Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Okt. 2015 - L 7 R 911/15

bei uns veröffentlicht am15.10.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation streitig.
Der 1964 geborene Kläger arbeitet als Angestellter im Sozialdienst einer Klinik zunächst in Teilzeit (28,8 Stunden/Woche), seit November 2013 in Vollzeit.
Der gesetzlich krankenversicherte Kläger beantragte am 14. Juni 2013 bei der D., die den Rehabilitationsantrag mit Schreiben vom 18. Juni 2013 an die Beklagte weiterleitete (Eingang bei der Beklagten am 24. Juni 2013), stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. In der Anlage zum Rehabilitationsantrag beschrieb der Kläger seine Tätigkeit als überwiegend sitzend. Die D. teilte mit, dass in den letzten drei Jahren vor Rehabilitationsantragstellung Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausaufenthalte bzw. Rehabilitationsaufenthalte nicht vorgelegen haben. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. stellte in ihrem ärztlichen Befundbericht vom 3. Juni 2013 die Diagnosen: Erschöpfungssyndrom, Asthma bronchiale und Schlafapnoe. Ohne pathologischen Befund seien folgende Organsysteme: Atemweg, Herz/Kreislauf, Bauchorgane, Bewegungsapparat. Von der Norm abweichende Befunde weise das Nervensystem auf. Eine Rehabilitation in der N. sei geeignet. Die Arbeit des Klägers sei psychisch extrem belastend und aufreibend. Die in den letzten beiden Jahren zunehmende Erschöpfung und psychosomatische Erkrankung mit Schlaf- und Konzentrationsstörungen sei auf diese Belastung zurückzuführen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 7. August 2013 die beantragten Rehabilitationsleistungen ab, da diese nicht erforderlich seien. Sie hielt eine regelmäßige ambulante nervenärztliche Mitbehandlung bzw. eine Richtlinienpsychotherapie sowie eine Fortsetzung der ambulanten fachärztlichen Behandlung für ausreichend. Dagegen legte der Kläger am 21. August 2013 Widerspruch ein. Er reichte ein Attest der Dr. H. vom 19. August 2013 ein, wonach bei dem Kläger eine Gefährdung bzw. Minderung der Arbeitsfähigkeit vorliege. Rehabilitationsziel sei eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die auf Grund der Erkrankungen so stark abgenommen hätten, dass der Kläger schon bei geringer sportlicher bzw. körperlicher Belastung jegliche Aktivität abbrechen müsse. Der sehr gesundheitsbewusste und -orientierte Kläger habe die Vorort vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Die körperliche Minderbelastbarkeit habe auch in der beruflichen Situation als Sozialarbeiter in der Suchtabteilung Auswirkungen auf Einsatzfähigkeit, Konzentration und Patientenbegleitung. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. W. gelangte am 17. Oktober 2013 zu der Auffassung, dass die festgestellten Gesundheitsstörungen die Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdeten oder minderten. Eine ambulante Krankenbehandlung am Wohnort sei ausreichend. Die Beklagte wies daraufhin den klägerischen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 2. Januar 2014 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Er ist der Auffassung, dass eine ambulante fachärztliche Behandlung seiner Erkrankungen nicht ausreichend sei und seine Erwerbsfähigkeit durch stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert werden könne.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Schreiben des Kardiologen Dr. Dr. K. vom 17. Februar 2014 (Bl. 14/15 der SG-Akten), der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 20. Februar 2014 (Bl. 16 der SG-Akten) sowie des Facharztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde P. vom 28. Februar 2014 (Bl. 17/22 der SG-Akten) verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie und Umweltmedizin Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 3. Juni 2014 zusammenfassend ausgeführt, dass auf allergologisch- pneumologischem Fachgebiet eine Rhinokonjunktivitis allergica bei Sensibilisierung auf Pollen von Buchengewächsen und Kräutern sowie ein Asthma bronchiale und ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom vorliege. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei erheblich und nicht nur vorübergehend beeinträchtigt. Die genannten Erkrankungen führten zu einer verminderten psychischen und körperlichen Leistungsfähigkeit, auch drohe ein Erschöpfungssyndrom. Mit Wahrscheinlichkeit sei für absehbare Zukunft damit zu rechnen, dass weitere Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit auftreten. Mittels einer Hyposensibilisierung über drei Jahre gegen zunächst Baumpollen der Buchengewächse, gegebenenfalls auch Kräuterpollen, könne eine Verbesserung der allergischen Symptome der Rhinokonjunktivitis allergica und auch des Asthma bronchiale erzielt werden. Außerdem sei eine regelrechte Inhalationstherapie des Asthma bronchiale mit regelmäßigen fachärztlichen Untersuchungen erforderlich. Bezüglich des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms könne ein Behandlungsversuch mit einer Unterkiefer-Protrusionsschiene erfolgen. Im Hinblick auf die allgemeine Belastungssituation sei eine Entlastung und Umstrukturierung sinnvoll. Ein stationäres Heilverfahren könne die Symptome der allergischen Erkrankung lindern, spezielle atemtherapeutische Maßnahmen und Inhalationstechniken könnten erlernt werden und eine Nikotinentwöhnung könne angestrebt werden. Die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen könnten nicht ambulant am Wohnort durchgeführt werden. Eine im Hinblick auf die oberen und unteren Atemwege günstige Klimatherapie könne am Wohnort nicht erreicht werden. Das erforderliche Heilverfahren könne im Rahmen einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden.
Die Beklagte ist bei ihrer Einschätzung geblieben und hat darauf hingewiesen, dass eine ambulante fachärztliche Behandlung seit Dezember 2012 nicht erfolgt sei. Die ambulante fachärztliche Behandlung mit Nutzung der ambulanten Therapiemöglichkeiten sei vorrangig und ausreichend.
Das SG hat mit den Beteiligten am 10. Februar 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 10. Februar 2015 Bezug genommen (Bl. 64 der SG-Akten).
10 
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2015 abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen stationären Rehabilitation habe, da die ambulanten Therapiemaßnahmen derzeit noch nicht ausgeschöpft seien.
11 
Gegen den ihm am 14. Februar 2015 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 11. März 2015 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung. Das SG habe nicht ausreichend gewürdigt, dass es inzwischen zu einer medikamentös behandlungsbedürftigen Blutdruckentgleisung gekommen sei, dass er wegen seiner Erkrankung allein im Jahr 2013 sich sieben Mal in hausärztlicher Behandlung befunden habe und er auch wegen seines Asthma bronchiale durch seine Hausärztin behandelt werde. Das SG habe weiterhin die ärztlichen Stellungnahmen der Dr. H., des Lungenfacharztes P. und des Sachverständigen Dr. B. nicht hinreichend berücksichtigt. Weiterhin könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er während der Dauer des Antragsverfahrens nicht weitere „alternative Heilverfahren“ genutzt habe, zumal solche von seinen behandelnden Ärzten ihm nicht empfohlen worden seien. Weiterhin führe die praktische Umsetzung ambulanter Heilverfahren - neben Familie und einer Vollzeitbeschäftigung - schnell an Grenzen.
12 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
13 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2013 zu verurteilen, ihm stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
14 
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
16 
Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
17 
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 14. August 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 14. August 2015 verwiesen (Bl. 24/25 der Senats-Akten).
18 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
1. Die gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
20 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet der Bescheid vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2013 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte als zweitangegangener Rehabilitationsträger (§§ 14 Abs. 2 Satz 3, 5 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - ) Leistungen der medizinischen Rehabilitation abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt ausschließlich stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Er hat sein Begehren - ausweislich des vor dem SG gestellten Antrages und seines Berufungsschreibens vom 10. März 2015 - ausdrücklich auf stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation begrenzt; ambulante Leistungen der medizinischen Rehabilitation macht er nicht geltend.
21 
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2013 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation.
22 
a. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI). Nachdem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 Abs. 2 SGB VI) unstreitig erfüllt sind, streiten die Beteiligten allein darüber, ob bei dem Kläger die persönlichen Voraussetzungen gegeben sind. Nach der vorliegend allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Regelung des § 10 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, (1.) deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und (2.) bei denen voraussichtlich (a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, (b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, (c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.
23 
Liegen die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor, so bestimmt der Träger der Rentenversicherung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei erstreckt sich das dem Rentenversicherungsträger eingeräumte Ermessen nicht auf das „Ob“ der Leistungsgewährung, sondern beschränkt sich auf das „Wie“ der Leistungserbringung.
24 
b. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Kläger in seinem Beruf als Angestellter im Sozialdienst erheblich gefährdet oder gar gemindert ist.
25 
Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können; nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 54/10 R - BSGE 108, 158 - juris Rdnr. 46; Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R - juris Rdnr. 17). Zu prüfen ist, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs noch nachkommen kann (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 44/08 R - BSGE 104, 294 - juris Rdnr. 29). Eine Gefährdung der Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen damit zu rechnen ist, dass ohne Leistungen zur Teilhabe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt; vorübergehende Erkrankungen (Akutfälle) reichen nicht (Kater in Kasseler Kommentar, § 10 SGB VI Rdnr. 5; Luthe in jurisPK-SGB VI, § 10 Rdnr. 38). Es muss die Gefahr einer „Ausgliederung“ aus Arbeit, Beruf und Gesellschaft bestehen (Kater, a.a.O.). Der Eintritt der Minderung darf nicht nur möglich sein; es muss die begründete Aussicht bestehen, dass sie in absehbarer Zeit eintritt (Kater, a.a.O.). Die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ist erheblich, wenn nach ärztlicher Feststellung durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit (regelmäßig 3 Jahre) mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist (Kater, a.a.O. Rdnr. 7; Luthe, a.a.O.; Zabre in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 10 Rdnr. 7). Eine geminderte Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben; die Minderung hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt (Günniker in Hauck/Noftz, SGB VI, § 10 Rdnr. 10; Kater, a.a.O. Rdnr. 6; Luthe, a.a.O. Rdnr. 42).
26 
Zwar liegen bei dem Kläger Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet vor, jedoch ist nicht ersichtlich, dass wegen der daraus resultierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist. Ausweislich des vom SG bei Dr. B. eingeholten Gutachtens vom 3. Juni 2014 leidet der Kläger an einer saisonalen (nach Angaben des Klägers zwischen Februar und Juni) Rhinokonjunktivitis allergica bei Sensibilität auf Pollen von Buchengewächsen und Kräutern (sog. „Heuschnupfen“), einem Asthma bronchiale und einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (so im Übrigen auch der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde P. sowie der Entlassbericht der T. vom 26. März 2013). Im Rahmen der körperlichen Untersuchungen am 6. und 27. Mai 2014, mithin während der Allergiesaison, hat Dr. B. keinen pathologischen Befund erhoben. Der Laborbefund hat keine Auffälligkeiten erwiesen. Dr. B. hat ein unauffälliges Elektrokardiogramm sowie ein Herz-Kreislauf-Verhalten in Ruhe und bei Belastung mit zuletzt 100 Watt (bei konstanter Sauerstoffsättigung und ohne Rhythmusstörungen) beschrieben. In der Röntgendiagnostik hat sich ein unauffälliger altersentsprechender Thoraxbefund gezeigt. Die Lungenfunktionsprüfung hat einen normalen Atemwegswiderstand in Ruhe und nach Belastung, keine Restriktion, keine Obstruktion sowie keinen Hinweis auf eine Diffusionsstörung und eine respiratorische Insuffizienz ergeben. Festgestellt hat er eine deutliche bronchiale Hyperreagibilität (allgemeine Atemwegsüberempfindlichkeit gegen Reize). In der Allergiediagnostik hat Dr. B. Reaktionen auf Pollen von Bäumen, Kräutern und Blumen (insbesondere Birke, Haselnuss, Buche, Kräuter) festgestellt.
27 
Die Einschätzung des Dr. B., die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Angestellter im Sozialdienst einer (psychiatrischen) Klinik sei erheblich und nicht nur vorrübergehend beeinträchtigt, lässt sich mit dem von ihm erhobenen Befund nicht in Einklang bringen. Dr. B. hat seine Einschätzung mit einer erheblichen psychischen Belastung im Beruf und in der Familie, einer Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens wegen der saisonal auftretenden Rhinokonjunktivitis allergica und des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms (eingeschränkte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit, Tagesmüdigkeit) sowie Atemnot und Enge im Brustkorb bei mäßiger körperlicher Belastung begründet. Dem von ihm erhobenen Befund ist aber eine Einschränkung der (psychischen) Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nicht zu entnehmen. In der Beantwortung der Beweisfrage Ziff. 3 spricht Dr. B. nur noch davon, dass eine ausreichende Konzentrationsfähigkeit zweifelhaft erscheine, wobei er sich anscheinend auf die anamnestischen Angaben des Klägers stützt. Der Kläger hat sich auch zu keinem Zeitpunkt wegen eines Erschöpfungssyndroms mit eingeschränkter Konzentrations- und Leistungsfähigkeit in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung befunden. Ebenso wenig hat Dr. B. eine Einschränkung der kardiopulmonalen Belastbarkeit beschrieben, sondern gerade - und zwar in der Allergiesaison - eine fahrradergometrische Belastung bis zu 100 Watt, was einer mittelschweren körperlichen Belastung entspricht, mit unauffälliger Lungenfunktion festgehalten. Im Übrigen hat sich Dr. B. darauf beschränkt, die Beschwerdeangaben des Kläger unkritisch zu übernehmen. Dr. B. kann seine Beurteilung auch nicht auf die Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 20. Februar 2014 stützen, wonach der Kläger trotz ihrer dringlichen ärztlichen Hinweise nie Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei sehr großem Pflichtgefühl gegenüber seinen Klienten in Anspruch genommen habe. Denn Dr. H. hat mit ihrer Stellungnahme keinerlei Befunde mitgeteilt, die die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) rechtfertigen könnten. Sie hat sich darauf beschränkt, Diagnosen mitzuteilen, die im Übrigen teilweise nicht dem gängigen Klassifikationssystem ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) entsprechen. Zudem hat Dr. H. lediglich von einer phasenweise stark beeinträchtigten Arbeitsfähigkeit berichtet, was auf eine behandlungsbedürftige Akutkrankheit, die keine Leistungen der medizinischen Rehabilitation rechtfertigt, hindeutet. Eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit hat sie ausdrücklich verneint. Auch der behandelnde Kardiologe Dr. Dr. K. hat mitgeteilt, dass aus kardiologischer Sicht keine therapiebedürftige Erkrankung vorliege, keine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit bestehe oder drohe und die Durchführung eines stationären Heilverfahrens nicht erforderlich sei (Schreiben vom 17. Februar 2014). Er hat bei dem Kläger im Rahmen der einmaligen fachärztlichen Behandlung auf kardiologischem Fachgebiet im März 2013 lediglich eine geringfügige Herzklappeninsuffizienz ohne hämodynamische Relevanz festgestellt sowie die Beendigung des Nikotinkonsums und das Betreiben von Ausdauersport empfohlen.
28 
Weiterhin ist die geltend gemachte erhebliche Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht damit in Einklang zu bringen, dass der Kläger im November 2013, mithin nach Stellung des Rehabilitationsantrages im Juni 2013, seine berufliche Tätigkeit von Teilzeit (28,8 Stunden/Woche) auf Vollzeit ausgedehnt hat. Trotz der mit der Vollzeittätigkeit verbundenen stärkeren Arbeitsbelastung haben die Erkrankungen des Klägers - wie den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte zu entnehmen ist - nicht zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 44 Abs. 1 SGB V geführt.
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Schließlich spricht gegen einen erheblichen krankheitsbedingten Leidensdruck, der mit den vom Kläger vorgebrachten Beschwerden einhergehen müsste, der bisherige Behandlungsverlauf. Der Kläger befindet sich in erster Linie in hausärztlicher Behandlung, was er im Erörterungstermin am 14. August 2015 ausdrücklich bestätigt hat. Eine kardiologische Behandlung hat ausweislich der Stellungnahme des Dr. Dr. K. lediglich im März 2013 stattgefunden. Bei dem Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde P. hat sich der Kläger im Oktober und Dezember 2010 sowie im November und Dezember 2012 vorgestellt. Obwohl der Arzt P. eine jährliche (fachärztliche) Kontrolle der Lungenfunktionswerte für erforderlich gehalten hat, hat sich der Kläger insoweit seit Dezember 2012 bei diesem nicht mehr vorgestellt. Auf Veranlassung des Arztes P. hat sich der Kläger vom 24. bis zum 26. März 2013 in der T. befunden, in der eine leichte rückenlagebezogene obstruktive Schlafapnoe diagnostiziert worden ist. Dort ist ihm eine Therapie mit Rückenlagevermeidungsweste empfohlen worden, mit der ein völliger Normalbefund erreicht werden konnte. Warum der Kläger, der gegenüber Dr. B. geltend gemacht hat, die Lagerungsjacke könne nicht angewendet werden, nicht erneut um fachärztliche Behandlung wegen des Schlafapnoe-Syndroms nachgesucht hat, ist nicht erklärlich. Auch den Hinweis des Dr. B. in seinem Gutachten vom 3. Juni 2014, bezüglich des Schlafapnoe-Syndroms könne ein Behandlungsversuch mit einer Unterkiefer-Protrusionsschiene erfolgen, hat der Kläger zunächst nicht befolgt. Nach seinen Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung vor dem SG ist er im Jahr 2014 nicht in Behandlung bei dem Lungenfacharzt P. gewesen. In der nichtöffentlichen Sitzung am 14. August 2015 hat er angegeben, sich wegen der Schlafapnoe erst vor 8 Wochen, mithin im Juli 2015, also mehr als 2 Jahre nach dem stationären Aufenthalt in der T. und 1 Jahr nach der Begutachtung durch Dr. B., auf Überweisung des Lungenfacharztes P., den er nur wegen der Überweisung aufgesucht habe, einer stationären Behandlung unterzogen zu haben. Ihm sei dort eine Schlafmaske empfohlen worden, die nicht funktioniere. Seit August 2015 verfüge er über eine Unterkieferschiene. Weiter hat der Kläger mitgeteilt, dass die Behandlung derzeit noch nicht abgeschlossen sei. Im Übrigen hat sich der Kläger weiterhin auf die hausärztliche Behandlung bei Dr. H. beschränkt, die ausweislich der von dieser mitgeteilten Behandlungstermine auch nicht engmaschig erfolgt ist (in der Zeit von März 2013 bis 20. Februar 2014 7 Behandlungstermine). Hieraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine drohende Minderung der Erwerbsfähigkeit.
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c. Weiterhin hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die allein geltend gemachten stationären Leistungen der medizinischen Rehabilitation.
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Wie bereits ausgeführt, steht das „Wie“ der Leistungserbringung im Ermessen des Rentenversicherungsträgers. Grundsätzlich muss die Beklagte das ihr somit eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - , § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Umgekehrt hat der Versicherte einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle kann die Verwaltungsentscheidung - wie sich aus § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt - nur im Rahmen einer Rechtskontrolle auf so genannte Ermessensfehler hin überprüft werden (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rdnr. 25 ff.). Nur ausnahmsweise ist die Beklagte zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet, nämlich dann, wenn jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (so genannte Ermessensreduzierung auf Null, vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 13 R 15/13 R - juris Rdnr. 12; Urteil vom 9. November 2010 - B 2 U 10/10 R - juris Rdnr. 12; Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 45/08 R - juris Rdnr. 19). Entsprechend diesen Grundsätzen stellt sich vorliegend nicht die Frage, ob die Beklagte die Bewilligung der begehrten stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu Recht, insbesondere mit zutreffenden Ermessenserwägungen, abgelehnt hat. Denn eine fehlerhafte Ermessensausübung führt nur zur Pflicht des Leistungsträgers, über den Antrag erneut zu entscheiden (vgl. § 131 Abs. 3 SGG), nicht aber zu einer Ermessensreduzierung auf Null mit der Pflicht zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (vgl. § 131 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung einer stationären Maßnahme setzt also voraus, dass die Beklagte zwingend eine solche stationäre Heilmaßnahme hätte bewilligen müssen und jede andere Entscheidung, insbesondere auch die Gewährung von ambulanten Maßnahmen, rechtswidrig gewesen wäre (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Januar 2014 - L 10 R 4402/13 - juris Rdnr. 20).
32 
Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt im vorliegenden Rechtsstreit nicht vor. Dabei ist hinsichtlich des Verhältnisses der stationären und ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu beachten, dass gem. § 15 Abs. 2 Satz 3 SGB VI die Leistungen der stationären Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation nach Art und Schwere der Erkrankung erforderlich sein müssen. Durch das Erfordernis der Erforderlichkeit wird auf die Beachtung der (Ermessens-)Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Bezug genommen (Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB VI, 2014, § 15 Rdnr. 7; Kater, a.a.O., § 15 Rdnr. 50). Ein Anspruch auf stationäre Leistungen kommt daher nur in Betracht, wenn das Rehabilitationsziel nicht mit ambulanten Leistungen erreicht werden kann (Günniker, a.a.O., § 15 Rdnr. 80; Kater, a.a.O.; Zabre, a.a.O., § 15 Rdnr. 8). Vorliegend sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den Auswirkungen der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen auf seine Erwerbsfähigkeit als Angestellter im Sozialdienst einer (psychiatrischen) Klinik nicht auch durch ambulante Maßnahmen entgegengewirkt werden kann oder diese sogar überwunden werden können. Hinsichtlich des von der behandelnden Hausärztin Dr. H. in den Vordergrund gerückten Erschöpfungssyndroms, das sie als psychosomatische Erkrankung mit Schlaf- und Konzentrationsstörung angesehen hat, hat bisher noch keine ambulante Behandlung auf nervenfachärztlichem Gebiet stattgefunden. So hat der Kläger weder einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie noch einen Psychotherapeuten aufgesucht und noch nicht einmal eine medikamentöse Behandlung aufgenommen. Auch hinsichtlich des Asthma bronchiale und der saisonal auftretenden Rhinokonjunktivitis allergica hat der Kläger keine lungenfachärztliche bzw. allergologische Behandlung in Anspruch genommen, sondern sich mit einer hausärztlichen Behandlung begnügt. Dass diese sowohl nach Diagnostik als auch Therapie eine fachärztliche Behandlung gleichwertig und effektiv ersetzt hat, wie der Kläger offensichtlich meint, ist nicht ersichtlich. So haben die vom Lungenfacharzt P. für erforderlich gehaltenen regelmäßigen Lungenfunktionsprüfungen seit Dezember 2012 nicht mehr stattgefunden, so dass eine auf konkrete objektivierbare Befunde und eine kontinuierliche Verlaufsbeobachtung abgestimmte Therapie nicht eingeleitet werden konnte. Im Übrigen dienen stationäre Rehabilitationsmaßnahmen nicht in erster Linie der (fachärztlichen) Diagnostik. Auch der Sachverständige Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 3. Juni 2014 Therapiemöglichkeiten (regelmäßige fachärztliche Behandlung, Hyposensibilisierung, Atemtherapie mit regelmäßiger Inhalationstherapie, Nikotinentwöhnung) aufgezeigt, die unschwer ambulant erbracht werden können. Warum - trotz fehlender fachärztlicher Diagnostik und Behandlung - nur ein stationäres Heilverfahren an der Nordsee bzw. im Hochgebirge zur Linderung der Symptome der allergischen Erkrankung sowie des Asthma bronchiale sinnvoll sein soll, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist zunächst im Rahmen einer ambulanten fachärztlichen Behandlung Art und Ausmaß der Symptomatik festzustellen und eine darauf abgestimmte suffiziente Therapie einzuleiten. Auch im Hinblick auf das Schlafapnoe-Syndrom sind die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Wie bereits oben dargelegt, hat der Kläger erst im Sommer 2015 die Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms wieder aufgenommen und insoweit im August 2015 eine Therapie mit einer Unterkieferschiene begonnen. Ohnehin hat Dr. B. die Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms nicht als Ziel einer stationären Rehabilitation benannt. Unter diesen Umständen kommt eine Ermessensreduzierung auf eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nicht in Betracht.
33 
d.Zutreffend hat das SG auch Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation außerhalb des SGB VI verneint, namentlich nach dem SGB V. Auch ein möglicher Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gem. §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 40 Abs. 1 SGB V ist bezüglich des „Wie“ der Leistungserbringung gem. § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungserbringers gestellt. Zusätzlich besteht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen, welches bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V deutlich wird. Gem. § 40 Abs. 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen. Reichen diese Leistungen gleichfalls nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Demnach kommt eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation ausreichend sind. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung dahingehend, dass - ungeachtet des dargestellten Stufenverhältnisses - im vorliegenden Fall nur eine medizinische stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in Betracht käme, sind - wie bereits dargestellt - nicht ersichtlich.
34 
Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
35 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
19 
1. Die gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
20 
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet der Bescheid vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2013 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte als zweitangegangener Rehabilitationsträger (§§ 14 Abs. 2 Satz 3, 5 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - ) Leistungen der medizinischen Rehabilitation abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt ausschließlich stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Er hat sein Begehren - ausweislich des vor dem SG gestellten Antrages und seines Berufungsschreibens vom 10. März 2015 - ausdrücklich auf stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation begrenzt; ambulante Leistungen der medizinischen Rehabilitation macht er nicht geltend.
21 
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 7. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2013 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation.
22 
a. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI). Nachdem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 Abs. 2 SGB VI) unstreitig erfüllt sind, streiten die Beteiligten allein darüber, ob bei dem Kläger die persönlichen Voraussetzungen gegeben sind. Nach der vorliegend allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Regelung des § 10 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, (1.) deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und (2.) bei denen voraussichtlich (a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, (b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, (c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.
23 
Liegen die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor, so bestimmt der Träger der Rentenversicherung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei erstreckt sich das dem Rentenversicherungsträger eingeräumte Ermessen nicht auf das „Ob“ der Leistungsgewährung, sondern beschränkt sich auf das „Wie“ der Leistungserbringung.
24 
b. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Kläger in seinem Beruf als Angestellter im Sozialdienst erheblich gefährdet oder gar gemindert ist.
25 
Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können; nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (Bundessozialgericht , Urteil vom 11. Mai 2011 - B 5 R 54/10 R - BSGE 108, 158 - juris Rdnr. 46; Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R - juris Rdnr. 17). Zu prüfen ist, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs noch nachkommen kann (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 44/08 R - BSGE 104, 294 - juris Rdnr. 29). Eine Gefährdung der Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen damit zu rechnen ist, dass ohne Leistungen zur Teilhabe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt; vorübergehende Erkrankungen (Akutfälle) reichen nicht (Kater in Kasseler Kommentar, § 10 SGB VI Rdnr. 5; Luthe in jurisPK-SGB VI, § 10 Rdnr. 38). Es muss die Gefahr einer „Ausgliederung“ aus Arbeit, Beruf und Gesellschaft bestehen (Kater, a.a.O.). Der Eintritt der Minderung darf nicht nur möglich sein; es muss die begründete Aussicht bestehen, dass sie in absehbarer Zeit eintritt (Kater, a.a.O.). Die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ist erheblich, wenn nach ärztlicher Feststellung durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit (regelmäßig 3 Jahre) mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist (Kater, a.a.O. Rdnr. 7; Luthe, a.a.O.; Zabre in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 10 Rdnr. 7). Eine geminderte Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben; die Minderung hat im Gegensatz zur Gefährdung bereits zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt (Günniker in Hauck/Noftz, SGB VI, § 10 Rdnr. 10; Kater, a.a.O. Rdnr. 6; Luthe, a.a.O. Rdnr. 42).
26 
Zwar liegen bei dem Kläger Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet vor, jedoch ist nicht ersichtlich, dass wegen der daraus resultierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist. Ausweislich des vom SG bei Dr. B. eingeholten Gutachtens vom 3. Juni 2014 leidet der Kläger an einer saisonalen (nach Angaben des Klägers zwischen Februar und Juni) Rhinokonjunktivitis allergica bei Sensibilität auf Pollen von Buchengewächsen und Kräutern (sog. „Heuschnupfen“), einem Asthma bronchiale und einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (so im Übrigen auch der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde P. sowie der Entlassbericht der T. vom 26. März 2013). Im Rahmen der körperlichen Untersuchungen am 6. und 27. Mai 2014, mithin während der Allergiesaison, hat Dr. B. keinen pathologischen Befund erhoben. Der Laborbefund hat keine Auffälligkeiten erwiesen. Dr. B. hat ein unauffälliges Elektrokardiogramm sowie ein Herz-Kreislauf-Verhalten in Ruhe und bei Belastung mit zuletzt 100 Watt (bei konstanter Sauerstoffsättigung und ohne Rhythmusstörungen) beschrieben. In der Röntgendiagnostik hat sich ein unauffälliger altersentsprechender Thoraxbefund gezeigt. Die Lungenfunktionsprüfung hat einen normalen Atemwegswiderstand in Ruhe und nach Belastung, keine Restriktion, keine Obstruktion sowie keinen Hinweis auf eine Diffusionsstörung und eine respiratorische Insuffizienz ergeben. Festgestellt hat er eine deutliche bronchiale Hyperreagibilität (allgemeine Atemwegsüberempfindlichkeit gegen Reize). In der Allergiediagnostik hat Dr. B. Reaktionen auf Pollen von Bäumen, Kräutern und Blumen (insbesondere Birke, Haselnuss, Buche, Kräuter) festgestellt.
27 
Die Einschätzung des Dr. B., die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Angestellter im Sozialdienst einer (psychiatrischen) Klinik sei erheblich und nicht nur vorrübergehend beeinträchtigt, lässt sich mit dem von ihm erhobenen Befund nicht in Einklang bringen. Dr. B. hat seine Einschätzung mit einer erheblichen psychischen Belastung im Beruf und in der Familie, einer Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens wegen der saisonal auftretenden Rhinokonjunktivitis allergica und des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms (eingeschränkte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit, Tagesmüdigkeit) sowie Atemnot und Enge im Brustkorb bei mäßiger körperlicher Belastung begründet. Dem von ihm erhobenen Befund ist aber eine Einschränkung der (psychischen) Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nicht zu entnehmen. In der Beantwortung der Beweisfrage Ziff. 3 spricht Dr. B. nur noch davon, dass eine ausreichende Konzentrationsfähigkeit zweifelhaft erscheine, wobei er sich anscheinend auf die anamnestischen Angaben des Klägers stützt. Der Kläger hat sich auch zu keinem Zeitpunkt wegen eines Erschöpfungssyndroms mit eingeschränkter Konzentrations- und Leistungsfähigkeit in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung befunden. Ebenso wenig hat Dr. B. eine Einschränkung der kardiopulmonalen Belastbarkeit beschrieben, sondern gerade - und zwar in der Allergiesaison - eine fahrradergometrische Belastung bis zu 100 Watt, was einer mittelschweren körperlichen Belastung entspricht, mit unauffälliger Lungenfunktion festgehalten. Im Übrigen hat sich Dr. B. darauf beschränkt, die Beschwerdeangaben des Kläger unkritisch zu übernehmen. Dr. B. kann seine Beurteilung auch nicht auf die Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 20. Februar 2014 stützen, wonach der Kläger trotz ihrer dringlichen ärztlichen Hinweise nie Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei sehr großem Pflichtgefühl gegenüber seinen Klienten in Anspruch genommen habe. Denn Dr. H. hat mit ihrer Stellungnahme keinerlei Befunde mitgeteilt, die die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) rechtfertigen könnten. Sie hat sich darauf beschränkt, Diagnosen mitzuteilen, die im Übrigen teilweise nicht dem gängigen Klassifikationssystem ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) entsprechen. Zudem hat Dr. H. lediglich von einer phasenweise stark beeinträchtigten Arbeitsfähigkeit berichtet, was auf eine behandlungsbedürftige Akutkrankheit, die keine Leistungen der medizinischen Rehabilitation rechtfertigt, hindeutet. Eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit hat sie ausdrücklich verneint. Auch der behandelnde Kardiologe Dr. Dr. K. hat mitgeteilt, dass aus kardiologischer Sicht keine therapiebedürftige Erkrankung vorliege, keine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit bestehe oder drohe und die Durchführung eines stationären Heilverfahrens nicht erforderlich sei (Schreiben vom 17. Februar 2014). Er hat bei dem Kläger im Rahmen der einmaligen fachärztlichen Behandlung auf kardiologischem Fachgebiet im März 2013 lediglich eine geringfügige Herzklappeninsuffizienz ohne hämodynamische Relevanz festgestellt sowie die Beendigung des Nikotinkonsums und das Betreiben von Ausdauersport empfohlen.
28 
Weiterhin ist die geltend gemachte erhebliche Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht damit in Einklang zu bringen, dass der Kläger im November 2013, mithin nach Stellung des Rehabilitationsantrages im Juni 2013, seine berufliche Tätigkeit von Teilzeit (28,8 Stunden/Woche) auf Vollzeit ausgedehnt hat. Trotz der mit der Vollzeittätigkeit verbundenen stärkeren Arbeitsbelastung haben die Erkrankungen des Klägers - wie den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte zu entnehmen ist - nicht zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 44 Abs. 1 SGB V geführt.
29 
Schließlich spricht gegen einen erheblichen krankheitsbedingten Leidensdruck, der mit den vom Kläger vorgebrachten Beschwerden einhergehen müsste, der bisherige Behandlungsverlauf. Der Kläger befindet sich in erster Linie in hausärztlicher Behandlung, was er im Erörterungstermin am 14. August 2015 ausdrücklich bestätigt hat. Eine kardiologische Behandlung hat ausweislich der Stellungnahme des Dr. Dr. K. lediglich im März 2013 stattgefunden. Bei dem Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde P. hat sich der Kläger im Oktober und Dezember 2010 sowie im November und Dezember 2012 vorgestellt. Obwohl der Arzt P. eine jährliche (fachärztliche) Kontrolle der Lungenfunktionswerte für erforderlich gehalten hat, hat sich der Kläger insoweit seit Dezember 2012 bei diesem nicht mehr vorgestellt. Auf Veranlassung des Arztes P. hat sich der Kläger vom 24. bis zum 26. März 2013 in der T. befunden, in der eine leichte rückenlagebezogene obstruktive Schlafapnoe diagnostiziert worden ist. Dort ist ihm eine Therapie mit Rückenlagevermeidungsweste empfohlen worden, mit der ein völliger Normalbefund erreicht werden konnte. Warum der Kläger, der gegenüber Dr. B. geltend gemacht hat, die Lagerungsjacke könne nicht angewendet werden, nicht erneut um fachärztliche Behandlung wegen des Schlafapnoe-Syndroms nachgesucht hat, ist nicht erklärlich. Auch den Hinweis des Dr. B. in seinem Gutachten vom 3. Juni 2014, bezüglich des Schlafapnoe-Syndroms könne ein Behandlungsversuch mit einer Unterkiefer-Protrusionsschiene erfolgen, hat der Kläger zunächst nicht befolgt. Nach seinen Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung vor dem SG ist er im Jahr 2014 nicht in Behandlung bei dem Lungenfacharzt P. gewesen. In der nichtöffentlichen Sitzung am 14. August 2015 hat er angegeben, sich wegen der Schlafapnoe erst vor 8 Wochen, mithin im Juli 2015, also mehr als 2 Jahre nach dem stationären Aufenthalt in der T. und 1 Jahr nach der Begutachtung durch Dr. B., auf Überweisung des Lungenfacharztes P., den er nur wegen der Überweisung aufgesucht habe, einer stationären Behandlung unterzogen zu haben. Ihm sei dort eine Schlafmaske empfohlen worden, die nicht funktioniere. Seit August 2015 verfüge er über eine Unterkieferschiene. Weiter hat der Kläger mitgeteilt, dass die Behandlung derzeit noch nicht abgeschlossen sei. Im Übrigen hat sich der Kläger weiterhin auf die hausärztliche Behandlung bei Dr. H. beschränkt, die ausweislich der von dieser mitgeteilten Behandlungstermine auch nicht engmaschig erfolgt ist (in der Zeit von März 2013 bis 20. Februar 2014 7 Behandlungstermine). Hieraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine drohende Minderung der Erwerbsfähigkeit.
30 
c. Weiterhin hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die allein geltend gemachten stationären Leistungen der medizinischen Rehabilitation.
31 
Wie bereits ausgeführt, steht das „Wie“ der Leistungserbringung im Ermessen des Rentenversicherungsträgers. Grundsätzlich muss die Beklagte das ihr somit eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - , § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Umgekehrt hat der Versicherte einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle kann die Verwaltungsentscheidung - wie sich aus § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt - nur im Rahmen einer Rechtskontrolle auf so genannte Ermessensfehler hin überprüft werden (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rdnr. 25 ff.). Nur ausnahmsweise ist die Beklagte zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet, nämlich dann, wenn jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (so genannte Ermessensreduzierung auf Null, vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 - B 13 R 15/13 R - juris Rdnr. 12; Urteil vom 9. November 2010 - B 2 U 10/10 R - juris Rdnr. 12; Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 45/08 R - juris Rdnr. 19). Entsprechend diesen Grundsätzen stellt sich vorliegend nicht die Frage, ob die Beklagte die Bewilligung der begehrten stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu Recht, insbesondere mit zutreffenden Ermessenserwägungen, abgelehnt hat. Denn eine fehlerhafte Ermessensausübung führt nur zur Pflicht des Leistungsträgers, über den Antrag erneut zu entscheiden (vgl. § 131 Abs. 3 SGG), nicht aber zu einer Ermessensreduzierung auf Null mit der Pflicht zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (vgl. § 131 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung einer stationären Maßnahme setzt also voraus, dass die Beklagte zwingend eine solche stationäre Heilmaßnahme hätte bewilligen müssen und jede andere Entscheidung, insbesondere auch die Gewährung von ambulanten Maßnahmen, rechtswidrig gewesen wäre (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Januar 2014 - L 10 R 4402/13 - juris Rdnr. 20).
32 
Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt im vorliegenden Rechtsstreit nicht vor. Dabei ist hinsichtlich des Verhältnisses der stationären und ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu beachten, dass gem. § 15 Abs. 2 Satz 3 SGB VI die Leistungen der stationären Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation nach Art und Schwere der Erkrankung erforderlich sein müssen. Durch das Erfordernis der Erforderlichkeit wird auf die Beachtung der (Ermessens-)Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Bezug genommen (Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB VI, 2014, § 15 Rdnr. 7; Kater, a.a.O., § 15 Rdnr. 50). Ein Anspruch auf stationäre Leistungen kommt daher nur in Betracht, wenn das Rehabilitationsziel nicht mit ambulanten Leistungen erreicht werden kann (Günniker, a.a.O., § 15 Rdnr. 80; Kater, a.a.O.; Zabre, a.a.O., § 15 Rdnr. 8). Vorliegend sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den Auswirkungen der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen auf seine Erwerbsfähigkeit als Angestellter im Sozialdienst einer (psychiatrischen) Klinik nicht auch durch ambulante Maßnahmen entgegengewirkt werden kann oder diese sogar überwunden werden können. Hinsichtlich des von der behandelnden Hausärztin Dr. H. in den Vordergrund gerückten Erschöpfungssyndroms, das sie als psychosomatische Erkrankung mit Schlaf- und Konzentrationsstörung angesehen hat, hat bisher noch keine ambulante Behandlung auf nervenfachärztlichem Gebiet stattgefunden. So hat der Kläger weder einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie noch einen Psychotherapeuten aufgesucht und noch nicht einmal eine medikamentöse Behandlung aufgenommen. Auch hinsichtlich des Asthma bronchiale und der saisonal auftretenden Rhinokonjunktivitis allergica hat der Kläger keine lungenfachärztliche bzw. allergologische Behandlung in Anspruch genommen, sondern sich mit einer hausärztlichen Behandlung begnügt. Dass diese sowohl nach Diagnostik als auch Therapie eine fachärztliche Behandlung gleichwertig und effektiv ersetzt hat, wie der Kläger offensichtlich meint, ist nicht ersichtlich. So haben die vom Lungenfacharzt P. für erforderlich gehaltenen regelmäßigen Lungenfunktionsprüfungen seit Dezember 2012 nicht mehr stattgefunden, so dass eine auf konkrete objektivierbare Befunde und eine kontinuierliche Verlaufsbeobachtung abgestimmte Therapie nicht eingeleitet werden konnte. Im Übrigen dienen stationäre Rehabilitationsmaßnahmen nicht in erster Linie der (fachärztlichen) Diagnostik. Auch der Sachverständige Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 3. Juni 2014 Therapiemöglichkeiten (regelmäßige fachärztliche Behandlung, Hyposensibilisierung, Atemtherapie mit regelmäßiger Inhalationstherapie, Nikotinentwöhnung) aufgezeigt, die unschwer ambulant erbracht werden können. Warum - trotz fehlender fachärztlicher Diagnostik und Behandlung - nur ein stationäres Heilverfahren an der Nordsee bzw. im Hochgebirge zur Linderung der Symptome der allergischen Erkrankung sowie des Asthma bronchiale sinnvoll sein soll, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist zunächst im Rahmen einer ambulanten fachärztlichen Behandlung Art und Ausmaß der Symptomatik festzustellen und eine darauf abgestimmte suffiziente Therapie einzuleiten. Auch im Hinblick auf das Schlafapnoe-Syndrom sind die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Wie bereits oben dargelegt, hat der Kläger erst im Sommer 2015 die Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms wieder aufgenommen und insoweit im August 2015 eine Therapie mit einer Unterkieferschiene begonnen. Ohnehin hat Dr. B. die Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms nicht als Ziel einer stationären Rehabilitation benannt. Unter diesen Umständen kommt eine Ermessensreduzierung auf eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nicht in Betracht.
33 
d.Zutreffend hat das SG auch Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation außerhalb des SGB VI verneint, namentlich nach dem SGB V. Auch ein möglicher Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gem. §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 40 Abs. 1 SGB V ist bezüglich des „Wie“ der Leistungserbringung gem. § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungserbringers gestellt. Zusätzlich besteht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen, welches bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V deutlich wird. Gem. § 40 Abs. 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen. Reichen diese Leistungen gleichfalls nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Demnach kommt eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation ausreichend sind. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung dahingehend, dass - ungeachtet des dargestellten Stufenverhältnisses - im vorliegenden Fall nur eine medizinische stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in Betracht käme, sind - wie bereits dargestellt - nicht ersichtlich.
34 
Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
35 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

