Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 28. Aug. 2014 - L 13 R 3256/13

bei uns veröffentlicht am28.08.2014

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin, Herrn A. B..
Die 1952 geborene Klägerin und Herr A. B. waren seit 2001 als Paar zusammen und lebten seit dem Jahr 2007 gemeinsam auf einem Bauernhof.
Im Juni 2011 wurde bei Herrn B. ein Bronchialkarzinom mit bestehender Metastasierung diagnostiziert (Bl. 25 der Verwaltungsakte) und in der Zeit vom 5. Juli 2011 bis 2. August 2011 erfolgte eine palliative Chemotherapie. Ausweislich eines durch Prof. C. erstellten Arztbriefes vom 4. Juli 2011 wurden Herr B. und die Klägerin ausführlich über die geplante Behandlung, deren gewünschte Effekte sowie mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt (Bl. 31 der Verwaltungsakte).
Am XX.XX. 2011 schloss Herr B. mit der Klägerin im Standesamt D.-E. die Ehe (Bl. 161 der Verwaltungsakte).
Am XX.XX. 2011 verstarb Herr B. (Bl. 1 der Verwaltungsakte).
Die Klägerin beantragte sodann am 18. Oktober 2011 die Gewährung einer Witwenrente bei der Beklagten (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Die Klägerin fügte diesem Antrag eine handschriftliche Stellungnahme bei, in der sie ausführt: „Wir wollten 2009 schon heiraten, dann starb aber 2 Monate vorher sein (Herrn B.s) Vater, so wurde alles nochmal verschoben und wieder und wieder. Für uns war das kein Problem, wir hatten uns auch so. Dann wurde mein Mann krank. Dies war der Zeitpunkt endlich zu heiraten. Wir wollten die letzten Jahre dann doch als Mann und Frau zusammen sein, denn wir liebten uns ja auch nach fast 13 Jahren immer noch.“ (Bl. 19 der Verwaltungsakte). Die Klägerin reichte zudem eine Bescheinigung des Allgemeinarztes Dr. F. ein, wonach zum Zeitpunkt der Eheschließung der tödliche Ausgang der Krankheit nicht vorauszusehen gewesen sei (Bl. 23 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 8. November 2011 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Witwenrente mit der Begründung ab, die Klägerin habe die Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe nicht widerlegt (Bl. 87 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 1. Dezember 2011 Widerspruch und machte u.a. geltend, durch die Heirat habe eine rechtliche Handhabe geschaffen werden sollen, um beim weiteren Fortgang der Behandlung Informations- und Zustimmungsrechte zu haben. Es habe zudem bereits seit langer Zeit eine innere Verbundenheit und Partnerschaft bestanden, von einer für August 2009 geplanten Hochzeit sei (nur) wegen des Todes des Vaters des Herrn B. Abstand genommen worden (Bl. 117, 123 ff der Verwaltungsakte). Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte die Klägerin zudem ein Schreiben von Herrn G. B. (Bruder des Verstorbenen) und Frau H. B. (Schwägerin des Verstorbenen) vor. Darin wird u.a. bestätigt, dass die Klägerin und Herr B. bereits im Mai 2009 die Absicht zur Heirat gehabt hätten. Anfang Mai 2009 sei für die Hochzeit bereits ein Herren- und ein Damenanzug bei Quelle bestellt worden. Die Hochzeit sei für die 1. Augustwoche 2009 geplant gewesen. Durch den Tod des Vaters von Herrn B. bedingt, sei die Hochzeit ins Jahr 2010 verschoben worden. Dann sei Herr B. erkrankt und auf Grund der vielen Arztbesuche und der zeitaufwändigen Strahlentherapie seien die Heiratspläne immer wieder verschoben worden und erst nach abgeschlossener Strahlentherapie sei dann die Zeit zur Heirat gewesen. Zum Zeitpunkt der Heirat im Juli 2011 sei man durch die erfolgreich abgeschlossene Strahlentherapie zuversichtlich gewesen, dass die Krankheit erfolgreich behandelt worden sei (Bl. 159 der Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, selbst medizinischen Laien sei bekannt, dass bei einem Bronchialkarzinom und lediglich noch möglicher palliativer Behandlung mit einer deutlich verkürzten Lebenserwartung zu rechnen sei. Darüber hinaus seien sowohl die Klägerin als auch Herr B. über die Schwere der Erkrankung und die palliative Behandlung aufgeklärt worden, entgegen den Ausführungen der Klägerin sei daher nicht von einer begründeten Aussicht auf Gesundung auszugehen gewesen. Auch aus den vorgelegten Schreiben von H. und G. B. ergebe sich kein anderer Sachverhalt. Eine konkrete Heiratsabsicht für August 2009 bzw. bis zur Feststellung der schweren Erkrankung sei nicht nachgewiesen worden (Bl. 187 ff der Verwaltungsakte).
10 
Hiergegen hat die Klägerin am 11. Oktober 2012 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung zum Teil wiederholend und vertiefend vorgetragen, die Heirat sei bereits im August 2009 geplant gewesen. Durch den Tod des Vaters sei es jedoch nicht möglich gewesen, die Ehe mit Herrn B. früher zu schließen. Zudem sei bei der Eheschließung nicht bekannt gewesen, wie lebensgefährlich der Gesundheitszustand des Herrn B. gewesen sei. Der Klägerin und Herrn B. sei erstmals im Juli 2011 das Ausmaß der Erkrankung bekannt gewesen, während sie im Juni 2011 noch nicht gewusst hätten, um welche Krebsart es sich handle. Auch im Juli 2011 habe jedoch noch Hoffnung auf eine rasche Linderung der Beschwerden und eine Rückbildung der Hirnmetastasen bestanden. Die Klägerin nahm insoweit Bezug auf einen Arztbrief der Praxis für Interdisziplinäre Onkologie & Hämatologie, Dr. K., vom 1. Juli 2011 (Bl. 16 der SG Akte). Erst im September 2011 sei Herrn B. und der Klägerin mitgeteilt worden, dass eine weitere Behandlung keinen Erfolg mehr bringen werde. Der Versorgungsgedanke habe keine, allenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt. Die Entscheidung des Beklagten lasse sich zudem nicht mit der näher ausgeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Einklang bringen (Bl. 1 ff der SG Akte). Auch die Einleitung einer palliativen Behandlung besage nicht, dass die Erkrankung kurzfristig zum Tod führen müsse. Die Aussage von Frau H. B. und Herrn G. B. sei insofern unrichtig, als darin vorgetragen werde, die geplante Heirat sei aufgrund der Bestrahlung verschoben worden. Tatsächlich sei die Heirat während der Zeit der Strahlentherapie erfolgt (Bl. 23 ff der SG Akte).
11 
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG u.a. ausgeführt, der Anspruch auf Witwenrente sei nach § 46 Abs. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Aufgrund der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits palliative Maßnahmen in Gestalt einer Chemotherapie durchgeführt worden seien, habe die Klägerin die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegen können. Die Heiratsabsichten im Jahr 2009 seien nicht weiterverfolgt worden und es liege insbesondere kein schlüssiger Zusammenhang mit der tatsächlich im Juli 2011 durchgeführten Hochzeit vor. Vielmehr spreche der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erkrankung und Heirat für eine Versorgungsehe. Wegen der Details wird auf Bl. 42 ff der SG Akte Bezug genommen.
12 
Gegen diesen der Klägerin am 30. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. August 2013 Berufung erhoben und zur Begründung das bisherige Vorbringen nochmals wiederholt und vertieft. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb das SG der Bescheinigung des Dr. F. vom 19. Oktober 2011 wie auch dem Arztbrief der Praxis für Interdisziplinäre Onkologie & Hämatologie, Dr. K., vom 1. Juli 2011 keine Bedeutung beigemessen habe. Im Gegensatz zur Annahme des SG sei der zeitliche Zusammenhang zwischen der für August 2009 geplanten Heiratsabsicht und der tatsächlich im Jahr 2011 erfolgten Heirat nicht unterbrochen, da die dazwischen liegende Zeitspanne nicht groß genug sei, eine vollkommene Aufhebung desselben nahezulegen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Freiburg vom 26. Juli 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2012 zu verurteilen, ihr eine Hinterbliebenenrente in Gestalt einer großen Witwenrente ab dem 2. Oktober 2011 zu gewähren.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Die Beklagte hält den Gerichtsbescheid für zutreffend und hält im Übrigen an ihrer Entscheidung fest.
18 
In dem am 15. April 2014 durchgeführten Erörterungstermin wurde Herr G. B. (der Bruder des Verstorbenen) als Zeuge gehört. Wegen der Details der Aussage wird auf den Inhalt der Niederschrift Bezug genommen. Im Rahmen des Erörterungstermins haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Der Senat konnte nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt hatten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung über die Sache entscheiden.
21 
Die gemäß den §§143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Entscheidung der Beklagten, den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Witwenrente abzulehnen, erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in deren Rechten.
22 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Witwenrente. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der Sach- und Rechtslage nachvollziehbar und ausführlich begründet im angegriffenen Gerichtsbescheid dargelegt und die Klage daher zutreffend abgewiesen. Der Senat nimmt auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitestgehend ab.
23 
Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist lediglich ergänzend folgendes anzumerken:
24 
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch auf Witwenrente vorliegend durch § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen wird. Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl. § 242a Abs. 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
25 
Diese Regelung ist vorliegend einschlägig, da die am XX.XX. 2011 geschlossene Ehe zwischen der Klägerin und Herrn B. nur bis zu dessen Tod am 2. Oktober 2011 und damit nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Zur Überzeugung des Senats sind hier auch keine besonderen Umständen des Einzelfalles anzunehmen, die gegen die gesetzliche Vermutung sprechen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 3. September 1986 – 9a RV 8/84 –, juris). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, juris, m.w.N. Vgl. zudem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Oktober 2012, Az.: L 11 R 392/11, juris)
26 
Hierbei ist nach der genannten Rechtsprechung des BSG zu beachten, dass eine abschließende Typisierung oder Pauschalierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen ("besonderen") Gründe im Rahmen des § 46 Abs. 2a SGB VI angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich ist. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalls. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind zudem nicht nur für sich - isoliert - zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt ("plötzlich" und "unerwartet") eingetreten ist. Denn in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, dem Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen. In der Gesetzesbegründung wird als ein Beispiel hierfür der "Unfalltod" genannt (BT-Drucks 14/4595 S 44). Unvermittelt eingetreten in diesem Sinne ist der Tod aber auch bei einem Verbrechen oder bei einer Erkrankung, die plötzlich aufgetreten ist und schnell zum Tode geführt hat (zB Infektionskrankheit oder Herzinfarkt bei unbekannter Herzerkrankung). Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme ("Vermutung") einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden (BSG, a.a.O, m.w.N.).
27 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986, Az.: 9a RV 8/84, juris). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003, Az.: B 7 AL 12/02 R, juris). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (F.-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
28 
Vor diesem rechtlichen und dem oben ausgeführten tatsächlichen Hintergrund konnte sich der Senat nicht vom Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI überzeugen. Vielmehr spricht – wie bereits das SG zutreffend betont hat – die Tatsache, dass der Versicherte, Herr B., zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat, ganz maßgeblich für die Richtigkeit der gesetzlichen Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI. Es sind für den Senat hingegen keine besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, von einem derartigen Gewicht erkennbar, als dass sie in Anbetracht des Grades der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit des Herrn B. die gesetzliche Vermutung widerlegen könnten.
29 
Zur Überzeugung des Senats steht zweifelsfrei fest, dass die Klägerin und Herr B. allerspätestens am 4. Juli 2011 und damit vor der Hochzeit über den potentiell lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung informiert waren. Durch den Arztbrief des Prof. C. vom 4. Juli 2011 ist nachgewiesen, dass die Klägerin und Herr B. jedenfalls an diesem Tag ausführlich über die Diagnose eines Bronchialkarzinoms mit bestehender lymphogener und hämatogener Metastasierung und die sich anschließende palliative Behandlung informiert worden waren. Damit steht für den Senat fest, dass Herr B. zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt und die Eheleute hierüber auch informiert waren. Dem lebensbedrohlichen Charakter stehen auch die glaubhaften und übereinstimmende Angaben der Klägerin, des Zeugen G. B. sowie die schriftlichen Angaben von Frau H. B., sie alle hätten bei der Hochzeit nicht an einen baldigen Tod gedacht, sondern vielmehr gedacht, dass Herr B. „es schaffe“, nicht entgegen. Auch bei schwersten Erkrankungen ist es menschlich durchaus nachvollziehbar und letztlich auch wünschenswert, dass weiterhin die Hoffnung auf ein Weiterleben nicht aufgegeben wird. Gegebenenfalls mögen sich Herr B. und die Klägerin hierbei auch auf die im Arztbrief von Dr. K. vom 1. Juli 2011 (und damit allerdings vor der Untersuchung durch Prof. L.) zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine rasche Linderung der Beschwerden und eine Rückbildung der Hirnmetastasen gestützt haben. Diese nachvollziehbaren Hoffnungen ändern jedoch nichts daran, dass es sich hierbei eben nur um Hoffnungen handelte, die am tatsächlichen Vorliegen einer massiv lebensbedrohlichen Erkrankung nichts ändern.
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Zur Überzeugung des Senats spricht schließlich auch der auffallend enge zeitliche Zusammenhang zwischen Diagnostizierung des Bronchialkarzinoms mit bestehender Metastasierung im Juni/Juli 2011 und der anschließenden Hochzeit am  ... 2011 deutlich dafür, dass den Eheleuten der potentiell lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung durchaus bewusst war. Letztlich entspricht es dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schreiben vom 19. Oktober 2011 („Dann wurde mein Mann krank. Dies war der Zeitpunkt endlich zu heiraten“), dass gerade das Auftreten der Erkrankung den Grund für den konkreten Heiratsentschluss darstellte. Die in Anbetracht des zeitlichen Ablaufs offensichtlich gegebene Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht anders erklären, als dass den Eheleuten der Ernst der Lage durchaus bewusst war. Die während der laufenden Strahlentherapie durchgeführte Hochzeit wurde nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin binnen drei Wochen zwischen Antrag und Trauung geplant und durchgeführt. Auch die Aussage der Klägerin, dass die eigentliche Feier zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt, ein Jahr nach der Eheschließung, nachgeholt werden sollte, macht deutlich, dass hier die krankheitsbedingten äußeren Umstände für den Hochzeitstermin am 22. Juli 2011 ausschlaggebend waren.
31 
Soweit hingegen der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. F. am 19. Oktober 2011 bescheinigte, der tödliche Ausgang der Erkrankung sei am XX.XX. 2011 nicht vorauszusehen gewesen, vermag diese medizinisch vollkommen unsubstantiierte Behauptung, den Senat in Anbetracht der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits eindeutigen Diagnose und der eingeleiteten palliativen Behandlung nicht zu überzeugen. Dahingestellt bleiben kann auch die von Klägerin aufgeworfene Problematik, inwieweit eine palliative Therapie eines Bronchialkarzinoms konkrete Rückschlüsse auf die verbleibende Lebensdauer zulässt. Um hier Missverständnissen vorzubeugen ist vielmehr klarzustellen, dass selbst eine medizinische nachvollziehbar begründete Hoffnung auf einen möglichen mehrjährigen Krankheitsverlauf keineswegs ausreichend ist, um die gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsabsicht zu widerlegen. Für die Beurteilung der Beweggründe einer Heirat ist es unwesentlich, ob das Überleben des Versicherten über ein Jahr nach der Eheschließung wahrscheinlicher ist als sein Tod und ob die Eheleute von einer Ehe über ein Jahr ausgehen konnten, denn statistische Wahrscheinlichkeiten sagen hierzu nichts aus (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 29. Oktober 2013 – L 6 R 1610/10 –, juris). Maßgeblich ist vielmehr allein, dass – wie hier – eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt war.
32 
Die Klägerin hat auch im Übrigen hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, die bereits einmal im Jahr 2009 angedachte Hochzeit sowie der geltend gemachte Wunsch Informations- und Beteiligungsrechte im Rahmen der Behandlung zu sichern sind zwar nicht von vornherein ungeeignet, einen besonderen Umstand zu begründen, reichen jedoch im konkreten Fall für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht aus.
33 
Der Senat konnte sich zunächst nicht davon überzeugen, dass die Heirat am XX.XX. 2011 die konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellt. Hiergegen sprechen bereits die oben wiedergegebenen eigenen Angaben der Klägerin, wonach eben gerade die Erkrankung zum konkreten Heiratsentschluss führte. Zwar haben die späteren Eheleute nach den glaubhaften Angaben der Klägerin und des Zeugen G. B. schon einmal im Jahr 2009 über eine Heirat geredet und es wurden auch bereits Kleidungsstücke bestellt, die im Rahmen einer Hochzeit hätten Verwendung finden können, ein konkreter Termin für eine Hochzeit wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt vereinbart, sondern es blieb bei der vagen Bekundung „im August 2009“ heiraten zu wolle, weder wurden Einladungen verschickt, noch war eine Lokalität reserviert worden. Solche lediglich abstrakten Pläne zur Heirat, ohne entsprechende konkrete Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen zur Überzeugung des Senats nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (wie hier: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. November 2010, Az.: L 11 R 1135/10 und Urteil vom 16. Oktober 2012 – L 11 R 392/11, juris, jeweils m.w.N.). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2009 an einer konsequenten Verwirklichung dieser Absichten fehlen würde. Es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich oder vorgetragen, warum die Hochzeit erst im Juli 2011 erfolgt ist. Der als Grund für die Verschiebung der Hochzeit vorgetragene Tod des Vaters von Herrn B. im Juni 2009 vermag nicht zu erklären, weshalb die Hochzeit nicht gegen Ende 2009 oder im gesamten Jahr 2010 oder auch noch bis Juni 2011 stattgefunden hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
34 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass seit 2001 eine Partnerschaft zwischen der Klägerin und Herrn B. bestand und diese bereits seit 2007 zusammen lebten. Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen (vgl. jeweils m.w.N. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. September 2013, Az.: L 27 R 765/12, juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Februar 2013 – L 1 R 304/11, juris).
35 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt schließlich das von der Klägerin angegebene Motiv, der Klägerin sollten durch die Heirat weitergehende Rechte im Rahmen der anstehenden Behandlungen gesichert werden, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv neben das Versorgungsmotiv. Ungeachtet der Frage, ob das genannte Ziel (nur) durch die Eheschließung erreicht werden konnte, ist hierbei zu bedenken, dass diese Motivation - würde man sie ohne weitere Anforderungen zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung genügen lassen - die gesetzliche Vermutung faktisch leer laufen ließe, da die Vermutungsregelung des § 46 Abs.2a SGB VI gerade auf Fallgestaltung abzielt, in denen einer der Ehepartner zur Zeit der Eheschließung schwer erkrankt ist. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher nach alledem aus.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. F.-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
37 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
20 
Der Senat konnte nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt hatten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung über die Sache entscheiden.
21 
Die gemäß den §§143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Entscheidung der Beklagten, den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Witwenrente abzulehnen, erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in deren Rechten.
22 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Witwenrente. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der Sach- und Rechtslage nachvollziehbar und ausführlich begründet im angegriffenen Gerichtsbescheid dargelegt und die Klage daher zutreffend abgewiesen. Der Senat nimmt auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitestgehend ab.
23 
Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist lediglich ergänzend folgendes anzumerken:
24 
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch auf Witwenrente vorliegend durch § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen wird. Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl. § 242a Abs. 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
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Diese Regelung ist vorliegend einschlägig, da die am XX.XX. 2011 geschlossene Ehe zwischen der Klägerin und Herrn B. nur bis zu dessen Tod am 2. Oktober 2011 und damit nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Zur Überzeugung des Senats sind hier auch keine besonderen Umständen des Einzelfalles anzunehmen, die gegen die gesetzliche Vermutung sprechen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 3. September 1986 – 9a RV 8/84 –, juris). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, juris, m.w.N. Vgl. zudem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Oktober 2012, Az.: L 11 R 392/11, juris)
26 
Hierbei ist nach der genannten Rechtsprechung des BSG zu beachten, dass eine abschließende Typisierung oder Pauschalierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen ("besonderen") Gründe im Rahmen des § 46 Abs. 2a SGB VI angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich ist. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalls. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind zudem nicht nur für sich - isoliert - zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt ("plötzlich" und "unerwartet") eingetreten ist. Denn in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, dem Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen. In der Gesetzesbegründung wird als ein Beispiel hierfür der "Unfalltod" genannt (BT-Drucks 14/4595 S 44). Unvermittelt eingetreten in diesem Sinne ist der Tod aber auch bei einem Verbrechen oder bei einer Erkrankung, die plötzlich aufgetreten ist und schnell zum Tode geführt hat (zB Infektionskrankheit oder Herzinfarkt bei unbekannter Herzerkrankung). Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme ("Vermutung") einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden (BSG, a.a.O, m.w.N.).
27 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986, Az.: 9a RV 8/84, juris). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003, Az.: B 7 AL 12/02 R, juris). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (F.-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
28 
Vor diesem rechtlichen und dem oben ausgeführten tatsächlichen Hintergrund konnte sich der Senat nicht vom Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI überzeugen. Vielmehr spricht – wie bereits das SG zutreffend betont hat – die Tatsache, dass der Versicherte, Herr B., zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat, ganz maßgeblich für die Richtigkeit der gesetzlichen Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI. Es sind für den Senat hingegen keine besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, von einem derartigen Gewicht erkennbar, als dass sie in Anbetracht des Grades der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit des Herrn B. die gesetzliche Vermutung widerlegen könnten.
29 
Zur Überzeugung des Senats steht zweifelsfrei fest, dass die Klägerin und Herr B. allerspätestens am 4. Juli 2011 und damit vor der Hochzeit über den potentiell lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung informiert waren. Durch den Arztbrief des Prof. C. vom 4. Juli 2011 ist nachgewiesen, dass die Klägerin und Herr B. jedenfalls an diesem Tag ausführlich über die Diagnose eines Bronchialkarzinoms mit bestehender lymphogener und hämatogener Metastasierung und die sich anschließende palliative Behandlung informiert worden waren. Damit steht für den Senat fest, dass Herr B. zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt und die Eheleute hierüber auch informiert waren. Dem lebensbedrohlichen Charakter stehen auch die glaubhaften und übereinstimmende Angaben der Klägerin, des Zeugen G. B. sowie die schriftlichen Angaben von Frau H. B., sie alle hätten bei der Hochzeit nicht an einen baldigen Tod gedacht, sondern vielmehr gedacht, dass Herr B. „es schaffe“, nicht entgegen. Auch bei schwersten Erkrankungen ist es menschlich durchaus nachvollziehbar und letztlich auch wünschenswert, dass weiterhin die Hoffnung auf ein Weiterleben nicht aufgegeben wird. Gegebenenfalls mögen sich Herr B. und die Klägerin hierbei auch auf die im Arztbrief von Dr. K. vom 1. Juli 2011 (und damit allerdings vor der Untersuchung durch Prof. L.) zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine rasche Linderung der Beschwerden und eine Rückbildung der Hirnmetastasen gestützt haben. Diese nachvollziehbaren Hoffnungen ändern jedoch nichts daran, dass es sich hierbei eben nur um Hoffnungen handelte, die am tatsächlichen Vorliegen einer massiv lebensbedrohlichen Erkrankung nichts ändern.
30 
Zur Überzeugung des Senats spricht schließlich auch der auffallend enge zeitliche Zusammenhang zwischen Diagnostizierung des Bronchialkarzinoms mit bestehender Metastasierung im Juni/Juli 2011 und der anschließenden Hochzeit am  ... 2011 deutlich dafür, dass den Eheleuten der potentiell lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung durchaus bewusst war. Letztlich entspricht es dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schreiben vom 19. Oktober 2011 („Dann wurde mein Mann krank. Dies war der Zeitpunkt endlich zu heiraten“), dass gerade das Auftreten der Erkrankung den Grund für den konkreten Heiratsentschluss darstellte. Die in Anbetracht des zeitlichen Ablaufs offensichtlich gegebene Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht anders erklären, als dass den Eheleuten der Ernst der Lage durchaus bewusst war. Die während der laufenden Strahlentherapie durchgeführte Hochzeit wurde nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin binnen drei Wochen zwischen Antrag und Trauung geplant und durchgeführt. Auch die Aussage der Klägerin, dass die eigentliche Feier zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt, ein Jahr nach der Eheschließung, nachgeholt werden sollte, macht deutlich, dass hier die krankheitsbedingten äußeren Umstände für den Hochzeitstermin am 22. Juli 2011 ausschlaggebend waren.
31 
Soweit hingegen der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. F. am 19. Oktober 2011 bescheinigte, der tödliche Ausgang der Erkrankung sei am XX.XX. 2011 nicht vorauszusehen gewesen, vermag diese medizinisch vollkommen unsubstantiierte Behauptung, den Senat in Anbetracht der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits eindeutigen Diagnose und der eingeleiteten palliativen Behandlung nicht zu überzeugen. Dahingestellt bleiben kann auch die von Klägerin aufgeworfene Problematik, inwieweit eine palliative Therapie eines Bronchialkarzinoms konkrete Rückschlüsse auf die verbleibende Lebensdauer zulässt. Um hier Missverständnissen vorzubeugen ist vielmehr klarzustellen, dass selbst eine medizinische nachvollziehbar begründete Hoffnung auf einen möglichen mehrjährigen Krankheitsverlauf keineswegs ausreichend ist, um die gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsabsicht zu widerlegen. Für die Beurteilung der Beweggründe einer Heirat ist es unwesentlich, ob das Überleben des Versicherten über ein Jahr nach der Eheschließung wahrscheinlicher ist als sein Tod und ob die Eheleute von einer Ehe über ein Jahr ausgehen konnten, denn statistische Wahrscheinlichkeiten sagen hierzu nichts aus (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 29. Oktober 2013 – L 6 R 1610/10 –, juris). Maßgeblich ist vielmehr allein, dass – wie hier – eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt war.
32 
Die Klägerin hat auch im Übrigen hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, die bereits einmal im Jahr 2009 angedachte Hochzeit sowie der geltend gemachte Wunsch Informations- und Beteiligungsrechte im Rahmen der Behandlung zu sichern sind zwar nicht von vornherein ungeeignet, einen besonderen Umstand zu begründen, reichen jedoch im konkreten Fall für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht aus.
33 
Der Senat konnte sich zunächst nicht davon überzeugen, dass die Heirat am XX.XX. 2011 die konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellt. Hiergegen sprechen bereits die oben wiedergegebenen eigenen Angaben der Klägerin, wonach eben gerade die Erkrankung zum konkreten Heiratsentschluss führte. Zwar haben die späteren Eheleute nach den glaubhaften Angaben der Klägerin und des Zeugen G. B. schon einmal im Jahr 2009 über eine Heirat geredet und es wurden auch bereits Kleidungsstücke bestellt, die im Rahmen einer Hochzeit hätten Verwendung finden können, ein konkreter Termin für eine Hochzeit wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt vereinbart, sondern es blieb bei der vagen Bekundung „im August 2009“ heiraten zu wolle, weder wurden Einladungen verschickt, noch war eine Lokalität reserviert worden. Solche lediglich abstrakten Pläne zur Heirat, ohne entsprechende konkrete Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen zur Überzeugung des Senats nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (wie hier: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. November 2010, Az.: L 11 R 1135/10 und Urteil vom 16. Oktober 2012 – L 11 R 392/11, juris, jeweils m.w.N.). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2009 an einer konsequenten Verwirklichung dieser Absichten fehlen würde. Es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich oder vorgetragen, warum die Hochzeit erst im Juli 2011 erfolgt ist. Der als Grund für die Verschiebung der Hochzeit vorgetragene Tod des Vaters von Herrn B. im Juni 2009 vermag nicht zu erklären, weshalb die Hochzeit nicht gegen Ende 2009 oder im gesamten Jahr 2010 oder auch noch bis Juni 2011 stattgefunden hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
34 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass seit 2001 eine Partnerschaft zwischen der Klägerin und Herrn B. bestand und diese bereits seit 2007 zusammen lebten. Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen (vgl. jeweils m.w.N. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. September 2013, Az.: L 27 R 765/12, juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Februar 2013 – L 1 R 304/11, juris).
35 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt schließlich das von der Klägerin angegebene Motiv, der Klägerin sollten durch die Heirat weitergehende Rechte im Rahmen der anstehenden Behandlungen gesichert werden, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv neben das Versorgungsmotiv. Ungeachtet der Frage, ob das genannte Ziel (nur) durch die Eheschließung erreicht werden konnte, ist hierbei zu bedenken, dass diese Motivation - würde man sie ohne weitere Anforderungen zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung genügen lassen - die gesetzliche Vermutung faktisch leer laufen ließe, da die Vermutungsregelung des § 46 Abs.2a SGB VI gerade auf Fallgestaltung abzielt, in denen einer der Ehepartner zur Zeit der Eheschließung schwer erkrankt ist. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher nach alledem aus.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. F.-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
37 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 28. Aug. 2014 - L 13 R 3256/13 zitiert 11 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 46 Witwenrente und Witwerrente


(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 292 Gesetzliche Vermutungen


Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt we

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(1) Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente besteht ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 19. Nov. 2013 - L 13 R 1662/12

bei uns veröffentlicht am 19.11.2013

Tenor Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 wird zurückgewiesen.Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.De

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Okt. 2012 - L 11 R 392/11

bei uns veröffentlicht am 16.10.2012

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Im Streit steht die Gewährung einer

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Nov. 2010 - L 11 R 1135/10

bei uns veröffentlicht am 16.11.2010

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Zwischen den Beteiligten ist die Ge

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(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente besteht ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(2) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig (§ 240 Abs. 2) sind oder
2.
am 31. Dezember 2000 bereits berufsunfähig oder erwerbsunfähig waren und dies ununterbrochen sind.

(3) Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die nicht mindestens ein Jahr verheiratet waren, wenn die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(4) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente besteht ab Vollendung des 45. Lebensjahres, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und der Versicherte vor dem 1. Januar 2012 verstorben ist.

(5) Die Altersgrenze von 45 Jahren für die große Witwenrente oder große Witwerrente wird, wenn der Versicherte nach dem 31. Dezember 2011 verstorben ist, wie folgt angehoben:

