteten getäuscht, daher sei es zu einer falschen Datenlage über ihre Gesundheit gekommen. Es sei mit keinem Wort auf die lange Verfallsdauer und deren chemisch-physikalischen Folgen für die Luftverunreinigung eingegangen worden. Über die Vernichtung von Restkanistern nach 1994/1995 seinen keine Eintragungen vorgenommen worden. Hieraus folge, dass alle Kanister, deren Vernichtung bzw. ordnungsgemäße Rückgabe nicht notiert worden sei, in den Jahren seit der Reiniger Herr L. in der Anstalt die Kurse geleitet habe, verwendet worden seien. Auch sei keine Stellungnahme des Arbeitgebers dazu angefordert worden, was mit den Kanistern und dem Inhalt tatsächlich passiert sei. Es sei nicht aufgeklärt worden, aus welchem Grund die Anstalt überhaupt erlaubt habe, dass ein hoch explosives, lang verfallendes Lösungsmittelgemisch von Inhaftierten ausgekippt und von diesen und den nicht informierten Mitarbeitern eingeatmet worden sei. Einer gesetzlichen Verpflichtung im Hinblick auf die Ergreifung von Vorsichtsmaßnahmen sei der Arbeitgeber offensichtlich nicht nachgekommen. Im Übrigen sei die Beweislage für sie durch ihren Arbeitgeber deutlich erschwert worden, auch eine zielgerichtete medizinische Versorgung sei vereitelt worden. Schließlich sei sie im Rahmen des Strafverfahrens gegen den „Reiniger" nie gehört worden. Ihre damalige Ladung sei durch den Arbeitgeber nicht an sie weitergeleitet worden. Erst nach Rechtskraft habe sie eine schriftliche Nachricht über den ergangenen Strafbefehl erhalten.

57

Auch wenn es zutreffe, dass die Rezeption des Krubo-Bohnerwachses seit 1993 nicht verändert worden sei, sage dies nichts darüber aus, wie sich die Auswirkungen auf die Umwelt nach einer Lagerung von mehr als 15 Jahren darstellten. Die Behauptung, dass nur ein einmaliger Umgang mit diesem Stoff durch sie erfolgt sei, sei unzutreffend. Durch die Südstadt-Klinik R. sei am 26. Juni 2008 die Diagnose toxische Myositis und toxische Polyneuropathie gestellt worden. Diese Diagnosen seien anlässlich der akuten Erkrankung ermittelt worden, spätere Gutachten hätten nicht mehr anhand der aktuellen Befunde erstellt werden können, weil inzwischen eine wesentliche Besserung eingetreten sei. Den damaligen Diagnosen sei insoweit mehr Gewicht beizumessen. Längerfristig sei es nach Expositionsende zu einer Rückbildung der Symptomatik gekommen, dies sei jedoch nicht untypisch. Selbst wenn die Diagnosen nicht dem Schadensbild „100prozentig" entsprechen sollten, wäre die Erkrankung wie eine Berufskrankheit zu behandeln.

58

Die Klägerin beantragt,

59

das Urteil des Sozialgerichts Rostock wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2009 verurteilt, die vom Stadtklinikum R. festgestellten Diagnosen als Berufskrankheit anzuerkennen.

60

Im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, über den Antrag auf Gewährung von Verletztengeld zu entscheiden.

61

Die Beklagte beantragt,

62

die Berufung zurückzuweisen.

63

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, nach übereinstimmender gutachterlicher Auswertung der erhobenen Befunde unter besonderer Berücksichtigung des Behandlungsverlaufes und der relevanten Werte hätten die Verdachtsdiagnosen, welche ursprünglich im Südstadt-Klinikum R. gestellt worden seien, ausgeschlossen werden können. Zur Ursächlichkeit der von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden lägen mehrere Beurteilungen vor, welche dahingehend übereinstimmten, dass bei der Klägerin keine Berufskrankheit vorliege.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten L 5 U 68/12 - sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten (3 Bände) sowie Auszüge aus der oben erwähnten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.

