Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Dez. 2005 - L 13 AS 5471/05 ER-B

30.12.2005

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Oktober 2005 aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wegen des Bescheids vom 5. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005 wird angeordnet. Die Beklagte wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Klägerin ab 4. Oktober 2005 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit A. R. als Darlehen zu gewähren.

Diese Anordnung wird - unter dem Vorbehalt des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit - zeitlich begrenzt bis längstens 30. April 2006.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Gründe

 
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und sachlich in vollem Umfang begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist einmal das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage wegen der im Bescheid vom 5. Juli 2005 verfügten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23. November 2004 für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2005; denn mit dieser Entscheidung wird die Bindungswirkung der Leistungsbewilligung durchbrochen, so dass es sich dabei um eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Sinn von § 39 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch [SGB II] handelt (vgl. zum Beispiel Senatsbeschluss vom 26. August 2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B und vom 18. Oktober 2005 - L 13 AS 3993/05 ER-B) mit der Folge, dass die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat. Damit ist das bereits mit der Antragsschrift der Klägerin vom 4. Oktober 2005 deutlich zum Ausdruck gebrachte Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der ebenfalls am 4. Oktober 2005 erhobenen Anfechtungsklage gerichtet. Soweit sich die Anfechtungsklage auch gegen die im Bescheid vom 5. Juli 2005 verfügte Erstattung der bis 30. Juni 2005 erbrachten Leistungen in Höhe von 3098,05 EUR richtet, hat die Anfechtungsklage nach § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung, denn insoweit liegt eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht vor. Trotz der weiten Fassung des Wortlauts kann nicht davon ausgegangen werden, dass Widerspruch oder Anfechtungsklage wegen der Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende anders als solche wegen Erstattung von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III; vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25. August 2003 - L 13 AL 2374/03 ER-B, veröffentlicht in Juris) oder anderer Bücher des Sozialgesetzbuchs und deren Grundlage § 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, keine aufschiebende Wirkung haben, die Bezieher solcher Leistungen also weniger schutzwürdig sind (ebenso Conradis in LPK-SGB II § 39 Rn 7; Berlit info also 2005, 3,5; a.A. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 39 Rn 44). Darüber hinaus begehrt die Klägerin im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, ausgenommen die vom Enzkreis auch ab 1. Juli 2005 erbrachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (zuletzt Bescheid vom 26. Juli 2005).
Der auf § 48 SGB X gestützte Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 5. Juli 2005 (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005) erweist sich aller Voraussicht nach als offensichtlich rechtswidrig, denn nach dem Ergebnis des Verfahrens ist die Hilfebedürftigkeit der Klägerin ab 1. Februar 2005 nicht weggefallen; damit wird aller Voraussicht nach auch die Erstattung aufzuheben sein. Gleichzeitig ist der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung geforderte Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, sodass ab deren Rechtshängigkeit der Klägerin befristet bis 30. April 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren sind, wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache allerdings nur als Darlehen (vgl. hierzu im einzelnen Senatsbeschluss vom 26. August 2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B).
Entscheidungserheblich ist, ob die Klägerin und ihr im Haushalt lebender siebzehn Jahre alter, noch die Schule besuchender Sohn mit A. R. eine Bedarfsgemeinschaft bilden, die Klägerin also, was die Beklagte vom Sozialgericht bestätigt geltend macht, mit diesem in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (vgl. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b, 9 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II). Der erkennende Senat versteht mit der Rechtsprechung unter einer eheähnlichen Gemeinschaft eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft im Sinn einer über eine bloße Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehenden Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in BVerfGE 87, 234, 264 f., Beschluss vom 2. September 2004 - 1 BvR 1962/04 - abgedruckt in Juris; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG] in BVerwGE 98, 195, 199; Bundessozialgericht [BSG] in BSGE 90, 90, 98 f); die auf Dauer angelegte Verbindung zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts muss daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen und sich durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen. Maßgebend ist grundsätzlich die Gesamtheit der feststellbaren (äußeren) Tatsachen, die einen Rückschluss auf das Bestehen einer solchen Gemeinschaft zulassen. Bei der Beurteilung, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, gilt die Dauer des Zusammenlebens neben anderen Indizien als gewichtigste Hinweistatsache (BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1999 - 5 B 114/98 - veröffentlicht in Juris). Als weitere Hilfstatsache für die Ernsthaftigkeit einer Gemeinschaft ist auch die nach außen erkennbare Intensität einer Beziehung zu würdigen (BVerwG vom 24. Juni 1999 a.a.O. m.w.N.), wobei sexuelle Beziehungen, wenn sie bekannt sind, berücksichtigt werden können (BVerwGE 98, 195, 199).