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Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

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(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41)

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(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die

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(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationsei

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(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf p

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(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um 1. den Auswirkungen einer Krankh

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(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und2. bei denen vora

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(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung1.die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder2.eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen. (2) Für die L

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(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 42 bis 47a des Neunten Buches, ausgenommen Leistungen nach § 42 Abs. 2 Nr. 2 und § 46 des Neunten Buches. Zahnärztliche B

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 13 Leistungsumfang


(1) Der Träger der Rentenversicherung bestimmt im Einzelfall unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten im Sinne des § 8 des Neunten Buches und der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durc

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Bundessozialgericht Urteil, 11. Feb. 2015 - B 13 R 15/13 R

bei uns veröffentlicht am 11.02.2015

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2012 aufgehoben.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 24. Jan. 2014 - L 10 R 4402/13

bei uns veröffentlicht am 24.01.2014

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Bundessozialgericht Urteil, 09. Nov. 2010 - B 2 U 10/10 R

bei uns veröffentlicht am 09.11.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufgehoben.

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um

1.
den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2.
dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Die Leistungen zur Prävention haben Vorrang vor den Leistungen zur Teilhabe. Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind.

(2) Die Leistungen nach Absatz 1 sind zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung

1.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder
2.
eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.

(2) Für die Leistungen zur Prävention und zur medizinischen Rehabilitation haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch erfüllt, die

1.
in den letzten zwei Jahren vor der Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben,
2.
innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen und bis zum Antrag ausgeübt haben oder nach einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit bis zum Antrag arbeitsunfähig oder arbeitslos gewesen sind oder
3.
vermindert erwerbsfähig sind oder bei denen dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
§ 55 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Zeitraum von zwei Jahren nach Nummer 1 verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches. Für die Leistungen nach § 15a an Kinder von Versicherten sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit oder die in Satz 1 oder in Absatz 1 genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt hat.

(2a) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden an Versicherte auch erbracht,

1.
wenn ohne diese Leistungen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre oder
2.
wenn sie für eine voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Träger der Rentenversicherung erforderlich sind.

(3) Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen haben auch überlebende Ehegatten erfüllt, die Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben. Sie gelten für die Vorschriften dieses Abschnitts als Versicherte.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2.
bei denen voraussichtlich
a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder
2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.

(1) Der Träger der Rentenversicherung bestimmt im Einzelfall unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten im Sinne des § 8 des Neunten Buches und der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend.

(2) Der Träger der Rentenversicherung erbringt nicht

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein,
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung,
3.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen.

(3) Der Träger der Rentenversicherung erbringt nach Absatz 2 Nr. 1 im Benehmen mit dem Träger der Krankenversicherung für diesen Krankenbehandlung und Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Der Träger der Rentenversicherung kann von dem Träger der Krankenversicherung Erstattung der hierauf entfallenden Aufwendungen verlangen.

(4) Die Träger der Rentenversicherung vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Näheres zur Durchführung von Absatz 2 Nr. 1 und 2.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Leistungen zur Teilhabe in Form eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets (PB) zu gewähren sind.

2

Der am 1956 geborene Kläger hat den Beruf des Heizungsbauers erlernt und überwiegend ausgeübt. Er leidet an einer - im Jahr 1992 festgestellten - Multiplen Sklerose. Seit 1997 sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1989 Rente wegen Berufsunfähigkeit, zeitweise Erwerbsunfähigkeit, sowie ab 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (Bescheid vom 27.6.2001). Von Dezember 2001 bis Dezember 2002 war der Kläger als technischer Angestellter bei einer Heizungs- und Klimafirma tätig. Die Bewilligung der am 19.8.2004 begonnenen Umschulung zum Techniker im Heizungsbau hob die Beklagte wegen Nichtteilnahme am Unterricht und damit fehlender Erfolgsaussicht zum 28.9.2005 auf (Bescheid vom 5.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2006), die Klage vor dem SG Hannover hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 19.9.2007 zurückgenommen. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Fortsetzung der abgebrochenen Maßnahme lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8.10.2007). Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.3.2008; SG Hannover - S 14 R 329/08 - Rücknahme der Klage am 18.11.2008).

3

Den an das Sozialamt der Stadt S. gestellten Antrag vom 18.1.2008 auf ein PB unter Einbeziehung des Antrags von 2007 auf Eingliederungshilfe leitete diese an die Beklagte weiter. Diese lehnte den Antrag ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ihren Lasten nicht gegeben seien (Bescheid vom 21.4.2008). Der Widerspruch wurde zurückgewiesen, ein Anspruch auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe nicht (Widerspruchsbescheid vom 20.5.2008).

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 6.11.2008). Ob ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe, sei Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens S 14 R 329/08. Bis dahin könne eine Entscheidung über die Ausführung der Leistung - hier in Form eines PB - nicht getroffen werden. Auch eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (hier: Eingliederungshilfe) könne der Kläger nicht beanspruchen. Zwar sei die Beklagte kraft Weiterleitung nach § 14 SGB IX zuständig. Der Kläger habe jedoch gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert, sodass nicht entschieden werden könne, ob die Aufbringung der Mittel dem Kläger unzumutbar sei.

5

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat nach Beiladung des Sozialhilfeträgers die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.1.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs 1, insbesondere der Nr 2b SGB VI, lägen nicht vor. Die beim Kläger gegebene verminderte Erwerbsfähigkeit könne voraussichtlich durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht "wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden". Denn dem Kläger fehle die entsprechende Rehabilitationsfähigkeit. Der Kläger strebe zwar eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben an. Nach seinem medizinischen Leistungsvermögen sei aber unter Berücksichtigung des eingeholten fachmedizinischen (neurologischen) Gutachtens eine Teilnahme am Erwerbsleben unter betriebsüblichen Bedingungen weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch (erst recht) in dem vom Kläger angestrebten Berufsfeld des Technikers möglich. Dagegen sprächen insbesondere die eingeschränkte Wegefähigkeit und die Einschränkungen namentlich im kognitiven Bereich.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 17, 33 SGB IX iVm § 10 SGB VI. Mit dem LSG bestehe Übereinstimmung, dass die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 SGB VI erfüllt sein müssten, damit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger erbracht werden können. Nicht gefolgt werden könne dem LSG, soweit es eine dauerhafte Erwerbsfähigkeit aufgrund eingeschränkter Wegefähigkeit nach "rentenrechtlichen Maßstäben" nicht mehr als gegeben ansehe. Denn der Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rehabilitationsrecht stimme mit dem Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rentenrecht nicht überein. So sei eine Rehabilitationsfähigkeit unter Beachtung der Definition der Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI stattdessen gegeben, wenn eine Eingliederung in das Erwerbsleben nach Leistungsbereitschaft und -fähigkeit des Versicherten nicht völlig aussichtslos erscheine und keine Gründe erkennbar seien, derentwegen Teilhabeleistungen als von vornherein nicht aussichtsreich beurteilt werden müssten. So könne das Rehabilitationsziel durchaus darauf gerichtet sein, einen Versicherten in die ihm grundsätzlich mögliche halbschichtige Erwerbstätigkeit auf Dauer einzugliedern und qualitative Leistungseinschränkungen und Behinderungen mit Maßnahmen der Behindertenhilfe (insbesondere zur Verbesserung der Wegefähigkeit) auszugleichen.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 6. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend. Auch unter Zugrundelegung rein rehabilitationsrechtlicher Maßstäbe lasse die Summe der vom LSG festgestellten qualitativen Einschränkungen eine auch nur teilweise Erwerbsfähigkeit als nicht erreichbar erscheinen.

10

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Ein Anspruch auf Bereitstellung eines PB ergebe sich auch nicht aus §§ 5 Nr 4, 17, 55 ff SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, weil die Grundvoraussetzungen hierfür nach §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Seiner Mitwirkungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe in seinem Antrag vom 18.1.2008 erklärt, dass er Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigere. Mit Schreiben vom 6.5.2008 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seinen Antrag auf Eingliederungshilfe zurückziehe. Seine wirtschaftliche Situation habe sich gebessert, sodass er nicht (mehr) auf Hilfe durch das Sozialamt angewiesen sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann schon deshalb keine abschließende Entscheidung treffen, weil es an einer individuellen Feststellung des - nicht auf einzelne Leistungsgruppen oder den Zuständigkeitsbereich eines einzelnen Leistungsträgers begrenzten - Rehabilitationsbedarfs des Klägers fehlt. Damit kann von vornherein nicht beurteilt werden, ob dem Kläger zur Deckung dieses im umfassenden Sinne verstandenen Bedarfs Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe als Grundlage eines PB zustehen. Insbesondere bleibt aufgrund der defizitären Sachaufklärung des Berufungsgerichts offen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die im Bereich der Rehabilitation grundsätzlich und in aller Regel zu treffenden Leistungsentscheidungen vorliegen, die von selbstständigen Spielräumen der Verwaltung abhängen.

12

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist die Revision noch ausreichend iS von § 164 Abs 2 Satz 1 SGG begründet(zu den Anforderungen allgemein vgl BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 ff mwN). Streitgegenstand der Klage ist im Wesentlichen der Anspruch des Klägers auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich seines Rechts auf ein PB (s hierzu im Einzelnen nachfolgend unter 3.). Anspruchsgrundlage ist hierfür im Zuständigkeitsbereich der Beklagten § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI, der seinerseits "auf § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" verweist. Das vom Kläger im Verwaltungsverfahren beantragte und mit der Klage begehrte "Persönliche Budget" (PB) wird nach § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. Der zuständige Träger entscheidet durch einheitlichen Verwaltungsakt über Grund und Höhe des entsprechenden - monatlichen - Geldbetrags, auch wenn in die Bemessung dieses Betrags die Leistungen mehrerer Träger eingegangen sind (vgl § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX: "den Verwaltungsakt"; ebenso § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung vom 27.5.2004, BGBl I 1055: "den Verwaltungsakt" bzw "die Leistung"). Der zuständige Träger handelt damit nicht rechtmäßig, wenn er ungeachtet der - wie auch hier - grundsätzlich weiten Fassung des Antragsbegehrens eine Entscheidung dennoch nur auf der Grundlage einzelner Bewertungselemente bzw auf den Zuständigkeitsbereich einzelner Träger begrenzt trifft und insofern den Antrag nicht ausschöpft. Die Beklagte, deren Verwaltungsakte das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit auslegt (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 mwN; BFHE 214, 18, 23 mwN), und die Vorinstanzen haben - ungeachtet insbesondere des fragmentarischen Charakters ihrer Begründungen - jeweils über ein PB in diesem umfassenden Sinne entschieden und nicht zu erkennen gegeben, sie wollten entgegen der Gesetzeslage etwa nur eine Teil-Entscheidung treffen.

13

Die Revision des Klägers, die der Senat uneingeschränkt zugelassen hat, wendet sich ihrerseits in vollem Umfang gegen das Urteil des LSG vom 5.1.2010. Auch die Begründung hierzu geht jedenfalls in ihren allgemeinen rechtlichen Ausführungen auf die Komplexnatur des persönlichen trägerübergreifenden Budgets ein, beschränkt sich dann aber auf eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB VI.

14

Hierin ist indessen keine nachträgliche sinngemäße Beschränkung des revisionsrechtlichen Streitgegenstands (vgl hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 27.4.2010 in SozR 4-2600 § 233a Nr 1 und des 4. Senats vom 29.9.1994 in SozR 3-2200 § 1251 Nr 6) durch den Kläger zu sehen, der in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nochmals ausdrücklich bestätigt hat, der Anspruch auf ein persönliches trägerübergreifendes Budget solle "im Hinblick auf alle in Betracht kommenden Aspekte weiter verfolgt werden". Auch liegt nicht ausnahmsweise ein verfahrensrechtlich relevantes Begründungsdefizit vor. Zwar muss sich die Revisionsbegründung grundsätzlich mit allen Aspekten befassen, die den mit der Klage geltend gemachten Anspruch betreffen und vor das Revisionsgericht getragen werden sollen. Allerdings ist vorliegend die Situation dadurch gekennzeichnet, dass es hinsichtlich des zum 1.1.2008 als Pflichtleistung eingeführten PB bisher an oberstgerichtlicher Rechtsprechung fehlt und gleichermaßen im Verwaltungsverfahren wie in zwei Gerichtsinstanzen der materielle Gehalt des neuen Rechtsinstituts wie das sich hieraus ergebende Verfahrensrecht nicht annähernd erfasst worden sind. Unter diesen Umständen würde das Grundrecht des Klägers auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) in unzumutbarer Weise verkürzt, wollte man ihm erstmals als Voraussetzung für den Zugang zur Revisionsinstanz abverlangen, diese Defizite zu kompensieren und die maßgeblichen Aspekte zu thematisieren. Nicht anders als bei der Herbeiführung der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels im Rahmen der gesonderten Entscheidung über seine Zulassung muss auch bei der Prüfung der Zulässigkeit des statthaften Rechtsmittels der begrenzte Sinn und Zweck der Zulässigkeitsprüfung und der dort vernünftigerweise zu leistende Prüfungsumfang beachtet werden. In die Zulässigkeitsprüfung dürfen unter diesem Gesichtspunkt insbesondere nicht Gesichtspunkte Eingang finden, die bisher im Verfahren keine Rolle gespielt haben und die zu erörtern im Blick auf eine offensichtliche oder geklärte Rechtslage auch sonst kein Anlass bestanden hat (vgl etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 24.1.2007, NVwZ 2007, 805 ff). Dem Kläger würden andernfalls unter Verkennung der Funktion des Revisionsverfahrens im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung Gesichtspunkte entgegengehalten, denen angesichts einer offensichtlich in bedeutendem Umfang die Gesetzeslage verfehlenden Praxis ihrerseits grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl BVerfG aaO).

15

2. Die zulässige Revision erweist sich nicht bereits deshalb als unbegründet, weil die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 6.11.2008 mangels Statthaftigkeit unzulässig gewesen wäre. Die Berufung gegen Urteile und Gerichtsbescheide (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG) ist grundsätzlich statthaft (§ 143 SGG). Vorliegend bedurfte es auch nicht ausnahmsweise der Zulassung der Berufung durch das SG oder auf Beschwerde durch das LSG, die sich beide zu dieser Frage nicht verhalten haben. Der Kläger hat nämlich mit der Klage, die sich ua auf die gegenüber dem beigeladenen Träger der Sozialhilfe geltend gemachten Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft ("Hilfe beim Spazierengehen") bezieht, von Anfang an einen Anspruch auf laufende Geldleistungen für mehr als ein Jahr geltend gemacht (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG) und diesen Anspruch unverändert auch mit der Berufung geltend gemacht. Unter diesen Umständen bedarf es keiner näheren Ausführungen dazu, dass der ausnahmsweise Ausschluss der Berufung nach Satz 1 Nr 1 aaO zu Lasten des Rechtsmittelführers dann nicht eingreifen kann, wenn es - wie hier - an jeder Grundlage für eine Schätzung des Werts des Beschwerdegegenstands fehlt.

16

3. Der Kläger hat nach seinem "wahren" Begehren, das auch im Revisionsverfahren von der äußeren Fassung seiner Anträge zu unterscheiden ist (§ 123 SGG), zutreffend eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1, Abs 4 SGG) erhoben. Dies ergibt sich im Blick auf die Gesetzeslage aus dem mit der Klage erstrebten Erfolg. Gemäß § 159 Abs 5 SGB IX(eingeführt durch Art 8 Nr 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022 mWv 1.1.2005) ist nämlich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX vom 1.1.2008 an mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf Antrag Leistungen durch ein PB ausgeführt werden. § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX räumt damit seither - bei unverändertem Wortlaut dieser Norm selbst - einen Rechtsanspruch hierauf ein.

17

Welches die im Blick auf das Begehren des Klägers zutreffende Entscheidungsform ist - Verurteilung zur Leistung (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) bzw zum Erlass eines Verwaltungsakts des Inhalts, die Leistung in genau bezeichnetem Umfang zu gewähren (§ 131 Abs 2 Satz 1 SGG) oder zur Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - hängt davon ab, ob der Beklagten auch nach vollständiger Klärung der Sachlage noch ein Entscheidungsspielraum bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf ein trägerübergreifendes PB verbleibt. Diese Unterscheidung ist durch § 159 Abs 5 SGB IX nicht etwa von vornherein überflüssig geworden. Der Anspruch auf ein PB findet nämlich seinerseits seine Grundlage erst in der Zusammenfassung aller nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs zuzuerkennenden Leistungen (§ 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX), die bei einer isolierten Entscheidung hierüber rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel nur in Abhängigkeit vom Ermessen des zuständigen Leistungsträgers beansprucht werden können. Dieses "Ermessen" bleibt zumindest als von der dritten Gewalt zu beachtender eigener Entscheidungsspielraum der Verwaltung auch erhalten, soweit - wie hier - der Anspruch auf derartige Leistungen in einem gestuften Verfahren zur Tatbestandsvoraussetzung des PB geworden ist. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass mit der Entscheidung über die Einführung von § 159 Abs 5 SGB IX, der ua ausdrücklich auch für die Beklagte gilt(§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI), gleichzeitig eine generelle Änderung der Entscheidungskompetenzen hinsichtlich der Gewährung der mit dem PB "auszuführenden" Teilhabeleistungen angeordnet werden sollte. Steht daher hinsichtlich auch nur einer der als unselbstständiger Teil des PB möglicherweise in dessen Bemessung eingehenden Leistungen eine erforderliche "Ermessensausübung" noch aus, kann das Gericht die Spruchreife schon zum Grund dieses Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) aus rechtlichen Gründen nicht selbst herbeiführen und muss den eigenen Entscheidungsraum der Verwaltung berücksichtigen, den ihr der Parlaments-Gesetzgeber eingeräumt hat.

18

Der prozessuale Begriff der Spruchreife (vgl auch § 113 Abs 5 Satz 1 VwGO, § 101 Satz 1 FGO) bildet dabei ua die materiell-rechtliche Unterscheidung zwischen "freier" und "gebundener" Verwaltung ab (Wolff in Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 3. Aufl, § 113 RdNr 422 f mwN). Jedenfalls solange daher nicht abschließend feststeht, dass überhaupt budgetfähige Leistungen zu erbringen sind, die ihrerseits grundsätzlich vom "Ermessen" des zuständigen Trägers abhängen, bleibt damit auch der Anspruch von Personen wie dem Kläger im Ergebnis zunächst unverändert auf die pflichtgemäße Ausübung dieses "Ermessens" begrenzt (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I) bzw sind ihnen weitergehende subjektive öffentliche Rechte iS von Art 19 Abs 4 GG nicht eingeräumt (vgl insofern zuletzt BVerfG vom 31.5.2011, 1 BvR 857/07, Juris).

19

Die Frage der zutreffenden Entscheidungsform bedarf hiervon ausgehend derzeit noch keiner abschließenden Beantwortung. Auch wenn der gerichtlich geltend gemachte Anspruch von einer Ermessensentscheidung oder der Ausübung eines der Verwaltung vorbehaltenen Gestaltungsspielraums abhängt, umfasst das gerichtliche Prüfungs- und Entscheidungsprogramm die Herbeiführung der Spruchreife in tatsächlicher Hinsicht, dh die Sachaufklärung und Feststellung hinsichtlich aller Umstände, die erforderlich sind, um das Vorliegen eines Ermessensfehlers oder die Verletzung eines Beurteilungsspielraums festzustellen (Wolff, aaO RdNr 433). Hieran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht hat das umfassende Prüfungsprogramm verkannt, das § 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX dem zuständigen Träger und im Streitfall den Gerichten bereits hinsichtlich des Grundes eines Anspruchs auf ein PB zumutet und hat daher die Aufklärung des rechtlich einschlägigen Sachverhalts im Wesentlichen unterlassen. Im Revisionsverfahren kann damit bereits das Vorliegen wesentlicher gesetzlicher Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe, die ihrerseits nach Maßgabe des festgestellten Bedarfs in ein PB eingehen könnten, nicht abschließend beurteilt werden, sodass nur eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht in Frage kommt (vgl BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 83/09 R, zur Veröffentlichung in SozR und BSGE vorgesehen). Dagegen steht derzeit keiner der Sachverhalte fest, die ausnahmsweise eine teilweise "Rückgabe an die Verwaltung" erlauben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5).

20

4. Das LSG hat zu Recht den zuständigen Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Nicht erforderlich ist es, die vorliegend notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 Satz 1 Alt 1 SGG nachzuholen, wenn vom Gericht bereits - wie hier - eine einfache Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG ausgesprochen worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene einen abweichenden Sachantrag gestellt hätte, bestehen nicht (vgl BSGE 67, 256, 259 = SozR 3-2500 § 92 Nr 1). Die Voraussetzungen einer echten notwendigen Beiladung liegen vor, weil die vom Kläger begehrte Entscheidung nur einheitlich auch gegenüber dem Sozialhilfeträger möglich ist. Dessen Verantwortungsbereich bleibt nämlich ungeachtet der externen Zuständigkeit der Beklagten im Innenverhältnis erhalten, wenn er Leistungen der Eingliederungshilfe als Teil eines trägerübergreifenden PB erbringt (§ 57 Satz 1 SGB XII). Nicht anders als bei § 14 SGB IX(vgl hierzu BSGE 93, 283 ff RdNr 5 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) bestehen damit erst recht im Rahmen von § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX die notwendige Beiladung begründende Verpflichtungen der originär zuständigen Träger fort.

21

5. Das Leistungsrecht der einzelnen Träger enthält jeweils Bestimmungen des Inhalts, dass die dort vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch als "Teil" eines trägerübergreifenden PB erbracht werden können und ordnet jeweils die Anwendung von "§ 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" an(vgl insofern für den beklagten Rentenversicherungsträger § 13 Abs 1 Satz 2 SGB VI). § 17 SGB IX, dem diese spezialgesetzlichen Regelungen zu Voraussetzungen und Inhalten der jeweiligen Leistungen zur Teilhabe vorgehen(§ 7 SGB IX), enthält seinerseits die näheren Bestimmungen zur Ausführung von "Leistungen zur Teilhabe … durch ein Persönliches Budget" (vgl zur Regelungstechnik insgesamt Masuch in jurisPR-SozR 22/2004 Anm 4 Nr 3). Diese Vorschrift lautet in der hier maßgeblichen Fassung ab dem 30.3.2005 wie folgt:

        

(1) Der zuständige Rehabilitationsträger kann Leistungen zur Teilhabe
1. allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
2. durch andere Leistungsträger oder
3. unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen (§ 19) ausführen. Er bleibt für die Ausführung der Leistungen verantwortlich. Satz 1 gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer oder wirtschaftlicher erbringen kann.

        

(2) Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der nach § 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch. Ein anderer der beteiligten Leistungsträger kann mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragt werden, wenn die beteiligten Leistungsträger dies in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten vereinbaren; in diesem Fall gilt § 93 des Zehnten Buches entsprechend. Die für den handelnden Leistungsträger zuständige Widerspruchsstelle erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

22

§ 17 ist mit dem SGB IX zum 1.7.2001 eingeführt worden. In der zunächst - bis 30.6.2004 - geltenden Fassung der Norm war das PB in Abs 1 Satz 1 Nr 4 als eine der - auch heute noch unverändert unter Nr 1 bis 3 aaO aufgeführten - Möglichkeiten der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe durch den zuständigen Träger aufgeführt. Nach § 17 Abs 2 SGB IX in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung war das PB so zu bemessen, dass eine Deckung des festgestellten Bedarfs unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit möglich ist. Abs 3 aaO sah vor, dass die Rehabilitationsträger die Einführung des PB durch Modellvorhaben prüfen.

23

§ 17 SGB IX wurde durch Art 8 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) mit Wirkung vom 1.7.2004 neu gefasst. Nur insofern anders als heute sah Abs 2 Satz 1 hiernach die Ausführung von Leistungen zur Teilhabe auch durch ein "monatliches" PB vor. Satz 2 und 3 des neuen Abs 2 gelten bis heute unverändert fort. Satz 4 bis 6 aaO lauteten in der ab 1.7.2004 zunächst vorgesehenen Fassung wie folgt:

        

Budgetfähige Leistungen sind Leistungen, die sich auf alltägliche, regelmäßig wiederkehrende und regiefähige Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. Eine Pauschalierung weiterer Leistungen bleibt unberührt. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

Im Übrigen hatte § 17 SGB IX ab dem 1.7.2004 folgenden Wortlaut:

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden im Verfahren nach § 10 so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 erstangegangene und beteiligte Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

24

Ebenfalls zum 1.7.2004 wurde § 17 SGB IX durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 (BGBl I 818) rückwirkend erneut geändert. In Abs 2 Satz 1 wurde nunmehr das Wort "monatliches" gestrichen. Abs 2 Satz 4 wurde wie folgt gefasst:

        

Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können.

