Landgericht Wuppertal Beschluss, 28. Juli 2015 - 16 T 179/15
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 18.05.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 08.05.2015 (44 M 836/15) wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.05.2015 hat das Amtsgericht die Gerichtsvollzieherin angewiesen, die Kostenrechnung vom 11.11.2014 dahingehend zu berichtigen, dass die Gebühr für die gütliche Erledigung (KV Nr. 207 GVKostG) i.H.v. 16 EUR nebst anteiligen Auslagen nicht erhoben wird. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass konkrete Maßnahmen der Gerichtsvollzieherin für den Versuch einer gütlichen Erledigung nicht festzustellen seien. Weder das Ladungsschreiben zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft noch der Vermerk im Terminsprotokoll, dass eine gütliche Einigung gescheitert sei, „da keine Raten gezahlt werden können“, lasse einen konkreten Versuch einer gütlichen Erledigung erkennen.
4Gegen diese Entscheidung wendet sich der Bezirksrevisor namens der Landeskasse „aus fiskalischen Gründen“.
5Der Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen, sondern sie der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
6II.
7Die Beschwerde ist gemäß §§ 793, 766 Abs. 2 letzte Alternative, 567 ZPO statthaft, trotz Unterschreitens der Mindestbeschwer gemäß §§ 567 Abs. 2 ZPO, 5 Abs. 2 GVKostG, 66 Abs. 2 Satz 1 GKG kraft ausdrücklicher Zulassung in der angefochtenen Entscheidung gemäß §§ 5 Abs. 2 Satz 2 GVKostG, 66 Abs. 2 Satz 2 GKG eröffnet und auch sonst zulässig.
8In der Sache hat die Beschwerde indes keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Gerichtsvollzieherin angewiesen, die Kostenrechnung dahin zu berichtigen, dass die Gebühr Nr. 207 KV GVKostG für den Versuch einer gütlichen Einigung nebst anteiligen Auslagen nicht erhoben wird.
9Zwar vermag die Kammer die Auffassung des Amtsgerichts nicht zu teilen, wonach dem Ansatz der hier streitigen Gebühr nicht entgegenstehe, dass die Gläubigerin die Gerichtsvollzieherin mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802 c ZPO beauftragt hat. Der Auftrag an den Gerichtsvollzieher, dem Schuldner die Vermögensauskunft abzunehmen, steht nach dem unzweifelhaft erkennbaren Willen des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der hierzu ergangenen gebührenrechtlichen Vorschriften dem Ansatz der Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache entgegen. In der Gesetzesbegründung heißt es (BT-Drs. 16/10069, S. 48):
10Nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO-E kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher isoliert mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache beauftragen. In derartigen Fällen soll der Gerichtsvollzieher eine Gebühr in Höhe von 12,50 Euro erheben können, um den mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung verbundenen Aufwand abzugelten. Ohne diesen Gebührentatbestand würde der Gerichtsvollzieher bei einem erfolglosen Güteversuch für seine Tätigkeit keinerlei Gebühren erhalten.
11Nach der Anmerkung entsteht die Gebühr nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 ZPO-E gerichteten Amtshandlung beauftragt wird. In diesen Fällen wird sein Aufwand für den Versuch der gütlichen Erledigung, insbesondere das Aufsuchen des Schuldners, durch die Gebühren für die Einholung der Vermögensauskunft und für die Pfändung mit abgegolten.
12Die Gegenansicht, wonach die Gebühr auch dann entsteht, wenn der Gerichtsvollzieher mit der Abnahme der Vermögensauskunft oder mit der Mobiliarpfändung beauftragt ist, führt hingegen zu einer erheblichen vom Gesetzgeber nicht gewollten Verteuerung der Zwangsvollstreckung. So würden neben der Gebühr für die Vollstreckungsmaßnahmen (Nr. 206 und/oder 260 KV GVKostG) nebst Wegegeld (Nr. 711 KV GVKostG) und Auslagenpauschale (Nr. 716 KV GVKostG) zusätzlich noch die Gebühr Nr. 207 KV GVKostG, ein weiteres Wegegeld und eine weitere Auslagenpauschale anfallen. Die Auslagen wären zu erheben, obwohl kein zusätzlicher Aufwand angefallen ist (Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an die Landesjustizverwaltungen vom 15.05.2014 (RB5 – 5652 – R3 288/2014).