Bei einer Gesamtschau der im vorliegenden Fall bekannt gewordenen Umstände ist ein eheähnliches Zusammenleben der Klägerin und A. R. nicht überwiegend wahrscheinlich. In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass beide sich seit etwas mehr als zwei Jahren kennen und zwischen beiden eine Liebesbeziehung besteht. Herr R., der eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht und noch einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht, ist erstmals zum 1. Februar 2005 in die von der Klägerin angemietete Drei-Zimmer-Wohnung eingezogen; dort bewohnt er ein eigenes Zimmer. Gemeinsam genutzt wird das Wohnzimmer, in welchem die Klägerin auch schläft, die Küche, und das Bad; von beiden werden auch die Haushaltsgeräte gemeinsam genutzt. Aufgaben im Haushalt werden von beiden erledigt, Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Die Freizeit wird ebenfalls gemeinsam verbracht, wobei beide unterschiedliche Interessenschwerpunkte haben. A. R. zahlt Miete; zu den Lebenshaltungskosten trägt jeder bei. Gemeinsame Kinder oder ein gemeinsames Konto sind nicht vorhanden. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Partner berechtigt sind, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen. In einer gesundheitlichen Notsituation wie z.B. Begleitung zum Arzt oder in das Krankenhaus würden sich die Partner gegenseitig unterstützen. Ob der im Haushalt lebende Sohn der Klägerin auch von Herrn R. betreut wird, ist offen, nachdem die Klägerin und Herr R. - letzterer in einer allerdings nicht der gesetzlichen Form entsprechenden eidesstattlichen Versicherung - hierzu unterschiedliche Angaben gemacht haben. Aus diesen Tatsachen ergibt sich zwar, dass zwischen der Klägerin und Herrn R. eine Wohngemeinschaft besteht und beide sich in gegenseitiger Zuneigung verbunden sind, was auch sexuelle Beziehungen nahe legen könnte. Entscheidend gegen eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinn einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft spricht jedoch, dass die Klägerin und Herr R. im für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung maßgebenden Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids am 1. September 2005 erst seit sieben Monaten und im für die einstweilige Anordnung maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde erst seit nicht ganz elf Monaten zusammen lebten. Diese Dauer des Zusammenlebens erachtet der Senat als zu kurz, um die Ernsthaftigkeit der Beziehung und deren Dauerhaftigkeit sowie Kontinuität bejahen zu können; nach einer solch kurzen Dauer kann, zumal wenn die Partner auch nicht die Befugnis haben, über Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen (vgl. BVerfGE 87, 234, 265), eine dauerhafte Verfestigung der Gemeinschaft noch nicht angenommen werden. Eine dauerhafte Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit solchen inneren Bindungen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, kann regelmäßig erst nach einem deutlich längeren Zusammenleben entstehen; soweit früher eine Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung gefordert worden ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15), hält der Senat eine solche Festlegung nicht für angebracht (vgl. ebenso BSGE 90, 90, 101). Vielmehr ist in jedem Einzelfall anhand sämtlicher äußerer Umstände das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu beurteilen. Grundsätzlich wird eine eheähnliche Gemeinschaft, sofern keine besonderen äußeren Umstände vorliegen, aber erst bei einem deutlich über ein Jahr hinausgehenden Zusammenleben als dauerhaft verfestigt angesehen werden können. Keinesfalls kann, wie die Beklagte angenommen hat, die eheähnliche Gemeinschaft bereits mit Beginn des erstmaligen Zusammenwohnens angenommen werden. Dies bedeutet, dass Einkommen und Vermögen von Herrn R. nicht zu berücksichtigen und die Hilfebedürftigkeit der Klägerin sowie ihres im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Sohnes hiervon losgelöst zu beurteilen ist. Damit steht fest, dass die Klägerin, wie in der Zeit bis 30. Juni 2005 bewilligt, einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber der Beklagten hat; diesen Betrag zu beziffern, hält der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht für angebracht. Gleichzeitig ist die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wegen des Bescheides vom 5. Juli 2005 (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005) anzuordnen. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise mit der Beklagten eine sog. Teilzahlungsvereinbarung über die ratenweise Erfüllung der geltend gemachten Erstattungsforderung geschlossen hat, stünde der Anordnung nicht entgegen. Das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt, anders als die Vorinstanz anzunehmen scheint, keine besondere Eilbedürftigkeit voraus; vielmehr ist einstweiliger Rechtschutz wegen der Aufhebung einer Leistungsbewilligung mit oder ohne Erstattung der Leistung bereits dann zu gewähren, wenn die Aufhebung offensichtlich rechtswidrig ist oder die Behörde sich anschickt, eine von Gesetzes wegen eintretende aufschiebende Wirkung zu missachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 39 Sofortige Vollziehbarkeit


Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,1.der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsans

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bei uns veröffentlicht am 27.06.2006

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Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2005 aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 3. Mai 2005 vorläufig höheres Arbeitslosengeld II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann H. G. zu gewähren.

Soweit die Leistung die unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann bewilligte Leistung übersteigt, wird die höhere Leistung als Darlehen gewährt.

Die einstweilige Anordnung wird - unter dem Vorbehalt des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit - zeitlich begrenzt bis längstens 31. Dezember 2005.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Gründe

 
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und sachlich begründet.