Entscheidungsgründe

65

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

66

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat es hiermit die Beklagte abgelehnt, bei der Klägerin eine BK nach den Vorschriften des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) anzuerkennen sowie Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mangels Vorliegens einer BK zu gewähren.

67

In sachdienlicher Auslegung (vgl. § 106 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ihres in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrages geht der Senat von dem Vorliegen einer von der Klägerin vor dem SG Rostock erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG aus.

68

Die Klägerin hat ausweislich ihres Vortrages vor dem SG Rostock und auch nochmals auf Nachfrage des Senates in der mündlichen Verhandlung bestätigt, gegenwärtig nicht an einer gesundheitlichen Erkrankung bzw. gesundheitlichen „Beschwerden“ zu leiden. Eine Feststellungsklage im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG liegt hier nicht vor, da eine solche Klage grundsätzlich das Vorhandensein einer Gesundheitsstörung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung voraussetzt, der als behaupteter Folgezustand der BK geltend gemacht wird (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 1991 - 8 RKnV 3/90).

69

Die Klägerin hat vielmehr eine Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG vor dem SG Rostock erhoben, wonach die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann. Es handelt sich um eine Klage auf Feststellung, dass bestimmte - vom Südstadt Klinikum R. während des stationären Aufenthaltes der Klägerin dort in dem Abschlussbericht vom 26. Juni 2008 genannte - Diagnosen eine BK (bzw. mehrere BKen) ist bzw. sind.

70

Die Beklagte hat das Vorliegen einer BK abgelehnt, so dass das Vorliegen einer solchen BK als Grundlage von in Frage kommender Leistungsansprüche im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG geklärt werden kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 55 Randzeichen 13 b; BSG in SozR 4-2700, § 9 Nr. 15). Ein alsbaldiges Interesse an einer solchen Feststellung ist der Klägerin nicht abzusprechen.

71

Eine BK der Klägerin ist allerdings - wie auch das SG Rostock zutreffend entschieden hat - nicht festzustellen.

72

Gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).

73

Gemäß dieser Vorgaben sind für die Feststellung einer BK erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) vorliegt, die Verrichtung muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o. ä. auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkung“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt hingegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. zum Ganzen BSG, 2. April 2009 - B 2 U 9/08 R - BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R in SozR 4-2700, § 9 Nr. 15, Becker, „Neues Schema für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten“ in „Der medizinische Sachverständige 2010“, Seite 145 ff., Blatt 148).

74

Da hier die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ihre Prüfung auf das Vorliegen einen bestimmten sog. Listen-BK gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht beschränkt hat und darüber hinaus auch eine Entscheidung in den angefochtenen Bescheiden getroffen hat, dass die von der Klägerin geltend gemachten Diagnosen auch gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII (sog. „Wie-Berufskrankheit") keine BK darstellen, sind alle in Betracht kommenden Berufskrankheiten der sog. Berufskrankheitenliste sowie § 9 Abs. 2 SGB VII zu prüfen bzw. Streitgegenstand.

75

Der Senat hat jedoch im Rahmen dieser Entscheidung, auch ohne eine Beschränkung der Klägerin, nicht die einzelnen Voraussetzungen einer jeden BK hier zu prüfen. Denn die von der Klägerin geltend gemachten Erkrankungen liegen schon nicht mit dem erforderlichen sog. Vollbeweis vor bzw. haben diese auch nicht früher vorgelegen.

76

In weiterer sachdienlicher Auslegung des von der (rechtskundig vertretenen) Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2015 gestellten Antrages geht der Senat zudem davon aus, dass die Klägerin begehrt, die in dem Bericht vom 26. Juni 2008 mitgeteilten Diagnosen einer „toxischen Myositis" und einer „toxischen Polyneuropathie" als Berufskrankheit festzustellen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die darüber hinaus mitgeteilten Diagnosen „Zustand nach Hysterektomie 1983", „Zustand nach Tonsillektomie" sowie „Zustand nach Unterleibzyste 2007" als Berufskrankheit geltend gemacht werden. An dem Vorliegen der drei letztgenannten Beschreibungen der Klägerin hat der Senat zwar keinerlei Zweifel, dass diese jedoch durch die von der Klägerin behaupteten Arbeitsbedingungen in der JVA verursacht sein könnten, nimmt selbst die Klägerin nicht an.