13Die Kammer vermag der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 27.03.2014 – I-10 W 33/14 -; Beschluss vom 15.01.2015, - I-10 W 1/15 -) nicht beizutreten, wonach diese letztgenannte Auffassung wegen des vermeintlich eindeutigen Wortlauts der Nachbemerkung zu Nr. 207 KV zum GVKostG zwingend sei. Das ergebe sich aus der Formulierung des Satzes 2 der Nachbemerkung, wonach die Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung nur dann nicht entsteht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung, also kumulativ sowohl mit der Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) als auch mit der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen (§ 802 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO) beauftragt ist. Demgegenüber meint die Kammer, dass der Wortlaut dieser Norm auch das Verständnis zulässt, dass die Gebühr bereits dann entfällt, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig lediglich mit einer der genannten Amtshandlungen, nämlich entweder mit der Abnahme der Vermögensauskunft oder mit der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen, also alternativ mit einem dieser beiden Vollstreckungsaufträge beauftragt ist (so auch jeweils mit ausführlicher Begründung, der sich die Kammer anschließt: OLG Köln, Beschluss vom 11.06.2014, – I-17 W 66/14 –; OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.02.2015, – 8 W 458/14 –, unter ausdrücklicher Ablehnung der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf).
14Hierauf kommt es aber im vorliegenden Fall nicht entscheidend an. Zu Recht hat das Amtsgericht darauf abgestellt, dass sich im vorliegenden Fall der Versuch einer gütlichen Erledigung nicht feststellen lässt. Für das Entstehen der Gebühr wäre wenigstens erforderlich, dass die Gerichtsvollzieherin den Schuldner danach befragt, ob eine gütliche Erledigung, z.B. durch Annahme des Angebots der Gläubigerin, Ratenzahlungen zu leisten, in Betracht komme. Wenn keinerlei Kommunikation zwischen der Gerichtsvollzieherin und dem Schuldner über die Frage einer Erledigung des Verfahrens ohne Durchführung der beauftragten Vollstreckungsmaßnahme festgestellt werden kann, kann nach dem Verständnis der Kammer von einem Versuch der gütlichen Erledigung keine Rede sein. So liegt der Fall hier. Der bloße Protollvermerk, eine gütliche Erledigung sei gescheitert, weil keine Raten gezahlt werden könnten, lässt keine konkreten Maßnahmen erkennen, die auf eine gütliche Erledigung des Vollstreckungsauftrags abzielen.
15III.
16Eine Kostenentscheidung ist nicht geboten, weil das Verfahren gebührenfrei ist, besondere Auslagen nicht entstanden sind und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. 66 Abs. 8 GKG.
17Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, denn die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. 66 Abs. 4 GKG. Die Grundsatzfrage der Auslegung von Satz 2 der Nachbemerkung zu Nr. 207 KV GVKostG ist hier nicht entscheidungserheblich.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Wuppertal Beschluss, 28. Juli 2015 - 16 T 179/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Wuppertal Beschluss, 28. Juli 2015 - 16 T 179/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandgericht Wuppertal Beschluss, 28. Juli 2015 - 16 T 179/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Kosten werden von dem Gerichtsvollzieher angesetzt, der den Auftrag durchgeführt hat. Der Kostenansatz kann im Verwaltungswege berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
(2) Über die Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet, soweit nicht nach § 766 Abs. 2 der Zivilprozessordnung das Vollstreckungsgericht zuständig ist, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat. Auf die Erinnerung und die Beschwerde ist § 66 Absatz 2 bis 8 des Gerichtskostengesetzes, auf die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 69a des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Auf die Erinnerung des Kostenschuldners gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags oder die Aufrechterhaltung einer Vollstreckungsmaßnahme von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, und auf die Beschwerde ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Für Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden.
