Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2015 - L 11 R 3871/14

bei uns veröffentlicht am20.10.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.08.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger macht einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung geltend.
Der 1956 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger. Er erlernte keinen Beruf und war sowohl in Italien als auch in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wurden in Deutschland zuletzt bis 31.12.2010 entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden. Seit 01.01.2011 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II. Der Kläger ist seit 25.07.2005 als schwer behinderter Mensch anerkannt, derzeit besteht ein Grad der Behinderung von 50. Einen am 18.01.2006 gestellten Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2006 und Widerspruchsbescheid vom 26.09.2007 ab; Rechtsbehelfe hiergegen wurden nicht eingelegt.
Den streitgegenständlichen Rentenantrag stellte der Kläger am 06.06.2012. Den Antrag begründete er mit Depressionen, Schmerzen in allen Gelenken, Beckenschiefstand, Magengeschwüren, Darmentzündung, Gastritis, Hüftgelenksbeschwerden und Problemen mit der Prostata. Außerdem wies der darauf hin, dass er nachts 10 mal zum Wasserlassen aufstehen müsse. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 27.07.2012 ab.
Am 28.07.2012 legte der Kläger Widerspruch ein, den er mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.12.2012 begründete. Er machte geltend, er leide an erheblichen Schlafstörungen. Dies liege an einem Schlafapnoesyndrom und an einer zu kleinen Blase. Wegen seiner Blase müsse er nachts häufig die Toilette aufsuchen. Weiterhin bestehe eine Darmerkrankung, weshalb er sechs bis sieben Stuhlgänge pro Tag habe. Als Beleg für seine Angaben reichte er mehrere Arztbriefe seiner behandelnden Ärzte zu den Akten. Die Beklagte holte das Gutachten des Internisten Dr. B. vom 27.02.2013 ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger - ohne betriebsunübliche Pausen zu benötigen - noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Stehen und Gehen und ohne längere Gehstrecken 6 Stunden und mehr ausüben könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 22.04.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, das von der Beklagten eingeholte Gutachten werde seinen Gesundheitsstörungen nicht gerecht. Der Gutachter setze sich nicht mit der Frage auseinander, dass eine Toilette jederzeit erreichbar sein müsse und damit Tätigkeiten nur unter marktunüblichen Bedingungen möglich seien. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.08.2014, dem Kläger zugestellt am 20.08.2014, abgewiesen.
Am 10.09.2014 hat der Kläger Berufung eingelegt und diese am 24.02.2015 begründet. Er trägt vor, bei ihm bestünden erhebliche urologische Probleme in Form einer Pollakisurie (häufige Blasenentleerungen bei kleinen Harnmengen) und einer Nykturie (nächtlicher Harndrang). Der behandelnde Urologe habe bestätigt, dass selbst die Verrichtung einer körperlich leichten Berufstätigkeit nicht mehr möglich sei. Die Blasenkapazität betrage maximal 100 ml und die Miktionsmenge maximal 50 bis 60 ml. Dies bedeute, dass er jederzeit die Toilette erreichen können müsse.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.08.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung ab 01.06.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
12 
Der Senat hat ein fachurologisches Gutachten eingeholt. Der Sachverständige Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 25.06.2015 ausgeführt, die vorliegende Gesundheitsstörung bestehe im Wesentlichen in einer gutartigen Geschwulst der Prostata (Prostataadenom). Die Vergrößerung der Prostata führe zu erheblichen Störungen des Wasserlassens mit sehr häufiger Miktion bei kleiner Blasenkapazität. Die berufliche Beeinträchtigung bestehe in einer zwanghaften Unterbrechung der Tätigkeit durch einen Toilettengang alle halbe bis eine Stunde. In der Nacht sei die Folge Schlafmangel. Der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Voraussetzung sei die Verfügbarkeit einer Toilette.
13 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

14 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
15 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
16 
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Klage- und Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Voraussetzung ist lediglich die Verfügbarkeit einer Toilette. Nicht mehr zumutbar sind dem Kläger Arbeiten, die hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellen.
17 
Der Schwerpunkt der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen liegt auf urologischem Fachgebiet. Dies ergibt sich aus den Auskünften der behandelnden Ärzte und dem eigenen Vorbringen des Klägers im Widerspruchs- , Klage- und Berufungsverfahren. Der Urologe Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 30.09.2013 dem SG mitgeteilt, bei einer Blasenkapazität von 100 ml und einer Miktionsmenge von 50 bis 60 ml sei eine Berufstätigkeit von sechs Stunden täglich nicht möglich. Diese Einschätzung teilt der Senat nicht; sie wurde durch das vom Senat eingeholte Gutachten des Urologen Dr. R. widerlegt.
18 
Beim Kläger besteht ein Prostataadenom, in deren Folge sich die Prostata vergrößert hat und den Harnabfluss behindert. Eine weitere Folge dieser Gesundheitsstörung ist eine überaktive Harnblase. Außerdem leidet der Kläger an einer Prostatitis (Entzündung der Prostata). Dies entnimmt der Senat dem fachurologischen Gutachten des Dr. R.. Die Vergrößerung der Prostata führt beim Kläger zu erheblichen Störungen des Wasserlassens mit sehr häufiger Miktion bei kleiner Blasenkapazität. Der zwanghafte (imperative) Harndrang beeinträchtigt die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers insofern, als der Kläger eine Tätigkeit alle halbe bis eine Stunde durch einen Toilettengang unterbrechen muss. Auch dies ergibt sich für den Senat schlüssig aus dem Gutachten des Dr. R.. Der Sachverständige hat ferner nachvollziehbar dargelegt, dass der häufige Gang zur Toilette auch zu Schlafmangel führt, weshalb die Konzentrationsfähigkeit des Klägers beeinträchtigt ist. Demzufolge sind Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellen, nicht mehr zumutbar. Weitere Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit ergeben sich dadurch nicht. Insbesondere besteht keine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Dies hat der gerichtliche Sachverständige, auf den sich der Senat stützt, deutlich gemacht, indem er ausführt, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sind. Voraussetzung ist lediglich, dass eine Toilette verfügbar ist.
19 
Weitere Gesundheitsstörungen, die zu einer nicht unerheblichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führen, liegen beim Kläger nicht vor. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid an (§ 153 Abs. 2 SGG).
20 
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind. Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann (BSG 23.05.2006, B 13 RJ 38/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 9 = NZS 2007, 265).
21 
Die Notwendigkeit, aufgrund des imperativen Harndrangs häufig, dh im konkreten Fall alle halbe bis eine Stunde eine Toilette aufsuchen zu müssen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Versicherte nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann (keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts; vgl Urteil des Senats vom 26.10.2010, L 11 R 5203/09, juris). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (zB für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen (LSG Sachsen-Anhalt 26.02.2015, L 1 R 55/14, juris mwN). Aufgrund dieser Verteilzeiten ist es dem Kläger nach Auffassung des Senats möglich, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit pro Arbeitstag zu verrichten. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen werden bei körperlich leichten Arbeiten nicht verlangt. Daher versperrt der Ausschluss solcher Arbeiten dem Kläger nicht den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für körperlich leichte Tätigkeiten. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den vom Senat und der Beklagten eingeholten Gutachten hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit ergeben.
22 
Dem Kläger steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die – wie der Kläger - vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu, einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf zu nehmen.
23 
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige“ Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. Da dies im Fall des Klägers eine ungelernte Tätigkeit ist, kann er auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann er – wie dargelegt – noch ausüben. Der Kläger ist somit auch nicht berufsunfähig.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
25 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

14 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
15 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
16 
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Klage- und Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Voraussetzung ist lediglich die Verfügbarkeit einer Toilette. Nicht mehr zumutbar sind dem Kläger Arbeiten, die hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellen.
17 
Der Schwerpunkt der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen liegt auf urologischem Fachgebiet. Dies ergibt sich aus den Auskünften der behandelnden Ärzte und dem eigenen Vorbringen des Klägers im Widerspruchs- , Klage- und Berufungsverfahren. Der Urologe Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 30.09.2013 dem SG mitgeteilt, bei einer Blasenkapazität von 100 ml und einer Miktionsmenge von 50 bis 60 ml sei eine Berufstätigkeit von sechs Stunden täglich nicht möglich. Diese Einschätzung teilt der Senat nicht; sie wurde durch das vom Senat eingeholte Gutachten des Urologen Dr. R. widerlegt.
18 
Beim Kläger besteht ein Prostataadenom, in deren Folge sich die Prostata vergrößert hat und den Harnabfluss behindert. Eine weitere Folge dieser Gesundheitsstörung ist eine überaktive Harnblase. Außerdem leidet der Kläger an einer Prostatitis (Entzündung der Prostata). Dies entnimmt der Senat dem fachurologischen Gutachten des Dr. R.. Die Vergrößerung der Prostata führt beim Kläger zu erheblichen Störungen des Wasserlassens mit sehr häufiger Miktion bei kleiner Blasenkapazität. Der zwanghafte (imperative) Harndrang beeinträchtigt die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers insofern, als der Kläger eine Tätigkeit alle halbe bis eine Stunde durch einen Toilettengang unterbrechen muss. Auch dies ergibt sich für den Senat schlüssig aus dem Gutachten des Dr. R.. Der Sachverständige hat ferner nachvollziehbar dargelegt, dass der häufige Gang zur Toilette auch zu Schlafmangel führt, weshalb die Konzentrationsfähigkeit des Klägers beeinträchtigt ist. Demzufolge sind Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellen, nicht mehr zumutbar. Weitere Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit ergeben sich dadurch nicht. Insbesondere besteht keine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Dies hat der gerichtliche Sachverständige, auf den sich der Senat stützt, deutlich gemacht, indem er ausführt, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sind. Voraussetzung ist lediglich, dass eine Toilette verfügbar ist.
19 
Weitere Gesundheitsstörungen, die zu einer nicht unerheblichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führen, liegen beim Kläger nicht vor. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid an (§ 153 Abs. 2 SGG).
20 
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind. Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann (BSG 23.05.2006, B 13 RJ 38/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 9 = NZS 2007, 265).
21 
Die Notwendigkeit, aufgrund des imperativen Harndrangs häufig, dh im konkreten Fall alle halbe bis eine Stunde eine Toilette aufsuchen zu müssen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Versicherte nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann (keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts; vgl Urteil des Senats vom 26.10.2010, L 11 R 5203/09, juris). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (zB für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen (LSG Sachsen-Anhalt 26.02.2015, L 1 R 55/14, juris mwN). Aufgrund dieser Verteilzeiten ist es dem Kläger nach Auffassung des Senats möglich, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit pro Arbeitstag zu verrichten. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen werden bei körperlich leichten Arbeiten nicht verlangt. Daher versperrt der Ausschluss solcher Arbeiten dem Kläger nicht den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für körperlich leichte Tätigkeiten. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den vom Senat und der Beklagten eingeholten Gutachten hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit ergeben.
22 
Dem Kläger steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die – wie der Kläger - vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu, einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf zu nehmen.
23 
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige“ Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. Da dies im Fall des Klägers eine ungelernte Tätigkeit ist, kann er auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann er – wie dargelegt – noch ausüben. Der Kläger ist somit auch nicht berufsunfähig.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
25 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2015 - L 11 R 3871/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2015 - L 11 R 3871/14

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2015 - L 11 R 3871/14 zitiert 11 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 240 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und2. berufsunfähigsind. (2) Berufsunfähig

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 3 Sonstige Versicherte


Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,1.für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),1a.in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf re

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2015 - L 11 R 3871/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Okt. 2015 - L 11 R 3871/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 26. Feb. 2015 - L 1 R 55/14

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch..

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Okt. 2010 - L 11 R 5203/09

bei uns veröffentlicht am 26.10.2010

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Streitig ist die Gewährung von Ren