77

Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. § 128 Sozialgerichtsgesetz) davon überzeugt, dass die beiden o. g. vom Südstadt Klinikum erwähnten Erkrankungen, lediglich im Rahmen einer sog. Verdachtsdiagnose in den Bericht vom 26. Juni 2008 Eingang gefunden haben. Denn hierin heißt es, man gehe „am ehesten" von einer toxischen Myositis sowie einer Polyneuropathie nach Chemikalieneinwirkung aus. Von der Stellung einer gesicherten Diagnose kann schon ausweislich dieser Wortwahl des Klinikums in R. nicht die Rede sein. Zudem ist auffällig, dass diese Diagnosen offensichtlich unter dem Eindruck der Schilderungen der Klägerin erfolgt sind.

78

Dies bedarf jedoch keiner weiteren Abklärung des Senats, weil insbesondere nach den überzeugenden und plausiblen Darstellungen des Gutachters Prof. Dr. H. und des gerichtlich gehörten Sachverständigen Dr. K. keinesfalls von dem Vorhandensein einer entsprechenden (damaligen) Erkrankung der Klägerin ausgegangen werden kann. Beide Gutachter haben nicht nur aufgrund ihrer eigenen Untersuchungsbefunde sondern insbesondere unter Berücksichtigung der ärztlichen Vorbefunde (d. h. vor der stationären Aufnahme der Klägerin im Südstadt Klinikum R. im Juni 2008) sowie sämtlicher zur Verfügung stehender Untersuchungsbefunde der Klägerin schlüssig dargelegt, dass eine Erkrankung der Klägerin in Form einer toxischen Myositis und Polyneuropathie nicht vorhanden ist bzw. war.

79

Der Senat vermag überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass - wie die Klägerin meint - der vom Südstadt Klinikum gestellten Diagnosen ein höherer „Beweiswert“ zukäme. Sowohl dem Verwaltungsgutachter Dr. H. als auch Dr. K. lagen umfangreiche Behandlungsunterlagen und Laborbefunde der Klägerin über mehrere Jahre vor und konnten bei ihrer gutachterlichen Bewertung berücksichtigt werden. Die von der Südstadt Klinik Rostock gestellten Diagnosen beruhen aber vielmehr insbesondere auf eigenen anamnestischen Angaben der Klägerin. Umfangreiche Untersuchungen zur Abklärung ihrer gesundheitlichen Beschwerden wurden damals - wie die Klägerin im Widerspruchsverfahren selbst vorgetragen hat - aufgrund der Besserung ihres gesundheitlichen Zustandes gerade nicht vorgenommen.

80

Da bereits die von der Klägerin geltend gemachten „Erkrankungen“ zumindest nicht mit dem Grad einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vorhanden sind bzw. waren, ist die Feststellung einer solchen „Krankheit“ als BK nicht möglich. Dies gilt auch im Rahmen der begehrten (hilfsweisen) Feststellung als sog. „Wie-BK“ gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII.

81

Daher brauchte sich der Senat mit den weiteren Behauptungen der Klägerin nicht weiter auseinanderzusetzen. Insoweit handelt es sich schlichtweg um nicht relevanten Vortrag, wie z. B. die Stellungnahmen der Klägerin bzgl. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, die Behauptungen hinsichtlich des Gefährdungspotenzials des verwendeten Bohnerwachses und den Vortrag zum Umfang ihrer Exposition gegenüber dem Bohnerwachs.

