Landgericht Stendal Beschluss, 18. Juni 2014 - 509 StVK 256/14

ECLI: ECLI:DE:LGSTEND:2014:0618.509STVK256.14.0A
published on 18.06.2014 00:00
Landgericht Stendal Beschluss, 18. Juni 2014 - 509 StVK 256/14
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin hat der Antragsteller zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf bis zu 500,00 €.

Gründe

I.

1

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 19.02.2014 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin, dass ihm bei der Verabreichung der Anstaltskost anstatt normaler Milch täglich 2 l Sojamilch zur Verfügung gestellt werden. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25.03.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Antragsteller keine Gründe dargelegt hätte, weswegen ein solcher Austausch unumgänglich sei. Aus der Krankengeschichte des Mandanten ergebe sich keine medizinische Notwendigkeit für einen derartigen Austausch. Dementsprechend erhalte der Antragsteller weiterhin die ihm zustehende Menge normaler Milch nach der Verpflegungsordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Es bleibe dem Antragsteller jedoch unbenommen, im Wege des Einkaufs Sojamilch auf eigene Kosten zu erwerben.

2

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Zur Begründung führt er aus, dass er Veganer sei und er es als solcher ablehne, tierische Produkte zu konsumieren. Im Übrigen sei Sojamilch gesünder und auch jeder Bürger in Freiheit könne diese Kostform wählen. Weiterhin sei der Veganismus ähnlich zu behandeln wie eine Religionsgemeinschaft, dementsprechend habe der Antragsteller analog § 21 S. 2 StVollzG einen Anspruch auf Versorgung mit Sojamilch.

3

Der Antragsteller beantragt,

4

den Bescheid der Antragsgegnerin vom 025.03.2014 aufzuheben und diese zu verpflichten, dem Antragsteller täglich 2 l Sojamilch zur Verfügung zu stellen.

5

Die Antragsgegnerin beantragt,

6

den Antrag zurückzuweisen.

7

Sie nimmt wegen der Begründung Bezug auf den angefochtenen Bescheid.

II.

8

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Die Antragsgegnerin hat die Versorgung mit Sojamilch im Wege der Anstaltsversorgung vielmehr zu Recht abgelehnt.

9

Entscheidend ist die Norm des § 21 S. 1 StVollzG. Dementsprechend werden Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsversorgung ärztlich überwacht. Zur qualitativen Ausgestaltung der Anstaltsversorgung trifft diese Norm ausdrücklich keine Anordnung. In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass aufgrund der weitgehenden Abhängigkeit des Gefangenen von der Anstaltsverpflegung die Vollzugsbehörde verpflichtet ist, eine vollwertige Ernährung zu gewährleisten, die den Erkenntnissen der modernen Ernährungslehre entspricht (vgl. Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 21 Rn. 2 m. w. N.; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl., § 21 Rn. 5 m. w. N.).

10

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, dem Antragsteller 2 l Sojamilch im Wege der Anstaltsverpflegung zu überlassen. Insofern ist es nicht hinreichend dargelegt, dass ohne die Gewährung von Sojamilch eine vollwertige Ernährung nicht gewährleistet werden kann. Für diese Frage kann es auch dahinstehen, ob Sojamilch, wie vom Antragsteller behauptet, tatsächlich gesünder ist, als normale Kuhmilch. Durch die Gewährung normaler Kuhmilch wird jedenfalls eine vollwertige Ernährung zur Verfügung gestellt. Dies zeigt sich allein schon daran, dass die Mehrzahl der deutschen Bundesbürger Kuhmilch anstatt Sojamilch konsumieren. Die Antragsgegnerin ist bei der Anstaltsverpflegung nicht verpflichtet, die bestmögliche Verpflegung zur Verfügung zu stellen. Es reicht, wie bereits oben dargestellt, eine vollwertige Ernährung. Diese ist durch die Gabe von Kuhmilch hinreichend gewährleistet.

11

Auch soweit der Antragsteller sich auf § 21 S. 3 StVollzG beruft, hat er hiermit keinen Erfolg. Nach der zitierten Vorschrift ist es dem Gefangenen zu ermöglichen, Speisevorschriften seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Veganismus analog der Religionsgemeinschaften dem Schutzbereich des Art. 4 GG, auf den diese Vorschrift abzielt, unterfällt. Selbst wenn man annehmen sollte, dass der Veganismus analog der Religionsgemeinschaften zu bewerten sei, so würde hieraus keine Verpflichtung der Antragsgegnerin erwachsen, dem Antragsteller Sojamilch über die Anstaltsverpflegung zur Verfügung zu stellen. Die Vorschrift des § 21 S. 3 StVollzG verpflichtet die Antragsgegnerin nämlich nur, dem Gefangenen die Befolgung der Speisevorschriften seiner Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Das bedeutet nur, dass der Gefangene die Möglichkeit haben muss, sich mit diesen Speisen selbst zu verpflegen, ein Anspruch auf Übernahme in die Anstaltsversorgung besteht hingegen nicht (vgl. zusammenfassend Calliess/Müller-Dietz, a. a. O., Rn. 5 m. w. N.). Ausweislich des Bescheides vom 25.03.2014 hat die Antragsgegnerin es dem Antragsteller ermöglicht, sich mit Sojamilch auf eigene Kosten zu versorgen, so dass der Vorschrift des § 21 S. 3 StVollzG, so sie im vorliegenden Fall einschlägig wäre, jedenfalls durch die Antragsgegnerin Genüge getan worden ist.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 StVollzG, der Streitwert war gemäß § 52, 60 GKG festzusetzen.


ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind. (2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Ver

Annotations

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Dem Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Dem Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.

(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.

(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.

(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.