Referenzen

Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,

1.
für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),
1a.
in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflege-Pflichtversicherung hat,
2.
in der sie aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst leisten,
2a.
in der sie sich in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes befinden, wenn sich der Einsatzunfall während einer Zeit ereignet hat, in der sie nach Nummer 2 versicherungspflichtig waren; sind zwischen dem Einsatzunfall und der Einstellung in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art nicht mehr als sechs Wochen vergangen, gilt das Wehrdienstverhältnis besonderer Art als mit dem Tag nach Ende einer Versicherungspflicht nach Nummer 2 begonnen,
2b.
in der sie als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen, es sei denn, sie sind für die Zeiten als Soldaten auf Zeit nach § 186 nachversichert worden,
3.
für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder von der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung Pflegeunterstützungsgeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
3a.
für die sie von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit das Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn dieser Zahlung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
4.
für die sie Vorruhestandsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren.
Pflegepersonen, die für ihre Tätigkeit von dem oder den Pflegebedürftigen ein Arbeitsentgelt erhalten, das das dem Umfang der jeweiligen Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld im Sinne des § 37 des Elften Buches nicht übersteigt, gelten als nicht erwerbsmäßig tätig; sie sind insoweit nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig. Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, sind nicht nach Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig. Wehrdienstleistende oder Zivildienstleistende, die für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weitererhalten oder Leistungen an Selbständige nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, sind nicht nach Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig; die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit gilt in diesen Fällen als nicht unterbrochen. Trifft eine Versicherungspflicht nach Satz 1 Nr. 3 im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit einer Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind. Die Versicherungspflicht nach Satz 1 Nummer 2b bis 4 erstreckt sich auch auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 in Italien geborene Kläger erlernte keinen Beruf und hält sich seit 1978 ständig in der Bundesrepublik Deutschland auf. Wegen eines Arbeitsunfalls am 9. Oktober 1985 erhält der Kläger von der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. wegen einer chronischen Synovitis nach Innenmeniskusentfernung des rechten Kniegelenkes mit Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und einer leichten Muskelminderung am rechten Bein. Der Kläger war in unterschiedlichen Beschäftigungen tätig, überwiegend in der Gastronomie als Pizzabäcker und Bedienung und zuletzt bis 14. September 2003 in der Pizzeria seiner Ehefrau. Im Anschluss bezog der Kläger Arbeitslosengeld bis 11. August 2005 und ist seither bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet.
Am 8. November 2005 beantragte der Kläger für die Zeit ab 1. Dezember 2005 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, seit ca fünf Jahren wegen Kniebeschwerden, Asthma bronchiale, Diabetes, Pankreatitis und Panikattacken nur noch drei Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten zu können.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte das internistische und sozialmedizinische Gutachten des Dr. C. vom 9. Februar 2006 ein. Dieser diagnostizierte beim Kläger eine chronische obstruktive Lungenerkrankung, zur Zeit unter Behandlung kompensiert, einen gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II b ohne Sekundärkomplikationen, eine chronische Pankreatitis, zur Zeit unter Therapie weitgehend erscheinungsfrei, eine inkomplette Peronäus-Lähmung rechts ohne wesentliche Gangbehinderung und eine Prostatahyperplasie. Der Kläger sei gesundheitlich in der Lage, eine körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Vermieden werden sollten Arbeiten mit inhalativen Belastungen. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 15. März 2006 ab, weil der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei.
Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte noch den ärztlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. N. vom 26. Juni 2006 ein. Dieser teilte mit, beim Kläger bestünden eine Belastungsdyspnoe, abdominelle Beschwerden und Kniebeschwerden bei Belastung. Da Beratungsarzt Dr. M. keine Befundverschlimmerung und keinen neuen medizinischen Sachverhalt feststellen konnte (Stellungnahme vom 21. Juli 2006), wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2006 zurück. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass der Kläger gesundheitlich noch in der Lage sei, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Damit habe der Kläger noch Zugang zum Arbeitsmarkt und sei nicht erwerbsgemindert.
Mit der am 10. August 2006 beim Sozialgericht Freiburg (SG) dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Summe der vorhandenen Beeinträchtigungen (Pankreatitis, Asthma-Problematik, Einschränkungen im orthopädischen Bereich und Panikattacken) führe zu Erwerbsunfähigkeit.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. N. hat mitgeteilt (Auskunft vom 22. Januar 2007), durch die auftretenden Beschwerden (rezidivierende starke Leibschmerzen, Blähungen und Stuhlanomalitäten, rezidivierende Atemverschlechterungen, Zuckerschwankungen und Phasen labiler psychischer Befindlichkeit) sei der Kläger vermindert leistungsfähig. Mit gewisser Vorsicht könne er maximal sechs Stunden täglich eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. hat den Kläger zuletzt am 14. Februar 2005 gesehen (Auskunft vom 5. Februar 2007). Psychiater und Psychotherapeut Na. behandelt den Kläger seit 19. Dezember 2006 (Auskunft vom 16. Mai 2007). Diagnostisch handele es sich um eine Angst-Panik-Störung auf dem Boden eines depressiv getönten Angstzustandes. Eine leichte Tätigkeit sei dem Kläger bis zu sechs Stunden möglich. Durch die immer wieder auftretenden Dekompensationen komme es zur Zeit zu keiner kontinuierlichen Tätigkeit.
Daraufhin hat das SG das internistische Gutachten des Dr. B. vom 10. August 2007 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 20. Mai 2008 und 20. Juli 2008 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, im Vordergrund der subjektiven gesundheitlichen Beschwerden stehe beim Kläger eine chronische Pankreatitis mit rezidivierenden Schüben. Daneben bestehe eine gastro-ösophageale Refluxkrankheit mit Ösophagitis, eine Mischform einer chronisch-obstruktiven Bronchitis bei Asthma bronchiale bei zum Zeitpunkt der Untersuchung freien Atemwegen ohne Dyspnoe, ein Diabetes mellitus II, Übergewicht, eine Angststörung und eine statische Fehlhaltung der Wirbelsäule. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger sechs Stunden täglich ausüben, wobei zusätzliche Arbeitspausen in zwei- bis dreistündigen Abständen und eine längere Mittagspause erforderlich seien. Abweichungen vom Gutachten des Dr. C. bestünden nicht.
10 
Gegen das Gutachten hat die Beklagte eingewendet (Stellungnahme des Dr. W. vom 10. September 2007), aus den Befunden lasse sich nicht entnehmen, warum der Kläger zusätzliche Arbeitspausen und eine längere Mittagspause benötige.
11 
Der Kläger hat darauf verwiesen, dass er aufgrund der Stuhlinkontinenz von einem Augenblick auf den anderen alles stehen und liegen lassen müsse, um noch rechtzeitig auf die Toilette zu gelangen. Einem Arbeitgeber, insbesondere im Gastronomiegewerbe, sei eine derart unregelmäßige Unterbrechung der Tätigkeit nicht zuzumuten. Er scheide auch aufgrund der Stuhlinkontinenz eine ölige Flüssigkeit aus.
12 
Gegenüber Dr. B., der den Kläger erneut untersucht hat, hat der Kläger angegeben, unverändert fettige Stühle zu haben. Innerhalb von 24 Stunden entleere sich der Darm in der Regel tagsüber, aber auch nachts, zehnmal. Das sei das Minimum. Er könne den Stuhl in der Regel halten, Stuhlverschmierungen im Afterbereich würden auftreten. Dr. B. hat deshalb darauf hingewiesen, eine Stuhlinkontinenz bestehe nicht. Der ölige Stuhl sei durch die Pankreasinsuffizienz bedingt. Eine Änderung der Leistungsbeurteilung ergebe sich nicht. Zusätzliche Arbeitspausen sollten zugestanden werden, um einen Toilettengang mit der entsprechenden Körperpflege zu ermöglichen, um Medikamente außerhalb der regulären Zeiten einnehmen zu können und um sich zu erholen. 15 Minuten dürften für die Arbeitspausen genügen, insbesondere, wenn sie in zweistündigen Abständen beansprucht werden sollten. Für die Mittagspause seien eineinhalb Stunden ausreichend, Kompromisse dürften nicht zu vermeiden sein. Der Gesundheitszustand des Klägers erlaube auch dies.
13 
Da der Kläger darauf hingewiesen hat, dass der Diabetes mittlerweile insulinpflichtig sei, er wegen der öfter auftretenden Panikattacken und Angstzustände täglich Medikamente einnehmen müsse und seit 29. Januar 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt sei, hat das SG nochmals die behandelnden Ärzte gehört und das neurologisch-psychiatrische und psychosomatische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 9. März 2009 eingeholt.
14 
Arzt für Innere Medizin Dr. R. hat mitgeteilt, unter der Insulintherapie hätten sich die Blutzuckerwerte praktisch normalisiert (Auskunft vom 11. September 2008). Als diabetische Folgekomplikation bestehe eine diabetische Polyneuropathie beidseits und eine erektile Dysfunktion. Durch die erhobenen Befunde sei eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im zeitlichen Umfang von sechs Stunden nicht ausgeschlossen. Allerdings sei die berufliche Leistungsfähigkeit möglicherweise bei starken anhaltenden Beschwerden aufgrund der diabetischen Polyneuropathie eingeschränkt. Facharzt für Allgemeinmedizin D., Nachfolger des Dr. N., hat eine Tätigkeit des Klägers aufgrund der bestehenden Diagnosen und Befunde nur für drei bis unter sechs Stunden täglich für möglich erachtet (Auskunft vom 21. Oktober 2008). Herr Na. hat in der erneuten Auskunft vom 23. Oktober 2008 über eine allmähliche Milderung der Angst-Panik-Beschwerden, andererseits eine Verstärkung der depressiven Entwicklung hingewiesen. Der Kläger sei in der Lage, drei bis deutlich unter sechs Stunden täglich tätig zu sein.
15 
Prof. Dr. H. hat ausgeführt, im Vordergrund stünden beim Kläger die gastrointestinalen Beschwerden. Aufgrund einer Abschwächung des Vibrationsgefühls und der Achillessehnenreflexe könne allenfalls von einer leichten beginnenden Polyneuropathie gesprochen werden. Angstzustände und eine depressive Stimmungslage seien in der Untersuchungssituation nicht zu beobachten gewesen. Die episodische, mittelschwere reaktiv-depressive Episode sei deshalb derzeit remittiert. Entsprechend dem Gutachten des Dr. B. sei der Kläger zu einer leichten, vorübergehend auch mittelschweren körperlichen Arbeit unter qualitativen Einschränkungen in der Lage. Das psychische Bild bedinge derzeit keine weitere Leistungseinschränkung. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger Tätigkeiten bis unter sechs Stunden täglich leisten. Zeitlich schätze er das Leistungsvermögen etwas geringer ein als die Vorgutachter, da er die episodischen ängstlich-depressiven Verstimmungen stärker bewerte als die Vorgutachter.
16 
Mit Urteil vom 29. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stünden die gastrointestinalen Beschwerden. Diese führten zu keiner rentenrechtlich relevanten Einschränkung des zeitlichen Restleistungsvermögens. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B.. Die psychiatrischen Beschwerden des Klägers spielten eine untergeordnete Rolle für die Frage der Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens. Dies habe Gutachter Prof. Dr. H. bestätigt. Deshalb sei auch dessen Leistungseinschätzung nicht zu folgen. Denn der psychische Befund sei weitgehend unauffällig gewesen und eventuelle depressive Episoden begründeten allenfalls Arbeitsunfähigkeit, aber keine dauernde Leistungsminderung. Zu einer konkreten Darlegung der Tätigkeiten, zu denen der Kläger aus gesundheitlichen Gründen noch in der Lage sei, bestehe weder aufgrund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch wegen des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes eine Verpflichtung. Denn der Kläger sei noch in der Lage, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten. Umfangreichere Arbeitspausen als nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erforderlich, benötige der Kläger nicht. 15-minütige Pausen alle zwei Stunden könne der Kläger einlegen. Ein Grund für eine längere Mittagspause sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Zusätzliche Arbeitspausen wegen Blutzuckermessungen und Injektionen seien nicht erforderlich.
17 
Gegen das dem Kläger am 22. Oktober 2009 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger beim SG am 30. Oktober 2009 Berufung eingelegt mit der Begründung, der Beurteilung der behandelnden Ärzte sowie des Prof. Dr. H. sei zu folgen. Sofern das SG Bedenken gegen die Richtigkeit der Einschätzung gehabt habe, hätte es einen weiteren Sachverständigen hören müssen. Das imperative Bedürfnis zum Stuhldrang verhindere, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des ArbZG, eine regelmäßige Beschäftigung.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig.
23 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
24 
Facharzt für Allgemeinmedizin D. hat in der Auskunft vom 14. Februar 2010 auf die tendenzielle Verschlechterung der bestehenden Gesundheitsstörungen hingewiesen. Zuletzt habe eine tachykarde Herzrhythmusstörung stationär behandelt werden müssen. Aufgrund der chronischen Diarrhoe und der Blutzuckermessungen seien zusätzliche Arbeitspausen erforderlich. Herr D. hat die ihm vorliegenden Arztberichte vorgelegt. Herr Na. hat in der Auskunft vom 11. Februar 2010 darüber berichtet, dass der Kläger seit Dezember 2009 und besonders nach dem kürzlichen Krankenhausaufenthalt eine verstärkte allgemeine Missbefindlichkeit beklage und er insgesamt depressiv herabgestimmt gewesen sei. Bei Dr. R. hat sich der Kläger seit 1. Dezember 2008 nicht mehr vorgestellt (Auskunft vom 12. März 2010). Dr. K., Chefarzt des B.-K.-Krankenhauses W., hat in der Auskunft vom 21. April 2010 mitgeteilt, aufgrund der diabetischen Stoffwechsellage, dem ständigen Wechsel zwischen Hyper- und Hypoglykämien, verbunden mit der Notwendigkeit regelmäßiger Variation der Nahrungszufuhr, sei eigentlich eine regelmäßige berufliche Tätigkeit nicht möglich. Verschärft werde diese Situation noch durch die Behinderungen durch häufige unkontrollierbare Durchfälle. Die Depression sei nicht ausreichend berücksichtigt.
25 
Die Beklagte ist der Beurteilung der behandelnden Ärzte nicht gefolgt und hat die ärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 3. Mai 2010 vorgelegt.
26 
Schließlich hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. vom 16. Juli 2010. Gegenüber Dr. Sch. hat der Kläger eine Stuhlinkontinenz verneint. Er müsse über zehnmal am Tag zur Toilette zum Stuhlgang, nachts müsse er zwei- bis dreimal Urin lassen. Dr. Sch. ist zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Vermehrte Arbeitspausen seien nicht indiziert, eine Toilette sollte in erreichbarer Nähe sein. Wegen des Diabetes mellitus seien die persönlichen Verteilzeiten ausreichend.
27 
Zu diesem Gutachten hat der Kläger ausgeführt, er habe wie auch schon gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, zB Dr. B., nicht etwa eine Stuhlinkontinenz verneint, sondern diese gerade gegenüber dem Gutachter beschrieben. Er habe Dr. Sch. erklärt, dass er wegen des nicht kontrollierbaren Ölaustritts kaum noch Freunde privat besuchen würde. Dies sei ihm insbesondere deswegen peinlich, weil die ausgeschiedene ölige Flüssigkeit kaum aus der Toilettenschüssel zu entfernen sei. Bezüglich der von Dr. Sch. erwähnten fehlenden Compliance weise er darauf hin, dass er weder am Tag der Untersuchung noch am Tag zuvor auf ausdrückliches Anraten von Herrn Na. ein entsprechendes Medikament zu sich genommen habe, da sich dieses Medikament negativ auf die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit auswirke. Er habe seine Diabetestagebücher dem Gutachter vorgelegt, daraus würden sich erheblich schwankende Blutzuckertagesprofile ergeben. Die Einschätzung des Gutachters, dass sich keine Schwankungen entnehmen ließen, sei daher nicht nachvollziehbar. Er lege deshalb das Tagebuch im Original bis 30. Mai 2010 und anschließend in Fotokopie nochmals vor. Auch die Interpretation des Blutbildes durch Dr. Sch. begegne erheblichen Bedenken. Des Weiteren habe er mitgeteilt, dass er ein bis zwei Koliken pro Woche habe, nachts mehr als zwei- bis dreimal auf die Toilette müsse und auch andere Schmerzen habe. Auch andere Erklärungen habe der Gutachter nicht richtig wiedergegeben. Nachdem es offenbar auch wegen sprachlicher Schwierigkeiten zu Missverständnissen und Unklarheiten gekommen sei, werde beantragt, ein weiteres internistisches/orthopädisches Sachverständigengutachten einzuholen.
28 
Daraufhin hat der Senat Dr. Sch. ergänzend gehört. In der Stellungnahme vom 17. September 2010 hat Dr. Sch. ausgeführt, der Kläger habe explizit eine Stuhlinkontinenz verneint. Er habe sicherlich nicht davon gesprochen, dass er einen unkontrollierbaren Ölaustritt habe. Der Kläger sei vor der Blutentnahme zur Einnahme der Medikamente befragt worden und habe angegeben, am Vorabend die Psychopharmaka eingenommen zu haben. Die Blutzuckerprotokolle habe er eingesehen, auch den weiteren Blutzuckerprotokollen nach der Begutachtung seien keine Hypoglykämien zu entnehmen. Der Diabetes mellitus sei ausreichend eingestellt. Ziel der Marcumar-Gabe sei die Senkung des Quick-Wertes. Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr könnten aufgrund der Marcumarisierung nicht ausgeübt werden, dies habe er bereits in seinem Gutachten berücksichtigt. Der Kläger habe ausdrücklich eingeräumt, dass er keine Koliken mehr habe. Er habe auch explizit angegeben, dass er nachts zwei- bis dreimal zur Toilette müsse und nicht mehr als zwei- bis dreimal. Zusammenfassend ergebe sich keine anderweitige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung. Eine erneute Untersuchung unter Beiziehung eines Dolmetschers werde nicht für erforderlich erachtet. Der Kläger selbst sehe die Schwerpunkte des Beschwerdebildes auf nicht-psychiatrischem Fachgebiet. Die Untersuchungsbefunde seien jedoch nicht derart gravierend, als dass hierdurch auf eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens geschlossen werden könnte.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
31 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
32 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
33 
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, eine leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Sch., aber auch aus den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren, hier insbesondere den Gutachten des Dr. C. und Dr. B. und den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Toilette sollte erreichbar sein. Vermeiden muss der Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen.
34 
Die Belastbarkeit des Klägers ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im internistischen Bereich eingeschränkt. Der Kläger leidet insbesondere an einer chronischen Pankreatitis mit erhöhter Stuhlfrequenz (aber ohne Kachexie), daneben auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einem intermittierenden Vorhofflimmern und einer bekannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Bezüglich der chronischen Pankreatitis hat der Kläger gegenüber Dr. Sch. explizit eine Stuhlinkontinenz, definiert als Unvermögen der willkürlichen Stuhlzurückhaltung, und Koliken verneint. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Sch. und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2010. Der Kläger hat lediglich angegeben, bei Stuhldrang immer direkt zur Toilette gehen zu müssen. Damit wird jedoch keine Stuhlinkontinenz beschrieben. Die bloße Behauptung des Klägers, gegenüber Dr. Sch. wie auch gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, insbesondere zB Dr. B., nicht etwa eine Inkontinenz verneint zu haben, sondern diese gerade beschrieben zu haben, ist nicht glaubhaft. Denn Dr. B., der den Kläger zweimal untersucht hat, hat ebenfalls eine Stuhlinkontinenz gerade nicht feststellen können. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger ausdrücklich angegeben, den Stuhl in der Regel halten zu können und innerhalb von 24 Stunden an zehn Darmentleerungen zu leiden. Dass die Gutachter die Angaben des Klägers aufgrund der Sprachschwierigkeiten missverstanden haben könnten, ist nicht ersichtlich. Denn keiner der bisherigen Gutachter hat bei der Begutachtung Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Kommunikationsfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache gefunden, sämtliche Begutachtungen wurden ohne Dolmetscher durchgeführt. Zur Einschaltung eines Dolmetschers hat auch kein Anlass bestanden, da zB der frühere Hausarzt des Klägers, Dr. N., im Befundbericht vom 26. Juni 2006 die Verständigungsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache ausdrücklich bejaht hat. Des Weiteren ergibt sich aus der Begutachtungssituation bei Dr. Sch. die Richtigkeit der vom Gutachter wiedergegebenen Angaben des Klägers. Denn Dr. Sch. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für eine Stuhlinkontinenz auch in der Gutachtenssituation kein Anhalt ergeben hat und eine solche auch pathophysiologisch nicht ausreichend erklärbar wäre, da eine Sphinkterschwäche nicht nachgewiesen ist. Die vom Kläger noch durchgeführten Aktivitäten wie zB regelmäßige Fahrten mit der Ehefrau von W. nach Freiburg (auch wenn der Kläger dort in einem Café wartet) und eine Reise nach Italien sprechen ebenfalls gegen eine Stuhlinkontinenz. Schließlich finden sich bezüglich einer Stuhlinkontinenz keinerlei Hinweise in den vorliegenden Arztbriefen und sachverständigen Zeugenauskünften. Die chronische Pankreatitis hat deshalb zur Überzeugung des Senats beim Kläger lediglich eine erhöhte Stuhlfrequenz zur Folge, jedoch keine Stuhlinkontinenz. Ob der Kläger deshalb an sog Fettstühlen leidet und eine „ölige Flüssigkeit“ ausscheidet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass dieses Ausscheiden unkontrollierbar erfolgt. Gegen das Auftreten massiver Fettstühle und eine Malabsorption im Darmtrakt spricht im Übrigen, dass der Kläger nicht an Kachexie leidet und die Serumeiweißelektrophorese, die Dr. Sch. durchgeführt hat, unauffällig war. Des Weiteren leidet der Kläger an mittellebhaften Darmgeräuschen, einem geblähten Bauch und vermehrtem Abgang von Winden. Auswirkungen der chronischen Pankreatitis auf das berufliche Leistungsvermögen ergeben sich dadurch, dass eine Toilette in erreichbarer Nähe sein sollte. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich jedoch nicht.
35 
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus ist seit Beginn der Insulintherapie zunächst gut eingestellt gewesen (Auskunft Dr. R. vom 11. September 2008) und auch jetzt noch ausreichend eingestellt (Gutachten des Dr. Sch.), weshalb sich hieraus ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt. Aus den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Tagebüchern lassen sich keine weiteren Funktionsstörungen entnehmen. Dr. Sch. hat diese schon bei der Erstbegutachtung ausgewertet und weist auch in der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar darauf hin, dass entscheidend die Hypoglykämien sind und solche von Blutzuckerwerten von <40 mg/dl dargestellt werden und bei Werten >40 mg/dl entscheidend ist, ob Symptome der Unterzuckerung vorliegen. Mit den immer über 40 mg/dl angegebenen Blutzuckerwerten ergeben sich aber aus den Tagebüchern keine Hypoglykämien. Selbst Dr. R. hat in der Auskunft vom 11. September 2008 eine sechsstündige Tätigkeit für möglich erachtet. Allerdings sollte nach Ansicht des Dr. Sch. eine Nachtschichttätigkeit vermieden werden.
36 
Das intermittierende Vorhofflimmern und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ziehen keine Leistungseinschränkungen nach sich, insbesondere zeigt sich die Lungenerkrankung ohne pulmonale Dekompensationszeichen (Gutachten des Dr. C. und des Dr. Sch.). Eine Dyspnoe hat sich auch bei der Untersuchung durch Dr. B. nicht vorgelegen. Wegen der Marcumarisierung muss der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr meiden.
37 
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger nach den Gutachten des Dr. B. und des Dr. Sch. an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Deshalb sind dem Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Tätigkeiten mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen nicht mehr möglich. Befunde oder Funktionseinschränkungen, die auch eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
38 
Schließlich leidet der Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an anamnestisch depressiven Episoden mit situationsgebundenen Ängsten, Verdacht auf Spannungskopfschmerzen und einer sensiblen und beinbetonten Polyneuropathie. Der psychopathologische Befund bei der Untersuchung durch Dr. Sch. war unauffällig, ebenso lag eine depressive Stimmungslage nicht vor. Dies entspricht auch den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Für eine manifeste, floride psychische Erkrankung ergibt sich daher insgesamt beim Kläger kein Anhalt. Dafür spricht auch, dass Dr. Sch. das vom Kläger eingenommene Antidepressivum im Blut nicht nachweisen konnte, obwohl der Kläger angegeben hatte, es am Vorabend eingenommen zu haben. Nach Erhalt des Gutachtens hat der Kläger erklärt, das Medikament auf Anraten seines Arztes auch am Vorabend nicht eingenommen zu haben. Dahinstehen kann, ob diese Angabe als Schutzbehauptung zu werten ist, auch wenn auffällig ist, dass der behandelnde Arzt damit ein Absetzphänomen riskiert hätte und es sich bei dem vom Kläger eingenommenen Medikament um ein nicht-sedierendes Antidepressivum handelt (Stellungnahme Dr. Sch.). Das kann jedoch dahinstehen, da allein der unauffällige psychische Befund, den nicht nur Dr. Sch., sondern auch schon Prof. Dr. H. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung spricht. Im Einzelnen hat die Befunderhebung durch Dr. Sch. keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung des Klägers ergeben. Eine depressive Stimmung hat nicht vorgelegen. Das Durchhaltevermögen war während der Begutachtung nicht eingeschränkt, die kognitiven Funktionen erhalten. Der Kläger hat sich geistig gut flexibel gezeigt und ist in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements, auch liegen keine Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Deshalb sind keine (Funktions-) Einschränkungen der Belastbarkeit des Klägers ersichtlich und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründbar. Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Prof. Dr. H. ist daher nicht zu folgen. Denn ein psychiatrischer Befund, der eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte, konnte gerade nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat selbst schon Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass das psychische Bild keine weitere Leistungseinschränkung nach sich zieht, ohne dies bei seiner Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen.
39 
Funktionsstörungen aufgrund der Spannungskopfschmerzen werden nicht geschildert. Schließlich zieht die Polyneuropathie keine signifikanten motorischen Ausfälle nach sich, die Wegefähigkeit zu Fuß ist nicht eingeschränkt. Allerdings sind wegen der Polyneuropathie Tätigkeiten mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, nicht vertretbar.
40 
Die von Dr. C. diagnostizierte inkomplette Peronäus-Läsion und die Prostatahyperplasie ziehen ebenfalls keine Funktionsstörungen nach sich. Insbesondere wirkt sich die inkomplette Peronäus-Läsion wie schon die Polyneuropathie nicht wesentlich auf das Gehvermögen des Klägers aus.
41 
Der Beurteilung der behandelnden Ärzte kann nicht gefolgt werden. Herr Na. verweist auf immer wieder auftretende Dekompensationen bzw eine Verstärkung der depressiven Entwicklung, beides war aber gerade in den Begutachtungssituationen nicht nachweisbar, insbesondere keine depressive Herabgestimmtheit. Deshalb liegt auch die von Dr. K. als leistungsmindernd erwähnte Depression nicht vor. Dr. K. hat im Übrigen nur allgemein auf „die diabetische Stoffwechsellage, die kardialen Befunde und insbesondere auch die Auswirkung der schweren Depression“ hingewiesen und damit keine konkreten Befunde benannt, die ein Abweichen von den Einschätzungen des Dr. B. und Dr. Sch. begründen könnten. Herr D. hat seine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht mit Funktionseinschränkungen begründet. Die von ihm erwähnten Befunde (Hyper- und Hypoglykämien mit einem Blutzucker zwischen 40 und 300 mg/dl mit Unwohlsein, Bewegungseinschränkung der HWS, Panikzustände) sind zum Teil ungenau und begründen jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung, was sich aus der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. Sch. ergibt.
42 
Der für den Kläger noch in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist auch nicht verschlossen. Denn der Kläger kann unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbstätig sein. Der Umstand, dass er mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen können muss, führt nicht dazu, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn die Notwendigkeit von kurzen Pausen, um die Toilette aufzusuchen, ist noch im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten möglich, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (zuletzt Urteil vom 20. April 2010, Aktenzeichen L 11 R 267/09). Dies gilt auch, wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - an einem sog Stuhldrang leidet, also an einem schwer zu kontrollierbaren Drang, auf die Toilette zu müssen.
43 
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsstätten-verordnung (ArbStättV) Toilettenräume bereitzustellen hat. Nach Nr 4.1 Abs 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl § 7 Abs 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw die Toiletten unabhängig von Nr 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden für zB den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw (vgl Landessozialgericht Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, juris, Rn 87). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil, Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06, mit weiteren Nachweisen, juris).
44 
Das Erfordernis des häufigen und ggf dringenden Toilettenbesuchs steht somit einer Arbeitstätigkeit nicht entgegen. Das gilt auch für die Notwendigkeit, den Blutzucker zu messen und sich Insulin zu spritzen. Dr. R. hat ausgeführt, dass sich der Kläger vor jeder Hauptmahlzeit den Blutzucker messen und Insulin injizieren muss. Im Wesentlichen kann der Kläger diesen Anforderungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit nachkommen. Die bei einer Insulintherapie notwendigen Pausen zur Messung des Zuckers und zur Nahrungsaufnahme können im Übrigen in den üblichen Arbeitsalltag integriert werden (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007, aaO).
45 
Schließlich ist die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Erkrankungen, die die Wegstrecke beschränken, liegen nicht vor, die Polyneuropathie wirkt sich diesbezüglich nicht aus. Aufgrund seines häufigen Stuhldrangs ist der Kläger bezüglich der Wegefähigkeit ebenfalls nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aus dem von Dr. Sch. erhobenen Alltagsaktivitäten und der Tatsache, dass der Kläger in der Lage war, die Strecke von W. nach Mannheim zur Begutachtung bei Dr. Sch. allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
46 
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
47 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
48 
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche „Leitberufe“ charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris).
49 
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Pizzabäcker, Bedienung und Aushilfe im Gastronomiebereich beschäftigt. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
51 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Gründe