Todesjahr
des Versicherten
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
20121451
20132452
20143453
20154454
20165455
20176456
20187457
20198458
20209459
2021104510
2022114511
202312460
202414462
202516464
202618466
202720468
2028224610
ab 202924470.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen A. T. (im Folgenden: Versicherter).
Die 1957 geborene Klägerin hatte den Versicherten nach ihren eigenen Angaben im Alter von 18 Jahren kennengelernt und lebte mit ihm seit 1980 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Am 30.05.1981 wurde der Sohn, S. A. (im Folgenden: Zeuge A), geboren. Im gemeinsamen Haushalt lebte außerdem die Tochter der Klägerin, S. (im Folgenden: Zeugin S). Die Klägerin betreibt seit 1988 ein Autohaus.
Der 1945 in Tunesien geborene Versicherte hatte drei weitere Kinder, die bei ihren Müttern aufwuchsen. Er war im Autohaus der Klägerin beschäftigt. Wegen allgemeiner Mattigkeit und Atemnot suchte er im Juli 2006 seinen Hausarzt Dr. K. auf. Am 11.07.2006 wurde der Versicherte wegen starker Atemnot und Schmerzsymptomatik stationär aufgenommen. Dort wurde nach invasiver Diagnostik am 26.07.2006 ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose festgestellt (Tumorstadium T4 Nx M1). Der Versicherte wurde während seines Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 über den histologischen Befund eingehend informiert. Im Anschluss erfolgte eine ambulante Chemotherapie (insgesamt drei Zyklen vom 07.08.2006 bis 08.10.2006). Eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Am 10.10.2006 heirateten die Klägerin und der Versicherte. Mit Testament vom 24.10.2006 setzte der Versicherte die Klägerin als Alleinerbin ein. Wegen zunehmender Schmerzen begab sich der Versicherte am 03.11.2006 erneut in stationäre Behandlung, bei der eine Tumorprogression festgestellt wurde. Die Chemotherapie wurde sodann in veränderter Form fortgesetzt. Am 06.11.2006 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Antrag wurde in einen Rentenantrag umgedeutet. Die Beklagte bewilligte sodann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.11.2006.
Nach einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten im Januar 2007 erfolgte eine Umstellung der Therapie in eine palliative Chemotherapie. Am 22.02.2007 verstarb der Versicherte.
Unter dem 20.04.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.2007 den Antrag der Klägerin ab. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine Versorgungsehe handele, da die tödlichen Folgen der Erkrankung des Versicherten bei der Eheschließung zu erwarten gewesen seien. Hiergegen legte die Klägerin am 19.06.2007 Widerspruch mit der Begründung ein, es habe sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie mit dem Versicherten einen volljährigen Sohn und seit über 25 Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe. Sie hätten vor vielen Jahren ein Wohnhaus gemeinsam erworben und schon seit längerer Zeit geplant zu heiraten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.10.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Klägerin und der Versicherte hätten vor der Hochzeit schon seit 26 Jahren wie Ehepartner zusammengelebt. Bereits kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes sei eine Hochzeit geplant gewesen. Wegen des Baus des gemeinsamen Hauses und des Baus eines weiteren Hauses in Tunesien sowie des Aufbaus des Autohauses sei die Eheschließung jedoch immer wieder aufgeschoben worden. Im Jahr 2000 seien die Heiratspläne sehr konkret geworden. Es sei ein Termin beim Standesamt vereinbart worden. Außerdem seien die erforderlichen Unterlagen (ua eine Befreiungsurkunde des OLG Stuttgart) und die finanziellen Mittel beschafft worden. Die Eheschließung sei bereits standesamtlich angemeldet, ein konkreter Termin aber noch nicht geplant gewesen. Kurz darauf sei die Klägerin erkrankt und in der Folge psychiatrisch (ua stationär) behandelt worden, weshalb die Hochzeit erneut verschoben worden sei. Die Klägerin sei dann bis 2003/2004 in Behandlung gewesen. Als der Versicherte im Juli 2006 an Krebs erkrankt sei, habe er die Art und Schwere der Krankheit seiner Ehefrau und seinen Kindern verschwiegen. Im Oktober und November 2006 sei der Versicherte wie gewohnt jeden Morgen in die Autowerkstatt gegangen. Er habe immer wieder versichert, dass seine Krankheit ausheilen werde. Erst bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus im Februar 2007 hätten die Kinder von der Diagnose erfahren. Sie hätten beschlossen, die Diagnose vor der Klägerin zu verschweigen. Auch von Dr. K. sei die Ehefrau nicht über die Schwere der Krankheit aufgeklärt worden. Bis zu seinem Tod sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Krankheit heilbar sei. Im September 2006 sei der Termin für die Hochzeit vereinbart worden. Der Versicherte habe aufgrund der ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat gedrängt. Der Versicherte habe vermeiden wollen, dass die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus an seine anderen Kinder oder seine erste Ehefrau gehen. Schon frühzeitig sei der Steuerberater E. S. (im Folgenden: Zeuge Stb) eingebunden gewesen. Es sollten hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Auch die geplante Erbschaftssteuerreform habe dabei eine Rolle gespielt. Zudem sollte es dem gemeinsamen Sohn durch die Heirat ermöglicht werden, als sodann ehelicher Sohn das Erbe des Versicherten in Tunesien anzutreten. Der Zeuge Stb habe dem Versicherten zur sofortigen Heirat geraten. Rentenansprüche oder Versorgungsleistungen seien in diesen Gesprächen nicht diskutiert worden. Die Klägerin habe an diesen Gesprächen nicht teilgenommen. Der Versicherte habe den Zeugen Stb als seinen Freund und Vertrauten ausdrücklich darum gebeten, die Klägerin nicht über die Art und Schwere seiner Erkrankung und die erörterten Fragen zu unterrichten. Der Klägerin sei es wichtig gewesen – und habe deshalb die Hochzeitspläne unterstützt – dem Versicherten zu zeigen, dass sie gerade auch in den Zeiten einer schweren Erkrankung zu ihm stehe. Dies werde auch durch die für April 2007 geplante Hochzeitsreise nach Tunesien dokumentiert. Dort hätten die Eheleute auch die Eheringe kaufen wollen. Vor diesem Hintergrund sei eine Versorgungsehe widerlegt. Letztlich sei die Klägerin ohnehin nicht auf den Erhalt einer Hinterbliebenenrente angewiesen, da sie als Inhaberin des Autohaues ausreichende Einkünfte erziele. Die Eheleute seien wirtschaftlich voneinander unabhängig gewesen und hätten Einkünfte in derselben Größenordnung erzielt.
Das SG hat Dr. K. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Er hat angegeben, dass die im Rahmen der stationären Behandlung festgestellte Pleurakarzinose der Grund gewesen sei, warum eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr möglich gewesen sei. Er habe schon zu diesem Zeitpunkt mit dem Versicherten über die Diagnose und die sehr fraglichen Heilungschancen gesprochen. Als Anhalt für den bereits zu diesem Zeitpunkt schlechten Allgemeinzustand und die gesamte gesundheitliche Problematik möge auch gelten, dass der Versicherte bereits während dieser Krankheitsphase stärkste Schmerzmittel (Morphinpräparate) erhalten habe. Im Januar 2007 habe er ein ausführliches Gespräch mit der Klägerin geführt.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2010 haben die Zeugen A, S und Stb uneidlich ausgesagt. Der Zeuge A hat ausgesagt, dass seine Eltern schon im Jahr 2000 geplant hatten, zu heiraten. Aufgrund der Erkrankung seiner Mutter habe die Hochzeit dann nicht stattgefunden. Es sei aber alles „unter Dach und Fach“ gewesen. Auch danach sei das Thema nie ganz aus der Welt gewesen. Die Hochzeit im Jahr 2006 habe im kleinen Kreis stattgefunden. Ein großes Fest sollte danach stattfinden. Konkrete Pläne habe es noch nicht gegeben. Eine Hochzeitsreise sei angedacht gewesen. Er habe im Sommer 2006 erfahren, dass sein Vater an Lungenkrebs erkrankt sei. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sein Vater daran sterben könne. Die Zeugin S hat ausgesagt, man habe in der Familie immer wieder über das Thema Hochzeit gesprochen. Im Jahr 2000 seien die Papiere da gewesen. Ein konkretes Datum habe es noch nicht gegeben. Aufgrund der Erkrankung ihrer Mutter habe die Hochzeit nicht stattgefunden. Bei der Hochzeit im Jahr 2006 seien nur das Brautpaar, ihr Bruder und sie zugegen gewesen. Trauzeugen habe es nicht gegeben. Es sollte im Jahr darauf, nach der Genesung des Versicherten, groß gefeiert werden. Sie habe gewusst, dass der Versicherte an Krebs erkrankt sei. Er habe aber immer wieder gesagt, dass er schon wieder gesund werde. Sie habe natürlich gewusst, dass es schwierig werden könne. Sie habe natürlich auch mit ihrer Mutter über die Krankheit gesprochen. Man habe im Internet über die Krankheit recherchiert. Während der Behandlungen sei es dem Versicherten immer etwas schlechter gegangen, danach aber wieder ziemlich gut. Sie habe nie gedacht, dass der Versicherte sterben könne. Der Zeuge Stb hat ausgesagt, er sei seit Beginn des Betriebs des Autohauses der Steuerberater der Familie. Er habe Mitte/Ende 2006 von der Krankheit des Versicherten erfahren und immer offen mit ihm darüber gesprochen. Er sei davon ausgegangen, dass der Versicherte jedenfalls noch zwei oder drei Jahre leben werde. Im Frühjahr 2006 sei im Rahmen der Bilanzerstellung für das Autohaus über die bevorstehende Erbschaftssteuerreform gesprochen worden. Er habe ihn auf die erbrechtlichen Folgen hingewiesen, wenn er unverheiratet bliebe. Die Klägerin oder die Zeugen S und A seien nie zugegen gewesen. Unmittelbar vor der Hochzeit sei über die erbrechtlichen Angelegenheiten nicht mehr gesprochen worden. Ungefähr 10 bis 14 Tage nach der Hochzeit sei das Testament erstellt worden. Über Rentenanwartschaften oder eine sonstige Altersvorsorge der Klägerin habe er nichts gewusst. Der Versicherte sei nicht am Autohaus beteiligt gewesen.
10 
Mit Urteil vom 28.07.2010 (der Klägerin zugestellt am 10.11.2011) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass die Klägerin mit dem Versicherten keine Versorgungsehe eingegangen sei. Hierfür spreche, dass der Versicherte bei der Eheschließung offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten habe. Hieran ändere der Umstand nichts, dass der Tod nicht unmittelbar bevorgestanden habe bzw die Möglichkeit bestanden habe, dass der Versicherte das erste Ehejahr überleben werde. Sie hätten mit einem tödlichen Verlauf der Krankheit rechnen müssen. Auch der Klägerin sei die Gefährlichkeit der Erkrankung bewusst gewesen. Für den Versorgungszweck der Ehe sprächen auch die Umstände der Hochzeit ohne Trauzeugen und größere Feier. Weder die langjährige eheähnliche Lebensgemeinschaft noch die Kontaktaufnahme mit dem Standesamt im Jahr 2000 reichten aus, um die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Zwar könne daraus der Schluss gezogen werden, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Eheschließung nur ihren rechtsförmlichen Vollzug erhalten habe. Die Heiratspläne vor der Erkrankung des Versicherten hätten sich jedoch nicht wesentlich konkretisiert. Zudem sei die Versorgung der Klägerin nicht gesichert, da die Höhe des Gewinns aus ihrer selbständigen Tätigkeit Schwankungen unterlägen. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht der Umstand, dass mit der Hochzeit die erbrechtliche Situation geregelt werden sollte. Weder die Zeugen noch die Klägerin hätten angegeben, dass nach den Beratungen durch den Zeugen Stb im Frühjahr 2006 schon eine Hochzeit verstärkt in Betracht gezogen worden sei. Die von der Klägerin angegebenen Motive für die Hochzeit, nämlich dem Versicherten Mut zu machen, überwiegten in der Gesamtabwägung der Umstände nicht.
11 
Am 26.01.2011 hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die vom SG vorgenommene Gesamtbetrachtung und Abwägung sei lücken- und fehlerhaft. Die Gründe für die Hochzeit überwiegten den Versorgungszweck. Jedenfalls seien die Gründe gleichwertig. Gegen eine Versorgungsehe spreche, dass das Thema einer Versorgungsrente weder vor noch nach der Hochzeit vom Versicherten angesprochen worden sei. Es sei insbesondere nicht Gegenstand der Besprechungen mit dem Zeugen Stb gewesen. Die Klägerin sei auf eine Versorgung nicht angewiesen. Der Zeuge Stb und der Versicherte seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin im Todesfall als testamentarische Alleinerbin unter Berücksichtigung ihres eigenen Vermögens, ihrer eigenen Einkünfte (auch aus Vermietung) und der Aussicht auf eine Lebensversicherung ausreichend versorgt sei. Die Familie sei zudem nicht über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen. Es sei eine größere Hochzeit in Tunesien geplant gewesen. Gegen eine Versorgungsehe spreche weiter, dass die Klägerin und der Versicherte seit 26 Jahren wie ein Ehepaar zusammen lebten und schon im Jahr 2000 eine Heirat geplant hatten. Motiv des Versicherten sei es gewesen, die erbrechtlichen Folgen bei Nichtverheiratung zu vermeiden. Motiv der Klägerin sei es gewesen, den Versicherten nicht im Stich zu lassen und ihm Mut zu machen, zumal sie eine Hochzeit „immer wieder im Hinterkopf“ gehabt hätten.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 23.03.2007 große Witwenrente zu gewähren,
hilfsweise den Steuerberater S. dazu zu hören, dass eine Witwenrente nie Thema der Gespräche mit dem Verstorbenen gewesen sei.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide, ihren Vortrag beim SG sowie die Ausführungen im Urteil verwiesen.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen W. E. (im Folgenden Versicherter), insbesondere das Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe, streitig.
Die 1952 geborene Klägerin erhielt aus ihrer Ehescheidung im Juli 2004 einen Betrag von 44.638,84 EUR (Bl 65 der Senatsakte). Ihr Arbeitsverhältnis bei der m. f. s. gmbH & co kg endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 28. Juni 2007 zum 31. Juli 2007 gegen Zahlung einer Abfindung von 1.000 EUR (Aufhebungsvereinbarung vom 28. Juni 2007). Vom 1. Juni 2007 bis 16. Oktober 2008 erhielt sie Krankengeld, ab 1. Januar 2008 in Höhe von 1.048,56 EUR monatlich einschließlich 16. Oktober 2008. Im Anschluss daran gewährte ihr die Agentur für Arbeit A. Arbeitslosengeld beginnend ab 17. Oktober 2008 in Höhe von 451,20 EUR monatlich mit einer Anspruchsdauer von 540 Kalendertagen. Nach eigenen Angaben lebte die Klägerin seit Juli 2002 mit dem am 15. November 1956 geborenen Versicherten zusammen. Im April 2008 wurde bei dem Versicherte anlässlich einer Magenspiegelung durch den Internisten Dr. A. ein Plattenepithelcarcinom des Ösophagus, ein bösartiger Speisenröhrentumor, festgestellt.
Am 15. April 2008 wurde dem Versicherten eine Renteninformation durch die Beklagte erteilt, wonach eine Rente wegen voller Erwerbsminderung 1.465,79 EUR und eine Regelaltersrente 1.122,73 EUR betragen würde.
Vom 6. bis 16. Mai 2008 begab er sich in stationäre Behandlung in die Abteilung für Gastroenterologie, Endokrinologie, Onkologie und Rheumatologie des O.-Klinikums in A. Dort wurde die Diagnose eines Plattenephithelcarcinoms des mittleren Ösophagus mit Infiltration der Trachea und Nachweis eines pathologischen Lymphknotens im rechten oberen Medastinum im fortgeschrittenem Stadium IV bestätigt. Der Versicherte befand sich in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand. Aufgrund der Infiltration der Trachea kam eine operative Sanierung nicht in Frage, sodass eine definitive Radio-Chemotherapie eingeleitet wurde. Ab dem 6. Mai 2008 wurde der Versicherte künstlich ernährt, und zwar bis 19. Mai 2008 mittels einer PEG-Anlage (Versorgung über eine die Bauchdecke durchstoßende Sonde = perkutane endoskopische Gasostromie), anschließend über einen Postkatheter und ab 2. September 2008 wieder mit Hilfe einer PEG-Sonde.
Am 26. Mai 2008 wurde der Versicherte bis 8. Juli 2008 erneut zur stationären Chemotherapie mit Cisplatin und 5-FU aufgenommen. Die Nahrungsaufnahme konnte teilweise nur noch oral in Form von Flüssigkeiten erfolgen. Er berichtete über eine zunehmende Dysphagie sowie einen Gewichtsverlust. Während der gesamten stationären Chemotherapie war es zu massiver Übelkeit mit rezidivierendem massivem Erbrechen, das medikamentös nur schwer beherrschbar war, gekommen. Der Allgemeinzustand hatte sich deutlich verschlechtert und es kam zu weiterer Gewichtsabnahme. Unter einer mehrfachen intravenösen antiemetischen Therapie war die Chemotherapie durchführbar. Zusätzlich während des stationären Aufenthaltes erfolgte eine parenterale Ernährung mit Aminomix und Lipovenös. Anlässlich der stationären Behandlung vom 17. bis 19. September 2008 im O.-Klinikum A. wurde zwar kein sicherer Anhalt für ein Rezidiv oder einen persistierenden Tumor festgestellt. Der Versicherte berichtete aber, dass er zunehmend schlechter Nahrung zu sich nehmen, auch Flüssigkeiten kaum noch schlucken könne. Postprandial käme es oft zu Erbrechen. Der Versicherte befand sich in leicht reduziertem Allgemeinzustand und schlankem Ernährungszustand.
Am 26. September 2008 begab sich der Versicherte zum Notariat L., wo er die Klägerin testamentarisch zu seiner Alleinerbin einsetzte.
Vom 26. September 2008 bis 6. Oktober 2008 wurde der Versicherte erneut in stationäre Behandlung in das O.-Klinikum wegen rezidivierender Schluckstörungen aufgenommen. Er berichtete, er habe nicht einmal mehr seinen eigenen Speichel schlucken können und leide an brennenden thorakale Schmerzen beim Husten. Auch der Schlaf sei massiv gestört. Ein Gewichtsverlust von insgesamt 6 kg und rezidivierende Dyspnoe konnten festgestellt werden. Der Versicherte befand sich in deutlich reduziertem Allgemeinzustand und kachethischem Ernährungszustand. Es zeigte sich eine Fistel zwischen Speise- und Luftröhre, weshalb am 1. Oktober 2008 die Implantation eines ummantelten Metall-Stents zur Fisteldeckung erfolgte.
Am 10. Oktober 2008 schlossen die Klägerin und der Versicherte die Ehe.
Bei einem weiteren stationären Aufenthalt vom 23. bis 29. Oktober 2008 wurde ein Lokalrezidiv mit zunehmender distaler Trachealwandnekrose und großer Fistel in den Ösophagus diagnostiziert. Es zeigten sich metastasenverdächtige Lungen- und Leberrundherde. Der Versicherte hatte bereits seit sieben Tagen wiederholt schleimiges, übel riechendes, teilweise blutig tingiertes Material erbrochen bzw abgehustet. Eine Flüssigkeits- oder Nahrungsaufnahme war nicht mehr möglich. Der Versicherte wurde verlegt und am 31. Oktober 2008 wurde in der Klinik L. ein endobronchialer Y-Stent gelegt worden. Im Anschluss daran war er bis zum 27. November 2008 wieder stationär im O.-Klinikum, wo dann eine palliative Chemotherapie mit Carboplatin/Taxan durchgeführt wurde. Der nächste Zyklus fand vom 1. bis 23. Dezember 2008 statt. Am 9. Januar 2009 verstarb der Versicherte an den Folgen seiner Tumorerkrankung.
10 
Am 27. Januar 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Versichertenrente. Sie führte in dem Antrag aus, die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Pflege und Betreuung des ständig auf Pflege angewiesenen Ehegatten erfolgt. Der Tod bzw die tödlichen Folgen der Krankheit seien nach ärztlicher Auffassung bei der Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen. Hierzu legte sie eine entsprechende ärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes Prof. Dr. K. vom 16. Februar 2009 vor, wonach der tragische Verlauf der Erkrankung in der dann erfolgten Form nicht absehbar gewesen sei. Anders als zu erhoffen und abzusehen gewesen sei, sei die Krankheit in den Folgemonaten rasch progredient und trotz Behandlung mittels Chemotherapie nicht mehr beherrschbar gewesen.
11 
Nach Vorlage der Krankenhausentlassungsberichte lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. März 2009 den Antrag auf die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin mit der Begründung ab, die Ehe habe zum Zeitpunkt des Todes weniger als ein Jahr gedauert. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat die Versorgung mit einer Hinterbliebenenrente gewesen sei. Aufgrund der schweren Erkrankung sei zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem baldigen Tode des Ehemannes zu rechnen gewesen. Gründe, die geeignet wären, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen, seien nicht ersichtlich.
12 
Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2009 an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages und legte am 6. April 2009 Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führte sie aus, keinesfalls sei für sie oder ihren Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung erkennbar gewesen, dass das Krebsleiden in absehbarer Zeit zum Tode führen könne. Beide Eheleute hätten langjährig zusammengelebt. Da beide geschieden gewesen wären, hätten sie nicht gleich das Risiko einer neuen Ehe und einer eventuellen neuen Scheidung eingehen wollen. Nach über achtjähriger Partnerschaft habe dann die Absicht einer Eheschließung bestanden. Diese sei nur aufgrund der Erkrankung früher als geplant durchgeführt worden. Die Heirat sei im Zeichen der gegenseitigen Zuneigung und zur Legitimation der Partnerschaft nach außen erfolgt. Hierzu legte sie ein weiteres Attest von Dr. R. vor, wonach der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung zwar an einem behandlungsbedürftigen Tumorleiden gelitten habe, dennoch sei nicht erkennbar gewesen, dass er daran in absehbarer Zeit versterben würde.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, bereits im April 2008 habe sich die Krebserkrankung des Versicherten in einem fortgeschrittenen Stadium befunden. Eine kurative Therapie sei nicht mehr möglich gewesen. Insgesamt ließe der Verlauf von der Diagnosestellung des malignen Leidens bis zur Hochzeit ein rapides Fortschreiten der Zustandsverschlechterung erkennen, sodass aus medizinischer Sicht mit dem Ableben innerhalb eines Jahres nach der Heirat zu rechnen gewesen sei. Eine Pflegebedürftigkeit habe sich zum Zeitpunkt der Heirat ebenfalls nicht bestätigt. Mithin liege eine Versorgungsehe vor, da die Klägerin andere für die Eheschließung in gleichem Maße ausschlaggebende Gründe nicht bewiesen habe.
14 
Mit ihrer dagegen am 7. Oktober 2009 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie und der Versicherte hätten bereits im Jahr 2006 konkrete Ehepläne gefasst. Die Hochzeit am 10. Oktober 2008 sei aus Liebe erfolgt. Nachdem sich bei der Radiochemotherapie keine Metastasen gezeigt hätten, sei man davon ausgegangen, dass man den Tumor heilend in den Griff bekommen könne. Noch im Krankenhaus habe ihr der Versicherte gesagt, dass er sie heiraten wolle. Sie sei dann mit ihm an den Bodensee gefahren. Dort habe er ihr einen Heiratsantrag gemacht. An den genauen Tag könne sie sich zwar nicht mehr erinnern, es müsse aber die Zeit zwischen dem 19. und 26. September 2008 gewesen sein. Erst nach der Heirat am 18. November 2008 sei eine Progression des Tumors aufgetreten. Dementsprechend sei die Behandlung zunächst kurativ (heilend) erfolgt. Erst nach der Hochzeit habe eine palliative (lindernde) Behandlung stattgefunden. Ende Oktober habe ihr Professor Dr. K. mitgeteilt, dass die Erkrankung nicht mehr heilbar sei. Ihre wirtschaftliche Situation habe sich durch die Heirat verschlechtert. Sie habe die Erbschaft in dem Bewusstsein angenommen, dass ihr der Ehemann insgesamt Schulden in Höhe von 322.096,35 EUR hinterlassen werde. Sie sei jedoch davon ausgegangen, etwaige Differenzbeträge zwischen dem Erlös aus dem Verkauf der geerbten Eigentumswohnungen durch die erwartete Rentenzahlung decken zu können. Bereits seit 2002 habe ihr Ehemann gegenüber seinen Arbeitskollegen erwähnt, dass er sie heiraten werde. Es sei ihm daran gelegen gewesen, sie auch auf Dauer für ihr Alter zu versorgen.
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Mit Urteil vom 12. Februar 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 4. März 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegen können. Zwar bestehe in Anbetracht des langen Zusammenlebens und im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinerlei Zweifel daran, dass sie eine gute partnerschaftliche Beziehung geführt und auch wegen gegenseitiger Zuneigung und Verbundenheit geheiratet habe. Allein dies sei jedoch nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen. Das Bestehen einer Liebesbeziehung müsse nicht zwangsläufig in einer Ehe einmünden. Die gesetzliche Regelung könne auch nicht derartig eng verstanden werden, da sonst nur Fallkonstellation erfasst würden, in denen nicht emotional verbundene Personen in bewusster Kenntnis des nahen Todes des Versicherten eine Ehe eingingen, deren ausschließliches Ziel mithin die Erlangung einer Rente für den Überlebenden sei. Vielmehr sei der Anwendungsbereich auch dann eröffnet, wenn sich Partner einer langjährigen Liebesbeziehung erst vor dem Hintergrund einer unmittelbaren Lebensgefährdung eines der Partner zu einer Heirat entschlössen. Der Klägerin sei zum Zeitpunkt der Eheschließung über dessen Erkrankung und auch deren Stadium informiert gewesen. Sowohl der Heiratsantrag als auch die konkretisierten Heiratspläne seien erst in die Zeit nach April 2008 gefallen. Eine bereits zuvor bestehende definitive Heiratsplanung sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der konkrete Entschluss zu heiraten sei damit zu einem Zeitpunkt gefasst worden, in dem aus objektiver Sicht bekannt gewesen wäre, dass eine schwerwiegende und grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung bestanden habe. Eine Gewissheit über die verbleibende Lebensdauer sei hingegen nicht erforderlich und könne letztendlich ohnehin niemals mit Sicherheit prognostiziert werden, weshalb die behandelnden Ärzte in aller Regel keine Auskunft über die verbleibende Lebensdauer geben könnten. Zumindest in der Laiensphäre sei der Klägerin und dem Versicherten die Dramatik der Erkrankung durchaus bewusst gewesen. Auch müsse eine Versorgung unterstellt werden, denn die Klägerin habe sich durch die Heirat nicht wirtschaftlich verschlechtert. Eine Verschlechterung könne ohnehin bei der Klägerin allenfalls durch die Annahme der Erbschaft eingetreten sein, die allein im Hinblick darauf erfolgt sei, dass etwaige Schulden durch die zu erwartende Hinterbliebenenversorgung gedeckt würden.
16 
Mit ihrer dagegen am 18. Februar 2010 beim SG eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass sie anlässlich der Eheschließung nicht davon ausgegangen sei, dass ihr Ehemann „dem Tode geweiht sei“. Zudem habe ihr Ehemann bereits 2002 gegenüber Arbeitskollegen und sonstigen unbeteiligten Dritten stets die feste und konkrete Heiratsabsicht geäußert. Der Versicherte habe sich am 26. September 2008 nicht in stationärer Behandlung befunden, sondern an diesem Morgen nur einen Termin bei seinem Hausarzt zur Blutkontrolle gehabt. Danach habe er den Notar aufgesucht, der sich im gleichen Gebäude befände, um das Testament zu machen. Sie habe sich ab dem 1. November 2009 mit einem Imbiss selbständig gemacht.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine große Witwenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie ist der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht ergangen sei, denn die Befunde belegten eindeutig ein fortgeschrittenes Karzinom der Speiseröhre im Stadium III bis IV zur Zeit der Eheschließung. Da schon seit Diagnosestellung eine Inoperabilität gegeben sei, habe schon zu diesem Zeitpunkt eine sehr schlechte Lebenserwartung bestanden. Weitere stationäre Aufenthalte seien wegen Komplikationen erfolgt. Es hätten sich zunehmende Schluckstörungen und Gewichtsabnahme eingestellt, auch wenn die palliative Chemotherapie erst wenige Tage nach der Eheschließung begonnen habe. Im Langschnittverlauf hätte sich damit der Gesundheitszustand bis zum Zeitpunkt der Eheschließung als deutlich progredient gezeigt, sodass aus medizinischer Sicht mit dem alsbaldigen Ableben des Versicherten hätte gerechnet werden müssen. Ca 14 Tage nach Eheschließung habe dann die entnommene Probe das Wiederauftreten des Krebses bestätigt. Metastasen seien drei Tage danach verifiziert worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Ehefrau in vollem Umfang unterrichtet worden sei. Dies belege eindeutig eine Versorgungsehe. Offensichtlich sei auch für die Testamentsverfügung Eile geboten gewesen. Die Beklagte hat die Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vorgelegt.
22 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat, nachdem die Klägerin die Aufhebungsvereinbarung vom 28. Juni 2007 sowie die Belage über den Kranken- und Arbeitslosengeldbezug vorgelegt hat, die behandelnden Ärzte des Versicherten als sachverständige Zeugen befragt.
23 
Prof. Dr. K. hat mitgeteilt, dass mit dem Versicherten mehrfach über seinen Gesundheitszustand gesprochen worden sei. Dies sei bereits anlässlich der Erstaufklärung über Diagnose und Therapiemöglichkeiten erfolgt. Nach den Akten könne nicht mehr nachvollzogen werden, ob man auch mit der Klägerin selbst gesprochen habe. Sie habe aber ihren Mann während des gesamten Krankheitsverlaufs begleitet und während der stationären Aufenthalte oft besucht, sodass sie wahrscheinlich bei dem einen oder anderen Gespräch mit anwesend gewesen sei. Zu Beginn der Erkrankung habe ein primär kurativer Behandlungsansatz bestanden, bei welchem eine Heilung nicht von vorne herein ausgeschlossen sei. Nach Abschluss der ersten Chemotherapie habe sich kein sicherer Anhalt für einen Resttumor oder einen persistierenden Tumor gefunden, was durchaus positiv zu bewerten sei und Grund für Optimismus gegeben habe. Auch der Befund der Computertomografie sei zu diesem Zeitpunkt deutlich besser gewesen als der Ausgangsbefund. Die Probleme, die sich im weiteren Krankheitsverlauf ergeben hätten, seien durch die Radiochemotherapie bedingte narbige Engstellung der Speiseröhre bzw eine ösophagotracheale Fistel bedingt gewesen. Beide Probleme seien nicht ungewöhnliche Nebenwirkungen/Folgen einer Radiochemotherapie. Dass der Tumor wiedergekehrt sei, habe erst durch die Bronchienspiegelung am 27. Oktober 2008 nachgewiesen werden können. Erst Ende Oktober 2008 sei daher die Diagnose eines Speiseröhrenkrebs im Endstadium gestellt und eine palliative Chemotherapie begonnen worden. Der Versicherte habe sich am Aufnahmetag vom 26. September 2008 zwar in reduziertem Allgemeinzustand befunden, durch therapeutische Maßnahmen habe sich dies jedoch deutlich bessern können, sodass er bei der Entlassung wieder Nahrung zu sich hätte nehmen können.
24 
Dr. R. von der Onkologie O. hat mitgeteilt, dass der Versicherte nur von Mai bis Juli und dann wieder November 2008 behandelt worden sei. Im Oktober 2008 hätten keine Kontakte bestanden. Man habe ihn lediglich im August zur planmäßigen Nachschau nach Beendigung der Strahlentherapie entsprechend der Strahlenschutzverordnung gesehen. Im November habe man dann Leber- und Lungenmetastasen diagnostiziert und eine palliative Chemotherapie begonnen. Bei der Erstdiagnose wie auch bei Abschluss der Radiochemotherapie habe sich der Tumor im Stadium T4 N1 M0 befunden, wobei T4 die Tumorgröße bezeichne und das Einwachsen in Nachbarorgane (in diesem Fall die Trachea). In der UICC-Klassifikation entspreche dies dem Stadium III. Ab Oktober 2008 habe er sich dann im UICC-Stadium IV aufgrund der neu aufgetretenen Metastasen in Leber und Lunge befunden. Dies entspreche wiederum einem Stadium M1 in der TNM-Klassifikation. Die Prognose bei Abschluss der Radiochemotherapie habe einer 5-Jahres-Überlebensrate von 5 bis 15 % entsprochen. Bei dem Versicherten habe zunächst von einem besseren Verlauf ausgegangen werden können. Er sei noch relativ jung gewesen, habe sich in insgesamt gutem Allgemeinzustand befunden und nicht das typische Risikoprofil gezeigt, wie es sonst bei Patienten mit Ösophaguskarzinom recht häufig vorkomme. Einen Patienten mit der Statistik zu konfrontieren, sei kontraproduktiv. Die Klägerin sei bei den meisten Gesprächen anwesend gewesen. Dass es bei dem Versicherten so rasch zu einer Metastasierung in mehrere Organe gekommen und eine beidseitige Lungenentzündung aufgetreten sei, sei tragisch, aber von vornherein keineswegs absehbar gewesen.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die nach §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer großen Witwenrente.
27 
Nach § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten Anspruch auf Gewährung einer sog. kleinen bzw. großen Witwenrente, sofern der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Rentenanspruch allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der Anwendungsbereich des § 46 Abs 2a SGB VI ist eröffnet, weil die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als 1 Jahr (vom 10. Oktober 2008 bis 9. Januar 2009) gedauert hat.
28 
§ 46 Abs 2a SGB VI, der durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) vom 21. März 2001 (BGBl. I 2001, 403) in das SGB VI eingefügt wurde, geht davon aus, dass der überlebende Ehegatte bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr in den meisten Fällen von seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen vor der Eheschließung noch keinen so großen Abstand genommen hat, dass er diese nicht nach dem Tod des anderen Ehegatten fortsetzen oder wieder aufnehmen oder sich eine selbstständige Lebensführung neu erarbeiten könnte. Dementsprechend stellt die Regelung die – widerlegbare - gesetzliche Vermutung auf, dass die Heirat bei einer weniger als einjährigen Ehedauer in erster Linie der Versorgung des überlebenden Ehegatten diente, es sich also um eine sog Versorgungs-ehe handelte. Diese Vorschrift ist verfassungsgemäß (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 53/08 R, zit nach juris).
29 
Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war (so BT-Drucks 14/4595 S. 44). Diese gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (BSG SozR 3100 § 38 Nr 5). Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalls nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente zu begründen, verbleibt es bei der Annahme einer Versorgungsehe. Auch wenn die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln und zu bewerten sind, trifft die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, denjenigen, der den Anspruch auf Versorgung geltend macht (BSG SozR Nr 84 zu § 128 SGG). Die gesetzliche Vermutung folgt einer Typisierung und verfolgt auch den Zweck, den Leistungsträger und das Gericht der Ausforschung im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Zu würdigen ist freilich, dass das Motiv, Betreuung und Pflege des Erkrankten sicherzustellen, nicht mit einer Versorgungsehe gleichgesetzt werden darf, jedenfalls dann nicht, wenn das Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (BSGE 60, 204). Andererseits ist zu fordern, dass keine deutlichen Anhaltspunkte für die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen war (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Bd. 1 § 46 SGB VI Rdnr 46 a ff.).
30 
Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet überwiegend oder zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, zit. nach juris).
31 
Dass bei der Klägerin in Auswertung der medizinischen Ermittlungen von einer Versorgungsehe ausgegangen werden muss, hat bereits das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
32 
Die weiteren im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen stehen dem nicht entgegen. Dr. R. hat in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 28. Mai 2010 noch einmal bestätigt, dass sich der Versicherte sowohl bei der Erstdiagnose im April 2008 wie auch bei Abschluss der Radiochemotherapie nach der TNM-Klassifikation (weit verbreitetes System zur Beschreibung bösartiger Tumore) im Stadium T4 N1 MO befand. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Im Falle des Versicherten war der Tumor nach Auskunft von Dr. R. bereits in die (Luftröhre) eingewachsen. N1 bedeutet, dass auch benachbarte Lymphknotenmetastasen vorlagen, aber noch keine Fernmetastasen (M0). Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar haben Prof. Dr. K. und Dr. R. berichtet, dass eine Heilung grundsätzlich nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Denn nach Abschluss der ersten Chemotherapie hat sich zunächst kein sicherer Anhalt für einen Resttumor oder einen persistierenden Tumor gefunden, was aus ärztlicher Sicht durchaus positiv zu bewerten war und Grund für Optimismus gegeben hat. Weiter hat der Versicherte nicht dem typischen Risikoprofil entsprochen, war insbesondere noch relativ jung und in insgesamt gutem Allgemeinzustand.
33 
Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass der Klägerin und dem Versicherten der Ernst und die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst waren. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass vor dem Hintergrund der Erkrankung die Heirat zeitlich vorgezogen wurde. Weiterhin hat der Versicherte vor der vierten stationären Behandlung vom 26. September 2008 noch ein Testament zu Gunsten der Klägerin errichtet, obwohl er sich nach dem Aufnahmebefund in einem äußerst schlechten Zustand befunden hat. Er konnte nicht einmal mehr seinen eigenen Speichel schlucken und hatte brennende thorakale Schmerzen beim Husten sowie massive Schlafstörungen. Auch dies belegt, dass offensichtlich Eile geboten war und der Versicherte die Klägerin für den Todesfall versorgen wollte, mit dem er offenbar gerechnet hat. Die Klägerin hat auch zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, dass sie fest mit der Hinterbliebenenversorgung gerechnet hat und nur vor diesem Hintergrund das (angeblich) überschuldete Erbe angetreten hat.
34 
Weiterhin hat die Beratungsärztin H. in der Auswertung des stationären Entlassungsberichtes zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Speiseröhrenkarzinom um einen sehr aggressiven Tumortyp handelt, sodass die Prognose schon bei Diagnosestellung im April 2008 äußerst ungünstig war. Bei dem Versicherten bestand zusätzlich eine Inoperabilität, sodass nur eine Bestrahlungs- und Chemotherapie begonnen werden konnte. Zwar war bis September 2008 kein Fortschreiten des Karzinoms ersichtlich. Die Komplikationen nahmen jedoch bis zur Eheschließung zu. Diese Annahme wird aus Sicht des Senats insbesondere durch die erheblichen Ernährungsprobleme des Versicherten bestätigt, der sich demzufolge auch in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand befunden hat. Sowohl ein Gewichtsverlust sowie eine rezidivierende Dyspnoe konnten festgestellt werden.
35 
Vor diesem gesundheitlichen Hintergrund haben die Klägerin und der Versicherte die Ehe geschlossen. Bereits ab 6. Mai 2008 benötigte der Versicherte eine Magensonde sowie intermittierend Infusionen zur Ernährung bei nicht mehr passagerer Enge der Speiseröhre und eine am 1. Oktober 2008 erfolgte Anlage eines Stents. Der Gewichtsverlust war trotz künstlicher Ernährung stetig.
36 
Der Senat ist daher in Abwägung aller Umstände, nämlich der raschen Heirat kurz nach Abschluss der stationären Behandlung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Heirat überhaupt noch möglich war, überzeugt davon, dass den Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war und sie deswegen zur Versorgung der Klägerin noch rasch geheiratet haben.
37 
Wenn der lebensbedrohende Charakter einer Erkrankung des verstorbenen Ehepartners im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt ist, so kommt die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung in aller Regel nicht in Betracht, es sei denn, die Heirat stellt sie als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses dar (so Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat in Auswertung der von der Klägerin gemachten Angaben nicht überzeugen. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass seit 2002 nur diffuse, nicht im Ansatz konkrete Heiratspläne bestanden haben. Im Übrigen reichen lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (so auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 7. Dezember 2007, L 4 R 2407/05 zu einer bloß geplanten Hochzeit).
38 
Für die Versorgungsabsicht sprechen schließlich auch die finanziellen Umstände. Während die Klägerin nach der Eheschließung nur einen Arbeitslosengeldanspruch auf 451,20 EUR hatte, hätte der Rentenanspruch des Versicherten, nach dem sich die große Witwenrente berechnet, auf 1.465,79 EUR bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung belaufen. Die Klägerin hat auch - wie oben ausgeführt - fest mit dieser finanziellen Verbesserung gerechnet.
39 
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
40 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Gründe

 
26 
Die nach §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer großen Witwenrente.
27 
Nach § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten Anspruch auf Gewährung einer sog. kleinen bzw. großen Witwenrente, sofern der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Rentenanspruch allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der Anwendungsbereich des § 46 Abs 2a SGB VI ist eröffnet, weil die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als 1 Jahr (vom 10. Oktober 2008 bis 9. Januar 2009) gedauert hat.
28 
§ 46 Abs 2a SGB VI, der durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) vom 21. März 2001 (BGBl. I 2001, 403) in das SGB VI eingefügt wurde, geht davon aus, dass der überlebende Ehegatte bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr in den meisten Fällen von seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen vor der Eheschließung noch keinen so großen Abstand genommen hat, dass er diese nicht nach dem Tod des anderen Ehegatten fortsetzen oder wieder aufnehmen oder sich eine selbstständige Lebensführung neu erarbeiten könnte. Dementsprechend stellt die Regelung die – widerlegbare - gesetzliche Vermutung auf, dass die Heirat bei einer weniger als einjährigen Ehedauer in erster Linie der Versorgung des überlebenden Ehegatten diente, es sich also um eine sog Versorgungs-ehe handelte. Diese Vorschrift ist verfassungsgemäß (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 53/08 R, zit nach juris).
29 
Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war (so BT-Drucks 14/4595 S. 44). Diese gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (BSG SozR 3100 § 38 Nr 5). Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalls nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente zu begründen, verbleibt es bei der Annahme einer Versorgungsehe. Auch wenn die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln und zu bewerten sind, trifft die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, denjenigen, der den Anspruch auf Versorgung geltend macht (BSG SozR Nr 84 zu § 128 SGG). Die gesetzliche Vermutung folgt einer Typisierung und verfolgt auch den Zweck, den Leistungsträger und das Gericht der Ausforschung im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Zu würdigen ist freilich, dass das Motiv, Betreuung und Pflege des Erkrankten sicherzustellen, nicht mit einer Versorgungsehe gleichgesetzt werden darf, jedenfalls dann nicht, wenn das Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (BSGE 60, 204). Andererseits ist zu fordern, dass keine deutlichen Anhaltspunkte für die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen war (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Bd. 1 § 46 SGB VI Rdnr 46 a ff.).
30 
Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet überwiegend oder zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, zit. nach juris).
31 
Dass bei der Klägerin in Auswertung der medizinischen Ermittlungen von einer Versorgungsehe ausgegangen werden muss, hat bereits das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
32 
Die weiteren im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen stehen dem nicht entgegen. Dr. R. hat in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 28. Mai 2010 noch einmal bestätigt, dass sich der Versicherte sowohl bei der Erstdiagnose im April 2008 wie auch bei Abschluss der Radiochemotherapie nach der TNM-Klassifikation (weit verbreitetes System zur Beschreibung bösartiger Tumore) im Stadium T4 N1 MO befand. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Im Falle des Versicherten war der Tumor nach Auskunft von Dr. R. bereits in die (Luftröhre) eingewachsen. N1 bedeutet, dass auch benachbarte Lymphknotenmetastasen vorlagen, aber noch keine Fernmetastasen (M0). Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar haben Prof. Dr. K. und Dr. R. berichtet, dass eine Heilung grundsätzlich nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Denn nach Abschluss der ersten Chemotherapie hat sich zunächst kein sicherer Anhalt für einen Resttumor oder einen persistierenden Tumor gefunden, was aus ärztlicher Sicht durchaus positiv zu bewerten war und Grund für Optimismus gegeben hat. Weiter hat der Versicherte nicht dem typischen Risikoprofil entsprochen, war insbesondere noch relativ jung und in insgesamt gutem Allgemeinzustand.
33 
Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass der Klägerin und dem Versicherten der Ernst und die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst waren. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass vor dem Hintergrund der Erkrankung die Heirat zeitlich vorgezogen wurde. Weiterhin hat der Versicherte vor der vierten stationären Behandlung vom 26. September 2008 noch ein Testament zu Gunsten der Klägerin errichtet, obwohl er sich nach dem Aufnahmebefund in einem äußerst schlechten Zustand befunden hat. Er konnte nicht einmal mehr seinen eigenen Speichel schlucken und hatte brennende thorakale Schmerzen beim Husten sowie massive Schlafstörungen. Auch dies belegt, dass offensichtlich Eile geboten war und der Versicherte die Klägerin für den Todesfall versorgen wollte, mit dem er offenbar gerechnet hat. Die Klägerin hat auch zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, dass sie fest mit der Hinterbliebenenversorgung gerechnet hat und nur vor diesem Hintergrund das (angeblich) überschuldete Erbe angetreten hat.
34 
Weiterhin hat die Beratungsärztin H. in der Auswertung des stationären Entlassungsberichtes zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Speiseröhrenkarzinom um einen sehr aggressiven Tumortyp handelt, sodass die Prognose schon bei Diagnosestellung im April 2008 äußerst ungünstig war. Bei dem Versicherten bestand zusätzlich eine Inoperabilität, sodass nur eine Bestrahlungs- und Chemotherapie begonnen werden konnte. Zwar war bis September 2008 kein Fortschreiten des Karzinoms ersichtlich. Die Komplikationen nahmen jedoch bis zur Eheschließung zu. Diese Annahme wird aus Sicht des Senats insbesondere durch die erheblichen Ernährungsprobleme des Versicherten bestätigt, der sich demzufolge auch in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand befunden hat. Sowohl ein Gewichtsverlust sowie eine rezidivierende Dyspnoe konnten festgestellt werden.
35 
Vor diesem gesundheitlichen Hintergrund haben die Klägerin und der Versicherte die Ehe geschlossen. Bereits ab 6. Mai 2008 benötigte der Versicherte eine Magensonde sowie intermittierend Infusionen zur Ernährung bei nicht mehr passagerer Enge der Speiseröhre und eine am 1. Oktober 2008 erfolgte Anlage eines Stents. Der Gewichtsverlust war trotz künstlicher Ernährung stetig.
36 
Der Senat ist daher in Abwägung aller Umstände, nämlich der raschen Heirat kurz nach Abschluss der stationären Behandlung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Heirat überhaupt noch möglich war, überzeugt davon, dass den Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war und sie deswegen zur Versorgung der Klägerin noch rasch geheiratet haben.
37 
Wenn der lebensbedrohende Charakter einer Erkrankung des verstorbenen Ehepartners im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt ist, so kommt die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung in aller Regel nicht in Betracht, es sei denn, die Heirat stellt sie als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses dar (so Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat in Auswertung der von der Klägerin gemachten Angaben nicht überzeugen. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass seit 2002 nur diffuse, nicht im Ansatz konkrete Heiratspläne bestanden haben. Im Übrigen reichen lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (so auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 7. Dezember 2007, L 4 R 2407/05 zu einer bloß geplanten Hochzeit).
38 
Für die Versorgungsabsicht sprechen schließlich auch die finanziellen Umstände. Während die Klägerin nach der Eheschließung nur einen Arbeitslosengeldanspruch auf 451,20 EUR hatte, hätte der Rentenanspruch des Versicherten, nach dem sich die große Witwenrente berechnet, auf 1.465,79 EUR bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung belaufen. Die Klägerin hat auch - wie oben ausgeführt - fest mit dieser finanziellen Verbesserung gerechnet.
39 
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
40 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen A. T. (im Folgenden: Versicherter).
Die 1957 geborene Klägerin hatte den Versicherten nach ihren eigenen Angaben im Alter von 18 Jahren kennengelernt und lebte mit ihm seit 1980 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Am 30.05.1981 wurde der Sohn, S. A. (im Folgenden: Zeuge A), geboren. Im gemeinsamen Haushalt lebte außerdem die Tochter der Klägerin, S. (im Folgenden: Zeugin S). Die Klägerin betreibt seit 1988 ein Autohaus.
Der 1945 in Tunesien geborene Versicherte hatte drei weitere Kinder, die bei ihren Müttern aufwuchsen. Er war im Autohaus der Klägerin beschäftigt. Wegen allgemeiner Mattigkeit und Atemnot suchte er im Juli 2006 seinen Hausarzt Dr. K. auf. Am 11.07.2006 wurde der Versicherte wegen starker Atemnot und Schmerzsymptomatik stationär aufgenommen. Dort wurde nach invasiver Diagnostik am 26.07.2006 ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose festgestellt (Tumorstadium T4 Nx M1). Der Versicherte wurde während seines Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 über den histologischen Befund eingehend informiert. Im Anschluss erfolgte eine ambulante Chemotherapie (insgesamt drei Zyklen vom 07.08.2006 bis 08.10.2006). Eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Am 10.10.2006 heirateten die Klägerin und der Versicherte. Mit Testament vom 24.10.2006 setzte der Versicherte die Klägerin als Alleinerbin ein. Wegen zunehmender Schmerzen begab sich der Versicherte am 03.11.2006 erneut in stationäre Behandlung, bei der eine Tumorprogression festgestellt wurde. Die Chemotherapie wurde sodann in veränderter Form fortgesetzt. Am 06.11.2006 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Antrag wurde in einen Rentenantrag umgedeutet. Die Beklagte bewilligte sodann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.11.2006.
Nach einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten im Januar 2007 erfolgte eine Umstellung der Therapie in eine palliative Chemotherapie. Am 22.02.2007 verstarb der Versicherte.
Unter dem 20.04.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.2007 den Antrag der Klägerin ab. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine Versorgungsehe handele, da die tödlichen Folgen der Erkrankung des Versicherten bei der Eheschließung zu erwarten gewesen seien. Hiergegen legte die Klägerin am 19.06.2007 Widerspruch mit der Begründung ein, es habe sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie mit dem Versicherten einen volljährigen Sohn und seit über 25 Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe. Sie hätten vor vielen Jahren ein Wohnhaus gemeinsam erworben und schon seit längerer Zeit geplant zu heiraten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.10.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Klägerin und der Versicherte hätten vor der Hochzeit schon seit 26 Jahren wie Ehepartner zusammengelebt. Bereits kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes sei eine Hochzeit geplant gewesen. Wegen des Baus des gemeinsamen Hauses und des Baus eines weiteren Hauses in Tunesien sowie des Aufbaus des Autohauses sei die Eheschließung jedoch immer wieder aufgeschoben worden. Im Jahr 2000 seien die Heiratspläne sehr konkret geworden. Es sei ein Termin beim Standesamt vereinbart worden. Außerdem seien die erforderlichen Unterlagen (ua eine Befreiungsurkunde des OLG Stuttgart) und die finanziellen Mittel beschafft worden. Die Eheschließung sei bereits standesamtlich angemeldet, ein konkreter Termin aber noch nicht geplant gewesen. Kurz darauf sei die Klägerin erkrankt und in der Folge psychiatrisch (ua stationär) behandelt worden, weshalb die Hochzeit erneut verschoben worden sei. Die Klägerin sei dann bis 2003/2004 in Behandlung gewesen. Als der Versicherte im Juli 2006 an Krebs erkrankt sei, habe er die Art und Schwere der Krankheit seiner Ehefrau und seinen Kindern verschwiegen. Im Oktober und November 2006 sei der Versicherte wie gewohnt jeden Morgen in die Autowerkstatt gegangen. Er habe immer wieder versichert, dass seine Krankheit ausheilen werde. Erst bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus im Februar 2007 hätten die Kinder von der Diagnose erfahren. Sie hätten beschlossen, die Diagnose vor der Klägerin zu verschweigen. Auch von Dr. K. sei die Ehefrau nicht über die Schwere der Krankheit aufgeklärt worden. Bis zu seinem Tod sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Krankheit heilbar sei. Im September 2006 sei der Termin für die Hochzeit vereinbart worden. Der Versicherte habe aufgrund der ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat gedrängt. Der Versicherte habe vermeiden wollen, dass die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus an seine anderen Kinder oder seine erste Ehefrau gehen. Schon frühzeitig sei der Steuerberater E. S. (im Folgenden: Zeuge Stb) eingebunden gewesen. Es sollten hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Auch die geplante Erbschaftssteuerreform habe dabei eine Rolle gespielt. Zudem sollte es dem gemeinsamen Sohn durch die Heirat ermöglicht werden, als sodann ehelicher Sohn das Erbe des Versicherten in Tunesien anzutreten. Der Zeuge Stb habe dem Versicherten zur sofortigen Heirat geraten. Rentenansprüche oder Versorgungsleistungen seien in diesen Gesprächen nicht diskutiert worden. Die Klägerin habe an diesen Gesprächen nicht teilgenommen. Der Versicherte habe den Zeugen Stb als seinen Freund und Vertrauten ausdrücklich darum gebeten, die Klägerin nicht über die Art und Schwere seiner Erkrankung und die erörterten Fragen zu unterrichten. Der Klägerin sei es wichtig gewesen – und habe deshalb die Hochzeitspläne unterstützt – dem Versicherten zu zeigen, dass sie gerade auch in den Zeiten einer schweren Erkrankung zu ihm stehe. Dies werde auch durch die für April 2007 geplante Hochzeitsreise nach Tunesien dokumentiert. Dort hätten die Eheleute auch die Eheringe kaufen wollen. Vor diesem Hintergrund sei eine Versorgungsehe widerlegt. Letztlich sei die Klägerin ohnehin nicht auf den Erhalt einer Hinterbliebenenrente angewiesen, da sie als Inhaberin des Autohaues ausreichende Einkünfte erziele. Die Eheleute seien wirtschaftlich voneinander unabhängig gewesen und hätten Einkünfte in derselben Größenordnung erzielt.
Das SG hat Dr. K. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Er hat angegeben, dass die im Rahmen der stationären Behandlung festgestellte Pleurakarzinose der Grund gewesen sei, warum eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr möglich gewesen sei. Er habe schon zu diesem Zeitpunkt mit dem Versicherten über die Diagnose und die sehr fraglichen Heilungschancen gesprochen. Als Anhalt für den bereits zu diesem Zeitpunkt schlechten Allgemeinzustand und die gesamte gesundheitliche Problematik möge auch gelten, dass der Versicherte bereits während dieser Krankheitsphase stärkste Schmerzmittel (Morphinpräparate) erhalten habe. Im Januar 2007 habe er ein ausführliches Gespräch mit der Klägerin geführt.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2010 haben die Zeugen A, S und Stb uneidlich ausgesagt. Der Zeuge A hat ausgesagt, dass seine Eltern schon im Jahr 2000 geplant hatten, zu heiraten. Aufgrund der Erkrankung seiner Mutter habe die Hochzeit dann nicht stattgefunden. Es sei aber alles „unter Dach und Fach“ gewesen. Auch danach sei das Thema nie ganz aus der Welt gewesen. Die Hochzeit im Jahr 2006 habe im kleinen Kreis stattgefunden. Ein großes Fest sollte danach stattfinden. Konkrete Pläne habe es noch nicht gegeben. Eine Hochzeitsreise sei angedacht gewesen. Er habe im Sommer 2006 erfahren, dass sein Vater an Lungenkrebs erkrankt sei. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sein Vater daran sterben könne. Die Zeugin S hat ausgesagt, man habe in der Familie immer wieder über das Thema Hochzeit gesprochen. Im Jahr 2000 seien die Papiere da gewesen. Ein konkretes Datum habe es noch nicht gegeben. Aufgrund der Erkrankung ihrer Mutter habe die Hochzeit nicht stattgefunden. Bei der Hochzeit im Jahr 2006 seien nur das Brautpaar, ihr Bruder und sie zugegen gewesen. Trauzeugen habe es nicht gegeben. Es sollte im Jahr darauf, nach der Genesung des Versicherten, groß gefeiert werden. Sie habe gewusst, dass der Versicherte an Krebs erkrankt sei. Er habe aber immer wieder gesagt, dass er schon wieder gesund werde. Sie habe natürlich gewusst, dass es schwierig werden könne. Sie habe natürlich auch mit ihrer Mutter über die Krankheit gesprochen. Man habe im Internet über die Krankheit recherchiert. Während der Behandlungen sei es dem Versicherten immer etwas schlechter gegangen, danach aber wieder ziemlich gut. Sie habe nie gedacht, dass der Versicherte sterben könne. Der Zeuge Stb hat ausgesagt, er sei seit Beginn des Betriebs des Autohauses der Steuerberater der Familie. Er habe Mitte/Ende 2006 von der Krankheit des Versicherten erfahren und immer offen mit ihm darüber gesprochen. Er sei davon ausgegangen, dass der Versicherte jedenfalls noch zwei oder drei Jahre leben werde. Im Frühjahr 2006 sei im Rahmen der Bilanzerstellung für das Autohaus über die bevorstehende Erbschaftssteuerreform gesprochen worden. Er habe ihn auf die erbrechtlichen Folgen hingewiesen, wenn er unverheiratet bliebe. Die Klägerin oder die Zeugen S und A seien nie zugegen gewesen. Unmittelbar vor der Hochzeit sei über die erbrechtlichen Angelegenheiten nicht mehr gesprochen worden. Ungefähr 10 bis 14 Tage nach der Hochzeit sei das Testament erstellt worden. Über Rentenanwartschaften oder eine sonstige Altersvorsorge der Klägerin habe er nichts gewusst. Der Versicherte sei nicht am Autohaus beteiligt gewesen.
10 
Mit Urteil vom 28.07.2010 (der Klägerin zugestellt am 10.11.2011) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass die Klägerin mit dem Versicherten keine Versorgungsehe eingegangen sei. Hierfür spreche, dass der Versicherte bei der Eheschließung offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten habe. Hieran ändere der Umstand nichts, dass der Tod nicht unmittelbar bevorgestanden habe bzw die Möglichkeit bestanden habe, dass der Versicherte das erste Ehejahr überleben werde. Sie hätten mit einem tödlichen Verlauf der Krankheit rechnen müssen. Auch der Klägerin sei die Gefährlichkeit der Erkrankung bewusst gewesen. Für den Versorgungszweck der Ehe sprächen auch die Umstände der Hochzeit ohne Trauzeugen und größere Feier. Weder die langjährige eheähnliche Lebensgemeinschaft noch die Kontaktaufnahme mit dem Standesamt im Jahr 2000 reichten aus, um die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Zwar könne daraus der Schluss gezogen werden, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Eheschließung nur ihren rechtsförmlichen Vollzug erhalten habe. Die Heiratspläne vor der Erkrankung des Versicherten hätten sich jedoch nicht wesentlich konkretisiert. Zudem sei die Versorgung der Klägerin nicht gesichert, da die Höhe des Gewinns aus ihrer selbständigen Tätigkeit Schwankungen unterlägen. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht der Umstand, dass mit der Hochzeit die erbrechtliche Situation geregelt werden sollte. Weder die Zeugen noch die Klägerin hätten angegeben, dass nach den Beratungen durch den Zeugen Stb im Frühjahr 2006 schon eine Hochzeit verstärkt in Betracht gezogen worden sei. Die von der Klägerin angegebenen Motive für die Hochzeit, nämlich dem Versicherten Mut zu machen, überwiegten in der Gesamtabwägung der Umstände nicht.
11 
Am 26.01.2011 hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die vom SG vorgenommene Gesamtbetrachtung und Abwägung sei lücken- und fehlerhaft. Die Gründe für die Hochzeit überwiegten den Versorgungszweck. Jedenfalls seien die Gründe gleichwertig. Gegen eine Versorgungsehe spreche, dass das Thema einer Versorgungsrente weder vor noch nach der Hochzeit vom Versicherten angesprochen worden sei. Es sei insbesondere nicht Gegenstand der Besprechungen mit dem Zeugen Stb gewesen. Die Klägerin sei auf eine Versorgung nicht angewiesen. Der Zeuge Stb und der Versicherte seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin im Todesfall als testamentarische Alleinerbin unter Berücksichtigung ihres eigenen Vermögens, ihrer eigenen Einkünfte (auch aus Vermietung) und der Aussicht auf eine Lebensversicherung ausreichend versorgt sei. Die Familie sei zudem nicht über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen. Es sei eine größere Hochzeit in Tunesien geplant gewesen. Gegen eine Versorgungsehe spreche weiter, dass die Klägerin und der Versicherte seit 26 Jahren wie ein Ehepaar zusammen lebten und schon im Jahr 2000 eine Heirat geplant hatten. Motiv des Versicherten sei es gewesen, die erbrechtlichen Folgen bei Nichtverheiratung zu vermeiden. Motiv der Klägerin sei es gewesen, den Versicherten nicht im Stich zu lassen und ihm Mut zu machen, zumal sie eine Hochzeit „immer wieder im Hinterkopf“ gehabt hätten.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 23.03.2007 große Witwenrente zu gewähren,
hilfsweise den Steuerberater S. dazu zu hören, dass eine Witwenrente nie Thema der Gespräche mit dem Verstorbenen gewesen sei.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide, ihren Vortrag beim SG sowie die Ausführungen im Urteil verwiesen.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.877,64 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Umstritten ist der Einbehalt der dem Kläger gewährten Regelaltersrente (RAR) aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Beklagte zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau I. Q. (I.Q.), der Beigeladenen.
Die Beklagte bewilligte dem 1942 geborenen Kläger ab 1. Oktober 2007 RAR (Bescheid vom 17. Juli 2008), ab 1. Juli 2009 mit einem Zahlbetrag von 679,98 EUR (Rente 635,49 EUR und Zuschuss zur Krankenversicherung [KV] 44,49 EUR) und (Bescheid vom 17. Juli 2008) ab 1. Oktober 2007 mit einem Zahlbetrag in Höhe von 656,42 EUR (Rente 613,76 EUR und Zuschuss zur KV 42,66 EUR) sowie für die Zeit ab 1. Juli 2008 mit einem Zahlbetrag von 663,98 EUR (Rente 620,54 EUR und Zuschuss zur KV 43,44 EUR). Mit Bescheid vom 18. Mai 2009 erfolgte eine Neuberechnung der Rente ab 1. Juli 2009 mit einem Zahlbetrag von 679,98 EUR (Rente 635,49 EUR und Zuschuss zur KV 44,49 EUR). Außerdem bezieht der Kläger eine Altersrente (AR) vom Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (VWR) mit einem monatlichen Betrag von 1.659,51 EUR (Stand 1. Januar 2010).
Auf Grund eines am 14. Januar 1997 vor dem OLG Stuttgart im Zusammenhang mit der Scheidung geschlossenen gerichtlichen Vergleichs war der Kläger der Beigeladenen zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verpflichtet. Eine Unterhaltsabänderungsklage des Klägers war teilweise erfolgreich (ab 1. Januar 2007 monatlicher Unterhalt 2.248,21 EUR an Stelle von 3.353,19 EUR, Urteil des AG St. B. C. vom 10. Mai 2007, nicht rechtskräftig geworden).
Die Beigeladene erwirkte am 10. September 2007 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PÜB) des AG Ch. (Geschäftsnr. ...) wegen seit 5. Januar 2007 rückständiger titulierter (gerichtlicher Vergleich vom 14. Januar 1997) Unterhaltsansprüche (Gesamtforderung zum 7. August 2007 28.260,50 EUR), mit welchem die gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Klägers auf Altersrente gegen die Beklagte einschließlich etwaiger künftig fällig werdender Ansprüche aus dem gleichen Rechtsgrund gepfändet und der Beigeladenen zur Einziehung überwiesen wurde. Der Drittschuldner dürfe insoweit an den Schuldner nicht mehr leisten. Dieser dürfe insoweit über die Forderung nicht verfügen, insbesondere sie nicht einziehen. Die Zusammenrechnung der durch den Drittschuldner (Beklagte) zu leistenden Bezüge mit den Rentenansprüchen gegenüber dem VWR werde gemäß § 850e Ziff. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) angeordnet. Beide Leistungsträger hätten sich über die zu leistenden Bezüge zu verständigen und diese zusammenzurechnen. Der sich nach den Bestimmungen des Beschlusses ergebende pfändbare Betrag sei (lediglich) den Leistungen des Drittschuldners, der Beklagten, zu entnehmen. Dem Schuldner (hier der Kläger), der nach Angaben des Gläubigers (hier Beigeladene) für keine unterhaltsberechtigte Person Unterhalt leiste, dürften bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs von dem errechneten Nettoeinkommen nur monatlich 705,00 EUR verbleiben.
Das VWR teilte im Schreiben vom 28. September 2007 der Beklagten mit, die monatliche AR des Klägers betrage 1.625,13 EUR, und verwies auf einen Beschluss des AG St. (...) vom 15. August 2007 (auf Erinnerung Abänderung eines PÜB vom 1. August 2007, einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung unter Aufrechterhaltung der Pfändung, der Drittschuldner habe die gepfändeten Beträge weiter einzubehalten und bei sich zu verwahren, bis über die Erinnerung entschieden sei, dem Schuldner könnten bis zur Entscheidung wie bisher monatlich 890,00 EUR ausgezahlt werden). Das AG Ch. stellte die Zwangsvollstreckung aus seinem PÜB mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 einstweilen ein, der Drittschuldner habe bis zur Zustellung der endgültigen Entscheidung die gepfändeten Beträge zurückzuhalten. Mit Beschluss vom 9. Januar 2008 wies der Rechtspfleger des AG Ch. den Antrag des Klägers auf Erhöhung des pfandfreien Betrags zurück und mit Beschluss vom 14. Januar 2008 wies das AG Ch. die Erinnerung gegen den PÜB zurück.
Im Berufungsverfahren wegen des Urteils des AG St. B. C. vom 10. Mai 2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene und dortige Beklagte am 11. März 2008 vor dem OLG Stuttgart einen gerichtlichen Vergleich mit im Wesentlichen folgendem Inhalt:
„I. Der Geschiedenenunterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger wird nach Maßgabe folgender Punkte abgegolten:
1. [...]
2. Der Kläger wird bei der Deutschen Rentenversicherung eine Altersrente beziehen, die nach der ihm vorläufig erteilten Auskunft bei 600 EUR mtl. liegt. Unter Berücksichtigung des § 5 VAHRG erwartet er einen über 600 EUR liegenden Betrag mtl.. Der Kläger verpflichtet sich, an die Beklagte Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung zu bezahlen. In Erfüllung dieser Verpflichtung und darüber hinausgehend weist der Kläger den Rentenversicherungsträger Deutsche Rentenversicherung Bund zum Versicherungskonto ... unwiderruflich an, die von ihm bezogene gesetzliche Rente für die Dauer der Bezugsberechtigung mit Wirkung ab 01.02.2008 vollständig und unmittelbar auf das Konto der Beklagten Nr. ... bei der BW-Bank, BLZ ... zu überweisen. Die Anweisung umfasst die gepfändeten und die unpfändbaren Beträge. Sollte die Beklagte vor dem Kläger versterben, steht der Rentenanspruch ab dem auf den Tode der Beklagten folgenden Monatsersten dem Kläger zu. In diesem Falle erlischt das Pfandrecht aus dem Beschluss des Amtsgerichts Ch. ... zum Zeitpunkt des Todes der Beklagten.
3. Zur Abgeltung des rückständigen Geschiedenenunterhalts zahlt der Kläger an die Beklagte bis zum 25.04.2008 einen Betrag von insgesamt 21.000 EUR, den der Kläger erbringt aus
10 
a) einem Betrag von 15.000 EUR durch den Verkauf einer Garage [...]
sowie
11 
b) einen Betrag von 6.000 EUR aus aufgelaufenen, unausgekehrten monatlichen Rentenzahlungen. Diesbezüglich weit der Kläger das Versorgungswerk der Rechtsanwälte [...] unwiderruflich an, einen vorrangigen teil von 6.000 EUR [...] auf das Konto der Beklagten [...] zu überweisen. Die Beklagte verzichtet gegenüber dem Versorgungswerk [...] auf die Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Stuttgart 2 M 3591/07.
12 
II. [...]
III. [...]
IV.
13 
a) die Beklagte gibt die Rechte aus der Pfändung der Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund für die Zeit vom 01.02.2008 mit dem heutigen Tage frei.
14 
b) [...]
c) [...]
15 
V. Damit sind alle Unterhaltsanspruche gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt, insbesondere auch im Falle der Not und ein eventueller Anspruch nach § 1586b BGB.
16 
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte die Gerichtskosten. Die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“
17 
Unter Vorlage dieses Vergleichs forderte der Kläger die Beklagte auf, die ab 1. Februar 2008 zu zahlende RAR auf das Konto der Beigeladenen und die Rückstände ab September 2007 auf das Konto seiner jetzigen Ehefrau J.Q. zu zahlen. Er bitte um Beachtung des Vergleichs.
18 
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen erklärte am 30. Juli 2008 die Freigabe der Rechte aus der Pfändung der Rente auf Grund des Vergleichs vom 11. März 2008 für die Zeit vor dem 1. Februar 2008. Ab 1. Februar 2008 sei die Rente auf Grund des Vergleichs vollständig auf das Konto der Beigeladenen zu überweisen, wobei gepfändete und auch unpfändbare Beträge von der Anweisung umfasst seien. Auf Hinweis der Beklagten, im Hinblick auf den PÜB vom 10. September 2007 und den Vergleich vom 11. März 2008 andererseits bestünden Unklarheiten, erklärte er, der PÜB bleibe aufrechterhalten. Soweit die zu erwartende Rente unter dem Freibetrag von 705,00 EUR liege, sei sie auf Grund des Vergleichs an die Beigeladene auszuzahlen.
19 
Am 6. August 2008 erklärte der Kläger, nach dem Vergleich bleibe der PÜB unverändert. Damit sei, zumal der PÜB bezüglich der AR vom VWR aufgehoben worden sei, der pfändungsfreie Betrag von 705,00 EUR zu beachten und könne insoweit nicht an die Beigeladene ausgezahlt werden. Er habe dem Rechtsanwalt der Beigeladenen vorgeschlagen, notfalls eine zusätzliche Vereinbarung über diesen Freibetrag abzuschließen.
20 
Mit Schreiben vom 18. August 2008 machte der Bevollmächtigte der Beigeladenen geltend, die Rente sei auf Grund der „Anweisung“ im Vergleich ab 1. Februar 2008 vollständig und unmittelbar an diese zu überweisen. Auf die Frage des Bestehenbleibens des Pfandrechts komme es gar nicht an. Das Schreiben des Klägers vom 6. August 2008 sei unbeachtlich, weil er die Anweisung im Vergleich unwiderruflich erteilt habe. Unter der Voraussetzung der Zahlung der Rente an die Beigeladene verzichte diese auf die Rechte aus dem PÜB vom 10. September 2007 mit Wirkung ab 1. Februar 2008.
21 
Bei Errechnung des pfändbaren Betrages ermittelte die Beklagte unter Zugrundelegung der Pfändung und Zusammenrechnung der Renten sowie des festgelegten Freibetrages von 705,00 EUR für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. August 2008 eine Nachzahlung zugunsten der Beigeladenen in Höhe von 1.960,64 EUR und zugunsten des Klägers in Höhe von 5.275,10 EUR sowie laufende Zahlbeträge ab 1. September 2008 zugunsten der Beigeladenen in Höhe von 184,72 EUR und zugunsten des Klägers in Höhe von 479,26 EUR. Dies teilte sie beiden Beteiligten mit. Gegenüber der Beigeladenen führte sie ferner aus, der PÜB des AG Ch. sei zu beachten. Der vor dem OLG St. am 11. März 2008 geschlossene Vergleich habe insofern keine Auswirkungen, da durch diesen nur der Kläger verpflichtet sei. Der Freibetrag von 705,00 EUR sei zu beachten. Es könnten nur die pfändbaren Beträge überwiesen werden.
22 
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen trat dem entgegen. Bei dem Vergleich handle es sich um eine „Anweisung im weiteren Sinne“, auf Grund der die Beigeladene ermächtigt sei, die Leistung im eigenen Namen geltend zu machen. Es liege eine „unwiderrufliche Anweisung“ vor, die Beklagte werde durch Zahlungen an den Kläger nicht frei.
23 
Hierauf schlossen der Kläger und die Beigeladene am 21./26. November 2008 eine weitere Vereinbarung, die im Wesentlichen folgenden Inhalt hatte:
24 
„Wir ergänzen und vervollständigen einvernehmlich den vor dem Oberlandesgericht Stuttgart am 11. März 2008 abgeschlossenen Vergleich bezüglich der Rente des Herrn Dr. R. Q. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, welche den Anweisungen im Vergleich vom 11. März 2008 unter Bezug auf den von ihr nach ihrer Ansicht zu beachtenden unpfändbaren Betrag nicht gegenüber Frau I. Q. nachkommen wollte.
25 
1. [...]
2. Es besteht Einigkeit darüber, dass die in Ziff. 2 S. 3 des Vergleichs vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 eingegangene Verpflichtung, Frau I. Q. Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung, derzeit monatlich EUR 620,54, zu bezahlen, nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung an den Rentenversicherungsträger, sondern ausschließlich durch Zahlung an Frau I. Q. erfüllt wird. Insoweit wird der Vergleich vom 11. März 2008 abgeändert. Fürsorglich tritt Herr Dr. R. Q. die ihm von der Deutschen Rentenversicherung zustehende Rente mit Ausnahme des Zuschusses zur Krankenversicherung in der jeweiligen Höhe an Frau I. Q. ab und verpflichtet sich, Frau I. Q. so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung steht bzw. stehen würde.
26 
3. [...]
4. Die Parteien sind sich einig, dass Frau I. Q. stets die Rente in voller Höhe zusteht, auch wenn sie angepasst wird, nicht aber der Zuschuss der Deutschen Rentenversicherung Bund zu der Krankenversicherung von Herrn Dr. R. Q. (derzeit EUR 43,44). Sollte aus gleich welchen Gründen abweichend hiervon die Rente oder ein Teil hiervon an Herrn Dr. R. Q. oder umgekehrt der Krankenversicherungszuschuss oder ein Teil hiervon an Frau I. Q. gezahlt werden, verpflichtet sich der jeweilige Zahlungsempfänger, dem anderen den tatsächlich zugegangenen Betrag zu erstatten.
27 
5. Soweit die Bestimmungen aus dem Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 durch vorliegende Vereinbarung nicht ausdrücklich abgeändert worden sind, bleiben sie bestehen. Der Vergleich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 14.01.1997 (...) hingegen ist hiermit in allen Punkten erledigt.
28 
6. Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung oder des Vergleichs vom 11. März 2008 ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, wird der Bestand dieser Vereinbarung und des Vergleichs vom 11. März 2008 hiervon nicht berührt. Die Parteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung durch eine solche zu ersetzen, mit der das Gewollte erreicht wird.“
29 
Diese Vereinbarung übersandte der Kläger der Beklagten und bat um Zahlung der Rente und etwaiger Rentenerhöhungen auf das Konto der Beigeladenen sowie der KV-Zuschuss auf das Konto seiner Ehefrau J.Q. zu zahlen. Der PÜB des AG Ch. sei aufgehoben und nicht mehr zu beachten. Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit, entsprechend dessen Schreiben vom 5. Dezember 2008 werde die RAR ab 1. Januar 2009 in Höhe von 620,54 EUR auf das Konto der Beigeladenen und der Beitragszuschuss zur freiwilligen KV auf das Konto von J.Q. überwiesen. Die Zahlung erfolge nicht auf Grund des PÜB vom 10. September 2007 und auch nicht gemäß der Vereinbarung vom 26. November 2008, da hier nur eine Zahlung im Rahmen der pfändbaren Beträge in Höhe von zur Zeit 184,72 EUR erfolgen könnte, sondern auf Grund dessen, dass der Kläger verfügt habe, auf welche Konten die Beträge zu überweisen seien. Dieser bleibe allerdings weiterhin Gläubiger des Rentenanspruches, die bezeichneten Kontoinhaber seien ihr gegenüber nicht forderungsberechtigt.
30 
Der Rentenbescheid vom 18. Mai 2009 mit Neuberechnung der Rente ab 1. Juli 2009 enthielt dann den ergänzenden Hinweis, entsprechend der Verfügung vom 5. Dezember 2008 werde ab 1. Juli 2009 die RAR in Höhe von 635,49 EUR auf das Konto der Beigeladenen überwiesen.
31 
Mit Schreiben vom 11. und 31. März 2010 forderte der Kläger die Zahlung der gesamten Rente ab März 2010 auf das Konto von J.Q., auf das Konto der Beigeladenen solle keinerlei Zahlung mehr erfolgen.
32 
Die Beklagte teilte ihm hierauf mit, die gewünschte Zahlungsumstellung könne so nicht durchgeführt werden, da der Beschluss des AG B. vom 10. September 2007 zugunsten der Beigeladenen vorliege. Der PÜB sei wieder zu beachten. Dem fügte sie eine Berechnung bei, nach welcher sich bei Zusammenrechnung der Renten und unter Berücksichtigung des monatlichen Freibetrages von 705,00 EUR ab 1. Mai 2010 ein Zahlbetrag zugunsten der Beigeladenen von 200,72 EUR und zugunsten des Klägers in Höhe von 479,26 EUR ergab. Entsprechende Mitteilungen vom 4. Mai 2010 gingen an den Kläger und an die Beigeladene.
33 
Der Kläger trat dem entgegen. Der PÜB des AG Ch. habe auf Grund des Vergleichs vom 11. März 2008 ruhend gestellt werden müssen, dürfe also nicht mehr beachtet werden. Die Beigeladene habe auch den Vergleich aus dem Jahr 1997, auf Grund dessen der PÜB ergangen sei, als erfüllt herausgegeben. Da die Forderung, derentwegen der PÜB ergangen sei, erfüllt sei, werde das AG Ch. den Beschluss ersatzlos aufheben, was er auch „heute“ beantragen werde. Jeglicher Auszahlung an die Beigeladene widerspreche er. Sodann legte er das Schreiben des AG Ch. vom 17. Mai 2010 vor, das auf seinen Antrag mitteilte, dass lediglich eine Einstellung, jedoch keine Aufhebung des PÜB erfolgen könne (Verweis auf § 776 ZPO). Im Übrigen sei das Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft, die Gläubigerin habe bereits im Jahr 2008 unter Ziff. IV des eingereichten Vergleichs den Verzicht im Sinne von § 843 ZPO erklärt. Demnach sei das Pfändungspfandrecht automatisch erloschen, einer Aufhebung bedürfe es nicht.
34 
Auf Grund dessen wies die Beklagte gemäß ihrem Schreiben vom 7. Juni 2010 dem Kläger wieder die volle Rente in Höhe von 679,98 EUR an und hörte die Beigeladene mit Schreiben vom 7. Juni 2010 zur beabsichtigten Rückforderung der an sie für Mai 2010 gezahlten 200,72 EUR an. Der Kläger habe die Mitteilung des AG Ch. vorgelegt, nach der das Pfändungspfandrecht aus dem PÜB erloschen sei. Damit dürften an die Beigeladene keine Beträge mehr gezahlt werden. Dem trat diese wiederum entgegen. Die volle RAR sei an sie zu zahlen, was sich aus dem Vergleich vom 11. März 2008 und der danach erfolgten Vereinbarung zwischen dem Kläger und ihr ergebe.
35 
Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 legte die Beklagte der Beigeladenen dar, die Abtretung umfasse lediglich pfändbare Rentenbeträge, welche bei einer Rentenzahlung an den Kläger von monatlich insgesamt 679,98 EUR nicht vorhanden seien. Weitere Rechtsgrundlage sei der PÜB vom 10. September 2007 des AG Ch. gewesen, aus dem sich eine Zahlungspflicht gemäß § 54 SGB I ergeben habe. Aus diesem leite die Beigeladene jedoch keine Forderung ab, was durch das Schreiben des AG Ch. bestätigt sei. Verfügungsberechtigt sei nunmehr ausschließlich der Kläger. Die bisher an die Beigeladene erfolgten Zahlungen beruhten auf der Entscheidung des Rentenbeziehers, seine Rente teilweise auf das Konto der Beigeladenen anweisen zu lassen. Diese Verfügung habe er mit Schreiben vom 31. März 2010 geändert, sodass sie nicht weiter berechtigt sei, Rentenzahlungen an die Beigeladene zu leisten.
36 
Die Beigeladene machte geltend, das SGB I betreffe den vorliegenden Fall nicht. Hier habe sich der Kläger durch Vergleich verpflichtet, Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente zu bezahlen und in Erfüllung dieser Verpflichtung darüber hinaus in dem Vergleich die Beklagte unwiderruflich angewiesen, die von ihm bezogene gesetzliche Rente ab 1. Februar 2008 vollständig und unmittelbar auf ihr Konto zu überweisen. Die ergänzende Vereinbarung vom November 2008 stelle nur klar, dass die Erfüllung des Vergleichs nicht durch Zahlungsanweisung, sondern durch Zahlung an sie erfolge. Die unwiderrufliche Anweisung sei weiter zu beachten. Bei Zusammenrechnung der Rente vom VWR und der Rente der Beklagten ergebe sich ein pfändbarer Betrag.
37 
Der nachfolgenden Ankündigung der Beklagten, die RAR in Höhe von 635,49 EUR auf Grund der Abtretung vom November 2008 ab September 2010 an die Beigeladene zu zahlen, widersprach der Kläger. Die Abtretung sei unwirksam, da die Rente in vollem Umfang unpfändbar sei. Er sei an Krebs erkrankt, zu 80% Invalide und seine Krankenversicherung koste monatlich 572,23 EUR. Die „Anwaltsrente“ sei abgetreten. Ein pfändbarer Betrag stehe nicht zur Verfügung. Er sei im Übrigen seinen Kindern S., S. und S. (alle geboren 1990) sowie T. (geboren 1988) und T. (geboren 1986) unterhaltspflichtig.
38 
Nach Anforderung von Nachweisen vom Kläger und Prüfung der vorgelegten Unterlagen entschied die Beklagte mit Bescheid vom 29. September 2010, die Rente werde ab September mit einem monatlichen Betrag von 635,49 EUR an die Beigeladene angewiesen. Grundlage sei die Vereinbarung vom 21. November 2008, mit welcher der Kläger in beiderseitigem Einvernehmen die ihm zustehende RAR abgetreten habe. Ein einseitiger Widerruf der Erklärung sei ausgeschlossen. Bei der Abtretung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche sei dem Schuldner nach § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO sein notwendiger Unterhalt zu belassen. Darüber hinaus müsse ihm so viel verbleiben, dass er seinen laufenden gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen könne. Das monatliche Einkommen aus der RAR und der AR des VWR in Höhe von 2.339,49 EUR ergebe unter Berücksichtigung der Düsseldorfer Tabelle einen Eigenbedarf von monatlich 700,00 EUR. Für die Unterhaltsberechtigten verbliebe ein Restbetrag von 1.569,49 EUR. Die angegebenen Kinder hätten bereits das 18. Lebensjahr vollendet und seien nachrangig in der Unterhaltsfolge. Bei einem nach Abzug des Eigenbedarfs verbleibenden Einkommen von 1.569,49 EUR sei die Zahlung eines Unterhaltsbetrages von 635,49 EUR an die Beigeladene ohne Weiteres möglich, da für weitere Unterhaltsverpflichtungen monatlich 934,00 EUR verblieben.
39 
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die Tochter S. absolviere eine Schulausbildung. Seine Rente vom VWR sei „seit langer Zeit“ abgetreten. Die RAR sei bis 770,00 EUR unpfändbar und die Anwaltsrente sei nicht mehr anrechenbar. Im Weiteren legte er Unterlagen zur Ausbildung seiner Tochter S. vor und gab an, diese absolviere ab Januar 2011 ein Praktikum.
40 
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die RAR sei weiterhin an die Beigeladene anzuweisen. Dem Kläger stehe im Hinblick auf die Abtretung lediglich der monatliche Zuschuss zur KV zu. Der Nachweis vorrangig unterhaltsberechtigter Personen sei nicht erbracht. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass seine Tochter S. in einer allgemeinbildenden Schulausbildung gewesen sei, die einer herkömmlichen Ausbildung vergleichbar sei.
41 
Deswegen hat der Kläger am 2. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und u.a. geltend gemacht, die Rente, die er vom VWR erhalte, sei zur Absicherung von Kreditverbindlichkeiten abgetreten. Die Beklagte sei zur Zahlung an ihn verpflichtet, da die im Vergleich enthaltene Abtretung unwirksam sei. Eine Zusammenrechnung der RAR mit der AR sei nie vereinbart worden. Die Abtretung sei sittenwidrig und unwirksam.
42 
Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht, nach der Erklärung vom 21. November 2008 habe der Kläger die ihm gegenüber ihr zustehende RAR mit Ausnahme des ebenfalls zustehenden Beitragszuschusses abgetreten. Er verfüge außerdem über eine monatliche AR vom VWR.
43 
Mit Beschluss vom 29. April 2011 hat das SG I.Q. beigeladen.
44 
Sie hat neben Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger habe neben Abtretung der Altersrente an sie im Vergleich vom 11. März 2008 die Beklagte unwiderruflich angewiesen, die Altersrente bis auf den Zuschuss zur KV an sie zu bezahlen. Dies sei auch durch die nachträgliche Vereinbarung vom 21. November 2008 nicht geändert worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Vortrag der Beigeladenen verwiesen.
45 
Mit Urteil vom 12. März 2012 hat das SG den Bescheid vom 29. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 aufgehoben. Es hat hierbei im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zu Grunde gelegt. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Abtretung bestimme sich nach § 53 SGB I. Sie ergebe sich nicht aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Das „wohlverstandene Interesse“ sei nicht bereits deshalb zu verneinen, weil die Abtretung weiterreiche als nach § 53 Abs. 3 SGB I, wenn sie also auch den nach § 850c ZPO nicht pfändbaren Mindestbetrag umfasse (Verweis auf LSG Rheinland-Pfalz vom 14. September 1999, L 7 Ar 225/98). Das erforderliche, „wohlverstandene Interesse“ des Berechtigten an der Übertragung sei hier auch nicht feststellbar. Bei ihm handle es sich um einen gerichtlich voll nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der voraussetze, dass der abtretende Leistungsberechtigte für den übertragenen Leistungswert als Gegenwert einen zumindest gleichwertigen Vermögensvorteil erlange und dass der Zweck der Sozialleistung die Abtretung rechtfertige. Abzustellen sei ausschließlich auf die Interessen des Leistungsberechtigten, also des Klägers. Eine Abtretung zum Ausgleich von Schulden dürfte vorliegend nicht im wohlverstandenen Interesse des Leistungsberechtigten sein, da ihm dadurch Mittel entzogen würden, die er nur zweckgerichtet verwenden solle. Die Teilabtretung habe auch nicht im wohlverstandenen Interesse des Klägers gelegen, weil er keinen zumindest gleichwertigen Vermögensvorteil erhalten habe. Eine Übertragung nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I scheide somit aus. Die Beklagte könne sich auch nicht auf § 53 Abs. 3 SGB I analog §§ 398 ff BGB i.V.m. §§ 850, 850c Abs.1 bis 3, Anlage zu § 850c ZPO berufen. Danach seien Ansprüche übertragbar, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag überstiegen. Die Altersrente sei eine solche abtretbare Geldleistung. Mit der Vereinbarung vom 26. November 2008 sei der Vergleich vom 11. März 2008 dahingehend modifiziert worden, dass die eingegangene Verpflichtung, Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente zu bezahlen, nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung, sondern ausschließlich durch Zahlung an die Beigeladene erfüllt werde. Insoweit sei der Vergleich vom März 2008 abgeändert. Vorsorglich habe der Kläger auch die RAR mit Ausnahme des Zuschusses zur KV an die Beigeladene abgetreten und sich verpflichtet, diese so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung stehe bzw. stehen würde. Bei der Abtretung eines Rentenanspruches sei es Aufgabe des Rentenversicherungsträgers als Schuldner, nach § 53 Abs. 3 SGB I i.V.m. § 850c Abs. 1 bis 3 ZPO analog die konkrete Höhe des bestimmbaren abgetretenen Betrages zu ermitteln (Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. November 1991, 4 RA 80/90). Die Höhe des nach § 850c ZPO unpfändbaren Betrages richte sich nach der Anzahl der Personen, denen der Schuldner zum Unterhalt verpflichtet sei. Die Kinder des Klägers seien allesamt volljährig, Unterhaltsleistungen seien nicht nachgewiesen. Die Beklagte sei hier nicht berechtigt, die RAR und die AR vom VWR zusammenzurechnen. Die Möglichkeit der Zusammenrechnung mehrerer Einkommen eines Schuldners ergebe sich aus § 850e ZPO. Danach würde der pfändungsfreie Betrag aus der Gesamtsumme errechnet. Es sei jedoch umstritten, ob sich die damit ergebende Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit auf die abgetretene Sozialleistung beziehe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei neben § 850c ZPO und § 850d ZPO auch § 850e Nr. 2a ZPO bei Ermittlung des pfändbaren Einkommens im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I zu berücksichtigen, wenn der Leistungsempfänger in die Zusammenrechnung der abgetretenen Sozialleistungen eingewilligt habe. Eine Zusammenrechnung der Rentenansprüche gegenüber dem VWR und der Beklagten sei hier nicht möglich, da der Kläger nicht eingewilligt habe und auch der früheren PÜB des AG Ch. hierfür keine Grundlage mehr sei. Bei einem ermittelten Eigenbedarf von monatlich 770,00 EUR könne die Rente in Höhe von 635,49 EUR nicht an die Beigeladene abgetreten werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
46 
Gegen das ihr am 21. März 2012 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 19. April 2012 Berufung eingelegt.
47 
Die Beigeladene trägt im Wesentlichen vor, die Abtretung der Rente sei wirksam. Dies ergebe sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Der Kläger habe sich freiwillig verpflichtet, an sie Unterhalt in Höhe der Rente zu bezahlen. Durch die im Vergleich vom 11. März 2008 vorgenommene unwiderrufliche Zahlungsanweisung habe er von dieser Verpflichtung frei werden sollen. Nachdem die Beklagte dem nicht habe Folge leisten wollen, sei es zur Vereinbarung vom 21. November 2008 gekommen. Mit dieser seien vorsorglich die Ansprüche auf Zahlung der Rente an sie abgetreten worden. Es habe im wohlverstandenen Interesse des Klägers gelegen, wegen der im Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 nicht exakt bezifferten Ansprüche auf Zahlung von Geschiedenenunterhalt nicht einen weiteren Rechtsstreit führen zu müssen. Es habe auch in seinem wohlverstandenen Interesse gelegen, durch Anweisung und die anschließende Abtretung der Ansprüche gegenüber der Beklagten von den eingegangenen Verbindlichkeiten befreit zu werden. Damit sei der Bescheid schon im Hinblick auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I rechtmäßig. Unabhängig davon seien auch bei der Berechnung der pfändbaren Beträge und der damit abtretbaren Ansprüche die Rentenansprüche gegenüber dem VWR und der Beklagten zusammenzurechnen, womit sich eine Rechtmäßigkeit des Bescheids auch aus § 53 Abs. 3 SGB I ergebe. Bereits vor Abschluss des Vergleichs habe das AG Ch. im PÜB vom 10. September 2007 eine Zusammenrechnung angeordnet. Sie habe sich zwar im Vergleich vom 8. März 2008 verpflichtet, auf die Rechte aus diesem PÜB zu verzichten, jedoch nur deshalb, weil die Parteien durch die Anweisung gegenüber der Beklagten die pfändbaren und unpfändbaren Beträge an sie zu bezahlen, sie genauso stellen wollten, wie sie auf Grund des Pfändungspfandrechts gestanden habe. Dies sei durch die Vereinbarung vom November 2008 manifestiert worden. Im Gegenzug habe sie auf die Rechte aus dem PÜB gegenüber dem AG Ch. verzichtet. Dieser Verzicht sei nur erfolgt, weil die Parteien vereinbart hätten, dass ihr die Rentenansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten in voller Höhe auch hinsichtlich unpfändbarer Beträge zustehen sollten. Der Kläger habe mit den Vereinbarungen in die Zusammenrechnung der Renten eingewilligt. Im Hinblick auf den Verzicht auf den Widerruf der gegenüber der Beklagten erteilten Zahlungsanweisung sei der Kläger auch nicht berechtigt gewesen, dies einseitig gegenüber der Beklagten rückgängig zu machen.
48 
Die Beigeladene beantragt,
49 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
50 
Der Kläger beantragt,
51 
die Berufung zurückzuweisen.
52 
Zu keinem Zeitpunkt sei vereinbart oder auch nur daran gedacht worden, dass die beiden Renten zusammengerechnet werden könnten. Eine solche Zusammenrechnung bzw. deren Vereinbarung ergebe sich weder aus dem Vergleich vom 11. März 2008, noch aus der Vereinbarung vom November 2008. Eine Zusammenrechnung sei auch nicht erwähnt und nie gewollt gewesen. Ferner sei die Sicherungsabtretung der Anwaltsrente an die D. B. zu beachten. Hierzu hat er die Abtretungserklärung vom 21. Juli 2010 vorgelegt. Er trägt u.a. weiter vor, bei der im Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 festgelegten Anweisung der Beklagten handle es sich um eine „Schuldumschaffung“, mit der an Erfüllung statt der Unterhaltsanspruch durch die Leistungsansprüche es seinerseits gegen die Beklagte ausgetauscht werde. Damit erlösche der Unterhaltsanspruch. Gewährleistungsansprüche bestünden nicht, wenn der Käufer, Empfänger der Leistung an Erfüllung statt, den Mangel bei Abschluss des Geschäfts gekannt habe. Dies sei hier der Fall. Nach dem Vergleich hätten unpfändbare Ansprüche ausgezahlt werden sollen. Somit habe die Beigeladene bereits bei dessen Abschluss gewusst, dass ihr unpfändbare Rentenansprüche an Erfüllung statt übertragen worden seien. Ihrem Rechtsanwalt sei prinzipiell auch bekannt gewesen, dass unpfändbare Ansprüche nicht übertragen werden könnten. Diese unpfändbaren Ansprüche stünden der Beigeladenen nach § 134 BGB nicht zu. Dies gelte auch für die Vereinbarung vom November 2008. Auch diese Abtretung sei unwirksam und verstoße gegen das Verbot des § 134 BGB. Die Unabtretbarkeit unpfändbarer Rentenansprüche stehe im öffentlichen Interesse und unterstehe nicht der Parteidisposition. Das AG Ch. habe auch ohne Anhörung den unpfändbaren Betrag auf 770,00 EUR festgesetzt und hierbei nicht die Kosten der KV, im Jahr 2012 621,74 EUR, im Jahr 2011 618,79 EUR, berücksichtigt. Hinzu kämen Kosten der Pflegeversicherung in Höhe von 50,81 EUR, sodass sich ein insgesamt unpfändbarer Betrag von 1.442,55 EUR ergebe.
53 
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ausführungen der Beigeladenen sei nicht von einer Abtretung im „wohlverstandenen Interesse“ des Klägers auszugehen. Die Voraussetzungen hierfür seien nicht erfüllt. Auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I sei eine Auszahlung von Rentenbeträgen an die Beigeladene nicht rechtmäßig. Bei Erlass des angefochtenen Bescheides habe man unterstellt, dass zwischen Kläger und Beigeladener stillschweigend eine Zusammenrechnung der RAR und der Anwaltsrente vereinbart gewesen sei. Zu diesem Ergebnis sei man auf Grund der in der Berufungsbegründung der Beigeladenen dargelegten Erwägungen gelangt. Die Vorgeschichte habe die Vereinbarung einer Zusammenrechnung nahegelegt. Wie das SG aber richtig ausgeführt habe, sei dies nicht ausreichend. Eine Zusammenrechnung wäre nur möglich, wenn dies im Abtretungsvertrag unter konkreter Bezeichnung der betroffenen Leistungen vereinbart worden wäre oder sich der Kläger ausdrücklich mit der Zusammenrechnung einverstanden erklärt hätte. Beides sei nicht der Fall. Ohne die Zusammenrechnung ergebe sich unter Berücksichtigung des Eigenbedarfs des Klägers kein Abtretungsbetrag. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei daher nicht rechtmäßig.
54 
Einen Antrag hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht gestellt.
55 
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.
57 
Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Beigeladenen gegenüber dem Kläger Unterhaltsansprüche zustehen bzw. Unterhaltsansprüche insofern vertraglich vereinbart sind, sondern darüber, ob die Beigeladene die Zahlung der RAR des Klägers an sich fordern kann, insbesondere, ob der Rentenanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten rechtswirksam an die Beigeladenen abgetreten worden ist.
58 
Das SG hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 29. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011, mit welchen diese entschieden hat, dass die RAR des Klägers nicht mehr an diesen, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, zu Recht aufgehoben, denn diese sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
59 
Die Klage ist, wie vom SG zutreffend erkannt, als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig. Mit der Aufhebung des angefochtenen, den Kläger belastenden Bescheids, mit welchem die Beklagte angeordnet hat, dass der Rentenbetrag nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, und bei dem es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) handelt, ist die Rente von der Beklagten wieder in vollem Umfang an den Kläger zu leisten.
60 
Die Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Bescheids vom 29. September 2010 bemisst sich nach § 53 SGB I und hier danach, ob eine wirksame Abtretung des Rentenanspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten vorliegt.
61 
Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen und verpfändet werden, wenn der zuständige Leistungsträger, hier die Beklagte, feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenen Interesse“ des Berechtigen liegt. Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I). Im Falle einer wirksamen Übertragung, hier also auch einer Abtretung, ist der Leistungsträger verpflichtet, die Leistung an den Abtretungsempfänger zu erbringen.
62 
Eine wirksame Abtretung der Rentenansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten liegt nach keiner der Bestimmungen vor.
63 
Zunächst ist festzustellen, dass der PÜB des AG Ch. Ansprüche der Beigeladenen im vorliegenden Verfahren nicht zu begründen vermag. Die Beigeladene hat nach Angaben des Klägers auf weitere Rechte daraus verzichtet. Das durch den PÜB zunächst entstandene Pfändungspfandrecht ist gemäß dem Schreiben des AG Ch. vom 17. Mai 2010 erloschen, weswegen es, so das AG Ch. weiter, einer Aufhebung nicht bedürfe. Die Beigeladene leitet aus ihm auch keine Rechte her. Dieser PÜB ist auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 14. Januar 1997 als Vollstreckungstitel ergangen. Rechte aus diesem Vollstreckungstitel hat die Beigeladene jedoch nicht mehr, was sich insbesondere auch aus der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2 ergibt. Schließlich ist der Titel, wie vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, von der Beigeladenen in Konsequenz dessen an diesen herausgegeben worden.
64 
Ferner ist festzustellen, dass sich der Kläger gegenüber der Beigeladenen im Vergleich vom 11. März 2008 verpflichtet hat, dieser Geschiedenenunterhalt in Höhe der ihm gegenüber der Beklagten zustehenden RAR zu bezahlen. Zugleich hat er sich insofern verpflichtet, die Beklagte anzuweisen, die von ihm bezogenen gesetzliche RAR vollständig und unmittelbar auf das Konto der Beigeladenen zu überweisen, wobei die Anweisung, die „gepfändeten und die unpfändbaren Beträge“ umfasste. Diese Vereinbarung im Vergleich wurde vom Kläger und der Beigeladenen wiederum durch die Vereinbarung vom 21. November 2008 einvernehmlich ergänzt und vervollständigt, indem vereinbart wurde, dass die im Vergleich eingegangene Verpflichtung des Klägers, an die Beigeladene Geschiedenenunterhalt in Höhe der RAR, die er von der Beklagten bezog, zu bezahlen nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung an die Beklagte, sondern ausschließlich durch Zahlung an die Beigeladene erfüllt werde. Hierzu erklärte der Kläger, er trete die ihm von der Beklagten zu gewährende RAR mit Ausnahme des Zuschusses zur KV in der jeweiligen Höhe an die Beigeladene ab. Weiter verpflichtete er sich diese so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung stehe bzw. stehen würde. Ferner war vereinbart, dass für den Fall, dass Zahlungen der Beklagten abweichend hiervon an die Beigeladenen oder an den Kläger erfolgen sollten, diese jeweils zur Erstattung der Beträge verpflichtet sind.
65 
Daraus ergibt sich, dass die Beigeladene einen Anspruch auf Auszahlung der Rente gegenüber der Beklagten nur auf Grund der Abtretung, deren Wirksamkeit vorliegend strittig ist, erwerben konnte.
66 
Nach dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, dass diese Abtretung unwirksam ist, weil sie nicht im Rahmen des § 53 SGB I zulässig ist. Die Übertragung bzw. eine Abtretung von Sozialleistungen war vor In-Kraft-Treten des SGB I nur in speziell geregelten Fällen unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Damit waren Sozialleistungen dem Rechtsverkehr nahezu vollständig entzogen. Dieser Zustand wurde nach der Gesetzesbegründung von den Beteiligten und Gerichten zunehmend als unbillig und dem Grundsatz, dass auf Sozialleistungen ein Anspruch besteht, nicht gerecht werdend empfunden. Deshalb hat der Gesetzgeber hinsichtlich Geldleistungen eine differenzierte Lösung angestrebt und diese mit § 53 Abs. 2 und Abs. 3 SGB I getroffen. Unter den dort aufgeführten Voraussetzungen und nur bei deren Vorliegen können Ansprüche auf Geldleistungen sowie Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die Altersrente, übertragen und verpfändet werden. Die Regelung soll zwischen dem notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten einerseits und dem Ziel eines freien Rechtsverkehrs vermitteln. Bei allen Geldleistungen sollen Übertragung und Verpfändung zulässig sein, wenn sie dem Ausgleich von „Vorschüssen“ Dritter auf die Sozialleistungen dienen oder sonst im wohlverstandenem Interesse des Berechtigten liegen (§ 53 Abs. 2 SGB I). Ferner ist die Übertragung und Verpfändung laufender Geldleistungen zulässig, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden pfändungsfreien Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I).
67 
Gemessen daran ist die Übertragung des Anspruchs des Klägers auf seine RAR bzw. die Abtretung nicht zulässig, was von der Beklagten zu beachten ist.
68 
Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I für die Zulässigkeit der Übertragung nicht vor. Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenem Interesse“ des Berechtigten liegt. Zweck dieser Regelung, die die Möglichkeit einer Abtretung ohne jede Begrenzung der Höhe regelt, ist es, dass es Dritten, z.B. einer Bank, einem Arbeitgeber oder auch einem Wohlfahrtsverband erleichtert wird, dem Berechtigten Vorschüsse oder sonstige private Zuwendungen zu gewähren. Es soll eine möglichst risikolose private Hilfe ermöglicht werden.
69 
Bei dem Begriff des „wohlverstandenem Interesses“, dessen Vorliegen der zuständige Leistungsträger festzustellen hat, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Übertragung im „wohlverstandenem Interesse“ setzt hierbei grundsätzlich voraus, dass durch den übertragenen Leistungsanspruch als Gegenleistung ein zumindest gleichwertiger Vermögensvorteil erworben wird. Als Beispiel sind in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I. § 53 Rdnr. 21 m.w.N.) aufgeführt die Kosten für die Unterbringung in einem Pflegeheim, die Deckung der laufenden Kosten für die Familienwohnung oder auch die Überbrückung einer akuten sozialen Notlage. In Einzelfällen können zur Begründung eines „wohlverstandenen Interesses“ auch sonstige rechtliche oder ideelle Zwecke herangezogen werden, wobei jedoch Zurückhaltung geboten ist und zumindest ein wirtschaftlicher Bezug zu verlangen ist. Der Berechtigte, hier also der Kläger, muss einen Vorteil erlangen, den er ohne die Übertragung nicht hätte (vgl. auch Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, § 53 Rdnr. 21).
70 
Gemessen daran ist, wie auch von der Beklagten im Berufungsverfahren schriftsätzlich eingeräumt, nicht feststellbar, dass die Abtretung der Zahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten in dessen „wohlverstandenem Interesse“ liegt. Durch diese Erklärung hat die Beklagte auch die Feststellung des wohlverstandenen Interesses abgelehnt, so dass die Abtretung nicht nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I zulässig und wirksam ist.
71 
Soweit die Beigeladene die Auffassung vertritt, die Abtretung des Rentenanspruches gegenüber der Beklagten an sie habe im „wohlverstandenen Interesse“ des Klägers gelegen, da er wegen der im Vergleich vom 11. März 2008 nicht exakt bezifferten Ansprüche nicht einen weiteren Rechtsstreit führen müsse, ist dem nicht zu folgen. Insofern liegt kein vergleichbarer Fall vor wie oben dargelegt. Das „wohlverstandene Interesse“ des Klägers an der Abtretung kann auch nicht damit begründet werden, dass er dadurch von den von ihm eingegangenen Verpflichtungen zur Zahlung von Unterhalt befreit werde.
72 
Die Abtretung ist auch nicht nach der Bestimmung des § 53 Abs. 3 SGB I zulässig. Danach können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die RAR des Klägers, übertragen bzw. abgetreten werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.
73 
Insofern ist nicht feststellbar, dass die RAR des Klägers, die sich auf 635,49 EUR zzgl. des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag von 46,39 EUR (Stand 15. Dezember 2010) bei einem Krankenversicherungsbeitrag des Klägers von 572,23 EUR im Jahr 2010 beläuft, den pfändbaren Betrag übersteigt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem, hier allerdings nicht mehr relevantem, Beschluss des AG Ch. vom 10. September 2007, in dem - auch bei Zusammenrechnung der RAR und der AR - noch ein Betrag von 705,- EUR festgelegt war, der dem Kläger zu verbleiben hatte. Im Übrigen wird zur Begründung insoweit auf die Entscheidungsgründe des SG im angefochtenen Urteil verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
74 
Zwar kann bei der Ermittlung des pfändungsfreien Betrags im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I auch eine Zusammenrechnung mehrere Einkünfte, hier der vom Kläger vom VWR bezogenen weiteren AR mit der RAR grundsätzlich vorgenommen werden, doch setzt dies die Zustimmung des Berechtigten, hier des Klägers, zu einer Zusammenrechnung voraus (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. April 1987, 5b RJ 4/86 u.a. veröffentlicht in Juris; Pflüger in Juris-PK SGB I § 53, Rdnr. 87). Einer solchen Zusammenrechnung hat der Kläger weder im Vergleich vom 10. März 2008, noch in der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 zugestimmt. Auch ansonsten kann eine Zustimmung des Klägers den Akten nicht entnommen werden. Er widerspricht vielmehr ausdrücklich einer solchen Zusammenrechnung. Damit verbleibt es dabei, dass ein pfändbarer Betrag hinsichtlich der RAR des Klägers nicht vorhanden ist, so dass auch nach § 53 Abs. 3 SGB I die Abtretung der Rente nicht möglich und damit unwirksam ist.
75 
Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass das AG Ch. im PÜB vom 10. September 2007 eine Zusammenrechnung angeordnet hatte, ist dies vorliegend unerheblich. Da der PÜB des AG Ch. sich, wie auch von diesem mitgeteilt, erledigt hat, nachdem der ihm zugrunde liegende Titel (gerichtlicher Vergleich vom 14. Januar 1997) „erledigt“ ist (Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2), kommt es allein darauf an, ob der Kläger in eine Zusammenrechnung einwilligt, was hier nicht der Fall ist.
76 
Damit hat das SG zu Recht den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben, weswegen die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen ist.
77 
Nachdem die Entscheidung der Beklagten, die Rente nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladenen abzuführen, aufgehoben ist, ist die Beklagte verpflichtet, die Rente an den Kläger zu leisten.
78 
Ob die Beigeladene durch den Vergleich vom 11. März 2008 und die Vereinbarung vom 21./26. November 2008 begründete Zahlungsansprüche auf anderem Weg verfolgen kann, ist im vorliegenden Rechtsstreit, in welchem es allein um die Frage geht, ob Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten wirksam abgetreten sind und die Beigeladene deren Abführung an sich von der Beklagten fordern kann, nicht zu entscheiden.
79 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a, 183 SGG. Nach § 193 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung ergeht nach richterlichem Ermessen, wobei der Ausgang des Verfahrens eine wesentliche Bedeutung erlangt (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 12 ff.). Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Aus diesen Regelungen folgt, dass mit den Bezeichnungen „Kläger“ und „Beklagter“ auf die Rolle im jeweiligen Rechtszug abzustellen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006, B 2 U 391/05 B, veröffentlicht in Juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 SGG Rdnr. 10, § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 197a SGG Rdnr. 3).
80 
Da der Kläger im ersten Rechtszug in seiner Eigenschaft als Versicherter geklagt hat, hat die Kostenentscheidung für die erste Instanz gem. § 193 SGG zu erfolgen. Für die zweite Instanz erfolgt die Kostenentscheidung jedoch gem. § 197a SGG (zum umgekehrten Fall vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3). Denn weder Berufungsklägerin noch Berufungsbeklagter gehören zu den kostenprivilegierten Personen. Die Beigeladene ist Berufungsklägerin; sie gehört nicht zu den nach § 183 Satz 1 SGG privilegierten Personen. Denn sie begehrt nach dem streitgegenständlichen Bescheid die Auszahlung der Altersrente an sich lediglich aus abgetretenem Recht, ohne die Eigenschaft eines Versicherten beanspruchen zu können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 11 AL 6/09 R, Beschluss vom 4. Juni 2007, B 11a AL 153/06 B, beide veröffentlicht in Juris). Da die Berufungsklägerin vom Rentenversicherungsträger -der ebenfalls nicht zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört- die Auszahlung der Altersrente begehrt, ist der Rentenversicherungsträger einem Berufungsbeklagten gleichzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. April 2006, B 12 KR 21/05 B, veröffentlicht in Juris), obgleich er im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat. Der kostenprivilegierte Kläger erster Instanz ist nicht Berufungsbeklagter, da die Berufungsklägerin von ihm nichts begehrt, auch wenn dieser die Zurückweisung der Berufung beantragt hat. Beide streiten sich lediglich darum, wem der -identische- Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger zusteht.
81 
Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit seiner Klage zu Recht erstinstanzlich vollen Erfolg hatte und die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat; da das allein von der Beigeladenen eingelegte Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat sie zwingend die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen.
82 
Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz(en) (so Lüdtke, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 8; z. B. auch BSG, Urteil vom 18. September 2012, B 2 U 11/11 R, Urteil vom 23. August 2012, B 4 AS 167/11 R, beide veröffentlicht in Juris). Zwar wird vertreten, dass bei einer Zurückweisung des Rechtsmittels die Kostenentscheidung allein über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ergehen hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr.2a, Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11, Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4; z.B. auch BSG, Urteil vom 2. Februar 2012, B 8 SO 15/10 R, veröffentlicht in Juris). Da aber die Kostenentscheidung nach allgemeiner Meinung nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Kosten des Vorverfahrens und die Kosten aller Rechtszüge des Gerichtsverfahrens zu erfassen hat (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 2, m.w.N.; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010, B 13 R 15/10 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris), könnte dieser Auffassung nur gefolgt werden, wenn sich ein Rechtsmittel auch auf die vorangehende Kostenentscheidung erstrecken würde und durch die Zurückweisung der Berufung die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil -wie die Entscheidung zur Hauptsache- Gültigkeit behielte. Ein Rechtsmittelantrag auch (s. § 144 Abs. 4 SGG) gegen eine Kostenentscheidung ist aber nicht statthaft, sondern als Anregung zu verstehen (§ 123 SGG gilt nicht, vgl. nur Hintz/Lowe, a.a.O., § 123 SGG Rdnr. 3), da über die Kosten als Annex zum Rechtsmittel immer von Amts wegen zu entscheiden ist, und zwar ohne Rücksicht auf den Willen und der Anträge der Beteiligten (vgl. nur BSG, Urteil vom 10. September 1987, 10 Rar 10/86, veröffentlicht in Juris). Ansonsten müsste einem Rechtsmittel auch teilweise stattgegeben werden, wenn zwar die Entscheidung in der Hauptsache richtig, die Kostenentscheidung aber zu Gunsten des Rechtsmittelführers geändert wird, was -soweit ersichtlich- nicht praktiziert wird. Dass das Rechtsmittel nichts mit der Kostenentscheidung zu tun hat, ergibt sich deutlich daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG unrichtige Kostenentscheidungen auch zu Lasten des alleinigen Rechtsmittelführers zu ändern sind, da das Verbot der reformatio in peius bei der Kostenentscheidung nicht gilt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 34/06 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris). Denn dann liegt einer solchen Änderung ein Rechtsmittel von vorneherein nicht zu Grunde.
83 
Die Höhe des nach Anhörung der Beteiligten festgesetzten Streitwerts ergibt sich aus § 42 GKG in Höhe des dreifachen Jahresbetrages der umstrittenen monatlichen Rente.
84 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
56 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.
57 
Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Beigeladenen gegenüber dem Kläger Unterhaltsansprüche zustehen bzw. Unterhaltsansprüche insofern vertraglich vereinbart sind, sondern darüber, ob die Beigeladene die Zahlung der RAR des Klägers an sich fordern kann, insbesondere, ob der Rentenanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten rechtswirksam an die Beigeladenen abgetreten worden ist.
58 
Das SG hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 29. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011, mit welchen diese entschieden hat, dass die RAR des Klägers nicht mehr an diesen, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, zu Recht aufgehoben, denn diese sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
59 
Die Klage ist, wie vom SG zutreffend erkannt, als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig. Mit der Aufhebung des angefochtenen, den Kläger belastenden Bescheids, mit welchem die Beklagte angeordnet hat, dass der Rentenbetrag nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, und bei dem es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) handelt, ist die Rente von der Beklagten wieder in vollem Umfang an den Kläger zu leisten.
60 
Die Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Bescheids vom 29. September 2010 bemisst sich nach § 53 SGB I und hier danach, ob eine wirksame Abtretung des Rentenanspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten vorliegt.
61 
Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen und verpfändet werden, wenn der zuständige Leistungsträger, hier die Beklagte, feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenen Interesse“ des Berechtigen liegt. Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I). Im Falle einer wirksamen Übertragung, hier also auch einer Abtretung, ist der Leistungsträger verpflichtet, die Leistung an den Abtretungsempfänger zu erbringen.
62 
Eine wirksame Abtretung der Rentenansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten liegt nach keiner der Bestimmungen vor.
63 
Zunächst ist festzustellen, dass der PÜB des AG Ch. Ansprüche der Beigeladenen im vorliegenden Verfahren nicht zu begründen vermag. Die Beigeladene hat nach Angaben des Klägers auf weitere Rechte daraus verzichtet. Das durch den PÜB zunächst entstandene Pfändungspfandrecht ist gemäß dem Schreiben des AG Ch. vom 17. Mai 2010 erloschen, weswegen es, so das AG Ch. weiter, einer Aufhebung nicht bedürfe. Die Beigeladene leitet aus ihm auch keine Rechte her. Dieser PÜB ist auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 14. Januar 1997 als Vollstreckungstitel ergangen. Rechte aus diesem Vollstreckungstitel hat die Beigeladene jedoch nicht mehr, was sich insbesondere auch aus der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2 ergibt. Schließlich ist der Titel, wie vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, von der Beigeladenen in Konsequenz dessen an diesen herausgegeben worden.
64 
Ferner ist festzustellen, dass sich der Kläger gegenüber der Beigeladenen im Vergleich vom 11. März 2008 verpflichtet hat, dieser Geschiedenenunterhalt in Höhe der ihm gegenüber der Beklagten zustehenden RAR zu bezahlen. Zugleich hat er sich insofern verpflichtet, die Beklagte anzuweisen, die von ihm bezogenen gesetzliche RAR vollständig und unmittelbar auf das Konto der Beigeladenen zu überweisen, wobei die Anweisung, die „gepfändeten und die unpfändbaren Beträge“ umfasste. Diese Vereinbarung im Vergleich wurde vom Kläger und der Beigeladenen wiederum durch die Vereinbarung vom 21. November 2008 einvernehmlich ergänzt und vervollständigt, indem vereinbart wurde, dass die im Vergleich eingegangene Verpflichtung des Klägers, an die Beigeladene Geschiedenenunterhalt in Höhe der RAR, die er von der Beklagten bezog, zu bezahlen nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung an die Beklagte, sondern ausschließlich durch Zahlung an die Beigeladene erfüllt werde. Hierzu erklärte der Kläger, er trete die ihm von der Beklagten zu gewährende RAR mit Ausnahme des Zuschusses zur KV in der jeweiligen Höhe an die Beigeladene ab. Weiter verpflichtete er sich diese so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung stehe bzw. stehen würde. Ferner war vereinbart, dass für den Fall, dass Zahlungen der Beklagten abweichend hiervon an die Beigeladenen oder an den Kläger erfolgen sollten, diese jeweils zur Erstattung der Beträge verpflichtet sind.
65 
Daraus ergibt sich, dass die Beigeladene einen Anspruch auf Auszahlung der Rente gegenüber der Beklagten nur auf Grund der Abtretung, deren Wirksamkeit vorliegend strittig ist, erwerben konnte.
66 
Nach dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, dass diese Abtretung unwirksam ist, weil sie nicht im Rahmen des § 53 SGB I zulässig ist. Die Übertragung bzw. eine Abtretung von Sozialleistungen war vor In-Kraft-Treten des SGB I nur in speziell geregelten Fällen unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Damit waren Sozialleistungen dem Rechtsverkehr nahezu vollständig entzogen. Dieser Zustand wurde nach der Gesetzesbegründung von den Beteiligten und Gerichten zunehmend als unbillig und dem Grundsatz, dass auf Sozialleistungen ein Anspruch besteht, nicht gerecht werdend empfunden. Deshalb hat der Gesetzgeber hinsichtlich Geldleistungen eine differenzierte Lösung angestrebt und diese mit § 53 Abs. 2 und Abs. 3 SGB I getroffen. Unter den dort aufgeführten Voraussetzungen und nur bei deren Vorliegen können Ansprüche auf Geldleistungen sowie Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die Altersrente, übertragen und verpfändet werden. Die Regelung soll zwischen dem notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten einerseits und dem Ziel eines freien Rechtsverkehrs vermitteln. Bei allen Geldleistungen sollen Übertragung und Verpfändung zulässig sein, wenn sie dem Ausgleich von „Vorschüssen“ Dritter auf die Sozialleistungen dienen oder sonst im wohlverstandenem Interesse des Berechtigten liegen (§ 53 Abs. 2 SGB I). Ferner ist die Übertragung und Verpfändung laufender Geldleistungen zulässig, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden pfändungsfreien Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I).
67 
Gemessen daran ist die Übertragung des Anspruchs des Klägers auf seine RAR bzw. die Abtretung nicht zulässig, was von der Beklagten zu beachten ist.
68 
Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I für die Zulässigkeit der Übertragung nicht vor. Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenem Interesse“ des Berechtigten liegt. Zweck dieser Regelung, die die Möglichkeit einer Abtretung ohne jede Begrenzung der Höhe regelt, ist es, dass es Dritten, z.B. einer Bank, einem Arbeitgeber oder auch einem Wohlfahrtsverband erleichtert wird, dem Berechtigten Vorschüsse oder sonstige private Zuwendungen zu gewähren. Es soll eine möglichst risikolose private Hilfe ermöglicht werden.
69 
Bei dem Begriff des „wohlverstandenem Interesses“, dessen Vorliegen der zuständige Leistungsträger festzustellen hat, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Übertragung im „wohlverstandenem Interesse“ setzt hierbei grundsätzlich voraus, dass durch den übertragenen Leistungsanspruch als Gegenleistung ein zumindest gleichwertiger Vermögensvorteil erworben wird. Als Beispiel sind in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I. § 53 Rdnr. 21 m.w.N.) aufgeführt die Kosten für die Unterbringung in einem Pflegeheim, die Deckung der laufenden Kosten für die Familienwohnung oder auch die Überbrückung einer akuten sozialen Notlage. In Einzelfällen können zur Begründung eines „wohlverstandenen Interesses“ auch sonstige rechtliche oder ideelle Zwecke herangezogen werden, wobei jedoch Zurückhaltung geboten ist und zumindest ein wirtschaftlicher Bezug zu verlangen ist. Der Berechtigte, hier also der Kläger, muss einen Vorteil erlangen, den er ohne die Übertragung nicht hätte (vgl. auch Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, § 53 Rdnr. 21).
70 
Gemessen daran ist, wie auch von der Beklagten im Berufungsverfahren schriftsätzlich eingeräumt, nicht feststellbar, dass die Abtretung der Zahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten in dessen „wohlverstandenem Interesse“ liegt. Durch diese Erklärung hat die Beklagte auch die Feststellung des wohlverstandenen Interesses abgelehnt, so dass die Abtretung nicht nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I zulässig und wirksam ist.
71 
Soweit die Beigeladene die Auffassung vertritt, die Abtretung des Rentenanspruches gegenüber der Beklagten an sie habe im „wohlverstandenen Interesse“ des Klägers gelegen, da er wegen der im Vergleich vom 11. März 2008 nicht exakt bezifferten Ansprüche nicht einen weiteren Rechtsstreit führen müsse, ist dem nicht zu folgen. Insofern liegt kein vergleichbarer Fall vor wie oben dargelegt. Das „wohlverstandene Interesse“ des Klägers an der Abtretung kann auch nicht damit begründet werden, dass er dadurch von den von ihm eingegangenen Verpflichtungen zur Zahlung von Unterhalt befreit werde.
72 
Die Abtretung ist auch nicht nach der Bestimmung des § 53 Abs. 3 SGB I zulässig. Danach können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die RAR des Klägers, übertragen bzw. abgetreten werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.
73 
Insofern ist nicht feststellbar, dass die RAR des Klägers, die sich auf 635,49 EUR zzgl. des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag von 46,39 EUR (Stand 15. Dezember 2010) bei einem Krankenversicherungsbeitrag des Klägers von 572,23 EUR im Jahr 2010 beläuft, den pfändbaren Betrag übersteigt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem, hier allerdings nicht mehr relevantem, Beschluss des AG Ch. vom 10. September 2007, in dem - auch bei Zusammenrechnung der RAR und der AR - noch ein Betrag von 705,- EUR festgelegt war, der dem Kläger zu verbleiben hatte. Im Übrigen wird zur Begründung insoweit auf die Entscheidungsgründe des SG im angefochtenen Urteil verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
74 
Zwar kann bei der Ermittlung des pfändungsfreien Betrags im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I auch eine Zusammenrechnung mehrere Einkünfte, hier der vom Kläger vom VWR bezogenen weiteren AR mit der RAR grundsätzlich vorgenommen werden, doch setzt dies die Zustimmung des Berechtigten, hier des Klägers, zu einer Zusammenrechnung voraus (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. April 1987, 5b RJ 4/86 u.a. veröffentlicht in Juris; Pflüger in Juris-PK SGB I § 53, Rdnr. 87). Einer solchen Zusammenrechnung hat der Kläger weder im Vergleich vom 10. März 2008, noch in der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 zugestimmt. Auch ansonsten kann eine Zustimmung des Klägers den Akten nicht entnommen werden. Er widerspricht vielmehr ausdrücklich einer solchen Zusammenrechnung. Damit verbleibt es dabei, dass ein pfändbarer Betrag hinsichtlich der RAR des Klägers nicht vorhanden ist, so dass auch nach § 53 Abs. 3 SGB I die Abtretung der Rente nicht möglich und damit unwirksam ist.
75 
Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass das AG Ch. im PÜB vom 10. September 2007 eine Zusammenrechnung angeordnet hatte, ist dies vorliegend unerheblich. Da der PÜB des AG Ch. sich, wie auch von diesem mitgeteilt, erledigt hat, nachdem der ihm zugrunde liegende Titel (gerichtlicher Vergleich vom 14. Januar 1997) „erledigt“ ist (Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2), kommt es allein darauf an, ob der Kläger in eine Zusammenrechnung einwilligt, was hier nicht der Fall ist.
76 
Damit hat das SG zu Recht den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben, weswegen die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen ist.
77 
Nachdem die Entscheidung der Beklagten, die Rente nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladenen abzuführen, aufgehoben ist, ist die Beklagte verpflichtet, die Rente an den Kläger zu leisten.
78 
Ob die Beigeladene durch den Vergleich vom 11. März 2008 und die Vereinbarung vom 21./26. November 2008 begründete Zahlungsansprüche auf anderem Weg verfolgen kann, ist im vorliegenden Rechtsstreit, in welchem es allein um die Frage geht, ob Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten wirksam abgetreten sind und die Beigeladene deren Abführung an sich von der Beklagten fordern kann, nicht zu entscheiden.
79 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a, 183 SGG. Nach § 193 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung ergeht nach richterlichem Ermessen, wobei der Ausgang des Verfahrens eine wesentliche Bedeutung erlangt (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 12 ff.). Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Aus diesen Regelungen folgt, dass mit den Bezeichnungen „Kläger“ und „Beklagter“ auf die Rolle im jeweiligen Rechtszug abzustellen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006, B 2 U 391/05 B, veröffentlicht in Juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 SGG Rdnr. 10, § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 197a SGG Rdnr. 3).
80 
Da der Kläger im ersten Rechtszug in seiner Eigenschaft als Versicherter geklagt hat, hat die Kostenentscheidung für die erste Instanz gem. § 193 SGG zu erfolgen. Für die zweite Instanz erfolgt die Kostenentscheidung jedoch gem. § 197a SGG (zum umgekehrten Fall vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3). Denn weder Berufungsklägerin noch Berufungsbeklagter gehören zu den kostenprivilegierten Personen. Die Beigeladene ist Berufungsklägerin; sie gehört nicht zu den nach § 183 Satz 1 SGG privilegierten Personen. Denn sie begehrt nach dem streitgegenständlichen Bescheid die Auszahlung der Altersrente an sich lediglich aus abgetretenem Recht, ohne die Eigenschaft eines Versicherten beanspruchen zu können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 11 AL 6/09 R, Beschluss vom 4. Juni 2007, B 11a AL 153/06 B, beide veröffentlicht in Juris). Da die Berufungsklägerin vom Rentenversicherungsträger -der ebenfalls nicht zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört- die Auszahlung der Altersrente begehrt, ist der Rentenversicherungsträger einem Berufungsbeklagten gleichzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. April 2006, B 12 KR 21/05 B, veröffentlicht in Juris), obgleich er im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat. Der kostenprivilegierte Kläger erster Instanz ist nicht Berufungsbeklagter, da die Berufungsklägerin von ihm nichts begehrt, auch wenn dieser die Zurückweisung der Berufung beantragt hat. Beide streiten sich lediglich darum, wem der -identische- Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger zusteht.
81 
Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit seiner Klage zu Recht erstinstanzlich vollen Erfolg hatte und die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat; da das allein von der Beigeladenen eingelegte Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat sie zwingend die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen.
82 
Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz(en) (so Lüdtke, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 8; z. B. auch BSG, Urteil vom 18. September 2012, B 2 U 11/11 R, Urteil vom 23. August 2012, B 4 AS 167/11 R, beide veröffentlicht in Juris). Zwar wird vertreten, dass bei einer Zurückweisung des Rechtsmittels die Kostenentscheidung allein über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ergehen hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr.2a, Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11, Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4; z.B. auch BSG, Urteil vom 2. Februar 2012, B 8 SO 15/10 R, veröffentlicht in Juris). Da aber die Kostenentscheidung nach allgemeiner Meinung nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Kosten des Vorverfahrens und die Kosten aller Rechtszüge des Gerichtsverfahrens zu erfassen hat (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 2, m.w.N.; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010, B 13 R 15/10 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris), könnte dieser Auffassung nur gefolgt werden, wenn sich ein Rechtsmittel auch auf die vorangehende Kostenentscheidung erstrecken würde und durch die Zurückweisung der Berufung die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil -wie die Entscheidung zur Hauptsache- Gültigkeit behielte. Ein Rechtsmittelantrag auch (s. § 144 Abs. 4 SGG) gegen eine Kostenentscheidung ist aber nicht statthaft, sondern als Anregung zu verstehen (§ 123 SGG gilt nicht, vgl. nur Hintz/Lowe, a.a.O., § 123 SGG Rdnr. 3), da über die Kosten als Annex zum Rechtsmittel immer von Amts wegen zu entscheiden ist, und zwar ohne Rücksicht auf den Willen und der Anträge der Beteiligten (vgl. nur BSG, Urteil vom 10. September 1987, 10 Rar 10/86, veröffentlicht in Juris). Ansonsten müsste einem Rechtsmittel auch teilweise stattgegeben werden, wenn zwar die Entscheidung in der Hauptsache richtig, die Kostenentscheidung aber zu Gunsten des Rechtsmittelführers geändert wird, was -soweit ersichtlich- nicht praktiziert wird. Dass das Rechtsmittel nichts mit der Kostenentscheidung zu tun hat, ergibt sich deutlich daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG unrichtige Kostenentscheidungen auch zu Lasten des alleinigen Rechtsmittelführers zu ändern sind, da das Verbot der reformatio in peius bei der Kostenentscheidung nicht gilt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 34/06 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris). Denn dann liegt einer solchen Änderung ein Rechtsmittel von vorneherein nicht zu Grunde.
83 
Die Höhe des nach Anhörung der Beteiligten festgesetzten Streitwerts ergibt sich aus § 42 GKG in Höhe des dreifachen Jahresbetrages der umstrittenen monatlichen Rente.
84 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente besteht ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(2) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig (§ 240 Abs. 2) sind oder
2.
am 31. Dezember 2000 bereits berufsunfähig oder erwerbsunfähig waren und dies ununterbrochen sind.