25

Der bisherige Satz 5 aaO wurde aufgehoben, der bisherige Satz 6 wurde damit zum neuen Satz 5. In Abs 3 Satz 1 wurde der den Satz abschließende Punkt durch ein Komma ersetzt und die Wörter "bei laufenden Leistungen monatlich" angefügt. In Abs 3 Satz 3 wurden die Wörter "im Verfahren" durch die Wörter "auf der Grundlage der" und die Angabe "§ 10" durch die Angabe "§ 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen" ersetzt.

26

Schließlich wurden ebenfalls durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 mit Wirkung vom 30.3.2005 in Abs 4 die Wörter "erstangegangene und beteiligte" durch die Wörter "zuständige der beteiligten" ersetzt und die bis heute geltenden Sätze 2 und 3 angefügt.

27

6. Der Anspruch auf ein PB ist - mit Ausnahme des Sonderfalls der Ausgabe von Gutscheinen (§ 17 Abs 3 Satz 2 SGB IX) - grundsätzlich auf eine einheitliche - monatliche - Geldleistung (a) durch einen einzigen Träger (b) und auf der Grundlage einer einheitlichen Entscheidung (c) gerichtet.

28

a) "Leistungen zur Teilhabe" und ggf sonstige budgetfähige Leistungen (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) werden auf Antrag durch ein "Persönliches Budget" - nicht etwa durch mehrere - ausgeführt (Satz 1 aaO). Auch soweit mehrere Träger an der Ausführung beteiligt sind, geht es im Außenverhältnis nur um ein PB (Abs 2 Satz 2 aaO) und erbringen die beteiligten Träger als Komplexleistung trägerübergreifend nur ein PB (Satz 3 aaO). Wie Abs 3 Satz 4 aaO zeigt, führt auch die Zusammenfassung von schon bisher individuell festgestellten und ohne das PB zu erbringenden Leistungen zu einer einheitlichen Höhe des PB. Dementsprechend wird auch das PB selbst "in der Regel" als - einheitliche - (monatliche) Geldleistung ausgeführt (Abs 3 Satz 1 aaO).

29

Dies entspricht Sinn und Zweck der Regelungen über das PB. Dem Gesetz liegt seit der Einführung des Rechtsinstituts die zentrale Vorstellung zugrunde, dass das PB dem Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung ermöglicht (so ausdrücklich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX; in diesem Sinne etwa auch BT-Drucks 14/5074 S 103 und 15/1514 S 72). Hierzu sollen den Betroffenen regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, die es ihnen ermöglichen, auf der Grundlage eigener Vertragsschlüsse mit Leistungserbringern Betreuungsleistungen selbst zu organisieren und zu bezahlen (vgl BT-Drucks 15/1514 S 1, 72). Dieser Entkoppelung entspricht die Zuweisung eines pauschalen - monatlichen - Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt (vgl Luthe in: jurisPK-SGB IX § 9 RdNr 39, Stand: 13.4.2010).

30

b) Der Anspruch auf das PB richtet sich gegen einen einzigen Träger. Dies ist selbstverständlich, wenn nur ein Träger mehrere von ihm geschuldete Leistungen zur Teilhabe zusammenfasst. "Enthält" das PB Leistungen mehrerer Leistungsträger in dem Sinne, dass diese Leistungen im Innenverhältnis als Teil des PB erbracht werden und im Außenverhältnis als Grundlage für dessen Bemessung dienen, bestimmt sich die ausschließliche materielle Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis auch insofern nach § 14 SGB IX. Dies ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Anknüpfung an diese Norm in § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Zudem sieht das Gesetz das PB unverändert als eine Form der "Ausführung" von Leistungen zur Teilhabe neben den in § 17 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB IX genannten an(Abs 2 Satz 1 SGB IX aaO: "… auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden …") und setzt für alle Formen der "Ausführung" eine anderweitig bereits bestimmte Zuständigkeit voraus (§ 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX), die sich nur aus den hierzu allgemein getroffenen Regelungen ergeben kann.

31

Für § 14 SGB IX ist durch die bisherige Rechtsprechung geklärt, dass derjenige Träger, der den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat (erstangegangener Träger) und derjenige Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde (zweitangegangener Träger) und der daher zu einer erneuten Weiterleitung grundsätzlich nicht ermächtigt ist, ungeachtet seiner "eigentlichen" Zuständigkeit jeweils zur umfassenden Prüfung des Rehabilitationsbedarfs nach § 10 SGB IX verpflichtet ist(vgl Urteil des Senats in SozR 4-3250 § 14 Nr 8; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Entsprechend dem Primärzweck der Norm, bei fortdauernder interner Verpflichtung des eigentlich zuständigen Leistungsträgers eine schnelle Klärung der Zuständigkeit im Außenverhältnis zu gewährleisten (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), hat dieser Träger auf den grundsätzlich in einem umfassenden Sinne zu verstehenden Antrag den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind, und unter Beachtung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (vgl Urteil des Senats aaO mwN und BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 sowie BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Insofern bleibt der erst- bzw zweitangegangene Träger im Verhältnis zum Versicherten aufgrund "aufgedrängter Zuständigkeit" endgültig, ausschließlich und umfassend leistungspflichtig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung zuständig ist (Urteil des Senats in BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9). Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen(§ 10 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Prozessual ergibt sich hieraus, dass sich Widerspruch und Klage allein gegen den nach § 14 SGB IX zuständigen Träger richten, ohne dass sich der Kläger um die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten kümmern müsste. Der möglicherweise - im Innenverhältnis der Träger - endgültig zuständige ist notwendig beizuladen (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

32

c) Auch wo die Leistungen mehrerer Träger in ein PB eingehen, ergeht nur eine Entscheidung des einzig zuständigen Trägers über die eine zu erbringende Leistung. Dies ergibt sich noch nicht aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der "Komplexleistung" (§ 17 Abs 2 Satz 3 SGB IX). Aus dessen ergänzend heranzuziehender Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch (vgl zu dieser Methode: Europäischer Gerichtshof , EuZW 1997, 625, 628; Bundesgerichtshof , BGHSt 12, 366; BGH NJW 1982, 1278 und BGH MDR 1996, 188; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl 1986, § 17 RdNr 11; Gast, Juristische Rhetorik, 4. Aufl 2006, RdNr 668; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 28 RdNr 34) ist allenfalls zu entnehmen, dass es um die Leistung durch eine Gesamtheit geht. Die rechtliche Funktion dieser Gesamtheit im vorliegenden Zusammenhang kann jedoch zuverlässig aus dem Regelungskontext erschlossen werden. Hieraus ergibt sich, dass beim PB anders als bei § 14 SGB IX, wo der - eine - zuständige Träger entsprechend dem grundsätzlich am Gesamterfolg orientierten und damit weit zu verstehenden Antragsbegehren des behinderten Menschen ggf in Gestalt einer Mehrheit von Verwaltungsakten über ein Bündel von Einzelmaßnahmen zu entscheiden hat und damit den "Bedarf" abschließend feststellt, nur eine einheitliche Entscheidung ergeht. Bereits der Wortlaut von § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX und von § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung belegt dieses Ergebnis (vgl bereits vorstehend unter 1.), das durch die weitere Ausgestaltung bestätigt wird. So stellen nach § 3 Abs 5 Satz 3 Halbs 2 Budgetverordnung die anderen beteiligten Träger das auf sie entfallende Teilbudget dem zuständigen Träger zur Verfügung. Mit der Auszahlung oder der Ausgabe von Gutscheinen an die antragstellende Person gilt (!) der Anspruch gegen die beteiligten Leistungsträger insoweit als erfüllt (§ 3 Abs 5 Satz 4 Budgetverordnung). Die anderen beteiligten Träger erfüllen daher die ihnen obliegenden Verpflichtungen allein im Innenverhältnis der beteiligten Träger und ohne dem Berechtigten gegenüber hierzu Regelungen zu verlautbaren oder selbst an ihn Leistungen zu erbringen. Auch wo daher entsprechend der Formulierung in den Leistungsgesetzen Leistungen "als Teil eines trägerübergreifenden Budgets erbracht werden" (vgl etwa § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI), bleiben diese im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nicht etwa weiterhin dem hiernach zuständigen Träger zuzuordnende Teil-Beträge, über die gesondert durch Verwaltungsakt entschieden würde, sondern werden zu bloßen Berechnungselementen im Rahmen der Wertbemessung des PB durch den hierfür zuständigen Träger, ohne noch eigenständig nach außen in Erscheinung zu treten. In diesem Sinne ist auch der Begriff des "Teilbudgets" in § 3 Abs 4 der Budgetverordnung allein als Regelung des Innenverhältnisses zu verstehen.

33

Damit kann allerdings das PB der Sache nach nicht mehr als bloße "Form" der Erbringung von - in den Leistungsgesetzen vorgesehenen und konkret zuerkannten - Leistungen zur Teilhabe verstanden werden. Dies war schon bei der zum 1.7.2001 in Kraft getretenen Fassung des § 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX fraglich. Mit der dort unter Nr 1 bis 3 geregelten Frage, durch wen der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe "ausführt", dh der zuerkannte Anspruch erfüllt werden kann, weist eine Regelung der Frage, was der zuständige Träger zu erbringen hat, und damit den Anspruchsinhalt selbst betrifft, keinen unmittelbaren inneren Zusammenhang auf. Hinter der dennoch erfolgten Gleichordnung mag damals noch die Vorstellung gestanden haben, dass das PB zunächst als Ergänzung der in § 9 Abs 2 SGB IX vorgesehenen Umwandlung von Sach- in Geldleistungen gesehen wurde(BT-Drucks 14/5074 S 103) und insofern noch einen konkreten Bezug zu im Einzelnen konkret zuerkannten Ansprüchen und Leistungen aufwies. Jedenfalls mit der Verselbstständigung des PB zu einer eigenständigen Pauschalleistung zur Abgeltung nur ihrer Art nach bestimmter Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe dem Grunde nach und erst recht im Blick auf die Einbeziehung auch der budgetfähigen Leistungen weiterer Leistungsträger (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) ist einem derartigen Verständnis jedoch die Grundlage entzogen. Das Gesetz trägt dem Rechnung, indem es das PB seit dem 1.7.2004 gesondert in der Überschrift der Norm aufführt, die Teil des Gesetzestextes ist. In dieselbe Richtung deutet die Verselbstständigung der entsprechenden Regelungen in besonderen Absätzen, wenn auch der Wortlaut von § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX ("… auch … ausgeführt …") unverändert eine Zugehörigkeit zu den in Abs 1 Satz 1 aaO geregelten Fällen nahelegt.

34

7. Der zuständige Träger wird damit zwar auch im vorliegenden Zusammenhang nach den Vorgaben des § 14 Abs 1 und 2 SGB IX bestimmt, doch erfüllt er bei der Erbringung des PB eine andere Funktion. Während - wie dargelegt - bei § 14 SGB IX der zuständige Träger hinsichtlich jedes einzelnen der in ihrer Gesamtheit den festgestellten Bedarf repräsentierenden Ansprüche an Stelle des jeweils sonst zuständigen Trägers leistungs- und entscheidungszuständig ist, führt § 17 SGB IX zugunsten der Berechtigten zu einer weiteren Beschränkung der sich aus dem gegliederten System ergebenden Vielfalt. Hier wird im Außenverhältnis nicht nur eine Mehrheit von Trägern, sondern auch eine Vielzahl von Leistungsansprüchen durch einen einzigen ersetzt. Der Leistungsberechtigte erhält das ihm Zustehende "aus einer Hand". Die Konzentration von Leistungen der Teilhabe sowie sonstiger budgetfähiger Leistungen in der Gestalt einer einheitlichen trägerübergreifenden Komplexleistung soll ihm die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl in Betracht kommender Träger über die jeweils zu erbringenden Einzelleistungen ersparen. Umgekehrt müssen - mit Ausnahme des zuständigen - die beteiligten Träger kein eigenes Verwaltungsverfahren durchführen, soweit die von ihnen zu erbringenden Leistungen in das Budget eingehen. Zudem beschränkt sich die Höhe des PB iS der Ökonomie des Gesamtsystems grundsätzlich auf den Wert bisher individuell festgestellter Leistungen, an deren Stelle es ggf tritt.

35

§ 17 SGB IX erkennt dem zuständigen Träger dabei eine Funktion zu, die zwar potenziell jedem Rehabilitationsträger zukommen kann, im konkreten Fall aber - unter gleichzeitigem Ausschluss aller anderen - von vornherein stets nur einem von ihnen. Der Anspruch auf das PB als einer gebündelten Gesamtleistung richtet sich damit von vornherein und allein gegen den zuständigen Träger und ist von ihm zu erfüllen (vgl § 3 Abs 5 Satz 1 Budgetverordnung: "… und erbringt die Leistung"). Dem entspricht - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der beteiligten Leistungsträger in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten gemäß § 17 Abs 4 Satz 2 Halbs 1 SGB IX - grundsätzlich auch die exklusive Zuständigkeit hinsichtlich der das Verwaltungsverfahren abschließenden Entscheidungen. Der nach § 14 SGB IX zuständige Träger erlässt daher den Verwaltungsakt und bleibt ausdrücklich auch für das weitere Verfahren zuständig(§ 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX). Da zudem die für ihn zuständige Widerspruchsstelle auch den Widerspruchsbescheid erlässt (Satz 3 aaO), kommt schließlich auch er allein als Adressat des Widerspruchs und als richtiger Beklagter im Prozess in Betracht (so auch § 3 Abs 5 Satz 2 Budgetverordnung), ohne dass der Widerspruchsführer/Kläger die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten zu beachten hätte. Dies entspricht dem von den Entwurfsverfassern angestrebten Ziel der Komplexleistung, eine zwischen den jeweils beteiligten Leistungsträgern abgestimmte Leistungserbringung zu gewährleisten, die bei den Leistungsberechtigten aus einer Hand ankommt, ohne die Zuständigkeit der Leistungsträger zu ändern (BT-Drucks 15/1514 S 72).

36

Dem widerspricht § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX nur scheinbar insofern, als dort vorgesehen ist, dass der "nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger" den Verwaltungsakt "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" erlässt und das weitere Verfahren durchführt. Hierauf kann es indessen vorliegend schon deshalb nicht ankommen, weil der beklagte Rentenversicherungsträger andere Leistungsträger nicht an seinem Verwaltungsverfahren beteiligt hat und in Ermangelung von Feststellungen zum Bedarf des Klägers auch nicht wenigstens erkennbar ist, wer diese Leistungsträger sein könnten. In derartigen Fällen bleibt es notwendig bei der durch § 14 Abs 1, 2 SGB IX begründeten sachlichen Zuständigkeit für die Durchführung des PB und die hieraus abgeleitete Rechtsmacht dieses Trägers hierüber im eigenen Namen durch Verwaltungsakt zu entscheiden.

37

Auch wenn ein Verwaltungsverfahren unter Beteiligung anderer Träger stattgefunden hat, dürfte § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen sein, dass er auch im Außenverhältnis zum Berechtigten Anwendung findet. Der Verwaltungsakt erginge andernfalls in Vertretung der anderen Beteiligten mit der Folge, dass ggf Rechtsbehelfe gegen sie zu erheben wären, obwohl diese Beteiligten - wie dargelegt - einzeln oder in ihrer Gesamtheit weder Schuldner des PB sind noch den Anspruch hierauf zu erfüllen haben oder zu entsprechenden Regelungen im Außenverhältnis ermächtigt sind. Unter diesen Umständen ist zur Vermeidung einer Selbstwidersprüchlichkeit des Gesetzes davon auszugehen, dass mit den Wörtern "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" nach dem Sinn des Gemeinten nur der Umstand bezeichnet werden sollte, dass aufgrund eines gesetzlichen Auftragsverhältnisses (§ 93 SGB X) im Innenverhältnis die Folgen des § 89 Abs 3 und 5 SGB X und des § 91 Abs 1 und 3 SGB X ausgelöst werden.

38

8. Tatbestandliche Voraussetzung des Anspruchs auf ein PB ist zunächst das Bestehen von Ansprüchen auf Leistungen zur Teilhabe (§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Erst wenn daher feststeht, dass zumindest ein derartiger Anspruch gegen wenigstens einen der hierfür zuständigen Träger überhaupt besteht und die Gesamtheit derartiger Ansprüche - einschließlich ggf der in § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX genannten - insoweit konkretisiert ist, dass die jeweils intern zu leistenden Teilbudgets bestimmt werden können, kommt auf dieser Grundlage die Gewährung eines PB an den Antragsteller in Betracht. Ungeachtet des Umstandes, dass § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX - wie ausgeführt (vgl vorstehend unter 6.c) - sachlich den Bereich bloßer Ausführungsregelungen überschreiten und mit dem PB vielmehr eine besondere Rechtsfolge einschließlich einiger spezieller Verfahrensregelungen verlautbaren, entspricht auch das insofern einzuhaltende Verfahren nach Inhalt und Ausgestaltung zunächst grundsätzlich demjenigen nach § 14 iVm § 10 SGB IX. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist die Feststellung des "individuellen Bedarfs", auf deren Grundlage anschließend beurteilt werden kann, aus welchen Bereichen Leistungen in Betracht kommen und welche Träger zu beteiligen sind (§ 17 Abs 2 Satz 2, § 10 SGB IX). Dabei meint das Gesetz in diesem früheren Stadium mit dem "individuell festgestellten Bedarf" die sich eingangs ergebende Bedarfslage, die erst die Grundlage für die Beteiligung bestimmter Träger und ua von deren nachfolgendem Tätigwerden nach § 3 Budgetverordnung bildet, während es etwa mit dem Wort "Rehabilitationsbedarf" in § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX, ausweislich des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IX die Gesamtheit der schlussendlich zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe bezeichnet.

39

Die Beklagte hat bereits den Umfang des Prüfungsprogramms verkannt, das ihr das Gesetz als zweitangegangenem Träger in der Eingangsphase des Verfahrens auferlegt. Dieses umfasst auch hier die Gesamtheit der dem Kläger in seiner konkreten Bedarfssituation potenziell zustehenden Teilhabeleistungen zuzüglich ggf der daneben erforderlichen iS von § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX. Hätte sie - nach dem von vornherein aussichtslosen Versuch, den Antrag des Klägers abermals weiterzuleiten - derartige Ermittlungen getroffen und die hiernach als zuständig in Betracht kommenden Rehabilitationsträger bzw ggf die zuständige Pflegekasse und das Integrationsamt am Verfahren beteiligt, wie dies § 17 Abs 2 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vorsieht, hätte dies die Möglichkeit zur Durchführung eines der Budgetverordnung entsprechenden weiteren Verfahrens eröffnet. Der Kläger stünde dann auch nicht trotz einer gemäß § 17 Abs 6 SGB IX bis zum 31.12.2007 währenden Erprobungsphase (vgl hierzu etwa BT-Drucks 16/3983) und mehr als drei Jahre nach Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch seinen Antrag vom 18.1.2008 vor der Situation, dass die Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs am Ende des Revisionsverfahrens noch immer allenfalls rudimentär geklärt sind. Vielmehr hätte nach Einholung einer Stellungnahme der beteiligten Leistungsträger (§ 3 Abs 1 Budgetverordnung) und einer gemeinsamen Beratung mit dem Kläger im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen dialogischen Verfahrens über die getroffenen Feststellungen und den Inhalt der Zielvereinbarung (Abs 3 aaO) eine Feststellung des auf die einzelnen Träger jeweils entfallenen Teilbudgets (Abs 4 aaO) erfolgen können. Eine teilweise befürchtete Belastung des zuständigen Trägers mit Aufwendungen, die er aufgrund einer unzutreffenden Einschätzung der Lage in einem für ihn fremden Rechtsgebiet erbracht hat, ist damit bei Beachtung der zwingenden rechtlichen Vorgaben - zumindest in aller Regel - gerade ausgeschlossen. Demgegenüber rechtfertigt allein das Bestreben nach einer Vermeidung von Aufwendungen, die rechtlich im Außenverhältnis zu tragen sind, ungeachtet der diesem Bestreben innewohnenden "Rationalität", keine Beschränkung gesetzlicher Ansprüche durch ihrerseits an Recht und Gesetz gebundene (Art 20 Abs 3 GG) sowie einfachgesetzlich der weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte verpflichtete (§ 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I) Verwaltungsträger.

40

Das LSG wird die von der Beklagten unterlassenen Ermittlungen nunmehr auf der Grundlage von § 103 SGG selbst nachzuholen haben. Insofern dürfte es ggf im Anschluss an eine Befragung insbesondere der behandelnden Ärzte des Klägers naheliegen, gemäß § 14 Abs 5 SGB IX zunächst einen sozialmedizinischen Sachverständigen zum Rehabilitationsbedarf im vorstehend benannten Sinne zu hören. Hiervon ausgehend wird das LSG zu prüfen haben, ob Leistungspflichten weiterer Träger in Betracht kommen und - nach deren notwendiger Beiladung - die Voraussetzungen von gegen diese Träger gerichteten Ansprüchen soweit aufzuklären haben, dass innerhalb des mehrstufigen Prüfungsverfahrens die (alle) Voraussetzungen der jeweils ersten Ermessensausübung feststehen.

41

9. Soweit der Kläger ein trägerübergreifendes PB begehrt, um die Ausbildung zum Techniker für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik fortzuführen und dort einen Abschluss zu erzielen, kommt allerdings eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Beklagte nicht in Betracht. Damit entfällt auch von vornherein die Möglichkeit, auf der Grundlage eines entsprechenden Leistungsanspruchs ein Teilbudget festzustellen (§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI, § 3 Abs 4 Budgetverordnung).

42

Für eine solche Leistung kommt die Beklagte nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen (§ 7 Satz 2 SGB IX) zwar als zuständig in Betracht (vgl § 5 Nr 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX). Entgegen der Ansicht der Klägers sind jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS der §§ 9 ff SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) nicht erfüllt. Gemäß § 9 Abs 2 SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "Ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "Wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht (vgl ua BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3 mwN).

43

Wie bereits das LSG zutreffend festgestellt hat, liegen beim Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI vor. Auch ein Ausschlusstatbestand nach § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI greift nicht ein, weil der Kläger zwar seit 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht, eine solche Rente jedoch nicht "regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird"(vgl Luthe in: jurisPK-SGB VI, § 12 RdNr 49, Stand: 23.12.2010). Damit ist der Rentenversicherungsträger grundsätzlich gehalten, Maßnahmen zur Besserung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten einzuleiten und kann sich nicht allein auf den - zum Teil zeitlich weit vorausliegenden - Eintritt in die Altersrente berufen, wenn entsprechende Erfolgsaussichten zur Verbesserung des Leistungsvermögens bestehen.

44

Der Kläger erfüllt jedoch die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht.

45

Nach § 10 Abs 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.    

deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2.    

bei denen voraussichtlich

a)    

bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b)    

bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c)    

bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

46

Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aus den in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI genannten Gründen gemindert ist. Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (vgl BSG Urteil vom 29.3.2006 - B 13 RJ 37/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 17). Nach den Feststellungen des LSG ist wegen der körperlichen, kognitiven und ermüdungsfördernden Störungen eine Einschränkung für zahlreiche herkömmliche Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich und auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (als Heizungsbauer) gegeben.

47

Ausgehend von den Feststellungen des LSG bieten Maßnahmen zur Teilhabe beim Kläger jedoch generell - unabhängig also von einer konkreten Einzelmaßnahme - keine Erfolgsaussicht in dem von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI geforderten Sinne, dass hierdurch die bereits geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könnte. Wie der Senat bereits entschieden hat, hat der dortige Begriff der Erwerbsfähigkeit einen anderen Sinngehalt als derjenige des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI. Während der Begriff der Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI eng mit der bisherigen Tätigkeit des Versicherten verknüpft ist, umfasst § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI auch andere Tätigkeiten(vgl BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 21 f, 32). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen daher nicht allein auf die Erhaltung, wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten in seinem bisherigen Beruf oder seiner bisherigen Tätigkeit gerichtet sein (vgl auch BSGE 48, 74, 76 = SozR 2200 § 1237a Nr 6 S 8 f). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG kommt für den Kläger indessen auch innerhalb des dort noch für möglich erachteten zeitlichen Umfangs einer "halbschichtigen Tätigkeit" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Verrichtung einer Erwerbstätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen in Betracht und ist eine Besserung dieses Zustands ausgeschlossen. Damit scheiden Erwerbstätigkeiten in ihrer Gesamtheit aus und kommt es entgegen der Revision schon deshalb nicht darauf an, ob für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Zusammenhang von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI rehabilitationsrechtlich auf einen besonderen Kreis von Tätigkeiten oder einen besonderen zeitlichen Umfang ihrer Verrichtung abzustellen sein könnte. Die bestehende Erwerbsunfähigkeit des Klägers kann damit unter keinen Umständen behoben werden, sodass der Aufgabenbereich der Beklagten als Rehabilitationsträger nicht eröffnet ist. Wenn nämlich bereits Erwerbsunfähigkeit vorliegt, reicht es nicht aus, wenn zwar die geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert, nicht aber die Erwerbsunfähigkeit beseitigt wird (BSG vom 23.2.2000 - B 5 RJ 8/99 R - SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 6 mwN).

48

Ebenso wenig ist § 10 Abs 1 Nr 2a SGB VI anwendbar. Denn eine "erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit" im Sinne dieser Norm liegt dann nicht vor, wenn - wie hier - eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits eingetreten ist. Der Kläger ist bereits langjährig erwerbsgemindert, eine (bloße) Gefährdung der Erwerbsfähigkeit besteht nicht mehr.

49

Schließlich ist auch § 10 Abs 1 Nr 2c SGB VI nicht einschlägig. Danach darf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben - neben anderen Voraussetzungen - nur dann bewilligt werden, wenn bei teilweiser Erwerbsminderung - wie beim Kläger - zwar keine Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit besteht, durch die Leistungen jedoch ein bereits innegehabter Arbeitsplatz erhalten werden kann (BT-Drucks 14/4230, S 24 f; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.10.2008, L 1 R 393/06 mwN). Einen Arbeitsplatz hat der Kläger jedoch nicht inne, sondern strebt einen solchen durch die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und das von ihm begehrte trägerübergreifende PB erst an.

50

10. Das SG - auf das sich das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG bezieht - hat in seiner Entscheidung vom 6.11.2008 einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines PB verneint, weil die Grundvoraussetzungen für eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach den Vorschriften der §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, lasse sich nicht feststellen, denn der Kläger habe mit Schreiben vom 18.1.2008 gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert. Hierauf allein kann eine ablehnende gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden. Das LSG wird dem Kläger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben, ob er seine Weigerung auch im gerichtlichen Verfahren aufrechterhält. Insofern wird auch zu klären sein, ob der Antrag des Klägers mit Wirkung für das PB zurückgenommen worden ist bzw zurückgenommen werden konnte.

51

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2.
bei denen voraussichtlich
a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder
2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben

1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben,
2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung),
3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben,
4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
Für die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt § 53 Absatz 8 Satz 1 entsprechend. Für die nach Nummer 2 und 3 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 unberührt. Geht der Krankenkasse die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu, wirkt die Wahlerklärung erst zu dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgt.

(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.

(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.

(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme einer Rentenbewilligung.

2

Der beklagte Rentenversicherungsträger bewilligte der Klägerin nach dem Tod ihres geschiedenen Ehemannes (Versicherter) ab 1.9.2008 große Witwenrente mit einem Zahlbetrag von monatlich ca 400 Euro (Bescheid vom 8.10.2008). Nachdem die Ehefrau des Versicherten Einwendungen erhob, überprüfte die Beklagte diese Entscheidung und gelangte nunmehr zu dem Ergebnis, dass die Rentenbewilligung zu Unrecht erfolgt sei, da die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten von ihm keinen Unterhalt bezogen und angesichts ihrer eigenen Einkünfte iHv monatlich ca 1180 Euro auch keinen Anspruch darauf gehabt habe. Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 16.10.2008 zur beabsichtigten Aufhebung der Rentenbewilligung nach § 45 SGB X an und forderte sie auf, alle Umstände mitzuteilen, die aus ihrer Sicht einer solchen Entscheidung entgegenstünden; die Überzahlung für die Vergangenheit werde nicht zurückgefordert. Die Klägerin antwortete über ihren Prozessbevollmächtigten dahingehend, dass sie sich auf ihre Angaben im Rentenantrag und auf den Bewilligungsbescheid beziehe; das Anhörungsschreiben sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hob sodann die Bewilligung der Witwenrente ab 1.12.2008 auf. Die Klägerin könne sich nicht auf schützenswertes Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheids berufen. Die Entscheidung sei auch bei Vornahme der erforderlichen Ermessensausübung gerechtfertigt, weil die nach Aktenlage erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Klägerin eine Bescheidrücknahme zuließen und zudem der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie die Verpflichtung zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel zu beachten seien (Bescheid vom 7.11.2008).

3

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie ihrem Rentenantrag alle notwendigen Unterlagen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Unterhaltssituation - beigefügt habe. Der Versicherte habe mit Beginn des Studiums der gemeinsamen Kinder entsprechend der getroffenen Vereinbarung keinen laufenden Unterhalt mehr an sie selbst, sondern stattdessen zusätzlichen Unterhalt an die Kinder gezahlt; zudem habe sie noch eine einmalige Unterhaltszahlung iHv 25 000 DM erhalten. Deshalb sei der Bescheid vom 7.11.2008 aufzuheben.

4

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Rechtsbehelf der Klägerin zurück. Im Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 ist näher ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Geschiedenenwitwenrente nicht erfüllt seien, weil die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten von diesem keinen Unterhalt bezogen habe. Daran schließt sich folgender Text an: "Der Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente aus der Versicherung des geschiedenen Ehegatten vom 08.10.2008 wurde zu Recht nach § 45 SGB X zurückgenommen. Bei dieser Sach- und Rechtslage musste Ihrem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben."

5

Das SG hat den Rücknahmebescheid und den Widerspruchsbescheid wegen eines Ermessensfehlers im Widerspruchsverfahren aufgehoben (Urteil vom 4.3.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 16.2.2012) und ausgeführt, dass die Widerspruchsstelle der Beklagten nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der Ausgangsentscheidung zu prüfen gehabt habe. Dazu habe sie selbst Ermessen ausüben müssen. Zwar habe die Klägerin weder im Rahmen der Anhörung noch im Widerspruchsverfahren Tatsachen vorgebracht, die bei der Ermessensentscheidung hätten Berücksichtigung finden können. Hierdurch sei die Widerspruchsstelle aber nicht an der Ausübung eigenen Ermessens gehindert gewesen. Diese sei, wie sich aus der Begründung des Widerspruchsbescheids ergebe, ihrer Verpflichtung zur Ermessensbetätigung erkennbar nicht nachgekommen. Sie sei auch nicht auf die Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde eingegangen, etwa indem sie sich diese zu Eigen gemacht oder auf sie Bezug genommen habe. Ein solcher Ermessensausfall im Widerspruchsbescheid habe zugleich die Rechtswidrigkeit und Aufhebung des Ausgangsbescheids zur Folge.

6

Die Beklagte rügt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision eine Verletzung von § 45 SGB X. Der Rücknahmebescheid vom 7.11.2008 enthalte iS des § 35 SGB X ausreichende Ausführungen zum Ermessen. Da die Klägerin weder im Anhörungs- noch im Widerspruchsverfahren auch nur ansatzweise ermessensrelevante Gesichtspunkte vorgetragen, vielmehr ausschließlich in materiell-rechtlicher Hinsicht Einwendungen erhoben habe, habe sich der Widerspruchsbescheid auf eine Auseinandersetzung mit den nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 243 SGB VI konzentriert. Wenn er mit der Feststellung ende, dass der Bewilligungsbescheid vom 8.10.2008 zu Recht nach § 45 SGB X zurückgenommen worden sei, könne in einer solchen Konstellation von einem Ermessensfehler im Sinne eines Ermessensnichtgebrauchs keine Rede sein. Eine Widerspruchsstelle, die einen ermessensfehlerfreien Ausgangsbescheid überprüfe und insgesamt bestätige, sei nicht verpflichtet, ausdrücklich und speziell auf die dort wiedergegebenen und von ihr nicht beanstandeten Ermessenserwägungen Bezug zu nehmen. Eine formelhafte Übernahme entsprechender Ausführungen des Ausgangsbescheids sei weder einer Selbstkontrolle der Verwaltung noch einer Entlastung der Gerichte dienlich. Aus der Regelung in § 95 SGG ergebe sich nichts anderes; ihr komme Bedeutung nur zur, wenn der Widerspruchsbescheid tatsächlich die Gestalt des Ausgangsbescheids ändere, etwa wenn Ermessenserwägungen verändert würden. Im SGG werde ebenso wie in der VwGO und in der FGO der ursprüngliche Verwaltungsakt und der Widerspruchsbescheid als Einheit gesehen. Der Widerspruchsbescheid ersetze den ursprünglichen Verwaltungsakt nicht; dieser bleibe vielmehr ebenfalls Gegenstand der Klage.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2012 und des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. März 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vorinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend. Nach § 95 SGG komme es rechtserheblich allein auf die Formulierungen des Widerspruchsbescheids an; er gebe dem Ausgangsbescheid das für die Klage maßgebliche argumentative Gepräge. Folge man der Rechtsmeinung der Beklagten, wäre in Fällen wie dem vorliegenden ein Ermessensausfall oder Ermessensnichtgebrauch unabhängig von der Wortwahl im Widerspruchsbescheid von vornherein ausgeschlossen. Dies würde der Behörde im Widerspruchsverfahren einen Freibrief erteilen und das Rechtsfolgeermessen generell entwerten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht abschließend entscheiden.

