Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Aug. 2008 - L 2 AL 22/05

published on 12/08/2008 00:00
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Aug. 2008 - L 2 AL 22/05
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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 30. November 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin verpflichtet ist, das von der Beklagten für den am 03. Oktober 1940 geborenen Dietrich Ba aufgewendete Arbeitslosengeld (Alg) sowie Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten.

2

Der Arbeitnehmer Ba war vom 01. Juni 1966 bis zum 31. Dezember 2001 im feuerwehrlichen Einsatzdienst bei der Klägerin beschäftigt, welche eine kommunale Gebietskörperschaft ist. Der Arbeitnehmer war Angestellter nach dem BAT-Ost. Auf Grund des Inkrafttretens des Brandschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern waren Aufgaben der Berufsfeuerwehr nur noch durch Beamte wahrzunehmen (§ 8 Abs. 2), was im Haushaltsjahr 1993 zu einer Umwandlung der Angestelltenstellen in Beamtenstellen führte. Da der Arbeitnehmer auf Grund des bereits vollendeten 50. Lebensjahres nicht mehr verbeamtet werden konnte, sicherte ihm die Klägerin am 08. März 1993 zu, ihn bis zum Eintritt in das Rentenalter, sofern die Feuerwehrtauglichkeit vorliegt, als Angestellten zu beschäftigen. Mit einem Schreiben vom 26. Juli 2000 informierte die Klägerin den Arbeitnehmer über die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Inanspruchnahme der tarifvertraglichen Sonderregelung nach SR 2 x Nr. 5 BAT-Ost sowie der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Überbrückungshilfe mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Mit Änderungstarifvertrag vom 21. Dezember 1994 war folgende Regelung in den Tarifvertrag eingefügt worden:

"Nr. 5

3

Zu § 60 - Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Erreichung der Altersgrenze, Weiterbeschäftigung -

4

(1) Im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) endet das Arbeitsverhältnis des Angestellten, der im Einsatzdienst tätig ist, vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf schriftlichen Antrag, ohne daß es einer Kündigung bedarf, in demselben Zeitpunkt, in dem ein entsprechender vergleichbarer Beamter im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr aufgrund der Vorschriften des jeweiligen Landesbeamtengesetzes über die besondere Altersgrenze für Beamte im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehren in den Ruhestand tritt, frühestens jedoch mit Ablauf des Kalendermonats, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag gestellt worden ist. Eine für Beamte im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehren vorgesehene Möglichkeit der Verlängerung des Dienstverhältnisses gilt für das Arbeitsverhältnis des Angestellten entsprechend.

5

(2) Der Angestellte, dessen Arbeitsverhältnis nach Absatz 1 geendet hat, erhält von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Zeitpunkt, von dem an er einen Anspruch auf eine Rente wegen Alters (§§ 35 bis 39 SGB VI) oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§§ 43, 44 SGB VI) geltend machen kann, als Überbrückungshilfe einen Zuschuß.

6

Als Zuschuß wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem Arbeitslosengeld und 80 v.H. der Nettourlaubsvergütung (§ 37 Abs. 8 Satz 2) gezahlt, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er im ganzen Monat der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Erholungsurlaub gehabt hätte. Der Bezug von Krankengeld während des Überbrückungszeitraums steht dem Bezug von Arbeitslosengeld gleich.

7

Der Angestellte ist verpflichtet, sich spätestens mit Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis arbeitslos zu melden sowie rechtzeitig das Arbeitslosengeld und die Altersrente zu beantragen. Der Anspruch auf Zuschuß ruht insoweit, als die Summe aus dem Arbeitslosengeld und dem Zuschuß zusammen mit Arbeitseinkünften jeglicher Art 100 v.H. der in Unterabsatz 2 Satz 1 genannten Nettourlaubsvergütung übersteigt. Er ruht ferner, solange der Angestellte das Arbeitslosengeld nicht geltend macht. Der Zuschuß entfällt, wenn der Angestellte eine ihm zustehende Rente nicht beantragt.