(3) Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die nicht mindestens ein Jahr verheiratet waren, wenn die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(4) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente besteht ab Vollendung des 45. Lebensjahres, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und der Versicherte vor dem 1. Januar 2012 verstorben ist.

(5) Die Altersgrenze von 45 Jahren für die große Witwenrente oder große Witwerrente wird, wenn der Versicherte nach dem 31. Dezember 2011 verstorben ist, wie folgt angehoben:

Todesjahr
des Versicherten
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
20121451
20132452
20143453
20154454
20165455
20176456
20187457
20198458
20209459
2021104510
2022114511
202312460
202414462
202516464
202618466
202720468
2028224610
ab 202924470.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen A. T. (im Folgenden: Versicherter).
Die 1957 geborene Klägerin hatte den Versicherten nach ihren eigenen Angaben im Alter von 18 Jahren kennengelernt und lebte mit ihm seit 1980 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Am 30.05.1981 wurde der Sohn, S. A. (im Folgenden: Zeuge A), geboren. Im gemeinsamen Haushalt lebte außerdem die Tochter der Klägerin, S. (im Folgenden: Zeugin S). Die Klägerin betreibt seit 1988 ein Autohaus.
Der 1945 in Tunesien geborene Versicherte hatte drei weitere Kinder, die bei ihren Müttern aufwuchsen. Er war im Autohaus der Klägerin beschäftigt. Wegen allgemeiner Mattigkeit und Atemnot suchte er im Juli 2006 seinen Hausarzt Dr. K. auf. Am 11.07.2006 wurde der Versicherte wegen starker Atemnot und Schmerzsymptomatik stationär aufgenommen. Dort wurde nach invasiver Diagnostik am 26.07.2006 ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose festgestellt (Tumorstadium T4 Nx M1). Der Versicherte wurde während seines Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 über den histologischen Befund eingehend informiert. Im Anschluss erfolgte eine ambulante Chemotherapie (insgesamt drei Zyklen vom 07.08.2006 bis 08.10.2006). Eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Am 10.10.2006 heirateten die Klägerin und der Versicherte. Mit Testament vom 24.10.2006 setzte der Versicherte die Klägerin als Alleinerbin ein. Wegen zunehmender Schmerzen begab sich der Versicherte am 03.11.2006 erneut in stationäre Behandlung, bei der eine Tumorprogression festgestellt wurde. Die Chemotherapie wurde sodann in veränderter Form fortgesetzt. Am 06.11.2006 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Antrag wurde in einen Rentenantrag umgedeutet. Die Beklagte bewilligte sodann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.11.2006.
Nach einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten im Januar 2007 erfolgte eine Umstellung der Therapie in eine palliative Chemotherapie. Am 22.02.2007 verstarb der Versicherte.
Unter dem 20.04.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.2007 den Antrag der Klägerin ab. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine Versorgungsehe handele, da die tödlichen Folgen der Erkrankung des Versicherten bei der Eheschließung zu erwarten gewesen seien. Hiergegen legte die Klägerin am 19.06.2007 Widerspruch mit der Begründung ein, es habe sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie mit dem Versicherten einen volljährigen Sohn und seit über 25 Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe. Sie hätten vor vielen Jahren ein Wohnhaus gemeinsam erworben und schon seit längerer Zeit geplant zu heiraten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.10.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Klägerin und der Versicherte hätten vor der Hochzeit schon seit 26 Jahren wie Ehepartner zusammengelebt. Bereits kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes sei eine Hochzeit geplant gewesen. Wegen des Baus des gemeinsamen Hauses und des Baus eines weiteren Hauses in Tunesien sowie des Aufbaus des Autohauses sei die Eheschließung jedoch immer wieder aufgeschoben worden. Im Jahr 2000 seien die Heiratspläne sehr konkret geworden. Es sei ein Termin beim Standesamt vereinbart worden. Außerdem seien die erforderlichen Unterlagen (ua eine Befreiungsurkunde des OLG Stuttgart) und die finanziellen Mittel beschafft worden. Die Eheschließung sei bereits standesamtlich angemeldet, ein konkreter Termin aber noch nicht geplant gewesen. Kurz darauf sei die Klägerin erkrankt und in der Folge psychiatrisch (ua stationär) behandelt worden, weshalb die Hochzeit erneut verschoben worden sei. Die Klägerin sei dann bis 2003/2004 in Behandlung gewesen. Als der Versicherte im Juli 2006 an Krebs erkrankt sei, habe er die Art und Schwere der Krankheit seiner Ehefrau und seinen Kindern verschwiegen. Im Oktober und November 2006 sei der Versicherte wie gewohnt jeden Morgen in die Autowerkstatt gegangen. Er habe immer wieder versichert, dass seine Krankheit ausheilen werde. Erst bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus im Februar 2007 hätten die Kinder von der Diagnose erfahren. Sie hätten beschlossen, die Diagnose vor der Klägerin zu verschweigen. Auch von Dr. K. sei die Ehefrau nicht über die Schwere der Krankheit aufgeklärt worden. Bis zu seinem Tod sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Krankheit heilbar sei. Im September 2006 sei der Termin für die Hochzeit vereinbart worden. Der Versicherte habe aufgrund der ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat gedrängt. Der Versicherte habe vermeiden wollen, dass die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus an seine anderen Kinder oder seine erste Ehefrau gehen. Schon frühzeitig sei der Steuerberater E. S. (im Folgenden: Zeuge Stb) eingebunden gewesen. Es sollten hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Auch die geplante Erbschaftssteuerreform habe dabei eine Rolle gespielt. Zudem sollte es dem gemeinsamen Sohn durch die Heirat ermöglicht werden, als sodann ehelicher Sohn das Erbe des Versicherten in Tunesien anzutreten. Der Zeuge Stb habe dem Versicherten zur sofortigen Heirat geraten. Rentenansprüche oder Versorgungsleistungen seien in diesen Gesprächen nicht diskutiert worden. Die Klägerin habe an diesen Gesprächen nicht teilgenommen. Der Versicherte habe den Zeugen Stb als seinen Freund und Vertrauten ausdrücklich darum gebeten, die Klägerin nicht über die Art und Schwere seiner Erkrankung und die erörterten Fragen zu unterrichten. Der Klägerin sei es wichtig gewesen – und habe deshalb die Hochzeitspläne unterstützt – dem Versicherten zu zeigen, dass sie gerade auch in den Zeiten einer schweren Erkrankung zu ihm stehe. Dies werde auch durch die für April 2007 geplante Hochzeitsreise nach Tunesien dokumentiert. Dort hätten die Eheleute auch die Eheringe kaufen wollen. Vor diesem Hintergrund sei eine Versorgungsehe widerlegt. Letztlich sei die Klägerin ohnehin nicht auf den Erhalt einer Hinterbliebenenrente angewiesen, da sie als Inhaberin des Autohaues ausreichende Einkünfte erziele. Die Eheleute seien wirtschaftlich voneinander unabhängig gewesen und hätten Einkünfte in derselben Größenordnung erzielt.
Das SG hat Dr. K. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Er hat angegeben, dass die im Rahmen der stationären Behandlung festgestellte Pleurakarzinose der Grund gewesen sei, warum eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr möglich gewesen sei. Er habe schon zu diesem Zeitpunkt mit dem Versicherten über die Diagnose und die sehr fraglichen Heilungschancen gesprochen. Als Anhalt für den bereits zu diesem Zeitpunkt schlechten Allgemeinzustand und die gesamte gesundheitliche Problematik möge auch gelten, dass der Versicherte bereits während dieser Krankheitsphase stärkste Schmerzmittel (Morphinpräparate) erhalten habe. Im Januar 2007 habe er ein ausführliches Gespräch mit der Klägerin geführt.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2010 haben die Zeugen A, S und Stb uneidlich ausgesagt. Der Zeuge A hat ausgesagt, dass seine Eltern schon im Jahr 2000 geplant hatten, zu heiraten. Aufgrund der Erkrankung seiner Mutter habe die Hochzeit dann nicht stattgefunden. Es sei aber alles „unter Dach und Fach“ gewesen. Auch danach sei das Thema nie ganz aus der Welt gewesen. Die Hochzeit im Jahr 2006 habe im kleinen Kreis stattgefunden. Ein großes Fest sollte danach stattfinden. Konkrete Pläne habe es noch nicht gegeben. Eine Hochzeitsreise sei angedacht gewesen. Er habe im Sommer 2006 erfahren, dass sein Vater an Lungenkrebs erkrankt sei. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sein Vater daran sterben könne. Die Zeugin S hat ausgesagt, man habe in der Familie immer wieder über das Thema Hochzeit gesprochen. Im Jahr 2000 seien die Papiere da gewesen. Ein konkretes Datum habe es noch nicht gegeben. Aufgrund der Erkrankung ihrer Mutter habe die Hochzeit nicht stattgefunden. Bei der Hochzeit im Jahr 2006 seien nur das Brautpaar, ihr Bruder und sie zugegen gewesen. Trauzeugen habe es nicht gegeben. Es sollte im Jahr darauf, nach der Genesung des Versicherten, groß gefeiert werden. Sie habe gewusst, dass der Versicherte an Krebs erkrankt sei. Er habe aber immer wieder gesagt, dass er schon wieder gesund werde. Sie habe natürlich gewusst, dass es schwierig werden könne. Sie habe natürlich auch mit ihrer Mutter über die Krankheit gesprochen. Man habe im Internet über die Krankheit recherchiert. Während der Behandlungen sei es dem Versicherten immer etwas schlechter gegangen, danach aber wieder ziemlich gut. Sie habe nie gedacht, dass der Versicherte sterben könne. Der Zeuge Stb hat ausgesagt, er sei seit Beginn des Betriebs des Autohauses der Steuerberater der Familie. Er habe Mitte/Ende 2006 von der Krankheit des Versicherten erfahren und immer offen mit ihm darüber gesprochen. Er sei davon ausgegangen, dass der Versicherte jedenfalls noch zwei oder drei Jahre leben werde. Im Frühjahr 2006 sei im Rahmen der Bilanzerstellung für das Autohaus über die bevorstehende Erbschaftssteuerreform gesprochen worden. Er habe ihn auf die erbrechtlichen Folgen hingewiesen, wenn er unverheiratet bliebe. Die Klägerin oder die Zeugen S und A seien nie zugegen gewesen. Unmittelbar vor der Hochzeit sei über die erbrechtlichen Angelegenheiten nicht mehr gesprochen worden. Ungefähr 10 bis 14 Tage nach der Hochzeit sei das Testament erstellt worden. Über Rentenanwartschaften oder eine sonstige Altersvorsorge der Klägerin habe er nichts gewusst. Der Versicherte sei nicht am Autohaus beteiligt gewesen.
10 
Mit Urteil vom 28.07.2010 (der Klägerin zugestellt am 10.11.2011) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass die Klägerin mit dem Versicherten keine Versorgungsehe eingegangen sei. Hierfür spreche, dass der Versicherte bei der Eheschließung offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten habe. Hieran ändere der Umstand nichts, dass der Tod nicht unmittelbar bevorgestanden habe bzw die Möglichkeit bestanden habe, dass der Versicherte das erste Ehejahr überleben werde. Sie hätten mit einem tödlichen Verlauf der Krankheit rechnen müssen. Auch der Klägerin sei die Gefährlichkeit der Erkrankung bewusst gewesen. Für den Versorgungszweck der Ehe sprächen auch die Umstände der Hochzeit ohne Trauzeugen und größere Feier. Weder die langjährige eheähnliche Lebensgemeinschaft noch die Kontaktaufnahme mit dem Standesamt im Jahr 2000 reichten aus, um die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Zwar könne daraus der Schluss gezogen werden, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Eheschließung nur ihren rechtsförmlichen Vollzug erhalten habe. Die Heiratspläne vor der Erkrankung des Versicherten hätten sich jedoch nicht wesentlich konkretisiert. Zudem sei die Versorgung der Klägerin nicht gesichert, da die Höhe des Gewinns aus ihrer selbständigen Tätigkeit Schwankungen unterlägen. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht der Umstand, dass mit der Hochzeit die erbrechtliche Situation geregelt werden sollte. Weder die Zeugen noch die Klägerin hätten angegeben, dass nach den Beratungen durch den Zeugen Stb im Frühjahr 2006 schon eine Hochzeit verstärkt in Betracht gezogen worden sei. Die von der Klägerin angegebenen Motive für die Hochzeit, nämlich dem Versicherten Mut zu machen, überwiegten in der Gesamtabwägung der Umstände nicht.
11 
Am 26.01.2011 hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die vom SG vorgenommene Gesamtbetrachtung und Abwägung sei lücken- und fehlerhaft. Die Gründe für die Hochzeit überwiegten den Versorgungszweck. Jedenfalls seien die Gründe gleichwertig. Gegen eine Versorgungsehe spreche, dass das Thema einer Versorgungsrente weder vor noch nach der Hochzeit vom Versicherten angesprochen worden sei. Es sei insbesondere nicht Gegenstand der Besprechungen mit dem Zeugen Stb gewesen. Die Klägerin sei auf eine Versorgung nicht angewiesen. Der Zeuge Stb und der Versicherte seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin im Todesfall als testamentarische Alleinerbin unter Berücksichtigung ihres eigenen Vermögens, ihrer eigenen Einkünfte (auch aus Vermietung) und der Aussicht auf eine Lebensversicherung ausreichend versorgt sei. Die Familie sei zudem nicht über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen. Es sei eine größere Hochzeit in Tunesien geplant gewesen. Gegen eine Versorgungsehe spreche weiter, dass die Klägerin und der Versicherte seit 26 Jahren wie ein Ehepaar zusammen lebten und schon im Jahr 2000 eine Heirat geplant hatten. Motiv des Versicherten sei es gewesen, die erbrechtlichen Folgen bei Nichtverheiratung zu vermeiden. Motiv der Klägerin sei es gewesen, den Versicherten nicht im Stich zu lassen und ihm Mut zu machen, zumal sie eine Hochzeit „immer wieder im Hinterkopf“ gehabt hätten.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 23.03.2007 große Witwenrente zu gewähren,
hilfsweise den Steuerberater S. dazu zu hören, dass eine Witwenrente nie Thema der Gespräche mit dem Verstorbenen gewesen sei.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide, ihren Vortrag beim SG sowie die Ausführungen im Urteil verwiesen.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen W. E. (im Folgenden Versicherter), insbesondere das Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe, streitig.
Die 1952 geborene Klägerin erhielt aus ihrer Ehescheidung im Juli 2004 einen Betrag von 44.638,84 EUR (Bl 65 der Senatsakte). Ihr Arbeitsverhältnis bei der m. f. s. gmbH & co kg endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 28. Juni 2007 zum 31. Juli 2007 gegen Zahlung einer Abfindung von 1.000 EUR (Aufhebungsvereinbarung vom 28. Juni 2007). Vom 1. Juni 2007 bis 16. Oktober 2008 erhielt sie Krankengeld, ab 1. Januar 2008 in Höhe von 1.048,56 EUR monatlich einschließlich 16. Oktober 2008. Im Anschluss daran gewährte ihr die Agentur für Arbeit A. Arbeitslosengeld beginnend ab 17. Oktober 2008 in Höhe von 451,20 EUR monatlich mit einer Anspruchsdauer von 540 Kalendertagen. Nach eigenen Angaben lebte die Klägerin seit Juli 2002 mit dem am 15. November 1956 geborenen Versicherten zusammen. Im April 2008 wurde bei dem Versicherte anlässlich einer Magenspiegelung durch den Internisten Dr. A. ein Plattenepithelcarcinom des Ösophagus, ein bösartiger Speisenröhrentumor, festgestellt.
Am 15. April 2008 wurde dem Versicherten eine Renteninformation durch die Beklagte erteilt, wonach eine Rente wegen voller Erwerbsminderung 1.465,79 EUR und eine Regelaltersrente 1.122,73 EUR betragen würde.
Vom 6. bis 16. Mai 2008 begab er sich in stationäre Behandlung in die Abteilung für Gastroenterologie, Endokrinologie, Onkologie und Rheumatologie des O.-Klinikums in A. Dort wurde die Diagnose eines Plattenephithelcarcinoms des mittleren Ösophagus mit Infiltration der Trachea und Nachweis eines pathologischen Lymphknotens im rechten oberen Medastinum im fortgeschrittenem Stadium IV bestätigt. Der Versicherte befand sich in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand. Aufgrund der Infiltration der Trachea kam eine operative Sanierung nicht in Frage, sodass eine definitive Radio-Chemotherapie eingeleitet wurde. Ab dem 6. Mai 2008 wurde der Versicherte künstlich ernährt, und zwar bis 19. Mai 2008 mittels einer PEG-Anlage (Versorgung über eine die Bauchdecke durchstoßende Sonde = perkutane endoskopische Gasostromie), anschließend über einen Postkatheter und ab 2. September 2008 wieder mit Hilfe einer PEG-Sonde.
Am 26. Mai 2008 wurde der Versicherte bis 8. Juli 2008 erneut zur stationären Chemotherapie mit Cisplatin und 5-FU aufgenommen. Die Nahrungsaufnahme konnte teilweise nur noch oral in Form von Flüssigkeiten erfolgen. Er berichtete über eine zunehmende Dysphagie sowie einen Gewichtsverlust. Während der gesamten stationären Chemotherapie war es zu massiver Übelkeit mit rezidivierendem massivem Erbrechen, das medikamentös nur schwer beherrschbar war, gekommen. Der Allgemeinzustand hatte sich deutlich verschlechtert und es kam zu weiterer Gewichtsabnahme. Unter einer mehrfachen intravenösen antiemetischen Therapie war die Chemotherapie durchführbar. Zusätzlich während des stationären Aufenthaltes erfolgte eine parenterale Ernährung mit Aminomix und Lipovenös. Anlässlich der stationären Behandlung vom 17. bis 19. September 2008 im O.-Klinikum A. wurde zwar kein sicherer Anhalt für ein Rezidiv oder einen persistierenden Tumor festgestellt. Der Versicherte berichtete aber, dass er zunehmend schlechter Nahrung zu sich nehmen, auch Flüssigkeiten kaum noch schlucken könne. Postprandial käme es oft zu Erbrechen. Der Versicherte befand sich in leicht reduziertem Allgemeinzustand und schlankem Ernährungszustand.
Am 26. September 2008 begab sich der Versicherte zum Notariat L., wo er die Klägerin testamentarisch zu seiner Alleinerbin einsetzte.
Vom 26. September 2008 bis 6. Oktober 2008 wurde der Versicherte erneut in stationäre Behandlung in das O.-Klinikum wegen rezidivierender Schluckstörungen aufgenommen. Er berichtete, er habe nicht einmal mehr seinen eigenen Speichel schlucken können und leide an brennenden thorakale Schmerzen beim Husten. Auch der Schlaf sei massiv gestört. Ein Gewichtsverlust von insgesamt 6 kg und rezidivierende Dyspnoe konnten festgestellt werden. Der Versicherte befand sich in deutlich reduziertem Allgemeinzustand und kachethischem Ernährungszustand. Es zeigte sich eine Fistel zwischen Speise- und Luftröhre, weshalb am 1. Oktober 2008 die Implantation eines ummantelten Metall-Stents zur Fisteldeckung erfolgte.
Am 10. Oktober 2008 schlossen die Klägerin und der Versicherte die Ehe.
Bei einem weiteren stationären Aufenthalt vom 23. bis 29. Oktober 2008 wurde ein Lokalrezidiv mit zunehmender distaler Trachealwandnekrose und großer Fistel in den Ösophagus diagnostiziert. Es zeigten sich metastasenverdächtige Lungen- und Leberrundherde. Der Versicherte hatte bereits seit sieben Tagen wiederholt schleimiges, übel riechendes, teilweise blutig tingiertes Material erbrochen bzw abgehustet. Eine Flüssigkeits- oder Nahrungsaufnahme war nicht mehr möglich. Der Versicherte wurde verlegt und am 31. Oktober 2008 wurde in der Klinik L. ein endobronchialer Y-Stent gelegt worden. Im Anschluss daran war er bis zum 27. November 2008 wieder stationär im O.-Klinikum, wo dann eine palliative Chemotherapie mit Carboplatin/Taxan durchgeführt wurde. Der nächste Zyklus fand vom 1. bis 23. Dezember 2008 statt. Am 9. Januar 2009 verstarb der Versicherte an den Folgen seiner Tumorerkrankung.
10 
Am 27. Januar 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Versichertenrente. Sie führte in dem Antrag aus, die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Pflege und Betreuung des ständig auf Pflege angewiesenen Ehegatten erfolgt. Der Tod bzw die tödlichen Folgen der Krankheit seien nach ärztlicher Auffassung bei der Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen. Hierzu legte sie eine entsprechende ärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes Prof. Dr. K. vom 16. Februar 2009 vor, wonach der tragische Verlauf der Erkrankung in der dann erfolgten Form nicht absehbar gewesen sei. Anders als zu erhoffen und abzusehen gewesen sei, sei die Krankheit in den Folgemonaten rasch progredient und trotz Behandlung mittels Chemotherapie nicht mehr beherrschbar gewesen.
11 
Nach Vorlage der Krankenhausentlassungsberichte lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. März 2009 den Antrag auf die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin mit der Begründung ab, die Ehe habe zum Zeitpunkt des Todes weniger als ein Jahr gedauert. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat die Versorgung mit einer Hinterbliebenenrente gewesen sei. Aufgrund der schweren Erkrankung sei zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem baldigen Tode des Ehemannes zu rechnen gewesen. Gründe, die geeignet wären, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen, seien nicht ersichtlich.
12 
Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2009 an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages und legte am 6. April 2009 Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führte sie aus, keinesfalls sei für sie oder ihren Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung erkennbar gewesen, dass das Krebsleiden in absehbarer Zeit zum Tode führen könne. Beide Eheleute hätten langjährig zusammengelebt. Da beide geschieden gewesen wären, hätten sie nicht gleich das Risiko einer neuen Ehe und einer eventuellen neuen Scheidung eingehen wollen. Nach über achtjähriger Partnerschaft habe dann die Absicht einer Eheschließung bestanden. Diese sei nur aufgrund der Erkrankung früher als geplant durchgeführt worden. Die Heirat sei im Zeichen der gegenseitigen Zuneigung und zur Legitimation der Partnerschaft nach außen erfolgt. Hierzu legte sie ein weiteres Attest von Dr. R. vor, wonach der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung zwar an einem behandlungsbedürftigen Tumorleiden gelitten habe, dennoch sei nicht erkennbar gewesen, dass er daran in absehbarer Zeit versterben würde.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, bereits im April 2008 habe sich die Krebserkrankung des Versicherten in einem fortgeschrittenen Stadium befunden. Eine kurative Therapie sei nicht mehr möglich gewesen. Insgesamt ließe der Verlauf von der Diagnosestellung des malignen Leidens bis zur Hochzeit ein rapides Fortschreiten der Zustandsverschlechterung erkennen, sodass aus medizinischer Sicht mit dem Ableben innerhalb eines Jahres nach der Heirat zu rechnen gewesen sei. Eine Pflegebedürftigkeit habe sich zum Zeitpunkt der Heirat ebenfalls nicht bestätigt. Mithin liege eine Versorgungsehe vor, da die Klägerin andere für die Eheschließung in gleichem Maße ausschlaggebende Gründe nicht bewiesen habe.
14 
Mit ihrer dagegen am 7. Oktober 2009 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie und der Versicherte hätten bereits im Jahr 2006 konkrete Ehepläne gefasst. Die Hochzeit am 10. Oktober 2008 sei aus Liebe erfolgt. Nachdem sich bei der Radiochemotherapie keine Metastasen gezeigt hätten, sei man davon ausgegangen, dass man den Tumor heilend in den Griff bekommen könne. Noch im Krankenhaus habe ihr der Versicherte gesagt, dass er sie heiraten wolle. Sie sei dann mit ihm an den Bodensee gefahren. Dort habe er ihr einen Heiratsantrag gemacht. An den genauen Tag könne sie sich zwar nicht mehr erinnern, es müsse aber die Zeit zwischen dem 19. und 26. September 2008 gewesen sein. Erst nach der Heirat am 18. November 2008 sei eine Progression des Tumors aufgetreten. Dementsprechend sei die Behandlung zunächst kurativ (heilend) erfolgt. Erst nach der Hochzeit habe eine palliative (lindernde) Behandlung stattgefunden. Ende Oktober habe ihr Professor Dr. K. mitgeteilt, dass die Erkrankung nicht mehr heilbar sei. Ihre wirtschaftliche Situation habe sich durch die Heirat verschlechtert. Sie habe die Erbschaft in dem Bewusstsein angenommen, dass ihr der Ehemann insgesamt Schulden in Höhe von 322.096,35 EUR hinterlassen werde. Sie sei jedoch davon ausgegangen, etwaige Differenzbeträge zwischen dem Erlös aus dem Verkauf der geerbten Eigentumswohnungen durch die erwartete Rentenzahlung decken zu können. Bereits seit 2002 habe ihr Ehemann gegenüber seinen Arbeitskollegen erwähnt, dass er sie heiraten werde. Es sei ihm daran gelegen gewesen, sie auch auf Dauer für ihr Alter zu versorgen.
15 
Mit Urteil vom 12. Februar 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 4. März 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegen können. Zwar bestehe in Anbetracht des langen Zusammenlebens und im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinerlei Zweifel daran, dass sie eine gute partnerschaftliche Beziehung geführt und auch wegen gegenseitiger Zuneigung und Verbundenheit geheiratet habe. Allein dies sei jedoch nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen. Das Bestehen einer Liebesbeziehung müsse nicht zwangsläufig in einer Ehe einmünden. Die gesetzliche Regelung könne auch nicht derartig eng verstanden werden, da sonst nur Fallkonstellation erfasst würden, in denen nicht emotional verbundene Personen in bewusster Kenntnis des nahen Todes des Versicherten eine Ehe eingingen, deren ausschließliches Ziel mithin die Erlangung einer Rente für den Überlebenden sei. Vielmehr sei der Anwendungsbereich auch dann eröffnet, wenn sich Partner einer langjährigen Liebesbeziehung erst vor dem Hintergrund einer unmittelbaren Lebensgefährdung eines der Partner zu einer Heirat entschlössen. Der Klägerin sei zum Zeitpunkt der Eheschließung über dessen Erkrankung und auch deren Stadium informiert gewesen. Sowohl der Heiratsantrag als auch die konkretisierten Heiratspläne seien erst in die Zeit nach April 2008 gefallen. Eine bereits zuvor bestehende definitive Heiratsplanung sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der konkrete Entschluss zu heiraten sei damit zu einem Zeitpunkt gefasst worden, in dem aus objektiver Sicht bekannt gewesen wäre, dass eine schwerwiegende und grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung bestanden habe. Eine Gewissheit über die verbleibende Lebensdauer sei hingegen nicht erforderlich und könne letztendlich ohnehin niemals mit Sicherheit prognostiziert werden, weshalb die behandelnden Ärzte in aller Regel keine Auskunft über die verbleibende Lebensdauer geben könnten. Zumindest in der Laiensphäre sei der Klägerin und dem Versicherten die Dramatik der Erkrankung durchaus bewusst gewesen. Auch müsse eine Versorgung unterstellt werden, denn die Klägerin habe sich durch die Heirat nicht wirtschaftlich verschlechtert. Eine Verschlechterung könne ohnehin bei der Klägerin allenfalls durch die Annahme der Erbschaft eingetreten sein, die allein im Hinblick darauf erfolgt sei, dass etwaige Schulden durch die zu erwartende Hinterbliebenenversorgung gedeckt würden.
16 
Mit ihrer dagegen am 18. Februar 2010 beim SG eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass sie anlässlich der Eheschließung nicht davon ausgegangen sei, dass ihr Ehemann „dem Tode geweiht sei“. Zudem habe ihr Ehemann bereits 2002 gegenüber Arbeitskollegen und sonstigen unbeteiligten Dritten stets die feste und konkrete Heiratsabsicht geäußert. Der Versicherte habe sich am 26. September 2008 nicht in stationärer Behandlung befunden, sondern an diesem Morgen nur einen Termin bei seinem Hausarzt zur Blutkontrolle gehabt. Danach habe er den Notar aufgesucht, der sich im gleichen Gebäude befände, um das Testament zu machen. Sie habe sich ab dem 1. November 2009 mit einem Imbiss selbständig gemacht.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine große Witwenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie ist der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht ergangen sei, denn die Befunde belegten eindeutig ein fortgeschrittenes Karzinom der Speiseröhre im Stadium III bis IV zur Zeit der Eheschließung. Da schon seit Diagnosestellung eine Inoperabilität gegeben sei, habe schon zu diesem Zeitpunkt eine sehr schlechte Lebenserwartung bestanden. Weitere stationäre Aufenthalte seien wegen Komplikationen erfolgt. Es hätten sich zunehmende Schluckstörungen und Gewichtsabnahme eingestellt, auch wenn die palliative Chemotherapie erst wenige Tage nach der Eheschließung begonnen habe. Im Langschnittverlauf hätte sich damit der Gesundheitszustand bis zum Zeitpunkt der Eheschließung als deutlich progredient gezeigt, sodass aus medizinischer Sicht mit dem alsbaldigen Ableben des Versicherten hätte gerechnet werden müssen. Ca 14 Tage nach Eheschließung habe dann die entnommene Probe das Wiederauftreten des Krebses bestätigt. Metastasen seien drei Tage danach verifiziert worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Ehefrau in vollem Umfang unterrichtet worden sei. Dies belege eindeutig eine Versorgungsehe. Offensichtlich sei auch für die Testamentsverfügung Eile geboten gewesen. Die Beklagte hat die Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vorgelegt.
22 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat, nachdem die Klägerin die Aufhebungsvereinbarung vom 28. Juni 2007 sowie die Belage über den Kranken- und Arbeitslosengeldbezug vorgelegt hat, die behandelnden Ärzte des Versicherten als sachverständige Zeugen befragt.
23 
Prof. Dr. K. hat mitgeteilt, dass mit dem Versicherten mehrfach über seinen Gesundheitszustand gesprochen worden sei. Dies sei bereits anlässlich der Erstaufklärung über Diagnose und Therapiemöglichkeiten erfolgt. Nach den Akten könne nicht mehr nachvollzogen werden, ob man auch mit der Klägerin selbst gesprochen habe. Sie habe aber ihren Mann während des gesamten Krankheitsverlaufs begleitet und während der stationären Aufenthalte oft besucht, sodass sie wahrscheinlich bei dem einen oder anderen Gespräch mit anwesend gewesen sei. Zu Beginn der Erkrankung habe ein primär kurativer Behandlungsansatz bestanden, bei welchem eine Heilung nicht von vorne herein ausgeschlossen sei. Nach Abschluss der ersten Chemotherapie habe sich kein sicherer Anhalt für einen Resttumor oder einen persistierenden Tumor gefunden, was durchaus positiv zu bewerten sei und Grund für Optimismus gegeben habe. Auch der Befund der Computertomografie sei zu diesem Zeitpunkt deutlich besser gewesen als der Ausgangsbefund. Die Probleme, die sich im weiteren Krankheitsverlauf ergeben hätten, seien durch die Radiochemotherapie bedingte narbige Engstellung der Speiseröhre bzw eine ösophagotracheale Fistel bedingt gewesen. Beide Probleme seien nicht ungewöhnliche Nebenwirkungen/Folgen einer Radiochemotherapie. Dass der Tumor wiedergekehrt sei, habe erst durch die Bronchienspiegelung am 27. Oktober 2008 nachgewiesen werden können. Erst Ende Oktober 2008 sei daher die Diagnose eines Speiseröhrenkrebs im Endstadium gestellt und eine palliative Chemotherapie begonnen worden. Der Versicherte habe sich am Aufnahmetag vom 26. September 2008 zwar in reduziertem Allgemeinzustand befunden, durch therapeutische Maßnahmen habe sich dies jedoch deutlich bessern können, sodass er bei der Entlassung wieder Nahrung zu sich hätte nehmen können.
24 
Dr. R. von der Onkologie O. hat mitgeteilt, dass der Versicherte nur von Mai bis Juli und dann wieder November 2008 behandelt worden sei. Im Oktober 2008 hätten keine Kontakte bestanden. Man habe ihn lediglich im August zur planmäßigen Nachschau nach Beendigung der Strahlentherapie entsprechend der Strahlenschutzverordnung gesehen. Im November habe man dann Leber- und Lungenmetastasen diagnostiziert und eine palliative Chemotherapie begonnen. Bei der Erstdiagnose wie auch bei Abschluss der Radiochemotherapie habe sich der Tumor im Stadium T4 N1 M0 befunden, wobei T4 die Tumorgröße bezeichne und das Einwachsen in Nachbarorgane (in diesem Fall die Trachea). In der UICC-Klassifikation entspreche dies dem Stadium III. Ab Oktober 2008 habe er sich dann im UICC-Stadium IV aufgrund der neu aufgetretenen Metastasen in Leber und Lunge befunden. Dies entspreche wiederum einem Stadium M1 in der TNM-Klassifikation. Die Prognose bei Abschluss der Radiochemotherapie habe einer 5-Jahres-Überlebensrate von 5 bis 15 % entsprochen. Bei dem Versicherten habe zunächst von einem besseren Verlauf ausgegangen werden können. Er sei noch relativ jung gewesen, habe sich in insgesamt gutem Allgemeinzustand befunden und nicht das typische Risikoprofil gezeigt, wie es sonst bei Patienten mit Ösophaguskarzinom recht häufig vorkomme. Einen Patienten mit der Statistik zu konfrontieren, sei kontraproduktiv. Die Klägerin sei bei den meisten Gesprächen anwesend gewesen. Dass es bei dem Versicherten so rasch zu einer Metastasierung in mehrere Organe gekommen und eine beidseitige Lungenentzündung aufgetreten sei, sei tragisch, aber von vornherein keineswegs absehbar gewesen.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die nach §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer großen Witwenrente.
27 
Nach § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten Anspruch auf Gewährung einer sog. kleinen bzw. großen Witwenrente, sofern der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Rentenanspruch allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der Anwendungsbereich des § 46 Abs 2a SGB VI ist eröffnet, weil die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als 1 Jahr (vom 10. Oktober 2008 bis 9. Januar 2009) gedauert hat.
28 
§ 46 Abs 2a SGB VI, der durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) vom 21. März 2001 (BGBl. I 2001, 403) in das SGB VI eingefügt wurde, geht davon aus, dass der überlebende Ehegatte bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr in den meisten Fällen von seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen vor der Eheschließung noch keinen so großen Abstand genommen hat, dass er diese nicht nach dem Tod des anderen Ehegatten fortsetzen oder wieder aufnehmen oder sich eine selbstständige Lebensführung neu erarbeiten könnte. Dementsprechend stellt die Regelung die – widerlegbare - gesetzliche Vermutung auf, dass die Heirat bei einer weniger als einjährigen Ehedauer in erster Linie der Versorgung des überlebenden Ehegatten diente, es sich also um eine sog Versorgungs-ehe handelte. Diese Vorschrift ist verfassungsgemäß (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 53/08 R, zit nach juris).
29 
Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war (so BT-Drucks 14/4595 S. 44). Diese gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (BSG SozR 3100 § 38 Nr 5). Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalls nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente zu begründen, verbleibt es bei der Annahme einer Versorgungsehe. Auch wenn die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln und zu bewerten sind, trifft die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, denjenigen, der den Anspruch auf Versorgung geltend macht (BSG SozR Nr 84 zu § 128 SGG). Die gesetzliche Vermutung folgt einer Typisierung und verfolgt auch den Zweck, den Leistungsträger und das Gericht der Ausforschung im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Zu würdigen ist freilich, dass das Motiv, Betreuung und Pflege des Erkrankten sicherzustellen, nicht mit einer Versorgungsehe gleichgesetzt werden darf, jedenfalls dann nicht, wenn das Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (BSGE 60, 204). Andererseits ist zu fordern, dass keine deutlichen Anhaltspunkte für die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen war (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Bd. 1 § 46 SGB VI Rdnr 46 a ff.).
30 
Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet überwiegend oder zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, zit. nach juris).
31 
Dass bei der Klägerin in Auswertung der medizinischen Ermittlungen von einer Versorgungsehe ausgegangen werden muss, hat bereits das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
32 
Die weiteren im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen stehen dem nicht entgegen. Dr. R. hat in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 28. Mai 2010 noch einmal bestätigt, dass sich der Versicherte sowohl bei der Erstdiagnose im April 2008 wie auch bei Abschluss der Radiochemotherapie nach der TNM-Klassifikation (weit verbreitetes System zur Beschreibung bösartiger Tumore) im Stadium T4 N1 MO befand. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Im Falle des Versicherten war der Tumor nach Auskunft von Dr. R. bereits in die (Luftröhre) eingewachsen. N1 bedeutet, dass auch benachbarte Lymphknotenmetastasen vorlagen, aber noch keine Fernmetastasen (M0). Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar haben Prof. Dr. K. und Dr. R. berichtet, dass eine Heilung grundsätzlich nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Denn nach Abschluss der ersten Chemotherapie hat sich zunächst kein sicherer Anhalt für einen Resttumor oder einen persistierenden Tumor gefunden, was aus ärztlicher Sicht durchaus positiv zu bewerten war und Grund für Optimismus gegeben hat. Weiter hat der Versicherte nicht dem typischen Risikoprofil entsprochen, war insbesondere noch relativ jung und in insgesamt gutem Allgemeinzustand.
33 
Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass der Klägerin und dem Versicherten der Ernst und die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst waren. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass vor dem Hintergrund der Erkrankung die Heirat zeitlich vorgezogen wurde. Weiterhin hat der Versicherte vor der vierten stationären Behandlung vom 26. September 2008 noch ein Testament zu Gunsten der Klägerin errichtet, obwohl er sich nach dem Aufnahmebefund in einem äußerst schlechten Zustand befunden hat. Er konnte nicht einmal mehr seinen eigenen Speichel schlucken und hatte brennende thorakale Schmerzen beim Husten sowie massive Schlafstörungen. Auch dies belegt, dass offensichtlich Eile geboten war und der Versicherte die Klägerin für den Todesfall versorgen wollte, mit dem er offenbar gerechnet hat. Die Klägerin hat auch zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, dass sie fest mit der Hinterbliebenenversorgung gerechnet hat und nur vor diesem Hintergrund das (angeblich) überschuldete Erbe angetreten hat.
34 
Weiterhin hat die Beratungsärztin H. in der Auswertung des stationären Entlassungsberichtes zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Speiseröhrenkarzinom um einen sehr aggressiven Tumortyp handelt, sodass die Prognose schon bei Diagnosestellung im April 2008 äußerst ungünstig war. Bei dem Versicherten bestand zusätzlich eine Inoperabilität, sodass nur eine Bestrahlungs- und Chemotherapie begonnen werden konnte. Zwar war bis September 2008 kein Fortschreiten des Karzinoms ersichtlich. Die Komplikationen nahmen jedoch bis zur Eheschließung zu. Diese Annahme wird aus Sicht des Senats insbesondere durch die erheblichen Ernährungsprobleme des Versicherten bestätigt, der sich demzufolge auch in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand befunden hat. Sowohl ein Gewichtsverlust sowie eine rezidivierende Dyspnoe konnten festgestellt werden.
35 
Vor diesem gesundheitlichen Hintergrund haben die Klägerin und der Versicherte die Ehe geschlossen. Bereits ab 6. Mai 2008 benötigte der Versicherte eine Magensonde sowie intermittierend Infusionen zur Ernährung bei nicht mehr passagerer Enge der Speiseröhre und eine am 1. Oktober 2008 erfolgte Anlage eines Stents. Der Gewichtsverlust war trotz künstlicher Ernährung stetig.
36 
Der Senat ist daher in Abwägung aller Umstände, nämlich der raschen Heirat kurz nach Abschluss der stationären Behandlung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Heirat überhaupt noch möglich war, überzeugt davon, dass den Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war und sie deswegen zur Versorgung der Klägerin noch rasch geheiratet haben.
37 
Wenn der lebensbedrohende Charakter einer Erkrankung des verstorbenen Ehepartners im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt ist, so kommt die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung in aller Regel nicht in Betracht, es sei denn, die Heirat stellt sie als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses dar (so Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat in Auswertung der von der Klägerin gemachten Angaben nicht überzeugen. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass seit 2002 nur diffuse, nicht im Ansatz konkrete Heiratspläne bestanden haben. Im Übrigen reichen lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (so auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 7. Dezember 2007, L 4 R 2407/05 zu einer bloß geplanten Hochzeit).
38 
Für die Versorgungsabsicht sprechen schließlich auch die finanziellen Umstände. Während die Klägerin nach der Eheschließung nur einen Arbeitslosengeldanspruch auf 451,20 EUR hatte, hätte der Rentenanspruch des Versicherten, nach dem sich die große Witwenrente berechnet, auf 1.465,79 EUR bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung belaufen. Die Klägerin hat auch - wie oben ausgeführt - fest mit dieser finanziellen Verbesserung gerechnet.
39 
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
40 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Gründe