11

1. Als Rechtsgrundlage für die im Bescheid vom 7.11.2008 verfügte und im Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 bestätigte Aufhebung der Bewilligung von großer Witwenrente (in Gestalt einer sog Geschiedenenwitwenrente - § 243 Abs 1 und 2 SGB VI) mit Wirkung für die Zukunft (ab 1.12.2008), weil deren tatbestandliche Voraussetzungen von Anfang an nicht vorgelegen haben, kommt nur § 45 SGB X in Betracht. Nach den gegebenen Umständen war die Klägerin - wovon auch die Beklagte zu Recht ausgeht - hinsichtlich der Bewilligung der Witwenrente nicht "bösgläubig", sodass von vornherein nur eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft in Frage kommt (vgl § 45 Abs 4 S 1, Abs 2 S 3 SGB X).

12

2. Die Regelung des § 45 SGB X erfordert eine Ermessensentscheidung, sofern sich - wie hier - aus den besonderen Teilen des SGB(vgl § 37 SGB I)nichts Abweichendes ergibt (stRspr - vgl BSGE 66, 204, 206 f = SozR 3-1300 § 45 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 5 S 20; BSG SozR 4-2600 § 77 Nr 10 RdNr 37; BSG SozR 4-5868 § 12 Nr 1 RdNr 35; BSG SozR 4-1300 § 45 Nr 15 RdNr 30; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 2/14 R - RdNr 29, zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 2 Nr 27 vorgesehen). Mithin hatte die Beklagte bei Erlass des Rücknahmebescheids vom 7.11.2008 Ermessen auszuüben. Der Ausnahmefall einer Ermessensschrumpfung auf Null, dh wenn nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige - den Betroffenen ganz oder teilweise begünstigende - Entscheidung rechtsfehlerfrei zulassen (vgl BSG Urteil vom 11.4.2002 - B 3 P 8/01 R - Juris RdNr 26; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 2/14 R - aaO RdNr 29 f), liegt hier schon wegen der "Gutgläubigkeit" der Klägerin nicht vor. Auch die Beklagte geht im Revisionsverfahren davon aus, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte und Ermessenserwägungen unabhängig davon anstellen musste, ob die Klägerin hierzu etwas vorgetragen hat.

13

3. Entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts kann ein Ermessensfehler, der zur Rechtswidrigkeit der Rücknahme der Rentenbewilligung führt und die Aufhebung des Bescheids vom 7.11.2008 gebietet, hier nicht festgestellt werden.

14

a) Ob eine Behörde das Ermessen zutreffend ausgeübt hat, unterliegt im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkter Überprüfung. Eine Ermessensentscheidung ist als solche nur rechtswidrig und auf Anfechtung hin nur dann aufzuheben, wenn der Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs 1 S 2 SGB I) verletzt ist (s auch § 54 Abs 2 S 2 SGG). Das Gericht darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen, sondern nur prüfen, ob ein Ermessensfehler vorliegt (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 45 RdNr 92; Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 45 RdNr 70). Ermessensfehlerhaft ist es, wenn die Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung überhaupt nicht nachgekommen ist (sog Ermessensnichtgebrauch) oder wenn ihr bei Ausübung des Ermessens Rechtsfehler unterlaufen sind (sog Ermessensfehlgebrauch). Dies ist zu beurteilen anhand der im Rücknahmebescheid angegebenen Ermessensgründe (§ 35 Abs 1 S 3 SGB X),sofern solche nicht ausnahmsweise entbehrlich sind (s den Katalog in § 35 Abs 2 SGB X, der auch für Ermessensgründe gilt - vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 35 RdNr 13). Sind Ermessensgründe notwendig, genügt es regelmäßig, wenn sie erkennen lassen, (1) dass sich die Behörde bewusst ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen, (2) dass sie davon ausgeht, ihre Entscheidung werde beim Betroffenen zu keiner besonderen Härte führen, und (3) dass sie (a) entweder das Vorhandensein weiterer ermessensrelevanter Umstände verneint oder (b) ausführt, weshalb solche Umstände ein Absehen von der Rücknahme weder ganz noch teilweise rechtfertigen können (Steinwedel in Kasseler Komm, § 45 SGB X RdNr 56, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011; Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 45 RdNr 69, jeweils mwN).

15

b) Der Rücknahmebescheid vom 7.11.2008, den die Beklagte nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 24 Abs 1 SGB X)der Klägerin erlassen hat, enthält in diesem Sinne hinreichende Ermessensgründe. Dass bei Erlass dieses Bescheids Ermessen ausgeübt wurde, ergibt sich bereits daraus, dass der Rentenbewilligungsbescheid nur für die Zukunft und nicht auch für die Vergangenheit zurückgenommen wurde, obwohl nach seiner (wenn auch unzutreffenden) Begründung ein Fall des § 45 Abs 2 S 3 SGB X vorlag, der gemäß § 45 Abs 4 S 1 SGB X grundsätzlich auch eine Rücknahme für die Vergangenheit eröffnet hätte(BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 14 - Leitsatz 2 bzw S 87 f). Darüber hinaus enthält dieser Bescheid die ausdrückliche Erklärung, dass eine Ermessensausübung vorgenommen wurde, aber die im Rahmen der Anhörung von der Klägerin vorgetragenen Gründe nicht geeignet seien, von einer Bescheidrücknahme abzusehen, zumal die erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Klägerin einer Rücknahme nicht entgegenstünden. Das lässt, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, weder einen Ermessensausfall noch einen Ermessensfehlgebrauch erkennen.

16

c) Auch der Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 enthält keine durchgreifenden Ermessensfehler.

17

aa) Bei Ermessensentscheidungen muss auch die zur Entscheidung über den Widerspruch berufene Stelle (vgl § 85 Abs 2 S 1 Nr 2 SGG) Ermessen ausüben. Das entspricht der Funktion des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens), nicht nur - wie im gerichtlichen Verfahren - die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der getroffenen Entscheidung nachzuprüfen (§ 78 Abs 1 S 1 SGG). Die Widerspruchsstelle darf deshalb - anders als nachfolgend das Gericht - ihr eigenes (ggf abweichendes) Ermessen an die Stelle des Ermessens der Ausgangsbehörde setzen. Damit korrespondiert, dass auch die Widerspruchsstelle in dem von ihr erlassenen Widerspruchsbescheid Ermessensgründe erkennen lassen muss. Nähere Vorgaben dafür, in welcher Weise die Widerspruchsstelle ihre Ermessenserwägungen zum Ausdruck zu bringen hat, bestehen jedoch nicht. § 85 Abs 3 S 1 SGG bestimmt lediglich, dass der Widerspruchsbescheid schriftlich zu erlassen und zu begründen ist; für die Begründung von Ermessensentscheidungen gilt ergänzend § 35 Abs 1 S 3 SGB X(vgl § 62 SGB X). Es ist daher eine Frage des Einzelfalls, ob die Widerspruchsbehörde die Erwägungen der Ausgangsbehörde ausdrücklich verwirft und durch eigene ersetzt oder diese durch eigene Überlegungen ergänzt, nur verdeutlicht oder aber ohne jeden Vorbehalt bestätigt (vgl BVerwG Beschluss vom 26.2.1987 - 4 B 24/87 - Buchholz 310 § 68 VwGO Nr 29). Aus Rechtsgründen besteht kein Zwang, die Ermessensgründe im Widerspruchsbescheid in bestimmter Weise darzutun (BVerwG aaO).

18

bb) Der Senat ist aufgrund der Regelung in § 163 SGG nicht verpflichtet, der Ansicht des LSG zu folgen, dass die Widerspruchsstelle der Beklagten ihrer Verpflichtung zur Ausübung von Ermessen erkennbar nicht nachgekommen sei.

19

Die Frage, ob die Widerspruchsbehörde Ermessen ausgeübt hat und ob ein Ermessensfehler vorliegt, ist anhand der Gründe des Widerspruchsbescheids zu beurteilen (vgl BSG Urteil vom 30.10.1997 - 4 RA 71/96 - Juris RdNr 24 mwN). Die Heranziehung anderer Erkenntnisquellen - etwa eine Vernehmung des Sachbearbeiters als Zeugen oder die Einholung einer dienstlichen Stellungnahme der Behörde - kommt nach dem Zweck der Regelungen in § 85 Abs 3 S 1 SGG iVm § 35 Abs 1 S 3 SGB X von vornherein nicht in Betracht(dies im Ergebnis ebenfalls ablehnend BVerwG Beschluss vom 26.2.1987 - 4 B 24/87 - Juris RdNr 2 am Ende). Rechtlich maßgeblich ist somit insoweit nicht das tatsächliche Geschehen ("Was hat die Behörde bei Erlass des Verwaltungsakts wirklich erwogen?"), sondern allein das, was die Behörde in der Begründung des Widerspruchsbescheids anführt. In Übereinstimmung damit hat vorliegend auch das Berufungsgericht seine "Einschätzung" hinsichtlich des Fehlens einer eigenen Ermessensausübung der Widerspruchsstelle ausschließlich durch Auslegung der Begründung des Widerspruchsbescheids gewonnen.

20

Welchen Inhalt (iS von "Bedeutung" oder "Regelungsgehalt") ein Verwaltungsakt - insbesondere auch seine Begründung - hat, ist aber vom Revisionsgericht in eigener Kompetenz zu beantworten; es ist dabei nicht an die Auslegung des Bescheids durch das LSG gebunden (stRspr - vgl BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 11 - unter Hinweis auf BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 und BFHE 214, 18, 23 mwN; BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 19/09 R - Juris RdNr 21; BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 27.5.2014 - B 5 RE 8/14 R - Juris RdNr 21; in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 3.11.1998 - 9 C 51/97 - NVwZ-RR 1999, 277 ; BVerwGE 134, 335 RdNr 18; BVerwGE 143, 87 RdNr 39). Mit bindender Wirkung (§ 163 SGG)vom LSG für das Revisionsgericht vorentschieden sind lediglich dessen Feststellungen zum Wortlaut des Widerspruchsbescheids (auch insoweit als "Inhalt" bezeichnet - vgl BVerwGE 134, 335 RdNr 18; s hierzu auch May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Abschn VI RdNr 464 f).

21

cc) Die Auslegung der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 20.3.2009 ergibt, dass auch die Widerspruchsstelle in nicht zu beanstandender Weise Ermessen ausgeübt hat.

22

Der Senat legt seiner Auslegung den - im Übrigen unstreitigen - Wortlaut des Widerspruchsbescheids vom 20.3.2009 so zugrunde, wie ihn das LSG im Tatbestand seiner Entscheidung (auf S 3 des Urteilsumdrucks) wiedergegeben hat. Zwar ist dort das Wort "Ermessen" nicht erwähnt. Der Widerspruchsbescheid befasst sich vielmehr ganz überwiegend mit der Darlegung der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids vom 8.10.2008 als tatbestandliche Voraussetzung einer auf § 45 SGB X gestützten Rücknahmeentscheidung. Die Verwendung des Begriffs "Ermessen" ist allerdings kein unverzichtbares Element der Begründung eines Verwaltungsakts, welcher die Ermessensbetätigung und die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte lediglich "erkennen lassen" muss (vgl § 35 Abs 1 S 3 iVm § 62 SGB X).

23

Die Formulierung "Der Bescheid (…) vom 08.10.2008 wurde zu Recht nach § 45 SGB X zurück genommen" zeigt jedoch aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles noch hinreichend deutlich, dass auch die Widerspruchsstelle der Beklagten davon ausgegangen ist, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen. Entscheidend für die Auslegung der Begründung des Widerspruchsbescheids ist, wie ein verständiger Empfänger sie verstehen muss (sog Empfängerhorizont - vgl BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 18 mwN; BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 18; BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 24). Die vorgenannte Formulierung verdeutlicht, dass eine Abänderung der Ausgangsentscheidung durch die Widerspruchsstelle ersichtlich nicht gewollt war. Dies wäre zB dann der Fall, wenn die Widerspruchsstelle - anders als die Ausgangsbehörde - nunmehr eine rechtlich gebundene Entscheidung getroffen hätte. Dafür liegen hier aber keine Anhaltspunkte vor. Im Ergebnis hat die Widerspruchsstelle die Entscheidung der Ausgangsbehörde vielmehr als "zu Recht" getroffen übernommen. Sie hat damit auch auf deren Ermessenserwägungen inhaltlich Bezug genommen und sie bestätigt; einer weiteren Begründung (§ 35 Abs 1 S 3 SGB X) bedurfte es dann nicht. Jedenfalls kann daraus nicht geschlossen werden, dass sie die Zweckmäßigkeit außer Acht gelassen hat. Mit dieser Auslegung korrespondiert, dass § 95 SGG den Ausgangsbescheid und den Widerspruchsbescheid als Einheit zur gerichtlichen Überprüfung stellt.

24

4. Im Ergebnis liegt somit auch hinsichtlich des Widerspruchsbescheids ein Ermessensfehler nicht vor. Ob die angefochtenen Bescheide aus anderen Gründen rechtswidrig oder aber rechtmäßig sind, kann der Senat auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen allerdings nicht abschließend entscheiden. Es fehlen - vom Rechtsstandpunkt des LSG aus konsequent - tatsächliche Feststellungen, die eine Beurteilung durch das Revisionsgericht erlauben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 8.10.2008 vorliegen, insbesondere ob die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten von diesem Unterhalt erhalten oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf gehabt hat. Dies wird das Berufungsgericht nunmehr nachzuholen haben.

25

Das LSG wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Abfindung einer so genannten kleinen Verletztenrente. Der im Jahre 1958 geborene Kläger erlitt am 4.10.2002 einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen die Rechtsvorgängerin der beklagten Berufsgenossenschaft (BG; im Folgenden: Beklagte) ihm gegenüber ein Recht auf Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH auf unbestimmte Zeit feststellte (Bescheid vom 18.8.2005). Die vom Kläger Anfang Februar 2007 beantragte Abfindung seiner Rente lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ein bei Dr. R. eingeholtes internistisches Gutachten ab, da die Lebenserwartung des Klägers aufgrund dessen Adipositas, Nikotin- und Alkoholkonsums erheblich herabgesetzt sei (Bescheid vom 20.4.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.6.2007).

2

Das SG hat nach Einholung eines Gutachtens bei Privatdozent Dr. S. die Klage abgewiesen, weil die Beklagte ermessensfehlerfrei gehandelt habe (Urteil vom 27.5.2009). Das LSG hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte verurteilt, dessen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 15.4.2010), und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 76 Abs 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stehe die Entscheidung über einen Abfindungsantrag im Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Eine Ablehnung komme in Betracht, wenn die Lebenserwartung des Antragstellers erheblich geringer sei als die altersübliche und die Zeit unterschreite, die dem für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert entspreche. Sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, könne der Gesichtspunkt der Lebenserwartung des Versicherten das Interesse des Unfallversicherungsträgers an der Verweigerung einer Abfindung nicht begründen. Der Kapitalwert der Verletztenrente des Klägers betrage 14,5 Jahre nach der Anlage 1 der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung vom 17.8.1965 (BGBl I S 894, idF aufgrund von Art 21 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I S 1254, im Folgenden: Abfindungsverordnung), weil der Kläger bei Eintritt des Arbeitsunfalls zwischen 40 und 45 Jahre alt gewesen sei und zur Zeit der mündlichen Verhandlung mehr als sieben Jahre seit dem Arbeitsunfall vergangen seien. Welche genaue Lebenserwartung der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe, könne dahingestellt bleiben, da sie zumindest nicht niedriger als 14,5 Jahre sei, auch wenn von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 29,75 Jahren bei einem Mann im Alter des Klägers und einer nikotinbedingten Verkürzung von 8 Jahren ausgegangen werde und die weiteren Risiken berücksichtigt würden. Die Beklagte sei folglich bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen, sodass der angefochtene Bescheid aufzuheben und sie zur Neubescheidung zu verurteilen sei.

3

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht geltend, entgegen der Auffassung des LSG müsse die Verkürzung der Lebenserwartung nicht den für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert unterschreiten. Beim Vorliegen von gesundheitlichen Risikofaktoren und Krankheitsanlagen, die eine erhebliche Verkürzung der Lebenserwartung bedingten, könne nur eine ablehnende Entscheidung ergehen und zwar nicht nur in klaren Missbrauchsfällen, wie zB nach dem Bekanntwerden einer Geschwulsterkrankung. Das LSG habe nicht festgestellt, zu welcher Verkürzung der Lebenserwartung in Jahren die neben dem Nikotinkonsum bestehenden anderen Risikofaktoren beim Kläger führen würden, und hätte hierzu weitere Ermittlungen anstellen müssen.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Ulm vom 27. Mai 2009 zurückzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Das Urteil des LSG ist aufzuheben, weil das LSG die Bescheide der Beklagten wegen fehlerhafter Ermessenausübung aufgehoben hat, ohne zuvor alle tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensausübung festzustellen (dazu 1.). Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hat der Senat beschlossen, Hinweise zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung der im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung nach § 76 SGB VII zu geben(dazu 2.).

7

1. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Abfindung ist § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII, der lautet: Versicherte, die Anspruch auf eine Rente wegen einer MdE von weniger als 40 vH haben, können auf ihren Antrag mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrag abgefunden werden. Die Berechnung des Kapitalwerts ist durch Rechtsverordnung zu bestimmen (Abs 1 Satz 3). Eine Abfindung darf nur bewilligt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich absinkt (Abs 2).

8

Dass der Beklagten im Hinblick auf die Gewährung einer Abfindung Ermessen eingeräumt ist, folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII mit dem Gebrauch des Wortes "können", das kein bloßes "Kompetenz-Kann" beinhaltet - so die Rechtsprechung des Senats(BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 10/03 R - SozR 4-2700 § 76 Nr 1 RdNr 8)sowie die Literatur (Burchardt in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 12; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 12; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 19) und die Auslegung der im Wortlaut vergleichbaren Vorläufervorschrift des § 604 Reichsversicherungsordnung(vgl insofern BSG vom 24.6.1987 - 5a RKnU 2/86 - SozR 1200 § 40 Nr 3; Wiesner, BG 1985, 327).

9

Davon ist das LSG bei seiner Entscheidung auch ausgegangen. Denn es hat den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und sie zur Neubescheidung verurteilt, weil sie bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Anspruchs auf eine Abfindung sind aber den Feststellungen des LSG nur zum Teil zu entnehmen: Nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Kläger gegen die Beklagte Anspruch auf eine Rente nach einer MdE von 20 vH, und er hat auch einen Abfindungsantrag gestellt. Hinsichtlich des negativen Tatbestandsmerkmals (so schon im Urteil des Senats vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; ebenso: Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 24), dass eine Abfindung nur bewilligt werden darf, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich sinkt (§ 76 Abs 2 SGB VII), hat das LSG keine Feststellungen getroffen.

10

Solange aber nicht feststeht, ob der Tatbestand der Rechtsgrundlage erfüllt ist, mangelt es an den Voraussetzungen der Ermessenseinräumung und damit auch für eine Ermessensausübung und an den Grundlagen für ein dem Kläger günstiges Bescheidungsurteil, das die Behörde verpflichtet, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die Tatbestandserfüllung kann nicht durch - stets unzulässige - gerichtliche Ermessenserwägungen ersetzt werden. Dementsprechend ist das Urteil des LSG aufzuheben, damit das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zunächst klären kann, ob die genannte (negative) Tatbestandsvoraussetzung erfüllt ist. Erst wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 SGB VII gegeben sind, wird das LSG die Ermessensausübung der Beklagten auf Ermessensfehler überprüfen dürfen.

11

2. Im Hinblick auf das Gebot, einer überlangen Verfahrensdauer entgegenzuwirken (Art 19 Abs 4 Satz 1 Grundgesetz , Art 6 Abs 1 Satz 1 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten), hat der Senat beschlossen, Hinweise zu geben zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung einer im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung (dazu a) sowie zu den Ermessenszwecken des § 76 Abs 1 SGB VII und den deshalb von dem Träger jeweils abzuwägenden Ermessensgesichtspunkten(dazu b).

12

a) Soweit die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Der Versicherte hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I). Hingegen entsteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung nur aufgrund der Bewilligungsentscheidung (§ 40 Abs 2 SGB I). Darüber hinaus kann im Einzelfall ein Rechtsanspruch auf die Leistung ausnahmsweise bei einer "Ermessensreduzierung auf Null" bestehen, bei der es nur ein ermessensgerechtes Ergebnis gibt (vgl dazu nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 29). Feststellungen, die vorliegend für eine solche Ermessensreduzierung auf Null sprechen, hat das LSG nicht getroffen; der Kläger hat derartiges im Revisionsverfahren nicht behauptet und keine entsprechenden Rügen erhoben.

13

Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG; "Rechtmäßigkeit-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").

14

Dass die Beklagte Ermessen ausgeübt hat, ist den Feststellungen des LSG hinsichtlich des Inhalts der angefochtenen Bescheide der Beklagten zu entnehmen. Denn sie hat nicht nur - was allein nicht ausreichend ist - auf das eingeräumte Ermessen hingewiesen, sondern auch (zumindest) einen Ermessensgesichtspunkt genannt. Ebenso ist ein Überschreiten der Grenzen des Ermessens zu verneinen, weil § 76 SGB VII nur zwei Rechtsfolgen zulässt, entweder den Anspruch auf die Abfindung zu gewähren oder nicht, und die Beklagte sich für Letzteres entschieden hat. Ferner hat das LSG keine Tatsachen festgestellt, die für eine Verletzung der objektiven verfassungsrechtlichen Schranken (Gleichheitsgebote, Übermaßverbot) jeder Ermessensausübung sprechen könnten.

15

Als Ermessensfehler kommt nur eine dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechende Ermessensausübung in Betracht. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Diese beiden letztgenannten Arten des Ermessensfehlgebrauchs kommen hier nach den bisherigen Feststellungen des LSG in Betracht. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 28b; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl 2009, § 114 RdNr 12 mwN).

16

Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht- oder -fehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl Urteil des Senats vom 18.3.2008 - B 2 U 1/07 R - BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr 1, jeweils RdNr 14 ff).

17

b) Zur Konkretisierung der Ermessenszwecke des § 76 SGB VII ist von Folgendem auszugehen: Dem Wortlaut der Vorschrift selbst ist kein Ermessenszweck zu entnehmen und auch die Gesetzesmaterialien zum Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) sind insofern unergiebig (vgl zB Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2204 S 94 zu § 76). Eingeführt worden ist die Möglichkeit der Abfindung von Verletztenrenten schon mit dem Unfallversicherungsgesetz vom 6.7.1884 (RGBl 69) und später wurde die Regelung durch die nachfolgenden Gesetze ausgebaut.

18

Zusammengefasst zeigt die Gesetzesgeschichte, dass bei der Ermessensausübung über die Bewilligung eines Abfindungsanspruchs neben den Interessen der Allgemeinheit folgende Zwecke abzuwägen sind. Auf Seiten des Versicherten besteht das Interesse, seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch eine Verfügungsmacht über einen erheblichen Geldbetrag im Unterschied zu laufenden, ggf nicht allzu hohen monatlichen Rentenzahlungen zu verbessern. Auf Seiten der Verwaltung geht es um die Verringerung des Verwaltungsaufwandes, um eine Bemessung der Höhe des Kapitalbetrags nach der durch das Lebensalter und die körperliche Beschaffenheit des Berechtigten bedingten voraussichtlichen Dauer des Rentenbezugs - also der weiteren Lebenserwartung - des Versicherten sowie um die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unfallversicherungsträgers (vgl Reichstag, 10. Legislaturperiode, I. Session 1898/1900, Drucksache Nr 523 S 96 f; Reichstag, 12. Legislaturperiode, II. Session 1909/1910, Drucksache zu Nr 340 S 307, 300 ff; Reichstag, III. Wahlperiode 1924/25, Drucksache Nr 691 S 32; BT-Drucks IV/938 S 15 f zu § 601). Diese Zwecke werden auch heute noch in der Literatur angeführt (vgl Burchardt in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10 f; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1 f; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, § 76 RdNr 20 ff; Plagemann, NJW 1996, 3173, 3176; Wiesner, BG 1985, 327 f).

19

Soweit in der Literatur weitere Zwecke genannt werden, sind diese zum Teil mit den gesetzgeberischen Zielen vereinbar, zB ob in absehbarer Zeit der Bezug anderer steuerfinanzierter Sozialleistungen droht, womit die Allgemeinheit belastet werden würde, der aber durch den Bezug einer Verletztenrente zumindest verringert würde, während es für andere genannte Zwecke, wie zB eine Berücksichtigung des von dem Versicherten beabsichtigten Verwendungszwecks der Abfindung bei einer so genannten kleinen Verletztenrente, keine erkennbare Begründung gibt.

20

Inwieweit die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung die angeführten gesetzgeberischen Zwecke für die Einräumung des Ermessens richtig gewichtet abgewogen hat (vgl zu den Anforderungen an die Begründung einer solchen Entscheidung: BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2), wird das LSG - nach Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen und der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides - in einem weiteren Schritt zu überprüfen haben. Dabei wird zu beachten sein, dass die den Interessen des Unfallversicherungsträgers dienenden Ermessensgesichtspunkte (anders als § 76 Abs 2 SGB VII)keine "negativen Tatbestandsmerkmale" sind, sondern gegen das Interesse des Versicherten abzuwägen sind und dass nur die Ermessensausübung der Beklagten im vorgezeigten Rahmen zu überprüfen ist, nicht aber eigene Ermessenserwägungen seitens des LSG zur Ausfüllung der aufgezeigten Zwecke anzustellen sind.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation streitig.
Der am 1954 geborene Kläger erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und war in der Folgezeit vor allem als Handelsvertreter, teilweise auch mit eigener Firma, tätig. Ab 2007 arbeitete er in der Abteilung Verkaufsleitung und Marketing eines Herstellers von Rolladenkästen in S. am Ammersee, wo er unter der Woche wohnt. Am Wochenende hält er sich am Wohnort seiner Familie in E. , Landkreis C. , auf. Er stellte am 24.09.2012 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe für Versicherte bei der Beklagten. Den Antrag begründete er mit psychischer Belastung und körperlichen Beschwerden wie gehäufter Angina pectoris aufgrund drohenden Wegfalls des Arbeitsplatzes.
Die Beklagte holte bei der zuständigen Krankenkasse des Klägers eine Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten mit Diagnosen des Klägers ein. Danach war der Kläger in der Zeit vom 30.05.2011 bis 10.06.2011 arbeitsunfähig krank wegen „instabiler Angina pectoris“; daneben fanden sich zwei kürzere AU-Zeiten wegen Infektionen der oberen Atemwege. Bezüglich der Einzelheiten dieser Aufstellung wird auf Bl. 40 der Verwaltungsakte verwiesen. Nach Beziehung eines Befundberichts der behandelnden Hausärztin des Klägers, Dr. W. , Fachärztin für Allgemeinmedizin, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2012 den Antrag des Klägers ab, weil die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Seinen Widerspruch hiergegen begründete der Kläger damit, er würde seit über fünf Jahren als Arbeitnehmer regelmäßig von E. nach S. am Ammersee (einfache Strecke 290 km) pendeln. Dies bedeute neben der ihn stets fordernden Arbeit zusätzlich eine doppelte Haushaltsführung. Mit 58 Jahren sei dieser zusätzliche Aufwand für ihn sehr beschwerlich. Er verspüre in zunehmendem Maße, dass seine Schaffenskraft sich reduziere und er deshalb dringend eine Auszeit in Form einer aufbauenden Rehabilitation benötige, um letztendlich auch einem Burnout-Syndrom entgegenzuwirken. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. H. . Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom Dezember 2012, beruhend auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers, bei diesem eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung anderer Gefühle sowie einen Mangel an Entspannung oder Freizeit. Der Kläger sei noch affektiv schwingungsfähig, könne sich freuen, Aufmerksamkeit und Konzentration seien vorhanden, der Antrieb unauffällig, die Aktivitäten gleichfalls. Er habe bisher ambulant keine weiteren Maßnahmen ergriffen, d.h. weder eine psychotherapeutische Behandlung noch ein Entspannungsverfahren oder gegebenenfalls Unterstützung mit Psychopharmaka. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Auf Grund dessen würden weder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation noch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vorgeschlagen. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2013 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Die persönlichen Voraussetzungen würden nicht vorliegen. Für die beim Kläger festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen seien eine ambulante nervenärztliche Mitbehandlung, Psychotherapie sowie die Fortsetzung der ambulanten fachärztlichen Behandlung angezeigt. Auch nach den Vorschriften eines anderen Leistungsträgers liege kein Rehabilitationsbedarf vor.
Der Kläger hat hiergegen am 26.04.2013 das Sozialgericht Karlsruhe angerufen. Auf gerichtliche Anfrage hat der Kläger klargestellt, dass er eine stationäre Leistung der medizinischen Rehabilitation begehre. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der behandelnde Internist und Kardiologe Dr. W. hat unter anderem eine Bescheinigung vorgelegt, in welcher er zur Modifikation der Risikofaktoren und aus „tertiär prophylaktischen Gründen“ sowie zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Klägers eine Reha-Maßnahme für dringend erforderlich erachte, zumal der Kläger nach der Stentimplantation und Diagnose einer koronaren Herzerkrankung im Juni 2011 keine entsprechende Maßnahme erhalten habe. Dr. W. hat mitgeteilt, bei dem Kläger sei eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Der Kläger leide an immer wieder schwankenden Blutdruckwerten; eine Blutdruckeinstellung gestalte sich schwierig; auch sei der Diabetes öfters als entgleist zu bezeichnen gewesen. Der Kläger sei an einer psychischen Belastungsreaktion erkrankt, weil seine Firma aufgelöst werde. Der Internist und Pneumologe Dr. S. hat von einem unter cPAP-Gerätetherapie ausreichend kontrollierten Befund hinsichtlich der obstruktiven Schlafapnoe berichtet.
Mit Urteil vom 23.09.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne keine stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beanspruchen, denn ein rehabilitativer Erfolg ließe sich auch im ambulanten Rahmen erreichen. Es erscheine schon fraglich, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet oder gar gemindert ist, nachdem der Kläger in den letzten zwei Jahren nach der Aufstellung der Krankenkasse seit Juli 2011 nur ein einziges Mal für wenige Tage arbeitsunfähig gewesen sei und dies wegen einer Erkältung. Dessen ungeachtet ließen sich die Gesundheitsstörungen des Klägers nicht nur durch stationäre Leistungen, sondern in gleichwertiger Weise auch durch ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beheben. Im Hinblick auf die im Vordergrund stehenden psychischen Beschwerden des Klägers sei zu beachten, dass dieser bisher keinerlei ambulante Maßnahmen ergriffen habe. So habe er keinen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht, ebenso wenig einen Psychotherapeuten, auch finde keine medikamentöse Behandlung statt. Soweit Dr. W. in seiner Bescheinigung eine stationäre Rehabilitation zur Modifikation von Risikofaktoren und aus „tertiär prophylaktischen Gründen“ für dringend erforderlich erachte, sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass insoweit eine stationäre Maßnahme besser geeignet wäre, einen therapeutischen Effekt zu erzielen. Als Risikofaktoren benenne der sachverständige Zeuge neben Bluthochdruck und Diabetes eine familiäre Disposition und früheres Rauchen des Klägers. Durch eine Reha-Maßnahme könne aber weder das frühere Rauchen noch die genetische Disposition beeinflusst werden; die beiden weiteren Risikofaktoren würden im ambulanten Rahmen behandelt werden. Eine Leistungspflicht der Beklagten komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 14 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nach den Leistungsgesetzen eines anderen Rehabilitationsträgers in Betracht. Bezüglich von Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit für eine stationäre Rehabilitation.
Gegen das ihm am 28.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.10.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung dieser hat er vorgetragen, es sei nicht richtig, dass er sich nicht um eine ambulante psychotherapeutische Behandlung bemüht habe. Vielmehr habe er nach vielen Absagen in den letzten Monaten auf Grund terminlicher Überlastung der Behandler bis vor kurzem keinen ambulanten Therapieplatz erhalten. Frau Dr. W. habe ihm gegenüber erklärt, dass sie weiterhin eine stationäre Reha-Maßnahme zum Zwecke einer Abklärung seiner Symptome für eine sinnvolle weitere ambulante Behandlung befürworten würde.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.09.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2013 zu verurteilen, ihm stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts in den Urteilsgründen an.
12 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
13 
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
14 
Die Beteiligten haben dieser Verfahrensweise ausdrücklich mit Schriftsatz vom 19.11.2013 bzw. 03.12.2013 zugestimmt.
15 
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchten stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche stationäre Leistung nicht erfüllt, nachdem bereits fraglich erscheint, ob der Kläger überhaupt die in § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) definierten persönlichen Voraussetzungen erfüllt, jedenfalls aber keine Reduzierung des der Beklagten zustehenden Ermessens dahingehend vorliegt, dass die vom Kläger explizit begehrten stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren wären. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
16 
Vertiefend sind aus Sicht des Senats noch folgende Ausführungen veranlasst: Unabhängig davon, ob der Kläger die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 SGB VI als (Tatbestands-)Voraussetzung für die Gewährung von Teilhabeleistungen nach dem SGB VI erfüllt - hieran bestehen angesichts des Ergebnisses der Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. mit der Bestätigung, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt sei, und der nur geringen arbeitsunfähigkeitsbedingten Fehlzeiten des Klägers (wie vom Sozialgericht bereits ausgeführt) erhebliche Bedenken - kann der Kläger mit seinem Begehren nur dann durchdringen, wenn er gerade einen Anspruch auf Durchführung einer stationären Heilbehandlung hat. Dies verneint der Senat.
17 
Nach § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe, u. a. die hier erstrebten Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden (Satz 1 Nr. 1) und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern (Satz 1 Nr. 2). Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind (Satz 2). Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die (in § 10 SGB VI geregelten) persönlichen und (die in § 11 SGB VI geregelten) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
18 
Dabei erstreckt sich das dem Rentenversicherungsträger nach § 9 Abs. 2 SGB VI mit dem Wort „kann“ eingeräumte Ermessen (vgl. Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 9 Rdnr. 9 und Urteil des Senats vom 08.01.2009, L 10 R 3662/08) nicht auf das „Ob“ der Leistungsgewährung, sondern beschränkt sich auf das „Wie“ der Leistungserbringung. Dementsprechend bestimmt der Träger der Rentenversicherung - hier also die Beklagte - gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie ggfs. die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
19 
Grundsätzlich muss die Beklagte das ihr somit eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I], § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Umgekehrt hat der Versicherte einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle kann die Verwaltungsentscheidung - wie sich aus § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt - nur im Rahmen einer Rechtskontrolle auf so genannte Ermessensfehler hin überprüft werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 54 Rdnr. 25 ff.). Nur ausnahmsweise ist die Beklagte zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet, nämlich dann, wenn jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (so genannte Ermessensreduzierung auf null, vgl. Keller a.a.O., Rdnr. 29).
20 
Entsprechend diesen Grundsätzen stellt sich vorliegend nicht die Frage, ob die Beklagte die Bewilligung der begehrten stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu Recht, insbesondere mit zutreffenden Ermessenserwägungen, abgelehnt hat. Denn eine fehlerhafte Ermessensausübung führt nur zur Pflicht des Leistungsträgers, über den Antrag erneut zu entscheiden (vgl. § 131 Abs. 3 SGG), nicht aber zu einer Ermessensreduzierung auf null mit der Pflicht zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (vgl. § 131 Abs. 2 SGG). Der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung einer stationären Maßnahme setzt also voraus, dass die Beklagte zwingend eine solche stationäre Heilmaßnahme hätte bewilligen müssen und jede andere Entscheidung, insbesondere auch die Gewährung von ambulanten Maßnahmen, rechtswidrig gewesen wäre.
21 
Eine solche Ermessensreduzierung auf null verneint der Senat. Vielmehr hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass den Auswirkungen der vom Kläger und seinen Behandlern geltend gemachten Krankheit auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht auch durch ambulante Maßnahmen entgegengewirkt werden kann oder diese sogar überwunden werden können. Dies gilt insbesondere für die aus Klägersicht im Vordergrund stehende Behandlung der psychischen Erkrankung. Angesichts dessen, dass bislang noch nicht einmal ansatzweise eine ambulante Behandlung auf nervenfachärztlichem Gebiet stattgefunden hat - so hat der Kläger weder einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie noch einen Psychotherapeuten aufgesucht und noch nicht einmal eine medikamentöse Behandlung aufgenommen - kommt eine Ermessensreduzierung auf eine stationäre Maßnahme nicht in Betracht. Die von Dr. W. in seiner Bescheinigung vom 12.04.2013 angeführten „Risikofaktoren“, zu deren „Modifikation“ er eine Reha-Maßnahme indiziert sieht, rechtfertigen aus den vom Sozialgericht genannten Gründen gleichfalls keine Ermessensreduzierung auf eine stationäre Teilmaßnahme. So können das Rauchen in der Vergangenheit sowie die genetische Disposition durch einen stationären Rehabilitationsaufenthalt nicht positiv beeinflusst werden. Der arteriellen Hypertonie sowie dem Diabetes mellitus kann wiederum ohne Weiteres durch eine optimierte Medikation begegnet werden; es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass eine stationäre Maßnahme insoweit besser geeignet wäre, einen therapeutischen Effekt zur erzielen. Der von Dr. W. ins Feld geführte Kompensationsgedanke für eine im Jahr 2011 unterbliebene Reha-Maßnahme nach damaliger Stent-Implantation und Erstdiagnose einer koronaren Herzerkrankung vermag gleichfalls keine Ermessensreduzierung zu rechtfertigen. Soweit der Kläger zuletzt dargelegt hat, Dr. W. halte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur Abklärung der Symptome für sinnvoll, gilt gleiches. Abgesehen davon, dass stationäre Rehabilitationsmaßnahmen gerade nicht in erster Linie der Diagnostik dienen, ist nicht erkennbar, warum eine derartige Abklärung von Symptomen nicht ambulant erfolgen kann.
22 
Zutreffend hat das Sozialgericht auch Ansprüche außerhalb des SGB VI verneint, namentlich nach dem SGB V. Auch ein möglicher Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 40 Abs. 1 SGB V ist bezüglich des „wie“ der Leistungserbringung gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungserbringers gestellt. Zusätzlich besteht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen, welches bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V deutlich wird. Gemäß § 40 Abs. 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen. Reichen diese Leistungen gleichfalls nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Demnach kommt eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation ausreichend sind. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung dahingehend, dass, ungeachtet des dargestellten Stufenverhältnisses, im vorliegenden Fall nur eine medizinische stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in Betracht käme, sind, wie bereits dargestellt, nicht ersichtlich.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 42 bis 47a des Neunten Buches, ausgenommen Leistungen nach § 42 Abs. 2 Nr. 2 und § 46 des Neunten Buches. Zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz wird nur erbracht, wenn sie unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs, erforderlich und soweit sie nicht als Leistung der Krankenversicherung oder als Hilfe nach dem Fünften Kapitel des Zwölften Buches zu erbringen ist.