8

Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 1

9

Zu den Angestellten im Einsatzdienst rechnen nicht die nicht zum feuerwehrtechnischen Dienst gehörenden Angestellten, wie z.B. Angestellte im Verwaltungsdienst, im Telefondienst, im Krankentransportdienst sowie die mit der Wartung von Fahrzeugen und Geräten betrauten Angestellten."

10

Gemäß § 140 Abs. 1 Satz 3 LBG treten Mitarbeiter des feuerwehrtechnischen Dienstes, die Beamte auf Lebenszeit sind, mit dem Ende des Monats, in dem sie das 60. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand.

11

Am 12. Mai 2001 wurde die Feuerwehrdiensttauglichkeit des Arbeitnehmers Ba ohne gesundheitliche Bedenken arbeitsmedizinisch festgestellt.

12

Mit Schreiben vom 12. Juni 2001 beantragte der Arbeitnehmer Ba die Gewährung von Übergangsversorgung zum 01. Januar 2002, dem die Klägerin mit Schreiben vom 15. Juni 2001 stattgab. Am 06. August 2001 schlossen die Klägerin und der Arbeitnehmer eine Vereinbarung hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Am 15. November 2001 meldete sich der Antragsteller arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld unter Inanspruchnahme der §428er Regelung. Eine Sperrzeit wurde nach Prüfung durch die Beklagte nicht verhängt, da sie - wie bei anderen Mitarbeitern der Klägerin - im Hinblick auf die tarifvertragliche Sonderregelung einen wichtigen Grund anerkannte.

13

Mit Bescheid vom 04. Juli 2002 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Erstattung gewährten Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 01. Januar 2002 bis 30. Juni 2002 nebst Beiträgen zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 12.012,19 Euro geltend. Zur Begründung führte sie aus, dass sie von einer arbeitnehmerseitigen Kündigung ausgehe. Die vom Arbeitnehmer zu beanspruchende Übergangsversorgung stelle eine Entschädigung zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar, weswegen eine Befreiung von der Erstattungspflicht nicht in Betracht komme.

14

Mit dem am 30. Juni 2002 eingegangenem Widerspruch wandte die Klägerin im Wesentlichen ein, dass sie keinen Einfluss auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehabt habe, da der Tarifvertrag dem Arbeitnehmer ein einseitiges Gestaltungsrecht einräume. Auf Grund der in Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit könne eine Erstattungspflicht nur eingreifen, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Sozialkosten treffe. Eine solche Verantwortung sei dann nicht gegeben, wenn die Tarifvertragsparteien selbst die Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Eintritt einer besonderen Altersgrenze vorsähen.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hier einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers gleichzusetzen sei. Da dieser wegen der Beendigung eine Überbrückungsbeihilfe als Zuschuss erhalten habe, liege kein Befreiungstatbestand vor.

16

Mit der am 29. November 2002 beim Sozialgericht (SG) Rostock erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags hat sie ergänzend darauf hingewiesen, dass die Erstattungspflicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Angestellten zu beamteten Feuerwehrleuten im Einsatzdienst führe. Die besondere beamtenrechtliche Altersgrenze diene einerseits dem Gesundheitsschutz des Feuerwehrbeamten, andererseits dem Schutz der öffentlichen Ordnung. Die Übergangsversorgung führe nur zu einer Gleichbehandlung der angestellten Feuerwehrleute mit den bereits vor der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in den Ruhestand tretenden Feuerwehrbeamten, deren Ruhestandsbezüge unvermindert blieben. Die Vorschrift des § 147 Abs. 1 Nr. 4 SGB III müsse analog auf eine gesundheitsbedingte Eigenkündigung angewendet werden. Die Beklagte habe es unterlassen, den Arbeitnehmer auf seine gesundheitliche Eignung für die Beschäftigung zu untersuchen. So wie der Gesetzgeber Beamten pauschal die Einsatztauglichkeit ab dem 60. Lebensjahr abspreche, müsse auch hier von einer fehlenden gesundheitlichen Eignung des Arbeitnehmers ausgegangen werden.

17

Die Klägerin hat beantragt,

18

die Bescheide der Beklagten vom 04. Juli 2002 und 13. März 2003 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. Oktober 2002 und 04. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zur Rückzahlung des erstatteten Arbeitslosengeldes und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 14.067,97 Euro (12.012,19 Euro + 2.055,60 Euro) zu verurteilen und im Falle des Unterliegens die Sprungrevision zuzulassen.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

die Klage abzuweisen und die Sprungrevision nicht zuzulassen.