 
26 
Die nach §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer großen Witwenrente.
27 
Nach § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten Anspruch auf Gewährung einer sog. kleinen bzw. großen Witwenrente, sofern der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Rentenanspruch allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der Anwendungsbereich des § 46 Abs 2a SGB VI ist eröffnet, weil die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als 1 Jahr (vom 10. Oktober 2008 bis 9. Januar 2009) gedauert hat.
28 
§ 46 Abs 2a SGB VI, der durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) vom 21. März 2001 (BGBl. I 2001, 403) in das SGB VI eingefügt wurde, geht davon aus, dass der überlebende Ehegatte bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr in den meisten Fällen von seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen vor der Eheschließung noch keinen so großen Abstand genommen hat, dass er diese nicht nach dem Tod des anderen Ehegatten fortsetzen oder wieder aufnehmen oder sich eine selbstständige Lebensführung neu erarbeiten könnte. Dementsprechend stellt die Regelung die – widerlegbare - gesetzliche Vermutung auf, dass die Heirat bei einer weniger als einjährigen Ehedauer in erster Linie der Versorgung des überlebenden Ehegatten diente, es sich also um eine sog Versorgungs-ehe handelte. Diese Vorschrift ist verfassungsgemäß (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 53/08 R, zit nach juris).
29 
Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war (so BT-Drucks 14/4595 S. 44). Diese gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (BSG SozR 3100 § 38 Nr 5). Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalls nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente zu begründen, verbleibt es bei der Annahme einer Versorgungsehe. Auch wenn die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln und zu bewerten sind, trifft die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, denjenigen, der den Anspruch auf Versorgung geltend macht (BSG SozR Nr 84 zu § 128 SGG). Die gesetzliche Vermutung folgt einer Typisierung und verfolgt auch den Zweck, den Leistungsträger und das Gericht der Ausforschung im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Zu würdigen ist freilich, dass das Motiv, Betreuung und Pflege des Erkrankten sicherzustellen, nicht mit einer Versorgungsehe gleichgesetzt werden darf, jedenfalls dann nicht, wenn das Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (BSGE 60, 204). Andererseits ist zu fordern, dass keine deutlichen Anhaltspunkte für die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen war (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Bd. 1 § 46 SGB VI Rdnr 46 a ff.).
30 
Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet überwiegend oder zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, zit. nach juris).
31 
Dass bei der Klägerin in Auswertung der medizinischen Ermittlungen von einer Versorgungsehe ausgegangen werden muss, hat bereits das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
32 
Die weiteren im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen stehen dem nicht entgegen. Dr. R. hat in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 28. Mai 2010 noch einmal bestätigt, dass sich der Versicherte sowohl bei der Erstdiagnose im April 2008 wie auch bei Abschluss der Radiochemotherapie nach der TNM-Klassifikation (weit verbreitetes System zur Beschreibung bösartiger Tumore) im Stadium T4 N1 MO befand. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Im Falle des Versicherten war der Tumor nach Auskunft von Dr. R. bereits in die (Luftröhre) eingewachsen. N1 bedeutet, dass auch benachbarte Lymphknotenmetastasen vorlagen, aber noch keine Fernmetastasen (M0). Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar haben Prof. Dr. K. und Dr. R. berichtet, dass eine Heilung grundsätzlich nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Denn nach Abschluss der ersten Chemotherapie hat sich zunächst kein sicherer Anhalt für einen Resttumor oder einen persistierenden Tumor gefunden, was aus ärztlicher Sicht durchaus positiv zu bewerten war und Grund für Optimismus gegeben hat. Weiter hat der Versicherte nicht dem typischen Risikoprofil entsprochen, war insbesondere noch relativ jung und in insgesamt gutem Allgemeinzustand.
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Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass der Klägerin und dem Versicherten der Ernst und die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst waren. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass vor dem Hintergrund der Erkrankung die Heirat zeitlich vorgezogen wurde. Weiterhin hat der Versicherte vor der vierten stationären Behandlung vom 26. September 2008 noch ein Testament zu Gunsten der Klägerin errichtet, obwohl er sich nach dem Aufnahmebefund in einem äußerst schlechten Zustand befunden hat. Er konnte nicht einmal mehr seinen eigenen Speichel schlucken und hatte brennende thorakale Schmerzen beim Husten sowie massive Schlafstörungen. Auch dies belegt, dass offensichtlich Eile geboten war und der Versicherte die Klägerin für den Todesfall versorgen wollte, mit dem er offenbar gerechnet hat. Die Klägerin hat auch zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, dass sie fest mit der Hinterbliebenenversorgung gerechnet hat und nur vor diesem Hintergrund das (angeblich) überschuldete Erbe angetreten hat.
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Weiterhin hat die Beratungsärztin H. in der Auswertung des stationären Entlassungsberichtes zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Speiseröhrenkarzinom um einen sehr aggressiven Tumortyp handelt, sodass die Prognose schon bei Diagnosestellung im April 2008 äußerst ungünstig war. Bei dem Versicherten bestand zusätzlich eine Inoperabilität, sodass nur eine Bestrahlungs- und Chemotherapie begonnen werden konnte. Zwar war bis September 2008 kein Fortschreiten des Karzinoms ersichtlich. Die Komplikationen nahmen jedoch bis zur Eheschließung zu. Diese Annahme wird aus Sicht des Senats insbesondere durch die erheblichen Ernährungsprobleme des Versicherten bestätigt, der sich demzufolge auch in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand befunden hat. Sowohl ein Gewichtsverlust sowie eine rezidivierende Dyspnoe konnten festgestellt werden.
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Vor diesem gesundheitlichen Hintergrund haben die Klägerin und der Versicherte die Ehe geschlossen. Bereits ab 6. Mai 2008 benötigte der Versicherte eine Magensonde sowie intermittierend Infusionen zur Ernährung bei nicht mehr passagerer Enge der Speiseröhre und eine am 1. Oktober 2008 erfolgte Anlage eines Stents. Der Gewichtsverlust war trotz künstlicher Ernährung stetig.
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Der Senat ist daher in Abwägung aller Umstände, nämlich der raschen Heirat kurz nach Abschluss der stationären Behandlung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Heirat überhaupt noch möglich war, überzeugt davon, dass den Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war und sie deswegen zur Versorgung der Klägerin noch rasch geheiratet haben.
37 
Wenn der lebensbedrohende Charakter einer Erkrankung des verstorbenen Ehepartners im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt ist, so kommt die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung in aller Regel nicht in Betracht, es sei denn, die Heirat stellt sie als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses dar (so Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat in Auswertung der von der Klägerin gemachten Angaben nicht überzeugen. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass seit 2002 nur diffuse, nicht im Ansatz konkrete Heiratspläne bestanden haben. Im Übrigen reichen lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (so auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 7. Dezember 2007, L 4 R 2407/05 zu einer bloß geplanten Hochzeit).
38 
Für die Versorgungsabsicht sprechen schließlich auch die finanziellen Umstände. Während die Klägerin nach der Eheschließung nur einen Arbeitslosengeldanspruch auf 451,20 EUR hatte, hätte der Rentenanspruch des Versicherten, nach dem sich die große Witwenrente berechnet, auf 1.465,79 EUR bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung belaufen. Die Klägerin hat auch - wie oben ausgeführt - fest mit dieser finanziellen Verbesserung gerechnet.
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Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
40 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen A. T. (im Folgenden: Versicherter).
Die 1957 geborene Klägerin hatte den Versicherten nach ihren eigenen Angaben im Alter von 18 Jahren kennengelernt und lebte mit ihm seit 1980 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Am 30.05.1981 wurde der Sohn, S. A. (im Folgenden: Zeuge A), geboren. Im gemeinsamen Haushalt lebte außerdem die Tochter der Klägerin, S. (im Folgenden: Zeugin S). Die Klägerin betreibt seit 1988 ein Autohaus.
Der 1945 in Tunesien geborene Versicherte hatte drei weitere Kinder, die bei ihren Müttern aufwuchsen. Er war im Autohaus der Klägerin beschäftigt. Wegen allgemeiner Mattigkeit und Atemnot suchte er im Juli 2006 seinen Hausarzt Dr. K. auf. Am 11.07.2006 wurde der Versicherte wegen starker Atemnot und Schmerzsymptomatik stationär aufgenommen. Dort wurde nach invasiver Diagnostik am 26.07.2006 ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose festgestellt (Tumorstadium T4 Nx M1). Der Versicherte wurde während seines Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 über den histologischen Befund eingehend informiert. Im Anschluss erfolgte eine ambulante Chemotherapie (insgesamt drei Zyklen vom 07.08.2006 bis 08.10.2006). Eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Am 10.10.2006 heirateten die Klägerin und der Versicherte. Mit Testament vom 24.10.2006 setzte der Versicherte die Klägerin als Alleinerbin ein. Wegen zunehmender Schmerzen begab sich der Versicherte am 03.11.2006 erneut in stationäre Behandlung, bei der eine Tumorprogression festgestellt wurde. Die Chemotherapie wurde sodann in veränderter Form fortgesetzt. Am 06.11.2006 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Antrag wurde in einen Rentenantrag umgedeutet. Die Beklagte bewilligte sodann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.11.2006.
Nach einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten im Januar 2007 erfolgte eine Umstellung der Therapie in eine palliative Chemotherapie. Am 22.02.2007 verstarb der Versicherte.
Unter dem 20.04.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.2007 den Antrag der Klägerin ab. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine Versorgungsehe handele, da die tödlichen Folgen der Erkrankung des Versicherten bei der Eheschließung zu erwarten gewesen seien. Hiergegen legte die Klägerin am 19.06.2007 Widerspruch mit der Begründung ein, es habe sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie mit dem Versicherten einen volljährigen Sohn und seit über 25 Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe. Sie hätten vor vielen Jahren ein Wohnhaus gemeinsam erworben und schon seit längerer Zeit geplant zu heiraten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.10.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Klägerin und der Versicherte hätten vor der Hochzeit schon seit 26 Jahren wie Ehepartner zusammengelebt. Bereits kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes sei eine Hochzeit geplant gewesen. Wegen des Baus des gemeinsamen Hauses und des Baus eines weiteren Hauses in Tunesien sowie des Aufbaus des Autohauses sei die Eheschließung jedoch immer wieder aufgeschoben worden. Im Jahr 2000 seien die Heiratspläne sehr konkret geworden. Es sei ein Termin beim Standesamt vereinbart worden. Außerdem seien die erforderlichen Unterlagen (ua eine Befreiungsurkunde des OLG Stuttgart) und die finanziellen Mittel beschafft worden. Die Eheschließung sei bereits standesamtlich angemeldet, ein konkreter Termin aber noch nicht geplant gewesen. Kurz darauf sei die Klägerin erkrankt und in der Folge psychiatrisch (ua stationär) behandelt worden, weshalb die Hochzeit erneut verschoben worden sei. Die Klägerin sei dann bis 2003/2004 in Behandlung gewesen. Als der Versicherte im Juli 2006 an Krebs erkrankt sei, habe er die Art und Schwere der Krankheit seiner Ehefrau und seinen Kindern verschwiegen. Im Oktober und November 2006 sei der Versicherte wie gewohnt jeden Morgen in die Autowerkstatt gegangen. Er habe immer wieder versichert, dass seine Krankheit ausheilen werde. Erst bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus im Februar 2007 hätten die Kinder von der Diagnose erfahren. Sie hätten beschlossen, die Diagnose vor der Klägerin zu verschweigen. Auch von Dr. K. sei die Ehefrau nicht über die Schwere der Krankheit aufgeklärt worden. Bis zu seinem Tod sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Krankheit heilbar sei. Im September 2006 sei der Termin für die Hochzeit vereinbart worden. Der Versicherte habe aufgrund der ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat gedrängt. Der Versicherte habe vermeiden wollen, dass die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus an seine anderen Kinder oder seine erste Ehefrau gehen. Schon frühzeitig sei der Steuerberater E. S. (im Folgenden: Zeuge Stb) eingebunden gewesen. Es sollten hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Auch die geplante Erbschaftssteuerreform habe dabei eine Rolle gespielt. Zudem sollte es dem gemeinsamen Sohn durch die Heirat ermöglicht werden, als sodann ehelicher Sohn das Erbe des Versicherten in Tunesien anzutreten. Der Zeuge Stb habe dem Versicherten zur sofortigen Heirat geraten. Rentenansprüche oder Versorgungsleistungen seien in diesen Gesprächen nicht diskutiert worden. Die Klägerin habe an diesen Gesprächen nicht teilgenommen. Der Versicherte habe den Zeugen Stb als seinen Freund und Vertrauten ausdrücklich darum gebeten, die Klägerin nicht über die Art und Schwere seiner Erkrankung und die erörterten Fragen zu unterrichten. Der Klägerin sei es wichtig gewesen – und habe deshalb die Hochzeitspläne unterstützt – dem Versicherten zu zeigen, dass sie gerade auch in den Zeiten einer schweren Erkrankung zu ihm stehe. Dies werde auch durch die für April 2007 geplante Hochzeitsreise nach Tunesien dokumentiert. Dort hätten die Eheleute auch die Eheringe kaufen wollen. Vor diesem Hintergrund sei eine Versorgungsehe widerlegt. Letztlich sei die Klägerin ohnehin nicht auf den Erhalt einer Hinterbliebenenrente angewiesen, da sie als Inhaberin des Autohaues ausreichende Einkünfte erziele. Die Eheleute seien wirtschaftlich voneinander unabhängig gewesen und hätten Einkünfte in derselben Größenordnung erzielt.
Das SG hat Dr. K. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Er hat angegeben, dass die im Rahmen der stationären Behandlung festgestellte Pleurakarzinose der Grund gewesen sei, warum eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr möglich gewesen sei. Er habe schon zu diesem Zeitpunkt mit dem Versicherten über die Diagnose und die sehr fraglichen Heilungschancen gesprochen. Als Anhalt für den bereits zu diesem Zeitpunkt schlechten Allgemeinzustand und die gesamte gesundheitliche Problematik möge auch gelten, dass der Versicherte bereits während dieser Krankheitsphase stärkste Schmerzmittel (Morphinpräparate) erhalten habe. Im Januar 2007 habe er ein ausführliches Gespräch mit der Klägerin geführt.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2010 haben die Zeugen A, S und Stb uneidlich ausgesagt. Der Zeuge A hat ausgesagt, dass seine Eltern schon im Jahr 2000 geplant hatten, zu heiraten. Aufgrund der Erkrankung seiner Mutter habe die Hochzeit dann nicht stattgefunden. Es sei aber alles „unter Dach und Fach“ gewesen. Auch danach sei das Thema nie ganz aus der Welt gewesen. Die Hochzeit im Jahr 2006 habe im kleinen Kreis stattgefunden. Ein großes Fest sollte danach stattfinden. Konkrete Pläne habe es noch nicht gegeben. Eine Hochzeitsreise sei angedacht gewesen. Er habe im Sommer 2006 erfahren, dass sein Vater an Lungenkrebs erkrankt sei. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sein Vater daran sterben könne. Die Zeugin S hat ausgesagt, man habe in der Familie immer wieder über das Thema Hochzeit gesprochen. Im Jahr 2000 seien die Papiere da gewesen. Ein konkretes Datum habe es noch nicht gegeben. Aufgrund der Erkrankung ihrer Mutter habe die Hochzeit nicht stattgefunden. Bei der Hochzeit im Jahr 2006 seien nur das Brautpaar, ihr Bruder und sie zugegen gewesen. Trauzeugen habe es nicht gegeben. Es sollte im Jahr darauf, nach der Genesung des Versicherten, groß gefeiert werden. Sie habe gewusst, dass der Versicherte an Krebs erkrankt sei. Er habe aber immer wieder gesagt, dass er schon wieder gesund werde. Sie habe natürlich gewusst, dass es schwierig werden könne. Sie habe natürlich auch mit ihrer Mutter über die Krankheit gesprochen. Man habe im Internet über die Krankheit recherchiert. Während der Behandlungen sei es dem Versicherten immer etwas schlechter gegangen, danach aber wieder ziemlich gut. Sie habe nie gedacht, dass der Versicherte sterben könne. Der Zeuge Stb hat ausgesagt, er sei seit Beginn des Betriebs des Autohauses der Steuerberater der Familie. Er habe Mitte/Ende 2006 von der Krankheit des Versicherten erfahren und immer offen mit ihm darüber gesprochen. Er sei davon ausgegangen, dass der Versicherte jedenfalls noch zwei oder drei Jahre leben werde. Im Frühjahr 2006 sei im Rahmen der Bilanzerstellung für das Autohaus über die bevorstehende Erbschaftssteuerreform gesprochen worden. Er habe ihn auf die erbrechtlichen Folgen hingewiesen, wenn er unverheiratet bliebe. Die Klägerin oder die Zeugen S und A seien nie zugegen gewesen. Unmittelbar vor der Hochzeit sei über die erbrechtlichen Angelegenheiten nicht mehr gesprochen worden. Ungefähr 10 bis 14 Tage nach der Hochzeit sei das Testament erstellt worden. Über Rentenanwartschaften oder eine sonstige Altersvorsorge der Klägerin habe er nichts gewusst. Der Versicherte sei nicht am Autohaus beteiligt gewesen.
10 
Mit Urteil vom 28.07.2010 (der Klägerin zugestellt am 10.11.2011) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass die Klägerin mit dem Versicherten keine Versorgungsehe eingegangen sei. Hierfür spreche, dass der Versicherte bei der Eheschließung offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten habe. Hieran ändere der Umstand nichts, dass der Tod nicht unmittelbar bevorgestanden habe bzw die Möglichkeit bestanden habe, dass der Versicherte das erste Ehejahr überleben werde. Sie hätten mit einem tödlichen Verlauf der Krankheit rechnen müssen. Auch der Klägerin sei die Gefährlichkeit der Erkrankung bewusst gewesen. Für den Versorgungszweck der Ehe sprächen auch die Umstände der Hochzeit ohne Trauzeugen und größere Feier. Weder die langjährige eheähnliche Lebensgemeinschaft noch die Kontaktaufnahme mit dem Standesamt im Jahr 2000 reichten aus, um die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Zwar könne daraus der Schluss gezogen werden, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Eheschließung nur ihren rechtsförmlichen Vollzug erhalten habe. Die Heiratspläne vor der Erkrankung des Versicherten hätten sich jedoch nicht wesentlich konkretisiert. Zudem sei die Versorgung der Klägerin nicht gesichert, da die Höhe des Gewinns aus ihrer selbständigen Tätigkeit Schwankungen unterlägen. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht der Umstand, dass mit der Hochzeit die erbrechtliche Situation geregelt werden sollte. Weder die Zeugen noch die Klägerin hätten angegeben, dass nach den Beratungen durch den Zeugen Stb im Frühjahr 2006 schon eine Hochzeit verstärkt in Betracht gezogen worden sei. Die von der Klägerin angegebenen Motive für die Hochzeit, nämlich dem Versicherten Mut zu machen, überwiegten in der Gesamtabwägung der Umstände nicht.
11 
Am 26.01.2011 hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die vom SG vorgenommene Gesamtbetrachtung und Abwägung sei lücken- und fehlerhaft. Die Gründe für die Hochzeit überwiegten den Versorgungszweck. Jedenfalls seien die Gründe gleichwertig. Gegen eine Versorgungsehe spreche, dass das Thema einer Versorgungsrente weder vor noch nach der Hochzeit vom Versicherten angesprochen worden sei. Es sei insbesondere nicht Gegenstand der Besprechungen mit dem Zeugen Stb gewesen. Die Klägerin sei auf eine Versorgung nicht angewiesen. Der Zeuge Stb und der Versicherte seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin im Todesfall als testamentarische Alleinerbin unter Berücksichtigung ihres eigenen Vermögens, ihrer eigenen Einkünfte (auch aus Vermietung) und der Aussicht auf eine Lebensversicherung ausreichend versorgt sei. Die Familie sei zudem nicht über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen. Es sei eine größere Hochzeit in Tunesien geplant gewesen. Gegen eine Versorgungsehe spreche weiter, dass die Klägerin und der Versicherte seit 26 Jahren wie ein Ehepaar zusammen lebten und schon im Jahr 2000 eine Heirat geplant hatten. Motiv des Versicherten sei es gewesen, die erbrechtlichen Folgen bei Nichtverheiratung zu vermeiden. Motiv der Klägerin sei es gewesen, den Versicherten nicht im Stich zu lassen und ihm Mut zu machen, zumal sie eine Hochzeit „immer wieder im Hinterkopf“ gehabt hätten.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.07.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 23.03.2007 große Witwenrente zu gewähren,
hilfsweise den Steuerberater S. dazu zu hören, dass eine Witwenrente nie Thema der Gespräche mit dem Verstorbenen gewesen sei.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide, ihren Vortrag beim SG sowie die Ausführungen im Urteil verwiesen.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
19 
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufung noch vor Zustellung des Urteils an die Klägerin eingelegt wurde. Die Zustellung kann nachgeholt werden. Ist das – wie hier – geschehen, so hat das Rechtsmittelgericht über ein Rechtsmittel, das nach der Verkündung, aber vor der ordnungsgemäßen Zustellung des Urteils eingelegt ist, sachlich zu entscheiden (BGH 15.06.1960, IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370).
20 
Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 22.02.2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet.
21 
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 01.01.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001 (BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
22 
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
23 
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (vgl BSG 03.09.1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG 06.02.2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 6 mwN).
24 
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 10.10.2006 bis 22.02.2007. Zur Überzeugung des Senats liegen auch keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI vor.
25 
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Im Juli 2006 wurde beim Versicherten ein kleinzelliges Bronchialkarzinom mit ausgeprägter Pleurakarzinose im Tumorstadium T4 Nx M1 festgestellt. Die T-Kategorie, die die Ausdehnung des Primärtumors beschreibt, reicht von T1 bis T4. Die N-Kategorie betrifft den Lymphknotenbefall, wobei Nx bedeutet, dass eine Auswertung nicht möglich ist. Der Faktor M1 beschreibt eine Fernmetastase (zur TNM-Klassifikation: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage). Bei den Untersuchungen während des stationären Krankenhausaufenthalts vom 21.07. bis 02.08.2006 wurde eine ausgeprägte Pleurakarzinose mit Ergussbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Fachkliniken Wangen vom 07.08.2006. Das heißt, das bestehende Bronchialkarzinom hatte bereits zu einer Beteiligung des Rippen- und Lungenfells geführt. Dies war auch der Grund, weshalb eine operative Behandlung mit der Zielsetzung einer Heilung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft des behandelnden Arztes vom 04.06.2008. Damit steht zweifelsfrei fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Heirat an einer lebensbedrohenden Krankheit litt. Zwar ging es dem Versicherten nach den Angaben der Zeugen nicht während, aber nach den Chemotherapie-Behandlungen immer wieder besser. Er ging auch zeitweise seiner Arbeit nach. Dies widerspricht aber nicht der hier allein maßgebenden Tatsache, dass den Eheleuten die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bei der Heirat durchaus bewusst war. Der Versicherte wurde von seinen Ärzten umfassend aufgeklärt, drängte aufgrund seiner ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse auf eine baldige Heirat und erstellte kurz nach der Hochzeit sein Testament, in dem er die Klägerin als Alleinerbin einsetzte. Dabei war auch der Klägerin die lebensbedrohliche Situation bewusst. Selbst wenn der Versicherte – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht offen mit ihr über seine Erkrankung geredet haben sollte, war ihr jedenfalls die Diagnose bekannt. Nach Aussage der Zeugin S wurde im Internet recherchiert und in der Familie über die Krankheit gesprochen. Zudem war der Versicherte nach Aussage des Arztes Dr. K. damals schon in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Er nahm Morphinpräparate und wurde chemotherapeutisch behandelt. Schließlich musste der Klägerin auch aufgrund der offensichtlichen Eile, in der die Hochzeit durchgeführt wurde, der Ernst der Lage bewusst sein. Die Heirat wurde kurzfristig, ohne größere Planungen durchgeführt. Es wurden weder Trauzeugen hinzugezogen noch Eheringe ausgetauscht. Bei der standesamtlichen Hochzeit waren lediglich die Zeugen S und A zugegen. Die eigentliche Feier sollte zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt nachgeholt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass beiden Eheleuten der Ernst der Erkrankung bewusst war.
26 
Im Fall einer Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI in der Regel nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris).
27 
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der gemeinsame Sohn und die gemeinsam geschaffenen Werte bilden vorliegend keine solchen gewichtigen Umstände. Der Wunsch, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, ist zwar nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand anzunehmen (BSG 06.05.2010, B 13 R 134/08 R, juris). Allein das Bestehen einer innigen Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung jedoch nicht aus (LSG Berlin-Brandenburg 08.04.1999, L 3 U 99/97, juris). Die Heirat muss sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit bestehenden Entschlusses darstellen (Urteil des Senats vom 22.06.2010, L 11 R 1116/08, mit Verweis auf: Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16.02.2007, FamRZ 2004, 1771). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zwar gab es Hochzeitspläne in der Vergangenheit. Im Jahr 2000 wurden Unterlagen beschafft und das Aufgebot bestellt. Ein Termin für die Hochzeit wurde jedoch nicht vereinbart. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (vgl LSG Baden-Württemberg 16.11.2010, L 11 R 1135/10, mwN). Aber selbst bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten im Jahr 2000 fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung der Absichten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Hochzeit nicht nach Genesung der Klägerin im Jahr 2004 nachgeholt wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Pläne aufgegeben wurden oder jedenfalls in Vergessenheit gerieten. Damit aber fehlt es an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses.
28 
Nicht gegen den Versorgungszweck spricht außerdem, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die ungeordneten Vermögens- und Familienverhältnisse der Beweggrund des Versicherten für die Heirat waren. Die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus sollten vor Zugriffen der anderen Kinder des Versicherten und der ersten Ehefrau geschützt und hohe Pflichtteilsansprüche gegen die Klägerin sowie hohe Erbschaftssteuern verhindert werden. Die erb- und steuerrechtlichen Folgen, die mit jeder Eheschließung verbunden sind, sprechen für sich genommen weder für noch gegen eine Versorgungsehe. Entscheidend kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die angeführten tatsächlichen Verhältnisse - ua die gemeinsam aufgebaute Werkstatt und das gemeinsame Haus - schon lange vor der Eheschließung vorgelegen hatten. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, weshalb diese Gesichtspunkte erst so spät eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollen. Da auch solche privatrechtlichen Ansprüche die Klägerin im weitesten Sinne „versorgen“, sprechen diese Überlegungen in der vorliegenden Konstellation nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Wird die Ehe nach Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung auch aus erbrechtlichen und steuerrechtlichen Gründe eingegangen, spricht dies im Gegenteil vielmehr für eine Versorgungsehe.
29 
Unerheblich ist, ob bei den Gesprächen des Versicherten mit dem Steuerberater S. die Witwenrente ein Thema gewesen ist. Aus diesem Grund wird der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellte Beweisantrag auf erneute Vernehmung des Zeugen Stb abgelehnt. Es genügt für die Annahme einer Versorgungsehe iSd § 46 Abs 2a Halbsatz 2 SGB VI, wenn sich die Absicht der Versorgung des Ehegatten auch auf dessen Versorgung mit privaten Vermögenswerten bezieht und eine Versorgung mit Ansprüchen der gesetzlichen Rentenversicherung daneben nicht bedacht worden ist oder wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt (LSG Baden-Württemberg 12.04.2011, L 13 R 203/11, juris). Abgesehen davon, ist das finanzielle Interesse der Klägerin an der Hinterbliebenenrente trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen offenkundig. Sie mag zwar aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse und als Inhaberin des Autohauses derzeit eine gewisse finanzielle Absicherung haben. Das SG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit erfahrungsgemäß Schwankungen unterliegen. Außerdem können Gewinne nur solange erzielt werden, wie die Klägerin Inhaberin des Autohauses ist. Dadurch wird das finanzielle Interesse an einer monatlichen Hinterbliebenenrente nicht gemindert. Ferner darf nicht übersehen werden, dass neben dem Gewinn, den die Klägerin erzielte, auch der Arbeitslohn des Versicherten, der nach dem Vortrag der Klägerin ebenso hoch ausfiel wie der Gewinn, dem „Familieneinkommen“ zufloss. Nach dem Tod des Versicherten wird das durch ihn erwirtschaftete Einkommen fehlen.
30 
Bei der gebotenen Gesamtabwägung tritt das von der Klägerin angegebene Motiv, dem Versicherten Mut zu machen und ihn nicht im Stich zu lassen, angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertiges Motiv mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Ein Anspruch auf Witwenrente scheidet daher aus.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
32 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.877,64 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Umstritten ist der Einbehalt der dem Kläger gewährten Regelaltersrente (RAR) aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Beklagte zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau I. Q. (I.Q.), der Beigeladenen.
Die Beklagte bewilligte dem 1942 geborenen Kläger ab 1. Oktober 2007 RAR (Bescheid vom 17. Juli 2008), ab 1. Juli 2009 mit einem Zahlbetrag von 679,98 EUR (Rente 635,49 EUR und Zuschuss zur Krankenversicherung [KV] 44,49 EUR) und (Bescheid vom 17. Juli 2008) ab 1. Oktober 2007 mit einem Zahlbetrag in Höhe von 656,42 EUR (Rente 613,76 EUR und Zuschuss zur KV 42,66 EUR) sowie für die Zeit ab 1. Juli 2008 mit einem Zahlbetrag von 663,98 EUR (Rente 620,54 EUR und Zuschuss zur KV 43,44 EUR). Mit Bescheid vom 18. Mai 2009 erfolgte eine Neuberechnung der Rente ab 1. Juli 2009 mit einem Zahlbetrag von 679,98 EUR (Rente 635,49 EUR und Zuschuss zur KV 44,49 EUR). Außerdem bezieht der Kläger eine Altersrente (AR) vom Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (VWR) mit einem monatlichen Betrag von 1.659,51 EUR (Stand 1. Januar 2010).
Auf Grund eines am 14. Januar 1997 vor dem OLG Stuttgart im Zusammenhang mit der Scheidung geschlossenen gerichtlichen Vergleichs war der Kläger der Beigeladenen zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verpflichtet. Eine Unterhaltsabänderungsklage des Klägers war teilweise erfolgreich (ab 1. Januar 2007 monatlicher Unterhalt 2.248,21 EUR an Stelle von 3.353,19 EUR, Urteil des AG St. B. C. vom 10. Mai 2007, nicht rechtskräftig geworden).