(2) Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 15, 15a und 31 Absatz 1 Nummer 2, die nach Art und Schwere der Erkrankung erforderlich sind, werden durch Rehabilitationseinrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder vom Träger der Rentenversicherung selbst oder von anderen betrieben werden und nach Absatz 4 zugelassen sind oder als zugelassen gelten (zugelassene Rehabilitationseinrichtungen). Die Rehabilitationseinrichtung braucht nicht unter ständiger ärztlicher Verantwortung zu stehen, wenn die Art der Behandlung dies nicht erfordert. Leistungen einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung sollen für längstens drei Wochen erbracht werden. Sie können für einen längeren Zeitraum erbracht werden, wenn dies erforderlich ist, um das Rehabilitationsziel zu erreichen.

(3) Rehabilitationseinrichtungen haben einen Anspruch auf Zulassung, wenn sie

1.
fachlich geeignet sind,
2.
sich verpflichten, an den externen Qualitätssicherungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund oder einem anderen von der Deutschen Rentenversicherung Bund anerkannten Verfahren teilzunehmen,
3.
sich verpflichten, das Vergütungssystem der Deutschen Rentenversicherung Bund anzuerkennen,
4.
den elektronischen Datenaustausch mit den Trägern der Rentenversicherung sicherstellen und
5.
die datenschutzrechtlichen Regelungen beachten und umsetzen, insbesondere den besonderen Anforderungen an den Sozialdatenschutz Rechnung tragen.
Fachlich geeignet sind Rehabilitationseinrichtungen, die zur Durchführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die personellen, strukturellen und qualitativen Anforderungen erfüllen. Dabei sollen die Empfehlungen nach § 37 Absatz 1 des Neunten Buches beachtet werden. Zur Ermittlung und Bemessung einer leistungsgerechten Vergütung der Leistungen hat die Deutsche Rentenversicherung Bund ein transparentes, nachvollziehbares und diskriminierungsfreies Vergütungssystem bis zum 31. Dezember 2025 zu entwickeln, wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren. Dabei hat sie tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu beachten.

(4) Mit der Zulassungsentscheidung wird die Rehabilitationseinrichtung für die Dauer der Zulassung zur Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zugelassen. Für Rehabilitationseinrichtungen, die vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden oder zukünftig vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden, gilt die Zulassung als erteilt.

(5) Der federführende Träger der Rentenversicherung entscheidet über die Zulassung von Rehabilitationseinrichtungen auf deren Antrag. Federführend ist der Träger der Rentenversicherung, der durch die beteiligten Träger der Rentenversicherung vereinbart wird. Er steuert den Prozess der Zulassung in allen Verfahrensschritten und trifft mit Wirkung für alle Träger der Rentenversicherung Entscheidungen. Die Entscheidung zur Zulassung ist im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen. Die Zulassungsentscheidung bleibt wirksam, bis sie durch eine neue Zulassungsentscheidung abgelöst oder widerrufen wird. Die Zulassungsentscheidung nach Absatz 4 Satz 1 oder die fiktive Zulassung nach Absatz 4 Satz 2 kann jeweils widerrufen werden, wenn die Rehabilitationseinrichtung die Anforderungen nach Absatz 3 Satz 1 nicht mehr erfüllt. Widerspruch und Klage gegen den Widerruf der Zulassungsentscheidung haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) Die Inanspruchnahme einer zugelassenen Rehabilitationseinrichtung, in der die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation entsprechend ihrer Form auch einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung erbracht werden, erfolgt durch einen Vertrag. Der federführende Träger der Rentenversicherung schließt mit Wirkung für alle Träger der Rentenversicherung den Vertrag mit der zugelassenen Rehabilitationseinrichtung ab. Der Vertrag begründet keinen Anspruch auf Inanspruchnahme durch den Träger der Rentenversicherung.

(6a) Der Versicherte kann dem zuständigen Träger der Rentenversicherung Rehabilitationseinrichtungen vorschlagen. Der zuständige Träger der Rentenversicherung prüft, ob die von dem Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die Leistung in der nachweislich besten Qualität erbringen. Erfüllen die vom Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die objektiven sozialmedizinischen Kriterien für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung, weist der zuständige Träger der Rentenversicherung dem Versicherten eine Rehabilitationseinrichtung zu. Liegt ein Vorschlag des Versicherten nach Satz 1 nicht vor oder erfüllen die vom Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die objektiven sozialmedizinischen Kriterien für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung nicht, hat der zuständige Träger der Rentenversicherung dem Versicherten unter Darlegung der ergebnisrelevanten objektiven Kriterien Rehabilitationseinrichtungen vorzuschlagen. Der Versicherte ist berechtigt, unter den von dem zuständigen Träger der Rentenversicherung vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen innerhalb von 14 Tagen auszuwählen.

(7) Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist verpflichtet, die Daten der externen Qualitätssicherung zu veröffentlichen und den Trägern der Rentenversicherung als Grundlage für die Inanspruchnahme einer Rehabilitationseinrichtung sowie den Versicherten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(8) Die Rehabilitationseinrichtung hat gegen den jeweiligen Träger der Rentenversicherung einen Anspruch auf Vergütung nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 der gegenüber dem Versicherten erbrachten Leistungen. Der federführende Träger der Rentenversicherung vereinbart mit der Rehabilitationseinrichtung den Vergütungssatz; dabei sind insbesondere zu beachten:

1.
leistungsspezifische Besonderheiten, Innovationen, neue Konzepte, Methoden,
2.
der regionale Faktor und
3.
tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen.

(9) Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat in Wahrnehmung der ihr nach § 138 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4a zugewiesenen Aufgaben für alle Rehabilitationseinrichtungen, die entweder vom Träger der Rentenversicherung selbst oder von anderen betrieben werden, folgende verbindliche Entscheidungen herbeizuführen:

1.
zur näheren inhaltlichen Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 3 für die Zulassung einer Rehabilitationseinrichtung für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
zu einem verbindlichen, transparenten, nachvollziehbaren und diskriminierungsfreien Vergütungssystem für alle zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen nach Absatz 3; dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a)
die Indikation,
b)
die Form der Leistungserbringung,
c)
spezifische konzeptuelle Aspekte und besondere medizinische Bedarfe,
d)
ein geeignetes Konzept der Bewertungsrelationen zur Gewichtung der Rehabilitationsleistungen und
e)
eine geeignete Datengrundlage für die Kalkulation der Bewertungsrelationen,
3.
zu den objektiven sozialmedizinischen Kriterien, die für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung im Rahmen einer Inanspruchnahme nach Absatz 6 maßgebend sind, um die Leistung für den Versicherten in der nachweislich besten Qualität zu erbringen; dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a)
die Indikation,
b)
die Nebenindikation,
c)
die unabdingbaren Sonderanforderungen,
d)
die Qualität der Rehabilitationseinrichtung,
e)
die Entfernung zum Wohnort und
f)
die Wartezeit bis zur Aufnahme;
das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten nach § 8 des Neunten Buches sowie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind zu berücksichtigen,
4.
zum näheren Inhalt und Umfang der Daten der externen Qualitätssicherung bei den zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen nach Absatz 7 und deren Form der Veröffentlichung; dabei sollen die Empfehlungen nach § 37 Absatz 1 des Neunten Buches beachtet werden.
Die verbindlichen Entscheidungen zu Satz 1 Nummer 1 bis 4 erfolgen bis zum 30. Juni 2023. Die für die Wahrnehmung der Interessen der Rehabilitationseinrichtungen maßgeblichen Vereinigungen der Rehabilitationseinrichtungen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden maßgeblichen Verbände erhalten die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahmen sind bei der Beschlussfassung durch eine geeignete Organisationsform mit dem Ziel einzubeziehen, eine konsensuale Regelung zu erreichen.

(10) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht die Wirksamkeit der Regelungen nach den Absätzen 3 bis 9 ab dem 1. Januar 2026.

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, so erbringt die Krankenkasse erforderliche stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Für pflegende Angehörige erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation unabhängig davon, ob die Leistung nach Absatz 1 ausreicht. Die Krankenkasse kann für pflegende Angehörige diese stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch. § 39 Absatz 1a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei dem Rahmenvertrag entsprechend § 39 Absatz 1a die für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene zu beteiligen sind. Kommt der Rahmenvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a auf Antrag einer Vertragspartei. Abweichend von § 89a Absatz 5 Satz 1 und 4 besteht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene in diesem Fall aus je zwei Vertretern der Ärzte, der Krankenkassen und der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und einem weiteren unparteiischen Mitglied. Die Vertreter und Stellvertreter der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen werden durch die für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene bestellt.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Von der Krankenkasse wird bei einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation nicht überprüft, ob diese medizinisch erforderlich ist, sofern die geriatrische Indikation durch dafür geeignete Abschätzungsinstrumente vertragsärztlich überprüft wurde. Bei der Übermittlung der Verordnung an die Krankenkasse ist die Anwendung der geeigneten Abschätzungsinstrumente nachzuweisen und das Ergebnis der Abschätzung beizufügen. Von der vertragsärztlichen Verordnung anderer Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 darf die Krankenkasse hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur dann abweichen, wenn eine von der Verordnung abweichende gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vorliegt. Die gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist den Versicherten und mit deren Einwilligung in Textform auch den verordnenden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Die Krankenkasse teilt den Versicherten und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten das Ergebnis ihrer Entscheidung in schriftlicher oder elektronischer Form mit und begründet die Abweichungen von der Verordnung. Mit Einwilligung der Versicherten in Textform übermittelt die Krankenkasse ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch den Angehörigen und Vertrauenspersonen der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen, die die Versicherten versorgen. Vor der Verordnung informieren die Ärztinnen und Ärzte die Versicherten über die Möglichkeit, eine Einwilligung nach Satz 5 zu erteilen, fragen die Versicherten, ob sie in eine Übermittlung der Krankenkassenentscheidung durch die Krankenkasse an die in Satz 7 genannten Personen oder Einrichtungen einwilligen und teilen der Krankenkasse anschließend den Inhalt einer abgegebenen Einwilligung mit. Die Aufgaben der Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 bis zum 31. Dezember 2021 das Nähere zu Auswahl und Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente im Sinne des Satzes 2 und zum erforderlichen Nachweis von deren Anwendung nach Satz 3 und legt fest, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen nach Absatz 6 Satz 1 ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden. Sollen die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung der pflegenden Angehörigen aufgenommen werden, koordiniert die Krankenkasse mit der Pflegekasse der Pflegebedürftigen deren Versorgung auf Wunsch der pflegenden Angehörigen und mit Einwilligung der Pflegebedürftigen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, mit Ausnahme von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, die als ambulante Leistungen nach Absatz 1 in der Regel für 20 Behandlungstage oder als stationäre Leistungen nach Absatz 2 in der Regel für drei Wochen erbracht werden sollen. Eine Verlängerung der Leistungen nach Satz 13 ist möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist. Satz 13 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend. Die Krankenkasse zahlt der Pflegekasse einen Betrag in Höhe von 3 072 Euro für pflegebedürftige Versicherte, für die innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung keine notwendigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht worden sind. Satz 18 gilt nicht, wenn die Krankenkasse die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag für das Jahr 2021 bis zum 30. Juni 2022, für das Jahr 2022 bis zum 30. September 2023 und für das Jahr 2023 bis zum 30. September 2024 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen Verordnung von geriatrischen Rehabilitationen wiedergegeben werden.

(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 14, 15a, 17 und 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.

(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluß auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne daß es sich um Anschlußrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, so erbringt die Krankenkasse erforderliche stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Für pflegende Angehörige erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation unabhängig davon, ob die Leistung nach Absatz 1 ausreicht. Die Krankenkasse kann für pflegende Angehörige diese stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch. § 39 Absatz 1a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei dem Rahmenvertrag entsprechend § 39 Absatz 1a die für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene zu beteiligen sind. Kommt der Rahmenvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a auf Antrag einer Vertragspartei. Abweichend von § 89a Absatz 5 Satz 1 und 4 besteht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene in diesem Fall aus je zwei Vertretern der Ärzte, der Krankenkassen und der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und einem weiteren unparteiischen Mitglied. Die Vertreter und Stellvertreter der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen werden durch die für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene bestellt.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Von der Krankenkasse wird bei einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation nicht überprüft, ob diese medizinisch erforderlich ist, sofern die geriatrische Indikation durch dafür geeignete Abschätzungsinstrumente vertragsärztlich überprüft wurde. Bei der Übermittlung der Verordnung an die Krankenkasse ist die Anwendung der geeigneten Abschätzungsinstrumente nachzuweisen und das Ergebnis der Abschätzung beizufügen. Von der vertragsärztlichen Verordnung anderer Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 darf die Krankenkasse hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur dann abweichen, wenn eine von der Verordnung abweichende gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vorliegt. Die gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist den Versicherten und mit deren Einwilligung in Textform auch den verordnenden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Die Krankenkasse teilt den Versicherten und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten das Ergebnis ihrer Entscheidung in schriftlicher oder elektronischer Form mit und begründet die Abweichungen von der Verordnung. Mit Einwilligung der Versicherten in Textform übermittelt die Krankenkasse ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch den Angehörigen und Vertrauenspersonen der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen, die die Versicherten versorgen. Vor der Verordnung informieren die Ärztinnen und Ärzte die Versicherten über die Möglichkeit, eine Einwilligung nach Satz 5 zu erteilen, fragen die Versicherten, ob sie in eine Übermittlung der Krankenkassenentscheidung durch die Krankenkasse an die in Satz 7 genannten Personen oder Einrichtungen einwilligen und teilen der Krankenkasse anschließend den Inhalt einer abgegebenen Einwilligung mit. Die Aufgaben der Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 bis zum 31. Dezember 2021 das Nähere zu Auswahl und Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente im Sinne des Satzes 2 und zum erforderlichen Nachweis von deren Anwendung nach Satz 3 und legt fest, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen nach Absatz 6 Satz 1 ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden. Sollen die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung der pflegenden Angehörigen aufgenommen werden, koordiniert die Krankenkasse mit der Pflegekasse der Pflegebedürftigen deren Versorgung auf Wunsch der pflegenden Angehörigen und mit Einwilligung der Pflegebedürftigen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, mit Ausnahme von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, die als ambulante Leistungen nach Absatz 1 in der Regel für 20 Behandlungstage oder als stationäre Leistungen nach Absatz 2 in der Regel für drei Wochen erbracht werden sollen. Eine Verlängerung der Leistungen nach Satz 13 ist möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist. Satz 13 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend. Die Krankenkasse zahlt der Pflegekasse einen Betrag in Höhe von 3 072 Euro für pflegebedürftige Versicherte, für die innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung keine notwendigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht worden sind. Satz 18 gilt nicht, wenn die Krankenkasse die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag für das Jahr 2021 bis zum 30. Juni 2022, für das Jahr 2022 bis zum 30. September 2023 und für das Jahr 2023 bis zum 30. September 2024 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen Verordnung von geriatrischen Rehabilitationen wiedergegeben werden.

(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 14, 15a, 17 und 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.

(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluß auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne daß es sich um Anschlußrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um

1.
den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2.
dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Die Leistungen zur Prävention haben Vorrang vor den Leistungen zur Teilhabe. Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind.

(2) Die Leistungen nach Absatz 1 sind zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung

1.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder
2.
eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.

(2) Für die Leistungen zur Prävention und zur medizinischen Rehabilitation haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch erfüllt, die

1.
in den letzten zwei Jahren vor der Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben,
2.
innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen und bis zum Antrag ausgeübt haben oder nach einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit bis zum Antrag arbeitsunfähig oder arbeitslos gewesen sind oder
3.
vermindert erwerbsfähig sind oder bei denen dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
§ 55 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Zeitraum von zwei Jahren nach Nummer 1 verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches. Für die Leistungen nach § 15a an Kinder von Versicherten sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit oder die in Satz 1 oder in Absatz 1 genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt hat.

(2a) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden an Versicherte auch erbracht,

1.
wenn ohne diese Leistungen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre oder
2.
wenn sie für eine voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Träger der Rentenversicherung erforderlich sind.

(3) Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen haben auch überlebende Ehegatten erfüllt, die Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben. Sie gelten für die Vorschriften dieses Abschnitts als Versicherte.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2.
bei denen voraussichtlich
a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder
2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.

(1) Der Träger der Rentenversicherung bestimmt im Einzelfall unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten im Sinne des § 8 des Neunten Buches und der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend.

(2) Der Träger der Rentenversicherung erbringt nicht

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein,
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung,
3.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen.

(3) Der Träger der Rentenversicherung erbringt nach Absatz 2 Nr. 1 im Benehmen mit dem Träger der Krankenversicherung für diesen Krankenbehandlung und Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Der Träger der Rentenversicherung kann von dem Träger der Krankenversicherung Erstattung der hierauf entfallenden Aufwendungen verlangen.

(4) Die Träger der Rentenversicherung vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Näheres zur Durchführung von Absatz 2 Nr. 1 und 2.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Leistungen zur Teilhabe in Form eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets (PB) zu gewähren sind.

2

Der am 1956 geborene Kläger hat den Beruf des Heizungsbauers erlernt und überwiegend ausgeübt. Er leidet an einer - im Jahr 1992 festgestellten - Multiplen Sklerose. Seit 1997 sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1989 Rente wegen Berufsunfähigkeit, zeitweise Erwerbsunfähigkeit, sowie ab 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (Bescheid vom 27.6.2001). Von Dezember 2001 bis Dezember 2002 war der Kläger als technischer Angestellter bei einer Heizungs- und Klimafirma tätig. Die Bewilligung der am 19.8.2004 begonnenen Umschulung zum Techniker im Heizungsbau hob die Beklagte wegen Nichtteilnahme am Unterricht und damit fehlender Erfolgsaussicht zum 28.9.2005 auf (Bescheid vom 5.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2006), die Klage vor dem SG Hannover hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 19.9.2007 zurückgenommen. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Fortsetzung der abgebrochenen Maßnahme lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8.10.2007). Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.3.2008; SG Hannover - S 14 R 329/08 - Rücknahme der Klage am 18.11.2008).

3

Den an das Sozialamt der Stadt S. gestellten Antrag vom 18.1.2008 auf ein PB unter Einbeziehung des Antrags von 2007 auf Eingliederungshilfe leitete diese an die Beklagte weiter. Diese lehnte den Antrag ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ihren Lasten nicht gegeben seien (Bescheid vom 21.4.2008). Der Widerspruch wurde zurückgewiesen, ein Anspruch auf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe nicht (Widerspruchsbescheid vom 20.5.2008).

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 6.11.2008). Ob ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehe, sei Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens S 14 R 329/08. Bis dahin könne eine Entscheidung über die Ausführung der Leistung - hier in Form eines PB - nicht getroffen werden. Auch eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (hier: Eingliederungshilfe) könne der Kläger nicht beanspruchen. Zwar sei die Beklagte kraft Weiterleitung nach § 14 SGB IX zuständig. Der Kläger habe jedoch gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert, sodass nicht entschieden werden könne, ob die Aufbringung der Mittel dem Kläger unzumutbar sei.

5

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat nach Beiladung des Sozialhilfeträgers die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.1.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs 1, insbesondere der Nr 2b SGB VI, lägen nicht vor. Die beim Kläger gegebene verminderte Erwerbsfähigkeit könne voraussichtlich durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht "wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden". Denn dem Kläger fehle die entsprechende Rehabilitationsfähigkeit. Der Kläger strebe zwar eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben an. Nach seinem medizinischen Leistungsvermögen sei aber unter Berücksichtigung des eingeholten fachmedizinischen (neurologischen) Gutachtens eine Teilnahme am Erwerbsleben unter betriebsüblichen Bedingungen weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch (erst recht) in dem vom Kläger angestrebten Berufsfeld des Technikers möglich. Dagegen sprächen insbesondere die eingeschränkte Wegefähigkeit und die Einschränkungen namentlich im kognitiven Bereich.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 17, 33 SGB IX iVm § 10 SGB VI. Mit dem LSG bestehe Übereinstimmung, dass die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 SGB VI erfüllt sein müssten, damit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger erbracht werden können. Nicht gefolgt werden könne dem LSG, soweit es eine dauerhafte Erwerbsfähigkeit aufgrund eingeschränkter Wegefähigkeit nach "rentenrechtlichen Maßstäben" nicht mehr als gegeben ansehe. Denn der Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rehabilitationsrecht stimme mit dem Begriff der Erwerbsfähigkeit im Rentenrecht nicht überein. So sei eine Rehabilitationsfähigkeit unter Beachtung der Definition der Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI stattdessen gegeben, wenn eine Eingliederung in das Erwerbsleben nach Leistungsbereitschaft und -fähigkeit des Versicherten nicht völlig aussichtslos erscheine und keine Gründe erkennbar seien, derentwegen Teilhabeleistungen als von vornherein nicht aussichtsreich beurteilt werden müssten. So könne das Rehabilitationsziel durchaus darauf gerichtet sein, einen Versicherten in die ihm grundsätzlich mögliche halbschichtige Erwerbstätigkeit auf Dauer einzugliedern und qualitative Leistungseinschränkungen und Behinderungen mit Maßnahmen der Behindertenhilfe (insbesondere zur Verbesserung der Wegefähigkeit) auszugleichen.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Januar 2010, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 6. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend. Auch unter Zugrundelegung rein rehabilitationsrechtlicher Maßstäbe lasse die Summe der vom LSG festgestellten qualitativen Einschränkungen eine auch nur teilweise Erwerbsfähigkeit als nicht erreichbar erscheinen.

10

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Ein Anspruch auf Bereitstellung eines PB ergebe sich auch nicht aus §§ 5 Nr 4, 17, 55 ff SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, weil die Grundvoraussetzungen hierfür nach §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Seiner Mitwirkungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe in seinem Antrag vom 18.1.2008 erklärt, dass er Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigere. Mit Schreiben vom 6.5.2008 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seinen Antrag auf Eingliederungshilfe zurückziehe. Seine wirtschaftliche Situation habe sich gebessert, sodass er nicht (mehr) auf Hilfe durch das Sozialamt angewiesen sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann schon deshalb keine abschließende Entscheidung treffen, weil es an einer individuellen Feststellung des - nicht auf einzelne Leistungsgruppen oder den Zuständigkeitsbereich eines einzelnen Leistungsträgers begrenzten - Rehabilitationsbedarfs des Klägers fehlt. Damit kann von vornherein nicht beurteilt werden, ob dem Kläger zur Deckung dieses im umfassenden Sinne verstandenen Bedarfs Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe als Grundlage eines PB zustehen. Insbesondere bleibt aufgrund der defizitären Sachaufklärung des Berufungsgerichts offen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die im Bereich der Rehabilitation grundsätzlich und in aller Regel zu treffenden Leistungsentscheidungen vorliegen, die von selbstständigen Spielräumen der Verwaltung abhängen.

12

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist die Revision noch ausreichend iS von § 164 Abs 2 Satz 1 SGG begründet(zu den Anforderungen allgemein vgl BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 ff mwN). Streitgegenstand der Klage ist im Wesentlichen der Anspruch des Klägers auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich seines Rechts auf ein PB (s hierzu im Einzelnen nachfolgend unter 3.). Anspruchsgrundlage ist hierfür im Zuständigkeitsbereich der Beklagten § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI, der seinerseits "auf § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" verweist. Das vom Kläger im Verwaltungsverfahren beantragte und mit der Klage begehrte "Persönliche Budget" (PB) wird nach § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. Der zuständige Träger entscheidet durch einheitlichen Verwaltungsakt über Grund und Höhe des entsprechenden - monatlichen - Geldbetrags, auch wenn in die Bemessung dieses Betrags die Leistungen mehrerer Träger eingegangen sind (vgl § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX: "den Verwaltungsakt"; ebenso § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung vom 27.5.2004, BGBl I 1055: "den Verwaltungsakt" bzw "die Leistung"). Der zuständige Träger handelt damit nicht rechtmäßig, wenn er ungeachtet der - wie auch hier - grundsätzlich weiten Fassung des Antragsbegehrens eine Entscheidung dennoch nur auf der Grundlage einzelner Bewertungselemente bzw auf den Zuständigkeitsbereich einzelner Träger begrenzt trifft und insofern den Antrag nicht ausschöpft. Die Beklagte, deren Verwaltungsakte das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit auslegt (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 mwN; BFHE 214, 18, 23 mwN), und die Vorinstanzen haben - ungeachtet insbesondere des fragmentarischen Charakters ihrer Begründungen - jeweils über ein PB in diesem umfassenden Sinne entschieden und nicht zu erkennen gegeben, sie wollten entgegen der Gesetzeslage etwa nur eine Teil-Entscheidung treffen.

13

Die Revision des Klägers, die der Senat uneingeschränkt zugelassen hat, wendet sich ihrerseits in vollem Umfang gegen das Urteil des LSG vom 5.1.2010. Auch die Begründung hierzu geht jedenfalls in ihren allgemeinen rechtlichen Ausführungen auf die Komplexnatur des persönlichen trägerübergreifenden Budgets ein, beschränkt sich dann aber auf eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB VI.

14

Hierin ist indessen keine nachträgliche sinngemäße Beschränkung des revisionsrechtlichen Streitgegenstands (vgl hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 27.4.2010 in SozR 4-2600 § 233a Nr 1 und des 4. Senats vom 29.9.1994 in SozR 3-2200 § 1251 Nr 6) durch den Kläger zu sehen, der in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nochmals ausdrücklich bestätigt hat, der Anspruch auf ein persönliches trägerübergreifendes Budget solle "im Hinblick auf alle in Betracht kommenden Aspekte weiter verfolgt werden". Auch liegt nicht ausnahmsweise ein verfahrensrechtlich relevantes Begründungsdefizit vor. Zwar muss sich die Revisionsbegründung grundsätzlich mit allen Aspekten befassen, die den mit der Klage geltend gemachten Anspruch betreffen und vor das Revisionsgericht getragen werden sollen. Allerdings ist vorliegend die Situation dadurch gekennzeichnet, dass es hinsichtlich des zum 1.1.2008 als Pflichtleistung eingeführten PB bisher an oberstgerichtlicher Rechtsprechung fehlt und gleichermaßen im Verwaltungsverfahren wie in zwei Gerichtsinstanzen der materielle Gehalt des neuen Rechtsinstituts wie das sich hieraus ergebende Verfahrensrecht nicht annähernd erfasst worden sind. Unter diesen Umständen würde das Grundrecht des Klägers auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) in unzumutbarer Weise verkürzt, wollte man ihm erstmals als Voraussetzung für den Zugang zur Revisionsinstanz abverlangen, diese Defizite zu kompensieren und die maßgeblichen Aspekte zu thematisieren. Nicht anders als bei der Herbeiführung der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels im Rahmen der gesonderten Entscheidung über seine Zulassung muss auch bei der Prüfung der Zulässigkeit des statthaften Rechtsmittels der begrenzte Sinn und Zweck der Zulässigkeitsprüfung und der dort vernünftigerweise zu leistende Prüfungsumfang beachtet werden. In die Zulässigkeitsprüfung dürfen unter diesem Gesichtspunkt insbesondere nicht Gesichtspunkte Eingang finden, die bisher im Verfahren keine Rolle gespielt haben und die zu erörtern im Blick auf eine offensichtliche oder geklärte Rechtslage auch sonst kein Anlass bestanden hat (vgl etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 24.1.2007, NVwZ 2007, 805 ff). Dem Kläger würden andernfalls unter Verkennung der Funktion des Revisionsverfahrens im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung Gesichtspunkte entgegengehalten, denen angesichts einer offensichtlich in bedeutendem Umfang die Gesetzeslage verfehlenden Praxis ihrerseits grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl BVerfG aaO).