21

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass sie eine Ungleichbehandlung nicht erkennen könne, da für versicherungspflichtige Feuerwehrleute das SGB III genauso wie für andere versicherungspflichtige Arbeitnehmer gelte; nur diese Personengruppen seien vergleichbar. Schließlich trage für die verbeamteten Feuerwehrleute der Kommunal- bzw. Landeshaushalt die Kosten für ein vorzeitiges Ausscheiden vor Erreichen der Regelaltersgrenze und nicht die Arbeitslosenversicherung. Es sei nicht sachgerecht, dass durch tarifvertragliche Vereinbarung der jeweiligen Vertragspartner die finanziellen Lasten der Gemeinschaft der Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung auferlegt werden, sondern hierfür müssten die jeweiligen Tarifvertragspartner selbst aufkommen. Schließlich sei es auch keinesfalls so, dass die Klägerin sich in ihr Schicksal fügen müsse und keine Gestaltungsmöglichkeiten hätte. Schließlich habe sie sich entschieden, Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes M-V e. V. zu sein. Bereits an dieser Stelle habe sie Gestaltungsmöglichkeiten. Wer sich für die Mitgliedschaft entscheide, müsse auch die hieraus folgenden Konsequenzen tragen und könne diese nicht auf die Versichertengemeinschaft abwälzen. Die Entscheidung der Beklagten habe nichts mit einem Eingriff in die Koalitionsfreiheit zu tun.

22

Mit einem Bescheid vom 10. Dezember 2002 hat die Beklagte die Erstattung gewährten Arbeitslosengeldes sowie geleisteter Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01. Juli 2002 bis zum 30. November 2002 in Höhe von insgesamt 10.145,32 Euro gefordert. Hiergegen hat die Klägerin am 20. Dezember 2002 Widerspruch erhoben, über den bisher nicht entschieden worden ist. Mit weiterem Bescheid vom 13. März 2003 hat die Beklagte die Erstattung gezahlten Arbeitslosengeldes sowie geleisteter Sozialversicherungsbeiträge für Dezember 2002 in Höhe von 2.055,60 Euro geltend gemacht, wobei sie den dagegen erhobenen Widerspruch vom 31. März 2003 mit Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 2003 zurückgewiesen hat. Insoweit hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2003 ihre Klage dahingehend erweitert, die vorgenannten Bescheide aufzuheben.