 
30 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
31 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
32 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
33 
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, eine leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Sch., aber auch aus den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren, hier insbesondere den Gutachten des Dr. C. und Dr. B. und den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Toilette sollte erreichbar sein. Vermeiden muss der Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen.
34 
Die Belastbarkeit des Klägers ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im internistischen Bereich eingeschränkt. Der Kläger leidet insbesondere an einer chronischen Pankreatitis mit erhöhter Stuhlfrequenz (aber ohne Kachexie), daneben auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einem intermittierenden Vorhofflimmern und einer bekannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Bezüglich der chronischen Pankreatitis hat der Kläger gegenüber Dr. Sch. explizit eine Stuhlinkontinenz, definiert als Unvermögen der willkürlichen Stuhlzurückhaltung, und Koliken verneint. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Sch. und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2010. Der Kläger hat lediglich angegeben, bei Stuhldrang immer direkt zur Toilette gehen zu müssen. Damit wird jedoch keine Stuhlinkontinenz beschrieben. Die bloße Behauptung des Klägers, gegenüber Dr. Sch. wie auch gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, insbesondere zB Dr. B., nicht etwa eine Inkontinenz verneint zu haben, sondern diese gerade beschrieben zu haben, ist nicht glaubhaft. Denn Dr. B., der den Kläger zweimal untersucht hat, hat ebenfalls eine Stuhlinkontinenz gerade nicht feststellen können. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger ausdrücklich angegeben, den Stuhl in der Regel halten zu können und innerhalb von 24 Stunden an zehn Darmentleerungen zu leiden. Dass die Gutachter die Angaben des Klägers aufgrund der Sprachschwierigkeiten missverstanden haben könnten, ist nicht ersichtlich. Denn keiner der bisherigen Gutachter hat bei der Begutachtung Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Kommunikationsfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache gefunden, sämtliche Begutachtungen wurden ohne Dolmetscher durchgeführt. Zur Einschaltung eines Dolmetschers hat auch kein Anlass bestanden, da zB der frühere Hausarzt des Klägers, Dr. N., im Befundbericht vom 26. Juni 2006 die Verständigungsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache ausdrücklich bejaht hat. Des Weiteren ergibt sich aus der Begutachtungssituation bei Dr. Sch. die Richtigkeit der vom Gutachter wiedergegebenen Angaben des Klägers. Denn Dr. Sch. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für eine Stuhlinkontinenz auch in der Gutachtenssituation kein Anhalt ergeben hat und eine solche auch pathophysiologisch nicht ausreichend erklärbar wäre, da eine Sphinkterschwäche nicht nachgewiesen ist. Die vom Kläger noch durchgeführten Aktivitäten wie zB regelmäßige Fahrten mit der Ehefrau von W. nach Freiburg (auch wenn der Kläger dort in einem Café wartet) und eine Reise nach Italien sprechen ebenfalls gegen eine Stuhlinkontinenz. Schließlich finden sich bezüglich einer Stuhlinkontinenz keinerlei Hinweise in den vorliegenden Arztbriefen und sachverständigen Zeugenauskünften. Die chronische Pankreatitis hat deshalb zur Überzeugung des Senats beim Kläger lediglich eine erhöhte Stuhlfrequenz zur Folge, jedoch keine Stuhlinkontinenz. Ob der Kläger deshalb an sog Fettstühlen leidet und eine „ölige Flüssigkeit“ ausscheidet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass dieses Ausscheiden unkontrollierbar erfolgt. Gegen das Auftreten massiver Fettstühle und eine Malabsorption im Darmtrakt spricht im Übrigen, dass der Kläger nicht an Kachexie leidet und die Serumeiweißelektrophorese, die Dr. Sch. durchgeführt hat, unauffällig war. Des Weiteren leidet der Kläger an mittellebhaften Darmgeräuschen, einem geblähten Bauch und vermehrtem Abgang von Winden. Auswirkungen der chronischen Pankreatitis auf das berufliche Leistungsvermögen ergeben sich dadurch, dass eine Toilette in erreichbarer Nähe sein sollte. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich jedoch nicht.
35 
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus ist seit Beginn der Insulintherapie zunächst gut eingestellt gewesen (Auskunft Dr. R. vom 11. September 2008) und auch jetzt noch ausreichend eingestellt (Gutachten des Dr. Sch.), weshalb sich hieraus ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt. Aus den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Tagebüchern lassen sich keine weiteren Funktionsstörungen entnehmen. Dr. Sch. hat diese schon bei der Erstbegutachtung ausgewertet und weist auch in der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar darauf hin, dass entscheidend die Hypoglykämien sind und solche von Blutzuckerwerten von <40 mg/dl dargestellt werden und bei Werten >40 mg/dl entscheidend ist, ob Symptome der Unterzuckerung vorliegen. Mit den immer über 40 mg/dl angegebenen Blutzuckerwerten ergeben sich aber aus den Tagebüchern keine Hypoglykämien. Selbst Dr. R. hat in der Auskunft vom 11. September 2008 eine sechsstündige Tätigkeit für möglich erachtet. Allerdings sollte nach Ansicht des Dr. Sch. eine Nachtschichttätigkeit vermieden werden.
36 
Das intermittierende Vorhofflimmern und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ziehen keine Leistungseinschränkungen nach sich, insbesondere zeigt sich die Lungenerkrankung ohne pulmonale Dekompensationszeichen (Gutachten des Dr. C. und des Dr. Sch.). Eine Dyspnoe hat sich auch bei der Untersuchung durch Dr. B. nicht vorgelegen. Wegen der Marcumarisierung muss der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr meiden.
37 
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger nach den Gutachten des Dr. B. und des Dr. Sch. an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Deshalb sind dem Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Tätigkeiten mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen nicht mehr möglich. Befunde oder Funktionseinschränkungen, die auch eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
38 
Schließlich leidet der Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an anamnestisch depressiven Episoden mit situationsgebundenen Ängsten, Verdacht auf Spannungskopfschmerzen und einer sensiblen und beinbetonten Polyneuropathie. Der psychopathologische Befund bei der Untersuchung durch Dr. Sch. war unauffällig, ebenso lag eine depressive Stimmungslage nicht vor. Dies entspricht auch den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Für eine manifeste, floride psychische Erkrankung ergibt sich daher insgesamt beim Kläger kein Anhalt. Dafür spricht auch, dass Dr. Sch. das vom Kläger eingenommene Antidepressivum im Blut nicht nachweisen konnte, obwohl der Kläger angegeben hatte, es am Vorabend eingenommen zu haben. Nach Erhalt des Gutachtens hat der Kläger erklärt, das Medikament auf Anraten seines Arztes auch am Vorabend nicht eingenommen zu haben. Dahinstehen kann, ob diese Angabe als Schutzbehauptung zu werten ist, auch wenn auffällig ist, dass der behandelnde Arzt damit ein Absetzphänomen riskiert hätte und es sich bei dem vom Kläger eingenommenen Medikament um ein nicht-sedierendes Antidepressivum handelt (Stellungnahme Dr. Sch.). Das kann jedoch dahinstehen, da allein der unauffällige psychische Befund, den nicht nur Dr. Sch., sondern auch schon Prof. Dr. H. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung spricht. Im Einzelnen hat die Befunderhebung durch Dr. Sch. keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung des Klägers ergeben. Eine depressive Stimmung hat nicht vorgelegen. Das Durchhaltevermögen war während der Begutachtung nicht eingeschränkt, die kognitiven Funktionen erhalten. Der Kläger hat sich geistig gut flexibel gezeigt und ist in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements, auch liegen keine Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Deshalb sind keine (Funktions-) Einschränkungen der Belastbarkeit des Klägers ersichtlich und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründbar. Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Prof. Dr. H. ist daher nicht zu folgen. Denn ein psychiatrischer Befund, der eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte, konnte gerade nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat selbst schon Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass das psychische Bild keine weitere Leistungseinschränkung nach sich zieht, ohne dies bei seiner Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen.
39 
Funktionsstörungen aufgrund der Spannungskopfschmerzen werden nicht geschildert. Schließlich zieht die Polyneuropathie keine signifikanten motorischen Ausfälle nach sich, die Wegefähigkeit zu Fuß ist nicht eingeschränkt. Allerdings sind wegen der Polyneuropathie Tätigkeiten mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, nicht vertretbar.
40 
Die von Dr. C. diagnostizierte inkomplette Peronäus-Läsion und die Prostatahyperplasie ziehen ebenfalls keine Funktionsstörungen nach sich. Insbesondere wirkt sich die inkomplette Peronäus-Läsion wie schon die Polyneuropathie nicht wesentlich auf das Gehvermögen des Klägers aus.
41 
Der Beurteilung der behandelnden Ärzte kann nicht gefolgt werden. Herr Na. verweist auf immer wieder auftretende Dekompensationen bzw eine Verstärkung der depressiven Entwicklung, beides war aber gerade in den Begutachtungssituationen nicht nachweisbar, insbesondere keine depressive Herabgestimmtheit. Deshalb liegt auch die von Dr. K. als leistungsmindernd erwähnte Depression nicht vor. Dr. K. hat im Übrigen nur allgemein auf „die diabetische Stoffwechsellage, die kardialen Befunde und insbesondere auch die Auswirkung der schweren Depression“ hingewiesen und damit keine konkreten Befunde benannt, die ein Abweichen von den Einschätzungen des Dr. B. und Dr. Sch. begründen könnten. Herr D. hat seine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht mit Funktionseinschränkungen begründet. Die von ihm erwähnten Befunde (Hyper- und Hypoglykämien mit einem Blutzucker zwischen 40 und 300 mg/dl mit Unwohlsein, Bewegungseinschränkung der HWS, Panikzustände) sind zum Teil ungenau und begründen jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung, was sich aus der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. Sch. ergibt.
42 
Der für den Kläger noch in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist auch nicht verschlossen. Denn der Kläger kann unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbstätig sein. Der Umstand, dass er mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen können muss, führt nicht dazu, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn die Notwendigkeit von kurzen Pausen, um die Toilette aufzusuchen, ist noch im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten möglich, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (zuletzt Urteil vom 20. April 2010, Aktenzeichen L 11 R 267/09). Dies gilt auch, wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - an einem sog Stuhldrang leidet, also an einem schwer zu kontrollierbaren Drang, auf die Toilette zu müssen.
43 
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsstätten-verordnung (ArbStättV) Toilettenräume bereitzustellen hat. Nach Nr 4.1 Abs 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl § 7 Abs 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw die Toiletten unabhängig von Nr 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden für zB den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw (vgl Landessozialgericht Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, juris, Rn 87). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil, Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06, mit weiteren Nachweisen, juris).
44 
Das Erfordernis des häufigen und ggf dringenden Toilettenbesuchs steht somit einer Arbeitstätigkeit nicht entgegen. Das gilt auch für die Notwendigkeit, den Blutzucker zu messen und sich Insulin zu spritzen. Dr. R. hat ausgeführt, dass sich der Kläger vor jeder Hauptmahlzeit den Blutzucker messen und Insulin injizieren muss. Im Wesentlichen kann der Kläger diesen Anforderungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit nachkommen. Die bei einer Insulintherapie notwendigen Pausen zur Messung des Zuckers und zur Nahrungsaufnahme können im Übrigen in den üblichen Arbeitsalltag integriert werden (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007, aaO).
45 
Schließlich ist die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Erkrankungen, die die Wegstrecke beschränken, liegen nicht vor, die Polyneuropathie wirkt sich diesbezüglich nicht aus. Aufgrund seines häufigen Stuhldrangs ist der Kläger bezüglich der Wegefähigkeit ebenfalls nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aus dem von Dr. Sch. erhobenen Alltagsaktivitäten und der Tatsache, dass der Kläger in der Lage war, die Strecke von W. nach Mannheim zur Begutachtung bei Dr. Sch. allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
46 
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
47 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
48 
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche „Leitberufe“ charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris).
49 
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Pizzabäcker, Bedienung und Aushilfe im Gastronomiebereich beschäftigt. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
51 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) über den 30. Juni 2010 hinaus.

2

Der am ... 1958 geborene Kläger hatte während der versicherungspflichtigen Beschäftigung als Fenster-/Fassadenmonteur am 12. März 1998 eine Zerrung der linken Wade und eine Distorsion des linken Sprunggelenks erlitten. In der Folge war es zu einer Dreietagenthrombose des linken Beins gekommen. Am 9. Juni 1999 hatte er einen Muskelfaserriss im Bereich der rechten Wade erlitten, ebenfalls mit der Folge einer Dreietagenthrombose des rechten Beins sowie einer Lungenembolie. Seit dieser Zeit findet eine kontinuierliche Langzeitantikoagulation mit Falithrom statt. Wegen beider Unfälle erhält der Kläger von der Verwaltung-Berufsgenossenschaft (VBG) eine Rente nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), seit dem 1. Februar 2004 nach einer MdE von 20 % (postthrombotisches Syndrom III. Grades) für die Folgen des Versicherungsfalls im Bereich des linken Beins und nach einer MdE von 10 % im Bereich des rechten Beins (leichtes postthrombotisches Syndrom).

3

Auf den ersten Rentenantrag vom 17. August 2004 hatte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten von Dr. B. vom 18. November 2004 eingeholt. Dieser hatte ein postthrombotisches Syndrom beider Unterschenkel sowie eine Arthrose des Großzehengrundgelenks links mit Einschränkung der Dorsalflexion diagnostiziert. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den beklagten Beschwerden und dem relativ dürftigen objektiven Befund. Die Angabe des Klägers, er könne wegen zunehmender Schmerzen nur 100 m gehen, könne ihm nicht abgenommen werden. Die Abrollbehinderung am linken Fuß wäre durch Einlagen korrigierbar. Körperlich leichtere Tätigkeiten in Wechselhaltung sowie die mithelfende Tätigkeit in der Imbissgaststätte der Ehefrau seien ganztägig möglich. Lediglich ständiges Gehen sowie schweres Heben, Tragen und Arbeiten im Hocken seien unzumutbar. Der Rentenantrag war abgelehnt worden. Im Rahmen des folgenden Klageverfahrens (S 13 R 237/05) hatte das Sozialgericht ein am 7. Mai 2007 eingegangenes internistisch-angiologisches Gutachten des Prof. Dr. P. eingeholt. Der Gutachter hatte diskrete Unterschenkelödeme nach Ablegen der Kompressionsstrümpfe beschrieben. Er hatte die Umfangsmaße der unteren Extremitäten (Oberschenkel 53/53 cm, Wadenmitte 41/40 cm, supramaleolär 26/25 cm) ermittelt und eine Duplex-Sonographie durchgeführt. Er hatte eine postthrombotische chronische Veneninsuffizienz beidseits mit Stauungsdermatose und Zustand nach Ulcus cruris postthromboticum, rechts Stadium III nach Widmer, links Stadium II, diagnostiziert. Ferner lägen eine Arthrose des Großzehengrundgelenks links und eine Bewegungseinschränkung beider oberen Sprunggelenke vor. Die Beweglichkeitseinschränkung der Sprung- und Zehengelenke vermindere die Wirksamkeit der Wadenmuskelpumpe erheblich. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen mit weiteren Einschränkungen vier bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Länger andauernde Arbeitsbelastungen seien aufgrund der schweren chronischen Veneninsuffizienz nicht mehr möglich. Daraufhin hatte die Beklagte im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 31. Juli 2007 dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2010 bewilligt.

4

Der Kläger beantragte am 26. Januar 2010 die Weiterbewilligung der Rente. Die Beklagte holte von der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. L. von ihrem Sozialmedizinischen Dienst (SMD) das Gutachten vom 13. Juli 2010 ein. Dort gab der Kläger an, schmerzbedingt komme es zu einer zunehmenden Versteifung in den Füßen ab ca. 100 m Gehstrecke. Nach einem Spaziergang um den Block (eine halbe Stunde) seien die Beine geschwollen und er müsse sich zwei Stunden ausruhen. Er könne nur noch kurze Strecken mit dem Auto fahren. Die Gutachterin beschrieb ein rechtshinkendes Gangbild ohne Abrollbewegungen. Die Beweglichkeit beider oberen Sprunggelenke für Heben/Senken (10°/0/10°) sei eingeschränkt. In den unteren Sprunggelenkgelenken seien nur Wackelbewegungen möglich. Es bestehe eine Umfangsdifferenz zugunsten rechts von 1 cm im Oberschenkelbereich und über der Patella. Es falle eine deutliche Fixierung auf das Beschwerdebild auf. Eine Fahrradergometrie habe der Kläger als nicht durchführbar angesehen. Im Gehtest habe er 80 m in 3:22 min bei Abbruch wegen angegebener Schmerzen in der rechten Kniekehle und im linken Sprunggelenk absolviert. Die Gutachterin diagnostizierte ein postthrombotisches Syndrom beidseits, Zustand nach Beckenvenenthrombose rechts 1998 und links mit Lungenembolie 1999 sowie eine Bewegungseinschränkung der Sprunggelenke beidseits. Gegen die Angabe, Tag und Nacht Kompressionsstrümpfe tragen zu müssen, spreche, dass beide Oberschenkel bis unterhalb der Kniegelenke gebräunt seien. Das geringe Umfangsdefizit zu Gunsten des rechten Beins spreche gegen die beim Gehen demonstrierte Schonhaltung. Das rechtsseitige Hinken sei mit der beidseits gleichen Einschränkung der Sprunggelenksbeweglichkeit nicht zu erklären. Der Kläger könne körperlich leichte sowie geistig durchschnittlich schwierige Tätigkeiten im selbst gewählten Positionswechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Wärme und Kälte, mit Verletzungsgefahr sowie häufiges Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten.