82

Schließlich kann auch der von der Klägerin erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2015 gestellte Antrag, die Beklagte zu verurteilen, über ihren Antrag auf Zahlung von Verletztengeld zu entscheiden, keinen Erfolg haben. Die Beklagte hat ausdrücklich in dem angefochtenen Bescheid vom 23. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2009 auch die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, mithin auch die Gewährung von Verletztengeld, gegenüber der Klägerin abgelehnt. Für eine Verurteilung der Beklagten zu einer nochmaligen Entscheidung im Rahmen dieses Rechtstreites ist daher kein Raum, auch wenn man diesen Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren als zulässige Erweiterung ihrer Klage im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ansieht. Hiernach ist eine Änderung der Klage nicht gegeben, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderung erweitert oder beschränkt wird.

83

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

84

Darüber hinaus hat der Senat der Klägerin Gerichtskosten in Höhe von 500,00 € auf der Grundlage von § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auferlegt. Hiernach kann das Gericht im Urteil den Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortsetzt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter (§ 192 Abs. 1 Satz 2 SGG).

85

Vorliegend hat der Vorsitzende des Senates im Termin zur mündlichen Verhandlung die (rechtskundig vertretene und) anwesende Klägerin auf die Aussichtslosigkeit der Berufung im Hinblick auf das hier anzuwendende Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme hingewiesen, ferner darauf, dass bei Fortführung des Rechtsstreits der Klägerin Verschuldenskosten aufgrund der Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung auferlegt werden können. Der Rechtsstreit ist dennoch fortgeführt worden.

86

Warum dieser Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung „verspätet“ sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Es besteht keinerlei rechtliche Verpflichtung einen entsprechenden Hinweis, beispielsweise durch den „Berichterstatter“, vor der mündlichen Verhandlung zu erteilen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beteiligten - wie hier - in der mündlichen Verhandlung anwesend sind.

87

Dass der Rechtsschutz der Klägerin diese Kosten - wie im Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt - nicht übernimmt, stellt darüber hinaus kein Hinderungsgrund dar, der Klägerin entsprechende Kosten aufzuerlegen.

88

Die Höhe der Kostenbeteiligung hat der Senat unter Wahrung der gesetzlichen Mindesthöhe bzw. oberhalb dieser durch Schätzung des letztlich von den Steuerzahlern zu tragenden Kostenaufwandes für das Berufungsverfahren festgesetzt. Als verursachter Kostenbetrag gilt nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, vor dem Landessozialgericht also derzeit 225,00 €. Hiermit hat der Gesetzgeber der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die genaue Feststellung der nach § 192 SGG verursachten Kosten problematisch, aufwendig und häufig angreifbar ist bzw. wäre. Den aus anteiligen Gerichtshaltungskosten, Personalkosten für den Aufwand menschlicher Arbeitskraft zusammengesetzten Arbeitsaufwand für die Fortsetzung des Berufungsverfahrens schätzt der Senat auf (mindestens) 1.000,00 € (vgl. hierzu etwa das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2011 - L 3 R 254/11 - zitiert nach juris, dort Randnummer 35 und 36, dessen Ausführungen sich der Senat anschließt). Ausgehend von einem geschätzten Kostenaufwand von 1.000,00 € hat der Senat in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens eine Kostenauferlegung zu Lasten der Klägerin in Höhe von jedenfalls 500,00 € für angemessen erachtet.

89

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nicht ersichtlich sind (§ 160 Abs. 2 SGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12 zitiert 17 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 192


(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 184


(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit

Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen


Gefahrstoffverordnung - GefStoffV

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12

bei uns veröffentlicht am 27.05.2015

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. April 2012 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Der Kläg
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12.

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Mai 2015 - L 5 U 68/12

bei uns veröffentlicht am 27.05.2015

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. April 2012 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Der Kläg

Referenzen

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.

(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren

vor den Sozialgerichten auf150 Euro,
vor den Landessozialgerichten auf225 Euro,
vor dem Bundessozialgericht auf300 Euro

festgesetzt.

(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.