23

Mit Urteil vom 30. November 2004 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass sich die Klägerin auf eine Befreiung von der Erstattungspflicht gem. § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III berufen könne. Zwar liege nicht die nach der Vorschrift erforderliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor, jedoch sei die Norm in begrenztem Umfang analogiefähig. Die Beendigung allein durch einen Antrag des Arbeitnehmers entsprechend der tarifrechtlichen Sonderregelung für angestellte Berufsfeuerwehrleute könne der Arbeitnehmerkündigung gleichgesetzt werden. Es fehle an einem formalen Beitrag der Arbeitgeberin. Dieser liege auch nicht in dem Beitritt zu dem für sie zuständigen Tarifverband. Daraus ließe sich allenfalls ein schlichtes Einverständnis mit dem Ausscheiden 60-jähriger Feuerwehrleute aus dem Einsatzdienst herleiten. Die gewährte Überbrückungshilfe schließe auch nicht die Befreiung von der Erstattungspflicht aus. Eine Arbeitgeberleistung werde wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann gewährt, wenn sie an das Ausscheiden des Arbeitnehmers geknüpft sei und das Ausscheiden fördern solle. Bei verfassungskonformer Auslegung sei die Befreiung von der Erstattungspflicht trotz Gewährung eines geldwerten Vorteils bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzunehmen, wenn die Zahlung vorrangig nicht zur Förderung des Ausscheidens, sondern aus anderen Gründen gewährt werde. Die Überbrückungshilfe für Feuerleute im Einsatzdienst werde vorrangig nicht zur Frühverrentung gewährt, sondern zur Sicherheit des einzelnen Feuerwehrmannes, der durch die erheblichen körperlichen Belastungen bei den Brandeinsätzen selbst in Lebensgefahr geraten könne, darüber hinaus aber auch die Sicherheit seiner Wehrkameraden und der potentiellen Brandopfer gefährden könne. Die Sicherheit sei im Ernstfall nur bei einer 100%-igen Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Wehrmänner gewährleistet, wie sie im Alter von mehr als 60 Jahren nicht mehr uneingeschränkt gegeben sei. Diese Gefahr werde so hoch eingeschätzt, dass verbeamtete Feuerwehrleute im Einsatzdienst gemäß dem Landesbeamtengesetz ohne Ausnahme in den Vorruhestand geschickt werden, obwohl sie dann die kommunalen Haushalte mit ihren Versorgungsansprüchen in vollem Umfang über mehrere Jahre hinweg belasteten. Die tarifrechtliche Sonderregelung diene mithin der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit bei der Brandbekämpfung. Es wäre auch paradox, einerseits bei der Entscheidung über die Sperrzeit einen wichtigen Grund anzunehmen, andererseits dem Arbeitgeber die Erstattung des gewährten Arbeitslosengeldes aufzuerlegen. Unerheblich sei, dass der Klägerin das Ausscheiden des Arbeitnehmers wegen aktueller öffentlicher Sparzwänge durch Personalabbau nicht ungelegen gekommen sein mag. Im Ergebnis komme es daher auf Grund dieser verfassungsgemäßen Auslegung der Vorschrift nicht mehr darauf an, ob der Befreiungstatbestand der Ziff. 4 vorliege, dessen Voraussetzungen nur schwerlich erfüllt sein dürften, weil sie eine Arbeitsunfähigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers im krankenversicherungsrechtlichen Sinne voraussetze.

24

Die Beklagte hat gegen das am 23. März 2005 zugestellte Urteil am 21. April 2005 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass nach ihrer Auffassung für die vom Sozialgericht vorgenommene verfassungsrechtlich gebotene einschränkende Auslegung des Begriffs Entlassungsentschädigung kein Anlass bestehe. Die Entlassung älterer Arbeitnehmer sei typischerweise durch deren nachlassende Leistungsfähigkeit und größere gesundheitliche Anfälligkeit motiviert. Der erhöhte Aufwand der Arbeitgeber, älteren Arbeitnehmern die Beschäftigung auch auf körperlich belastenden Arbeitsplätzen zu ermöglichen, sei diesen zuzumuten und bilde keinen Grund für die Annahme eines Befreiungstatbestandes. Für eine ausdehnende Auslegung bestehe auch deshalb kein Bedürfnis, weil im Gesetz weitere Befreiungstatbestände in den Nrn. 4 und 5 vorgesehen seien, die dem Fall unabweisbarer Risiken für die Arbeitssicherheit gerecht werden. Soweit eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen wäre, hätte das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung bzw. Kündigung aus wichtigem Grund arbeitgeberseitig beendet werden können. Schließlich bestehe auch kein Widerspruch zur Nichtfeststellung einer Sperrzeit. Bei der Beurteilung, ob dem Arbeitnehmer das Festhalten an dem Beschäftigungsverhältnis nach seinem geistigen und körperlichen Leistungsvermögen zumutbar gewesen sei, können auch andere Aspekte berücksichtigt werden. Die Tatsache, dass beamtete Feuerwehrleute nach Erreichen einer Altersgrenze von 60 Jahren zwingend in den Ruhestand treten, birge die Vermutung in sich, dass auch betroffenen Angestellten die Weiterbeschäftigung über diese Altersgrenze hinaus nicht zumutbar sei.

25

Die Beklagte beantragt,

26

das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 30. November 2004 aufzuheben und die Klage auch insoweit sie gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2002 gerichtet ist, abzuweisen.

27

Der Klägerin beantragt,

28

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2002 aufzuheben.