(1) Der Gerichtsvollzieher wirkt auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung von Geldforderungen hin.
(2) Auf Grund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Gerichtsvollzieher unbeschadet weiterer Zuständigkeiten befugt,
- 1.
eine gütliche Erledigung der Sache (§ 802b) zu versuchen, - 2.
eine Vermögensauskunft des Schuldners (§ 802c) einzuholen, - 3.
Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l) einzuholen, - 4.
die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben, - 5.
eine Vorpfändung (§ 845) durchzuführen; hierfür bedarf es nicht der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.
3Unter Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung eines Zahlungstitels beantragte die Gläubigerin mit Schreiben vom 24.02.2013 bei der Gerichtsvollzieher-Verteilerstelle bei dem Amtsgericht Köln,
4„– mit dem Schuldner eine gütliche Einigung im Sinne des §§ 802b ZPO nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen herbeizuführen,
5– dem Schuldner die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abzunehmen.
6Dabei ist in folgender Reihenfolge jeweils nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen und nachfolgenden Anträge zu verfahren:
71. mit dem Schuldner soll eine gütliche Einigung im Sinne des § 802b ZPO nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen versucht werden.
82. Soweit eine gütliche Einigung nicht erzielt werden kann oder dem die Zustimmung verweigert wurde, soll dem Schuldner die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abgenommen werden…“.
9Mit Schreiben vom 15.03.2013 forderte die Gerichtsvollzieherin den Schuldner zur Zahlung bis 17.04.2013 auf und teilte ihm zugleich mit, von der Gläubigerin beauftragt worden zu sein, eine gütliche Einigung herbeizuführen.
10Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag, welches eine Zahlungsaufforderung binnen 2 Wochen ab Zustellung enthielt, teilte sie dem Schuldner mit, von der Gläubigerin zur Einholung einer Vermögensauskunft beauftragt worden zu sein, und lud ihn zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 18.04.2013.
11Mit Schreiben vom 07.05.2013 teilte die Gerichtsvollzieherin der Gläubigerin mit, dass der Schuldner im Termin vom 18.04. 2013 nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung die Vermögensauskunft abgegeben habe, und stellte unter anderem eine Gebühr nach Nr. 604 (207) KV-GvKostG (12,50 €) und eine Auslagenpauschale nach Nr. 713/714 KV-GvKostG (8,00 €) in Rechnung.
12Gegen die Erhebung der Gebühr Nr. 207 KV-GvKostG nebst Auslagenpauschale legte die Gläubigerin unter dem 29.08.2013 Erinnerung ein.
13Erinnerung legte auch die Bezirksrevisorin ein mit dem Ziel, die getrennte Festsetzung der Auslagenpauschale Nr. 713/714 KV-GvKostG i.H.v. 3,00 € und 5,50 € anstelle der angesetzten 8,00 € anzuordnen.
14Mit Beschluss vom 23.10.2013 stellte das Amtsgericht Köln auf die Erinnerung der Gläubigerin fest, dass die Gerichtsvollzieherin nicht berechtigt sei, die Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG zu erheben, und wies zugleich die Erinnerung der Bezirksrevisorin zurück.
15Die nachfolgende durch das Amtsgericht zugelassene Beschwerde der Bezirksrevisorin vom 06.11.2013 wies das Landgericht mit Beschluss vom 30.01. 2014, auf dessen Inhalt verwiesen wird, zurück und ließ zugleich die weitere Beschwerde zu.
16Mit ihrer weiteren Beschwerde vom 12.02.2014 gegen den Beschluss des Landgerichts wendet sich die Bezirksrevisorin gegen die Bestätigung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Wegen der Begründung wird auf die von der Bezirksrevisorin zu den Akten gereichten Stellungnahmen Bezug genommen.
17II.
18Die gemäß §§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, 66 Abs. 4 GKG zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
191.