15

2. Die zulässige Revision erweist sich nicht bereits deshalb als unbegründet, weil die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 6.11.2008 mangels Statthaftigkeit unzulässig gewesen wäre. Die Berufung gegen Urteile und Gerichtsbescheide (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG) ist grundsätzlich statthaft (§ 143 SGG). Vorliegend bedurfte es auch nicht ausnahmsweise der Zulassung der Berufung durch das SG oder auf Beschwerde durch das LSG, die sich beide zu dieser Frage nicht verhalten haben. Der Kläger hat nämlich mit der Klage, die sich ua auf die gegenüber dem beigeladenen Träger der Sozialhilfe geltend gemachten Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft ("Hilfe beim Spazierengehen") bezieht, von Anfang an einen Anspruch auf laufende Geldleistungen für mehr als ein Jahr geltend gemacht (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG) und diesen Anspruch unverändert auch mit der Berufung geltend gemacht. Unter diesen Umständen bedarf es keiner näheren Ausführungen dazu, dass der ausnahmsweise Ausschluss der Berufung nach Satz 1 Nr 1 aaO zu Lasten des Rechtsmittelführers dann nicht eingreifen kann, wenn es - wie hier - an jeder Grundlage für eine Schätzung des Werts des Beschwerdegegenstands fehlt.

16

3. Der Kläger hat nach seinem "wahren" Begehren, das auch im Revisionsverfahren von der äußeren Fassung seiner Anträge zu unterscheiden ist (§ 123 SGG), zutreffend eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1, Abs 4 SGG) erhoben. Dies ergibt sich im Blick auf die Gesetzeslage aus dem mit der Klage erstrebten Erfolg. Gemäß § 159 Abs 5 SGB IX(eingeführt durch Art 8 Nr 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022 mWv 1.1.2005) ist nämlich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX vom 1.1.2008 an mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf Antrag Leistungen durch ein PB ausgeführt werden. § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX räumt damit seither - bei unverändertem Wortlaut dieser Norm selbst - einen Rechtsanspruch hierauf ein.

17

Welches die im Blick auf das Begehren des Klägers zutreffende Entscheidungsform ist - Verurteilung zur Leistung (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) bzw zum Erlass eines Verwaltungsakts des Inhalts, die Leistung in genau bezeichnetem Umfang zu gewähren (§ 131 Abs 2 Satz 1 SGG) oder zur Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - hängt davon ab, ob der Beklagten auch nach vollständiger Klärung der Sachlage noch ein Entscheidungsspielraum bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf ein trägerübergreifendes PB verbleibt. Diese Unterscheidung ist durch § 159 Abs 5 SGB IX nicht etwa von vornherein überflüssig geworden. Der Anspruch auf ein PB findet nämlich seinerseits seine Grundlage erst in der Zusammenfassung aller nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs zuzuerkennenden Leistungen (§ 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX), die bei einer isolierten Entscheidung hierüber rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel nur in Abhängigkeit vom Ermessen des zuständigen Leistungsträgers beansprucht werden können. Dieses "Ermessen" bleibt zumindest als von der dritten Gewalt zu beachtender eigener Entscheidungsspielraum der Verwaltung auch erhalten, soweit - wie hier - der Anspruch auf derartige Leistungen in einem gestuften Verfahren zur Tatbestandsvoraussetzung des PB geworden ist. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass mit der Entscheidung über die Einführung von § 159 Abs 5 SGB IX, der ua ausdrücklich auch für die Beklagte gilt(§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB VI), gleichzeitig eine generelle Änderung der Entscheidungskompetenzen hinsichtlich der Gewährung der mit dem PB "auszuführenden" Teilhabeleistungen angeordnet werden sollte. Steht daher hinsichtlich auch nur einer der als unselbstständiger Teil des PB möglicherweise in dessen Bemessung eingehenden Leistungen eine erforderliche "Ermessensausübung" noch aus, kann das Gericht die Spruchreife schon zum Grund dieses Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) aus rechtlichen Gründen nicht selbst herbeiführen und muss den eigenen Entscheidungsraum der Verwaltung berücksichtigen, den ihr der Parlaments-Gesetzgeber eingeräumt hat.

18

Der prozessuale Begriff der Spruchreife (vgl auch § 113 Abs 5 Satz 1 VwGO, § 101 Satz 1 FGO) bildet dabei ua die materiell-rechtliche Unterscheidung zwischen "freier" und "gebundener" Verwaltung ab (Wolff in Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 3. Aufl, § 113 RdNr 422 f mwN). Jedenfalls solange daher nicht abschließend feststeht, dass überhaupt budgetfähige Leistungen zu erbringen sind, die ihrerseits grundsätzlich vom "Ermessen" des zuständigen Trägers abhängen, bleibt damit auch der Anspruch von Personen wie dem Kläger im Ergebnis zunächst unverändert auf die pflichtgemäße Ausübung dieses "Ermessens" begrenzt (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I) bzw sind ihnen weitergehende subjektive öffentliche Rechte iS von Art 19 Abs 4 GG nicht eingeräumt (vgl insofern zuletzt BVerfG vom 31.5.2011, 1 BvR 857/07, Juris).

19

Die Frage der zutreffenden Entscheidungsform bedarf hiervon ausgehend derzeit noch keiner abschließenden Beantwortung. Auch wenn der gerichtlich geltend gemachte Anspruch von einer Ermessensentscheidung oder der Ausübung eines der Verwaltung vorbehaltenen Gestaltungsspielraums abhängt, umfasst das gerichtliche Prüfungs- und Entscheidungsprogramm die Herbeiführung der Spruchreife in tatsächlicher Hinsicht, dh die Sachaufklärung und Feststellung hinsichtlich aller Umstände, die erforderlich sind, um das Vorliegen eines Ermessensfehlers oder die Verletzung eines Beurteilungsspielraums festzustellen (Wolff, aaO RdNr 433). Hieran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht hat das umfassende Prüfungsprogramm verkannt, das § 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX dem zuständigen Träger und im Streitfall den Gerichten bereits hinsichtlich des Grundes eines Anspruchs auf ein PB zumutet und hat daher die Aufklärung des rechtlich einschlägigen Sachverhalts im Wesentlichen unterlassen. Im Revisionsverfahren kann damit bereits das Vorliegen wesentlicher gesetzlicher Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe, die ihrerseits nach Maßgabe des festgestellten Bedarfs in ein PB eingehen könnten, nicht abschließend beurteilt werden, sodass nur eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht in Frage kommt (vgl BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 83/09 R, zur Veröffentlichung in SozR und BSGE vorgesehen). Dagegen steht derzeit keiner der Sachverhalte fest, die ausnahmsweise eine teilweise "Rückgabe an die Verwaltung" erlauben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5).

20

4. Das LSG hat zu Recht den zuständigen Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Nicht erforderlich ist es, die vorliegend notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 Satz 1 Alt 1 SGG nachzuholen, wenn vom Gericht bereits - wie hier - eine einfache Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG ausgesprochen worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene einen abweichenden Sachantrag gestellt hätte, bestehen nicht (vgl BSGE 67, 256, 259 = SozR 3-2500 § 92 Nr 1). Die Voraussetzungen einer echten notwendigen Beiladung liegen vor, weil die vom Kläger begehrte Entscheidung nur einheitlich auch gegenüber dem Sozialhilfeträger möglich ist. Dessen Verantwortungsbereich bleibt nämlich ungeachtet der externen Zuständigkeit der Beklagten im Innenverhältnis erhalten, wenn er Leistungen der Eingliederungshilfe als Teil eines trägerübergreifenden PB erbringt (§ 57 Satz 1 SGB XII). Nicht anders als bei § 14 SGB IX(vgl hierzu BSGE 93, 283 ff RdNr 5 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1) bestehen damit erst recht im Rahmen von § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX die notwendige Beiladung begründende Verpflichtungen der originär zuständigen Träger fort.

21

5. Das Leistungsrecht der einzelnen Träger enthält jeweils Bestimmungen des Inhalts, dass die dort vorgesehenen Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch als "Teil" eines trägerübergreifenden PB erbracht werden können und ordnet jeweils die Anwendung von "§ 17 Abs 2 bis 4 SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 SGB IX" an(vgl insofern für den beklagten Rentenversicherungsträger § 13 Abs 1 Satz 2 SGB VI). § 17 SGB IX, dem diese spezialgesetzlichen Regelungen zu Voraussetzungen und Inhalten der jeweiligen Leistungen zur Teilhabe vorgehen(§ 7 SGB IX), enthält seinerseits die näheren Bestimmungen zur Ausführung von "Leistungen zur Teilhabe … durch ein Persönliches Budget" (vgl zur Regelungstechnik insgesamt Masuch in jurisPR-SozR 22/2004 Anm 4 Nr 3). Diese Vorschrift lautet in der hier maßgeblichen Fassung ab dem 30.3.2005 wie folgt:

        

(1) Der zuständige Rehabilitationsträger kann Leistungen zur Teilhabe
1. allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
2. durch andere Leistungsträger oder
3. unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen (§ 19) ausführen. Er bleibt für die Ausführung der Leistungen verantwortlich. Satz 1 gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer oder wirtschaftlicher erbringen kann.

        

(2) Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt, bei laufenden Leistungen monatlich. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der nach § 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch. Ein anderer der beteiligten Leistungsträger kann mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragt werden, wenn die beteiligten Leistungsträger dies in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten vereinbaren; in diesem Fall gilt § 93 des Zehnten Buches entsprechend. Die für den handelnden Leistungsträger zuständige Widerspruchsstelle erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

22

§ 17 ist mit dem SGB IX zum 1.7.2001 eingeführt worden. In der zunächst - bis 30.6.2004 - geltenden Fassung der Norm war das PB in Abs 1 Satz 1 Nr 4 als eine der - auch heute noch unverändert unter Nr 1 bis 3 aaO aufgeführten - Möglichkeiten der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe durch den zuständigen Träger aufgeführt. Nach § 17 Abs 2 SGB IX in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung war das PB so zu bemessen, dass eine Deckung des festgestellten Bedarfs unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit möglich ist. Abs 3 aaO sah vor, dass die Rehabilitationsträger die Einführung des PB durch Modellvorhaben prüfen.

23

§ 17 SGB IX wurde durch Art 8 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) mit Wirkung vom 1.7.2004 neu gefasst. Nur insofern anders als heute sah Abs 2 Satz 1 hiernach die Ausführung von Leistungen zur Teilhabe auch durch ein "monatliches" PB vor. Satz 2 und 3 des neuen Abs 2 gelten bis heute unverändert fort. Satz 4 bis 6 aaO lauteten in der ab 1.7.2004 zunächst vorgesehenen Fassung wie folgt:

        

Budgetfähige Leistungen sind Leistungen, die sich auf alltägliche, regelmäßig wiederkehrende und regiefähige Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können. Eine Pauschalierung weiterer Leistungen bleibt unberührt. An die Entscheidung ist der Antragsteller für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

Im Übrigen hatte § 17 SGB IX ab dem 1.7.2004 folgenden Wortlaut:

        

(3) Persönliche Budgets werden in der Regel als Geldleistung ausgeführt. In begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben. Persönliche Budgets werden im Verfahren nach § 10 so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten.

        

(4) Enthält das Persönliche Budget Leistungen mehrerer Leistungsträger, erlässt der nach § 14 erstangegangene und beteiligte Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch.

        

(5) § 17 Abs. 3 in der am 30. Juni 2004 geltenden Fassung findet auf Modellvorhaben zur Erprobung der Einführung Persönlicher Budgets weiter Anwendung, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen haben.

        

(6) In der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2007 werden Persönliche Budgets erprobt. Dabei sollen insbesondere modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden.

24

Ebenfalls zum 1.7.2004 wurde § 17 SGB IX durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 (BGBl I 818) rückwirkend erneut geändert. In Abs 2 Satz 1 wurde nunmehr das Wort "monatliches" gestrichen. Abs 2 Satz 4 wurde wie folgt gefasst:

        

Budgetfähig sind auch die neben den Leistungen nach Satz 1 erforderlichen Leistungen der Krankenkassen und der Pflegekassen, Leistungen der Träger der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistungen oder durch Gutscheine erbracht werden können.

25

Der bisherige Satz 5 aaO wurde aufgehoben, der bisherige Satz 6 wurde damit zum neuen Satz 5. In Abs 3 Satz 1 wurde der den Satz abschließende Punkt durch ein Komma ersetzt und die Wörter "bei laufenden Leistungen monatlich" angefügt. In Abs 3 Satz 3 wurden die Wörter "im Verfahren" durch die Wörter "auf der Grundlage der" und die Angabe "§ 10" durch die Angabe "§ 10 Abs. 1 getroffenen Feststellungen" ersetzt.

26

Schließlich wurden ebenfalls durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 mit Wirkung vom 30.3.2005 in Abs 4 die Wörter "erstangegangene und beteiligte" durch die Wörter "zuständige der beteiligten" ersetzt und die bis heute geltenden Sätze 2 und 3 angefügt.

27

6. Der Anspruch auf ein PB ist - mit Ausnahme des Sonderfalls der Ausgabe von Gutscheinen (§ 17 Abs 3 Satz 2 SGB IX) - grundsätzlich auf eine einheitliche - monatliche - Geldleistung (a) durch einen einzigen Träger (b) und auf der Grundlage einer einheitlichen Entscheidung (c) gerichtet.

28

a) "Leistungen zur Teilhabe" und ggf sonstige budgetfähige Leistungen (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) werden auf Antrag durch ein "Persönliches Budget" - nicht etwa durch mehrere - ausgeführt (Satz 1 aaO). Auch soweit mehrere Träger an der Ausführung beteiligt sind, geht es im Außenverhältnis nur um ein PB (Abs 2 Satz 2 aaO) und erbringen die beteiligten Träger als Komplexleistung trägerübergreifend nur ein PB (Satz 3 aaO). Wie Abs 3 Satz 4 aaO zeigt, führt auch die Zusammenfassung von schon bisher individuell festgestellten und ohne das PB zu erbringenden Leistungen zu einer einheitlichen Höhe des PB. Dementsprechend wird auch das PB selbst "in der Regel" als - einheitliche - (monatliche) Geldleistung ausgeführt (Abs 3 Satz 1 aaO).

29

Dies entspricht Sinn und Zweck der Regelungen über das PB. Dem Gesetz liegt seit der Einführung des Rechtsinstituts die zentrale Vorstellung zugrunde, dass das PB dem Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung ermöglicht (so ausdrücklich § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX; in diesem Sinne etwa auch BT-Drucks 14/5074 S 103 und 15/1514 S 72). Hierzu sollen den Betroffenen regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, die es ihnen ermöglichen, auf der Grundlage eigener Vertragsschlüsse mit Leistungserbringern Betreuungsleistungen selbst zu organisieren und zu bezahlen (vgl BT-Drucks 15/1514 S 1, 72). Dieser Entkoppelung entspricht die Zuweisung eines pauschalen - monatlichen - Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt (vgl Luthe in: jurisPK-SGB IX § 9 RdNr 39, Stand: 13.4.2010).

30

b) Der Anspruch auf das PB richtet sich gegen einen einzigen Träger. Dies ist selbstverständlich, wenn nur ein Träger mehrere von ihm geschuldete Leistungen zur Teilhabe zusammenfasst. "Enthält" das PB Leistungen mehrerer Leistungsträger in dem Sinne, dass diese Leistungen im Innenverhältnis als Teil des PB erbracht werden und im Außenverhältnis als Grundlage für dessen Bemessung dienen, bestimmt sich die ausschließliche materielle Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis auch insofern nach § 14 SGB IX. Dies ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Anknüpfung an diese Norm in § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Zudem sieht das Gesetz das PB unverändert als eine Form der "Ausführung" von Leistungen zur Teilhabe neben den in § 17 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB IX genannten an(Abs 2 Satz 1 SGB IX aaO: "… auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden …") und setzt für alle Formen der "Ausführung" eine anderweitig bereits bestimmte Zuständigkeit voraus (§ 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX), die sich nur aus den hierzu allgemein getroffenen Regelungen ergeben kann.

31

Für § 14 SGB IX ist durch die bisherige Rechtsprechung geklärt, dass derjenige Träger, der den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet hat (erstangegangener Träger) und derjenige Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde (zweitangegangener Träger) und der daher zu einer erneuten Weiterleitung grundsätzlich nicht ermächtigt ist, ungeachtet seiner "eigentlichen" Zuständigkeit jeweils zur umfassenden Prüfung des Rehabilitationsbedarfs nach § 10 SGB IX verpflichtet ist(vgl Urteil des Senats in SozR 4-3250 § 14 Nr 8; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Entsprechend dem Primärzweck der Norm, bei fortdauernder interner Verpflichtung des eigentlich zuständigen Leistungsträgers eine schnelle Klärung der Zuständigkeit im Außenverhältnis zu gewährleisten (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), hat dieser Träger auf den grundsätzlich in einem umfassenden Sinne zu verstehenden Antrag den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind, und unter Beachtung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (vgl Urteil des Senats aaO mwN und BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 sowie BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Insofern bleibt der erst- bzw zweitangegangene Träger im Verhältnis zum Versicherten aufgrund "aufgedrängter Zuständigkeit" endgültig, ausschließlich und umfassend leistungspflichtig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung zuständig ist (Urteil des Senats in BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9). Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen(§ 10 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Prozessual ergibt sich hieraus, dass sich Widerspruch und Klage allein gegen den nach § 14 SGB IX zuständigen Träger richten, ohne dass sich der Kläger um die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten kümmern müsste. Der möglicherweise - im Innenverhältnis der Träger - endgültig zuständige ist notwendig beizuladen (BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

32

c) Auch wo die Leistungen mehrerer Träger in ein PB eingehen, ergeht nur eine Entscheidung des einzig zuständigen Trägers über die eine zu erbringende Leistung. Dies ergibt sich noch nicht aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der "Komplexleistung" (§ 17 Abs 2 Satz 3 SGB IX). Aus dessen ergänzend heranzuziehender Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch (vgl zu dieser Methode: Europäischer Gerichtshof , EuZW 1997, 625, 628; Bundesgerichtshof , BGHSt 12, 366; BGH NJW 1982, 1278 und BGH MDR 1996, 188; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl 1986, § 17 RdNr 11; Gast, Juristische Rhetorik, 4. Aufl 2006, RdNr 668; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 28 RdNr 34) ist allenfalls zu entnehmen, dass es um die Leistung durch eine Gesamtheit geht. Die rechtliche Funktion dieser Gesamtheit im vorliegenden Zusammenhang kann jedoch zuverlässig aus dem Regelungskontext erschlossen werden. Hieraus ergibt sich, dass beim PB anders als bei § 14 SGB IX, wo der - eine - zuständige Träger entsprechend dem grundsätzlich am Gesamterfolg orientierten und damit weit zu verstehenden Antragsbegehren des behinderten Menschen ggf in Gestalt einer Mehrheit von Verwaltungsakten über ein Bündel von Einzelmaßnahmen zu entscheiden hat und damit den "Bedarf" abschließend feststellt, nur eine einheitliche Entscheidung ergeht. Bereits der Wortlaut von § 17 Abs 3 Satz 1 SGB IX und von § 3 Abs 5 Satz 1 der Budgetverordnung belegt dieses Ergebnis (vgl bereits vorstehend unter 1.), das durch die weitere Ausgestaltung bestätigt wird. So stellen nach § 3 Abs 5 Satz 3 Halbs 2 Budgetverordnung die anderen beteiligten Träger das auf sie entfallende Teilbudget dem zuständigen Träger zur Verfügung. Mit der Auszahlung oder der Ausgabe von Gutscheinen an die antragstellende Person gilt (!) der Anspruch gegen die beteiligten Leistungsträger insoweit als erfüllt (§ 3 Abs 5 Satz 4 Budgetverordnung). Die anderen beteiligten Träger erfüllen daher die ihnen obliegenden Verpflichtungen allein im Innenverhältnis der beteiligten Träger und ohne dem Berechtigten gegenüber hierzu Regelungen zu verlautbaren oder selbst an ihn Leistungen zu erbringen. Auch wo daher entsprechend der Formulierung in den Leistungsgesetzen Leistungen "als Teil eines trägerübergreifenden Budgets erbracht werden" (vgl etwa § 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI), bleiben diese im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nicht etwa weiterhin dem hiernach zuständigen Träger zuzuordnende Teil-Beträge, über die gesondert durch Verwaltungsakt entschieden würde, sondern werden zu bloßen Berechnungselementen im Rahmen der Wertbemessung des PB durch den hierfür zuständigen Träger, ohne noch eigenständig nach außen in Erscheinung zu treten. In diesem Sinne ist auch der Begriff des "Teilbudgets" in § 3 Abs 4 der Budgetverordnung allein als Regelung des Innenverhältnisses zu verstehen.

33

Damit kann allerdings das PB der Sache nach nicht mehr als bloße "Form" der Erbringung von - in den Leistungsgesetzen vorgesehenen und konkret zuerkannten - Leistungen zur Teilhabe verstanden werden. Dies war schon bei der zum 1.7.2001 in Kraft getretenen Fassung des § 17 Abs 1 Satz 1 SGB IX fraglich. Mit der dort unter Nr 1 bis 3 geregelten Frage, durch wen der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe "ausführt", dh der zuerkannte Anspruch erfüllt werden kann, weist eine Regelung der Frage, was der zuständige Träger zu erbringen hat, und damit den Anspruchsinhalt selbst betrifft, keinen unmittelbaren inneren Zusammenhang auf. Hinter der dennoch erfolgten Gleichordnung mag damals noch die Vorstellung gestanden haben, dass das PB zunächst als Ergänzung der in § 9 Abs 2 SGB IX vorgesehenen Umwandlung von Sach- in Geldleistungen gesehen wurde(BT-Drucks 14/5074 S 103) und insofern noch einen konkreten Bezug zu im Einzelnen konkret zuerkannten Ansprüchen und Leistungen aufwies. Jedenfalls mit der Verselbstständigung des PB zu einer eigenständigen Pauschalleistung zur Abgeltung nur ihrer Art nach bestimmter Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe dem Grunde nach und erst recht im Blick auf die Einbeziehung auch der budgetfähigen Leistungen weiterer Leistungsträger (§ 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX) ist einem derartigen Verständnis jedoch die Grundlage entzogen. Das Gesetz trägt dem Rechnung, indem es das PB seit dem 1.7.2004 gesondert in der Überschrift der Norm aufführt, die Teil des Gesetzestextes ist. In dieselbe Richtung deutet die Verselbstständigung der entsprechenden Regelungen in besonderen Absätzen, wenn auch der Wortlaut von § 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX ("… auch … ausgeführt …") unverändert eine Zugehörigkeit zu den in Abs 1 Satz 1 aaO geregelten Fällen nahelegt.

34

7. Der zuständige Träger wird damit zwar auch im vorliegenden Zusammenhang nach den Vorgaben des § 14 Abs 1 und 2 SGB IX bestimmt, doch erfüllt er bei der Erbringung des PB eine andere Funktion. Während - wie dargelegt - bei § 14 SGB IX der zuständige Träger hinsichtlich jedes einzelnen der in ihrer Gesamtheit den festgestellten Bedarf repräsentierenden Ansprüche an Stelle des jeweils sonst zuständigen Trägers leistungs- und entscheidungszuständig ist, führt § 17 SGB IX zugunsten der Berechtigten zu einer weiteren Beschränkung der sich aus dem gegliederten System ergebenden Vielfalt. Hier wird im Außenverhältnis nicht nur eine Mehrheit von Trägern, sondern auch eine Vielzahl von Leistungsansprüchen durch einen einzigen ersetzt. Der Leistungsberechtigte erhält das ihm Zustehende "aus einer Hand". Die Konzentration von Leistungen der Teilhabe sowie sonstiger budgetfähiger Leistungen in der Gestalt einer einheitlichen trägerübergreifenden Komplexleistung soll ihm die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl in Betracht kommender Träger über die jeweils zu erbringenden Einzelleistungen ersparen. Umgekehrt müssen - mit Ausnahme des zuständigen - die beteiligten Träger kein eigenes Verwaltungsverfahren durchführen, soweit die von ihnen zu erbringenden Leistungen in das Budget eingehen. Zudem beschränkt sich die Höhe des PB iS der Ökonomie des Gesamtsystems grundsätzlich auf den Wert bisher individuell festgestellter Leistungen, an deren Stelle es ggf tritt.

35

§ 17 SGB IX erkennt dem zuständigen Träger dabei eine Funktion zu, die zwar potenziell jedem Rehabilitationsträger zukommen kann, im konkreten Fall aber - unter gleichzeitigem Ausschluss aller anderen - von vornherein stets nur einem von ihnen. Der Anspruch auf das PB als einer gebündelten Gesamtleistung richtet sich damit von vornherein und allein gegen den zuständigen Träger und ist von ihm zu erfüllen (vgl § 3 Abs 5 Satz 1 Budgetverordnung: "… und erbringt die Leistung"). Dem entspricht - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der beteiligten Leistungsträger in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten gemäß § 17 Abs 4 Satz 2 Halbs 1 SGB IX - grundsätzlich auch die exklusive Zuständigkeit hinsichtlich der das Verwaltungsverfahren abschließenden Entscheidungen. Der nach § 14 SGB IX zuständige Träger erlässt daher den Verwaltungsakt und bleibt ausdrücklich auch für das weitere Verfahren zuständig(§ 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX). Da zudem die für ihn zuständige Widerspruchsstelle auch den Widerspruchsbescheid erlässt (Satz 3 aaO), kommt schließlich auch er allein als Adressat des Widerspruchs und als richtiger Beklagter im Prozess in Betracht (so auch § 3 Abs 5 Satz 2 Budgetverordnung), ohne dass der Widerspruchsführer/Kläger die innerhalb des gegliederten Systems verteilten Zuständigkeiten zu beachten hätte. Dies entspricht dem von den Entwurfsverfassern angestrebten Ziel der Komplexleistung, eine zwischen den jeweils beteiligten Leistungsträgern abgestimmte Leistungserbringung zu gewährleisten, die bei den Leistungsberechtigten aus einer Hand ankommt, ohne die Zuständigkeit der Leistungsträger zu ändern (BT-Drucks 15/1514 S 72).

36

Dem widerspricht § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX nur scheinbar insofern, als dort vorgesehen ist, dass der "nach § 14 zuständige der beteiligten Leistungsträger" den Verwaltungsakt "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" erlässt und das weitere Verfahren durchführt. Hierauf kann es indessen vorliegend schon deshalb nicht ankommen, weil der beklagte Rentenversicherungsträger andere Leistungsträger nicht an seinem Verwaltungsverfahren beteiligt hat und in Ermangelung von Feststellungen zum Bedarf des Klägers auch nicht wenigstens erkennbar ist, wer diese Leistungsträger sein könnten. In derartigen Fällen bleibt es notwendig bei der durch § 14 Abs 1, 2 SGB IX begründeten sachlichen Zuständigkeit für die Durchführung des PB und die hieraus abgeleitete Rechtsmacht dieses Trägers hierüber im eigenen Namen durch Verwaltungsakt zu entscheiden.

37

Auch wenn ein Verwaltungsverfahren unter Beteiligung anderer Träger stattgefunden hat, dürfte § 17 Abs 4 Satz 1 SGB IX jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen sein, dass er auch im Außenverhältnis zum Berechtigten Anwendung findet. Der Verwaltungsakt erginge andernfalls in Vertretung der anderen Beteiligten mit der Folge, dass ggf Rechtsbehelfe gegen sie zu erheben wären, obwohl diese Beteiligten - wie dargelegt - einzeln oder in ihrer Gesamtheit weder Schuldner des PB sind noch den Anspruch hierauf zu erfüllen haben oder zu entsprechenden Regelungen im Außenverhältnis ermächtigt sind. Unter diesen Umständen ist zur Vermeidung einer Selbstwidersprüchlichkeit des Gesetzes davon auszugehen, dass mit den Wörtern "im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger" nach dem Sinn des Gemeinten nur der Umstand bezeichnet werden sollte, dass aufgrund eines gesetzlichen Auftragsverhältnisses (§ 93 SGB X) im Innenverhältnis die Folgen des § 89 Abs 3 und 5 SGB X und des § 91 Abs 1 und 3 SGB X ausgelöst werden.

38

8. Tatbestandliche Voraussetzung des Anspruchs auf ein PB ist zunächst das Bestehen von Ansprüchen auf Leistungen zur Teilhabe (§ 17 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Erst wenn daher feststeht, dass zumindest ein derartiger Anspruch gegen wenigstens einen der hierfür zuständigen Träger überhaupt besteht und die Gesamtheit derartiger Ansprüche - einschließlich ggf der in § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX genannten - insoweit konkretisiert ist, dass die jeweils intern zu leistenden Teilbudgets bestimmt werden können, kommt auf dieser Grundlage die Gewährung eines PB an den Antragsteller in Betracht. Ungeachtet des Umstandes, dass § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX - wie ausgeführt (vgl vorstehend unter 6.c) - sachlich den Bereich bloßer Ausführungsregelungen überschreiten und mit dem PB vielmehr eine besondere Rechtsfolge einschließlich einiger spezieller Verfahrensregelungen verlautbaren, entspricht auch das insofern einzuhaltende Verfahren nach Inhalt und Ausgestaltung zunächst grundsätzlich demjenigen nach § 14 iVm § 10 SGB IX. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist die Feststellung des "individuellen Bedarfs", auf deren Grundlage anschließend beurteilt werden kann, aus welchen Bereichen Leistungen in Betracht kommen und welche Träger zu beteiligen sind (§ 17 Abs 2 Satz 2, § 10 SGB IX). Dabei meint das Gesetz in diesem früheren Stadium mit dem "individuell festgestellten Bedarf" die sich eingangs ergebende Bedarfslage, die erst die Grundlage für die Beteiligung bestimmter Träger und ua von deren nachfolgendem Tätigwerden nach § 3 Budgetverordnung bildet, während es etwa mit dem Wort "Rehabilitationsbedarf" in § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX, ausweislich des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IX die Gesamtheit der schlussendlich zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe bezeichnet.

39

Die Beklagte hat bereits den Umfang des Prüfungsprogramms verkannt, das ihr das Gesetz als zweitangegangenem Träger in der Eingangsphase des Verfahrens auferlegt. Dieses umfasst auch hier die Gesamtheit der dem Kläger in seiner konkreten Bedarfssituation potenziell zustehenden Teilhabeleistungen zuzüglich ggf der daneben erforderlichen iS von § 17 Abs 2 Satz 4 SGB IX. Hätte sie - nach dem von vornherein aussichtslosen Versuch, den Antrag des Klägers abermals weiterzuleiten - derartige Ermittlungen getroffen und die hiernach als zuständig in Betracht kommenden Rehabilitationsträger bzw ggf die zuständige Pflegekasse und das Integrationsamt am Verfahren beteiligt, wie dies § 17 Abs 2 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vorsieht, hätte dies die Möglichkeit zur Durchführung eines der Budgetverordnung entsprechenden weiteren Verfahrens eröffnet. Der Kläger stünde dann auch nicht trotz einer gemäß § 17 Abs 6 SGB IX bis zum 31.12.2007 währenden Erprobungsphase (vgl hierzu etwa BT-Drucks 16/3983) und mehr als drei Jahre nach Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch seinen Antrag vom 18.1.2008 vor der Situation, dass die Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs am Ende des Revisionsverfahrens noch immer allenfalls rudimentär geklärt sind. Vielmehr hätte nach Einholung einer Stellungnahme der beteiligten Leistungsträger (§ 3 Abs 1 Budgetverordnung) und einer gemeinsamen Beratung mit dem Kläger im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen dialogischen Verfahrens über die getroffenen Feststellungen und den Inhalt der Zielvereinbarung (Abs 3 aaO) eine Feststellung des auf die einzelnen Träger jeweils entfallenen Teilbudgets (Abs 4 aaO) erfolgen können. Eine teilweise befürchtete Belastung des zuständigen Trägers mit Aufwendungen, die er aufgrund einer unzutreffenden Einschätzung der Lage in einem für ihn fremden Rechtsgebiet erbracht hat, ist damit bei Beachtung der zwingenden rechtlichen Vorgaben - zumindest in aller Regel - gerade ausgeschlossen. Demgegenüber rechtfertigt allein das Bestreben nach einer Vermeidung von Aufwendungen, die rechtlich im Außenverhältnis zu tragen sind, ungeachtet der diesem Bestreben innewohnenden "Rationalität", keine Beschränkung gesetzlicher Ansprüche durch ihrerseits an Recht und Gesetz gebundene (Art 20 Abs 3 GG) sowie einfachgesetzlich der weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte verpflichtete (§ 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I) Verwaltungsträger.

40

Das LSG wird die von der Beklagten unterlassenen Ermittlungen nunmehr auf der Grundlage von § 103 SGG selbst nachzuholen haben. Insofern dürfte es ggf im Anschluss an eine Befragung insbesondere der behandelnden Ärzte des Klägers naheliegen, gemäß § 14 Abs 5 SGB IX zunächst einen sozialmedizinischen Sachverständigen zum Rehabilitationsbedarf im vorstehend benannten Sinne zu hören. Hiervon ausgehend wird das LSG zu prüfen haben, ob Leistungspflichten weiterer Träger in Betracht kommen und - nach deren notwendiger Beiladung - die Voraussetzungen von gegen diese Träger gerichteten Ansprüchen soweit aufzuklären haben, dass innerhalb des mehrstufigen Prüfungsverfahrens die (alle) Voraussetzungen der jeweils ersten Ermessensausübung feststehen.

41

9. Soweit der Kläger ein trägerübergreifendes PB begehrt, um die Ausbildung zum Techniker für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik fortzuführen und dort einen Abschluss zu erzielen, kommt allerdings eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Beklagte nicht in Betracht. Damit entfällt auch von vornherein die Möglichkeit, auf der Grundlage eines entsprechenden Leistungsanspruchs ein Teilbudget festzustellen (§ 13 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VI, § 3 Abs 4 Budgetverordnung).