29

Die Klägerin hat unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags insbesondere darauf hingewiesen, dass ihr Schreiben vom 26. Juli 2000 auf einer Nachfrage des Arbeitnehmers anlässlich seines 60. Geburtstages zum 03. Oktober 2000 beruhte. Sie habe die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder veranlasst noch gefördert. Dagegen spreche auch bereits der zeitliche Ablauf, denn der Arbeitnehmer habe seinen Antrag erst nahezu ein Jahr später gestellt. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei auch kein Personalabbau im feuerwehrtechnischen Dienst verbunden gewesen.

30

Der Senat hat die Personalakte des betroffenen Arbeitnehmers beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

31

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

32

Das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 30. November 2004 war aufzuheben, da die Klage unbegründet ist.

33

Gegenstand des Verfahrens ist die Erstattungsforderung für die Zeit vom 01. Januar 2002 bis 31. Dezember 2002 in Höhe von insgesamt 24.213,11 Euro. Streitgegenständlich war zunächst mit der Klage gegen den Bescheid vom 04. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 der Erstattungszeitraum vom 01. Januar 2002 bis 30. Juni 2002 und damit eine Erstattungsforderung in Höhe von 12.012,19 Euro. Hinzu kommt die mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 für den Zeitraum vom 01. Juli 2002 bis 30. November 2002 festgesetzte Erstattungsforderung in Höhe von 10.145,32 Euro sowie die mit Bescheid vom 13. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2003 festgesetzte Erstattungsforderung für den Dezember 2002 in Höhe von 2.055,60 Euro. Diese Bescheide sind jedenfalls auf Grund des vorliegenden Einverständnisses aller Beteiligten gemäß § 99 Absatz 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weswegen offen bleiben kann, ob sie auch entsprechend § 96 SGG kraft Gesetzes einzubeziehen gewesen wären (vgl. BSG vom 29.01.2008, B 7/7a AL 6/06 R mit Hinweis auf BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 2 Seite 22; BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 4 Seite 35).

34

Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten ist § 147a Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der zum 01.01.2002 geänderten Fassung). Danach erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten 4 Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs. 1 die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, der Bundesanstalt vierteljährlich das Arbeitslosengeld für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 24 Monate. Diese Voraussetzungen liegen hier bezüglich des Arbeitnehmers Ba, der das 58. Lebensjahr am 02. Oktober 1998 vollendet hat, vor; dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig gewesen.

35

Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Ausnahme von der Erstattungspflicht nach § 147a Absatz 1 Satz 2 SGB III berufen. Keiner der in der Norm geregelten Tatbestände liegt hier vor, wobei es sich nach Auffassung des Senates um einen abgeschlossenen Katalog von Ausnahmetatbeständen handelt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm und dem Fehlen einer Öffnungsklausel. Auch aus der Rechtsprechung des BSG ergeben sich diesbezüglich keine Zweifel. Hieraus folgt weiter, dass die Ausnahmen von der in Satz 1 der Vorschrift geregelten Grundregel der Erstattungspflicht grundsätzlich restriktiv auszulegen sein dürften.

36

Die Klägerin kann sich nicht auf die Ausnahme des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 berufen. Nach dieser Vorschrift tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und beweist, dass der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet und weder eine Abfindung noch eine Entschädigung o. ä. Leistungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder zu beanspruchen hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil der Arbeitnehmer Ba sein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt hat. Das hier im Tarifvertrag geregelte einseitige Gestaltungsrecht des Arbeitnehmers stellt keine Kündigung dar. Denn das Arbeitsverhältnis wird auf schriftlichen Antrag des Arbeitnehmers beendet, "ohne daß es einer Kündigung bedarf", wie dem eindeutigen Wortlaut der tarifvertraglichen Formulierung zu entnehmen ist. So wie die Ausnahmeregelung der Ziff. 4 zwingend eine Kündigung durch den Arbeitgeber voraussetzt, verlangt der in Ziff. 3 geregelte Tatbestand eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Das Bundessozialgericht hat bereits wiederholt entschieden, dass z. B. der Abschluss eines Aufhebungsvertrages einer Eigenkündigung nicht gleichgestellt werden kann (vgl. BSGE 81, 259, 264; Urteile vom 19. März 1998 - B 7 AL 20/97 R, vom 07. Mai 1998 - B 11 AL 81/97 R, vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 80/97 R und B 7 AL 82/97 R in st. Rechtspr.).

