Landgericht Stuttgart Beschluss, 05. Apr. 2004 - 6 KLs 183 Js 75705/03

bei uns veröffentlicht am05.04.2004

Tenor

Der Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswertes wird abgelehnt.

Gründe

 
I.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am 22. September 2003 Anklage gegen die Angeklagten erhoben; die Hauptverhandlung wurde mit Urteil vom 10. März 2004 abgeschlossen. Hinsichtlich des Sachverhalts, welcher dem Urteil zugrunde liegt, wird auf dieses verwiesen und Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 7. März 2003 hatte das Amtsgericht Stuttgart zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe unter anderem für das Finanzamt einen dinglichen Arrest in das Vermögen der U. GmbH angeordnet. Mit den im Tenor des Kammerbeschlusses vom 15. Januar 2004 aufgeführten Beschlüssen pfändete das Amtsgericht Stuttgart in Vollziehung dieses Arrests Forderungen der genannten GmbH. Zudem erließ die Staatsanwaltschaft am 17. April 2003 einen entsprechenden Pfändungsbeschluss. Am 25. März 2003 stellte die U. GmbH Insolvenzantrag; mit Beschluss vom 12. August 2003 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren.
Auf Antrag des Insolvenzverwalters der U. GmbH und zum Teil auch der Staatsanwaltschaft hob die Kammer die gerichtlichen Pfändungsbeschlüsse mit Beschluss vom 15. Januar 2004 auf; weitere Anträge wurden abgelehnt.
Der Antragsteller vertrat in diesem Verfahren den Insolvenzverwalter und beantragt nun „Streitwertfestsetzung“.
II.
Der Antrag, der als Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswertes nach § 10 BRAGO - ein Streitwert für Gerichtskosten nach dem GKG wird hier nicht festgesetzt, da sich in Strafsachen mit Ausnahme des Entschädigungsverfahrens nach § 403 StPO (KV 6800) und des Kostenfestsetzungsverfahrens (KV 6702) die Gerichtsgebühren entweder nach der Höhe der verhängten Strafe oder nach einem festen Satz richten, nicht aber nach einem Streitwert im Sinne des § 11 Abs. 2 GKG (KV 6110 ff; vgl. Hartmann, KostG, Übers § 40 GKG, Rdnr. 2) - auszulegen ist, ist unzulässig, da dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt; er hat kein rechtliches Interesse an der Stellung eines Festsetzungsantrags, da seine Anwaltsgebühren sich in keinem Fall nach einem Gegenstandswert des Verfahrens richten.
1. Das Verfahren nach §§ 111d, 111e, 111f StPO ist ein strafrechtliches Verfahren im Sinne der §§ 83 ff BRAGO, nicht ein Verfahren der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 57 BRAGO. Letzteres kommt zwar auch bei Titeln, die außerhalb der Zivilprozessordnung ergangen sind, in Betracht, wenn sich die Vollstreckung nach dieser richtet; Beispiele aus der Strafprozessordnung sind die §§ 406b und 464b S. 3 StPO (vgl. statt aller AnwKomm BRAGO - Wolf, § 57, Rdnr. 6). Dort wird indes vollumfänglich auf die Zivilprozessordnung verwiesen, in § 111d StPO dagegen nur auf einen ausdrücklich aufgezählten Teil. Dass es sich in diesem Fall um Strafrecht handelt, zeigt sich schon daran, dass bei Gefahr im Verzug die Staatsanwaltschaft für die Pfändung von Forderungen zuständig ist (§111 f Abs. 3 S. 3 Hs. 2 StPO).
2. a) In strafrechtlichen Verfahren fallen nach §§ 83 ff BRAGO grundsätzlich Rahmengebühren an. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 12 BRAGO der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall. Dabei ist der Gegenstandswert unerheblich (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, § 12, Rdnr. 11; Hartmann, KostG, § 12 BRAGO, Rdnr. 4). Dies ergibt sich - jedenfalls für die strafrechtlichen Rahmengebühren - schon daraus, dass § 88 S. 1 BRAGO von diesem Grundsatz eine Ausnahme macht.
b) § 88 S. 1 BRAGO ist die einzige Vorschrift, die für strafrechtliche Gebühren auf den Gegenstandswert abstellt. Diese ist hier indes nicht einschlägig. Im vorliegenden Fall geht es um die Aufhebung von Pfändungen, die aufgrund eines dinglichen Arrestes nach § 111d StPO ausgesprochen wurden. § 88 BRAGO umfasst jedoch allein Beschlagnahmen zum Zwecke der Einziehung und des Verfalls (vgl. auch AnwKomm BRAGO - N. Schneider, § 88 Rdnr. 11), nicht aber den Arrest zum Zwecke des Verfalls oder gar sich darauf gründende Vollstreckungsmaßnahmen. Für eine erweiterte Auslegung oder eine analoge Anwendung des § 88 BRAGO hierauf könnte zwar sprechen, dass es sich um ähnliche Fälle handelt; dies scheitert jedoch am eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, welche die betroffenen Fälle im einzelnen aufzählt und keinen Platz für die Annahme lässt, es liege eine planwidrige Regelungslücke vor. Dass es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

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Der Verletzte oder sein Erbe kann gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört und noch nicht anderweit gerichtlich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren geltend machen, im Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes. Das gleiche Recht steht auch anderen zu, die einen solchen Anspruch geltend machen.

In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind die Vorschriften dieses Abschnitts nicht anzuwenden; dies gilt für die Zwangsvollstreckung in Arbeitssachen auch dann, wenn das Amtsgericht Vollstreckungsgericht ist. Satz 1 gilt nicht in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 9 Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes).

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen nicht berührt; Maßnahmen nach § 111c können in einem solchen Verfahren nicht angefochten werden.

(2) Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen zurückgegeben werden, wenn er einen den Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag beibringt. Der beigebrachte Betrag tritt an die Stelle der Sache. Sie kann dem Betroffenen auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden; die Maßnahme kann davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene Sicherheit leistet oder bestimmte Auflagen erfüllt.

(3) Beschlagnahmtes Bargeld kann hinterlegt oder auf ein Konto der Justiz eingezahlt werden. Der mit der Einzahlung entstandene Auszahlungsanspruch tritt an die Stelle des Bargeldes.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden.

(2) Der Vermögensarrest kann auch zur Sicherung der Vollstreckung einer Geldstrafe und der voraussichtlichen Kosten des Strafverfahrens angeordnet werden, wenn gegen den Beschuldigten ein Urteil ergangen oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.

(3) Zur Sicherung der Vollstreckungskosten ergeht kein Arrest.

(4) In der Anordnung ist der zu sichernde Anspruch unter Angabe des Geldbetrages zu bezeichnen. Zudem ist in der Anordnung ein Geldbetrag festzusetzen, durch dessen Hinterlegung der Betroffene die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes verlangen kann; § 108 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(6) Die Möglichkeit einer Anordnung nach § 324 der Abgabenordnung steht einer Anordnung nach Absatz 1 nicht entgegen.

(1) Der Vermögensarrest in eine bewegliche Sache, in eine Forderung oder ein anderes Vermögensrecht, das nicht der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird durch Pfändung vollzogen. Die §§ 928 und 930 der Zivilprozessordnung gelten sinngemäß. § 111c Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Der Vermögensarrest in ein Grundstück oder ein Recht, das den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird durch Eintragung einer Sicherungshypothek bewirkt. Die §§ 928 und 932 der Zivilprozessordung gelten sinngemäß.

(3) Der Vermögensarrest in ein Schiff, ein Schiffsbauwerk oder ein Luftfahrzeug wird nach Absatz 1 bewirkt. Ist der Gegenstand im Schiffs- oder Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, gelten die §§ 928 und 931 der Zivilprozessordung sinngemäß.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 Satz 2 wird auch das Veräußerungsverbot nach § 111h Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetragen.

Die Vollstreckung richtet sich nach den Vorschriften, die für die Vollstreckung von Urteilen und Prozessvergleichen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten. Für das Verfahren nach den §§ 323, 731, 767, 768, 887 bis 890 der Zivilprozeßordnung ist das Gericht der bürgerlichen Rechtspflege zuständig, in dessen Bezirk das Strafgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz hat. Einwendungen, die den im Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, nach Schluß der Hauptverhandlung des ersten Rechtszuges und, wenn das Berufungsgericht entschieden hat, nach Schluß der Hauptverhandlung im Berufungsrechtszug entstanden sind.

Die Höhe der Kosten und Auslagen, die ein Beteiligter einem anderen Beteiligten zu erstatten hat, wird auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgesetzt. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten und Auslagen von der Anbringung des Festsetzungsantrags an zu verzinsen sind. Auf die Höhe des Zinssatzes, das Verfahren und auf die Vollstreckung der Entscheidung sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Abweichend von § 311 Absatz 2 beträgt die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zwei Wochen. Zur Bezeichnung des Nebenklägers kann im Kostenfestsetzungsbeschluss die Angabe der vollständigen Anschrift unterbleiben.

(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen nicht berührt; Maßnahmen nach § 111c können in einem solchen Verfahren nicht angefochten werden.

(2) Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen zurückgegeben werden, wenn er einen den Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag beibringt. Der beigebrachte Betrag tritt an die Stelle der Sache. Sie kann dem Betroffenen auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden; die Maßnahme kann davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene Sicherheit leistet oder bestimmte Auflagen erfüllt.

(3) Beschlagnahmtes Bargeld kann hinterlegt oder auf ein Konto der Justiz eingezahlt werden. Der mit der Einzahlung entstandene Auszahlungsanspruch tritt an die Stelle des Bargeldes.