5

Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 26. August 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juli 2007 auf Dauer, lehnte aber eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab. Es liege keine volle Erwerbsminderung vor.

6

Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2011 als unbegründet zurück. Es bestehe ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte sowie geistig durchschnittlich schwierige Tätigkeiten im selbst gewählten Positionswechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Wärme und Kälte, mit Verletzungsgefahr sowie häufiges Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten.

7

Dagegen hat der Kläger am 9. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Der Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert. Das Gutachten des Prof. Dr. P. vom 7. Mai 2007 müsse Berücksichtigung finden. Er hat ferner Einwände gegen das Gutachten des SMD erhoben. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des Dr. B. vom 25. August 2011 eingeholt. Dieser hat angegeben, die Beschwerdesymptomatik beider Beine sei seit Jahren unverändert, eine genaue körperliche Untersuchung sei nicht erfolgt. Zumindest mittelschwere Arbeiten mit weiteren Einschränkungen müssten sechs Stunden täglich möglich sein.

8

Ferner hat das Sozialgericht ein fachinternistisch-angiologisches Gutachten von Prof. Dr. B. vom 8. April 2013 erstatten lassen. Eine erste Untersuchung des Klägers am 13. März 2013 erfolgte durch den Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. B. Eine zweite Untersuchung am 8. April 2013 ist durch den bestellten Gutachter selbst erfolgt. Der Kläger habe eine Wegstrecke von 800 bis 1000 m sowie schmerzhafte Bewegungseinschränkungen beider Beine angegeben. Die apparative Befundung (EKG, Echokardiographie, Laborparameter, Röntgen-Thorax, Lungenfunktionstest, Spirometrie und Bodyplethysmographie) habe normale Blutgaswerte und eine Lungenfunktion mit mittelgradiger Obstruktion ergeben. Die Venenverschlussplethysmographie zeige insgesamt zu den Vorbefunden eine Besserung. Die venöse Kapazität sei lediglich noch links im Sinne eines postthrombotischen Syndroms vermindert, rechts liege sie im Normbereich (Venöse Kapazität: rechts 3,5 ml/100 ml Gewebe, links 1,7 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 36,5 ml/100 ml Gewebe/min, links 44,5 ml/100 ml Gewebe/min). Auch die Duplexsonographie der Beinvenen beidseits zeige keine großen Insuffizienzen. Nach Abnahme der Kompressionsstrümpfe hätten sich keine Ödeme oder Hinweise für eine arterielle Makroangiopathie gefunden. Es bestehe eine leichte Beinumfangszunahme gegenüber 2008 ohne relevante Seitenumfangsdifferenz (Oberschenkel 64/63 cm, 54/54 cm, Unterschenkel 46/45 cm, 46/48 cm, 37/41 cm). Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt:

9

Zustand nach beidseitiger Mehretagenthrombose und Lungenembolie beidseits 1998 und 1999 mit aktuell rekanalisierter Thrombose beidseits.

10

Zeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz mit Klappenveneninsuffizienzen der oberflächlichen und tiefen Venen des Unterschenkels beidseits.

11

postthrombotisches Syndrom mit eingeschränkter venöser Kapazität links.

12

mittelgradige Obstruktion der Lungenfunktion (bei fortgesetztem Nikotinabusus).

13

Verdacht auf arterielle Hypertonie (bisher ohne medikamentöse Behandlung).

14

Hyperlipoproteinämie.

15

Adipositas mit einem BMI von 34 (187 cm, 103 kg).

16

Die beklagten Beweglichkeitseinschränkungen und Schmerzen seien aus angiologischer Sicht nicht nachzuvollziehen, da eine venöse Abflussstörung apparativ nicht nachweisbar sei. Die MdE werde aus internistisch-angiologischer Sicht mit 20 % eingeschätzt (postthrombotisches Syndrom II. Grades beidseits). Eine Verschlechterung sei aus angiologischer Sicht nicht eingetreten. Der Kläger könne körperliche Arbeiten im wechselseitigen Gehen und Stehen, in geschlossenen Räumen oder unter Witterungsschutz, an laufenden Maschinen, unter erheblichem Zeitdruck oder mit festgelegtem Rhythmus uneingeschränkt ausüben. Ausgeschlossen seien lediglich schwere Beanspruchungen der Beine beidseits. Keine Einschränkungen seien hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten erkennbar. Die Leistungsfähigkeit könnte durch ein vermehrtes Pausieren im Arbeitsprozess erhalten bleiben. Bei einer sechsstündigen Arbeitszeit seien mehrmalige Pausen von fünf Minuten zur Erholung als angemessen anzusehen. Längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten oder Arbeitsunterbrechungen seien nicht zu erwarten. Der Kläger könne viermal täglich 500 m mit zumutbaren Beschwerden und unter Einlegung von kurzen Pausen zu Fuß zurücklegen. Eine peripher arterielle Durchblutungsstörung oder ein reduzierter Muskelstatus lägen nicht vor. Auch die selbst angegebene Gehstrecke von 800 bis 1000 m scheine zumutbar zu sein. Der Kläger könne ein Kraftfahrzeug selbstständig führen, er sei zu Begutachtung mit dem Pkw selbstständig erschienen. Eine weitere Fachbegutachtung sei nicht erforderlich.

17

Der Kläger hat sowohl zur Untersuchung als auch zum Gutachten umfangreiche Einwände erhoben. Die Beklagte hat eine Stellungnahme des SMD vom 15. Juli 2013 vorgelegt.

18

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. November 2013 abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert. Er könne mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Nach den vorliegenden Gutachten sei eine objektive Besserung der Befunde eingetreten. Das Gutachten des Prof. Dr. B. vom 8. April 2013 sei verwertbar, da er am 8. April 2013 eine persönliche Untersuchung des Klägers durchgeführt habe. Dessen Einschätzung stimme im Übrigen mit der des behandelnden Arztes Dr. B. überein.

19

Gegen das ihm am 14. Januar 2014 zugestellten Urteil der Kläger am 27. Januar 2014 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat abermals Einwendungen gegen das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten erhoben. Ferner hat er eine schleichende Verschlechterung der Symptomatik vorgetragen. Er hat Fotos über beide Beine, aufgenommen am 27. Juni 2013, vorgelegt. Im weiteren Verlaufe hat er geltend gemacht: Neu hinzugetreten sei ein Treppensturz im Juli 2013 mit Verletzung des linken Unterarms.

20

Der Kläger beantragt,

21

das Urteil des Sozialgerichts vom 8. November 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2011 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch die im Berufungsverfahren eingeholten weiteren Befundberichte führten nicht zu einer abweichenden Einschätzung des Leistungsvermögens.

25

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. H. hat im Befundbericht vom 13. Mai 2014 über eine letztmalige Behandlung des Klägers am 29. Juli 2013 bei seiner Urlaubsvertretung wegen einer Verletzung des linken Arms berichtet. Anamnestisch sei eine mögliche Gehstrecke von 500 m zu Fuß angegeben worden. Nach den ihm vorliegenden Befunden sei die Armwunde gut abgeheilt. Nach dem Befundbericht des Dr. B. vom 2. September 2014 komme der Kläger alle zwei Wochen wegen der Kontrolle der Quickwerte zur Sprechstunde. Eine körperliche Untersuchung habe nicht stattgefunden. 2011 sei im Rahmen einer gutachterlichen Auswertung ein Verschlechterungsnachweis erfolgt. Der Zustand im Bereich der Beine scheine seit Jahren stabil.

26

Der Senat hat ferner die Verwaltungsakten der VBG beigezogen. Auf den Verschlimmerungsantrag des Klägers aus dem Jahr 2007 hatte diese das unfallchirurgische Gutachten des Prof. Dr. W. vom 19. Juni 2008 eingeholt. Die schmerzfreie Gehstrecke sei vom Kläger mit 200 bis 300 m angegeben worden. Dieser habe das Untersuchungszimmer im Rollstuhl aufgesucht, was nicht plausibel sei. Nach Abnahme der Kompressionsstrümpfe habe sich eine mäßige Unterschenkelschwellung gezeigt. Passiv bestünden nur endgradige Einschränkungen der oberen und unteren Sprung- sowie der Zehengelenke. Wegen der aktiv nur möglichen Wackelbewegungen sei ebenfalls ein Aggravationsverhalten zu vermuten. Als Unfallfolgen bestünden ein postthrombotisches Syndrom, Stadium III rechts und Stadium lI links, sowie eine Falithromeinnahme. Die Gesamt-MdE sei nach Rücksprache mit dem angiologischen Zusatzgutachter unverändert mit 20 % einzuschätzen (rechtes Bein 20 %, linkes Bein 10 %). Nach dem angiologischen Zusatzgutachten des Prof. Dr. B. vom 3. April 2008 hatte der Kläger eine Gehstrecke von 500 m angegeben. Nach Abnehmen der Kompressionsstrümpfe beidseits seien keine Ödeme sichtbar gewesen. Die Beinumfange (Oberschenkel 57,5/57 cm, 50/50 cm, Unterschenkel 38/39 cm, 41/39,5 cm, 31/30,5 cm) wurden gemessen. Eine Venenverschlussplethysmographie wurde durchgeführt (venöse Kapazität: rechts 2,6 ml/100 ml Gewebe, links 3,2 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 24,3 ml/100 ml Gewebe/min, links 35,5 ml/100 ml Gewebe/min). Der Befund dürfte mit einer rechtsseitig fortbestehenden vermehrten Thrombotisierung der tiefen Beinvenen und linksseitig einer verbesserten Rekanalisierung vereinbar sein.

27

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie der VBG haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Er hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2010 hinaus. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

29

Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

30

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat auch, wer auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, unter den Voraussetzungen einer sog. Arbeitsmarktrente (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).

1.

31

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger in dem zu beurteilenden Zeitraum seit Juli 2010 bis heute weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist. Er war und ist noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte sowie geistig durchschnittlich schwierige Tätigkeiten im selbst gewählten Positionswechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen oder unter Witterungsschutz, auch an laufenden Maschinen, unter erheblichem Zeitdruck oder mit festgelegtem Rhythmus zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten in Wärme und Kälte, mit Verletzungsgefahr, mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie mit schweren Beanspruchungen der Beine beidseits.

a.

32

Insoweit folgt der Senat aufgrund eigener Urteilsbildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Gutachterin des SMD, der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. L. sowie dem vom Sozialgericht bestellten Gutachter Prof. Dr. B.

33

Danach liegen bei dem Kläger seit Juli 2010 folgende Gesundheitsstörungen vor, die sein Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussen:

34

Zustand nach beidseitiger Mehretagenthrombose und Lungenembolie beidseits 1998 und 1999 mit mittlerweile rekanalisierter Thrombose beidseits.

35

Zeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz mit Klappenveneninsuffizienzen der oberflächlichen und tiefen Venen des Unterschenkels beidseits.

36

postthrombotisches Syndrom mit eingeschränkter venöser Kapazität links, jeweils Stadium II nach Widmer.

37

mittelgradige Obstruktion der Lungenfunktion.

38

Verdacht auf arterielle Hypertonie.

39

Hyperlipoproteinämie.

40

Adipositas.

41

Beweglichkeitseinschränkung beider oberen und unteren Sprunggelenke bei Arthrose des Großzehengrundgelenks links.

b.

42

Auf das Gutachten des Prof. Dr. P. vom 7. Mai 2007 kann die Beurteilung des Leistungsvermögens ab Juli 2010 nicht gestützt werden. Denn zur Überzeugung des Senats hat sich der Gesundheitszustand des Klägers im Bereich der unteren Extremitäten nicht verschlechtert, sondern seit 2007 sogar leicht verbessert.

43

Während Prof. Dr. P. noch ein postthrombotischen Syndrom rechts Stadium III und links Stadium II diagnostiziert hatte, hat der vom Sozialgericht bestellte Gutachter Prof. Dr. B. nur noch einen Zustand Stadium II beidseits feststellen können. Dieser hat nach Durchführung der apparativen Diagnostik eine weitgehende Rekanalisierung des postthrombotischen Syndrom beidseits beschrieben. Nach der Venenverschlussplethysmographie ist lediglich noch die venöse Kapazität links vermindert, rechts liegt sie sogar im Normbereich. Auch die Duplexsonographie der Beinvenen beidseits hat keine großen Insuffizienzen mehr gezeigt. Insoweit ist eine deutliche Verbesserung der Durchblutungszustände im Bereich der unteren Extremitäten eingetreten.

44

Die Entwicklung einer seit 2007 leichten, aber kontinuierlichen Verbesserung des Gesundheitszustands wird bestätigt durch einen Vergleich der beiden Gutachten von Prof. Dr. B. vom 3. April 2008 für die VBG und vom 8. April 2013 für das Sozialgericht. Schon die Angaben des Klägers zum Gehvermögen weisen auf eine Verbesserung hin (500 m bzw. 800 bis 1000 m). Vor allem aber die Ergebnisse der Venenverschlussplethysmographien zeigen, dass sich die Funktion der tiefen Beinvenen im Sinn einer Kanalisation seit 2008 weiter verbessert hat (2008: venöse Kapazität: rechts 2,6 ml/100 ml Gewebe, links 3,2 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 24,3 ml/100 ml Gewebe/min, links 35,5 ml/100 ml Gewebe/min; 2013: venöse Kapazität: rechts 3,5 ml/100 ml Gewebe, links 1,7 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 36,5 ml/100 ml Gewebe/min, links 44,5 ml/100 ml Gewebe/min). Dem entsprechend hatte der Gutachter im Jahr 2008 noch ein postthrombotisches Syndrom, Stadium III. Grades rechts und Stadium lI. Grades links und im Jahr 2013 ein postthrombotisches Syndrom II. Grades beidseits diagnostiziert. Der Verschlimmerungsantrag aus dem Jahr 2008 war ohne Erfolg geblieben. Zu einer höheren Unfallrente ist es in der Folge nach Angaben des Klägers auch nicht gekommen. Nach seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung habe die VBG seinen Verschlimmerungsantrag gar nicht beschieden. Wäre der Kläger der festen subjektiven Überzeugung, dass sein Gesundheitszustand sich wesentlich verschlechtert habe, hätte er zur Überzeugung des Senats bei der VBG längst auf den Erlass eines Bescheids gedrängt.

45

Die gegenüber 2007 eingetretene Verbesserung zeigt sich auch an den Beobachtungen der Gutachter anlässlich der Untersuchung des Klägers. Im Gegensatz zur Befunderhebung von Prof. Dr. P. sind anlässlich der Untersuchungen durch Dipl.-Med. L. im Jahr 2010 sowie Prof. Dr. B. in den Jahren 2008 und 2013 keine Zeichen von Unterschenkelödemen nach Ablegen der Kompressionsstrümpfe sichtbar gewesen.

46

Aus diesem Grund misst der Senat auch der Überlegung von Prof. Dr. P., die eingeschränkte Beweglichkeit der Sprunggelenke sei von maßgeblicher Bedeutung für den gestörten Venenrückfluss, keine Bedeutung für das sozialmedizinische Leistungsvermögen zu. Denn insoweit haben die jüngeren Untersuchungsbefunde bestätigt, dass eine Beeinflussung im Sinn einer Verschlechterung des Venenleidens nicht eingetreten ist.

c.

47

Die vielfachen Einwände des Klägers gegen die Umstände der Begutachtung bei Prof. Dr. B. sowie das Gutachten selbst sind nicht geeignet, den Senat von der Unrichtigkeit der Einschätzungen des Sachverständigen zu überzeugen.

48

Soweit der Kläger meint, das festgestellte Leistungsbild bewege sich im "äußersten Grenzbereich seiner Möglichkeiten auf Dauer", bestätigt dies im Kern die gutachterliche Einschätzung. Denn dessen Aufgabe ist es, das - ohne unzumutbare Beschwerden und Schmerzen - mögliche Leistungsvermögen zu ermitteln.

49

Zu Recht hat das Sozialgericht das Gutachten für verwertbar gehalten, da der Gutachter Prof. Dr. B. selbst den Kläger gesehen und exploriert hat. Unschädlich ist, dass er Zusatzuntersuchungen und die apparative Diagnostik durch Mitarbeiter durchführen hat lassen. Entscheidend ist, dass der Gutachter die Ermittlungsergebnisse würdigt, die erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht und durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt. Nicht notwendig ist eine zwingend selbst durchzuführende körperliche Untersuchung (BSG, Beschluss vom 17. November 2006, B 6 U 58/05 B). Der Senat hat daher wie das Sozialgericht keine Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens nach den genannten Grundsätzen.

50

Die Behauptung von Luftproblemen/Brustschmerzen bereits ab einer Gehstrecke von 100 m ist nicht plausibel. Zwar hat der Gutachter eine mittelgradige obstruktive Einschränkung der Lungenfunktion aufgrund langjährigen Nikotinabusus festgestellt. Zeichen einer Herzkreislaufinsuffizienz hat er aber im Rahmen der Begutachtung nicht erkennen können. Der Kläger ist auch wegen Atemwegserkrankungen nicht in ärztlicher Behandlung.

51

Die von dem Gutachter Prof. Dr. B. gemessenen Beinumfänge widersprechen auch nicht seiner Feststellung, dass nur eine leichte Beinumfangszunahme gegenüber 2008 ohne relevante Seitenumfangsdifferenz vorliege. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger insgesamt seit 2008 erheblich an Gewicht zugelegt hat (Gutachten vom 19. Juni 2008: 94 kg, Gutachten vom 8. April 2013: 103 kg). Allein dieser Umstand erklärt die insgesamt höheren, aber doch gleichmäßigen Umfangsmaße im Bereich der Beine.

52

Die Behauptung einer unvollständigen apparativen Diagnostik mittels Duplexsonographie, nämlich lediglich im Bereich der Oberschenkel, ist unrichtig. Das Gutachten von Prof. Dr. B. dokumentiert den Status der Venen des oberen und des unteren Beinbereichs.

53

Unerheblich für den Senat ist, ob der Gutachter zu Unrecht davon ausgegangen sein sollte, der Kläger sei selbstständig mit dem Auto zur Untersuchung gefahren. Denn dies änderte nichts an der Einschätzung der ihm aus medizinischen Gründen zuzumutenden Gehstrecke. Außerdem hat der Kläger selbst mehrfach eingeräumt, kurze Strecken selbst mit dem PKW zurückzulegen.

d.