37

Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Norm aus verfassungsrechtlichen Gründen erweiternd auszulegen ist. Die Vorschrift des § 147a SGB III will wie die Vorgängervorschrift des § 128 AFG verhindern, dass Arbeitgeber ihre älteren Arbeitnehmer vorzeitig in die Arbeitslosigkeit und Frührente entlassen. Hintergrund war die Entwicklung in den 70er Jahren, dass die Arbeitgeber die damalige sog. 59er Regelung zur Veränderung ihrer betrieblichen Personalstruktur nutzten und ihre Arbeitnehmer - zumeist mit deren Einverständnis - vorzeitig entließen. Dieselbe Funktion soll nunmehr die Vorschrift des § 147a SGB III ausüben, d. h. sie soll Missbrauch verhindern und sowohl die Rentenversicherung als auch die damalige Bundesanstalt (jetzt: Bundesagentur) für Arbeit finanziell entlasten. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 23. Januar 1990 die Vorschrift des § 128 AFG im Wesentlichen als mit dem Grundgesetz vereinbar beurteilt (vgl. 81. Bd., Seite 156 ff.). Ausgehend von dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erachtet der Senat die von der Vorschrift des § 147a SGB III verfolgten identischen Zwecke, Sicherung der Beschäftigung der älteren Arbeitnehmer wie auch der Finanzierung der Arbeitslosenversicherung, als legitim. Der Gesetzgeber hat auch berücksichtigt, dass die von Verfassungswegen als Voraussetzung der Erstattungspflicht geforderte besondere Verantwortungsbeziehung dann nicht besteht, wenn der ältere langjährig beschäftigte Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und Anspruch auf soziale Sicherung aus einem anderen Sozialleistungssystem als dem der Arbeitslosenversicherung hat oder jedenfalls bei entsprechender Antragstellung haben würde. Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn der Arbeitslose die Voraussetzungen für eine der in § 142 Abs. 1 Nrn. 2 - 4 genannten Leistungen (z. B. Altersrente, Krankengeld) erfüllt. Mithin ist sichergestellt, dass die Erstattungspflicht nur eingreift, wenn sich tatsächlich das Risiko der Arbeitslosigkeit und nicht ein von anderen Systemen abzudeckendes Risiko wie z. B. Krankheit bzw. Erwerbsunfähigkeit als Risiken der Kranken- bzw. der Rentenversicherung verwirklicht. Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei jedenfalls nicht erstattungspflichtig, weil der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr leistungsfähig gewesen sei, bestehen hierfür bereits keine objektiven Anhaltspunkte. Die Feuerwehrdiensttauglichkeit des Arbeitnehmers Ba ist im Mai 2001 arbeitsmedizinisch festgestellt worden, eine Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne war bereits nicht mittels AU-Bescheinigung festgestellt. Mithin bestand kein Anlass für weitergehende Feststellungen.

38

Schließlich vertritt auch das Bundessozialgericht in gefestigter Rechtsprechung die Auffassung, dass bei der Prüfung der Ausnahmetatbestände des § 147a Nr. 3 bzw. Nr. 4 SGB III an die äußere Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen ist. Diese sei leicht feststellbar und anderenfalls würde die Erstattungsregelung praktisch schlicht umgangen (vgl. z. B. Urteil vom 27.01.2005, B 7a/7 AL 240/04 B m.w.N.). Nur in einem einzigen Sonderfall hat das BSG im Falle des Auslaufens eines befristeten Anstellungsverhältnisse ausnahmsweise eine Anwendbarkeit der Befreiungstatbestände Ziff. 3 und 4 bejaht (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1999, B 11 AL 33/99 R), wobei es wiederholt Missinterpretationen seiner Entscheidung im Sinne einer Ausweitung (z. B. durch Gagel) entgegengetreten ist (vgl. z. B. BSGE 81, 259, 265 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 5). Der Senat sieht hier im Ergebnis keinen Anlass für eine weitere Ausnahmeregelung. Zwar liegt hier die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich in der Hand des Arbeitnehmers, dies folgt jedoch aus der tarifvertraglichen Regelung, welche zwar normähnlich ist, gleichwohl kein Gesetz darstellt. Dass die Klägerin als Mitglied der Koalition die Folgen der von den Tarifvertragsparteien beschlossenen Aufhebungsregelung mit zu tragen hat, ist schlicht Ausfluss ihrer Mitgliedschaft und begründet ebenso eine besondere Verantwortung als wenn sie selbst eine entsprechende Aufhebungsregelung mit dem Arbeitnehmer getroffen hätte. Anderenfalls könnten die Tarifvertragsparteien zu Lasten der Sozialversicherungssysteme Gestaltungsmöglichkeiten wählen, welche nicht im Interesse der Versichertengemeinschaft sein können. Insoweit überzeugt auch nicht die Argumentation der Klägerin mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Schließlich ist der öffentliche Arbeitgeber gerade zur Ruhegehaltszahlung für den beamteten Feuerwehrbeamten verpflichtet, wobei es auch insoweit nicht darauf ankommt, ob die Klägerin Pensionszahlungen selbst zahlt oder ob sie Mitglied in einem Versorgungsverband ist. In der Regel sind diese Versorgungsverbände zudem umlagefinanziert.