20Vorauszuschicken ist, dass die zur Entscheidung stehenden Fragen,
21a) ob bei einem an den Gerichtsvollzieher gerichteten Vollstreckungsauftrag, der vorrangig auf eine gütliche Erledigung (§§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO) abzielt und nur für den Fall des Scheiterns auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen gemäß §§ 802a Abs. 2 Nr. 2 und 4 ZPO abstellt, die Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG (für einen isolierten Auftrag) anfällt trotz weiterer Amtshandlungen gemäß §§ 802a Abs. 2 Nr. 2 und 4 ZPO,
22und
23b) ob sie – bei gleichzeitiger Beauftragung – nur entfällt, wenn die in Nr. 207, S. 3 KV-GvKostG genannten Amtshandlungen kumulativ vorliegen oder insoweit eine der genannten Amtshandlungen ausreicht,
24in Rechtsprechung und Literatur aufgrund unzureichender Formulierung der Bestimmung höchst umstritten sind (siehe etwa LG Dresden 2 T 323/13 und 325/13; AG Leipzig 431 M 7456/13; AG Lörrach 12 M 2289/13; AG Augsburg 1 M 3960/13; AG Bretten M 431/13; AG Köln 288 M 535/13;AG Berlin 34 M 8088/13; Richter DGVZ 2013, 169 ff.; Rausch DGVZ 1014, 7ff.).
252.
26Der Senat teilt die auch von Amts- und Landgericht vertretene Auffassung, dass die Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG nicht angefallen ist, denn eine isolierte Antragstellung in Bezug auf eine gütliche Erledigung liegt nicht vor und das Entfallen der Gebühr setztnur eine der in S. 3 genannten Amtshandlungen voraus.
27a)
28Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der in Nr. 207 KV-GvKostG getroffenen Regelung ergibt – neben der Anmerkung zu Nr. 207 KV-GvKostG - die Auslegung der in diesem Zusammenhang relevanten Bestimmungen des § 3 GVKostG und DB – GvKostG Nr. 2 Abs. 2, dass in Fällen der Auftragserteilung wie im vorliegenden Fall trotz der Bedingtheit der über die gütliche Erledigung hinausgehenden Auftragsvarianten von einer „Gleichzeitigkeit“ der Anträge im Sinne des § 3 Abs. 2 GvKostG und nicht von jeweils isolierten Aufträgen auszugehen ist.
29aa)
30Der Gebührentatbestand Nr. 207 KV-GvKostG wurde mit Wirkung vom 01.01.2013 durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung eingeführt. Der Gesetzesentwurf des Bundesrates – Drucksache 16/10069, Seite 15 – führt insoweit aus: „Nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO-E kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher isoliert mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache beauftragen. In derartigen Fällen soll der Gerichtsvollzieher eine Gebühr i.H.v. 12,50 € erheben können, um den mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung verbundenen Aufwand abzugelten. Ohne diesen Gebührentatbestand würde der Gerichtsvollzieher bei einem erfolglosen Güteversuch für seine Tätigkeit keinerlei Gebühren erhalten. Nach der Anmerkung entsteht die Gebühr nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802 Buchst. a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 4 ZPO –E gerichteten Amtshandlung beauftragt wird. In diesen Fällen wird sein Aufwand für den Versuch der gütlichen Erledigung, insbesondere das Aufsuchen des Schuldners, durch die Gebühren für die Einholung der Vermögensauskunft und für die Pfändung mit abgegolten.“
31bb)