54

Darüber hinaus erweisen sich die Darstellungen des Klägers über die eingeschränkte körperliche Funktionsfähigkeit teilweise nicht als glaubhaft. Soweit er mehrfach behauptet hat, seit Jahren Tag und Nacht Kompressionsstrümpfe tragen zu müssen, widerspricht dies den Beobachtungen von Dipl.-Med. L. anlässlich ihrer Begutachtung am 2. Juli 2010. Denn sie hat eine Bräunung beider Oberschenkel bis unterhalb der Kniegelenke beschrieben. Dies wäre - selbst in den Sommermonaten - nicht zu erwarten, wenn ganztägig Kompressionsstrümpfe getragen würden. Mehrfach haben Gutachter Hinweise auf eine übertriebene Darstellung der Beschwerdebilder im Sinne einer Aggravation gefunden. Schon der orthopädische Gutachter Dr. B. hatte im Gutachten vom 8. November 2004 auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den relativ dürftigen objektiven Befunden hingewiesen. Auch hatte Prof. Dr. W. mitgeteilt, dass es für das Aufsuchen des Untersuchungszimmers mittels Rollstuhl keine plausiblen Gründe gegeben habe. Das gleiche gilt für seinen Hinweis auf die Diskrepanz zwischen den passiv nur endgradigen, aktiv aber massiven Einschränkungen der Beweglichkeit der Sprunggelenke beidseits. Dipl.-Med. L. wies im Rahmen ihrer Untersuchung ebenfalls auf eine deutliche Beschwerdefixierung hin. Für den Abbruch des absolvierten Gehtests nach 80 m und 3:22 min wegen subjektiver Schmerzzustände fand sich kein objektiver Befund.

e.

55

Der Gesundheitszustand des Klägers hat sich auch nach der letzten Begutachtung durch Prof. Dr. B. im Jahr 2013 nicht wesentlich und dauerhaft verschlechtert. Der Senat hatte daher keinen Anlass, eine weitere Beweiserhebung durchzuführen. Hinzugetreten ist lediglich eine Armverletzung nach einem Sturz Mitte 2013, die nach Mitteilung des behandelnden Internisten Dr. H. im Befundbericht vom 13. Mai 2014 gut abgeheilt ist. Auch Dr. B., bei dem der Kläger alle zwei Wochen wegen der Quick-Werte vorstellig ist, hat im Befundbericht vom 2. September 2014 keine Verschlechterung des Gesundheitszustands feststellen können. Vielmehr hat er einen seit Jahren stabilen Zustand im Bereich der Beine beschrieben. Der Kläger selbst hat nach dem Jahr 2008 bei der VBG keinen Verschlimmerungsantrag mehr gestellt. Dies weist darauf hin, dass es auch nach seiner Einschätzung nicht zu einer Verschlechterung gekommen ist.

56

Im Ergebnis der Beurteilungen ergibt sich das eingangs geschilderte Leistungsbild. Mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich ist der Kläger aber weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1, Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI.

2.

57

Der Kläger ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil er trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte.

a.

58

Es liegt keine schwere spezifischen Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht nämlich noch für Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24, 33f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).

b.

59

Es liegt auch keiner der in der Rechtsprechung anerkannten sog. Katalogfälle vor, die die Einsatzfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).

a.a.

60

Für die Durchführung einer leidensgerechten Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ist es nicht erforderlich, betriebsunübliche Pausen in Anspruch zu nehmen.

61

Soweit Prof. Dr. B. während einer sechsstündigen Arbeitszeit mehrmalige Pausen von fünf Minuten zur Erholung als angemessen angesehen hat, reichen der gesetzliche Arbeitspausenanspruch und die üblichen Verteilzeiten aus. Denn auch am Arbeitsplatz selbst können kurzzeitige Entspannungsphasen - etwa zur empfohlenen Aktivierung der Venentätigkeit - in Anspruch genommen werden

62

Nach § 4 Satz 1 Arbeitszeitgesetz besteht ein gesetzlicher Arbeitspausenanspruch von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden.

63

Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30. März 1989, 6 AZR 326/86, in EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr. 11; vom 27. April 2000, 6 AZR 861/98, in NZA 2001, 274). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (z.B. für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen, vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 7. Auflage, S. 678; LSG Sachsen-Anhalt, L 3 R 136/10, Urteil vom 27. Februar 2013, Sächsisches LSG, Urteil vom 8. Juli 2014, L 5 R 830/12; Bayerisches LSG, Urteil vom 25. Mai 2009).

64

Beispielsweise ist in § 10 des Lohnrahmentarifvertrags des Unternehmerverbands Metall Baden-Württemberg, Bereiche Feinwerktechnik und Metallbau und der IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg vom 16. Mai 2014 über die o.g. gesetzlichen Pausen hinaus eine Erholungszeit von mindestens fünf Minuten in der Stunde sowie ferner eine Zeit für persönliche Bedürfnisse von nicht weniger als drei Minuten in der Stunde vorgesehen.

65

Der Kläger könnte die vom Gutachter empfohlenen fünf Minuten Pause pro Stunde im Rahmen der gesetzlichen Pausenregelung und/oder der üblicherweise zustehenden persönlichen Erholungs- oder persönliche Verteilzeiten nehmen. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob das vorgeschlagene Pausenregime auch medizinisch erforderlich, oder ob es nur empfohlen ist.

b.b.

66

Schließlich ist der Kläger auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Die Gehfähigkeit ist zwar eingeschränkt; er kann aber viermal arbeitstäglich mindestens 500 Meter am Stück ohne unzumutbare Beschwerdezustände in jeweils längstens 20 min zurücklegen.

67

Seine widersprüchlichen Angaben zu einer Gehstrecke von z.T. längstens 100 m oder 200 bis 300 m erachtet der Senat als Schutzbehauptung. Schon die Angabe einer Gehstrecke von längstens 100 m gegenüber dem Gutachter Dr. B. im Jahr 2004 widerspricht seinen Schilderungen gegenüber Dr. B. im Rahmen eines Rentengutachtens im gleichen Jahr. Dort hatte er angegeben, insgesamt eine Stunde in beschränktem Maße mobil zu sein. Gegenüber der Gutachterin Dipl.-Med. L. gab er wiederum an, der Spaziergang "ums Haus" dauere eine halbe Stunde. Bei Prof. Dr. B. hat er eine Gehstrecke von 800 bis 1000 m geschildert. Außerdem hat der Kläger gegenüber dem behandelnden Internisten Dr. H. anamnestisch angegeben, er könne Gehstrecken von 500 m zurücklegen. Der Senat folgt daher der Einschätzung der Gutachter Dipl.-Med. L. und Prof. Dr. B., wonach der Kläger über 500 m täglich ohne unzumutbare Schmerzen und Beschwerden in jeweils weniger als 20 min zurücklegen kann.

68

Darüber hinaus wäre er in der Lage, bei Vorliegen einer eingeschränkten Gehfähigkeit den vorhandenen eigenen PKW zur Erreichung öffentlicher Verkehrsmittel oder eines Betriebs zu nutzen.

II.

69

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 in Italien geborene Kläger erlernte keinen Beruf und hält sich seit 1978 ständig in der Bundesrepublik Deutschland auf. Wegen eines Arbeitsunfalls am 9. Oktober 1985 erhält der Kläger von der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. wegen einer chronischen Synovitis nach Innenmeniskusentfernung des rechten Kniegelenkes mit Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und einer leichten Muskelminderung am rechten Bein. Der Kläger war in unterschiedlichen Beschäftigungen tätig, überwiegend in der Gastronomie als Pizzabäcker und Bedienung und zuletzt bis 14. September 2003 in der Pizzeria seiner Ehefrau. Im Anschluss bezog der Kläger Arbeitslosengeld bis 11. August 2005 und ist seither bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet.
Am 8. November 2005 beantragte der Kläger für die Zeit ab 1. Dezember 2005 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, seit ca fünf Jahren wegen Kniebeschwerden, Asthma bronchiale, Diabetes, Pankreatitis und Panikattacken nur noch drei Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten zu können.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte das internistische und sozialmedizinische Gutachten des Dr. C. vom 9. Februar 2006 ein. Dieser diagnostizierte beim Kläger eine chronische obstruktive Lungenerkrankung, zur Zeit unter Behandlung kompensiert, einen gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II b ohne Sekundärkomplikationen, eine chronische Pankreatitis, zur Zeit unter Therapie weitgehend erscheinungsfrei, eine inkomplette Peronäus-Lähmung rechts ohne wesentliche Gangbehinderung und eine Prostatahyperplasie. Der Kläger sei gesundheitlich in der Lage, eine körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Vermieden werden sollten Arbeiten mit inhalativen Belastungen. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 15. März 2006 ab, weil der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei.
Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte noch den ärztlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. N. vom 26. Juni 2006 ein. Dieser teilte mit, beim Kläger bestünden eine Belastungsdyspnoe, abdominelle Beschwerden und Kniebeschwerden bei Belastung. Da Beratungsarzt Dr. M. keine Befundverschlimmerung und keinen neuen medizinischen Sachverhalt feststellen konnte (Stellungnahme vom 21. Juli 2006), wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2006 zurück. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass der Kläger gesundheitlich noch in der Lage sei, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Damit habe der Kläger noch Zugang zum Arbeitsmarkt und sei nicht erwerbsgemindert.
Mit der am 10. August 2006 beim Sozialgericht Freiburg (SG) dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Summe der vorhandenen Beeinträchtigungen (Pankreatitis, Asthma-Problematik, Einschränkungen im orthopädischen Bereich und Panikattacken) führe zu Erwerbsunfähigkeit.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. N. hat mitgeteilt (Auskunft vom 22. Januar 2007), durch die auftretenden Beschwerden (rezidivierende starke Leibschmerzen, Blähungen und Stuhlanomalitäten, rezidivierende Atemverschlechterungen, Zuckerschwankungen und Phasen labiler psychischer Befindlichkeit) sei der Kläger vermindert leistungsfähig. Mit gewisser Vorsicht könne er maximal sechs Stunden täglich eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. hat den Kläger zuletzt am 14. Februar 2005 gesehen (Auskunft vom 5. Februar 2007). Psychiater und Psychotherapeut Na. behandelt den Kläger seit 19. Dezember 2006 (Auskunft vom 16. Mai 2007). Diagnostisch handele es sich um eine Angst-Panik-Störung auf dem Boden eines depressiv getönten Angstzustandes. Eine leichte Tätigkeit sei dem Kläger bis zu sechs Stunden möglich. Durch die immer wieder auftretenden Dekompensationen komme es zur Zeit zu keiner kontinuierlichen Tätigkeit.
Daraufhin hat das SG das internistische Gutachten des Dr. B. vom 10. August 2007 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 20. Mai 2008 und 20. Juli 2008 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, im Vordergrund der subjektiven gesundheitlichen Beschwerden stehe beim Kläger eine chronische Pankreatitis mit rezidivierenden Schüben. Daneben bestehe eine gastro-ösophageale Refluxkrankheit mit Ösophagitis, eine Mischform einer chronisch-obstruktiven Bronchitis bei Asthma bronchiale bei zum Zeitpunkt der Untersuchung freien Atemwegen ohne Dyspnoe, ein Diabetes mellitus II, Übergewicht, eine Angststörung und eine statische Fehlhaltung der Wirbelsäule. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger sechs Stunden täglich ausüben, wobei zusätzliche Arbeitspausen in zwei- bis dreistündigen Abständen und eine längere Mittagspause erforderlich seien. Abweichungen vom Gutachten des Dr. C. bestünden nicht.
10 
Gegen das Gutachten hat die Beklagte eingewendet (Stellungnahme des Dr. W. vom 10. September 2007), aus den Befunden lasse sich nicht entnehmen, warum der Kläger zusätzliche Arbeitspausen und eine längere Mittagspause benötige.
11 
Der Kläger hat darauf verwiesen, dass er aufgrund der Stuhlinkontinenz von einem Augenblick auf den anderen alles stehen und liegen lassen müsse, um noch rechtzeitig auf die Toilette zu gelangen. Einem Arbeitgeber, insbesondere im Gastronomiegewerbe, sei eine derart unregelmäßige Unterbrechung der Tätigkeit nicht zuzumuten. Er scheide auch aufgrund der Stuhlinkontinenz eine ölige Flüssigkeit aus.
12 
Gegenüber Dr. B., der den Kläger erneut untersucht hat, hat der Kläger angegeben, unverändert fettige Stühle zu haben. Innerhalb von 24 Stunden entleere sich der Darm in der Regel tagsüber, aber auch nachts, zehnmal. Das sei das Minimum. Er könne den Stuhl in der Regel halten, Stuhlverschmierungen im Afterbereich würden auftreten. Dr. B. hat deshalb darauf hingewiesen, eine Stuhlinkontinenz bestehe nicht. Der ölige Stuhl sei durch die Pankreasinsuffizienz bedingt. Eine Änderung der Leistungsbeurteilung ergebe sich nicht. Zusätzliche Arbeitspausen sollten zugestanden werden, um einen Toilettengang mit der entsprechenden Körperpflege zu ermöglichen, um Medikamente außerhalb der regulären Zeiten einnehmen zu können und um sich zu erholen. 15 Minuten dürften für die Arbeitspausen genügen, insbesondere, wenn sie in zweistündigen Abständen beansprucht werden sollten. Für die Mittagspause seien eineinhalb Stunden ausreichend, Kompromisse dürften nicht zu vermeiden sein. Der Gesundheitszustand des Klägers erlaube auch dies.
13 
Da der Kläger darauf hingewiesen hat, dass der Diabetes mittlerweile insulinpflichtig sei, er wegen der öfter auftretenden Panikattacken und Angstzustände täglich Medikamente einnehmen müsse und seit 29. Januar 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt sei, hat das SG nochmals die behandelnden Ärzte gehört und das neurologisch-psychiatrische und psychosomatische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 9. März 2009 eingeholt.
14 
Arzt für Innere Medizin Dr. R. hat mitgeteilt, unter der Insulintherapie hätten sich die Blutzuckerwerte praktisch normalisiert (Auskunft vom 11. September 2008). Als diabetische Folgekomplikation bestehe eine diabetische Polyneuropathie beidseits und eine erektile Dysfunktion. Durch die erhobenen Befunde sei eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im zeitlichen Umfang von sechs Stunden nicht ausgeschlossen. Allerdings sei die berufliche Leistungsfähigkeit möglicherweise bei starken anhaltenden Beschwerden aufgrund der diabetischen Polyneuropathie eingeschränkt. Facharzt für Allgemeinmedizin D., Nachfolger des Dr. N., hat eine Tätigkeit des Klägers aufgrund der bestehenden Diagnosen und Befunde nur für drei bis unter sechs Stunden täglich für möglich erachtet (Auskunft vom 21. Oktober 2008). Herr Na. hat in der erneuten Auskunft vom 23. Oktober 2008 über eine allmähliche Milderung der Angst-Panik-Beschwerden, andererseits eine Verstärkung der depressiven Entwicklung hingewiesen. Der Kläger sei in der Lage, drei bis deutlich unter sechs Stunden täglich tätig zu sein.
15 
Prof. Dr. H. hat ausgeführt, im Vordergrund stünden beim Kläger die gastrointestinalen Beschwerden. Aufgrund einer Abschwächung des Vibrationsgefühls und der Achillessehnenreflexe könne allenfalls von einer leichten beginnenden Polyneuropathie gesprochen werden. Angstzustände und eine depressive Stimmungslage seien in der Untersuchungssituation nicht zu beobachten gewesen. Die episodische, mittelschwere reaktiv-depressive Episode sei deshalb derzeit remittiert. Entsprechend dem Gutachten des Dr. B. sei der Kläger zu einer leichten, vorübergehend auch mittelschweren körperlichen Arbeit unter qualitativen Einschränkungen in der Lage. Das psychische Bild bedinge derzeit keine weitere Leistungseinschränkung. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger Tätigkeiten bis unter sechs Stunden täglich leisten. Zeitlich schätze er das Leistungsvermögen etwas geringer ein als die Vorgutachter, da er die episodischen ängstlich-depressiven Verstimmungen stärker bewerte als die Vorgutachter.
16 
Mit Urteil vom 29. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stünden die gastrointestinalen Beschwerden. Diese führten zu keiner rentenrechtlich relevanten Einschränkung des zeitlichen Restleistungsvermögens. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B.. Die psychiatrischen Beschwerden des Klägers spielten eine untergeordnete Rolle für die Frage der Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens. Dies habe Gutachter Prof. Dr. H. bestätigt. Deshalb sei auch dessen Leistungseinschätzung nicht zu folgen. Denn der psychische Befund sei weitgehend unauffällig gewesen und eventuelle depressive Episoden begründeten allenfalls Arbeitsunfähigkeit, aber keine dauernde Leistungsminderung. Zu einer konkreten Darlegung der Tätigkeiten, zu denen der Kläger aus gesundheitlichen Gründen noch in der Lage sei, bestehe weder aufgrund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch wegen des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes eine Verpflichtung. Denn der Kläger sei noch in der Lage, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten. Umfangreichere Arbeitspausen als nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erforderlich, benötige der Kläger nicht. 15-minütige Pausen alle zwei Stunden könne der Kläger einlegen. Ein Grund für eine längere Mittagspause sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Zusätzliche Arbeitspausen wegen Blutzuckermessungen und Injektionen seien nicht erforderlich.
17 
Gegen das dem Kläger am 22. Oktober 2009 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger beim SG am 30. Oktober 2009 Berufung eingelegt mit der Begründung, der Beurteilung der behandelnden Ärzte sowie des Prof. Dr. H. sei zu folgen. Sofern das SG Bedenken gegen die Richtigkeit der Einschätzung gehabt habe, hätte es einen weiteren Sachverständigen hören müssen. Das imperative Bedürfnis zum Stuhldrang verhindere, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des ArbZG, eine regelmäßige Beschäftigung.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig.
23 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
24 
Facharzt für Allgemeinmedizin D. hat in der Auskunft vom 14. Februar 2010 auf die tendenzielle Verschlechterung der bestehenden Gesundheitsstörungen hingewiesen. Zuletzt habe eine tachykarde Herzrhythmusstörung stationär behandelt werden müssen. Aufgrund der chronischen Diarrhoe und der Blutzuckermessungen seien zusätzliche Arbeitspausen erforderlich. Herr D. hat die ihm vorliegenden Arztberichte vorgelegt. Herr Na. hat in der Auskunft vom 11. Februar 2010 darüber berichtet, dass der Kläger seit Dezember 2009 und besonders nach dem kürzlichen Krankenhausaufenthalt eine verstärkte allgemeine Missbefindlichkeit beklage und er insgesamt depressiv herabgestimmt gewesen sei. Bei Dr. R. hat sich der Kläger seit 1. Dezember 2008 nicht mehr vorgestellt (Auskunft vom 12. März 2010). Dr. K., Chefarzt des B.-K.-Krankenhauses W., hat in der Auskunft vom 21. April 2010 mitgeteilt, aufgrund der diabetischen Stoffwechsellage, dem ständigen Wechsel zwischen Hyper- und Hypoglykämien, verbunden mit der Notwendigkeit regelmäßiger Variation der Nahrungszufuhr, sei eigentlich eine regelmäßige berufliche Tätigkeit nicht möglich. Verschärft werde diese Situation noch durch die Behinderungen durch häufige unkontrollierbare Durchfälle. Die Depression sei nicht ausreichend berücksichtigt.
25 
Die Beklagte ist der Beurteilung der behandelnden Ärzte nicht gefolgt und hat die ärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 3. Mai 2010 vorgelegt.
26 
Schließlich hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. vom 16. Juli 2010. Gegenüber Dr. Sch. hat der Kläger eine Stuhlinkontinenz verneint. Er müsse über zehnmal am Tag zur Toilette zum Stuhlgang, nachts müsse er zwei- bis dreimal Urin lassen. Dr. Sch. ist zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Vermehrte Arbeitspausen seien nicht indiziert, eine Toilette sollte in erreichbarer Nähe sein. Wegen des Diabetes mellitus seien die persönlichen Verteilzeiten ausreichend.
27 
Zu diesem Gutachten hat der Kläger ausgeführt, er habe wie auch schon gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, zB Dr. B., nicht etwa eine Stuhlinkontinenz verneint, sondern diese gerade gegenüber dem Gutachter beschrieben. Er habe Dr. Sch. erklärt, dass er wegen des nicht kontrollierbaren Ölaustritts kaum noch Freunde privat besuchen würde. Dies sei ihm insbesondere deswegen peinlich, weil die ausgeschiedene ölige Flüssigkeit kaum aus der Toilettenschüssel zu entfernen sei. Bezüglich der von Dr. Sch. erwähnten fehlenden Compliance weise er darauf hin, dass er weder am Tag der Untersuchung noch am Tag zuvor auf ausdrückliches Anraten von Herrn Na. ein entsprechendes Medikament zu sich genommen habe, da sich dieses Medikament negativ auf die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit auswirke. Er habe seine Diabetestagebücher dem Gutachter vorgelegt, daraus würden sich erheblich schwankende Blutzuckertagesprofile ergeben. Die Einschätzung des Gutachters, dass sich keine Schwankungen entnehmen ließen, sei daher nicht nachvollziehbar. Er lege deshalb das Tagebuch im Original bis 30. Mai 2010 und anschließend in Fotokopie nochmals vor. Auch die Interpretation des Blutbildes durch Dr. Sch. begegne erheblichen Bedenken. Des Weiteren habe er mitgeteilt, dass er ein bis zwei Koliken pro Woche habe, nachts mehr als zwei- bis dreimal auf die Toilette müsse und auch andere Schmerzen habe. Auch andere Erklärungen habe der Gutachter nicht richtig wiedergegeben. Nachdem es offenbar auch wegen sprachlicher Schwierigkeiten zu Missverständnissen und Unklarheiten gekommen sei, werde beantragt, ein weiteres internistisches/orthopädisches Sachverständigengutachten einzuholen.
28 
Daraufhin hat der Senat Dr. Sch. ergänzend gehört. In der Stellungnahme vom 17. September 2010 hat Dr. Sch. ausgeführt, der Kläger habe explizit eine Stuhlinkontinenz verneint. Er habe sicherlich nicht davon gesprochen, dass er einen unkontrollierbaren Ölaustritt habe. Der Kläger sei vor der Blutentnahme zur Einnahme der Medikamente befragt worden und habe angegeben, am Vorabend die Psychopharmaka eingenommen zu haben. Die Blutzuckerprotokolle habe er eingesehen, auch den weiteren Blutzuckerprotokollen nach der Begutachtung seien keine Hypoglykämien zu entnehmen. Der Diabetes mellitus sei ausreichend eingestellt. Ziel der Marcumar-Gabe sei die Senkung des Quick-Wertes. Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr könnten aufgrund der Marcumarisierung nicht ausgeübt werden, dies habe er bereits in seinem Gutachten berücksichtigt. Der Kläger habe ausdrücklich eingeräumt, dass er keine Koliken mehr habe. Er habe auch explizit angegeben, dass er nachts zwei- bis dreimal zur Toilette müsse und nicht mehr als zwei- bis dreimal. Zusammenfassend ergebe sich keine anderweitige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung. Eine erneute Untersuchung unter Beiziehung eines Dolmetschers werde nicht für erforderlich erachtet. Der Kläger selbst sehe die Schwerpunkte des Beschwerdebildes auf nicht-psychiatrischem Fachgebiet. Die Untersuchungsbefunde seien jedoch nicht derart gravierend, als dass hierdurch auf eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens geschlossen werden könnte.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
31 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
32 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
33 
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, eine leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Sch., aber auch aus den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren, hier insbesondere den Gutachten des Dr. C. und Dr. B. und den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Toilette sollte erreichbar sein. Vermeiden muss der Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen.
34 
Die Belastbarkeit des Klägers ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im internistischen Bereich eingeschränkt. Der Kläger leidet insbesondere an einer chronischen Pankreatitis mit erhöhter Stuhlfrequenz (aber ohne Kachexie), daneben auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einem intermittierenden Vorhofflimmern und einer bekannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Bezüglich der chronischen Pankreatitis hat der Kläger gegenüber Dr. Sch. explizit eine Stuhlinkontinenz, definiert als Unvermögen der willkürlichen Stuhlzurückhaltung, und Koliken verneint. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Sch. und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2010. Der Kläger hat lediglich angegeben, bei Stuhldrang immer direkt zur Toilette gehen zu müssen. Damit wird jedoch keine Stuhlinkontinenz beschrieben. Die bloße Behauptung des Klägers, gegenüber Dr. Sch. wie auch gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, insbesondere zB Dr. B., nicht etwa eine Inkontinenz verneint zu haben, sondern diese gerade beschrieben zu haben, ist nicht glaubhaft. Denn Dr. B., der den Kläger zweimal untersucht hat, hat ebenfalls eine Stuhlinkontinenz gerade nicht feststellen können. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger ausdrücklich angegeben, den Stuhl in der Regel halten zu können und innerhalb von 24 Stunden an zehn Darmentleerungen zu leiden. Dass die Gutachter die Angaben des Klägers aufgrund der Sprachschwierigkeiten missverstanden haben könnten, ist nicht ersichtlich. Denn keiner der bisherigen Gutachter hat bei der Begutachtung Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Kommunikationsfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache gefunden, sämtliche Begutachtungen wurden ohne Dolmetscher durchgeführt. Zur Einschaltung eines Dolmetschers hat auch kein Anlass bestanden, da zB der frühere Hausarzt des Klägers, Dr. N., im Befundbericht vom 26. Juni 2006 die Verständigungsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache ausdrücklich bejaht hat. Des Weiteren ergibt sich aus der Begutachtungssituation bei Dr. Sch. die Richtigkeit der vom Gutachter wiedergegebenen Angaben des Klägers. Denn Dr. Sch. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für eine Stuhlinkontinenz auch in der Gutachtenssituation kein Anhalt ergeben hat und eine solche auch pathophysiologisch nicht ausreichend erklärbar wäre, da eine Sphinkterschwäche nicht nachgewiesen ist. Die vom Kläger noch durchgeführten Aktivitäten wie zB regelmäßige Fahrten mit der Ehefrau von W. nach Freiburg (auch wenn der Kläger dort in einem Café wartet) und eine Reise nach Italien sprechen ebenfalls gegen eine Stuhlinkontinenz. Schließlich finden sich bezüglich einer Stuhlinkontinenz keinerlei Hinweise in den vorliegenden Arztbriefen und sachverständigen Zeugenauskünften. Die chronische Pankreatitis hat deshalb zur Überzeugung des Senats beim Kläger lediglich eine erhöhte Stuhlfrequenz zur Folge, jedoch keine Stuhlinkontinenz. Ob der Kläger deshalb an sog Fettstühlen leidet und eine „ölige Flüssigkeit“ ausscheidet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass dieses Ausscheiden unkontrollierbar erfolgt. Gegen das Auftreten massiver Fettstühle und eine Malabsorption im Darmtrakt spricht im Übrigen, dass der Kläger nicht an Kachexie leidet und die Serumeiweißelektrophorese, die Dr. Sch. durchgeführt hat, unauffällig war. Des Weiteren leidet der Kläger an mittellebhaften Darmgeräuschen, einem geblähten Bauch und vermehrtem Abgang von Winden. Auswirkungen der chronischen Pankreatitis auf das berufliche Leistungsvermögen ergeben sich dadurch, dass eine Toilette in erreichbarer Nähe sein sollte. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich jedoch nicht.
35 
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus ist seit Beginn der Insulintherapie zunächst gut eingestellt gewesen (Auskunft Dr. R. vom 11. September 2008) und auch jetzt noch ausreichend eingestellt (Gutachten des Dr. Sch.), weshalb sich hieraus ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt. Aus den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Tagebüchern lassen sich keine weiteren Funktionsstörungen entnehmen. Dr. Sch. hat diese schon bei der Erstbegutachtung ausgewertet und weist auch in der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar darauf hin, dass entscheidend die Hypoglykämien sind und solche von Blutzuckerwerten von <40 mg/dl dargestellt werden und bei Werten >40 mg/dl entscheidend ist, ob Symptome der Unterzuckerung vorliegen. Mit den immer über 40 mg/dl angegebenen Blutzuckerwerten ergeben sich aber aus den Tagebüchern keine Hypoglykämien. Selbst Dr. R. hat in der Auskunft vom 11. September 2008 eine sechsstündige Tätigkeit für möglich erachtet. Allerdings sollte nach Ansicht des Dr. Sch. eine Nachtschichttätigkeit vermieden werden.
36 
Das intermittierende Vorhofflimmern und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ziehen keine Leistungseinschränkungen nach sich, insbesondere zeigt sich die Lungenerkrankung ohne pulmonale Dekompensationszeichen (Gutachten des Dr. C. und des Dr. Sch.). Eine Dyspnoe hat sich auch bei der Untersuchung durch Dr. B. nicht vorgelegen. Wegen der Marcumarisierung muss der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr meiden.
37 
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger nach den Gutachten des Dr. B. und des Dr. Sch. an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Deshalb sind dem Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Tätigkeiten mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen nicht mehr möglich. Befunde oder Funktionseinschränkungen, die auch eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
38 
Schließlich leidet der Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an anamnestisch depressiven Episoden mit situationsgebundenen Ängsten, Verdacht auf Spannungskopfschmerzen und einer sensiblen und beinbetonten Polyneuropathie. Der psychopathologische Befund bei der Untersuchung durch Dr. Sch. war unauffällig, ebenso lag eine depressive Stimmungslage nicht vor. Dies entspricht auch den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Für eine manifeste, floride psychische Erkrankung ergibt sich daher insgesamt beim Kläger kein Anhalt. Dafür spricht auch, dass Dr. Sch. das vom Kläger eingenommene Antidepressivum im Blut nicht nachweisen konnte, obwohl der Kläger angegeben hatte, es am Vorabend eingenommen zu haben. Nach Erhalt des Gutachtens hat der Kläger erklärt, das Medikament auf Anraten seines Arztes auch am Vorabend nicht eingenommen zu haben. Dahinstehen kann, ob diese Angabe als Schutzbehauptung zu werten ist, auch wenn auffällig ist, dass der behandelnde Arzt damit ein Absetzphänomen riskiert hätte und es sich bei dem vom Kläger eingenommenen Medikament um ein nicht-sedierendes Antidepressivum handelt (Stellungnahme Dr. Sch.). Das kann jedoch dahinstehen, da allein der unauffällige psychische Befund, den nicht nur Dr. Sch., sondern auch schon Prof. Dr. H. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung spricht. Im Einzelnen hat die Befunderhebung durch Dr. Sch. keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung des Klägers ergeben. Eine depressive Stimmung hat nicht vorgelegen. Das Durchhaltevermögen war während der Begutachtung nicht eingeschränkt, die kognitiven Funktionen erhalten. Der Kläger hat sich geistig gut flexibel gezeigt und ist in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements, auch liegen keine Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Deshalb sind keine (Funktions-) Einschränkungen der Belastbarkeit des Klägers ersichtlich und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründbar. Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Prof. Dr. H. ist daher nicht zu folgen. Denn ein psychiatrischer Befund, der eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte, konnte gerade nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat selbst schon Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass das psychische Bild keine weitere Leistungseinschränkung nach sich zieht, ohne dies bei seiner Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen.
39 
Funktionsstörungen aufgrund der Spannungskopfschmerzen werden nicht geschildert. Schließlich zieht die Polyneuropathie keine signifikanten motorischen Ausfälle nach sich, die Wegefähigkeit zu Fuß ist nicht eingeschränkt. Allerdings sind wegen der Polyneuropathie Tätigkeiten mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, nicht vertretbar.
40 
Die von Dr. C. diagnostizierte inkomplette Peronäus-Läsion und die Prostatahyperplasie ziehen ebenfalls keine Funktionsstörungen nach sich. Insbesondere wirkt sich die inkomplette Peronäus-Läsion wie schon die Polyneuropathie nicht wesentlich auf das Gehvermögen des Klägers aus.
41 
Der Beurteilung der behandelnden Ärzte kann nicht gefolgt werden. Herr Na. verweist auf immer wieder auftretende Dekompensationen bzw eine Verstärkung der depressiven Entwicklung, beides war aber gerade in den Begutachtungssituationen nicht nachweisbar, insbesondere keine depressive Herabgestimmtheit. Deshalb liegt auch die von Dr. K. als leistungsmindernd erwähnte Depression nicht vor. Dr. K. hat im Übrigen nur allgemein auf „die diabetische Stoffwechsellage, die kardialen Befunde und insbesondere auch die Auswirkung der schweren Depression“ hingewiesen und damit keine konkreten Befunde benannt, die ein Abweichen von den Einschätzungen des Dr. B. und Dr. Sch. begründen könnten. Herr D. hat seine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht mit Funktionseinschränkungen begründet. Die von ihm erwähnten Befunde (Hyper- und Hypoglykämien mit einem Blutzucker zwischen 40 und 300 mg/dl mit Unwohlsein, Bewegungseinschränkung der HWS, Panikzustände) sind zum Teil ungenau und begründen jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung, was sich aus der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. Sch. ergibt.
42 
Der für den Kläger noch in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist auch nicht verschlossen. Denn der Kläger kann unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbstätig sein. Der Umstand, dass er mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen können muss, führt nicht dazu, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn die Notwendigkeit von kurzen Pausen, um die Toilette aufzusuchen, ist noch im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten möglich, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (zuletzt Urteil vom 20. April 2010, Aktenzeichen L 11 R 267/09). Dies gilt auch, wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - an einem sog Stuhldrang leidet, also an einem schwer zu kontrollierbaren Drang, auf die Toilette zu müssen.
43 
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsstätten-verordnung (ArbStättV) Toilettenräume bereitzustellen hat. Nach Nr 4.1 Abs 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl § 7 Abs 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw die Toiletten unabhängig von Nr 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden für zB den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw (vgl Landessozialgericht Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, juris, Rn 87). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil, Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06, mit weiteren Nachweisen, juris).
44 
Das Erfordernis des häufigen und ggf dringenden Toilettenbesuchs steht somit einer Arbeitstätigkeit nicht entgegen. Das gilt auch für die Notwendigkeit, den Blutzucker zu messen und sich Insulin zu spritzen. Dr. R. hat ausgeführt, dass sich der Kläger vor jeder Hauptmahlzeit den Blutzucker messen und Insulin injizieren muss. Im Wesentlichen kann der Kläger diesen Anforderungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit nachkommen. Die bei einer Insulintherapie notwendigen Pausen zur Messung des Zuckers und zur Nahrungsaufnahme können im Übrigen in den üblichen Arbeitsalltag integriert werden (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007, aaO).
45 
Schließlich ist die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Erkrankungen, die die Wegstrecke beschränken, liegen nicht vor, die Polyneuropathie wirkt sich diesbezüglich nicht aus. Aufgrund seines häufigen Stuhldrangs ist der Kläger bezüglich der Wegefähigkeit ebenfalls nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aus dem von Dr. Sch. erhobenen Alltagsaktivitäten und der Tatsache, dass der Kläger in der Lage war, die Strecke von W. nach Mannheim zur Begutachtung bei Dr. Sch. allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
46 
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
47 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
48 
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche „Leitberufe“ charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris).
49 
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Pizzabäcker, Bedienung und Aushilfe im Gastronomiebereich beschäftigt. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
51 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Gründe