Den erst- und zweitinstanzlichen Ausführungen der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass es ihr mit dem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgten Begehren ausschließlich darum geht, dass ihr das Arbeitslosengeld (Alg) II (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, vgl. § 19 Satz 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch [SGB II]) vorläufig ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann H. G. gewährt wird. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich kein Anhalt, dass sie sich im einstweiligen Rechtsschutz auch gegen die erstmals im Verfügungssatz 2 des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2005 getroffene und die Bewilligung vom 30. November 2004 abändernde Feststellung, dass ihr vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Alg II lediglich in Höhe von monatlich 561,50 EUR zusteht, wendet und insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) begehrt. Nach § 39 Nr. 1 SGB II hat die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, nämlich keine aufschiebende Wirkung. Da eine isolierte Anfechtungsklage insoweit nur in Betracht kommt, wenn ein Verwaltungsakt in durch Verwaltungsakt zuerkannte Rechtspositionen, auch durch deren Missachtung eingreift, ein solcher Eingriff, nämlich in die frühere Bewilligung, hier aber vorliegt, hat die gegen den Widerspruchsbescheid gerichtete Anfechtungsklage abweichend von § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung. Weil aber diese Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht begehrt wird, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden und hat auch das Sozialgericht nicht entschieden, so dass eine die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage einbeziehende Interessenabwägung unterbleiben kann; es braucht deshalb nicht darauf eingegangen zu werden, welche Bedeutung die im Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides getroffene die Bindungswirkung der Bewilligung vom 30. November 2004 missachtende Feststellung hat, ob diese und die lediglich in den Gründen des Widerspruchsbescheides nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) verfügte Zurücknahme der Bewilligung für die Zeit ab 1. Juni 2005 gegen das Gebot vorheriger Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB X verstoßen und ein solcher Verfahrensfehler noch gemäß § 41 Abs. 2 SGB X geheilt werden könnte, sowie ob die Antragsgegnerin, ggf. noch heilbar, bei der Zurücknahme das hierfür vorausgesetzte Ermessen ausgeübt hat, weil Ausführungen über das Fehlen eines Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X die Ermessensentscheidung nicht ersetzen (Bundessozialgericht [BSG] in BSGE 59, 157, 170; BSG SozR 1300 § 50 Nr. 15; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 8. Juni 1989 - 5 C 68/86 - in ZfS 1989, 377, 380).
Die hier nur in Betracht kommende Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist begründet. Die Antragsgegnerin ist zu verpflichten, der Antragstellerin für die Zeit der nachgewiesenen Rechtshängigkeit der einstweiligen Anordnung, das ist der 3. Mai 2005, vorläufig höheres Alg II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann H. G. zu gewähren; soweit sich hierdurch eine höhere Leistung ergibt, muss sie diese aber nur als Darlehen und zeitlich befristet bis 31. Dezember 2005 erbringen.
Der Erlass der Regelungsanordnung setzt einen von der Eilbedürftigkeit wegen einer existenziellen Notlage abhängenden Anordnungsgrund und einen vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs abhängigen Anordnungsanspruch voraus, welche jeweils glaubhaft zu machen sind. In Fällen, in denen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare und durch das Hauptsacheverfahren nicht zu beseitigende Beeinträchtigungen entstehen können, ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - abgedruckt in Juris). In einem derartigen Fall muss, wenn auf die Erfolgsaussicht abgestellt wird, die Sache nicht nur summarisch, sondern abschließend geprüft werden, insbesondere wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (BVerfG a.a.O. m.w.N.). Dann dürfen auch die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht überspannt und müssen Fragen des Grundrechtsschutzes einbezogen werden (BVerfG a.a.O. m.w.N.). Ist hingegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, muss anhand einer grundrechtliche Belange einbeziehenden Güter- und Folgenabwägung entschieden werden, wobei die Gerichte verpflichtet sind, eine auch nur möglich erscheinende oder zeitweilige Verletzung von Grundrechten wozu wegen des Anspruchs auf Sicherung des Existenzminimums (vgl. BVerwGE 82, 364, 368) die Wahrung der Würde des Menschen (vgl. Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 1 GG) gehört, zu verhindern. Dies schließt nicht aus, dass die Gerichte unter Beachtung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG a.a.O.) oder die Leistungsverpflichtung auf die darlehensweise Bewilligung beschränken, weil dies dem vorläufigen Charakter der einstweiligen Anordnung am ehesten entspricht (vgl. Beschluss des 7. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte).
Der Anordnungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Antragstellerin im Ergebnis weiteres Alg II in Höhe von 292 EUR monatlich begehrt, welches ihr die Antragsgegnerin vorenthalte; ein solcher Betrag des zum Leben und Wohnen Notwendigen begründet angesichts dessen, dass die Antragstellerin über keinerlei Einkommen und Vermögen verfügt, sie vielmehr auf das Alg II angewiesen ist, ohne weiteres die besondere Dringlichkeit. Fehl geht die Ansicht der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung, die Dringlichkeit sei deshalb zu verneinen, weil kein Nachweis über die Stromabschaltung oder über eine Kündigungsandrohung vorgelegt worden sei, also ein aktuelle Wohnungslosigkeit bzw. eine vergleichbare Notlage nicht drohe. Das sind Erwägungen, die im Rahmen von § 34 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) eine Rolle spielen mögen, im Rahmen des Anordnungsgrundes aber unergiebig sind. Die besondere Eilbedürftigkeit ist stets zu bejahen, wenn der Anspruchsteller die ein menschenwürdiges Dasein gewährleistende volle Regelleistung sowie die vollen Kosten der Unterkunft mit wie hier 292 EUR monatlich beansprucht, ohne dass er die Hilfe von anderen erhalten hat oder erhält.
Der zulässige Hauptsacherechtsbehelf ist allerdings weder offensichtlich begründet noch offensichtlich unbegründet. Vielmehr bedarf es zur Klärung der Frage, ob, wie die Antragsgegnerin geltend macht, zwischen der Antragstellerin und ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft besteht, noch einer eingehenden im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht tunlichen Sachaufklärung mit Vernehmung von Zeugen. Derzeit ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bezeichnen. Materiell-rechtlich hängt der im Hauptsacheverfahren erhobene Anspruch davon ab, ob die Antragstellerin in dem von ihr über die Bewilligung hinaus geltend gemachten Umfang Anspruch auf die volle Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts von 345 EUR und auf die gesamten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat, also eine Aufteilung dieser Aufwendungen auf sie und ihren Ehemann nicht hinnehmen muss. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 und 4 SGB II. Zur Hilfebedürftigkeit enthält § 9 SGB II nähere Regelungen. Nach dessen Absatz 1 ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend sind, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345 EUR (§ 20 Abs. 2 SGB II); haben zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung jeweils 90 v. H. der Regelleistung nach Abs. 2 (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II), also 311 EUR. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate. Diesen gesetzlichen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass für die Hilfebedürftigkeit der Alg II beantragenden Personen, die Höhe des Regelsatzes und für die Höhe der Übernahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung entscheidend ist, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet. Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft 1. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und u.a. 3. als Partner der erwerbsfähige Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (Buchstabe a). Der Begriff des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten findet sich seit 30. Juni 1979 in dem die steuerliche Zusammenveranlagung von Ehegatten regelnden § 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dieser Bestimmung entlehnt (vgl. BT-Drs 8/2624 S 30 zu Nr. 46) hat er im Zuge des Fünften Änderungsgesetzes zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 23. Juli 1979 (BGBl. I S. 1189) Eingang in § 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG gefunden und hat dort im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung für die Arbeitslosenhilfe geregelt, dass als Einkommen bei der Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigen ist das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten. Der Gesetzgeber des SGB II geht davon aus, dass, was auch der in § 1360 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) normierten familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung entspricht, die nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten eine Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft bilden; leben die Ehegatten dauernd getrennt und tritt an die Stelle des familienrechtlichen Unterhalts der Ehegattenunterhalt nach § 1361 BGB, ist eine solche Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft nicht mehr vorhanden. Soweit im Einzelnen mit Sinn und Zweck der speziellen Regelungen des SGB II vereinbar, hält der Senat es zur Auslegung des Begriffs des dauernd Getrenntlebens für gerechtfertigt, auf die schon lange bestehende ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zurückzugreifen (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 1996 - III R 90/95 - in BFH/NV 1997, 139 f. m.w.N.). Danach ist ein dauerndes Getrenntleben dann gegeben, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben worden ist, wobei dieser Beurteilung in erster Linie äußerlich erkennbare Umstände zugrunde zu legen sind und dem räumlichen Zusammenleben der Ehegatten besondere Bedeutung zukommt; leben Ehegatten zwar für nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt und halten sie die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, so kann dies - ggf. zusammen mit anderen Umständen - dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist. Lebensgemeinschaft bedeutet insoweit die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, während unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen ist (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 1985 - VI R 100/83 - in BFH/NV 1987, 431 ff.). Bei einem unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung zu bejahenden dauernden Getrenntleben wird regelmäßig auch mindestens einem Ehegatten der Wille zur Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlen, was das - BVerwG in seiner Rechtsprechung zum Getrenntleben im Sinn von § 28 des bis 31. Dezember 2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gefordert hatte (BVerwGE 97, 344, 348).
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Beschluss aufgrund von überwiegend und zum Teil weit vor Beginn der streitbefangenen Zeit ab 1. Januar 2005 zu Tage getretenen Hinweistatsachen und Umständen auf ein dauerndes Getrenntleben während der umstrittenen Zeit geschlossen. Für die Beurteilung sind indes ganz und vor allem entscheidend die aktuellen Verhältnisse im streitbefangenen Zeitraum ab 1. Januar 2005. Für diese Zeit muss aufgeklärt werden, ob eine auf Dauer herbeigeführte räumliche Trennung mit getrennt geführten Haushalten als gewichtiger für ein dauerndes Getrenntleben sprechender Umstand vorlag und nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht mehr bestand. Insoweit bedarf es näherer Ermittlungen, ob die Eheleute räumlich getrennt und in getrennten Haushalten gewohnt haben. Nach dem vorgelegten Mietvertrag hat der Ehemann seit 28. Mai 2004 im H. Weg 4 A in S. ein Zimmer ohne Küche/Kochnische und mit Badbenutzung sowie einer Wohnfläche von nur 20 qm gemietet. Insoweit muss z.B. durch Vorlage von Plänen, Vernehmung des Ehemannes der Antragstellerin, ggf. auch des Vermieters aufgeklärt werden, ob und inwieweit dieses Zimmer dem Ehemann eine räumliche Trennung mit einem getrennt geführten Haushalt verschaffen konnte sowie ob und wie häufig er diese Wohnung genutzt hat. Darüber hinaus muss, in erster Linie durch Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung des Ehemannes, geklärt werden, ob und inwiefern die Eheleute noch z.B. durch gemeinsame Einkäufe gemeinsam wirtschaften, ob sie steuerlich zusammen veranlagt werden, welche Angelegenheiten sonst gemeinsam besprochen oder finanziert werden, was gemeinsam unternommen wird, wie häufig und bei welchen Gelegenheiten sich die Eheleute sehen oder sonst kontaktieren. Von Interesse dürfte auch sein, ob außergerichtlich oder gerichtlich Unterhaltsansprüche angemeldet worden sind oder ein Scheidungsverfahren eingeleitet wurde bzw. weshalb davon Abstand genommen worden ist. Dabei wird die Antragstellerin ein besonderes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts haben. Da sie sich darauf beruft und Rechte daraus herleitet, dauernd getrennt zu leben, bei Ehegatten das Nichtgetrenntleben aber gesetzlich vermutet wird, wie sich aus den §§ 1360, 1361 BGB, aber auch der Ausformung des § 1567 Abs. 1 BGB ergibt, neigt der Senat zur Auffassung, dass die Antragstellerin die Feststellungslast dafür trägt, dass ein dauerndes Getrenntleben nicht festgestellt werden kann. Dass nach der zum BSHG und SGB II ergangenen Rechtsprechung (vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, vom 2. Januar 2002 - 2 M 104/01 - und Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Oktober 2002 - 4 BS 347/02 - jeweils abgedruckt in Juris, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. April 2005 - L 2 B 9/05 AS ER, abgedruckt in Juris) die Behörde für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft die objektive Feststellungslast jedenfalls dann trägt, wenn Vermögen oder Einkommen des Partners dieser eheähnlichen Gemeinschaft angerechnet werden soll, dürfte daran nichts ändern; insoweit besteht anders als bei Verheirateten keine Vermutung für das Bestehen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft.
Die wegen des offen Verfahrensausgangs vorzunehmende Güter- und Folgenabwägung fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus. Abzuwägen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Hauptsacherechtsbehelf aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Hauptsacherechtsbehelf aber erfolglos bliebe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 2005 - 1 BvR 276/05 - NJW 2005, 1418 f.). Würde eine einstweilige Anordnung nicht erlassen, hätte jedoch die Klage der Antragstellerin Erfolg, würden der Antragstellerin von der das „soziokulturelle“ Existenzminimum darstellenden Regelleistung monatlich 34 EUR und von den von der Antragstellerin getragenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung 258 EUR monatlich vorenthalten. Nicht nur die Regelleistung, sondern auch und gerade die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung sollen dem Hilfebedürftigen ein menschenwürdiges Dasein sichern und werden vom Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot sowie von Art. 2 Abs. 2 GG erfasst. Angesichts dessen, dass der Antragstellerin monatlich 292 EUR des zum Leben und Wohnen Notwendigen vorenthalten werden, kann auch keine Rede davon sein, dass ihr eine Verletzung von Rechten lediglich in einem Randbereich droht. Vielmehr handelt es sich um eine in erheblichem Umfang drohende Verletzung grundgesetzlich geschützter Gewährleistungen, die es zu verhindern gilt. Würde die einstweilige Anordnung hingegen erlassen, bliebe die Klage der Antragstellerin aber erfolglos, hätte diese zwar Leistungen erhalten, die ihr nicht zustehen, die sie aber, zumal weil nur darlehensweise gewährt, wieder zurückzahlen muss. Diese Folgen fallen gegenüber den zuerst genannten Nachteilen weniger ins Gewicht. Dass Wohnraumfläche (68,02 qm) und Kosten (516 EUR) der Wohnung im E. Weg 34 B möglicherweise unangemessen sind, wenn sich herausstellt, dass die Antragstellerin dauernd getrennt lebt, ist derzeit ohne Bedeutung. Die Antragsgegnerin hat bislang in den von ihr erlassenen Bescheiden nicht geregelt, dass sie Wohnraumfläche und Kosten der Wohnung für unangemessen erachte und nur noch die Aufwendungen in angemessenem Umfang übernehme.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die darlehensweisen weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung ab 3. Mai 2005, dem nachgewiesenen Eingang des Antrags auf einstweilige Anordnung beim Sozialgericht zu übernehmen, weil im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Hilfe nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu bewilligen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juli 2005 - L 13 AS 2281/05 ER-B und Beschluss des 7. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B); ein Nachholbedarf ist weder behauptet noch glaubhaft gemacht.
10 
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
11 
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2005 aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 3. Mai 2005 vorläufig höheres Arbeitslosengeld II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann H. G. zu gewähren.

Soweit die Leistung die unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann bewilligte Leistung übersteigt, wird die höhere Leistung als Darlehen gewährt.

Die einstweilige Anordnung wird - unter dem Vorbehalt des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit - zeitlich begrenzt bis längstens 31. Dezember 2005.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Gründe

 
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und sachlich begründet.
Den erst- und zweitinstanzlichen Ausführungen der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass es ihr mit dem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgten Begehren ausschließlich darum geht, dass ihr das Arbeitslosengeld (Alg) II (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, vgl. § 19 Satz 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch [SGB II]) vorläufig ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann H. G. gewährt wird. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich kein Anhalt, dass sie sich im einstweiligen Rechtsschutz auch gegen die erstmals im Verfügungssatz 2 des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2005 getroffene und die Bewilligung vom 30. November 2004 abändernde Feststellung, dass ihr vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Alg II lediglich in Höhe von monatlich 561,50 EUR zusteht, wendet und insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) begehrt. Nach § 39 Nr. 1 SGB II hat die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, nämlich keine aufschiebende Wirkung. Da eine isolierte Anfechtungsklage insoweit nur in Betracht kommt, wenn ein Verwaltungsakt in durch Verwaltungsakt zuerkannte Rechtspositionen, auch durch deren Missachtung eingreift, ein solcher Eingriff, nämlich in die frühere Bewilligung, hier aber vorliegt, hat die gegen den Widerspruchsbescheid gerichtete Anfechtungsklage abweichend von § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung. Weil aber diese Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht begehrt wird, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden und hat auch das Sozialgericht nicht entschieden, so dass eine die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage einbeziehende Interessenabwägung unterbleiben kann; es braucht deshalb nicht darauf eingegangen zu werden, welche Bedeutung die im Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides getroffene die Bindungswirkung der Bewilligung vom 30. November 2004 missachtende Feststellung hat, ob diese und die lediglich in den Gründen des Widerspruchsbescheides nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) verfügte Zurücknahme der Bewilligung für die Zeit ab 1. Juni 2005 gegen das Gebot vorheriger Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB X verstoßen und ein solcher Verfahrensfehler noch gemäß § 41 Abs. 2 SGB X geheilt werden könnte, sowie ob die Antragsgegnerin, ggf. noch heilbar, bei der Zurücknahme das hierfür vorausgesetzte Ermessen ausgeübt hat, weil Ausführungen über das Fehlen eines Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X die Ermessensentscheidung nicht ersetzen (Bundessozialgericht [BSG] in BSGE 59, 157, 170; BSG SozR 1300 § 50 Nr. 15; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 8. Juni 1989 - 5 C 68/86 - in ZfS 1989, 377, 380).
Die hier nur in Betracht kommende Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist begründet. Die Antragsgegnerin ist zu verpflichten, der Antragstellerin für die Zeit der nachgewiesenen Rechtshängigkeit der einstweiligen Anordnung, das ist der 3. Mai 2005, vorläufig höheres Alg II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann H. G. zu gewähren; soweit sich hierdurch eine höhere Leistung ergibt, muss sie diese aber nur als Darlehen und zeitlich befristet bis 31. Dezember 2005 erbringen.
Der Erlass der Regelungsanordnung setzt einen von der Eilbedürftigkeit wegen einer existenziellen Notlage abhängenden Anordnungsgrund und einen vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs abhängigen Anordnungsanspruch voraus, welche jeweils glaubhaft zu machen sind. In Fällen, in denen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare und durch das Hauptsacheverfahren nicht zu beseitigende Beeinträchtigungen entstehen können, ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - abgedruckt in Juris). In einem derartigen Fall muss, wenn auf die Erfolgsaussicht abgestellt wird, die Sache nicht nur summarisch, sondern abschließend geprüft werden, insbesondere wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (BVerfG a.a.O. m.w.N.). Dann dürfen auch die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht überspannt und müssen Fragen des Grundrechtsschutzes einbezogen werden (BVerfG a.a.O. m.w.N.). Ist hingegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, muss anhand einer grundrechtliche Belange einbeziehenden Güter- und Folgenabwägung entschieden werden, wobei die Gerichte verpflichtet sind, eine auch nur möglich erscheinende oder zeitweilige Verletzung von Grundrechten wozu wegen des Anspruchs auf Sicherung des Existenzminimums (vgl. BVerwGE 82, 364, 368) die Wahrung der Würde des Menschen (vgl. Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 1 GG) gehört, zu verhindern. Dies schließt nicht aus, dass die Gerichte unter Beachtung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG a.a.O.) oder die Leistungsverpflichtung auf die darlehensweise Bewilligung beschränken, weil dies dem vorläufigen Charakter der einstweiligen Anordnung am ehesten entspricht (vgl. Beschluss des 7. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte).
Der Anordnungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Antragstellerin im Ergebnis weiteres Alg II in Höhe von 292 EUR monatlich begehrt, welches ihr die Antragsgegnerin vorenthalte; ein solcher Betrag des zum Leben und Wohnen Notwendigen begründet angesichts dessen, dass die Antragstellerin über keinerlei Einkommen und Vermögen verfügt, sie vielmehr auf das Alg II angewiesen ist, ohne weiteres die besondere Dringlichkeit. Fehl geht die Ansicht der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung, die Dringlichkeit sei deshalb zu verneinen, weil kein Nachweis über die Stromabschaltung oder über eine Kündigungsandrohung vorgelegt worden sei, also ein aktuelle Wohnungslosigkeit bzw. eine vergleichbare Notlage nicht drohe. Das sind Erwägungen, die im Rahmen von § 34 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) eine Rolle spielen mögen, im Rahmen des Anordnungsgrundes aber unergiebig sind. Die besondere Eilbedürftigkeit ist stets zu bejahen, wenn der Anspruchsteller die ein menschenwürdiges Dasein gewährleistende volle Regelleistung sowie die vollen Kosten der Unterkunft mit wie hier 292 EUR monatlich beansprucht, ohne dass er die Hilfe von anderen erhalten hat oder erhält.
Der zulässige Hauptsacherechtsbehelf ist allerdings weder offensichtlich begründet noch offensichtlich unbegründet. Vielmehr bedarf es zur Klärung der Frage, ob, wie die Antragsgegnerin geltend macht, zwischen der Antragstellerin und ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft besteht, noch einer eingehenden im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht tunlichen Sachaufklärung mit Vernehmung von Zeugen. Derzeit ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bezeichnen. Materiell-rechtlich hängt der im Hauptsacheverfahren erhobene Anspruch davon ab, ob die Antragstellerin in dem von ihr über die Bewilligung hinaus geltend gemachten Umfang Anspruch auf die volle Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts von 345 EUR und auf die gesamten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat, also eine Aufteilung dieser Aufwendungen auf sie und ihren Ehemann nicht hinnehmen muss. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 und 4 SGB II. Zur Hilfebedürftigkeit enthält § 9 SGB II nähere Regelungen. Nach dessen Absatz 1 ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend sind, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345 EUR (§ 20 Abs. 2 SGB II); haben zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung jeweils 90 v. H. der Regelleistung nach Abs. 2 (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II), also 311 EUR. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate. Diesen gesetzlichen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass für die Hilfebedürftigkeit der Alg II beantragenden Personen, die Höhe des Regelsatzes und für die Höhe der Übernahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung entscheidend ist, ob sie mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet. Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft 1. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und u.a. 3. als Partner der erwerbsfähige Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (Buchstabe a). Der Begriff des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten findet sich seit 30. Juni 1979 in dem die steuerliche Zusammenveranlagung von Ehegatten regelnden § 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dieser Bestimmung entlehnt (vgl. BT-Drs 8/2624 S 30 zu Nr. 46) hat er im Zuge des Fünften Änderungsgesetzes zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 23. Juli 1979 (BGBl. I S. 1189) Eingang in § 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG gefunden und hat dort im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung für die Arbeitslosenhilfe geregelt, dass als Einkommen bei der Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigen ist das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten. Der Gesetzgeber des SGB II geht davon aus, dass, was auch der in § 1360 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) normierten familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung entspricht, die nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten eine Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft bilden; leben die Ehegatten dauernd getrennt und tritt an die Stelle des familienrechtlichen Unterhalts der Ehegattenunterhalt nach § 1361 BGB, ist eine solche Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft nicht mehr vorhanden. Soweit im Einzelnen mit Sinn und Zweck der speziellen Regelungen des SGB II vereinbar, hält der Senat es zur Auslegung des Begriffs des dauernd Getrenntlebens für gerechtfertigt, auf die schon lange bestehende ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zurückzugreifen (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 1996 - III R 90/95 - in BFH/NV 1997, 139 f. m.w.N.). Danach ist ein dauerndes Getrenntleben dann gegeben, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben worden ist, wobei dieser Beurteilung in erster Linie äußerlich erkennbare Umstände zugrunde zu legen sind und dem räumlichen Zusammenleben der Ehegatten besondere Bedeutung zukommt; leben Ehegatten zwar für nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt und halten sie die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, so kann dies - ggf. zusammen mit anderen Umständen - dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist. Lebensgemeinschaft bedeutet insoweit die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, während unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen ist (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 1985 - VI R 100/83 - in BFH/NV 1987, 431 ff.). Bei einem unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung zu bejahenden dauernden Getrenntleben wird regelmäßig auch mindestens einem Ehegatten der Wille zur Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlen, was das - BVerwG in seiner Rechtsprechung zum Getrenntleben im Sinn von § 28 des bis 31. Dezember 2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gefordert hatte (BVerwGE 97, 344, 348).