39

Selbst wenn jedoch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Antragstellung des Arbeitnehmers einer Kündigung gleichgestellt würde, kann die Ausnahmeregelung nicht greifen, weil der Arbeitnehmer eine Leistung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat. Darunter fallen alle Leistungen, die für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses wegen dessen Beendigung gezahlt werden (vgl. Gagel, SGB III-Loseblattkommentar,in § 143a Rz. 32). Um eine solche Leistung handelt es sich bei dem von der Klägerin gezahlten Überbrückungsgeld. Dieses ist nicht gleichsam zufällig, sprich anlässlich der Beendigung gezahlt worden, sondern der Arbeitnehmer hatte es gerade wegen der vorzeitigen Beendigung zu beanspruchen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn er dieses Überbrückungsgeld in jedem Fall bei seinem Ausscheiden erhalten hätte. Dann würde es sich um einen im Laufe des Arbeitsverhältnisses erdienten Anspruch handeln. Dies ist aber hier gerade nicht der Fall, da der Arbeitnehmer Ba bei regulärer Beendigung dieses Überbrückungsgeld gerade nicht erhalten hätte. Er hat das Überbrückungsgeld nur zu beanspruchen gehabt, weil er sein Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet hat und weil mit diesem das Arbeitslosengeld aufgestockt werden sollte, weil sonst die vorzeitige Beendigung für ihn finanziell unattraktiv gewesen wäre. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass der Charakter dieses Überbrückungsgeldes als Leistung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtlich nicht dadurch tangiert wird, dass eine vorzeitige Ruhestandsmöglichkeit für beamtete Feuerwehrleute ab 60 Jahren (und damit nachrangig auch für die angestellten Einsatzkräfte) auch der öffentlichen Sicherheit dienen mag. Schließlich hat auch die Beurteilung der Beklagten im Rahmen der Sperrzeitentscheidung keine Relevanz, da es sich um unterschiedliche Rechtsfragen handelt. Zudem mag jene Entscheidung auch durch die fehlerhafte Arbeitgeberauskunft beeinflusst gewesen sein, da in dieser zu Unrecht von einer fehlenden Feuerwehrtauglichkeit die Rede gewesen ist.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

41

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich gewesen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Annotations

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach

1.
der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und
2.
dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.
Die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend.

(2) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monatenund nach Vollendung des … Lebensjahres… Monate
126
168
2010
2412
3050.15
3655.18
4858.24

(3) Bei Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 142 Absatz 2 beträgt die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld unabhängig vom Lebensalter

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens … Monaten… Monate
63
84
105

Abweichend von Absatz 1 sind nur die Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der Rahmenfrist des § 143 zu berücksichtigen.

(4) Die Dauer des Anspruchs verlängert sich um die Restdauer des wegen Entstehung eines neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs, wenn nach der Entstehung des erloschenen Anspruchs noch nicht fünf Jahre verstrichen sind; sie verlängert sich längstens bis zu der dem Lebensalter der oder des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.