 
30 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
31 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
32 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
33 
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, eine leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Sch., aber auch aus den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren, hier insbesondere den Gutachten des Dr. C. und Dr. B. und den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Toilette sollte erreichbar sein. Vermeiden muss der Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen.
34 
Die Belastbarkeit des Klägers ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im internistischen Bereich eingeschränkt. Der Kläger leidet insbesondere an einer chronischen Pankreatitis mit erhöhter Stuhlfrequenz (aber ohne Kachexie), daneben auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einem intermittierenden Vorhofflimmern und einer bekannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Bezüglich der chronischen Pankreatitis hat der Kläger gegenüber Dr. Sch. explizit eine Stuhlinkontinenz, definiert als Unvermögen der willkürlichen Stuhlzurückhaltung, und Koliken verneint. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Sch. und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2010. Der Kläger hat lediglich angegeben, bei Stuhldrang immer direkt zur Toilette gehen zu müssen. Damit wird jedoch keine Stuhlinkontinenz beschrieben. Die bloße Behauptung des Klägers, gegenüber Dr. Sch. wie auch gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, insbesondere zB Dr. B., nicht etwa eine Inkontinenz verneint zu haben, sondern diese gerade beschrieben zu haben, ist nicht glaubhaft. Denn Dr. B., der den Kläger zweimal untersucht hat, hat ebenfalls eine Stuhlinkontinenz gerade nicht feststellen können. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger ausdrücklich angegeben, den Stuhl in der Regel halten zu können und innerhalb von 24 Stunden an zehn Darmentleerungen zu leiden. Dass die Gutachter die Angaben des Klägers aufgrund der Sprachschwierigkeiten missverstanden haben könnten, ist nicht ersichtlich. Denn keiner der bisherigen Gutachter hat bei der Begutachtung Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Kommunikationsfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache gefunden, sämtliche Begutachtungen wurden ohne Dolmetscher durchgeführt. Zur Einschaltung eines Dolmetschers hat auch kein Anlass bestanden, da zB der frühere Hausarzt des Klägers, Dr. N., im Befundbericht vom 26. Juni 2006 die Verständigungsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache ausdrücklich bejaht hat. Des Weiteren ergibt sich aus der Begutachtungssituation bei Dr. Sch. die Richtigkeit der vom Gutachter wiedergegebenen Angaben des Klägers. Denn Dr. Sch. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für eine Stuhlinkontinenz auch in der Gutachtenssituation kein Anhalt ergeben hat und eine solche auch pathophysiologisch nicht ausreichend erklärbar wäre, da eine Sphinkterschwäche nicht nachgewiesen ist. Die vom Kläger noch durchgeführten Aktivitäten wie zB regelmäßige Fahrten mit der Ehefrau von W. nach Freiburg (auch wenn der Kläger dort in einem Café wartet) und eine Reise nach Italien sprechen ebenfalls gegen eine Stuhlinkontinenz. Schließlich finden sich bezüglich einer Stuhlinkontinenz keinerlei Hinweise in den vorliegenden Arztbriefen und sachverständigen Zeugenauskünften. Die chronische Pankreatitis hat deshalb zur Überzeugung des Senats beim Kläger lediglich eine erhöhte Stuhlfrequenz zur Folge, jedoch keine Stuhlinkontinenz. Ob der Kläger deshalb an sog Fettstühlen leidet und eine „ölige Flüssigkeit“ ausscheidet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass dieses Ausscheiden unkontrollierbar erfolgt. Gegen das Auftreten massiver Fettstühle und eine Malabsorption im Darmtrakt spricht im Übrigen, dass der Kläger nicht an Kachexie leidet und die Serumeiweißelektrophorese, die Dr. Sch. durchgeführt hat, unauffällig war. Des Weiteren leidet der Kläger an mittellebhaften Darmgeräuschen, einem geblähten Bauch und vermehrtem Abgang von Winden. Auswirkungen der chronischen Pankreatitis auf das berufliche Leistungsvermögen ergeben sich dadurch, dass eine Toilette in erreichbarer Nähe sein sollte. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich jedoch nicht.
35 
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus ist seit Beginn der Insulintherapie zunächst gut eingestellt gewesen (Auskunft Dr. R. vom 11. September 2008) und auch jetzt noch ausreichend eingestellt (Gutachten des Dr. Sch.), weshalb sich hieraus ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt. Aus den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Tagebüchern lassen sich keine weiteren Funktionsstörungen entnehmen. Dr. Sch. hat diese schon bei der Erstbegutachtung ausgewertet und weist auch in der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar darauf hin, dass entscheidend die Hypoglykämien sind und solche von Blutzuckerwerten von <40 mg/dl dargestellt werden und bei Werten >40 mg/dl entscheidend ist, ob Symptome der Unterzuckerung vorliegen. Mit den immer über 40 mg/dl angegebenen Blutzuckerwerten ergeben sich aber aus den Tagebüchern keine Hypoglykämien. Selbst Dr. R. hat in der Auskunft vom 11. September 2008 eine sechsstündige Tätigkeit für möglich erachtet. Allerdings sollte nach Ansicht des Dr. Sch. eine Nachtschichttätigkeit vermieden werden.
36 
Das intermittierende Vorhofflimmern und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ziehen keine Leistungseinschränkungen nach sich, insbesondere zeigt sich die Lungenerkrankung ohne pulmonale Dekompensationszeichen (Gutachten des Dr. C. und des Dr. Sch.). Eine Dyspnoe hat sich auch bei der Untersuchung durch Dr. B. nicht vorgelegen. Wegen der Marcumarisierung muss der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr meiden.
37 
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger nach den Gutachten des Dr. B. und des Dr. Sch. an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Deshalb sind dem Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Tätigkeiten mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen nicht mehr möglich. Befunde oder Funktionseinschränkungen, die auch eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
38 
Schließlich leidet der Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an anamnestisch depressiven Episoden mit situationsgebundenen Ängsten, Verdacht auf Spannungskopfschmerzen und einer sensiblen und beinbetonten Polyneuropathie. Der psychopathologische Befund bei der Untersuchung durch Dr. Sch. war unauffällig, ebenso lag eine depressive Stimmungslage nicht vor. Dies entspricht auch den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Für eine manifeste, floride psychische Erkrankung ergibt sich daher insgesamt beim Kläger kein Anhalt. Dafür spricht auch, dass Dr. Sch. das vom Kläger eingenommene Antidepressivum im Blut nicht nachweisen konnte, obwohl der Kläger angegeben hatte, es am Vorabend eingenommen zu haben. Nach Erhalt des Gutachtens hat der Kläger erklärt, das Medikament auf Anraten seines Arztes auch am Vorabend nicht eingenommen zu haben. Dahinstehen kann, ob diese Angabe als Schutzbehauptung zu werten ist, auch wenn auffällig ist, dass der behandelnde Arzt damit ein Absetzphänomen riskiert hätte und es sich bei dem vom Kläger eingenommenen Medikament um ein nicht-sedierendes Antidepressivum handelt (Stellungnahme Dr. Sch.). Das kann jedoch dahinstehen, da allein der unauffällige psychische Befund, den nicht nur Dr. Sch., sondern auch schon Prof. Dr. H. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung spricht. Im Einzelnen hat die Befunderhebung durch Dr. Sch. keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung des Klägers ergeben. Eine depressive Stimmung hat nicht vorgelegen. Das Durchhaltevermögen war während der Begutachtung nicht eingeschränkt, die kognitiven Funktionen erhalten. Der Kläger hat sich geistig gut flexibel gezeigt und ist in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements, auch liegen keine Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Deshalb sind keine (Funktions-) Einschränkungen der Belastbarkeit des Klägers ersichtlich und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründbar. Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Prof. Dr. H. ist daher nicht zu folgen. Denn ein psychiatrischer Befund, der eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte, konnte gerade nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat selbst schon Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass das psychische Bild keine weitere Leistungseinschränkung nach sich zieht, ohne dies bei seiner Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen.
39 
Funktionsstörungen aufgrund der Spannungskopfschmerzen werden nicht geschildert. Schließlich zieht die Polyneuropathie keine signifikanten motorischen Ausfälle nach sich, die Wegefähigkeit zu Fuß ist nicht eingeschränkt. Allerdings sind wegen der Polyneuropathie Tätigkeiten mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, nicht vertretbar.
40 
Die von Dr. C. diagnostizierte inkomplette Peronäus-Läsion und die Prostatahyperplasie ziehen ebenfalls keine Funktionsstörungen nach sich. Insbesondere wirkt sich die inkomplette Peronäus-Läsion wie schon die Polyneuropathie nicht wesentlich auf das Gehvermögen des Klägers aus.
41 
Der Beurteilung der behandelnden Ärzte kann nicht gefolgt werden. Herr Na. verweist auf immer wieder auftretende Dekompensationen bzw eine Verstärkung der depressiven Entwicklung, beides war aber gerade in den Begutachtungssituationen nicht nachweisbar, insbesondere keine depressive Herabgestimmtheit. Deshalb liegt auch die von Dr. K. als leistungsmindernd erwähnte Depression nicht vor. Dr. K. hat im Übrigen nur allgemein auf „die diabetische Stoffwechsellage, die kardialen Befunde und insbesondere auch die Auswirkung der schweren Depression“ hingewiesen und damit keine konkreten Befunde benannt, die ein Abweichen von den Einschätzungen des Dr. B. und Dr. Sch. begründen könnten. Herr D. hat seine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht mit Funktionseinschränkungen begründet. Die von ihm erwähnten Befunde (Hyper- und Hypoglykämien mit einem Blutzucker zwischen 40 und 300 mg/dl mit Unwohlsein, Bewegungseinschränkung der HWS, Panikzustände) sind zum Teil ungenau und begründen jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung, was sich aus der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. Sch. ergibt.
42 
Der für den Kläger noch in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist auch nicht verschlossen. Denn der Kläger kann unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbstätig sein. Der Umstand, dass er mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen können muss, führt nicht dazu, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn die Notwendigkeit von kurzen Pausen, um die Toilette aufzusuchen, ist noch im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten möglich, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (zuletzt Urteil vom 20. April 2010, Aktenzeichen L 11 R 267/09). Dies gilt auch, wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - an einem sog Stuhldrang leidet, also an einem schwer zu kontrollierbaren Drang, auf die Toilette zu müssen.
43 
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsstätten-verordnung (ArbStättV) Toilettenräume bereitzustellen hat. Nach Nr 4.1 Abs 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl § 7 Abs 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw die Toiletten unabhängig von Nr 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden für zB den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw (vgl Landessozialgericht Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, juris, Rn 87). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil, Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06, mit weiteren Nachweisen, juris).
44 
Das Erfordernis des häufigen und ggf dringenden Toilettenbesuchs steht somit einer Arbeitstätigkeit nicht entgegen. Das gilt auch für die Notwendigkeit, den Blutzucker zu messen und sich Insulin zu spritzen. Dr. R. hat ausgeführt, dass sich der Kläger vor jeder Hauptmahlzeit den Blutzucker messen und Insulin injizieren muss. Im Wesentlichen kann der Kläger diesen Anforderungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit nachkommen. Die bei einer Insulintherapie notwendigen Pausen zur Messung des Zuckers und zur Nahrungsaufnahme können im Übrigen in den üblichen Arbeitsalltag integriert werden (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007, aaO).
45 
Schließlich ist die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Erkrankungen, die die Wegstrecke beschränken, liegen nicht vor, die Polyneuropathie wirkt sich diesbezüglich nicht aus. Aufgrund seines häufigen Stuhldrangs ist der Kläger bezüglich der Wegefähigkeit ebenfalls nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aus dem von Dr. Sch. erhobenen Alltagsaktivitäten und der Tatsache, dass der Kläger in der Lage war, die Strecke von W. nach Mannheim zur Begutachtung bei Dr. Sch. allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
46 
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
47 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
48 
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche „Leitberufe“ charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris).
49 
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Pizzabäcker, Bedienung und Aushilfe im Gastronomiebereich beschäftigt. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
51 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) über den 30. Juni 2010 hinaus.

2

Der am ... 1958 geborene Kläger hatte während der versicherungspflichtigen Beschäftigung als Fenster-/Fassadenmonteur am 12. März 1998 eine Zerrung der linken Wade und eine Distorsion des linken Sprunggelenks erlitten. In der Folge war es zu einer Dreietagenthrombose des linken Beins gekommen. Am 9. Juni 1999 hatte er einen Muskelfaserriss im Bereich der rechten Wade erlitten, ebenfalls mit der Folge einer Dreietagenthrombose des rechten Beins sowie einer Lungenembolie. Seit dieser Zeit findet eine kontinuierliche Langzeitantikoagulation mit Falithrom statt. Wegen beider Unfälle erhält der Kläger von der Verwaltung-Berufsgenossenschaft (VBG) eine Rente nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), seit dem 1. Februar 2004 nach einer MdE von 20 % (postthrombotisches Syndrom III. Grades) für die Folgen des Versicherungsfalls im Bereich des linken Beins und nach einer MdE von 10 % im Bereich des rechten Beins (leichtes postthrombotisches Syndrom).

3

Auf den ersten Rentenantrag vom 17. August 2004 hatte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten von Dr. B. vom 18. November 2004 eingeholt. Dieser hatte ein postthrombotisches Syndrom beider Unterschenkel sowie eine Arthrose des Großzehengrundgelenks links mit Einschränkung der Dorsalflexion diagnostiziert. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den beklagten Beschwerden und dem relativ dürftigen objektiven Befund. Die Angabe des Klägers, er könne wegen zunehmender Schmerzen nur 100 m gehen, könne ihm nicht abgenommen werden. Die Abrollbehinderung am linken Fuß wäre durch Einlagen korrigierbar. Körperlich leichtere Tätigkeiten in Wechselhaltung sowie die mithelfende Tätigkeit in der Imbissgaststätte der Ehefrau seien ganztägig möglich. Lediglich ständiges Gehen sowie schweres Heben, Tragen und Arbeiten im Hocken seien unzumutbar. Der Rentenantrag war abgelehnt worden. Im Rahmen des folgenden Klageverfahrens (S 13 R 237/05) hatte das Sozialgericht ein am 7. Mai 2007 eingegangenes internistisch-angiologisches Gutachten des Prof. Dr. P. eingeholt. Der Gutachter hatte diskrete Unterschenkelödeme nach Ablegen der Kompressionsstrümpfe beschrieben. Er hatte die Umfangsmaße der unteren Extremitäten (Oberschenkel 53/53 cm, Wadenmitte 41/40 cm, supramaleolär 26/25 cm) ermittelt und eine Duplex-Sonographie durchgeführt. Er hatte eine postthrombotische chronische Veneninsuffizienz beidseits mit Stauungsdermatose und Zustand nach Ulcus cruris postthromboticum, rechts Stadium III nach Widmer, links Stadium II, diagnostiziert. Ferner lägen eine Arthrose des Großzehengrundgelenks links und eine Bewegungseinschränkung beider oberen Sprunggelenke vor. Die Beweglichkeitseinschränkung der Sprung- und Zehengelenke vermindere die Wirksamkeit der Wadenmuskelpumpe erheblich. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen mit weiteren Einschränkungen vier bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Länger andauernde Arbeitsbelastungen seien aufgrund der schweren chronischen Veneninsuffizienz nicht mehr möglich. Daraufhin hatte die Beklagte im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 31. Juli 2007 dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2010 bewilligt.

4

Der Kläger beantragte am 26. Januar 2010 die Weiterbewilligung der Rente. Die Beklagte holte von der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. L. von ihrem Sozialmedizinischen Dienst (SMD) das Gutachten vom 13. Juli 2010 ein. Dort gab der Kläger an, schmerzbedingt komme es zu einer zunehmenden Versteifung in den Füßen ab ca. 100 m Gehstrecke. Nach einem Spaziergang um den Block (eine halbe Stunde) seien die Beine geschwollen und er müsse sich zwei Stunden ausruhen. Er könne nur noch kurze Strecken mit dem Auto fahren. Die Gutachterin beschrieb ein rechtshinkendes Gangbild ohne Abrollbewegungen. Die Beweglichkeit beider oberen Sprunggelenke für Heben/Senken (10°/0/10°) sei eingeschränkt. In den unteren Sprunggelenkgelenken seien nur Wackelbewegungen möglich. Es bestehe eine Umfangsdifferenz zugunsten rechts von 1 cm im Oberschenkelbereich und über der Patella. Es falle eine deutliche Fixierung auf das Beschwerdebild auf. Eine Fahrradergometrie habe der Kläger als nicht durchführbar angesehen. Im Gehtest habe er 80 m in 3:22 min bei Abbruch wegen angegebener Schmerzen in der rechten Kniekehle und im linken Sprunggelenk absolviert. Die Gutachterin diagnostizierte ein postthrombotisches Syndrom beidseits, Zustand nach Beckenvenenthrombose rechts 1998 und links mit Lungenembolie 1999 sowie eine Bewegungseinschränkung der Sprunggelenke beidseits. Gegen die Angabe, Tag und Nacht Kompressionsstrümpfe tragen zu müssen, spreche, dass beide Oberschenkel bis unterhalb der Kniegelenke gebräunt seien. Das geringe Umfangsdefizit zu Gunsten des rechten Beins spreche gegen die beim Gehen demonstrierte Schonhaltung. Das rechtsseitige Hinken sei mit der beidseits gleichen Einschränkung der Sprunggelenksbeweglichkeit nicht zu erklären. Der Kläger könne körperlich leichte sowie geistig durchschnittlich schwierige Tätigkeiten im selbst gewählten Positionswechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Wärme und Kälte, mit Verletzungsgefahr sowie häufiges Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten.

5

Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 26. August 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juli 2007 auf Dauer, lehnte aber eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab. Es liege keine volle Erwerbsminderung vor.

6

Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2011 als unbegründet zurück. Es bestehe ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte sowie geistig durchschnittlich schwierige Tätigkeiten im selbst gewählten Positionswechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Wärme und Kälte, mit Verletzungsgefahr sowie häufiges Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten.

7

Dagegen hat der Kläger am 9. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Der Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert. Das Gutachten des Prof. Dr. P. vom 7. Mai 2007 müsse Berücksichtigung finden. Er hat ferner Einwände gegen das Gutachten des SMD erhoben. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des Dr. B. vom 25. August 2011 eingeholt. Dieser hat angegeben, die Beschwerdesymptomatik beider Beine sei seit Jahren unverändert, eine genaue körperliche Untersuchung sei nicht erfolgt. Zumindest mittelschwere Arbeiten mit weiteren Einschränkungen müssten sechs Stunden täglich möglich sein.

8

Ferner hat das Sozialgericht ein fachinternistisch-angiologisches Gutachten von Prof. Dr. B. vom 8. April 2013 erstatten lassen. Eine erste Untersuchung des Klägers am 13. März 2013 erfolgte durch den Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. B. Eine zweite Untersuchung am 8. April 2013 ist durch den bestellten Gutachter selbst erfolgt. Der Kläger habe eine Wegstrecke von 800 bis 1000 m sowie schmerzhafte Bewegungseinschränkungen beider Beine angegeben. Die apparative Befundung (EKG, Echokardiographie, Laborparameter, Röntgen-Thorax, Lungenfunktionstest, Spirometrie und Bodyplethysmographie) habe normale Blutgaswerte und eine Lungenfunktion mit mittelgradiger Obstruktion ergeben. Die Venenverschlussplethysmographie zeige insgesamt zu den Vorbefunden eine Besserung. Die venöse Kapazität sei lediglich noch links im Sinne eines postthrombotischen Syndroms vermindert, rechts liege sie im Normbereich (Venöse Kapazität: rechts 3,5 ml/100 ml Gewebe, links 1,7 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 36,5 ml/100 ml Gewebe/min, links 44,5 ml/100 ml Gewebe/min). Auch die Duplexsonographie der Beinvenen beidseits zeige keine großen Insuffizienzen. Nach Abnahme der Kompressionsstrümpfe hätten sich keine Ödeme oder Hinweise für eine arterielle Makroangiopathie gefunden. Es bestehe eine leichte Beinumfangszunahme gegenüber 2008 ohne relevante Seitenumfangsdifferenz (Oberschenkel 64/63 cm, 54/54 cm, Unterschenkel 46/45 cm, 46/48 cm, 37/41 cm). Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt:

9

Zustand nach beidseitiger Mehretagenthrombose und Lungenembolie beidseits 1998 und 1999 mit aktuell rekanalisierter Thrombose beidseits.

10

Zeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz mit Klappenveneninsuffizienzen der oberflächlichen und tiefen Venen des Unterschenkels beidseits.

11

postthrombotisches Syndrom mit eingeschränkter venöser Kapazität links.

12

mittelgradige Obstruktion der Lungenfunktion (bei fortgesetztem Nikotinabusus).

13

Verdacht auf arterielle Hypertonie (bisher ohne medikamentöse Behandlung).

14

Hyperlipoproteinämie.

15

Adipositas mit einem BMI von 34 (187 cm, 103 kg).

16

Die beklagten Beweglichkeitseinschränkungen und Schmerzen seien aus angiologischer Sicht nicht nachzuvollziehen, da eine venöse Abflussstörung apparativ nicht nachweisbar sei. Die MdE werde aus internistisch-angiologischer Sicht mit 20 % eingeschätzt (postthrombotisches Syndrom II. Grades beidseits). Eine Verschlechterung sei aus angiologischer Sicht nicht eingetreten. Der Kläger könne körperliche Arbeiten im wechselseitigen Gehen und Stehen, in geschlossenen Räumen oder unter Witterungsschutz, an laufenden Maschinen, unter erheblichem Zeitdruck oder mit festgelegtem Rhythmus uneingeschränkt ausüben. Ausgeschlossen seien lediglich schwere Beanspruchungen der Beine beidseits. Keine Einschränkungen seien hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten erkennbar. Die Leistungsfähigkeit könnte durch ein vermehrtes Pausieren im Arbeitsprozess erhalten bleiben. Bei einer sechsstündigen Arbeitszeit seien mehrmalige Pausen von fünf Minuten zur Erholung als angemessen anzusehen. Längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten oder Arbeitsunterbrechungen seien nicht zu erwarten. Der Kläger könne viermal täglich 500 m mit zumutbaren Beschwerden und unter Einlegung von kurzen Pausen zu Fuß zurücklegen. Eine peripher arterielle Durchblutungsstörung oder ein reduzierter Muskelstatus lägen nicht vor. Auch die selbst angegebene Gehstrecke von 800 bis 1000 m scheine zumutbar zu sein. Der Kläger könne ein Kraftfahrzeug selbstständig führen, er sei zu Begutachtung mit dem Pkw selbstständig erschienen. Eine weitere Fachbegutachtung sei nicht erforderlich.

17

Der Kläger hat sowohl zur Untersuchung als auch zum Gutachten umfangreiche Einwände erhoben. Die Beklagte hat eine Stellungnahme des SMD vom 15. Juli 2013 vorgelegt.

18

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. November 2013 abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert. Er könne mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Nach den vorliegenden Gutachten sei eine objektive Besserung der Befunde eingetreten. Das Gutachten des Prof. Dr. B. vom 8. April 2013 sei verwertbar, da er am 8. April 2013 eine persönliche Untersuchung des Klägers durchgeführt habe. Dessen Einschätzung stimme im Übrigen mit der des behandelnden Arztes Dr. B. überein.