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Beschluss aufgrund von überwiegend und zum Teil weit vor Beginn der streitbefangenen Zeit ab 1. Januar 2005 zu Tage getretenen Hinweistatsachen und Umständen auf ein dauerndes Getrenntleben während der umstrittenen Zeit geschlossen. Für die Beurteilung sind indes ganz und vor allem entscheidend die aktuellen Verhältnisse im streitbefangenen Zeitraum ab 1. Januar 2005. Für diese Zeit muss aufgeklärt werden, ob eine auf Dauer herbeigeführte räumliche Trennung mit getrennt geführten Haushalten als gewichtiger für ein dauerndes Getrenntleben sprechender Umstand vorlag und nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht mehr bestand. Insoweit bedarf es näherer Ermittlungen, ob die Eheleute räumlich getrennt und in getrennten Haushalten gewohnt haben. Nach dem vorgelegten Mietvertrag hat der Ehemann seit 28. Mai 2004 im H. Weg 4 A in S. ein Zimmer ohne Küche/Kochnische und mit Badbenutzung sowie einer Wohnfläche von nur 20 qm gemietet. Insoweit muss z.B. durch Vorlage von Plänen, Vernehmung des Ehemannes der Antragstellerin, ggf. auch des Vermieters aufgeklärt werden, ob und inwieweit dieses Zimmer dem Ehemann eine räumliche Trennung mit einem getrennt geführten Haushalt verschaffen konnte sowie ob und wie häufig er diese Wohnung genutzt hat. Darüber hinaus muss, in erster Linie durch Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung des Ehemannes, geklärt werden, ob und inwiefern die Eheleute noch z.B. durch gemeinsame Einkäufe gemeinsam wirtschaften, ob sie steuerlich zusammen veranlagt werden, welche Angelegenheiten sonst gemeinsam besprochen oder finanziert werden, was gemeinsam unternommen wird, wie häufig und bei welchen Gelegenheiten sich die Eheleute sehen oder sonst kontaktieren. Von Interesse dürfte auch sein, ob außergerichtlich oder gerichtlich Unterhaltsansprüche angemeldet worden sind oder ein Scheidungsverfahren eingeleitet wurde bzw. weshalb davon Abstand genommen worden ist. Dabei wird die Antragstellerin ein besonderes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts haben. Da sie sich darauf beruft und Rechte daraus herleitet, dauernd getrennt zu leben, bei Ehegatten das Nichtgetrenntleben aber gesetzlich vermutet wird, wie sich aus den §§ 1360, 1361 BGB, aber auch der Ausformung des § 1567 Abs. 1 BGB ergibt, neigt der Senat zur Auffassung, dass die Antragstellerin die Feststellungslast dafür trägt, dass ein dauerndes Getrenntleben nicht festgestellt werden kann. Dass nach der zum BSHG und SGB II ergangenen Rechtsprechung (vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, vom 2. Januar 2002 - 2 M 104/01 - und Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Oktober 2002 - 4 BS 347/02 - jeweils abgedruckt in Juris, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. April 2005 - L 2 B 9/05 AS ER, abgedruckt in Juris) die Behörde für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft die objektive Feststellungslast jedenfalls dann trägt, wenn Vermögen oder Einkommen des Partners dieser eheähnlichen Gemeinschaft angerechnet werden soll, dürfte daran nichts ändern; insoweit besteht anders als bei Verheirateten keine Vermutung für das Bestehen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft.
Die wegen des offen Verfahrensausgangs vorzunehmende Güter- und Folgenabwägung fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus. Abzuwägen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Hauptsacherechtsbehelf aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Hauptsacherechtsbehelf aber erfolglos bliebe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 2005 - 1 BvR 276/05 - NJW 2005, 1418 f.). Würde eine einstweilige Anordnung nicht erlassen, hätte jedoch die Klage der Antragstellerin Erfolg, würden der Antragstellerin von der das „soziokulturelle“ Existenzminimum darstellenden Regelleistung monatlich 34 EUR und von den von der Antragstellerin getragenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung 258 EUR monatlich vorenthalten. Nicht nur die Regelleistung, sondern auch und gerade die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung sollen dem Hilfebedürftigen ein menschenwürdiges Dasein sichern und werden vom Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot sowie von Art. 2 Abs. 2 GG erfasst. Angesichts dessen, dass der Antragstellerin monatlich 292 EUR des zum Leben und Wohnen Notwendigen vorenthalten werden, kann auch keine Rede davon sein, dass ihr eine Verletzung von Rechten lediglich in einem Randbereich droht. Vielmehr handelt es sich um eine in erheblichem Umfang drohende Verletzung grundgesetzlich geschützter Gewährleistungen, die es zu verhindern gilt. Würde die einstweilige Anordnung hingegen erlassen, bliebe die Klage der Antragstellerin aber erfolglos, hätte diese zwar Leistungen erhalten, die ihr nicht zustehen, die sie aber, zumal weil nur darlehensweise gewährt, wieder zurückzahlen muss. Diese Folgen fallen gegenüber den zuerst genannten Nachteilen weniger ins Gewicht. Dass Wohnraumfläche (68,02 qm) und Kosten (516 EUR) der Wohnung im E. Weg 34 B möglicherweise unangemessen sind, wenn sich herausstellt, dass die Antragstellerin dauernd getrennt lebt, ist derzeit ohne Bedeutung. Die Antragsgegnerin hat bislang in den von ihr erlassenen Bescheiden nicht geregelt, dass sie Wohnraumfläche und Kosten der Wohnung für unangemessen erachte und nur noch die Aufwendungen in angemessenem Umfang übernehme.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die darlehensweisen weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung ab 3. Mai 2005, dem nachgewiesenen Eingang des Antrags auf einstweilige Anordnung beim Sozialgericht zu übernehmen, weil im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Hilfe nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu bewilligen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juli 2005 - L 13 AS 2281/05 ER-B und Beschluss des 7. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B); ein Nachholbedarf ist weder behauptet noch glaubhaft gemacht.
10 
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
11 
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.