32Vor diesem Hintergrund, dass für eine isolierte gütliche Erledigung bzw. den entsprechenden Versuch eine Gebühr geschaffen worden ist, um diese Tätigkeit nicht kostenfrei zu lassen, rechtfertigt sich nach Auffassung des Senats bei Enstehen weiterer Gebühren für weitere Vollstreckungsmaßnahmen der Anfall der Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG nur dann, wenn es sich insoweit auch in zeitlicher Hinsicht um einen gesonderten alleinigen Antrag handelt, der gerade nicht in Verbindung mit weitergehenden Anträgen steht, mögen diese auch nur hilfsweise für den Fall des Scheiterns einer gütlichen Erledigung gestellt sein. Dies betrifft also lediglich den Fall, in dem der Gläubiger ausschließlich den Antrag auf Herbeiführung einer gütlichen Erledigung stellt und sich die Beantragung weiterer Anträge vorbehält, um bei einem Scheitern des Erledigungsversuchs entweder von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen oder deren Durchführung in Auftrag zu geben. In diesem Fall liegt eine gesonderte abgeschlossene Auftragserteilung vor, die auch eine gesonderte Vergütung gemäß Nr. 207 KV-GvKostG rechtfertigt, anders als in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Gerichtsvollzieher durch den Versuch einer gütlichen Erledigung gegenüber der nachfolgenden Vollstreckungstätigkeit keinen nennenswerten zusätzlichen Arbeitsaufwand entfaltet. Dies belegt auch die von der Gerichtsvollzieherin im vorliegenden Fall gewählte Handhabung, mit der am selben Tag die Amtshandlungen zur Herbeiführung einer gütlichen Erledigung sowie zur Einholung einer Vermögensauskunft eingeleitet und in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft am 18.04.2013 anberaumten Termin abgewickelt wurden. An dieser pragmatischen Vorgehensweise war die Gerichtsvollzieherin durch die bedingte Antragstellung nicht gehindert, vielmehr entsprach sie auch dem Interesse der Gläubigerin an einer zügigen Erledigung des Auftrags.
33cc)
34Angesichts des Umstands, dass der Gerichtsvollzieher ohnehin – auch ohne Antrag des Gläubigers – auf eine gütliche Erledigung hinwirken soll (§ 802b Abs. 1 ZPO), kommt dem bedingt gestellten Antrag des Klägers letztlich nur die Bedeutung zu, dass der Versuch einer gütlichen Erledigung am Anfang der Vollstreckung stehen soll. Zwar dürfte dies der Regel entsprechen, ist aber eben auch keine Selbstverständlichkeiten, heißt es doch in § 802b Abs. 1 ZPO, dass der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein soll, was ihn nicht hindert, auch erst zu einem späteren Zeitpunkt auf eine gütliche Erledigung hinzuwirken. Der Weisung einer strikt einzuhaltenden Reihenfolge der beantragten Vollstreckungsmaßnahmen kommt damit die Bedeutung zu, den Gerichtsvollzieher an den Wunsch des Gläubigers zu binden, den Versuch einer gütlichen Erledigung zu Beginn der Vollstreckung vorzunehmen und nicht etwa eine andere Vollstreckungsmaßnahme vorzuziehen.
35dd)
36Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es auch von einer „Gleichzeitigkeit“ der Aufträge im Sinne von Nr. 207 KV-GvKostG auszugehen, weil sie eben gleichzeitig in einem Antragsschreiben genannt und dem Gerichtsvollzieher gleichzeitig zugegangen sind und diesen in die Lage versetzt haben, seine Tätigkeit auch bereits im Hinblick auf die zweite (bedingte) Stufe des Vollstreckungsauftrags auszurichten.
37Soweit es in DB-GvKostG Nr. 2. Abs. 2 Satz 1 heißt „Bei bedingt erteilten Aufträgen gilt der Auftrag mit Eintritt der Bedingung als erteilt“, so findet diese Bestimmung unter der vorstehend wiedergegebenen Sichtweise in Fällen der vorliegenden Art keine wörtliche Anwendung, sondern beschränkt sich auf die Aussage, dass eine zusätzliche, gebührenauslösende Auftragserteilung erst mit Eintritt der Bedingung gegeben ist. Der Bestimmung kommt nicht die Bedeutung zu, im Zusammenhang mit Nr. 207 KV-GvKostG eine Aussage darüber zu treffen, dass der unbedingt gestellte Antrag als isolierter Antrag zu werten ist.
38Es kann deshalb dahinstehen, dass es sich bei Nr. 2 Abs. 2 S.1 DB-GvKostG
39auch lediglich um eine Verwaltungsbestimmung handelt, welche die Gerichte in ihrer Beurteilung ohnehin nicht bindet.