42

Für eine solche Leistung kommt die Beklagte nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen (§ 7 Satz 2 SGB IX) zwar als zuständig in Betracht (vgl § 5 Nr 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX). Entgegen der Ansicht der Klägers sind jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS der §§ 9 ff SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) nicht erfüllt. Gemäß § 9 Abs 2 SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "Ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "Wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht (vgl ua BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3 mwN).

43

Wie bereits das LSG zutreffend festgestellt hat, liegen beim Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI vor. Auch ein Ausschlusstatbestand nach § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI greift nicht ein, weil der Kläger zwar seit 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht, eine solche Rente jedoch nicht "regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird"(vgl Luthe in: jurisPK-SGB VI, § 12 RdNr 49, Stand: 23.12.2010). Damit ist der Rentenversicherungsträger grundsätzlich gehalten, Maßnahmen zur Besserung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten einzuleiten und kann sich nicht allein auf den - zum Teil zeitlich weit vorausliegenden - Eintritt in die Altersrente berufen, wenn entsprechende Erfolgsaussichten zur Verbesserung des Leistungsvermögens bestehen.

44

Der Kläger erfüllt jedoch die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht.

45

Nach § 10 Abs 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.    

deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2.    

bei denen voraussichtlich

a)    

bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b)    

bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c)    

bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

46

Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aus den in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI genannten Gründen gemindert ist. Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (vgl BSG Urteil vom 29.3.2006 - B 13 RJ 37/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 17). Nach den Feststellungen des LSG ist wegen der körperlichen, kognitiven und ermüdungsfördernden Störungen eine Einschränkung für zahlreiche herkömmliche Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich und auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (als Heizungsbauer) gegeben.

47

Ausgehend von den Feststellungen des LSG bieten Maßnahmen zur Teilhabe beim Kläger jedoch generell - unabhängig also von einer konkreten Einzelmaßnahme - keine Erfolgsaussicht in dem von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI geforderten Sinne, dass hierdurch die bereits geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könnte. Wie der Senat bereits entschieden hat, hat der dortige Begriff der Erwerbsfähigkeit einen anderen Sinngehalt als derjenige des § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI. Während der Begriff der Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI eng mit der bisherigen Tätigkeit des Versicherten verknüpft ist, umfasst § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI auch andere Tätigkeiten(vgl BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2 RdNr 21 f, 32). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen daher nicht allein auf die Erhaltung, wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten in seinem bisherigen Beruf oder seiner bisherigen Tätigkeit gerichtet sein (vgl auch BSGE 48, 74, 76 = SozR 2200 § 1237a Nr 6 S 8 f). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG kommt für den Kläger indessen auch innerhalb des dort noch für möglich erachteten zeitlichen Umfangs einer "halbschichtigen Tätigkeit" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Verrichtung einer Erwerbstätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen in Betracht und ist eine Besserung dieses Zustands ausgeschlossen. Damit scheiden Erwerbstätigkeiten in ihrer Gesamtheit aus und kommt es entgegen der Revision schon deshalb nicht darauf an, ob für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Zusammenhang von § 10 Abs 1 Nr 2b SGB VI rehabilitationsrechtlich auf einen besonderen Kreis von Tätigkeiten oder einen besonderen zeitlichen Umfang ihrer Verrichtung abzustellen sein könnte. Die bestehende Erwerbsunfähigkeit des Klägers kann damit unter keinen Umständen behoben werden, sodass der Aufgabenbereich der Beklagten als Rehabilitationsträger nicht eröffnet ist. Wenn nämlich bereits Erwerbsunfähigkeit vorliegt, reicht es nicht aus, wenn zwar die geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert, nicht aber die Erwerbsunfähigkeit beseitigt wird (BSG vom 23.2.2000 - B 5 RJ 8/99 R - SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 6 mwN).

48

Ebenso wenig ist § 10 Abs 1 Nr 2a SGB VI anwendbar. Denn eine "erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit" im Sinne dieser Norm liegt dann nicht vor, wenn - wie hier - eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits eingetreten ist. Der Kläger ist bereits langjährig erwerbsgemindert, eine (bloße) Gefährdung der Erwerbsfähigkeit besteht nicht mehr.

49

Schließlich ist auch § 10 Abs 1 Nr 2c SGB VI nicht einschlägig. Danach darf eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben - neben anderen Voraussetzungen - nur dann bewilligt werden, wenn bei teilweiser Erwerbsminderung - wie beim Kläger - zwar keine Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit besteht, durch die Leistungen jedoch ein bereits innegehabter Arbeitsplatz erhalten werden kann (BT-Drucks 14/4230, S 24 f; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.10.2008, L 1 R 393/06 mwN). Einen Arbeitsplatz hat der Kläger jedoch nicht inne, sondern strebt einen solchen durch die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und das von ihm begehrte trägerübergreifende PB erst an.

50

10. Das SG - auf das sich das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG bezieht - hat in seiner Entscheidung vom 6.11.2008 einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines PB verneint, weil die Grundvoraussetzungen für eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach den Vorschriften der §§ 53, 54, 57 SGB XII iVm § 55 SGB IX nicht erfüllt seien. Denn gemäß § 19 Abs 3 SGB XII werde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, lasse sich nicht feststellen, denn der Kläger habe mit Schreiben vom 18.1.2008 gegenüber dem Sozialhilfeträger jegliche Auskünfte über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau verweigert. Hierauf allein kann eine ablehnende gerichtliche Entscheidung nicht gestützt werden. Das LSG wird dem Kläger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben, ob er seine Weigerung auch im gerichtlichen Verfahren aufrechterhält. Insofern wird auch zu klären sein, ob der Antrag des Klägers mit Wirkung für das PB zurückgenommen worden ist bzw zurückgenommen werden konnte.

51

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2.
bei denen voraussichtlich
a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder
2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben

1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben,
2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung),
3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben,
4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
Für die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt § 53 Absatz 8 Satz 1 entsprechend. Für die nach Nummer 2 und 3 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 unberührt. Geht der Krankenkasse die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu, wirkt die Wahlerklärung erst zu dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgt.

(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.

(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.

(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme einer Rentenbewilligung.

2

Der beklagte Rentenversicherungsträger bewilligte der Klägerin nach dem Tod ihres geschiedenen Ehemannes (Versicherter) ab 1.9.2008 große Witwenrente mit einem Zahlbetrag von monatlich ca 400 Euro (Bescheid vom 8.10.2008). Nachdem die Ehefrau des Versicherten Einwendungen erhob, überprüfte die Beklagte diese Entscheidung und gelangte nunmehr zu dem Ergebnis, dass die Rentenbewilligung zu Unrecht erfolgt sei, da die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten von ihm keinen Unterhalt bezogen und angesichts ihrer eigenen Einkünfte iHv monatlich ca 1180 Euro auch keinen Anspruch darauf gehabt habe. Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 16.10.2008 zur beabsichtigten Aufhebung der Rentenbewilligung nach § 45 SGB X an und forderte sie auf, alle Umstände mitzuteilen, die aus ihrer Sicht einer solchen Entscheidung entgegenstünden; die Überzahlung für die Vergangenheit werde nicht zurückgefordert. Die Klägerin antwortete über ihren Prozessbevollmächtigten dahingehend, dass sie sich auf ihre Angaben im Rentenantrag und auf den Bewilligungsbescheid beziehe; das Anhörungsschreiben sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hob sodann die Bewilligung der Witwenrente ab 1.12.2008 auf. Die Klägerin könne sich nicht auf schützenswertes Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheids berufen. Die Entscheidung sei auch bei Vornahme der erforderlichen Ermessensausübung gerechtfertigt, weil die nach Aktenlage erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Klägerin eine Bescheidrücknahme zuließen und zudem der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie die Verpflichtung zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel zu beachten seien (Bescheid vom 7.11.2008).

3

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie ihrem Rentenantrag alle notwendigen Unterlagen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Unterhaltssituation - beigefügt habe. Der Versicherte habe mit Beginn des Studiums der gemeinsamen Kinder entsprechend der getroffenen Vereinbarung keinen laufenden Unterhalt mehr an sie selbst, sondern stattdessen zusätzlichen Unterhalt an die Kinder gezahlt; zudem habe sie noch eine einmalige Unterhaltszahlung iHv 25 000 DM erhalten. Deshalb sei der Bescheid vom 7.11.2008 aufzuheben.

4

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Rechtsbehelf der Klägerin zurück. Im Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 ist näher ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Geschiedenenwitwenrente nicht erfüllt seien, weil die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten von diesem keinen Unterhalt bezogen habe. Daran schließt sich folgender Text an: "Der Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente aus der Versicherung des geschiedenen Ehegatten vom 08.10.2008 wurde zu Recht nach § 45 SGB X zurückgenommen. Bei dieser Sach- und Rechtslage musste Ihrem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben."

5

Das SG hat den Rücknahmebescheid und den Widerspruchsbescheid wegen eines Ermessensfehlers im Widerspruchsverfahren aufgehoben (Urteil vom 4.3.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 16.2.2012) und ausgeführt, dass die Widerspruchsstelle der Beklagten nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der Ausgangsentscheidung zu prüfen gehabt habe. Dazu habe sie selbst Ermessen ausüben müssen. Zwar habe die Klägerin weder im Rahmen der Anhörung noch im Widerspruchsverfahren Tatsachen vorgebracht, die bei der Ermessensentscheidung hätten Berücksichtigung finden können. Hierdurch sei die Widerspruchsstelle aber nicht an der Ausübung eigenen Ermessens gehindert gewesen. Diese sei, wie sich aus der Begründung des Widerspruchsbescheids ergebe, ihrer Verpflichtung zur Ermessensbetätigung erkennbar nicht nachgekommen. Sie sei auch nicht auf die Ermessenserwägungen der Ausgangsbehörde eingegangen, etwa indem sie sich diese zu Eigen gemacht oder auf sie Bezug genommen habe. Ein solcher Ermessensausfall im Widerspruchsbescheid habe zugleich die Rechtswidrigkeit und Aufhebung des Ausgangsbescheids zur Folge.

6

Die Beklagte rügt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision eine Verletzung von § 45 SGB X. Der Rücknahmebescheid vom 7.11.2008 enthalte iS des § 35 SGB X ausreichende Ausführungen zum Ermessen. Da die Klägerin weder im Anhörungs- noch im Widerspruchsverfahren auch nur ansatzweise ermessensrelevante Gesichtspunkte vorgetragen, vielmehr ausschließlich in materiell-rechtlicher Hinsicht Einwendungen erhoben habe, habe sich der Widerspruchsbescheid auf eine Auseinandersetzung mit den nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 243 SGB VI konzentriert. Wenn er mit der Feststellung ende, dass der Bewilligungsbescheid vom 8.10.2008 zu Recht nach § 45 SGB X zurückgenommen worden sei, könne in einer solchen Konstellation von einem Ermessensfehler im Sinne eines Ermessensnichtgebrauchs keine Rede sein. Eine Widerspruchsstelle, die einen ermessensfehlerfreien Ausgangsbescheid überprüfe und insgesamt bestätige, sei nicht verpflichtet, ausdrücklich und speziell auf die dort wiedergegebenen und von ihr nicht beanstandeten Ermessenserwägungen Bezug zu nehmen. Eine formelhafte Übernahme entsprechender Ausführungen des Ausgangsbescheids sei weder einer Selbstkontrolle der Verwaltung noch einer Entlastung der Gerichte dienlich. Aus der Regelung in § 95 SGG ergebe sich nichts anderes; ihr komme Bedeutung nur zur, wenn der Widerspruchsbescheid tatsächlich die Gestalt des Ausgangsbescheids ändere, etwa wenn Ermessenserwägungen verändert würden. Im SGG werde ebenso wie in der VwGO und in der FGO der ursprüngliche Verwaltungsakt und der Widerspruchsbescheid als Einheit gesehen. Der Widerspruchsbescheid ersetze den ursprünglichen Verwaltungsakt nicht; dieser bleibe vielmehr ebenfalls Gegenstand der Klage.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2012 und des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. März 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vorinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend. Nach § 95 SGG komme es rechtserheblich allein auf die Formulierungen des Widerspruchsbescheids an; er gebe dem Ausgangsbescheid das für die Klage maßgebliche argumentative Gepräge. Folge man der Rechtsmeinung der Beklagten, wäre in Fällen wie dem vorliegenden ein Ermessensausfall oder Ermessensnichtgebrauch unabhängig von der Wortwahl im Widerspruchsbescheid von vornherein ausgeschlossen. Dies würde der Behörde im Widerspruchsverfahren einen Freibrief erteilen und das Rechtsfolgeermessen generell entwerten.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht abschließend entscheiden.

11

1. Als Rechtsgrundlage für die im Bescheid vom 7.11.2008 verfügte und im Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 bestätigte Aufhebung der Bewilligung von großer Witwenrente (in Gestalt einer sog Geschiedenenwitwenrente - § 243 Abs 1 und 2 SGB VI) mit Wirkung für die Zukunft (ab 1.12.2008), weil deren tatbestandliche Voraussetzungen von Anfang an nicht vorgelegen haben, kommt nur § 45 SGB X in Betracht. Nach den gegebenen Umständen war die Klägerin - wovon auch die Beklagte zu Recht ausgeht - hinsichtlich der Bewilligung der Witwenrente nicht "bösgläubig", sodass von vornherein nur eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft in Frage kommt (vgl § 45 Abs 4 S 1, Abs 2 S 3 SGB X).

12

2. Die Regelung des § 45 SGB X erfordert eine Ermessensentscheidung, sofern sich - wie hier - aus den besonderen Teilen des SGB(vgl § 37 SGB I)nichts Abweichendes ergibt (stRspr - vgl BSGE 66, 204, 206 f = SozR 3-1300 § 45 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 5 S 20; BSG SozR 4-2600 § 77 Nr 10 RdNr 37; BSG SozR 4-5868 § 12 Nr 1 RdNr 35; BSG SozR 4-1300 § 45 Nr 15 RdNr 30; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 2/14 R - RdNr 29, zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 2 Nr 27 vorgesehen). Mithin hatte die Beklagte bei Erlass des Rücknahmebescheids vom 7.11.2008 Ermessen auszuüben. Der Ausnahmefall einer Ermessensschrumpfung auf Null, dh wenn nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige - den Betroffenen ganz oder teilweise begünstigende - Entscheidung rechtsfehlerfrei zulassen (vgl BSG Urteil vom 11.4.2002 - B 3 P 8/01 R - Juris RdNr 26; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 2/14 R - aaO RdNr 29 f), liegt hier schon wegen der "Gutgläubigkeit" der Klägerin nicht vor. Auch die Beklagte geht im Revisionsverfahren davon aus, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte und Ermessenserwägungen unabhängig davon anstellen musste, ob die Klägerin hierzu etwas vorgetragen hat.

13

3. Entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts kann ein Ermessensfehler, der zur Rechtswidrigkeit der Rücknahme der Rentenbewilligung führt und die Aufhebung des Bescheids vom 7.11.2008 gebietet, hier nicht festgestellt werden.

14

a) Ob eine Behörde das Ermessen zutreffend ausgeübt hat, unterliegt im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkter Überprüfung. Eine Ermessensentscheidung ist als solche nur rechtswidrig und auf Anfechtung hin nur dann aufzuheben, wenn der Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs 1 S 2 SGB I) verletzt ist (s auch § 54 Abs 2 S 2 SGG). Das Gericht darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen, sondern nur prüfen, ob ein Ermessensfehler vorliegt (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 45 RdNr 92; Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 45 RdNr 70). Ermessensfehlerhaft ist es, wenn die Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung überhaupt nicht nachgekommen ist (sog Ermessensnichtgebrauch) oder wenn ihr bei Ausübung des Ermessens Rechtsfehler unterlaufen sind (sog Ermessensfehlgebrauch). Dies ist zu beurteilen anhand der im Rücknahmebescheid angegebenen Ermessensgründe (§ 35 Abs 1 S 3 SGB X),sofern solche nicht ausnahmsweise entbehrlich sind (s den Katalog in § 35 Abs 2 SGB X, der auch für Ermessensgründe gilt - vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 35 RdNr 13). Sind Ermessensgründe notwendig, genügt es regelmäßig, wenn sie erkennen lassen, (1) dass sich die Behörde bewusst ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen, (2) dass sie davon ausgeht, ihre Entscheidung werde beim Betroffenen zu keiner besonderen Härte führen, und (3) dass sie (a) entweder das Vorhandensein weiterer ermessensrelevanter Umstände verneint oder (b) ausführt, weshalb solche Umstände ein Absehen von der Rücknahme weder ganz noch teilweise rechtfertigen können (Steinwedel in Kasseler Komm, § 45 SGB X RdNr 56, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011; Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 45 RdNr 69, jeweils mwN).

15

b) Der Rücknahmebescheid vom 7.11.2008, den die Beklagte nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 24 Abs 1 SGB X)der Klägerin erlassen hat, enthält in diesem Sinne hinreichende Ermessensgründe. Dass bei Erlass dieses Bescheids Ermessen ausgeübt wurde, ergibt sich bereits daraus, dass der Rentenbewilligungsbescheid nur für die Zukunft und nicht auch für die Vergangenheit zurückgenommen wurde, obwohl nach seiner (wenn auch unzutreffenden) Begründung ein Fall des § 45 Abs 2 S 3 SGB X vorlag, der gemäß § 45 Abs 4 S 1 SGB X grundsätzlich auch eine Rücknahme für die Vergangenheit eröffnet hätte(BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 14 - Leitsatz 2 bzw S 87 f). Darüber hinaus enthält dieser Bescheid die ausdrückliche Erklärung, dass eine Ermessensausübung vorgenommen wurde, aber die im Rahmen der Anhörung von der Klägerin vorgetragenen Gründe nicht geeignet seien, von einer Bescheidrücknahme abzusehen, zumal die erkennbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Klägerin einer Rücknahme nicht entgegenstünden. Das lässt, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, weder einen Ermessensausfall noch einen Ermessensfehlgebrauch erkennen.

16

c) Auch der Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 enthält keine durchgreifenden Ermessensfehler.

17

aa) Bei Ermessensentscheidungen muss auch die zur Entscheidung über den Widerspruch berufene Stelle (vgl § 85 Abs 2 S 1 Nr 2 SGG) Ermessen ausüben. Das entspricht der Funktion des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens), nicht nur - wie im gerichtlichen Verfahren - die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der getroffenen Entscheidung nachzuprüfen (§ 78 Abs 1 S 1 SGG). Die Widerspruchsstelle darf deshalb - anders als nachfolgend das Gericht - ihr eigenes (ggf abweichendes) Ermessen an die Stelle des Ermessens der Ausgangsbehörde setzen. Damit korrespondiert, dass auch die Widerspruchsstelle in dem von ihr erlassenen Widerspruchsbescheid Ermessensgründe erkennen lassen muss. Nähere Vorgaben dafür, in welcher Weise die Widerspruchsstelle ihre Ermessenserwägungen zum Ausdruck zu bringen hat, bestehen jedoch nicht. § 85 Abs 3 S 1 SGG bestimmt lediglich, dass der Widerspruchsbescheid schriftlich zu erlassen und zu begründen ist; für die Begründung von Ermessensentscheidungen gilt ergänzend § 35 Abs 1 S 3 SGB X(vgl § 62 SGB X). Es ist daher eine Frage des Einzelfalls, ob die Widerspruchsbehörde die Erwägungen der Ausgangsbehörde ausdrücklich verwirft und durch eigene ersetzt oder diese durch eigene Überlegungen ergänzt, nur verdeutlicht oder aber ohne jeden Vorbehalt bestätigt (vgl BVerwG Beschluss vom 26.2.1987 - 4 B 24/87 - Buchholz 310 § 68 VwGO Nr 29). Aus Rechtsgründen besteht kein Zwang, die Ermessensgründe im Widerspruchsbescheid in bestimmter Weise darzutun (BVerwG aaO).

18

bb) Der Senat ist aufgrund der Regelung in § 163 SGG nicht verpflichtet, der Ansicht des LSG zu folgen, dass die Widerspruchsstelle der Beklagten ihrer Verpflichtung zur Ausübung von Ermessen erkennbar nicht nachgekommen sei.

19

Die Frage, ob die Widerspruchsbehörde Ermessen ausgeübt hat und ob ein Ermessensfehler vorliegt, ist anhand der Gründe des Widerspruchsbescheids zu beurteilen (vgl BSG Urteil vom 30.10.1997 - 4 RA 71/96 - Juris RdNr 24 mwN). Die Heranziehung anderer Erkenntnisquellen - etwa eine Vernehmung des Sachbearbeiters als Zeugen oder die Einholung einer dienstlichen Stellungnahme der Behörde - kommt nach dem Zweck der Regelungen in § 85 Abs 3 S 1 SGG iVm § 35 Abs 1 S 3 SGB X von vornherein nicht in Betracht(dies im Ergebnis ebenfalls ablehnend BVerwG Beschluss vom 26.2.1987 - 4 B 24/87 - Juris RdNr 2 am Ende). Rechtlich maßgeblich ist somit insoweit nicht das tatsächliche Geschehen ("Was hat die Behörde bei Erlass des Verwaltungsakts wirklich erwogen?"), sondern allein das, was die Behörde in der Begründung des Widerspruchsbescheids anführt. In Übereinstimmung damit hat vorliegend auch das Berufungsgericht seine "Einschätzung" hinsichtlich des Fehlens einer eigenen Ermessensausübung der Widerspruchsstelle ausschließlich durch Auslegung der Begründung des Widerspruchsbescheids gewonnen.

20

Welchen Inhalt (iS von "Bedeutung" oder "Regelungsgehalt") ein Verwaltungsakt - insbesondere auch seine Begründung - hat, ist aber vom Revisionsgericht in eigener Kompetenz zu beantworten; es ist dabei nicht an die Auslegung des Bescheids durch das LSG gebunden (stRspr - vgl BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 11 - unter Hinweis auf BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 und BFHE 214, 18, 23 mwN; BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 19/09 R - Juris RdNr 21; BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 27.5.2014 - B 5 RE 8/14 R - Juris RdNr 21; in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 3.11.1998 - 9 C 51/97 - NVwZ-RR 1999, 277 ; BVerwGE 134, 335 RdNr 18; BVerwGE 143, 87 RdNr 39). Mit bindender Wirkung (§ 163 SGG)vom LSG für das Revisionsgericht vorentschieden sind lediglich dessen Feststellungen zum Wortlaut des Widerspruchsbescheids (auch insoweit als "Inhalt" bezeichnet - vgl BVerwGE 134, 335 RdNr 18; s hierzu auch May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Abschn VI RdNr 464 f).

21

cc) Die Auslegung der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 20.3.2009 ergibt, dass auch die Widerspruchsstelle in nicht zu beanstandender Weise Ermessen ausgeübt hat.

22

Der Senat legt seiner Auslegung den - im Übrigen unstreitigen - Wortlaut des Widerspruchsbescheids vom 20.3.2009 so zugrunde, wie ihn das LSG im Tatbestand seiner Entscheidung (auf S 3 des Urteilsumdrucks) wiedergegeben hat. Zwar ist dort das Wort "Ermessen" nicht erwähnt. Der Widerspruchsbescheid befasst sich vielmehr ganz überwiegend mit der Darlegung der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids vom 8.10.2008 als tatbestandliche Voraussetzung einer auf § 45 SGB X gestützten Rücknahmeentscheidung. Die Verwendung des Begriffs "Ermessen" ist allerdings kein unverzichtbares Element der Begründung eines Verwaltungsakts, welcher die Ermessensbetätigung und die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte lediglich "erkennen lassen" muss (vgl § 35 Abs 1 S 3 iVm § 62 SGB X).

23

Die Formulierung "Der Bescheid (…) vom 08.10.2008 wurde zu Recht nach § 45 SGB X zurück genommen" zeigt jedoch aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles noch hinreichend deutlich, dass auch die Widerspruchsstelle der Beklagten davon ausgegangen ist, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen. Entscheidend für die Auslegung der Begründung des Widerspruchsbescheids ist, wie ein verständiger Empfänger sie verstehen muss (sog Empfängerhorizont - vgl BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 18 mwN; BSG SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 18; BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 24). Die vorgenannte Formulierung verdeutlicht, dass eine Abänderung der Ausgangsentscheidung durch die Widerspruchsstelle ersichtlich nicht gewollt war. Dies wäre zB dann der Fall, wenn die Widerspruchsstelle - anders als die Ausgangsbehörde - nunmehr eine rechtlich gebundene Entscheidung getroffen hätte. Dafür liegen hier aber keine Anhaltspunkte vor. Im Ergebnis hat die Widerspruchsstelle die Entscheidung der Ausgangsbehörde vielmehr als "zu Recht" getroffen übernommen. Sie hat damit auch auf deren Ermessenserwägungen inhaltlich Bezug genommen und sie bestätigt; einer weiteren Begründung (§ 35 Abs 1 S 3 SGB X) bedurfte es dann nicht. Jedenfalls kann daraus nicht geschlossen werden, dass sie die Zweckmäßigkeit außer Acht gelassen hat. Mit dieser Auslegung korrespondiert, dass § 95 SGG den Ausgangsbescheid und den Widerspruchsbescheid als Einheit zur gerichtlichen Überprüfung stellt.

24

4. Im Ergebnis liegt somit auch hinsichtlich des Widerspruchsbescheids ein Ermessensfehler nicht vor. Ob die angefochtenen Bescheide aus anderen Gründen rechtswidrig oder aber rechtmäßig sind, kann der Senat auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen allerdings nicht abschließend entscheiden. Es fehlen - vom Rechtsstandpunkt des LSG aus konsequent - tatsächliche Feststellungen, die eine Beurteilung durch das Revisionsgericht erlauben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 8.10.2008 vorliegen, insbesondere ob die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten von diesem Unterhalt erhalten oder im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod einen Anspruch hierauf gehabt hat. Dies wird das Berufungsgericht nunmehr nachzuholen haben.

25

Das LSG wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Abfindung einer so genannten kleinen Verletztenrente. Der im Jahre 1958 geborene Kläger erlitt am 4.10.2002 einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen die Rechtsvorgängerin der beklagten Berufsgenossenschaft (BG; im Folgenden: Beklagte) ihm gegenüber ein Recht auf Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH auf unbestimmte Zeit feststellte (Bescheid vom 18.8.2005). Die vom Kläger Anfang Februar 2007 beantragte Abfindung seiner Rente lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ein bei Dr. R. eingeholtes internistisches Gutachten ab, da die Lebenserwartung des Klägers aufgrund dessen Adipositas, Nikotin- und Alkoholkonsums erheblich herabgesetzt sei (Bescheid vom 20.4.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.6.2007).

2

Das SG hat nach Einholung eines Gutachtens bei Privatdozent Dr. S. die Klage abgewiesen, weil die Beklagte ermessensfehlerfrei gehandelt habe (Urteil vom 27.5.2009). Das LSG hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte verurteilt, dessen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 15.4.2010), und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 76 Abs 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stehe die Entscheidung über einen Abfindungsantrag im Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Eine Ablehnung komme in Betracht, wenn die Lebenserwartung des Antragstellers erheblich geringer sei als die altersübliche und die Zeit unterschreite, die dem für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert entspreche. Sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, könne der Gesichtspunkt der Lebenserwartung des Versicherten das Interesse des Unfallversicherungsträgers an der Verweigerung einer Abfindung nicht begründen. Der Kapitalwert der Verletztenrente des Klägers betrage 14,5 Jahre nach der Anlage 1 der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung vom 17.8.1965 (BGBl I S 894, idF aufgrund von Art 21 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I S 1254, im Folgenden: Abfindungsverordnung), weil der Kläger bei Eintritt des Arbeitsunfalls zwischen 40 und 45 Jahre alt gewesen sei und zur Zeit der mündlichen Verhandlung mehr als sieben Jahre seit dem Arbeitsunfall vergangen seien. Welche genaue Lebenserwartung der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe, könne dahingestellt bleiben, da sie zumindest nicht niedriger als 14,5 Jahre sei, auch wenn von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 29,75 Jahren bei einem Mann im Alter des Klägers und einer nikotinbedingten Verkürzung von 8 Jahren ausgegangen werde und die weiteren Risiken berücksichtigt würden. Die Beklagte sei folglich bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen, sodass der angefochtene Bescheid aufzuheben und sie zur Neubescheidung zu verurteilen sei.

3

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht geltend, entgegen der Auffassung des LSG müsse die Verkürzung der Lebenserwartung nicht den für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert unterschreiten. Beim Vorliegen von gesundheitlichen Risikofaktoren und Krankheitsanlagen, die eine erhebliche Verkürzung der Lebenserwartung bedingten, könne nur eine ablehnende Entscheidung ergehen und zwar nicht nur in klaren Missbrauchsfällen, wie zB nach dem Bekanntwerden einer Geschwulsterkrankung. Das LSG habe nicht festgestellt, zu welcher Verkürzung der Lebenserwartung in Jahren die neben dem Nikotinkonsum bestehenden anderen Risikofaktoren beim Kläger führen würden, und hätte hierzu weitere Ermittlungen anstellen müssen.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Ulm vom 27. Mai 2009 zurückzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Das Urteil des LSG ist aufzuheben, weil das LSG die Bescheide der Beklagten wegen fehlerhafter Ermessenausübung aufgehoben hat, ohne zuvor alle tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensausübung festzustellen (dazu 1.). Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hat der Senat beschlossen, Hinweise zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung der im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung nach § 76 SGB VII zu geben(dazu 2.).

7

1. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Abfindung ist § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII, der lautet: Versicherte, die Anspruch auf eine Rente wegen einer MdE von weniger als 40 vH haben, können auf ihren Antrag mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrag abgefunden werden. Die Berechnung des Kapitalwerts ist durch Rechtsverordnung zu bestimmen (Abs 1 Satz 3). Eine Abfindung darf nur bewilligt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich absinkt (Abs 2).

8

Dass der Beklagten im Hinblick auf die Gewährung einer Abfindung Ermessen eingeräumt ist, folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII mit dem Gebrauch des Wortes "können", das kein bloßes "Kompetenz-Kann" beinhaltet - so die Rechtsprechung des Senats(BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 10/03 R - SozR 4-2700 § 76 Nr 1 RdNr 8)sowie die Literatur (Burchardt in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 12; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 12; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 19) und die Auslegung der im Wortlaut vergleichbaren Vorläufervorschrift des § 604 Reichsversicherungsordnung(vgl insofern BSG vom 24.6.1987 - 5a RKnU 2/86 - SozR 1200 § 40 Nr 3; Wiesner, BG 1985, 327).

9

Davon ist das LSG bei seiner Entscheidung auch ausgegangen. Denn es hat den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und sie zur Neubescheidung verurteilt, weil sie bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Anspruchs auf eine Abfindung sind aber den Feststellungen des LSG nur zum Teil zu entnehmen: Nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Kläger gegen die Beklagte Anspruch auf eine Rente nach einer MdE von 20 vH, und er hat auch einen Abfindungsantrag gestellt. Hinsichtlich des negativen Tatbestandsmerkmals (so schon im Urteil des Senats vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; ebenso: Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 24), dass eine Abfindung nur bewilligt werden darf, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich sinkt (§ 76 Abs 2 SGB VII), hat das LSG keine Feststellungen getroffen.

10

Solange aber nicht feststeht, ob der Tatbestand der Rechtsgrundlage erfüllt ist, mangelt es an den Voraussetzungen der Ermessenseinräumung und damit auch für eine Ermessensausübung und an den Grundlagen für ein dem Kläger günstiges Bescheidungsurteil, das die Behörde verpflichtet, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die Tatbestandserfüllung kann nicht durch - stets unzulässige - gerichtliche Ermessenserwägungen ersetzt werden. Dementsprechend ist das Urteil des LSG aufzuheben, damit das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zunächst klären kann, ob die genannte (negative) Tatbestandsvoraussetzung erfüllt ist. Erst wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 SGB VII gegeben sind, wird das LSG die Ermessensausübung der Beklagten auf Ermessensfehler überprüfen dürfen.

11

2. Im Hinblick auf das Gebot, einer überlangen Verfahrensdauer entgegenzuwirken (Art 19 Abs 4 Satz 1 Grundgesetz , Art 6 Abs 1 Satz 1 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten), hat der Senat beschlossen, Hinweise zu geben zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung einer im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung (dazu a) sowie zu den Ermessenszwecken des § 76 Abs 1 SGB VII und den deshalb von dem Träger jeweils abzuwägenden Ermessensgesichtspunkten(dazu b).

12

a) Soweit die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Der Versicherte hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I). Hingegen entsteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung nur aufgrund der Bewilligungsentscheidung (§ 40 Abs 2 SGB I). Darüber hinaus kann im Einzelfall ein Rechtsanspruch auf die Leistung ausnahmsweise bei einer "Ermessensreduzierung auf Null" bestehen, bei der es nur ein ermessensgerechtes Ergebnis gibt (vgl dazu nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 29). Feststellungen, die vorliegend für eine solche Ermessensreduzierung auf Null sprechen, hat das LSG nicht getroffen; der Kläger hat derartiges im Revisionsverfahren nicht behauptet und keine entsprechenden Rügen erhoben.

13

Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG; "Rechtmäßigkeit-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").