Die Beigeladene erwirkte am 10. September 2007 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PÜB) des AG Ch. (Geschäftsnr. ...) wegen seit 5. Januar 2007 rückständiger titulierter (gerichtlicher Vergleich vom 14. Januar 1997) Unterhaltsansprüche (Gesamtforderung zum 7. August 2007 28.260,50 EUR), mit welchem die gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Klägers auf Altersrente gegen die Beklagte einschließlich etwaiger künftig fällig werdender Ansprüche aus dem gleichen Rechtsgrund gepfändet und der Beigeladenen zur Einziehung überwiesen wurde. Der Drittschuldner dürfe insoweit an den Schuldner nicht mehr leisten. Dieser dürfe insoweit über die Forderung nicht verfügen, insbesondere sie nicht einziehen. Die Zusammenrechnung der durch den Drittschuldner (Beklagte) zu leistenden Bezüge mit den Rentenansprüchen gegenüber dem VWR werde gemäß § 850e Ziff. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) angeordnet. Beide Leistungsträger hätten sich über die zu leistenden Bezüge zu verständigen und diese zusammenzurechnen. Der sich nach den Bestimmungen des Beschlusses ergebende pfändbare Betrag sei (lediglich) den Leistungen des Drittschuldners, der Beklagten, zu entnehmen. Dem Schuldner (hier der Kläger), der nach Angaben des Gläubigers (hier Beigeladene) für keine unterhaltsberechtigte Person Unterhalt leiste, dürften bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs von dem errechneten Nettoeinkommen nur monatlich 705,00 EUR verbleiben.
Das VWR teilte im Schreiben vom 28. September 2007 der Beklagten mit, die monatliche AR des Klägers betrage 1.625,13 EUR, und verwies auf einen Beschluss des AG St. (...) vom 15. August 2007 (auf Erinnerung Abänderung eines PÜB vom 1. August 2007, einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung unter Aufrechterhaltung der Pfändung, der Drittschuldner habe die gepfändeten Beträge weiter einzubehalten und bei sich zu verwahren, bis über die Erinnerung entschieden sei, dem Schuldner könnten bis zur Entscheidung wie bisher monatlich 890,00 EUR ausgezahlt werden). Das AG Ch. stellte die Zwangsvollstreckung aus seinem PÜB mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 einstweilen ein, der Drittschuldner habe bis zur Zustellung der endgültigen Entscheidung die gepfändeten Beträge zurückzuhalten. Mit Beschluss vom 9. Januar 2008 wies der Rechtspfleger des AG Ch. den Antrag des Klägers auf Erhöhung des pfandfreien Betrags zurück und mit Beschluss vom 14. Januar 2008 wies das AG Ch. die Erinnerung gegen den PÜB zurück.
Im Berufungsverfahren wegen des Urteils des AG St. B. C. vom 10. Mai 2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene und dortige Beklagte am 11. März 2008 vor dem OLG Stuttgart einen gerichtlichen Vergleich mit im Wesentlichen folgendem Inhalt:
„I. Der Geschiedenenunterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger wird nach Maßgabe folgender Punkte abgegolten:
1. [...]
2. Der Kläger wird bei der Deutschen Rentenversicherung eine Altersrente beziehen, die nach der ihm vorläufig erteilten Auskunft bei 600 EUR mtl. liegt. Unter Berücksichtigung des § 5 VAHRG erwartet er einen über 600 EUR liegenden Betrag mtl.. Der Kläger verpflichtet sich, an die Beklagte Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung zu bezahlen. In Erfüllung dieser Verpflichtung und darüber hinausgehend weist der Kläger den Rentenversicherungsträger Deutsche Rentenversicherung Bund zum Versicherungskonto ... unwiderruflich an, die von ihm bezogene gesetzliche Rente für die Dauer der Bezugsberechtigung mit Wirkung ab 01.02.2008 vollständig und unmittelbar auf das Konto der Beklagten Nr. ... bei der BW-Bank, BLZ ... zu überweisen. Die Anweisung umfasst die gepfändeten und die unpfändbaren Beträge. Sollte die Beklagte vor dem Kläger versterben, steht der Rentenanspruch ab dem auf den Tode der Beklagten folgenden Monatsersten dem Kläger zu. In diesem Falle erlischt das Pfandrecht aus dem Beschluss des Amtsgerichts Ch. ... zum Zeitpunkt des Todes der Beklagten.
3. Zur Abgeltung des rückständigen Geschiedenenunterhalts zahlt der Kläger an die Beklagte bis zum 25.04.2008 einen Betrag von insgesamt 21.000 EUR, den der Kläger erbringt aus
10 
a) einem Betrag von 15.000 EUR durch den Verkauf einer Garage [...]
sowie
11 
b) einen Betrag von 6.000 EUR aus aufgelaufenen, unausgekehrten monatlichen Rentenzahlungen. Diesbezüglich weit der Kläger das Versorgungswerk der Rechtsanwälte [...] unwiderruflich an, einen vorrangigen teil von 6.000 EUR [...] auf das Konto der Beklagten [...] zu überweisen. Die Beklagte verzichtet gegenüber dem Versorgungswerk [...] auf die Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Stuttgart 2 M 3591/07.
12 
II. [...]
III. [...]
IV.
13 
a) die Beklagte gibt die Rechte aus der Pfändung der Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund für die Zeit vom 01.02.2008 mit dem heutigen Tage frei.
14 
b) [...]
c) [...]
15 
V. Damit sind alle Unterhaltsanspruche gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt, insbesondere auch im Falle der Not und ein eventueller Anspruch nach § 1586b BGB.
16 
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte die Gerichtskosten. Die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“
17 
Unter Vorlage dieses Vergleichs forderte der Kläger die Beklagte auf, die ab 1. Februar 2008 zu zahlende RAR auf das Konto der Beigeladenen und die Rückstände ab September 2007 auf das Konto seiner jetzigen Ehefrau J.Q. zu zahlen. Er bitte um Beachtung des Vergleichs.
18 
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen erklärte am 30. Juli 2008 die Freigabe der Rechte aus der Pfändung der Rente auf Grund des Vergleichs vom 11. März 2008 für die Zeit vor dem 1. Februar 2008. Ab 1. Februar 2008 sei die Rente auf Grund des Vergleichs vollständig auf das Konto der Beigeladenen zu überweisen, wobei gepfändete und auch unpfändbare Beträge von der Anweisung umfasst seien. Auf Hinweis der Beklagten, im Hinblick auf den PÜB vom 10. September 2007 und den Vergleich vom 11. März 2008 andererseits bestünden Unklarheiten, erklärte er, der PÜB bleibe aufrechterhalten. Soweit die zu erwartende Rente unter dem Freibetrag von 705,00 EUR liege, sei sie auf Grund des Vergleichs an die Beigeladene auszuzahlen.
19 
Am 6. August 2008 erklärte der Kläger, nach dem Vergleich bleibe der PÜB unverändert. Damit sei, zumal der PÜB bezüglich der AR vom VWR aufgehoben worden sei, der pfändungsfreie Betrag von 705,00 EUR zu beachten und könne insoweit nicht an die Beigeladene ausgezahlt werden. Er habe dem Rechtsanwalt der Beigeladenen vorgeschlagen, notfalls eine zusätzliche Vereinbarung über diesen Freibetrag abzuschließen.
20 
Mit Schreiben vom 18. August 2008 machte der Bevollmächtigte der Beigeladenen geltend, die Rente sei auf Grund der „Anweisung“ im Vergleich ab 1. Februar 2008 vollständig und unmittelbar an diese zu überweisen. Auf die Frage des Bestehenbleibens des Pfandrechts komme es gar nicht an. Das Schreiben des Klägers vom 6. August 2008 sei unbeachtlich, weil er die Anweisung im Vergleich unwiderruflich erteilt habe. Unter der Voraussetzung der Zahlung der Rente an die Beigeladene verzichte diese auf die Rechte aus dem PÜB vom 10. September 2007 mit Wirkung ab 1. Februar 2008.
21 
Bei Errechnung des pfändbaren Betrages ermittelte die Beklagte unter Zugrundelegung der Pfändung und Zusammenrechnung der Renten sowie des festgelegten Freibetrages von 705,00 EUR für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. August 2008 eine Nachzahlung zugunsten der Beigeladenen in Höhe von 1.960,64 EUR und zugunsten des Klägers in Höhe von 5.275,10 EUR sowie laufende Zahlbeträge ab 1. September 2008 zugunsten der Beigeladenen in Höhe von 184,72 EUR und zugunsten des Klägers in Höhe von 479,26 EUR. Dies teilte sie beiden Beteiligten mit. Gegenüber der Beigeladenen führte sie ferner aus, der PÜB des AG Ch. sei zu beachten. Der vor dem OLG St. am 11. März 2008 geschlossene Vergleich habe insofern keine Auswirkungen, da durch diesen nur der Kläger verpflichtet sei. Der Freibetrag von 705,00 EUR sei zu beachten. Es könnten nur die pfändbaren Beträge überwiesen werden.
22 
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen trat dem entgegen. Bei dem Vergleich handle es sich um eine „Anweisung im weiteren Sinne“, auf Grund der die Beigeladene ermächtigt sei, die Leistung im eigenen Namen geltend zu machen. Es liege eine „unwiderrufliche Anweisung“ vor, die Beklagte werde durch Zahlungen an den Kläger nicht frei.
23 
Hierauf schlossen der Kläger und die Beigeladene am 21./26. November 2008 eine weitere Vereinbarung, die im Wesentlichen folgenden Inhalt hatte:
24 
„Wir ergänzen und vervollständigen einvernehmlich den vor dem Oberlandesgericht Stuttgart am 11. März 2008 abgeschlossenen Vergleich bezüglich der Rente des Herrn Dr. R. Q. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, welche den Anweisungen im Vergleich vom 11. März 2008 unter Bezug auf den von ihr nach ihrer Ansicht zu beachtenden unpfändbaren Betrag nicht gegenüber Frau I. Q. nachkommen wollte.
25 
1. [...]
2. Es besteht Einigkeit darüber, dass die in Ziff. 2 S. 3 des Vergleichs vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 eingegangene Verpflichtung, Frau I. Q. Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung, derzeit monatlich EUR 620,54, zu bezahlen, nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung an den Rentenversicherungsträger, sondern ausschließlich durch Zahlung an Frau I. Q. erfüllt wird. Insoweit wird der Vergleich vom 11. März 2008 abgeändert. Fürsorglich tritt Herr Dr. R. Q. die ihm von der Deutschen Rentenversicherung zustehende Rente mit Ausnahme des Zuschusses zur Krankenversicherung in der jeweiligen Höhe an Frau I. Q. ab und verpflichtet sich, Frau I. Q. so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung steht bzw. stehen würde.
26 
3. [...]
4. Die Parteien sind sich einig, dass Frau I. Q. stets die Rente in voller Höhe zusteht, auch wenn sie angepasst wird, nicht aber der Zuschuss der Deutschen Rentenversicherung Bund zu der Krankenversicherung von Herrn Dr. R. Q. (derzeit EUR 43,44). Sollte aus gleich welchen Gründen abweichend hiervon die Rente oder ein Teil hiervon an Herrn Dr. R. Q. oder umgekehrt der Krankenversicherungszuschuss oder ein Teil hiervon an Frau I. Q. gezahlt werden, verpflichtet sich der jeweilige Zahlungsempfänger, dem anderen den tatsächlich zugegangenen Betrag zu erstatten.
27 
5. Soweit die Bestimmungen aus dem Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 durch vorliegende Vereinbarung nicht ausdrücklich abgeändert worden sind, bleiben sie bestehen. Der Vergleich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 14.01.1997 (...) hingegen ist hiermit in allen Punkten erledigt.
28 
6. Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung oder des Vergleichs vom 11. März 2008 ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, wird der Bestand dieser Vereinbarung und des Vergleichs vom 11. März 2008 hiervon nicht berührt. Die Parteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung durch eine solche zu ersetzen, mit der das Gewollte erreicht wird.“
29 
Diese Vereinbarung übersandte der Kläger der Beklagten und bat um Zahlung der Rente und etwaiger Rentenerhöhungen auf das Konto der Beigeladenen sowie der KV-Zuschuss auf das Konto seiner Ehefrau J.Q. zu zahlen. Der PÜB des AG Ch. sei aufgehoben und nicht mehr zu beachten. Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit, entsprechend dessen Schreiben vom 5. Dezember 2008 werde die RAR ab 1. Januar 2009 in Höhe von 620,54 EUR auf das Konto der Beigeladenen und der Beitragszuschuss zur freiwilligen KV auf das Konto von J.Q. überwiesen. Die Zahlung erfolge nicht auf Grund des PÜB vom 10. September 2007 und auch nicht gemäß der Vereinbarung vom 26. November 2008, da hier nur eine Zahlung im Rahmen der pfändbaren Beträge in Höhe von zur Zeit 184,72 EUR erfolgen könnte, sondern auf Grund dessen, dass der Kläger verfügt habe, auf welche Konten die Beträge zu überweisen seien. Dieser bleibe allerdings weiterhin Gläubiger des Rentenanspruches, die bezeichneten Kontoinhaber seien ihr gegenüber nicht forderungsberechtigt.
30 
Der Rentenbescheid vom 18. Mai 2009 mit Neuberechnung der Rente ab 1. Juli 2009 enthielt dann den ergänzenden Hinweis, entsprechend der Verfügung vom 5. Dezember 2008 werde ab 1. Juli 2009 die RAR in Höhe von 635,49 EUR auf das Konto der Beigeladenen überwiesen.
31 
Mit Schreiben vom 11. und 31. März 2010 forderte der Kläger die Zahlung der gesamten Rente ab März 2010 auf das Konto von J.Q., auf das Konto der Beigeladenen solle keinerlei Zahlung mehr erfolgen.
32 
Die Beklagte teilte ihm hierauf mit, die gewünschte Zahlungsumstellung könne so nicht durchgeführt werden, da der Beschluss des AG B. vom 10. September 2007 zugunsten der Beigeladenen vorliege. Der PÜB sei wieder zu beachten. Dem fügte sie eine Berechnung bei, nach welcher sich bei Zusammenrechnung der Renten und unter Berücksichtigung des monatlichen Freibetrages von 705,00 EUR ab 1. Mai 2010 ein Zahlbetrag zugunsten der Beigeladenen von 200,72 EUR und zugunsten des Klägers in Höhe von 479,26 EUR ergab. Entsprechende Mitteilungen vom 4. Mai 2010 gingen an den Kläger und an die Beigeladene.
33 
Der Kläger trat dem entgegen. Der PÜB des AG Ch. habe auf Grund des Vergleichs vom 11. März 2008 ruhend gestellt werden müssen, dürfe also nicht mehr beachtet werden. Die Beigeladene habe auch den Vergleich aus dem Jahr 1997, auf Grund dessen der PÜB ergangen sei, als erfüllt herausgegeben. Da die Forderung, derentwegen der PÜB ergangen sei, erfüllt sei, werde das AG Ch. den Beschluss ersatzlos aufheben, was er auch „heute“ beantragen werde. Jeglicher Auszahlung an die Beigeladene widerspreche er. Sodann legte er das Schreiben des AG Ch. vom 17. Mai 2010 vor, das auf seinen Antrag mitteilte, dass lediglich eine Einstellung, jedoch keine Aufhebung des PÜB erfolgen könne (Verweis auf § 776 ZPO). Im Übrigen sei das Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft, die Gläubigerin habe bereits im Jahr 2008 unter Ziff. IV des eingereichten Vergleichs den Verzicht im Sinne von § 843 ZPO erklärt. Demnach sei das Pfändungspfandrecht automatisch erloschen, einer Aufhebung bedürfe es nicht.
34 
Auf Grund dessen wies die Beklagte gemäß ihrem Schreiben vom 7. Juni 2010 dem Kläger wieder die volle Rente in Höhe von 679,98 EUR an und hörte die Beigeladene mit Schreiben vom 7. Juni 2010 zur beabsichtigten Rückforderung der an sie für Mai 2010 gezahlten 200,72 EUR an. Der Kläger habe die Mitteilung des AG Ch. vorgelegt, nach der das Pfändungspfandrecht aus dem PÜB erloschen sei. Damit dürften an die Beigeladene keine Beträge mehr gezahlt werden. Dem trat diese wiederum entgegen. Die volle RAR sei an sie zu zahlen, was sich aus dem Vergleich vom 11. März 2008 und der danach erfolgten Vereinbarung zwischen dem Kläger und ihr ergebe.
35 
Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 legte die Beklagte der Beigeladenen dar, die Abtretung umfasse lediglich pfändbare Rentenbeträge, welche bei einer Rentenzahlung an den Kläger von monatlich insgesamt 679,98 EUR nicht vorhanden seien. Weitere Rechtsgrundlage sei der PÜB vom 10. September 2007 des AG Ch. gewesen, aus dem sich eine Zahlungspflicht gemäß § 54 SGB I ergeben habe. Aus diesem leite die Beigeladene jedoch keine Forderung ab, was durch das Schreiben des AG Ch. bestätigt sei. Verfügungsberechtigt sei nunmehr ausschließlich der Kläger. Die bisher an die Beigeladene erfolgten Zahlungen beruhten auf der Entscheidung des Rentenbeziehers, seine Rente teilweise auf das Konto der Beigeladenen anweisen zu lassen. Diese Verfügung habe er mit Schreiben vom 31. März 2010 geändert, sodass sie nicht weiter berechtigt sei, Rentenzahlungen an die Beigeladene zu leisten.
36 
Die Beigeladene machte geltend, das SGB I betreffe den vorliegenden Fall nicht. Hier habe sich der Kläger durch Vergleich verpflichtet, Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente zu bezahlen und in Erfüllung dieser Verpflichtung darüber hinaus in dem Vergleich die Beklagte unwiderruflich angewiesen, die von ihm bezogene gesetzliche Rente ab 1. Februar 2008 vollständig und unmittelbar auf ihr Konto zu überweisen. Die ergänzende Vereinbarung vom November 2008 stelle nur klar, dass die Erfüllung des Vergleichs nicht durch Zahlungsanweisung, sondern durch Zahlung an sie erfolge. Die unwiderrufliche Anweisung sei weiter zu beachten. Bei Zusammenrechnung der Rente vom VWR und der Rente der Beklagten ergebe sich ein pfändbarer Betrag.
37 
Der nachfolgenden Ankündigung der Beklagten, die RAR in Höhe von 635,49 EUR auf Grund der Abtretung vom November 2008 ab September 2010 an die Beigeladene zu zahlen, widersprach der Kläger. Die Abtretung sei unwirksam, da die Rente in vollem Umfang unpfändbar sei. Er sei an Krebs erkrankt, zu 80% Invalide und seine Krankenversicherung koste monatlich 572,23 EUR. Die „Anwaltsrente“ sei abgetreten. Ein pfändbarer Betrag stehe nicht zur Verfügung. Er sei im Übrigen seinen Kindern S., S. und S. (alle geboren 1990) sowie T. (geboren 1988) und T. (geboren 1986) unterhaltspflichtig.
38 
Nach Anforderung von Nachweisen vom Kläger und Prüfung der vorgelegten Unterlagen entschied die Beklagte mit Bescheid vom 29. September 2010, die Rente werde ab September mit einem monatlichen Betrag von 635,49 EUR an die Beigeladene angewiesen. Grundlage sei die Vereinbarung vom 21. November 2008, mit welcher der Kläger in beiderseitigem Einvernehmen die ihm zustehende RAR abgetreten habe. Ein einseitiger Widerruf der Erklärung sei ausgeschlossen. Bei der Abtretung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche sei dem Schuldner nach § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO sein notwendiger Unterhalt zu belassen. Darüber hinaus müsse ihm so viel verbleiben, dass er seinen laufenden gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen könne. Das monatliche Einkommen aus der RAR und der AR des VWR in Höhe von 2.339,49 EUR ergebe unter Berücksichtigung der Düsseldorfer Tabelle einen Eigenbedarf von monatlich 700,00 EUR. Für die Unterhaltsberechtigten verbliebe ein Restbetrag von 1.569,49 EUR. Die angegebenen Kinder hätten bereits das 18. Lebensjahr vollendet und seien nachrangig in der Unterhaltsfolge. Bei einem nach Abzug des Eigenbedarfs verbleibenden Einkommen von 1.569,49 EUR sei die Zahlung eines Unterhaltsbetrages von 635,49 EUR an die Beigeladene ohne Weiteres möglich, da für weitere Unterhaltsverpflichtungen monatlich 934,00 EUR verblieben.
39 
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die Tochter S. absolviere eine Schulausbildung. Seine Rente vom VWR sei „seit langer Zeit“ abgetreten. Die RAR sei bis 770,00 EUR unpfändbar und die Anwaltsrente sei nicht mehr anrechenbar. Im Weiteren legte er Unterlagen zur Ausbildung seiner Tochter S. vor und gab an, diese absolviere ab Januar 2011 ein Praktikum.
40 
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die RAR sei weiterhin an die Beigeladene anzuweisen. Dem Kläger stehe im Hinblick auf die Abtretung lediglich der monatliche Zuschuss zur KV zu. Der Nachweis vorrangig unterhaltsberechtigter Personen sei nicht erbracht. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass seine Tochter S. in einer allgemeinbildenden Schulausbildung gewesen sei, die einer herkömmlichen Ausbildung vergleichbar sei.
41 
Deswegen hat der Kläger am 2. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und u.a. geltend gemacht, die Rente, die er vom VWR erhalte, sei zur Absicherung von Kreditverbindlichkeiten abgetreten. Die Beklagte sei zur Zahlung an ihn verpflichtet, da die im Vergleich enthaltene Abtretung unwirksam sei. Eine Zusammenrechnung der RAR mit der AR sei nie vereinbart worden. Die Abtretung sei sittenwidrig und unwirksam.
42 
Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht, nach der Erklärung vom 21. November 2008 habe der Kläger die ihm gegenüber ihr zustehende RAR mit Ausnahme des ebenfalls zustehenden Beitragszuschusses abgetreten. Er verfüge außerdem über eine monatliche AR vom VWR.
43 
Mit Beschluss vom 29. April 2011 hat das SG I.Q. beigeladen.
44 
Sie hat neben Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger habe neben Abtretung der Altersrente an sie im Vergleich vom 11. März 2008 die Beklagte unwiderruflich angewiesen, die Altersrente bis auf den Zuschuss zur KV an sie zu bezahlen. Dies sei auch durch die nachträgliche Vereinbarung vom 21. November 2008 nicht geändert worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Vortrag der Beigeladenen verwiesen.
45 
Mit Urteil vom 12. März 2012 hat das SG den Bescheid vom 29. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 aufgehoben. Es hat hierbei im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zu Grunde gelegt. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Abtretung bestimme sich nach § 53 SGB I. Sie ergebe sich nicht aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Das „wohlverstandene Interesse“ sei nicht bereits deshalb zu verneinen, weil die Abtretung weiterreiche als nach § 53 Abs. 3 SGB I, wenn sie also auch den nach § 850c ZPO nicht pfändbaren Mindestbetrag umfasse (Verweis auf LSG Rheinland-Pfalz vom 14. September 1999, L 7 Ar 225/98). Das erforderliche, „wohlverstandene Interesse“ des Berechtigten an der Übertragung sei hier auch nicht feststellbar. Bei ihm handle es sich um einen gerichtlich voll nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der voraussetze, dass der abtretende Leistungsberechtigte für den übertragenen Leistungswert als Gegenwert einen zumindest gleichwertigen Vermögensvorteil erlange und dass der Zweck der Sozialleistung die Abtretung rechtfertige. Abzustellen sei ausschließlich auf die Interessen des Leistungsberechtigten, also des Klägers. Eine Abtretung zum Ausgleich von Schulden dürfte vorliegend nicht im wohlverstandenen Interesse des Leistungsberechtigten sein, da ihm dadurch Mittel entzogen würden, die er nur zweckgerichtet verwenden solle. Die Teilabtretung habe auch nicht im wohlverstandenen Interesse des Klägers gelegen, weil er keinen zumindest gleichwertigen Vermögensvorteil erhalten habe. Eine Übertragung nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I scheide somit aus. Die Beklagte könne sich auch nicht auf § 53 Abs. 3 SGB I analog §§ 398 ff BGB i.V.m. §§ 850, 850c Abs.1 bis 3, Anlage zu § 850c ZPO berufen. Danach seien Ansprüche übertragbar, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag überstiegen. Die Altersrente sei eine solche abtretbare Geldleistung. Mit der Vereinbarung vom 26. November 2008 sei der Vergleich vom 11. März 2008 dahingehend modifiziert worden, dass die eingegangene Verpflichtung, Geschiedenenunterhalt in Höhe der Altersrente zu bezahlen, nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung, sondern ausschließlich durch Zahlung an die Beigeladene erfüllt werde. Insoweit sei der Vergleich vom März 2008 abgeändert. Vorsorglich habe der Kläger auch die RAR mit Ausnahme des Zuschusses zur KV an die Beigeladene abgetreten und sich verpflichtet, diese so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung stehe bzw. stehen würde. Bei der Abtretung eines Rentenanspruches sei es Aufgabe des Rentenversicherungsträgers als Schuldner, nach § 53 Abs. 3 SGB I i.V.m. § 850c Abs. 1 bis 3 ZPO analog die konkrete Höhe des bestimmbaren abgetretenen Betrages zu ermitteln (Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. November 1991, 4 RA 80/90). Die Höhe des nach § 850c ZPO unpfändbaren Betrages richte sich nach der Anzahl der Personen, denen der Schuldner zum Unterhalt verpflichtet sei. Die Kinder des Klägers seien allesamt volljährig, Unterhaltsleistungen seien nicht nachgewiesen. Die Beklagte sei hier nicht berechtigt, die RAR und die AR vom VWR zusammenzurechnen. Die Möglichkeit der Zusammenrechnung mehrerer Einkommen eines Schuldners ergebe sich aus § 850e ZPO. Danach würde der pfändungsfreie Betrag aus der Gesamtsumme errechnet. Es sei jedoch umstritten, ob sich die damit ergebende Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit auf die abgetretene Sozialleistung beziehe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei neben § 850c ZPO und § 850d ZPO auch § 850e Nr. 2a ZPO bei Ermittlung des pfändbaren Einkommens im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I zu berücksichtigen, wenn der Leistungsempfänger in die Zusammenrechnung der abgetretenen Sozialleistungen eingewilligt habe. Eine Zusammenrechnung der Rentenansprüche gegenüber dem VWR und der Beklagten sei hier nicht möglich, da der Kläger nicht eingewilligt habe und auch der früheren PÜB des AG Ch. hierfür keine Grundlage mehr sei. Bei einem ermittelten Eigenbedarf von monatlich 770,00 EUR könne die Rente in Höhe von 635,49 EUR nicht an die Beigeladene abgetreten werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
46 
Gegen das ihr am 21. März 2012 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 19. April 2012 Berufung eingelegt.
47 
Die Beigeladene trägt im Wesentlichen vor, die Abtretung der Rente sei wirksam. Dies ergebe sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I. Der Kläger habe sich freiwillig verpflichtet, an sie Unterhalt in Höhe der Rente zu bezahlen. Durch die im Vergleich vom 11. März 2008 vorgenommene unwiderrufliche Zahlungsanweisung habe er von dieser Verpflichtung frei werden sollen. Nachdem die Beklagte dem nicht habe Folge leisten wollen, sei es zur Vereinbarung vom 21. November 2008 gekommen. Mit dieser seien vorsorglich die Ansprüche auf Zahlung der Rente an sie abgetreten worden. Es habe im wohlverstandenen Interesse des Klägers gelegen, wegen der im Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 nicht exakt bezifferten Ansprüche auf Zahlung von Geschiedenenunterhalt nicht einen weiteren Rechtsstreit führen zu müssen. Es habe auch in seinem wohlverstandenen Interesse gelegen, durch Anweisung und die anschließende Abtretung der Ansprüche gegenüber der Beklagten von den eingegangenen Verbindlichkeiten befreit zu werden. Damit sei der Bescheid schon im Hinblick auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I rechtmäßig. Unabhängig davon seien auch bei der Berechnung der pfändbaren Beträge und der damit abtretbaren Ansprüche die Rentenansprüche gegenüber dem VWR und der Beklagten zusammenzurechnen, womit sich eine Rechtmäßigkeit des Bescheids auch aus § 53 Abs. 3 SGB I ergebe. Bereits vor Abschluss des Vergleichs habe das AG Ch. im PÜB vom 10. September 2007 eine Zusammenrechnung angeordnet. Sie habe sich zwar im Vergleich vom 8. März 2008 verpflichtet, auf die Rechte aus diesem PÜB zu verzichten, jedoch nur deshalb, weil die Parteien durch die Anweisung gegenüber der Beklagten die pfändbaren und unpfändbaren Beträge an sie zu bezahlen, sie genauso stellen wollten, wie sie auf Grund des Pfändungspfandrechts gestanden habe. Dies sei durch die Vereinbarung vom November 2008 manifestiert worden. Im Gegenzug habe sie auf die Rechte aus dem PÜB gegenüber dem AG Ch. verzichtet. Dieser Verzicht sei nur erfolgt, weil die Parteien vereinbart hätten, dass ihr die Rentenansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten in voller Höhe auch hinsichtlich unpfändbarer Beträge zustehen sollten. Der Kläger habe mit den Vereinbarungen in die Zusammenrechnung der Renten eingewilligt. Im Hinblick auf den Verzicht auf den Widerruf der gegenüber der Beklagten erteilten Zahlungsanweisung sei der Kläger auch nicht berechtigt gewesen, dies einseitig gegenüber der Beklagten rückgängig zu machen.
48 
Die Beigeladene beantragt,
49 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
50 
Der Kläger beantragt,
51 
die Berufung zurückzuweisen.
52 
Zu keinem Zeitpunkt sei vereinbart oder auch nur daran gedacht worden, dass die beiden Renten zusammengerechnet werden könnten. Eine solche Zusammenrechnung bzw. deren Vereinbarung ergebe sich weder aus dem Vergleich vom 11. März 2008, noch aus der Vereinbarung vom November 2008. Eine Zusammenrechnung sei auch nicht erwähnt und nie gewollt gewesen. Ferner sei die Sicherungsabtretung der Anwaltsrente an die D. B. zu beachten. Hierzu hat er die Abtretungserklärung vom 21. Juli 2010 vorgelegt. Er trägt u.a. weiter vor, bei der im Vergleich vor dem OLG Stuttgart vom 11. März 2008 festgelegten Anweisung der Beklagten handle es sich um eine „Schuldumschaffung“, mit der an Erfüllung statt der Unterhaltsanspruch durch die Leistungsansprüche es seinerseits gegen die Beklagte ausgetauscht werde. Damit erlösche der Unterhaltsanspruch. Gewährleistungsansprüche bestünden nicht, wenn der Käufer, Empfänger der Leistung an Erfüllung statt, den Mangel bei Abschluss des Geschäfts gekannt habe. Dies sei hier der Fall. Nach dem Vergleich hätten unpfändbare Ansprüche ausgezahlt werden sollen. Somit habe die Beigeladene bereits bei dessen Abschluss gewusst, dass ihr unpfändbare Rentenansprüche an Erfüllung statt übertragen worden seien. Ihrem Rechtsanwalt sei prinzipiell auch bekannt gewesen, dass unpfändbare Ansprüche nicht übertragen werden könnten. Diese unpfändbaren Ansprüche stünden der Beigeladenen nach § 134 BGB nicht zu. Dies gelte auch für die Vereinbarung vom November 2008. Auch diese Abtretung sei unwirksam und verstoße gegen das Verbot des § 134 BGB. Die Unabtretbarkeit unpfändbarer Rentenansprüche stehe im öffentlichen Interesse und unterstehe nicht der Parteidisposition. Das AG Ch. habe auch ohne Anhörung den unpfändbaren Betrag auf 770,00 EUR festgesetzt und hierbei nicht die Kosten der KV, im Jahr 2012 621,74 EUR, im Jahr 2011 618,79 EUR, berücksichtigt. Hinzu kämen Kosten der Pflegeversicherung in Höhe von 50,81 EUR, sodass sich ein insgesamt unpfändbarer Betrag von 1.442,55 EUR ergebe.
53 
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ausführungen der Beigeladenen sei nicht von einer Abtretung im „wohlverstandenen Interesse“ des Klägers auszugehen. Die Voraussetzungen hierfür seien nicht erfüllt. Auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I sei eine Auszahlung von Rentenbeträgen an die Beigeladene nicht rechtmäßig. Bei Erlass des angefochtenen Bescheides habe man unterstellt, dass zwischen Kläger und Beigeladener stillschweigend eine Zusammenrechnung der RAR und der Anwaltsrente vereinbart gewesen sei. Zu diesem Ergebnis sei man auf Grund der in der Berufungsbegründung der Beigeladenen dargelegten Erwägungen gelangt. Die Vorgeschichte habe die Vereinbarung einer Zusammenrechnung nahegelegt. Wie das SG aber richtig ausgeführt habe, sei dies nicht ausreichend. Eine Zusammenrechnung wäre nur möglich, wenn dies im Abtretungsvertrag unter konkreter Bezeichnung der betroffenen Leistungen vereinbart worden wäre oder sich der Kläger ausdrücklich mit der Zusammenrechnung einverstanden erklärt hätte. Beides sei nicht der Fall. Ohne die Zusammenrechnung ergebe sich unter Berücksichtigung des Eigenbedarfs des Klägers kein Abtretungsbetrag. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei daher nicht rechtmäßig.
54 
Einen Antrag hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht gestellt.
55 
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.
57 
Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Beigeladenen gegenüber dem Kläger Unterhaltsansprüche zustehen bzw. Unterhaltsansprüche insofern vertraglich vereinbart sind, sondern darüber, ob die Beigeladene die Zahlung der RAR des Klägers an sich fordern kann, insbesondere, ob der Rentenanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten rechtswirksam an die Beigeladenen abgetreten worden ist.
58 
Das SG hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 29. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011, mit welchen diese entschieden hat, dass die RAR des Klägers nicht mehr an diesen, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, zu Recht aufgehoben, denn diese sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
59 
Die Klage ist, wie vom SG zutreffend erkannt, als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig. Mit der Aufhebung des angefochtenen, den Kläger belastenden Bescheids, mit welchem die Beklagte angeordnet hat, dass der Rentenbetrag nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, und bei dem es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) handelt, ist die Rente von der Beklagten wieder in vollem Umfang an den Kläger zu leisten.
60 
Die Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Bescheids vom 29. September 2010 bemisst sich nach § 53 SGB I und hier danach, ob eine wirksame Abtretung des Rentenanspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten vorliegt.
61 
Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen und verpfändet werden, wenn der zuständige Leistungsträger, hier die Beklagte, feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenen Interesse“ des Berechtigen liegt. Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I). Im Falle einer wirksamen Übertragung, hier also auch einer Abtretung, ist der Leistungsträger verpflichtet, die Leistung an den Abtretungsempfänger zu erbringen.
62 
Eine wirksame Abtretung der Rentenansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten liegt nach keiner der Bestimmungen vor.
63 
Zunächst ist festzustellen, dass der PÜB des AG Ch. Ansprüche der Beigeladenen im vorliegenden Verfahren nicht zu begründen vermag. Die Beigeladene hat nach Angaben des Klägers auf weitere Rechte daraus verzichtet. Das durch den PÜB zunächst entstandene Pfändungspfandrecht ist gemäß dem Schreiben des AG Ch. vom 17. Mai 2010 erloschen, weswegen es, so das AG Ch. weiter, einer Aufhebung nicht bedürfe. Die Beigeladene leitet aus ihm auch keine Rechte her. Dieser PÜB ist auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 14. Januar 1997 als Vollstreckungstitel ergangen. Rechte aus diesem Vollstreckungstitel hat die Beigeladene jedoch nicht mehr, was sich insbesondere auch aus der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2 ergibt. Schließlich ist der Titel, wie vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, von der Beigeladenen in Konsequenz dessen an diesen herausgegeben worden.
64 