19

Gegen das ihm am 14. Januar 2014 zugestellten Urteil der Kläger am 27. Januar 2014 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat abermals Einwendungen gegen das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten erhoben. Ferner hat er eine schleichende Verschlechterung der Symptomatik vorgetragen. Er hat Fotos über beide Beine, aufgenommen am 27. Juni 2013, vorgelegt. Im weiteren Verlaufe hat er geltend gemacht: Neu hinzugetreten sei ein Treppensturz im Juli 2013 mit Verletzung des linken Unterarms.

20

Der Kläger beantragt,

21

das Urteil des Sozialgerichts vom 8. November 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2011 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch die im Berufungsverfahren eingeholten weiteren Befundberichte führten nicht zu einer abweichenden Einschätzung des Leistungsvermögens.

25

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. H. hat im Befundbericht vom 13. Mai 2014 über eine letztmalige Behandlung des Klägers am 29. Juli 2013 bei seiner Urlaubsvertretung wegen einer Verletzung des linken Arms berichtet. Anamnestisch sei eine mögliche Gehstrecke von 500 m zu Fuß angegeben worden. Nach den ihm vorliegenden Befunden sei die Armwunde gut abgeheilt. Nach dem Befundbericht des Dr. B. vom 2. September 2014 komme der Kläger alle zwei Wochen wegen der Kontrolle der Quickwerte zur Sprechstunde. Eine körperliche Untersuchung habe nicht stattgefunden. 2011 sei im Rahmen einer gutachterlichen Auswertung ein Verschlechterungsnachweis erfolgt. Der Zustand im Bereich der Beine scheine seit Jahren stabil.

26

Der Senat hat ferner die Verwaltungsakten der VBG beigezogen. Auf den Verschlimmerungsantrag des Klägers aus dem Jahr 2007 hatte diese das unfallchirurgische Gutachten des Prof. Dr. W. vom 19. Juni 2008 eingeholt. Die schmerzfreie Gehstrecke sei vom Kläger mit 200 bis 300 m angegeben worden. Dieser habe das Untersuchungszimmer im Rollstuhl aufgesucht, was nicht plausibel sei. Nach Abnahme der Kompressionsstrümpfe habe sich eine mäßige Unterschenkelschwellung gezeigt. Passiv bestünden nur endgradige Einschränkungen der oberen und unteren Sprung- sowie der Zehengelenke. Wegen der aktiv nur möglichen Wackelbewegungen sei ebenfalls ein Aggravationsverhalten zu vermuten. Als Unfallfolgen bestünden ein postthrombotisches Syndrom, Stadium III rechts und Stadium lI links, sowie eine Falithromeinnahme. Die Gesamt-MdE sei nach Rücksprache mit dem angiologischen Zusatzgutachter unverändert mit 20 % einzuschätzen (rechtes Bein 20 %, linkes Bein 10 %). Nach dem angiologischen Zusatzgutachten des Prof. Dr. B. vom 3. April 2008 hatte der Kläger eine Gehstrecke von 500 m angegeben. Nach Abnehmen der Kompressionsstrümpfe beidseits seien keine Ödeme sichtbar gewesen. Die Beinumfange (Oberschenkel 57,5/57 cm, 50/50 cm, Unterschenkel 38/39 cm, 41/39,5 cm, 31/30,5 cm) wurden gemessen. Eine Venenverschlussplethysmographie wurde durchgeführt (venöse Kapazität: rechts 2,6 ml/100 ml Gewebe, links 3,2 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 24,3 ml/100 ml Gewebe/min, links 35,5 ml/100 ml Gewebe/min). Der Befund dürfte mit einer rechtsseitig fortbestehenden vermehrten Thrombotisierung der tiefen Beinvenen und linksseitig einer verbesserten Rekanalisierung vereinbar sein.

27

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie der VBG haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Er hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2010 hinaus. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

29

Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

30

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat auch, wer auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, unter den Voraussetzungen einer sog. Arbeitsmarktrente (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).

1.

31

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger in dem zu beurteilenden Zeitraum seit Juli 2010 bis heute weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist. Er war und ist noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte sowie geistig durchschnittlich schwierige Tätigkeiten im selbst gewählten Positionswechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen oder unter Witterungsschutz, auch an laufenden Maschinen, unter erheblichem Zeitdruck oder mit festgelegtem Rhythmus zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten in Wärme und Kälte, mit Verletzungsgefahr, mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie mit schweren Beanspruchungen der Beine beidseits.

a.

32

Insoweit folgt der Senat aufgrund eigener Urteilsbildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Gutachterin des SMD, der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. L. sowie dem vom Sozialgericht bestellten Gutachter Prof. Dr. B.

33

Danach liegen bei dem Kläger seit Juli 2010 folgende Gesundheitsstörungen vor, die sein Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussen:

34

Zustand nach beidseitiger Mehretagenthrombose und Lungenembolie beidseits 1998 und 1999 mit mittlerweile rekanalisierter Thrombose beidseits.

35

Zeichen einer chronisch-venösen Insuffizienz mit Klappenveneninsuffizienzen der oberflächlichen und tiefen Venen des Unterschenkels beidseits.

36

postthrombotisches Syndrom mit eingeschränkter venöser Kapazität links, jeweils Stadium II nach Widmer.

37

mittelgradige Obstruktion der Lungenfunktion.

38

Verdacht auf arterielle Hypertonie.

39

Hyperlipoproteinämie.

40

Adipositas.

41

Beweglichkeitseinschränkung beider oberen und unteren Sprunggelenke bei Arthrose des Großzehengrundgelenks links.

b.

42

Auf das Gutachten des Prof. Dr. P. vom 7. Mai 2007 kann die Beurteilung des Leistungsvermögens ab Juli 2010 nicht gestützt werden. Denn zur Überzeugung des Senats hat sich der Gesundheitszustand des Klägers im Bereich der unteren Extremitäten nicht verschlechtert, sondern seit 2007 sogar leicht verbessert.

43

Während Prof. Dr. P. noch ein postthrombotischen Syndrom rechts Stadium III und links Stadium II diagnostiziert hatte, hat der vom Sozialgericht bestellte Gutachter Prof. Dr. B. nur noch einen Zustand Stadium II beidseits feststellen können. Dieser hat nach Durchführung der apparativen Diagnostik eine weitgehende Rekanalisierung des postthrombotischen Syndrom beidseits beschrieben. Nach der Venenverschlussplethysmographie ist lediglich noch die venöse Kapazität links vermindert, rechts liegt sie sogar im Normbereich. Auch die Duplexsonographie der Beinvenen beidseits hat keine großen Insuffizienzen mehr gezeigt. Insoweit ist eine deutliche Verbesserung der Durchblutungszustände im Bereich der unteren Extremitäten eingetreten.

44

Die Entwicklung einer seit 2007 leichten, aber kontinuierlichen Verbesserung des Gesundheitszustands wird bestätigt durch einen Vergleich der beiden Gutachten von Prof. Dr. B. vom 3. April 2008 für die VBG und vom 8. April 2013 für das Sozialgericht. Schon die Angaben des Klägers zum Gehvermögen weisen auf eine Verbesserung hin (500 m bzw. 800 bis 1000 m). Vor allem aber die Ergebnisse der Venenverschlussplethysmographien zeigen, dass sich die Funktion der tiefen Beinvenen im Sinn einer Kanalisation seit 2008 weiter verbessert hat (2008: venöse Kapazität: rechts 2,6 ml/100 ml Gewebe, links 3,2 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 24,3 ml/100 ml Gewebe/min, links 35,5 ml/100 ml Gewebe/min; 2013: venöse Kapazität: rechts 3,5 ml/100 ml Gewebe, links 1,7 ml/100 ml Gewebe; venöser Ausstrom: rechts 36,5 ml/100 ml Gewebe/min, links 44,5 ml/100 ml Gewebe/min). Dem entsprechend hatte der Gutachter im Jahr 2008 noch ein postthrombotisches Syndrom, Stadium III. Grades rechts und Stadium lI. Grades links und im Jahr 2013 ein postthrombotisches Syndrom II. Grades beidseits diagnostiziert. Der Verschlimmerungsantrag aus dem Jahr 2008 war ohne Erfolg geblieben. Zu einer höheren Unfallrente ist es in der Folge nach Angaben des Klägers auch nicht gekommen. Nach seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung habe die VBG seinen Verschlimmerungsantrag gar nicht beschieden. Wäre der Kläger der festen subjektiven Überzeugung, dass sein Gesundheitszustand sich wesentlich verschlechtert habe, hätte er zur Überzeugung des Senats bei der VBG längst auf den Erlass eines Bescheids gedrängt.

45

Die gegenüber 2007 eingetretene Verbesserung zeigt sich auch an den Beobachtungen der Gutachter anlässlich der Untersuchung des Klägers. Im Gegensatz zur Befunderhebung von Prof. Dr. P. sind anlässlich der Untersuchungen durch Dipl.-Med. L. im Jahr 2010 sowie Prof. Dr. B. in den Jahren 2008 und 2013 keine Zeichen von Unterschenkelödemen nach Ablegen der Kompressionsstrümpfe sichtbar gewesen.

46

Aus diesem Grund misst der Senat auch der Überlegung von Prof. Dr. P., die eingeschränkte Beweglichkeit der Sprunggelenke sei von maßgeblicher Bedeutung für den gestörten Venenrückfluss, keine Bedeutung für das sozialmedizinische Leistungsvermögen zu. Denn insoweit haben die jüngeren Untersuchungsbefunde bestätigt, dass eine Beeinflussung im Sinn einer Verschlechterung des Venenleidens nicht eingetreten ist.

c.

47

Die vielfachen Einwände des Klägers gegen die Umstände der Begutachtung bei Prof. Dr. B. sowie das Gutachten selbst sind nicht geeignet, den Senat von der Unrichtigkeit der Einschätzungen des Sachverständigen zu überzeugen.

48

Soweit der Kläger meint, das festgestellte Leistungsbild bewege sich im "äußersten Grenzbereich seiner Möglichkeiten auf Dauer", bestätigt dies im Kern die gutachterliche Einschätzung. Denn dessen Aufgabe ist es, das - ohne unzumutbare Beschwerden und Schmerzen - mögliche Leistungsvermögen zu ermitteln.

49

Zu Recht hat das Sozialgericht das Gutachten für verwertbar gehalten, da der Gutachter Prof. Dr. B. selbst den Kläger gesehen und exploriert hat. Unschädlich ist, dass er Zusatzuntersuchungen und die apparative Diagnostik durch Mitarbeiter durchführen hat lassen. Entscheidend ist, dass der Gutachter die Ermittlungsergebnisse würdigt, die erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht und durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt. Nicht notwendig ist eine zwingend selbst durchzuführende körperliche Untersuchung (BSG, Beschluss vom 17. November 2006, B 6 U 58/05 B). Der Senat hat daher wie das Sozialgericht keine Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens nach den genannten Grundsätzen.

50

Die Behauptung von Luftproblemen/Brustschmerzen bereits ab einer Gehstrecke von 100 m ist nicht plausibel. Zwar hat der Gutachter eine mittelgradige obstruktive Einschränkung der Lungenfunktion aufgrund langjährigen Nikotinabusus festgestellt. Zeichen einer Herzkreislaufinsuffizienz hat er aber im Rahmen der Begutachtung nicht erkennen können. Der Kläger ist auch wegen Atemwegserkrankungen nicht in ärztlicher Behandlung.

51

Die von dem Gutachter Prof. Dr. B. gemessenen Beinumfänge widersprechen auch nicht seiner Feststellung, dass nur eine leichte Beinumfangszunahme gegenüber 2008 ohne relevante Seitenumfangsdifferenz vorliege. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger insgesamt seit 2008 erheblich an Gewicht zugelegt hat (Gutachten vom 19. Juni 2008: 94 kg, Gutachten vom 8. April 2013: 103 kg). Allein dieser Umstand erklärt die insgesamt höheren, aber doch gleichmäßigen Umfangsmaße im Bereich der Beine.

52

Die Behauptung einer unvollständigen apparativen Diagnostik mittels Duplexsonographie, nämlich lediglich im Bereich der Oberschenkel, ist unrichtig. Das Gutachten von Prof. Dr. B. dokumentiert den Status der Venen des oberen und des unteren Beinbereichs.

53

Unerheblich für den Senat ist, ob der Gutachter zu Unrecht davon ausgegangen sein sollte, der Kläger sei selbstständig mit dem Auto zur Untersuchung gefahren. Denn dies änderte nichts an der Einschätzung der ihm aus medizinischen Gründen zuzumutenden Gehstrecke. Außerdem hat der Kläger selbst mehrfach eingeräumt, kurze Strecken selbst mit dem PKW zurückzulegen.

d.

54

Darüber hinaus erweisen sich die Darstellungen des Klägers über die eingeschränkte körperliche Funktionsfähigkeit teilweise nicht als glaubhaft. Soweit er mehrfach behauptet hat, seit Jahren Tag und Nacht Kompressionsstrümpfe tragen zu müssen, widerspricht dies den Beobachtungen von Dipl.-Med. L. anlässlich ihrer Begutachtung am 2. Juli 2010. Denn sie hat eine Bräunung beider Oberschenkel bis unterhalb der Kniegelenke beschrieben. Dies wäre - selbst in den Sommermonaten - nicht zu erwarten, wenn ganztägig Kompressionsstrümpfe getragen würden. Mehrfach haben Gutachter Hinweise auf eine übertriebene Darstellung der Beschwerdebilder im Sinne einer Aggravation gefunden. Schon der orthopädische Gutachter Dr. B. hatte im Gutachten vom 8. November 2004 auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den relativ dürftigen objektiven Befunden hingewiesen. Auch hatte Prof. Dr. W. mitgeteilt, dass es für das Aufsuchen des Untersuchungszimmers mittels Rollstuhl keine plausiblen Gründe gegeben habe. Das gleiche gilt für seinen Hinweis auf die Diskrepanz zwischen den passiv nur endgradigen, aktiv aber massiven Einschränkungen der Beweglichkeit der Sprunggelenke beidseits. Dipl.-Med. L. wies im Rahmen ihrer Untersuchung ebenfalls auf eine deutliche Beschwerdefixierung hin. Für den Abbruch des absolvierten Gehtests nach 80 m und 3:22 min wegen subjektiver Schmerzzustände fand sich kein objektiver Befund.

e.

55

Der Gesundheitszustand des Klägers hat sich auch nach der letzten Begutachtung durch Prof. Dr. B. im Jahr 2013 nicht wesentlich und dauerhaft verschlechtert. Der Senat hatte daher keinen Anlass, eine weitere Beweiserhebung durchzuführen. Hinzugetreten ist lediglich eine Armverletzung nach einem Sturz Mitte 2013, die nach Mitteilung des behandelnden Internisten Dr. H. im Befundbericht vom 13. Mai 2014 gut abgeheilt ist. Auch Dr. B., bei dem der Kläger alle zwei Wochen wegen der Quick-Werte vorstellig ist, hat im Befundbericht vom 2. September 2014 keine Verschlechterung des Gesundheitszustands feststellen können. Vielmehr hat er einen seit Jahren stabilen Zustand im Bereich der Beine beschrieben. Der Kläger selbst hat nach dem Jahr 2008 bei der VBG keinen Verschlimmerungsantrag mehr gestellt. Dies weist darauf hin, dass es auch nach seiner Einschätzung nicht zu einer Verschlechterung gekommen ist.

56

Im Ergebnis der Beurteilungen ergibt sich das eingangs geschilderte Leistungsbild. Mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich ist der Kläger aber weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1, Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI.

2.

57

Der Kläger ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil er trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte.

a.

58

Es liegt keine schwere spezifischen Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht nämlich noch für Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, BSGE 80, 24, 33f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).

b.

59

Es liegt auch keiner der in der Rechtsprechung anerkannten sog. Katalogfälle vor, die die Einsatzfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R).

a.a.

60

Für die Durchführung einer leidensgerechten Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ist es nicht erforderlich, betriebsunübliche Pausen in Anspruch zu nehmen.

61

Soweit Prof. Dr. B. während einer sechsstündigen Arbeitszeit mehrmalige Pausen von fünf Minuten zur Erholung als angemessen angesehen hat, reichen der gesetzliche Arbeitspausenanspruch und die üblichen Verteilzeiten aus. Denn auch am Arbeitsplatz selbst können kurzzeitige Entspannungsphasen - etwa zur empfohlenen Aktivierung der Venentätigkeit - in Anspruch genommen werden

62

Nach § 4 Satz 1 Arbeitszeitgesetz besteht ein gesetzlicher Arbeitspausenanspruch von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden.

63

Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30. März 1989, 6 AZR 326/86, in EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr. 11; vom 27. April 2000, 6 AZR 861/98, in NZA 2001, 274). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (z.B. für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen, vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 7. Auflage, S. 678; LSG Sachsen-Anhalt, L 3 R 136/10, Urteil vom 27. Februar 2013, Sächsisches LSG, Urteil vom 8. Juli 2014, L 5 R 830/12; Bayerisches LSG, Urteil vom 25. Mai 2009).

64

Beispielsweise ist in § 10 des Lohnrahmentarifvertrags des Unternehmerverbands Metall Baden-Württemberg, Bereiche Feinwerktechnik und Metallbau und der IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg vom 16. Mai 2014 über die o.g. gesetzlichen Pausen hinaus eine Erholungszeit von mindestens fünf Minuten in der Stunde sowie ferner eine Zeit für persönliche Bedürfnisse von nicht weniger als drei Minuten in der Stunde vorgesehen.

65

Der Kläger könnte die vom Gutachter empfohlenen fünf Minuten Pause pro Stunde im Rahmen der gesetzlichen Pausenregelung und/oder der üblicherweise zustehenden persönlichen Erholungs- oder persönliche Verteilzeiten nehmen. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob das vorgeschlagene Pausenregime auch medizinisch erforderlich, oder ob es nur empfohlen ist.

b.b.

66

Schließlich ist der Kläger auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Die Gehfähigkeit ist zwar eingeschränkt; er kann aber viermal arbeitstäglich mindestens 500 Meter am Stück ohne unzumutbare Beschwerdezustände in jeweils längstens 20 min zurücklegen.

67

Seine widersprüchlichen Angaben zu einer Gehstrecke von z.T. längstens 100 m oder 200 bis 300 m erachtet der Senat als Schutzbehauptung. Schon die Angabe einer Gehstrecke von längstens 100 m gegenüber dem Gutachter Dr. B. im Jahr 2004 widerspricht seinen Schilderungen gegenüber Dr. B. im Rahmen eines Rentengutachtens im gleichen Jahr. Dort hatte er angegeben, insgesamt eine Stunde in beschränktem Maße mobil zu sein. Gegenüber der Gutachterin Dipl.-Med. L. gab er wiederum an, der Spaziergang "ums Haus" dauere eine halbe Stunde. Bei Prof. Dr. B. hat er eine Gehstrecke von 800 bis 1000 m geschildert. Außerdem hat der Kläger gegenüber dem behandelnden Internisten Dr. H. anamnestisch angegeben, er könne Gehstrecken von 500 m zurücklegen. Der Senat folgt daher der Einschätzung der Gutachter Dipl.-Med. L. und Prof. Dr. B., wonach der Kläger über 500 m täglich ohne unzumutbare Schmerzen und Beschwerden in jeweils weniger als 20 min zurücklegen kann.

68

Darüber hinaus wäre er in der Lage, bei Vorliegen einer eingeschränkten Gehfähigkeit den vorhandenen eigenen PKW zur Erreichung öffentlicher Verkehrsmittel oder eines Betriebs zu nutzen.

II.

69

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.