14

Dass die Beklagte Ermessen ausgeübt hat, ist den Feststellungen des LSG hinsichtlich des Inhalts der angefochtenen Bescheide der Beklagten zu entnehmen. Denn sie hat nicht nur - was allein nicht ausreichend ist - auf das eingeräumte Ermessen hingewiesen, sondern auch (zumindest) einen Ermessensgesichtspunkt genannt. Ebenso ist ein Überschreiten der Grenzen des Ermessens zu verneinen, weil § 76 SGB VII nur zwei Rechtsfolgen zulässt, entweder den Anspruch auf die Abfindung zu gewähren oder nicht, und die Beklagte sich für Letzteres entschieden hat. Ferner hat das LSG keine Tatsachen festgestellt, die für eine Verletzung der objektiven verfassungsrechtlichen Schranken (Gleichheitsgebote, Übermaßverbot) jeder Ermessensausübung sprechen könnten.

15

Als Ermessensfehler kommt nur eine dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechende Ermessensausübung in Betracht. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Diese beiden letztgenannten Arten des Ermessensfehlgebrauchs kommen hier nach den bisherigen Feststellungen des LSG in Betracht. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 28b; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl 2009, § 114 RdNr 12 mwN).

16

Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht- oder -fehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl Urteil des Senats vom 18.3.2008 - B 2 U 1/07 R - BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr 1, jeweils RdNr 14 ff).

17

b) Zur Konkretisierung der Ermessenszwecke des § 76 SGB VII ist von Folgendem auszugehen: Dem Wortlaut der Vorschrift selbst ist kein Ermessenszweck zu entnehmen und auch die Gesetzesmaterialien zum Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) sind insofern unergiebig (vgl zB Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2204 S 94 zu § 76). Eingeführt worden ist die Möglichkeit der Abfindung von Verletztenrenten schon mit dem Unfallversicherungsgesetz vom 6.7.1884 (RGBl 69) und später wurde die Regelung durch die nachfolgenden Gesetze ausgebaut.

18

Zusammengefasst zeigt die Gesetzesgeschichte, dass bei der Ermessensausübung über die Bewilligung eines Abfindungsanspruchs neben den Interessen der Allgemeinheit folgende Zwecke abzuwägen sind. Auf Seiten des Versicherten besteht das Interesse, seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch eine Verfügungsmacht über einen erheblichen Geldbetrag im Unterschied zu laufenden, ggf nicht allzu hohen monatlichen Rentenzahlungen zu verbessern. Auf Seiten der Verwaltung geht es um die Verringerung des Verwaltungsaufwandes, um eine Bemessung der Höhe des Kapitalbetrags nach der durch das Lebensalter und die körperliche Beschaffenheit des Berechtigten bedingten voraussichtlichen Dauer des Rentenbezugs - also der weiteren Lebenserwartung - des Versicherten sowie um die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unfallversicherungsträgers (vgl Reichstag, 10. Legislaturperiode, I. Session 1898/1900, Drucksache Nr 523 S 96 f; Reichstag, 12. Legislaturperiode, II. Session 1909/1910, Drucksache zu Nr 340 S 307, 300 ff; Reichstag, III. Wahlperiode 1924/25, Drucksache Nr 691 S 32; BT-Drucks IV/938 S 15 f zu § 601). Diese Zwecke werden auch heute noch in der Literatur angeführt (vgl Burchardt in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10 f; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1 f; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, § 76 RdNr 20 ff; Plagemann, NJW 1996, 3173, 3176; Wiesner, BG 1985, 327 f).

19

Soweit in der Literatur weitere Zwecke genannt werden, sind diese zum Teil mit den gesetzgeberischen Zielen vereinbar, zB ob in absehbarer Zeit der Bezug anderer steuerfinanzierter Sozialleistungen droht, womit die Allgemeinheit belastet werden würde, der aber durch den Bezug einer Verletztenrente zumindest verringert würde, während es für andere genannte Zwecke, wie zB eine Berücksichtigung des von dem Versicherten beabsichtigten Verwendungszwecks der Abfindung bei einer so genannten kleinen Verletztenrente, keine erkennbare Begründung gibt.

20

Inwieweit die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung die angeführten gesetzgeberischen Zwecke für die Einräumung des Ermessens richtig gewichtet abgewogen hat (vgl zu den Anforderungen an die Begründung einer solchen Entscheidung: BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2), wird das LSG - nach Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen und der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides - in einem weiteren Schritt zu überprüfen haben. Dabei wird zu beachten sein, dass die den Interessen des Unfallversicherungsträgers dienenden Ermessensgesichtspunkte (anders als § 76 Abs 2 SGB VII)keine "negativen Tatbestandsmerkmale" sind, sondern gegen das Interesse des Versicherten abzuwägen sind und dass nur die Ermessensausübung der Beklagten im vorgezeigten Rahmen zu überprüfen ist, nicht aber eigene Ermessenserwägungen seitens des LSG zur Ausfüllung der aufgezeigten Zwecke anzustellen sind.

21

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation streitig.
Der am 1954 geborene Kläger erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und war in der Folgezeit vor allem als Handelsvertreter, teilweise auch mit eigener Firma, tätig. Ab 2007 arbeitete er in der Abteilung Verkaufsleitung und Marketing eines Herstellers von Rolladenkästen in S. am Ammersee, wo er unter der Woche wohnt. Am Wochenende hält er sich am Wohnort seiner Familie in E. , Landkreis C. , auf. Er stellte am 24.09.2012 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe für Versicherte bei der Beklagten. Den Antrag begründete er mit psychischer Belastung und körperlichen Beschwerden wie gehäufter Angina pectoris aufgrund drohenden Wegfalls des Arbeitsplatzes.
Die Beklagte holte bei der zuständigen Krankenkasse des Klägers eine Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten mit Diagnosen des Klägers ein. Danach war der Kläger in der Zeit vom 30.05.2011 bis 10.06.2011 arbeitsunfähig krank wegen „instabiler Angina pectoris“; daneben fanden sich zwei kürzere AU-Zeiten wegen Infektionen der oberen Atemwege. Bezüglich der Einzelheiten dieser Aufstellung wird auf Bl. 40 der Verwaltungsakte verwiesen. Nach Beziehung eines Befundberichts der behandelnden Hausärztin des Klägers, Dr. W. , Fachärztin für Allgemeinmedizin, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2012 den Antrag des Klägers ab, weil die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Seinen Widerspruch hiergegen begründete der Kläger damit, er würde seit über fünf Jahren als Arbeitnehmer regelmäßig von E. nach S. am Ammersee (einfache Strecke 290 km) pendeln. Dies bedeute neben der ihn stets fordernden Arbeit zusätzlich eine doppelte Haushaltsführung. Mit 58 Jahren sei dieser zusätzliche Aufwand für ihn sehr beschwerlich. Er verspüre in zunehmendem Maße, dass seine Schaffenskraft sich reduziere und er deshalb dringend eine Auszeit in Form einer aufbauenden Rehabilitation benötige, um letztendlich auch einem Burnout-Syndrom entgegenzuwirken. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. H. . Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom Dezember 2012, beruhend auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers, bei diesem eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung anderer Gefühle sowie einen Mangel an Entspannung oder Freizeit. Der Kläger sei noch affektiv schwingungsfähig, könne sich freuen, Aufmerksamkeit und Konzentration seien vorhanden, der Antrieb unauffällig, die Aktivitäten gleichfalls. Er habe bisher ambulant keine weiteren Maßnahmen ergriffen, d.h. weder eine psychotherapeutische Behandlung noch ein Entspannungsverfahren oder gegebenenfalls Unterstützung mit Psychopharmaka. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Auf Grund dessen würden weder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation noch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vorgeschlagen. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2013 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Die persönlichen Voraussetzungen würden nicht vorliegen. Für die beim Kläger festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen seien eine ambulante nervenärztliche Mitbehandlung, Psychotherapie sowie die Fortsetzung der ambulanten fachärztlichen Behandlung angezeigt. Auch nach den Vorschriften eines anderen Leistungsträgers liege kein Rehabilitationsbedarf vor.
Der Kläger hat hiergegen am 26.04.2013 das Sozialgericht Karlsruhe angerufen. Auf gerichtliche Anfrage hat der Kläger klargestellt, dass er eine stationäre Leistung der medizinischen Rehabilitation begehre. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der behandelnde Internist und Kardiologe Dr. W. hat unter anderem eine Bescheinigung vorgelegt, in welcher er zur Modifikation der Risikofaktoren und aus „tertiär prophylaktischen Gründen“ sowie zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Klägers eine Reha-Maßnahme für dringend erforderlich erachte, zumal der Kläger nach der Stentimplantation und Diagnose einer koronaren Herzerkrankung im Juni 2011 keine entsprechende Maßnahme erhalten habe. Dr. W. hat mitgeteilt, bei dem Kläger sei eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Der Kläger leide an immer wieder schwankenden Blutdruckwerten; eine Blutdruckeinstellung gestalte sich schwierig; auch sei der Diabetes öfters als entgleist zu bezeichnen gewesen. Der Kläger sei an einer psychischen Belastungsreaktion erkrankt, weil seine Firma aufgelöst werde. Der Internist und Pneumologe Dr. S. hat von einem unter cPAP-Gerätetherapie ausreichend kontrollierten Befund hinsichtlich der obstruktiven Schlafapnoe berichtet.
Mit Urteil vom 23.09.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne keine stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beanspruchen, denn ein rehabilitativer Erfolg ließe sich auch im ambulanten Rahmen erreichen. Es erscheine schon fraglich, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet oder gar gemindert ist, nachdem der Kläger in den letzten zwei Jahren nach der Aufstellung der Krankenkasse seit Juli 2011 nur ein einziges Mal für wenige Tage arbeitsunfähig gewesen sei und dies wegen einer Erkältung. Dessen ungeachtet ließen sich die Gesundheitsstörungen des Klägers nicht nur durch stationäre Leistungen, sondern in gleichwertiger Weise auch durch ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beheben. Im Hinblick auf die im Vordergrund stehenden psychischen Beschwerden des Klägers sei zu beachten, dass dieser bisher keinerlei ambulante Maßnahmen ergriffen habe. So habe er keinen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aufgesucht, ebenso wenig einen Psychotherapeuten, auch finde keine medikamentöse Behandlung statt. Soweit Dr. W. in seiner Bescheinigung eine stationäre Rehabilitation zur Modifikation von Risikofaktoren und aus „tertiär prophylaktischen Gründen“ für dringend erforderlich erachte, sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass insoweit eine stationäre Maßnahme besser geeignet wäre, einen therapeutischen Effekt zu erzielen. Als Risikofaktoren benenne der sachverständige Zeuge neben Bluthochdruck und Diabetes eine familiäre Disposition und früheres Rauchen des Klägers. Durch eine Reha-Maßnahme könne aber weder das frühere Rauchen noch die genetische Disposition beeinflusst werden; die beiden weiteren Risikofaktoren würden im ambulanten Rahmen behandelt werden. Eine Leistungspflicht der Beklagten komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 14 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nach den Leistungsgesetzen eines anderen Rehabilitationsträgers in Betracht. Bezüglich von Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit für eine stationäre Rehabilitation.
Gegen das ihm am 28.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.10.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung dieser hat er vorgetragen, es sei nicht richtig, dass er sich nicht um eine ambulante psychotherapeutische Behandlung bemüht habe. Vielmehr habe er nach vielen Absagen in den letzten Monaten auf Grund terminlicher Überlastung der Behandler bis vor kurzem keinen ambulanten Therapieplatz erhalten. Frau Dr. W. habe ihm gegenüber erklärt, dass sie weiterhin eine stationäre Reha-Maßnahme zum Zwecke einer Abklärung seiner Symptome für eine sinnvolle weitere ambulante Behandlung befürworten würde.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.09.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2013 zu verurteilen, ihm stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts in den Urteilsgründen an.
12 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
13 
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
14 
Die Beteiligten haben dieser Verfahrensweise ausdrücklich mit Schriftsatz vom 19.11.2013 bzw. 03.12.2013 zugestimmt.
15 
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchten stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche stationäre Leistung nicht erfüllt, nachdem bereits fraglich erscheint, ob der Kläger überhaupt die in § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) definierten persönlichen Voraussetzungen erfüllt, jedenfalls aber keine Reduzierung des der Beklagten zustehenden Ermessens dahingehend vorliegt, dass die vom Kläger explizit begehrten stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren wären. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
16 
Vertiefend sind aus Sicht des Senats noch folgende Ausführungen veranlasst: Unabhängig davon, ob der Kläger die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 SGB VI als (Tatbestands-)Voraussetzung für die Gewährung von Teilhabeleistungen nach dem SGB VI erfüllt - hieran bestehen angesichts des Ergebnisses der Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. mit der Bestätigung, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt sei, und der nur geringen arbeitsunfähigkeitsbedingten Fehlzeiten des Klägers (wie vom Sozialgericht bereits ausgeführt) erhebliche Bedenken - kann der Kläger mit seinem Begehren nur dann durchdringen, wenn er gerade einen Anspruch auf Durchführung einer stationären Heilbehandlung hat. Dies verneint der Senat.
17 
Nach § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe, u. a. die hier erstrebten Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden (Satz 1 Nr. 1) und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern (Satz 1 Nr. 2). Die Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind (Satz 2). Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die (in § 10 SGB VI geregelten) persönlichen und (die in § 11 SGB VI geregelten) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
18 
Dabei erstreckt sich das dem Rentenversicherungsträger nach § 9 Abs. 2 SGB VI mit dem Wort „kann“ eingeräumte Ermessen (vgl. Kater in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 9 Rdnr. 9 und Urteil des Senats vom 08.01.2009, L 10 R 3662/08) nicht auf das „Ob“ der Leistungsgewährung, sondern beschränkt sich auf das „Wie“ der Leistungserbringung. Dementsprechend bestimmt der Träger der Rentenversicherung - hier also die Beklagte - gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie ggfs. die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
19 
Grundsätzlich muss die Beklagte das ihr somit eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I], § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Umgekehrt hat der Versicherte einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle kann die Verwaltungsentscheidung - wie sich aus § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt - nur im Rahmen einer Rechtskontrolle auf so genannte Ermessensfehler hin überprüft werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 54 Rdnr. 25 ff.). Nur ausnahmsweise ist die Beklagte zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet, nämlich dann, wenn jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (so genannte Ermessensreduzierung auf null, vgl. Keller a.a.O., Rdnr. 29).
20 
Entsprechend diesen Grundsätzen stellt sich vorliegend nicht die Frage, ob die Beklagte die Bewilligung der begehrten stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu Recht, insbesondere mit zutreffenden Ermessenserwägungen, abgelehnt hat. Denn eine fehlerhafte Ermessensausübung führt nur zur Pflicht des Leistungsträgers, über den Antrag erneut zu entscheiden (vgl. § 131 Abs. 3 SGG), nicht aber zu einer Ermessensreduzierung auf null mit der Pflicht zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (vgl. § 131 Abs. 2 SGG). Der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung einer stationären Maßnahme setzt also voraus, dass die Beklagte zwingend eine solche stationäre Heilmaßnahme hätte bewilligen müssen und jede andere Entscheidung, insbesondere auch die Gewährung von ambulanten Maßnahmen, rechtswidrig gewesen wäre.
21 
Eine solche Ermessensreduzierung auf null verneint der Senat. Vielmehr hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass den Auswirkungen der vom Kläger und seinen Behandlern geltend gemachten Krankheit auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht auch durch ambulante Maßnahmen entgegengewirkt werden kann oder diese sogar überwunden werden können. Dies gilt insbesondere für die aus Klägersicht im Vordergrund stehende Behandlung der psychischen Erkrankung. Angesichts dessen, dass bislang noch nicht einmal ansatzweise eine ambulante Behandlung auf nervenfachärztlichem Gebiet stattgefunden hat - so hat der Kläger weder einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie noch einen Psychotherapeuten aufgesucht und noch nicht einmal eine medikamentöse Behandlung aufgenommen - kommt eine Ermessensreduzierung auf eine stationäre Maßnahme nicht in Betracht. Die von Dr. W. in seiner Bescheinigung vom 12.04.2013 angeführten „Risikofaktoren“, zu deren „Modifikation“ er eine Reha-Maßnahme indiziert sieht, rechtfertigen aus den vom Sozialgericht genannten Gründen gleichfalls keine Ermessensreduzierung auf eine stationäre Teilmaßnahme. So können das Rauchen in der Vergangenheit sowie die genetische Disposition durch einen stationären Rehabilitationsaufenthalt nicht positiv beeinflusst werden. Der arteriellen Hypertonie sowie dem Diabetes mellitus kann wiederum ohne Weiteres durch eine optimierte Medikation begegnet werden; es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass eine stationäre Maßnahme insoweit besser geeignet wäre, einen therapeutischen Effekt zur erzielen. Der von Dr. W. ins Feld geführte Kompensationsgedanke für eine im Jahr 2011 unterbliebene Reha-Maßnahme nach damaliger Stent-Implantation und Erstdiagnose einer koronaren Herzerkrankung vermag gleichfalls keine Ermessensreduzierung zu rechtfertigen. Soweit der Kläger zuletzt dargelegt hat, Dr. W. halte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur Abklärung der Symptome für sinnvoll, gilt gleiches. Abgesehen davon, dass stationäre Rehabilitationsmaßnahmen gerade nicht in erster Linie der Diagnostik dienen, ist nicht erkennbar, warum eine derartige Abklärung von Symptomen nicht ambulant erfolgen kann.
22 
Zutreffend hat das Sozialgericht auch Ansprüche außerhalb des SGB VI verneint, namentlich nach dem SGB V. Auch ein möglicher Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 40 Abs. 1 SGB V ist bezüglich des „wie“ der Leistungserbringung gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungserbringers gestellt. Zusätzlich besteht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen, welches bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V deutlich wird. Gemäß § 40 Abs. 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen. Reichen diese Leistungen gleichfalls nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Demnach kommt eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation ausreichend sind. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung dahingehend, dass, ungeachtet des dargestellten Stufenverhältnisses, im vorliegenden Fall nur eine medizinische stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in Betracht käme, sind, wie bereits dargestellt, nicht ersichtlich.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 42 bis 47a des Neunten Buches, ausgenommen Leistungen nach § 42 Abs. 2 Nr. 2 und § 46 des Neunten Buches. Zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz wird nur erbracht, wenn sie unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs, erforderlich und soweit sie nicht als Leistung der Krankenversicherung oder als Hilfe nach dem Fünften Kapitel des Zwölften Buches zu erbringen ist.

(2) Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 15, 15a und 31 Absatz 1 Nummer 2, die nach Art und Schwere der Erkrankung erforderlich sind, werden durch Rehabilitationseinrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder vom Träger der Rentenversicherung selbst oder von anderen betrieben werden und nach Absatz 4 zugelassen sind oder als zugelassen gelten (zugelassene Rehabilitationseinrichtungen). Die Rehabilitationseinrichtung braucht nicht unter ständiger ärztlicher Verantwortung zu stehen, wenn die Art der Behandlung dies nicht erfordert. Leistungen einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung sollen für längstens drei Wochen erbracht werden. Sie können für einen längeren Zeitraum erbracht werden, wenn dies erforderlich ist, um das Rehabilitationsziel zu erreichen.

(3) Rehabilitationseinrichtungen haben einen Anspruch auf Zulassung, wenn sie

1.
fachlich geeignet sind,
2.
sich verpflichten, an den externen Qualitätssicherungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund oder einem anderen von der Deutschen Rentenversicherung Bund anerkannten Verfahren teilzunehmen,
3.
sich verpflichten, das Vergütungssystem der Deutschen Rentenversicherung Bund anzuerkennen,
4.
den elektronischen Datenaustausch mit den Trägern der Rentenversicherung sicherstellen und
5.
die datenschutzrechtlichen Regelungen beachten und umsetzen, insbesondere den besonderen Anforderungen an den Sozialdatenschutz Rechnung tragen.
Fachlich geeignet sind Rehabilitationseinrichtungen, die zur Durchführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die personellen, strukturellen und qualitativen Anforderungen erfüllen. Dabei sollen die Empfehlungen nach § 37 Absatz 1 des Neunten Buches beachtet werden. Zur Ermittlung und Bemessung einer leistungsgerechten Vergütung der Leistungen hat die Deutsche Rentenversicherung Bund ein transparentes, nachvollziehbares und diskriminierungsfreies Vergütungssystem bis zum 31. Dezember 2025 zu entwickeln, wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren. Dabei hat sie tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu beachten.

(4) Mit der Zulassungsentscheidung wird die Rehabilitationseinrichtung für die Dauer der Zulassung zur Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zugelassen. Für Rehabilitationseinrichtungen, die vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden oder zukünftig vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden, gilt die Zulassung als erteilt.

(5) Der federführende Träger der Rentenversicherung entscheidet über die Zulassung von Rehabilitationseinrichtungen auf deren Antrag. Federführend ist der Träger der Rentenversicherung, der durch die beteiligten Träger der Rentenversicherung vereinbart wird. Er steuert den Prozess der Zulassung in allen Verfahrensschritten und trifft mit Wirkung für alle Träger der Rentenversicherung Entscheidungen. Die Entscheidung zur Zulassung ist im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen. Die Zulassungsentscheidung bleibt wirksam, bis sie durch eine neue Zulassungsentscheidung abgelöst oder widerrufen wird. Die Zulassungsentscheidung nach Absatz 4 Satz 1 oder die fiktive Zulassung nach Absatz 4 Satz 2 kann jeweils widerrufen werden, wenn die Rehabilitationseinrichtung die Anforderungen nach Absatz 3 Satz 1 nicht mehr erfüllt. Widerspruch und Klage gegen den Widerruf der Zulassungsentscheidung haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) Die Inanspruchnahme einer zugelassenen Rehabilitationseinrichtung, in der die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation entsprechend ihrer Form auch einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung erbracht werden, erfolgt durch einen Vertrag. Der federführende Träger der Rentenversicherung schließt mit Wirkung für alle Träger der Rentenversicherung den Vertrag mit der zugelassenen Rehabilitationseinrichtung ab. Der Vertrag begründet keinen Anspruch auf Inanspruchnahme durch den Träger der Rentenversicherung.

(6a) Der Versicherte kann dem zuständigen Träger der Rentenversicherung Rehabilitationseinrichtungen vorschlagen. Der zuständige Träger der Rentenversicherung prüft, ob die von dem Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die Leistung in der nachweislich besten Qualität erbringen. Erfüllen die vom Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die objektiven sozialmedizinischen Kriterien für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung, weist der zuständige Träger der Rentenversicherung dem Versicherten eine Rehabilitationseinrichtung zu. Liegt ein Vorschlag des Versicherten nach Satz 1 nicht vor oder erfüllen die vom Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die objektiven sozialmedizinischen Kriterien für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung nicht, hat der zuständige Träger der Rentenversicherung dem Versicherten unter Darlegung der ergebnisrelevanten objektiven Kriterien Rehabilitationseinrichtungen vorzuschlagen. Der Versicherte ist berechtigt, unter den von dem zuständigen Träger der Rentenversicherung vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen innerhalb von 14 Tagen auszuwählen.

(7) Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist verpflichtet, die Daten der externen Qualitätssicherung zu veröffentlichen und den Trägern der Rentenversicherung als Grundlage für die Inanspruchnahme einer Rehabilitationseinrichtung sowie den Versicherten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(8) Die Rehabilitationseinrichtung hat gegen den jeweiligen Träger der Rentenversicherung einen Anspruch auf Vergütung nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 der gegenüber dem Versicherten erbrachten Leistungen. Der federführende Träger der Rentenversicherung vereinbart mit der Rehabilitationseinrichtung den Vergütungssatz; dabei sind insbesondere zu beachten:

1.
leistungsspezifische Besonderheiten, Innovationen, neue Konzepte, Methoden,
2.
der regionale Faktor und
3.
tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen.

(9) Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat in Wahrnehmung der ihr nach § 138 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4a zugewiesenen Aufgaben für alle Rehabilitationseinrichtungen, die entweder vom Träger der Rentenversicherung selbst oder von anderen betrieben werden, folgende verbindliche Entscheidungen herbeizuführen:

1.
zur näheren inhaltlichen Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 3 für die Zulassung einer Rehabilitationseinrichtung für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
zu einem verbindlichen, transparenten, nachvollziehbaren und diskriminierungsfreien Vergütungssystem für alle zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen nach Absatz 3; dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a)
die Indikation,
b)
die Form der Leistungserbringung,
c)
spezifische konzeptuelle Aspekte und besondere medizinische Bedarfe,
d)
ein geeignetes Konzept der Bewertungsrelationen zur Gewichtung der Rehabilitationsleistungen und
e)
eine geeignete Datengrundlage für die Kalkulation der Bewertungsrelationen,
3.
zu den objektiven sozialmedizinischen Kriterien, die für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung im Rahmen einer Inanspruchnahme nach Absatz 6 maßgebend sind, um die Leistung für den Versicherten in der nachweislich besten Qualität zu erbringen; dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a)
die Indikation,
b)
die Nebenindikation,
c)
die unabdingbaren Sonderanforderungen,
d)
die Qualität der Rehabilitationseinrichtung,
e)
die Entfernung zum Wohnort und
f)
die Wartezeit bis zur Aufnahme;
das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten nach § 8 des Neunten Buches sowie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind zu berücksichtigen,
4.
zum näheren Inhalt und Umfang der Daten der externen Qualitätssicherung bei den zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen nach Absatz 7 und deren Form der Veröffentlichung; dabei sollen die Empfehlungen nach § 37 Absatz 1 des Neunten Buches beachtet werden.
Die verbindlichen Entscheidungen zu Satz 1 Nummer 1 bis 4 erfolgen bis zum 30. Juni 2023. Die für die Wahrnehmung der Interessen der Rehabilitationseinrichtungen maßgeblichen Vereinigungen der Rehabilitationseinrichtungen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden maßgeblichen Verbände erhalten die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahmen sind bei der Beschlussfassung durch eine geeignete Organisationsform mit dem Ziel einzubeziehen, eine konsensuale Regelung zu erreichen.

(10) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht die Wirksamkeit der Regelungen nach den Absätzen 3 bis 9 ab dem 1. Januar 2026.

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, so erbringt die Krankenkasse erforderliche stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Für pflegende Angehörige erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation unabhängig davon, ob die Leistung nach Absatz 1 ausreicht. Die Krankenkasse kann für pflegende Angehörige diese stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch. § 39 Absatz 1a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei dem Rahmenvertrag entsprechend § 39 Absatz 1a die für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene zu beteiligen sind. Kommt der Rahmenvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a auf Antrag einer Vertragspartei. Abweichend von § 89a Absatz 5 Satz 1 und 4 besteht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene in diesem Fall aus je zwei Vertretern der Ärzte, der Krankenkassen und der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und einem weiteren unparteiischen Mitglied. Die Vertreter und Stellvertreter der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen werden durch die für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene bestellt.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Von der Krankenkasse wird bei einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation nicht überprüft, ob diese medizinisch erforderlich ist, sofern die geriatrische Indikation durch dafür geeignete Abschätzungsinstrumente vertragsärztlich überprüft wurde. Bei der Übermittlung der Verordnung an die Krankenkasse ist die Anwendung der geeigneten Abschätzungsinstrumente nachzuweisen und das Ergebnis der Abschätzung beizufügen. Von der vertragsärztlichen Verordnung anderer Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 darf die Krankenkasse hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur dann abweichen, wenn eine von der Verordnung abweichende gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vorliegt. Die gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist den Versicherten und mit deren Einwilligung in Textform auch den verordnenden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Die Krankenkasse teilt den Versicherten und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten das Ergebnis ihrer Entscheidung in schriftlicher oder elektronischer Form mit und begründet die Abweichungen von der Verordnung. Mit Einwilligung der Versicherten in Textform übermittelt die Krankenkasse ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch den Angehörigen und Vertrauenspersonen der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen, die die Versicherten versorgen. Vor der Verordnung informieren die Ärztinnen und Ärzte die Versicherten über die Möglichkeit, eine Einwilligung nach Satz 5 zu erteilen, fragen die Versicherten, ob sie in eine Übermittlung der Krankenkassenentscheidung durch die Krankenkasse an die in Satz 7 genannten Personen oder Einrichtungen einwilligen und teilen der Krankenkasse anschließend den Inhalt einer abgegebenen Einwilligung mit. Die Aufgaben der Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 bis zum 31. Dezember 2021 das Nähere zu Auswahl und Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente im Sinne des Satzes 2 und zum erforderlichen Nachweis von deren Anwendung nach Satz 3 und legt fest, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen nach Absatz 6 Satz 1 ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden. Sollen die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung der pflegenden Angehörigen aufgenommen werden, koordiniert die Krankenkasse mit der Pflegekasse der Pflegebedürftigen deren Versorgung auf Wunsch der pflegenden Angehörigen und mit Einwilligung der Pflegebedürftigen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, mit Ausnahme von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, die als ambulante Leistungen nach Absatz 1 in der Regel für 20 Behandlungstage oder als stationäre Leistungen nach Absatz 2 in der Regel für drei Wochen erbracht werden sollen. Eine Verlängerung der Leistungen nach Satz 13 ist möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist. Satz 13 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend. Die Krankenkasse zahlt der Pflegekasse einen Betrag in Höhe von 3 072 Euro für pflegebedürftige Versicherte, für die innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung keine notwendigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht worden sind. Satz 18 gilt nicht, wenn die Krankenkasse die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag für das Jahr 2021 bis zum 30. Juni 2022, für das Jahr 2022 bis zum 30. September 2023 und für das Jahr 2023 bis zum 30. September 2024 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen Verordnung von geriatrischen Rehabilitationen wiedergegeben werden.

(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 14, 15a, 17 und 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.

(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluß auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne daß es sich um Anschlußrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, so erbringt die Krankenkasse erforderliche stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Für pflegende Angehörige erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation unabhängig davon, ob die Leistung nach Absatz 1 ausreicht. Die Krankenkasse kann für pflegende Angehörige diese stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch. § 39 Absatz 1a gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass bei dem Rahmenvertrag entsprechend § 39 Absatz 1a die für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene zu beteiligen sind. Kommt der Rahmenvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a auf Antrag einer Vertragspartei. Abweichend von § 89a Absatz 5 Satz 1 und 4 besteht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene in diesem Fall aus je zwei Vertretern der Ärzte, der Krankenkassen und der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und einem weiteren unparteiischen Mitglied. Die Vertreter und Stellvertreter der zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen werden durch die für die Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgeblichen Verbände auf Bundesebene bestellt.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Von der Krankenkasse wird bei einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation nicht überprüft, ob diese medizinisch erforderlich ist, sofern die geriatrische Indikation durch dafür geeignete Abschätzungsinstrumente vertragsärztlich überprüft wurde. Bei der Übermittlung der Verordnung an die Krankenkasse ist die Anwendung der geeigneten Abschätzungsinstrumente nachzuweisen und das Ergebnis der Abschätzung beizufügen. Von der vertragsärztlichen Verordnung anderer Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 darf die Krankenkasse hinsichtlich der medizinischen Erforderlichkeit nur dann abweichen, wenn eine von der Verordnung abweichende gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vorliegt. Die gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist den Versicherten und mit deren Einwilligung in Textform auch den verordnenden Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen. Die Krankenkasse teilt den Versicherten und den verordnenden Ärztinnen und Ärzten das Ergebnis ihrer Entscheidung in schriftlicher oder elektronischer Form mit und begründet die Abweichungen von der Verordnung. Mit Einwilligung der Versicherten in Textform übermittelt die Krankenkasse ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch den Angehörigen und Vertrauenspersonen der Versicherten sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen, die die Versicherten versorgen. Vor der Verordnung informieren die Ärztinnen und Ärzte die Versicherten über die Möglichkeit, eine Einwilligung nach Satz 5 zu erteilen, fragen die Versicherten, ob sie in eine Übermittlung der Krankenkassenentscheidung durch die Krankenkasse an die in Satz 7 genannten Personen oder Einrichtungen einwilligen und teilen der Krankenkasse anschließend den Inhalt einer abgegebenen Einwilligung mit. Die Aufgaben der Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 bis zum 31. Dezember 2021 das Nähere zu Auswahl und Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente im Sinne des Satzes 2 und zum erforderlichen Nachweis von deren Anwendung nach Satz 3 und legt fest, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen nach Absatz 6 Satz 1 ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden. Sollen die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung der pflegenden Angehörigen aufgenommen werden, koordiniert die Krankenkasse mit der Pflegekasse der Pflegebedürftigen deren Versorgung auf Wunsch der pflegenden Angehörigen und mit Einwilligung der Pflegebedürftigen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, mit Ausnahme von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, die als ambulante Leistungen nach Absatz 1 in der Regel für 20 Behandlungstage oder als stationäre Leistungen nach Absatz 2 in der Regel für drei Wochen erbracht werden sollen. Eine Verlängerung der Leistungen nach Satz 13 ist möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist. Satz 13 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend. Die Krankenkasse zahlt der Pflegekasse einen Betrag in Höhe von 3 072 Euro für pflegebedürftige Versicherte, für die innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung keine notwendigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbracht worden sind. Satz 18 gilt nicht, wenn die Krankenkasse die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag für das Jahr 2021 bis zum 30. Juni 2022, für das Jahr 2022 bis zum 30. September 2023 und für das Jahr 2023 bis zum 30. September 2024 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der vertragsärztlichen Verordnung von geriatrischen Rehabilitationen wiedergegeben werden.

(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 14, 15a, 17 und 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.

(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluß auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne daß es sich um Anschlußrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.