Ferner ist festzustellen, dass sich der Kläger gegenüber der Beigeladenen im Vergleich vom 11. März 2008 verpflichtet hat, dieser Geschiedenenunterhalt in Höhe der ihm gegenüber der Beklagten zustehenden RAR zu bezahlen. Zugleich hat er sich insofern verpflichtet, die Beklagte anzuweisen, die von ihm bezogenen gesetzliche RAR vollständig und unmittelbar auf das Konto der Beigeladenen zu überweisen, wobei die Anweisung, die „gepfändeten und die unpfändbaren Beträge“ umfasste. Diese Vereinbarung im Vergleich wurde vom Kläger und der Beigeladenen wiederum durch die Vereinbarung vom 21. November 2008 einvernehmlich ergänzt und vervollständigt, indem vereinbart wurde, dass die im Vergleich eingegangene Verpflichtung des Klägers, an die Beigeladene Geschiedenenunterhalt in Höhe der RAR, die er von der Beklagten bezog, zu bezahlen nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung an die Beklagte, sondern ausschließlich durch Zahlung an die Beigeladene erfüllt werde. Hierzu erklärte der Kläger, er trete die ihm von der Beklagten zu gewährende RAR mit Ausnahme des Zuschusses zur KV in der jeweiligen Höhe an die Beigeladene ab. Weiter verpflichtete er sich diese so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung stehe bzw. stehen würde. Ferner war vereinbart, dass für den Fall, dass Zahlungen der Beklagten abweichend hiervon an die Beigeladenen oder an den Kläger erfolgen sollten, diese jeweils zur Erstattung der Beträge verpflichtet sind.
65 
Daraus ergibt sich, dass die Beigeladene einen Anspruch auf Auszahlung der Rente gegenüber der Beklagten nur auf Grund der Abtretung, deren Wirksamkeit vorliegend strittig ist, erwerben konnte.
66 
Nach dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, dass diese Abtretung unwirksam ist, weil sie nicht im Rahmen des § 53 SGB I zulässig ist. Die Übertragung bzw. eine Abtretung von Sozialleistungen war vor In-Kraft-Treten des SGB I nur in speziell geregelten Fällen unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Damit waren Sozialleistungen dem Rechtsverkehr nahezu vollständig entzogen. Dieser Zustand wurde nach der Gesetzesbegründung von den Beteiligten und Gerichten zunehmend als unbillig und dem Grundsatz, dass auf Sozialleistungen ein Anspruch besteht, nicht gerecht werdend empfunden. Deshalb hat der Gesetzgeber hinsichtlich Geldleistungen eine differenzierte Lösung angestrebt und diese mit § 53 Abs. 2 und Abs. 3 SGB I getroffen. Unter den dort aufgeführten Voraussetzungen und nur bei deren Vorliegen können Ansprüche auf Geldleistungen sowie Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die Altersrente, übertragen und verpfändet werden. Die Regelung soll zwischen dem notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten einerseits und dem Ziel eines freien Rechtsverkehrs vermitteln. Bei allen Geldleistungen sollen Übertragung und Verpfändung zulässig sein, wenn sie dem Ausgleich von „Vorschüssen“ Dritter auf die Sozialleistungen dienen oder sonst im wohlverstandenem Interesse des Berechtigten liegen (§ 53 Abs. 2 SGB I). Ferner ist die Übertragung und Verpfändung laufender Geldleistungen zulässig, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden pfändungsfreien Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I).
67 
Gemessen daran ist die Übertragung des Anspruchs des Klägers auf seine RAR bzw. die Abtretung nicht zulässig, was von der Beklagten zu beachten ist.
68 
Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I für die Zulässigkeit der Übertragung nicht vor. Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenem Interesse“ des Berechtigten liegt. Zweck dieser Regelung, die die Möglichkeit einer Abtretung ohne jede Begrenzung der Höhe regelt, ist es, dass es Dritten, z.B. einer Bank, einem Arbeitgeber oder auch einem Wohlfahrtsverband erleichtert wird, dem Berechtigten Vorschüsse oder sonstige private Zuwendungen zu gewähren. Es soll eine möglichst risikolose private Hilfe ermöglicht werden.
69 
Bei dem Begriff des „wohlverstandenem Interesses“, dessen Vorliegen der zuständige Leistungsträger festzustellen hat, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Übertragung im „wohlverstandenem Interesse“ setzt hierbei grundsätzlich voraus, dass durch den übertragenen Leistungsanspruch als Gegenleistung ein zumindest gleichwertiger Vermögensvorteil erworben wird. Als Beispiel sind in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I. § 53 Rdnr. 21 m.w.N.) aufgeführt die Kosten für die Unterbringung in einem Pflegeheim, die Deckung der laufenden Kosten für die Familienwohnung oder auch die Überbrückung einer akuten sozialen Notlage. In Einzelfällen können zur Begründung eines „wohlverstandenen Interesses“ auch sonstige rechtliche oder ideelle Zwecke herangezogen werden, wobei jedoch Zurückhaltung geboten ist und zumindest ein wirtschaftlicher Bezug zu verlangen ist. Der Berechtigte, hier also der Kläger, muss einen Vorteil erlangen, den er ohne die Übertragung nicht hätte (vgl. auch Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, § 53 Rdnr. 21).
70 
Gemessen daran ist, wie auch von der Beklagten im Berufungsverfahren schriftsätzlich eingeräumt, nicht feststellbar, dass die Abtretung der Zahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten in dessen „wohlverstandenem Interesse“ liegt. Durch diese Erklärung hat die Beklagte auch die Feststellung des wohlverstandenen Interesses abgelehnt, so dass die Abtretung nicht nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I zulässig und wirksam ist.
71 
Soweit die Beigeladene die Auffassung vertritt, die Abtretung des Rentenanspruches gegenüber der Beklagten an sie habe im „wohlverstandenen Interesse“ des Klägers gelegen, da er wegen der im Vergleich vom 11. März 2008 nicht exakt bezifferten Ansprüche nicht einen weiteren Rechtsstreit führen müsse, ist dem nicht zu folgen. Insofern liegt kein vergleichbarer Fall vor wie oben dargelegt. Das „wohlverstandene Interesse“ des Klägers an der Abtretung kann auch nicht damit begründet werden, dass er dadurch von den von ihm eingegangenen Verpflichtungen zur Zahlung von Unterhalt befreit werde.
72 
Die Abtretung ist auch nicht nach der Bestimmung des § 53 Abs. 3 SGB I zulässig. Danach können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die RAR des Klägers, übertragen bzw. abgetreten werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.
73 
Insofern ist nicht feststellbar, dass die RAR des Klägers, die sich auf 635,49 EUR zzgl. des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag von 46,39 EUR (Stand 15. Dezember 2010) bei einem Krankenversicherungsbeitrag des Klägers von 572,23 EUR im Jahr 2010 beläuft, den pfändbaren Betrag übersteigt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem, hier allerdings nicht mehr relevantem, Beschluss des AG Ch. vom 10. September 2007, in dem - auch bei Zusammenrechnung der RAR und der AR - noch ein Betrag von 705,- EUR festgelegt war, der dem Kläger zu verbleiben hatte. Im Übrigen wird zur Begründung insoweit auf die Entscheidungsgründe des SG im angefochtenen Urteil verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
74 
Zwar kann bei der Ermittlung des pfändungsfreien Betrags im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I auch eine Zusammenrechnung mehrere Einkünfte, hier der vom Kläger vom VWR bezogenen weiteren AR mit der RAR grundsätzlich vorgenommen werden, doch setzt dies die Zustimmung des Berechtigten, hier des Klägers, zu einer Zusammenrechnung voraus (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. April 1987, 5b RJ 4/86 u.a. veröffentlicht in Juris; Pflüger in Juris-PK SGB I § 53, Rdnr. 87). Einer solchen Zusammenrechnung hat der Kläger weder im Vergleich vom 10. März 2008, noch in der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 zugestimmt. Auch ansonsten kann eine Zustimmung des Klägers den Akten nicht entnommen werden. Er widerspricht vielmehr ausdrücklich einer solchen Zusammenrechnung. Damit verbleibt es dabei, dass ein pfändbarer Betrag hinsichtlich der RAR des Klägers nicht vorhanden ist, so dass auch nach § 53 Abs. 3 SGB I die Abtretung der Rente nicht möglich und damit unwirksam ist.
75 
Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass das AG Ch. im PÜB vom 10. September 2007 eine Zusammenrechnung angeordnet hatte, ist dies vorliegend unerheblich. Da der PÜB des AG Ch. sich, wie auch von diesem mitgeteilt, erledigt hat, nachdem der ihm zugrunde liegende Titel (gerichtlicher Vergleich vom 14. Januar 1997) „erledigt“ ist (Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2), kommt es allein darauf an, ob der Kläger in eine Zusammenrechnung einwilligt, was hier nicht der Fall ist.
76 
Damit hat das SG zu Recht den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben, weswegen die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen ist.
77 
Nachdem die Entscheidung der Beklagten, die Rente nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladenen abzuführen, aufgehoben ist, ist die Beklagte verpflichtet, die Rente an den Kläger zu leisten.
78 
Ob die Beigeladene durch den Vergleich vom 11. März 2008 und die Vereinbarung vom 21./26. November 2008 begründete Zahlungsansprüche auf anderem Weg verfolgen kann, ist im vorliegenden Rechtsstreit, in welchem es allein um die Frage geht, ob Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten wirksam abgetreten sind und die Beigeladene deren Abführung an sich von der Beklagten fordern kann, nicht zu entscheiden.
79 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a, 183 SGG. Nach § 193 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung ergeht nach richterlichem Ermessen, wobei der Ausgang des Verfahrens eine wesentliche Bedeutung erlangt (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 12 ff.). Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Aus diesen Regelungen folgt, dass mit den Bezeichnungen „Kläger“ und „Beklagter“ auf die Rolle im jeweiligen Rechtszug abzustellen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006, B 2 U 391/05 B, veröffentlicht in Juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 SGG Rdnr. 10, § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 197a SGG Rdnr. 3).
80 
Da der Kläger im ersten Rechtszug in seiner Eigenschaft als Versicherter geklagt hat, hat die Kostenentscheidung für die erste Instanz gem. § 193 SGG zu erfolgen. Für die zweite Instanz erfolgt die Kostenentscheidung jedoch gem. § 197a SGG (zum umgekehrten Fall vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3). Denn weder Berufungsklägerin noch Berufungsbeklagter gehören zu den kostenprivilegierten Personen. Die Beigeladene ist Berufungsklägerin; sie gehört nicht zu den nach § 183 Satz 1 SGG privilegierten Personen. Denn sie begehrt nach dem streitgegenständlichen Bescheid die Auszahlung der Altersrente an sich lediglich aus abgetretenem Recht, ohne die Eigenschaft eines Versicherten beanspruchen zu können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 11 AL 6/09 R, Beschluss vom 4. Juni 2007, B 11a AL 153/06 B, beide veröffentlicht in Juris). Da die Berufungsklägerin vom Rentenversicherungsträger -der ebenfalls nicht zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört- die Auszahlung der Altersrente begehrt, ist der Rentenversicherungsträger einem Berufungsbeklagten gleichzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. April 2006, B 12 KR 21/05 B, veröffentlicht in Juris), obgleich er im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat. Der kostenprivilegierte Kläger erster Instanz ist nicht Berufungsbeklagter, da die Berufungsklägerin von ihm nichts begehrt, auch wenn dieser die Zurückweisung der Berufung beantragt hat. Beide streiten sich lediglich darum, wem der -identische- Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger zusteht.
81 
Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit seiner Klage zu Recht erstinstanzlich vollen Erfolg hatte und die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat; da das allein von der Beigeladenen eingelegte Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat sie zwingend die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen.
82 
Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz(en) (so Lüdtke, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 8; z. B. auch BSG, Urteil vom 18. September 2012, B 2 U 11/11 R, Urteil vom 23. August 2012, B 4 AS 167/11 R, beide veröffentlicht in Juris). Zwar wird vertreten, dass bei einer Zurückweisung des Rechtsmittels die Kostenentscheidung allein über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ergehen hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr.2a, Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11, Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4; z.B. auch BSG, Urteil vom 2. Februar 2012, B 8 SO 15/10 R, veröffentlicht in Juris). Da aber die Kostenentscheidung nach allgemeiner Meinung nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Kosten des Vorverfahrens und die Kosten aller Rechtszüge des Gerichtsverfahrens zu erfassen hat (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 2, m.w.N.; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010, B 13 R 15/10 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris), könnte dieser Auffassung nur gefolgt werden, wenn sich ein Rechtsmittel auch auf die vorangehende Kostenentscheidung erstrecken würde und durch die Zurückweisung der Berufung die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil -wie die Entscheidung zur Hauptsache- Gültigkeit behielte. Ein Rechtsmittelantrag auch (s. § 144 Abs. 4 SGG) gegen eine Kostenentscheidung ist aber nicht statthaft, sondern als Anregung zu verstehen (§ 123 SGG gilt nicht, vgl. nur Hintz/Lowe, a.a.O., § 123 SGG Rdnr. 3), da über die Kosten als Annex zum Rechtsmittel immer von Amts wegen zu entscheiden ist, und zwar ohne Rücksicht auf den Willen und der Anträge der Beteiligten (vgl. nur BSG, Urteil vom 10. September 1987, 10 Rar 10/86, veröffentlicht in Juris). Ansonsten müsste einem Rechtsmittel auch teilweise stattgegeben werden, wenn zwar die Entscheidung in der Hauptsache richtig, die Kostenentscheidung aber zu Gunsten des Rechtsmittelführers geändert wird, was -soweit ersichtlich- nicht praktiziert wird. Dass das Rechtsmittel nichts mit der Kostenentscheidung zu tun hat, ergibt sich deutlich daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG unrichtige Kostenentscheidungen auch zu Lasten des alleinigen Rechtsmittelführers zu ändern sind, da das Verbot der reformatio in peius bei der Kostenentscheidung nicht gilt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 34/06 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris). Denn dann liegt einer solchen Änderung ein Rechtsmittel von vorneherein nicht zu Grunde.
83 
Die Höhe des nach Anhörung der Beteiligten festgesetzten Streitwerts ergibt sich aus § 42 GKG in Höhe des dreifachen Jahresbetrages der umstrittenen monatlichen Rente.
84 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
56 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.
57 
Der Senat hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Beigeladenen gegenüber dem Kläger Unterhaltsansprüche zustehen bzw. Unterhaltsansprüche insofern vertraglich vereinbart sind, sondern darüber, ob die Beigeladene die Zahlung der RAR des Klägers an sich fordern kann, insbesondere, ob der Rentenanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten rechtswirksam an die Beigeladenen abgetreten worden ist.
58 
Das SG hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 29. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011, mit welchen diese entschieden hat, dass die RAR des Klägers nicht mehr an diesen, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, zu Recht aufgehoben, denn diese sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
59 
Die Klage ist, wie vom SG zutreffend erkannt, als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig. Mit der Aufhebung des angefochtenen, den Kläger belastenden Bescheids, mit welchem die Beklagte angeordnet hat, dass der Rentenbetrag nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladene auszuzahlen ist, und bei dem es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) handelt, ist die Rente von der Beklagten wieder in vollem Umfang an den Kläger zu leisten.
60 
Die Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Bescheids vom 29. September 2010 bemisst sich nach § 53 SGB I und hier danach, ob eine wirksame Abtretung des Rentenanspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten vorliegt.
61 
Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen und verpfändet werden, wenn der zuständige Leistungsträger, hier die Beklagte, feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenen Interesse“ des Berechtigen liegt. Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I). Im Falle einer wirksamen Übertragung, hier also auch einer Abtretung, ist der Leistungsträger verpflichtet, die Leistung an den Abtretungsempfänger zu erbringen.
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Eine wirksame Abtretung der Rentenansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten liegt nach keiner der Bestimmungen vor.
63 
Zunächst ist festzustellen, dass der PÜB des AG Ch. Ansprüche der Beigeladenen im vorliegenden Verfahren nicht zu begründen vermag. Die Beigeladene hat nach Angaben des Klägers auf weitere Rechte daraus verzichtet. Das durch den PÜB zunächst entstandene Pfändungspfandrecht ist gemäß dem Schreiben des AG Ch. vom 17. Mai 2010 erloschen, weswegen es, so das AG Ch. weiter, einer Aufhebung nicht bedürfe. Die Beigeladene leitet aus ihm auch keine Rechte her. Dieser PÜB ist auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 14. Januar 1997 als Vollstreckungstitel ergangen. Rechte aus diesem Vollstreckungstitel hat die Beigeladene jedoch nicht mehr, was sich insbesondere auch aus der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2 ergibt. Schließlich ist der Titel, wie vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, von der Beigeladenen in Konsequenz dessen an diesen herausgegeben worden.
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Ferner ist festzustellen, dass sich der Kläger gegenüber der Beigeladenen im Vergleich vom 11. März 2008 verpflichtet hat, dieser Geschiedenenunterhalt in Höhe der ihm gegenüber der Beklagten zustehenden RAR zu bezahlen. Zugleich hat er sich insofern verpflichtet, die Beklagte anzuweisen, die von ihm bezogenen gesetzliche RAR vollständig und unmittelbar auf das Konto der Beigeladenen zu überweisen, wobei die Anweisung, die „gepfändeten und die unpfändbaren Beträge“ umfasste. Diese Vereinbarung im Vergleich wurde vom Kläger und der Beigeladenen wiederum durch die Vereinbarung vom 21. November 2008 einvernehmlich ergänzt und vervollständigt, indem vereinbart wurde, dass die im Vergleich eingegangene Verpflichtung des Klägers, an die Beigeladene Geschiedenenunterhalt in Höhe der RAR, die er von der Beklagten bezog, zu bezahlen nicht durch die Erteilung einer entsprechenden Zahlungsanweisung an die Beklagte, sondern ausschließlich durch Zahlung an die Beigeladene erfüllt werde. Hierzu erklärte der Kläger, er trete die ihm von der Beklagten zu gewährende RAR mit Ausnahme des Zuschusses zur KV in der jeweiligen Höhe an die Beigeladene ab. Weiter verpflichtete er sich diese so zu stellen, wie sie bei uneingeschränkter Gültigkeit der Abtretung stehe bzw. stehen würde. Ferner war vereinbart, dass für den Fall, dass Zahlungen der Beklagten abweichend hiervon an die Beigeladenen oder an den Kläger erfolgen sollten, diese jeweils zur Erstattung der Beträge verpflichtet sind.
65 
Daraus ergibt sich, dass die Beigeladene einen Anspruch auf Auszahlung der Rente gegenüber der Beklagten nur auf Grund der Abtretung, deren Wirksamkeit vorliegend strittig ist, erwerben konnte.
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Nach dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich, dass diese Abtretung unwirksam ist, weil sie nicht im Rahmen des § 53 SGB I zulässig ist. Die Übertragung bzw. eine Abtretung von Sozialleistungen war vor In-Kraft-Treten des SGB I nur in speziell geregelten Fällen unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Damit waren Sozialleistungen dem Rechtsverkehr nahezu vollständig entzogen. Dieser Zustand wurde nach der Gesetzesbegründung von den Beteiligten und Gerichten zunehmend als unbillig und dem Grundsatz, dass auf Sozialleistungen ein Anspruch besteht, nicht gerecht werdend empfunden. Deshalb hat der Gesetzgeber hinsichtlich Geldleistungen eine differenzierte Lösung angestrebt und diese mit § 53 Abs. 2 und Abs. 3 SGB I getroffen. Unter den dort aufgeführten Voraussetzungen und nur bei deren Vorliegen können Ansprüche auf Geldleistungen sowie Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die Altersrente, übertragen und verpfändet werden. Die Regelung soll zwischen dem notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten einerseits und dem Ziel eines freien Rechtsverkehrs vermitteln. Bei allen Geldleistungen sollen Übertragung und Verpfändung zulässig sein, wenn sie dem Ausgleich von „Vorschüssen“ Dritter auf die Sozialleistungen dienen oder sonst im wohlverstandenem Interesse des Berechtigten liegen (§ 53 Abs. 2 SGB I). Ferner ist die Übertragung und Verpfändung laufender Geldleistungen zulässig, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden pfändungsfreien Betrag übersteigen (§ 53 Abs. 3 SGB I).
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Gemessen daran ist die Übertragung des Anspruchs des Klägers auf seine RAR bzw. die Abtretung nicht zulässig, was von der Beklagten zu beachten ist.
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Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I für die Zulässigkeit der Übertragung nicht vor. Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen übertragen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im „wohlverstandenem Interesse“ des Berechtigten liegt. Zweck dieser Regelung, die die Möglichkeit einer Abtretung ohne jede Begrenzung der Höhe regelt, ist es, dass es Dritten, z.B. einer Bank, einem Arbeitgeber oder auch einem Wohlfahrtsverband erleichtert wird, dem Berechtigten Vorschüsse oder sonstige private Zuwendungen zu gewähren. Es soll eine möglichst risikolose private Hilfe ermöglicht werden.
69 
Bei dem Begriff des „wohlverstandenem Interesses“, dessen Vorliegen der zuständige Leistungsträger festzustellen hat, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Übertragung im „wohlverstandenem Interesse“ setzt hierbei grundsätzlich voraus, dass durch den übertragenen Leistungsanspruch als Gegenleistung ein zumindest gleichwertiger Vermögensvorteil erworben wird. Als Beispiel sind in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I. § 53 Rdnr. 21 m.w.N.) aufgeführt die Kosten für die Unterbringung in einem Pflegeheim, die Deckung der laufenden Kosten für die Familienwohnung oder auch die Überbrückung einer akuten sozialen Notlage. In Einzelfällen können zur Begründung eines „wohlverstandenen Interesses“ auch sonstige rechtliche oder ideelle Zwecke herangezogen werden, wobei jedoch Zurückhaltung geboten ist und zumindest ein wirtschaftlicher Bezug zu verlangen ist. Der Berechtigte, hier also der Kläger, muss einen Vorteil erlangen, den er ohne die Übertragung nicht hätte (vgl. auch Seewald in Kasseler Kommentar, SGB I, § 53 Rdnr. 21).
70 
Gemessen daran ist, wie auch von der Beklagten im Berufungsverfahren schriftsätzlich eingeräumt, nicht feststellbar, dass die Abtretung der Zahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten in dessen „wohlverstandenem Interesse“ liegt. Durch diese Erklärung hat die Beklagte auch die Feststellung des wohlverstandenen Interesses abgelehnt, so dass die Abtretung nicht nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I zulässig und wirksam ist.
71 
Soweit die Beigeladene die Auffassung vertritt, die Abtretung des Rentenanspruches gegenüber der Beklagten an sie habe im „wohlverstandenen Interesse“ des Klägers gelegen, da er wegen der im Vergleich vom 11. März 2008 nicht exakt bezifferten Ansprüche nicht einen weiteren Rechtsstreit führen müsse, ist dem nicht zu folgen. Insofern liegt kein vergleichbarer Fall vor wie oben dargelegt. Das „wohlverstandene Interesse“ des Klägers an der Abtretung kann auch nicht damit begründet werden, dass er dadurch von den von ihm eingegangenen Verpflichtungen zur Zahlung von Unterhalt befreit werde.
72 
Die Abtretung ist auch nicht nach der Bestimmung des § 53 Abs. 3 SGB I zulässig. Danach können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, wie hier die RAR des Klägers, übertragen bzw. abgetreten werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.
73 
Insofern ist nicht feststellbar, dass die RAR des Klägers, die sich auf 635,49 EUR zzgl. des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag von 46,39 EUR (Stand 15. Dezember 2010) bei einem Krankenversicherungsbeitrag des Klägers von 572,23 EUR im Jahr 2010 beläuft, den pfändbaren Betrag übersteigt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem, hier allerdings nicht mehr relevantem, Beschluss des AG Ch. vom 10. September 2007, in dem - auch bei Zusammenrechnung der RAR und der AR - noch ein Betrag von 705,- EUR festgelegt war, der dem Kläger zu verbleiben hatte. Im Übrigen wird zur Begründung insoweit auf die Entscheidungsgründe des SG im angefochtenen Urteil verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
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Zwar kann bei der Ermittlung des pfändungsfreien Betrags im Rahmen des § 53 Abs. 3 SGB I auch eine Zusammenrechnung mehrere Einkünfte, hier der vom Kläger vom VWR bezogenen weiteren AR mit der RAR grundsätzlich vorgenommen werden, doch setzt dies die Zustimmung des Berechtigten, hier des Klägers, zu einer Zusammenrechnung voraus (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. April 1987, 5b RJ 4/86 u.a. veröffentlicht in Juris; Pflüger in Juris-PK SGB I § 53, Rdnr. 87). Einer solchen Zusammenrechnung hat der Kläger weder im Vergleich vom 10. März 2008, noch in der Vereinbarung vom 21./26. November 2008 zugestimmt. Auch ansonsten kann eine Zustimmung des Klägers den Akten nicht entnommen werden. Er widerspricht vielmehr ausdrücklich einer solchen Zusammenrechnung. Damit verbleibt es dabei, dass ein pfändbarer Betrag hinsichtlich der RAR des Klägers nicht vorhanden ist, so dass auch nach § 53 Abs. 3 SGB I die Abtretung der Rente nicht möglich und damit unwirksam ist.
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Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass das AG Ch. im PÜB vom 10. September 2007 eine Zusammenrechnung angeordnet hatte, ist dies vorliegend unerheblich. Da der PÜB des AG Ch. sich, wie auch von diesem mitgeteilt, erledigt hat, nachdem der ihm zugrunde liegende Titel (gerichtlicher Vergleich vom 14. Januar 1997) „erledigt“ ist (Vereinbarung vom 21./26. November 2008 Ziffer 5 Satz 2), kommt es allein darauf an, ob der Kläger in eine Zusammenrechnung einwilligt, was hier nicht der Fall ist.
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Damit hat das SG zu Recht den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben, weswegen die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen ist.
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Nachdem die Entscheidung der Beklagten, die Rente nicht an den Kläger, sondern an die Beigeladenen abzuführen, aufgehoben ist, ist die Beklagte verpflichtet, die Rente an den Kläger zu leisten.
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Ob die Beigeladene durch den Vergleich vom 11. März 2008 und die Vereinbarung vom 21./26. November 2008 begründete Zahlungsansprüche auf anderem Weg verfolgen kann, ist im vorliegenden Rechtsstreit, in welchem es allein um die Frage geht, ob Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten wirksam abgetreten sind und die Beigeladene deren Abführung an sich von der Beklagten fordern kann, nicht zu entscheiden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a, 183 SGG. Nach § 193 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung ergeht nach richterlichem Ermessen, wobei der Ausgang des Verfahrens eine wesentliche Bedeutung erlangt (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 12 ff.). Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Aus diesen Regelungen folgt, dass mit den Bezeichnungen „Kläger“ und „Beklagter“ auf die Rolle im jeweiligen Rechtszug abzustellen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006, B 2 U 391/05 B, veröffentlicht in Juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 SGG Rdnr. 10, § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 197a SGG Rdnr. 3).
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Da der Kläger im ersten Rechtszug in seiner Eigenschaft als Versicherter geklagt hat, hat die Kostenentscheidung für die erste Instanz gem. § 193 SGG zu erfolgen. Für die zweite Instanz erfolgt die Kostenentscheidung jedoch gem. § 197a SGG (zum umgekehrten Fall vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3; Lüdtke, a.a.O., § 197a SGG Rdnr. 3). Denn weder Berufungsklägerin noch Berufungsbeklagter gehören zu den kostenprivilegierten Personen. Die Beigeladene ist Berufungsklägerin; sie gehört nicht zu den nach § 183 Satz 1 SGG privilegierten Personen. Denn sie begehrt nach dem streitgegenständlichen Bescheid die Auszahlung der Altersrente an sich lediglich aus abgetretenem Recht, ohne die Eigenschaft eines Versicherten beanspruchen zu können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 11 AL 6/09 R, Beschluss vom 4. Juni 2007, B 11a AL 153/06 B, beide veröffentlicht in Juris). Da die Berufungsklägerin vom Rentenversicherungsträger -der ebenfalls nicht zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen gehört- die Auszahlung der Altersrente begehrt, ist der Rentenversicherungsträger einem Berufungsbeklagten gleichzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. April 2006, B 12 KR 21/05 B, veröffentlicht in Juris), obgleich er im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat. Der kostenprivilegierte Kläger erster Instanz ist nicht Berufungsbeklagter, da die Berufungsklägerin von ihm nichts begehrt, auch wenn dieser die Zurückweisung der Berufung beantragt hat. Beide streiten sich lediglich darum, wem der -identische- Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger zusteht.
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Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit seiner Klage zu Recht erstinstanzlich vollen Erfolg hatte und die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat; da das allein von der Beigeladenen eingelegte Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat sie zwingend die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen.
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Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz(en) (so Lüdtke, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 8; z. B. auch BSG, Urteil vom 18. September 2012, B 2 U 11/11 R, Urteil vom 23. August 2012, B 4 AS 167/11 R, beide veröffentlicht in Juris). Zwar wird vertreten, dass bei einer Zurückweisung des Rechtsmittels die Kostenentscheidung allein über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ergehen hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr.2a, Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11, Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4; z.B. auch BSG, Urteil vom 2. Februar 2012, B 8 SO 15/10 R, veröffentlicht in Juris). Da aber die Kostenentscheidung nach allgemeiner Meinung nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Kosten des Vorverfahrens und die Kosten aller Rechtszüge des Gerichtsverfahrens zu erfassen hat (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 2, m.w.N.; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010, B 13 R 15/10 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris), könnte dieser Auffassung nur gefolgt werden, wenn sich ein Rechtsmittel auch auf die vorangehende Kostenentscheidung erstrecken würde und durch die Zurückweisung der Berufung die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil -wie die Entscheidung zur Hauptsache- Gültigkeit behielte. Ein Rechtsmittelantrag auch (s. § 144 Abs. 4 SGG) gegen eine Kostenentscheidung ist aber nicht statthaft, sondern als Anregung zu verstehen (§ 123 SGG gilt nicht, vgl. nur Hintz/Lowe, a.a.O., § 123 SGG Rdnr. 3), da über die Kosten als Annex zum Rechtsmittel immer von Amts wegen zu entscheiden ist, und zwar ohne Rücksicht auf den Willen und der Anträge der Beteiligten (vgl. nur BSG, Urteil vom 10. September 1987, 10 Rar 10/86, veröffentlicht in Juris). Ansonsten müsste einem Rechtsmittel auch teilweise stattgegeben werden, wenn zwar die Entscheidung in der Hauptsache richtig, die Kostenentscheidung aber zu Gunsten des Rechtsmittelführers geändert wird, was -soweit ersichtlich- nicht praktiziert wird. Dass das Rechtsmittel nichts mit der Kostenentscheidung zu tun hat, ergibt sich deutlich daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG unrichtige Kostenentscheidungen auch zu Lasten des alleinigen Rechtsmittelführers zu ändern sind, da das Verbot der reformatio in peius bei der Kostenentscheidung nicht gilt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 34/06 R, m.w.N., veröffentlicht in Juris). Denn dann liegt einer solchen Änderung ein Rechtsmittel von vorneherein nicht zu Grunde.
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Die Höhe des nach Anhörung der Beteiligten festgesetzten Streitwerts ergibt sich aus § 42 GKG in Höhe des dreifachen Jahresbetrages der umstrittenen monatlichen Rente.
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Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.