40b)
41Handelt es sich somit nicht um eine isolierte Auftragserteilung zur Herbeiführung einer gütlichen Erledigung, ist eine Gebühr nach Nr. 207 KV-GvKostG nicht angefallen, weil die Gerichtsvollzieherin gleichzeitig mit der Einholung einer Vermögensauskunft Schuldners beauftragt war (§ 802a Abs. 2 Nr. 2, § 802b ZPO), somit zugleich mit einer der in S. 3 Nr. 207 KV-GvKostG genannten Maßnahmen.
42Der Senat vertritt (wie auch etwa LG Dresden, AG Köln, jeweils a.a.O; von König in Keller, Handbuch Zwangsvollstreckung, 2013, S. 1223) die Auffassung, dass das die Gebühr nach Nr. 207 bereits dann entfällt, wenn eine gleichzeitige Beauftragung mit einer der in S. 3 genannten Maßnahmen erfolgt ist und es nicht darauf ankommt, dass sowohl Maßnahmen nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO als auch nach Nr. 4 ZPO von dem Auftrag umfasst werden.
43Dies erschließt sich zwar nicht auf Anhieb aus der Formulierung der Bestimmung, welche die aufgeführten Nummern 2 sowie 4 von § 802a Abs. 2 ZPO mit der Konjunktion „und“ statt „oder“ verbindet. Allerdings wäre auch die alleinige Verwendung der Konjunktion „oder“ missverständlich und allein die Formulierung „und/oder“ eindeutiger.
44Die Formulierung in S. 3 Nr. 207 KV-GvKostG lässt sich aber bereits in dem Sinne verstehen, dass die gleichzeitige Beauftragung mit einer der genannten Maßnahmen die Gebühr entfallen lässt. Dies ergibt sich daraus, dass die Anmerkung zu Nr. 207 KV-GvKostG in Satz 3 darauf abstellt, dass der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802 a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt wird. Hier kommt es lediglich auf „eine Maßnahme“ (Singular) an, so dass im weiteren Textverlauf das Wort „und“ als „oder“ zu lesen ist. Auch wird in der Anmerkung - wiederum im Singular - von der Amtshandlung und nicht von den Amtshandlungen gesprochen. Somit lässt sich bereits aus dem Wortlaut der Anmerkung ableiten, dass eine Gebühr für die gütliche Erledigung dann nicht in Ansatz gebracht werden kann, wenn der Gerichtsvollzieher neben der gütlichen Erledigung mit der Pfändung oder der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt wird (vgl. Richter, DGVZ 2013,169 ff, 172).
45Das vorstehende Verständnis gebietet sich auch aus dem oben erläuterten Sinn und Zweck der Gebührenbestimmung, nämlich zu verhindern, dass der Gerichtsvollzieher im Falle einer isolierten erfolglosen gütlichen Einigung für seine Tätigkeit keine Vergütung erhält. Dass der Gesetzgeber über das Schließen der Vergütungslücke hinaus dem Gerichtsvollzieher zusätzlich eine Gebühr nach KV 207 zubilligen wollte neben der jeweiligen für die Abnahme der Vermögensauskunft oder Pfändung, ist nicht ersichtlich.
46Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Tenor
1. Die weitere Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 10.11.2014, Az. 10 T 438/14, wird als unzulässig
verworfen.
2. Die weitere Beschwerde des Beteiligten Ziff. 2 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 10.11.2014, Az. 10 T 438/14, wird
zurückgewiesen.
3. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
|
(1) Die Kosten werden von dem Gerichtsvollzieher angesetzt, der den Auftrag durchgeführt hat. Der Kostenansatz kann im Verwaltungswege berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
(2) Über die Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet, soweit nicht nach § 766 Abs. 2 der Zivilprozessordnung das Vollstreckungsgericht zuständig ist, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat. Auf die Erinnerung und die Beschwerde ist § 66 Absatz 2 bis 8 des Gerichtskostengesetzes, auf die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 69a des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Auf die Erinnerung des Kostenschuldners gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags oder die Aufrechterhaltung einer Vollstreckungsmaßnahme von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, und auf die Beschwerde ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Für Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden.